Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
14
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 14 SO 63/14 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
Der zulässige Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin im Wege einer einstweiligen Anordnung Hilfe zur Pflege in einer Einrichtung nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) zu bewilligen, ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint.
Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des Eilverfahrens verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, also einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen dabei nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System.
Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit über die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes. Die Rechtslage ist hingegen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen.
Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Der Antragstellerin könnten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Leistungen nur für die Zeit ab dem Eingang des streitgegenständlichen Eilantrages bei Gericht am 07.04.2014 und nicht wie beantragt ab Dezember 2013 gewährt werden. Da die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führt, können Leistungen nur bei Bestehen einer aktuellen Notlage gewährt werden. Die Gewährung von Leistungen für zurückliegende Zeiträume scheidet daher grundsätzlich aus.
Da die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 23.05.2014 mitgeteilt hat, dass der Antragstellerin nach dem "fiktiven Verbrauch" des streitgegenständlichen Vermögens mit Bescheid vom 22.05.2014 Teilleistungen der Hilfe zur Pflege ab dem Monat Mai 2014 in Höhe von 172,93 EUR und ab dem Monat Juni 2014 Leistungen der Hilfe zur Pflege ohne die Anrechnung von Vermögen erbracht werden, könnten in dem streitgegenständlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nur noch Leistungen für die Zeit ab dem Eingang des Eilantrages bei Gericht am 07.04.2014 bis einschließlich Mai 2014 gewährt werden.
Nach § 19 Abs. 3 SGB XII wird Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel dieses Buches geleistet, soweit der nachfragenden Person sowie ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des 11. Kapitel dieses Buches nicht zuzumuten ist. Was zumutbar ist, ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 85 bis 90 SGB XII (Neumann in Hauck/Nofts, Sozialgesetzbuch SGB XII, § 19 Rdnr. 47).
Gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Nach dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 10.01.2014 verfügt die Antragstellerin über verwertbares Vermögen in Höhe von 4.836,43 EUR. Das Vermögen errechnet sich aus einem treuhänderischen Vermögen in Höhe von 10.000,00 EUR aus einem Bestattungsvorsorgevertrag sowie einem weiteren Guthaben in Höhe von 36,24 EUR. Davon hat die Antragsgegnerin 2.600,00 als kleineren Barbetrag i. S. d. § 90 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII und weitere 2.600,00 EUR als sog. Bestattungsfreigrenze abgezogen.
Die Verwertung des Vermögens stellt auch keine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII dar. Nach dieser Vorschrift darf Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit einer angemessenen Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.
Eine Härtefallregelung kommt vorliegend ausschließlich zur Sicherung sozialhilferechtlich angemessener Kosten der Bestattung in Betracht.
Die Auslegung der Härtefallregelung des § 90 Abs. 3 SGBXII hat im Lichte der Aufgabe der Sozialhilfe als gesetzliche Konkretisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschwürdigen Existenzminimums zu erfolgen. Nach § 1 SGB XII ist es Aufgabe der Sozialhilfe, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Der nach Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG zu gewährende Leistungsanspruch auf einen menschenwürdiges Existenzminimums erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlichen Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst. (BVerfG, Urteil vom 9.2.2010 – 1 BvL 1/09). Nach diesen Grundsätzen umfasst das geschützte Existenzminimum im Sinne des Art. 1 Abs. 1 GG eine Bestattung nur in einem Umfang, den sich auch eine vergleichbare Person, mit geringem Einkommen, die keinen Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe hat, leisten könnte. Als sozialhilferechtlich angemessen kann unter diesen Voraussetzungen nur ein Bestattungsvorsorgevertrag gelten, der in der Gesamtschau der Leistungen unter Berücksichtigung der örtlichen Preise eine würdige, insgesamt den örtlichen Gepflogenheiten entsprechende einfache Bestattung ermöglicht, die in Art und Umfang der Leistungen nicht wesentlich über das hinausgeht, was auch der Sozialhilfeträger im Todesfalle nach § 74 SGB XII zu leisten verpflichtet wäre (Mecke in juris-PK § 90 Rdnr. 102). Dabei ist das Vermögen nur in Höhe der Kosten für eine schlichte Beerdigung (ca.1.500 – 2.500 EUR) geschützt (vgl. Grube/Wahrendorf SGB XII § 90 Rdnr. 80 m.w.N.). Dieser Betrag ist in dem streitgegenständlichen Fall bereits über den kleinen Barbetrag i. S. d. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Höhe von 2.600 EUR geschützt. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin bei ihrer Vermögensberechnung einen weiteren Betrag in Höhe von 2.600 EUR als sog. Bestattungsfreigrenze bei der Vermögensanrechnung unberücksichtigt gelassen, sodass der Antragstellerin insgesamt 5.200 EUR für eine sozialhilferechtlich angemessene Beerdigung zur Verfügung stehen.
Über diesen Betrag hinaus ist das Vermögen der Antragstellerin aus dem streitgegenständlichen Bestattungsvorsorgevertrag zur Deckung ihres Bedarfs einzusetzen.
Der Bestattungsvorsorgevertrag ist auch verwertbar. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 05.05.2014 nachvollziehbar dargelegt, dass der Bestattungsvorsorgevertrag kündbar ist und der Betrag nach Abzug einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 10 % an die Antragstellerin ausgezahlt werden könne. Der Einwand der Antragstellerin, dass das Betreuungsgericht der Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages nicht zustimmen werde, ist nicht nachvollziehbar. Das Betreuungsgericht hat nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin bereits die Verwendung eines Betrages in Höhe von 870,00 EUR aus dem Vermögen der Antragstellerin zum Zwecke der Nutzungsverlängerung für das Grab versagt. Dies deutet darauf hin, dass auch das Betreuungsgericht die Fortsetzung des Bestattungsvorsorgekonzeptes der Antragstellerin für unwirtschaftlich hält. Es obliegt letztlich dem Betreuer der Antragstellerin die Verwertung des Bestattungsvorsorgevertrages zeitnah in die Wege zu leiten und die Forderungen der Pflegeeinrichtung zu begleichen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
Der zulässige Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin im Wege einer einstweiligen Anordnung Hilfe zur Pflege in einer Einrichtung nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) zu bewilligen, ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint.
Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des Eilverfahrens verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, also einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen dabei nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System.
Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit über die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes. Die Rechtslage ist hingegen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen.
Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Der Antragstellerin könnten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Leistungen nur für die Zeit ab dem Eingang des streitgegenständlichen Eilantrages bei Gericht am 07.04.2014 und nicht wie beantragt ab Dezember 2013 gewährt werden. Da die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führt, können Leistungen nur bei Bestehen einer aktuellen Notlage gewährt werden. Die Gewährung von Leistungen für zurückliegende Zeiträume scheidet daher grundsätzlich aus.
Da die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 23.05.2014 mitgeteilt hat, dass der Antragstellerin nach dem "fiktiven Verbrauch" des streitgegenständlichen Vermögens mit Bescheid vom 22.05.2014 Teilleistungen der Hilfe zur Pflege ab dem Monat Mai 2014 in Höhe von 172,93 EUR und ab dem Monat Juni 2014 Leistungen der Hilfe zur Pflege ohne die Anrechnung von Vermögen erbracht werden, könnten in dem streitgegenständlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nur noch Leistungen für die Zeit ab dem Eingang des Eilantrages bei Gericht am 07.04.2014 bis einschließlich Mai 2014 gewährt werden.
Nach § 19 Abs. 3 SGB XII wird Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel dieses Buches geleistet, soweit der nachfragenden Person sowie ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des 11. Kapitel dieses Buches nicht zuzumuten ist. Was zumutbar ist, ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 85 bis 90 SGB XII (Neumann in Hauck/Nofts, Sozialgesetzbuch SGB XII, § 19 Rdnr. 47).
Gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Nach dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 10.01.2014 verfügt die Antragstellerin über verwertbares Vermögen in Höhe von 4.836,43 EUR. Das Vermögen errechnet sich aus einem treuhänderischen Vermögen in Höhe von 10.000,00 EUR aus einem Bestattungsvorsorgevertrag sowie einem weiteren Guthaben in Höhe von 36,24 EUR. Davon hat die Antragsgegnerin 2.600,00 als kleineren Barbetrag i. S. d. § 90 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII und weitere 2.600,00 EUR als sog. Bestattungsfreigrenze abgezogen.
Die Verwertung des Vermögens stellt auch keine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII dar. Nach dieser Vorschrift darf Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit einer angemessenen Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.
Eine Härtefallregelung kommt vorliegend ausschließlich zur Sicherung sozialhilferechtlich angemessener Kosten der Bestattung in Betracht.
Die Auslegung der Härtefallregelung des § 90 Abs. 3 SGBXII hat im Lichte der Aufgabe der Sozialhilfe als gesetzliche Konkretisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschwürdigen Existenzminimums zu erfolgen. Nach § 1 SGB XII ist es Aufgabe der Sozialhilfe, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Der nach Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG zu gewährende Leistungsanspruch auf einen menschenwürdiges Existenzminimums erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlichen Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst. (BVerfG, Urteil vom 9.2.2010 – 1 BvL 1/09). Nach diesen Grundsätzen umfasst das geschützte Existenzminimum im Sinne des Art. 1 Abs. 1 GG eine Bestattung nur in einem Umfang, den sich auch eine vergleichbare Person, mit geringem Einkommen, die keinen Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe hat, leisten könnte. Als sozialhilferechtlich angemessen kann unter diesen Voraussetzungen nur ein Bestattungsvorsorgevertrag gelten, der in der Gesamtschau der Leistungen unter Berücksichtigung der örtlichen Preise eine würdige, insgesamt den örtlichen Gepflogenheiten entsprechende einfache Bestattung ermöglicht, die in Art und Umfang der Leistungen nicht wesentlich über das hinausgeht, was auch der Sozialhilfeträger im Todesfalle nach § 74 SGB XII zu leisten verpflichtet wäre (Mecke in juris-PK § 90 Rdnr. 102). Dabei ist das Vermögen nur in Höhe der Kosten für eine schlichte Beerdigung (ca.1.500 – 2.500 EUR) geschützt (vgl. Grube/Wahrendorf SGB XII § 90 Rdnr. 80 m.w.N.). Dieser Betrag ist in dem streitgegenständlichen Fall bereits über den kleinen Barbetrag i. S. d. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Höhe von 2.600 EUR geschützt. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin bei ihrer Vermögensberechnung einen weiteren Betrag in Höhe von 2.600 EUR als sog. Bestattungsfreigrenze bei der Vermögensanrechnung unberücksichtigt gelassen, sodass der Antragstellerin insgesamt 5.200 EUR für eine sozialhilferechtlich angemessene Beerdigung zur Verfügung stehen.
Über diesen Betrag hinaus ist das Vermögen der Antragstellerin aus dem streitgegenständlichen Bestattungsvorsorgevertrag zur Deckung ihres Bedarfs einzusetzen.
Der Bestattungsvorsorgevertrag ist auch verwertbar. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 05.05.2014 nachvollziehbar dargelegt, dass der Bestattungsvorsorgevertrag kündbar ist und der Betrag nach Abzug einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 10 % an die Antragstellerin ausgezahlt werden könne. Der Einwand der Antragstellerin, dass das Betreuungsgericht der Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages nicht zustimmen werde, ist nicht nachvollziehbar. Das Betreuungsgericht hat nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin bereits die Verwendung eines Betrages in Höhe von 870,00 EUR aus dem Vermögen der Antragstellerin zum Zwecke der Nutzungsverlängerung für das Grab versagt. Dies deutet darauf hin, dass auch das Betreuungsgericht die Fortsetzung des Bestattungsvorsorgekonzeptes der Antragstellerin für unwirtschaftlich hält. Es obliegt letztlich dem Betreuer der Antragstellerin die Verwertung des Bestattungsvorsorgevertrages zeitnah in die Wege zu leiten und die Forderungen der Pflegeeinrichtung zu begleichen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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