Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 2933/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 1319/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Sozialversicherungspflicht einer Physiotherapeutin
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 14. März 2017 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. Juli 2015 in der Praxis der Klägerin verrichteten Tätigkeit als Physiotherapeutin der Sozialversicherungspflicht unterlegen ist.
Die Klägerin und die Beigeladene zu 1) sind von Beruf Physiotherapeutinnen. Die Klägerin betreibt eine Physiotherapiepraxis gem. § 124 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Die Klägerin verfügt über eine Krankenkassenzulassung als Heilmittelerbringerin. Bis zum 31. Dezember 2014 firmierte die Praxis unter "Physiotherapie M. & M. GbR". Seit dem 1. Januar 2015 wird die Praxis von der Klägerin alleine betrieben. Sie beschäftigt eine angestellte Physiotherapeutin, jedoch keine Sekretärin.
Die Beigeladene zu 1) war seit dem 1. Juni 2001 in der damals von der Klägerin und Frau D. H. geführten Praxis für Krankengymnastik als Krankengymnastin geringfügig beschäftigt mit einer monatlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und einem monatlichen Gehalt von ursprünglich 600,00 DM. Bis Ende des Jahres 2014 arbeitete die Beigeladene zu 1) monatlich 20 Stunden, ihr Gehalt betrug zuletzt 14,00 EUR in der Stunde.
Am 28. Dezember 2014 schlossen die Klägerin und die Beigeladene zu 1) einen "Vertrag über eine freie Mitarbeit", dieser enthält u. a. folgende Regelungen: 1. Die Beigeladene zu 1) nimmt vom 1. Januar 2015 eine Tätigkeit in der Praxis als freie Mitarbeiterin auf. 2. Die freie Mitarbeiterin übernimmt die Terminierung ihrer Patienten bzw. bedient sich für die Terminierung ihrer Patienten kostenpflichtig des Rezeptionspersonals der Praxis. Die freie Mitarbeiterin führt eine eigene Patientenkartei, benutzt eigenen Briefbogen und Visitenkarten und ist im Rahmen der Praxisgegebenheiten berechtigt, eigenes Therapiematerial anzuschaffen und zu nutzen. Die freie Mitarbeiterin bestimmt ihre Tätigkeitszeit in der Praxis bzw. im Rahmen von Hausbesuchen für die Praxis und auch ihre Urlaubsnahme selbst; es erfolgt lediglich eine Abstimmung mit der Praxis im Rahmen der gesonderten Patientenbestellung und der sich daraus ergebenden Belegungsmöglichkeit der Behandlungsräume, die der freien Mitarbeiterin nicht zur alleinigen Nutzung vermietet sind. Um im Interesse beider Parteien eine ordnungsgemäße Patienteneinbestellung sicher zu stellen, wird die freie Mitarbeiterin der Praxis urlaubsbedingte oder in sonstigen Umständen begründete und vorhersehbare Abwesenheitszeiten rechtzeitig zuvor mitteilen. 3. Die freie Mitarbeiterin ist nicht weisungsgebunden und unterliegt nicht den allgemeinen Pra- xisregelungen. 4. Die Praxis steht der freien Mitarbeiterin oder deren Mitarbeitern einen für die physiotherapeutische Tätigkeit ausreichend geeigneten Behandlungsraum zur alleinigen Nutzung zur Verfügung. Darüber hinaus gestattet die Praxis der freien Mitarbeiterin oder deren Mitarbeitern die Nutzung der für eine geregelte Tätigkeit erforderlichen Praxisräume, wie insbesondere sanitäre Anlagen, Anmelde- und Wartebereich. 5. Die Praxis übernimmt für die freie Mitarbeiterin auf der Basis einer Rechnungsstellung durch die freie Mitarbeiterin den Abrechnungsverkehr mit den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern, anderen Kostenträgern und Privatpatienten. 6. Als Vergütung für die nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistungen zahlt die Praxis 70 % des Abrechnungsbetrages der von der freien Mitarbeiterin innerhalb eines Abrechnungszeitraumes in den Praxisräumen erbrachten Behandlungsleistungen zugunsten von gesetzlichen und privat Versicherten an die freie Mitarbeiterin aus. Für entsprechende Leistungen die als Hausbesuch durch die freie Mitarbeiterin erbracht wurden, zahlt die Praxis 80 %. Zuzahlungsbeträge nach § 32 Abs. 2 SGB V hat die freie Mitarbeiterin von ihren Patienten selbst anzufordern; ebenso trifft die freie Mitarbeiterin die Verpflichtung zur schriftlichen Zahlungsaufforderung nach § 43b SGB V. Nach Erhalt des Abrechnungsbetrages durch die Kostenträger bzw. Privatpatienten überweist die Praxis dem freien Mitarbeiter dessen Honorar unverzüglich auf dessen Konto. Im Falle der Zahlungsverweigerung und/oder Abrechnungskürzung oder sonstigen Gründen der Uneinbringlickeit oder des Ausbleibens der Zahlung durch die gesetzlichen Kostenträger oder Privatpatienten übernimmt die Praxis die Pflicht zur einmaligen Zahlungsanmahnung. Eventuelle notwendige Korrekturen oder Stornierungen durch Krankenkassen oder andere Kostenträger werden gegenüber der freien Mitarbeiterin jeweils in der nachfolgenden Abrechnung entsprechend berücksichtigt ... 8. Für vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführte Personen- und/oder Sachschäden im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit haftet die freie Mitarbeiterin und stellt bei entsprechender Inanspruchnahme durch Dritte die Praxis ebenfalls von allen Ansprüchen frei ... 10. Die freie Mitarbeiterin verpflichtet sich, den Praxisinhaber für den Fall von der Haftung freizustellen, dass die Kostenträger wegen fehlerhafter Abrechnung aufgrund rahmenvertragswidriger Leistungsabgabe durch die freie Mitarbeiterin berechtigte Regressforderungen stellen und/oder Vertragsstrafen nach § 15 Ziff. 2 VdAK-Rahmenvertrag bzw. § 19 Ziff. 2 Primärkassenrahmenvertrag verhängen. Der Praxisinhaber ist insoweit und deshalb auch berechtigt, Rückforderungsansprüche gegen die freie Mitarbeiterin mit deren künftigen Honoraransprüchen nach Ziff. 6 dieses Vertrages zu verrechnen.
Ab dem 1. August 2015 war die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin erneut als geringfügig Beschäftigte mit einer monatlichen Stundenzahl von 30 Stunden und einem Stundenlohn von 15,00 EUR beschäftigt. Nachdem die Beigeladene zu 1) eine eigene Zulassung nach § 124 SGB V auf die Praxisräume der Klägerin erworben hat, arbeitet sie seither als Selbständige in der Praxis.
Am 12. Februar 2015 stellte die Beigeladene zu 1) bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gem. § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV); es sollte festgestellt werden, dass eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht vorliege. Die Beigeladene zu 1) gab an, sie arbeite in der Physiotherapiepraxis der Klägerin und behandle Privatpatienten im Haus D. B. (Caritas). Die Auftragsausführung werde nicht kontrolliert und es gebe auch keine Vorgaben des Auftraggebers. Auch Arbeitszeit und Anwesenheitszeiten seien frei gestaltbar. In der Praxis stehe ihr ein Raum zur alleinigen Verfügung, sie könne jedoch nach Absprache auch alle anderen Räume nutzen. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers liege nicht vor; lediglich ihr Terminbuch läge im Büro zur Einsicht aus, damit berücksichtigt werden könne, wann sie da sei. Sie habe eigene Visitenkarten, eigene Briefbögen und könne die Preise bei den Hausbesuchen der Privatpatienten selbst gestalten. Im Falle der Zahlungsverweigerung oder -kürzung oder sonstigen Ausbleibens der Zahlung durch die gesetzlichen Kostenträger oder Privatpatienten entstünden der Klägerin keine Kosten - das Risiko trage allein sie. Weiter vorgelegt wurde der Vertrag über eine freie Mitarbeit vom 28. Dezember 2014 sowie die Rechnung für therapeutische Leistungen im Januar 2015 sowie eine Auflistung der erbrachten Leistungen. Mit Schreiben vom 23. März 2015 konkretisierte die Beigeladene zu 1) die von ihr ausgeübte Tätigkeit.
Auf Anfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit (Schreiben vom 24. März 2015), die Beigeladene zu 1) habe einen eigenen Praxisschlüssel, einen eigenen Therapieraum, bestelle ihre Patienten zu den Tagen und Terminen ein, wie es ihr passe. Sie - die Klägerin - beschäftige auch festangestellte Mitarbeiter, die bezüglich Arbeitszeit und durchzuführenden Hausbesuchen genaue Vorgaben hätten und ihr Stundensoll pro Woche erfüllen müssten. Die Beigeladene zu 1) mache in ihrem Terminbuch kenntlich, wo man ihr neue Patienten eintragen könne. Die Neuanmeldung werde von ihr oder der Beigeladenen zu 1) selbst eingetragen, weitere Termine vergebe die Beigeladene zu 1) persönlich. Diese erstelle ihren Dienstplan auch selbst. Die Patienten würden bei Krankheit und Urlaub von der Beigeladenen zu 1) selbst informiert. In der Praxis würden die Therapieliege, Matten, Massagelotionen, Wäsche, Therapiegeräte wie Schlingentisch, Zugapparat, Bälle, Rotlicht etc. genützt. Die Beigeladene zu 1) verfüge über eine mobile Behandlungsbank, einen Pkw sowie kleinere Therapiemittel wie Knete, Therapiesteine etc. An den laufenden Kosten der Praxis sei die Beigeladene zu 1) nicht direkt, sondern indirekt über die 70/30 %-Regelung beteiligt; damit seien alle Praxisführungskosten (Miete, Parkplätze, Putzfrau, Nebenkosten, Rezeptabrechnung über Abrechnungsfirma, Wäsche usw.) abgedeckt. Die Beigeladene zu 1) rechne mit ihr ab. Privatpatienten, welche die Beigeladene zu 1) selbst rekrutiert habe, würden von ihr selbst mit eigener Rechnung abgerechnet. Die Beigeladene zu 1) dürfe im Rahmen ihrer Tätigkeit auch Bargeld von Patienten annehmen; hierbei handle es sich um die Rezeptgebühren. Sie schreibe dann eine Quittung mit Durchschlag und trage den Betrag ein. Die Beigeladene zu 1) erhalte ihre 70 % nur, wenn auch eine Zahlung eingegangen sei. Sie trage das Risiko gegenüber säumigen Patienten.
Nach Anhörung der Beigeladenen zu 1) mit Schreiben vom 8. Juli 2015 stellte die Beklagte mit an die Klägerin und die Beigeladene zu 1) gerichteten Bescheiden vom 24. Juli 2015 fest, dass die von der Beigeladenen zu 1) als Physiotherapeutin bei "Physiotherapie am P. Bahnhof S. M." seit 1. Januar 2015 ausgeübte Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und die Beigeladene zu 1) deshalb ab dem 1. Januar 2015 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Die Beigeladene zu 1) vereinbare die Termine mit den Patienten zwar selbst, jedoch sei dies nicht ausschlaggebend, um von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen. Sie werde für Kunden der Klägerin tätig; für diese trete sie als Selbständige nicht in Erscheinung, da auch die Abrechnung von Patienten nicht über die Krankenkasse, sondern über die Auftraggeberin erfolge. Laut Vertrag würden auch die Privatpatienten über die Praxis abgerechnet. Die Beigeladene zu 1) trage im Gegensatz zu einem Unternehmer, der eigenes Kapital einsetze, das sich akkumuliere, ein Entgeltrisiko. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance des Unternehmers. Diese habe auch jeder Beschäftigte. Ein Unternehmerrisiko sei nicht mit dem Entgeltrisiko zu verwechseln, das jeder – auch in einer abhängigen Beschäftigung – trage, wenn er nicht nach Zeit, sondern nach dem Erfolg (Stückzahl, Zahl der Abschlüsse usw.) entlohnt werde und folglich ein schwankendes Einkommen beziehe. Echtes Unternehmerrisiko bedeute den Einsatz eigenen Vermögens mit der Aussicht auf Vermögenszuwachs oder Vermögensverlust. Die Beigeladene zu 1) setze ausschließlich ihre Arbeitskraft ein. Ein unternehmerisches Risiko sei nicht gegeben, da die Beigeladene zu 1) bei Nichttätigwerden keine Verluste hinnehmen müsse. Die Kostenbeteiligung sei nicht zu verwechseln mit einer monatlich zu entrichteten Miete, welche ein Fixum im Monat darstelle, unabhängig davon, ob sie tätig werde oder nicht. Diese Kostenbeteiligung stelle keine Mietzahlung dar.
Hiergegen erhoben die Beigeladene zu 1) am 19. August 2015 und die Klägerin am 20. August 2015 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheiden jeweils vom 12. Oktober 2015 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. November 2015 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Die von der Beigeladenen zu 1) erhobene Klage (S 5 R 2934/15) hat das SG ruhend gestellt.
Mit Beschluss vom 22. Dezember 2015 hat das SG Frau L. F., die Techniker Krankenkasse und die Bundesagentur für Arbeit gem. §§ 75 Abs. 2, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Verfahren beigeladen.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Beigeladene zu 1) sei nicht weisungsabhängig. Sie habe keine Anwesenheits- bzw. Arbeitszeiten einzuhalten, es bestünden keine Vorgaben zur Arbeitszeit und zum Arbeitsumfang und keine Verpflichtung zur Übernahme von Vertretungen. Die Behandlung gesetzlich versicherter Patienten in den Praxisräumen oder, wenn durch den Vertragsarzt ein Hausbesuch verordnet sei, am Wohn- bzw. Aufenthaltsort des Patienten, beruhe nicht auf einer Weisung durch die Klägerin, sondern auf der gesetzlichen Regelung, damit die entsprechenden Leistungen überhaupt abrechnungsfähig seien. Es handle sich um Vorgaben, die allein dem Rahmenvertragsrecht der gesetzlichen Krankenkassen geschuldet seien (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Oktober 2015 - L 4 R 3874/14). Die Beigeladene zu 1) trage auch ein Unternehmerrisiko. Sie werde abhängig von dem durch die Behandlungen erwirtschafteten Umsatz honoriert. Die provisionsbezogene Honorierung führe weiter dazu, dass die Beigeladene zu 1) für den auch in der Praxis der Klägerin regelmäßig zu realisierenden Fall, dass Patienten nicht oder kurzfristig Termine absagten, ohne jede Vergütung bleibe, ihre Arbeitskraft also völlig umsonst zur Verfügung stelle. Auch in den Fällen, in denen die Beigeladene zu 1) ihrer Rezeptprüfpflicht nicht ausreichend entsprochen habe und es deshalb seitens der Kostenträger zu Kürzungen komme, seien diese von der Beigeladenen zu 1) zu tragen. Auch trage diese das Risiko, dass aufgrund der Behandlung Patienten zu Schaden kämen und Regressansprüche geltend machten, wozu sie eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen habe. Schließlich habe auch keine Eingliederung in den Praxisbetrieb vorgelegen.
Das SG hat am 14. Dezember 2016 einen Erörterungstermin durchgeführt, auf dessen Protokoll Bezug genommen wird. Mit Gerichtsbescheid vom 14. März 2017 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2015 aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. Juli 2015 nicht versicherungspflichtig in der Rentenversicherung, der Kranken- und Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung war. Vorliegend überwögen die Umstände, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Die Tätigkeit als Physiotherapeutin könne grundsätzlich sowohl im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Es lägen zunächst keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) nicht gemäß der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung ausgeführt worden sei. Es seien keine festen Arbeitszeiten vereinbart, die Beigeladene zu 1) habe einen Praxisschlüssel und könne selbständig - bis auf den ersten Termin - Termine mit den Patienten vereinbaren. Die Beigeladene zu 1) könne auch den Umfang ihrer Tätigkeit bestimmen; zur Vereinbarung eines ersten Termins könne sie bestimmte Zeiten vorgeben. Es lasse sich bereits nicht feststellen, dass die Beigeladene zu 1) gegenüber der Klägerin zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei. Damit fehle es an einer der Hauptpflichten eines Arbeitsvertrages und damit einer Grundvoraussetzung für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in Form eines Arbeitsverhältnisses. Der schriftliche Vertrag enthalte lediglich Regelungen für den Fall, dass die Beigeladene zu 1) Tätigkeiten erbringe, ohne dass sich daraus eine Leistungspflicht ergebe, wobei schon völlig unklar sei, welchen zeitlichen Umfang diese Leistungspflicht haben sollte. Darüber hinaus habe kein Weisungsrecht der Klägerin gegenüber der Beigeladenen zu 1) bestanden; ein solches sei in dem Vertrag über eine freie Mitarbeit gerade ausgeschlossen worden. Auch in der Praxis sei entsprechend der vertraglichen Vereinbarung verfahren worden. Die Beigeladene zu 1) habe zudem eine eigene Patientenkartei geführt, eigene Briefbögen und Visitenkarten verwendet und sei berechtigt gewesen, eigenes Therapiematerial anzuschaffen und zu nutzen. Auch sei im Praxiseingang und in ihrem Behandlungsraum ein Schild mit ihrem Namen angebracht gewesen. Die Verpflichtung, gesetzlich versicherte Patienten in der Praxis zu behandeln, sei lediglich Folge der gesetzlichen Regelung, dass die Zulassung zur Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie an bestimmte Räumlichkeiten gebunden sei (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 SGB V). Dies sei jedoch nicht Ausfluss eines Weisungsrechts der Klägerin; diese Auslegung entspreche auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), da ansonsten eine Physiotherapeutin ohne eigene Praxis nie selbständig tätig sein könne. Auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) ihre Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten nicht mit den Kostenträgern direkt, sondern mit der Klägerin abgerechnet habe, sei kein Argument für eine abhängige Beschäftigung. Dass die Beigeladene zu 1) der Klägerin auch die Abrechnung mit Privatpatienten übertragen habe, ändere an dieser Beurteilung nichts. Es sei bereits unter praktischen Gesichtspunkten ohne weiteres plausibel, dass die Klägerin und die Beigeladene zu 1) zwischen der Abrechnung mit gesetzlich Krankenversicherten und mit Privatpatienten nicht unterschieden hätten. Gegen eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) spreche auch nicht, dass sie keine Arbeitnehmer beschäftigt und nie einen Vertreter eingesetzt habe. Schließlich habe die Beigeladene zu 1) auch ein Unternehmerrisiko getragen. So habe sie eigene finanzielle Mittel eingesetzt und zudem einen Vergütungsanspruch nur dann erlangt, wenn sie die Patienten tatsächlich behandelt habe und diese nicht kurzfristig abgesagt hätten. Auch habe sie das Risiko getragen, dass Rechnungen nur teilweise oder gar nicht bezahlt würden.
Gegen den ihr am 20. März 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 4. April 2017 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt.
Die Beklagte trägt vor, die für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) sprechenden Merkmale würden im Rahmen einer Gesamtabwägung überwiegen. Das SG gehe unzutreffend von einem fehlenden Weisungsrecht der Klägerin und dem Bestehen eines Unternehmerrisikos auf Seiten der Beigeladenen zu 1) aus. Die Beigeladene zu 1) sei gemäß Ziff. 1 des Vertrages über eine freie Mitarbeit verpflichtet gewesen, vom 1. Januar 2015 an eine Tätigkeit in der Praxis aufzunehmen und sei dieser Verpflichtung auch nachgekommen. Die Beigeladene zu 1) habe ihre physiotherapeutischen Leistungen ganz überwiegend in der Praxis der Klägerin erbracht. Sie sei auch hinsichtlich der Arbeitszeit weisungsgebunden gewesen. Die Erstterminierung von Patienten sei seitens der Klägerin erfolgt. Es habe eine tatsächliche Verpflichtung bestanden, den angenommenen Auftrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen und während der vereinbarten Zeit/Behandlung dauerhaft anwesend zu sein. Unbeachtlich sei, dass die Beigeladene zu 1) im Vorfeld selbst Einfluss auf den jeweiligen Zeitpunkt ihrer Dienste habe nehmen können, da dies üblicherweise auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse insbesondere mit flexiblen Arbeitszeitsystemen häufig anzutreffen sei. Darüber hinaus hätten keine wesentlichen Unterschiede zu der vor und nach dem streitigen Zeitraum ausgeübten Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) in einer abhängigen Beschäftigung bestanden. Die Klägerin habe darüber hinaus auch festangestellte Mitarbeiter beschäftigt. Die Beigeladene zu 1) habe identische Leistungen wie die festangestellten Mitarbeiter der Klägerin erbracht. Der Unterschied zu diesen habe lediglich darin bestanden, dass die Beigeladene zu 1) ihre Leistung zu anderen bzw. variablen Zeiten erbracht habe und nicht im Dienstplan eingetragen gewesen sei. Dass die Beigeladene zu 1) keine Vertretungsdienste verrichtet habe, sei nicht von besonderem Gewicht, da sie zusätzlich zur Verstärkung der festangestellten Mitarbeiter tätig geworden sei. Sie sei damit in gleicher Weise wie die abhängig beschäftigte Stammbelegschaft in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Die Beigeladene zu 1) habe ihre Leistungen im Namen der Praxis erbracht und sei deshalb von den Patienten nicht als selbständige Physiotherapeutin wahrgenommen worden. Unbeachtlich sei, dass der Beigeladenen zu 1) keine fachlichen Weisungen erteilt worden seien, da die Leistungen auf ärztliche Anordnung hin erbracht worden seien und bereits aus diesem Grunde festgelegt gewesen seien. Die Beigeladene zu 1) habe auch kein unternehmerisches Risiko getragen. Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folge nach ständiger Rechtsprechung des BSG kein Unternehmerrisiko. Auch die Überbürdung von Risiken, wie z. B. potenzielle Abrechnungsstörungen, führten nicht zur Annahme eines unternehmerischen Risikos der Beigeladenen zu 1), da diesem Risiko keine größeren unternehmerischen Chancen gegenüberständen. Sie habe nicht über eine das Unternehmerrisiko kennzeichnende eigene Betriebsstätte verfügt und ihre Tätigkeit mit den überwiegenden Betriebsmitteln der Klägerin ausgeübt. Auch lasse sich nicht feststellen, dass die Beigeladene zu 1) einen PKW ausschließlich oder überwiegend gezielt für die streitige Tätigkeit angeschafft oder eingesetzt habe. Die von der Beigeladenen zu 1) getätigten Investitionen für Arbeitsmittel seien nicht mit einem so großen finanziellen Aufwand verbunden gewesen, dass das damit einhergehende Risiko für das Vertragsverhältnis zur Klägerin prägend sei. Das Kostenrisiko für die Praxismiete, die Betriebsmittel und das Personal habe die Klägerin mithin auch in Zeiten getragen, in denen die Praxis mangels Nachfrage nicht kostendeckend ausgelastet gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R -) sei bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Angebots (hier: Behandlungsregime eines Patienten) während dessen Durchführung bestünden. Vorliegend sei davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 1) Patienten der Klägerin behandelt habe. Etwas Anderes ergebe sich nicht daraus, dass die Beigeladene zu 1) eine eigene Patientenkartei geführt habe. Die Klägerin sei als Praxisinhaberin, mithin als Heilmittelerbringerin, verpflichtet, für jeden Patienten eine Verlaufsdokumentation zu führen, kontinuierlich je Behandlungseinheit fortzuschreiben und diese Verlaufsdokumentation auch über das Ende der Behandlungsserie für mehrere Jahre aufzubewahren. Insoweit habe die Beigeladene zu 1) die Verlaufsdokumentation der Klägerin für die von ihr behandelnden Patienten zu führen gehabt. Unmaßgeblich sei, dass die Beigeladene zu 1) darüber hinaus auch eigene Aufzeichnungen angefertigt habe. Unbeachtlich sei auch, dass die Beigeladene zu 1) zu Hause privat auch eigene Patienten behandelt habe, denn diese Behandlungen seien nicht Gegenstand des zu prüfenden Auftragsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1). Für eine Eingliederung in die betriebliche Organisation der Klägerin spreche zudem, dass die Beigeladene zu 1) auch das Praxistelefon teilweise bedient und Termine vergeben habe. Da die Beigeladene zu 1) bei der Entgegennahme der Anrufe nicht habe wissen können, was das Begehren der Anrufer sei, sei davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 1) insgesamt auch Verwaltungsaufgaben der Praxis wahrgenommen habe.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 14. März 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) habe keinem Weisungsrecht der Klägerin unterlegen. Sie sei auch nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Die Beigeladene zu 1) habe zudem ein hohes Unternehmerrisiko getragen, da zum einen nur tatsächlich geleistete Stunden vergütet worden seien und selbst bei tatsächlichem Tätigwerden keine Sicherheit bestanden habe, dass und wieviel sie verdiene. Für eine selbständige Tätigkeit spreche auch, dass die Beigeladene zu 1) noch weitere Auftraggeber hätte haben können, für die gleichgelagerte Tätigkeiten erbracht worden seien. Die Beigeladene zu 1) habe weiter keinen bezahlten Urlaub erhalten und habe keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Feiertagsfall gehabt. Schließlich spreche für die Selbständigkeit das relativ hohe Honorar der Beigeladenen zu 1). Ausgehend von den aktuellen Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit betrage das durchschnittliche Gehalt eines angestellten Physiotherapeuten in niedergelassener Praxis in Baden-Württemberg ca. 14,00 EUR in der Stunde. Die Beigeladene zu 1) habe als freie Mitarbeiterin hingegen Stundeneinkünfte von ca. 35,00 EUR erzielt, aus denen sie auch ihre Eigenvorsorge bestritten habe.
Die Beigeladenen zu 1) bis 4) haben keine Anträge gestellt.
Der Vorsitzende des Senats hat am 8. März 2018 einen Erörterungstermin durchgeführt, auf dessen Protokoll Bezug genommen wird. Mit Beschluss vom 9. Juli 2018 ist die Beigeladene zu 4) gem. § 75 Abs. 2 SGG zum Verfahren beigeladen worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. § 143 SGG statthafte und gem. § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand ist die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der von der Beigeladenen zu 1) vom 1. Januar 2015 bis 31. Juli 2015 ausgeübten Tätigkeit als Physiotherapeutin. Die angefochtenen Bescheide enthalten zwar keine zeitliche Begrenzung, diese ergibt sich jedoch daraus, dass die Beigeladene zu 1) zum 1. August 2015 diese Form der Tätigkeit beendet und wieder ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausgeübt hat.
Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV sachlich zuständig; die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt, sie beschränken sich insbesondere nicht auf eine unzulässige Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses.
Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragsstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Die Beigeladene zu 1) hat sich für das (fakultative) Anfrageverfahren bei der Beklagten (Clearing-Stelle) nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV entschieden. Ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden.
Versicherungspflichtig sind in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - juris Rdnr. 13; Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R - juris Rdnr. 23; Urteil vom 31. März 2015 - B 12 KR 17/13 - juris Rdnr. 15; Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R - juris Rdnr. 13; Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R - juris Rdnr. 13).
Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung, das sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von der Vereinbarung abweichen (BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R - juris Rdnr. 17 m. w. N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris Rdnr. 16). Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist deshalb regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu ist zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, gegebenenfalls den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäftes festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R - juris Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R - juris Rdnr. 14).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend hat die Beigeladene zu 1) vom 1. Januar 2015 bis 31. Juli 2015 in der Praxis der Klägerin eine selbständige Erwerbstätigkeit als Physiotherapeutin ausgeübt.
Rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) war der mit der Klägerin am 28. Dezember 2014 geschlossene Vertrag über eine freie Mitarbeit. Danach hatte die Beigeladene zu 1) die Terminierung ihrer Patienten selbst zu übernehmen bzw. sich hierfür des Rezeptionspersonals der Praxis zu bedienen. Diese Regelung stand auch in Übereinstimmung mit der tatsächlich durchgeführten Patienteneinbestellung. Nach den Angaben der Klägerin im Erörterungstermin vom 8. März 2018, die der Senat für zutreffend hält, war in der Praxis keine Sekretärin beschäftigt, es gab vielmehr einen Anrufbeantworter bzw. es wurden die Anrufe von den sonstigen Mitarbeitern entgegengenommen. Ans Telefon ging diejenige Person, die gerade frei war, damit zum Teil auch die Beigeladene zu 1). Der Erstkontakt zu den Patienten der Beigeladenen zu 1) fand damit nicht ausschließlich über die Klägerin statt.
Die Beigeladene zu 1) führte darüber hinaus eine eigene Patientenkartei und verfügte über einen eigenen, ihr zur alleinigen Verfügung stehenden Behandlungsraum. Weitere Behandlungstermine wurden allein von der Beigeladenen zu 1) vereinbart.
Die Beigeladene zu 1) war bei der Ausübung ihrer Tätigkeit - wie in Nr. 3 des Vertrags über eine freie Mitarbeit vereinbart und auch tatsächlich so ausgeführt - nicht weisungsgebunden und hat nicht den allgemeinen Praxisregelungen unterlegen. Es bestand kein Weisungsrecht sowohl hinsichtlich fachlicher Weisungen als auch bzgl. Zeitpunkt, Lage und Dauer der Tätigkeit. Denn sie konnte ihre Behandlungstermine selbst bestimmen. Etwas Anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht dadurch, dass die Vergabe von Erstterminen an Patienten - teilweise - seitens der Klägerin erfolgt ist. Soweit die Beklagte als Indiz für eine Weisungsgebundenheit hieraus folgern möchte, es habe eine tatsächliche Verpflichtung bestanden, den angenommenen Auftrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen und während der vereinbarten Zeit/Behandlung dauerhaft anwesend zu sein, ist dies kein Kriterium zur Abgrenzung einer selbständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung. Denn die Termine zur Behandlung durch die Beigeladene zu 1) wurden nur insoweit vergeben, als im Terminbuch der Beigeladenen zu 1) freie Behandlungstermine ausgewiesen waren. Die Beigeladene zu 1) konnte somit im Voraus selbst bestimmen, zu welchen Zeiten sie tätig sein wollte, und nur zu den von ihr bestimmten Zeiten konnten auch Behandlungstermine vereinbart werden. Auch ein selbständig Tätiger ist verpflichtet, einen angenommenen Auftrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen und während der vereinbarten Zeit anwesend zu sein. Der Beigeladenen zu 1) stand es somit frei, selbst zu bestimmen, zu welchen Zeiten eine Behandlung möglich war bzw. nicht erfolgen sollte. So enthält Nr. 2 Satz 4 des Vertrages über eine freie Mitarbeit folgende Regelung: "Um im Interesse beider Parteien eine ordnungsgemäße Patienteneinbestellung sicher zu stellen, wird die freie Mitarbeiterin der Praxis urlaubsbedingte oder in sonstigen Umständen begründete und vorhersehbare Abwesenheitszeiten rechtzeitig zuvor mitteilen". Zeiten einer urlaubsbedingten oder in sonstigen Umständen begründeten Abwesenheit konnte die Beigeladene zu 1) selbst festlegen und war hierbei an Vorgaben oder Absprachen mit der Klägerin nicht gebunden.
Die Beigeladene zu 1) hat auch eigene Patienten behandelt und nicht Patienten der Klägerin. So konnten die Patienten bei der Erstanmeldung bestimmen, ob sie durch Mitarbeiter der Praxis der Klägerin oder durch die Beigeladene zu 1) behandelt werden wollten. Auch nach außen ist nicht nur die Klägerin als verantwortliche Praxisbetreiberin und gegenüber den Patienten als Heilmittelerbringerin aufgetreten. So befindet sich ein eigenes Namensschild am Praxiseingang. Der ihr zur alleinigen Nutzung überlassene Behandlungsraum war mit ihrem Namen beschriftet, so dass auch eine nach außen hin erkennbare räumliche Trennung von den Betriebsräumen der Klägerin gegeben war. Sie hat Werbung mit eigenen Visitenkarten betrieben und hatte einen eigenen Aufsteller an der Theke. Die fehlende Einbindung der Beigeladenen zu 1) in die Arbeitsabläufe und die Organisationsstruktur der Klägerin spricht damit bereits mehr für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit als einer abhängigen Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1) musste sich im Krankheitsfall auch nicht krankmelden (anders die Beigeladene im Verfahren LSG Baden-Württemberg - L 5 R 3581/16 - Urteil vom 21. Februar 2018 - n.v.). In diesem Fall erfolge eine Terminabsage durch die Beigeladene zu 1) von zu Hause aus, wo sie auch über die Patientendaten verfügte. Eine Vertretung der Beigeladenen zu 1) bei Krankheit oder sonstiger Verhinderung ist damit nicht erfolgt. Anders als in dem genannten Verfahren war auch keine Strafe bei verspäteter Krankmeldung oder unentschuldigter Verspätung zu zahlen.
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum wegen der Regelungen des Leistungserbringungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mit den Kostenträgern direkt abrechnen konnte, sondern dies über die Klägerin vorzunehmen hatte.
Nach § 124 Abs. 1 SGB V (in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV - Modernisierungsgesetz ( GMG ) vom 14. November 2003, BGBl. I 2190) dürfen Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie, der Sprachtherapie oder der Ergotherapie, an Versicherte der GKV nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Der für das Recht der Leistungserbringung in den GKV zuständige Fachsenat des BSG hat dazu für die ab 1989 geltende Rechtslage entschieden, dass diese Bestimmungen sowie die weiteren Regelungen des Leistungserbringerrechts des SGB V (§§ 155 ff. SGB V) einer Heilmittelabgabe durch freie Mitarbeiter des zugelassenen Leistungserbringers nicht entgegenstehen (BSG, SozR 3-2400 § 124 Nr. 1 S. 4 ff.). Durch die Änderungen des SGB V hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert. Darüber hinaus betreffen die Regelungen ausschließlich das Verhältnis zwischen Krankenkasse und zugelassenem Leistungserbringer. Der Regelung des Leistungserbringerrechts in § 124 Abs. 1 SGB V fehlt demgegenüber eine über das Leistungs- und Leistungserbringerrecht der GKV hinausgehende "übergeordnete" Wirkung auch bezogen auf die sozialversicherungs- und beitragsrechtliche Rechtslage betreffend die konkret tätig werdenden Personen. Der Regelung kann deshalb keine determinierende Wirkung in Bezug auf die vorliegend zu entscheidende Frage des Vorliegens von Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGV IV entnommen werden (BSG, Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R - juris Rdnr. 28; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Oktober 2015 - L 4 R 3874/14 - juris Rdnrn. 56f.).
Entgegen der Auffassung der Beklagten hatte die Beigeladene zu 1) auch ein Unternehmerrisiko zu tragen. Das unternehmerische Risiko ist dadurch gekennzeichnet, dass Kapital und Arbeitskraft eingesetzt werden, einerseits um größere Verdienstchancen zu haben, andererseits jedoch mit dem Risiko eines Verlusts des eingesetzten Kapitals oder ohne Vergütung aufgewandter Mittel. Zutreffend ist zwar, dass die Beigeladene zu 1) kein ins Gewicht fallendes Wagniskapital einzusetzen hatte. Vorliegend hatte die Beigeladene zu 1) jedoch größere Verdienstchancen. Als angestellte Physiotherapeutin erzielte sie zuvor einen Stundenverdienst von 14,00 EUR. In der streitigen Tätigkeit betrug ihr Stundenverdienst dagegen 30,00 EUR und damit mehr als das Doppelte. Diese Verdienstchancen waren auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass sie eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen musste und für ihre soziale Absicherung selbst sorgen musste, noch deutlich höher.
Ein Unternehmerrisiko folgt zwar nicht schon aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R - juris Rdnr. 21 m. w. N.). Ein Verdienstrisiko der Beigeladenen zu 1) bestand vorliegend jedoch bereits in der Weise, dass sie das Risiko zu tragen hatte, dass sich bei ihr keine Patienten anmelden und sie deshalb keine (oder weniger) Behandlungen durchführen konnte. Sie hatte darüber hinaus das Risiko zu tragen, trotz Erbringung ihrer Leistung keine Vergütung zu erhalten, wenn z. B. Leistungen erbracht wurden, die von der Krankenkasse nicht vergütet wurden. Unbeachtlich ist, in welchem Umfang sich dieses Risiko realisiert hat; maßgeblich ist vielmehr, dass es tatsächlich bestanden hat. Die Beigeladene zu 1) hatte weiter das Risiko zu tragen, dass Patienten nicht zur Behandlung erschienen sind und sie deshalb den Behandlungstermin nutzlos verstreichen lassen musste und nicht abrechnen konnte. Hierbei handelt es sich um ein Risiko, das nicht außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge auftritt, sondern in einem bestehenden Behandlungsvertrag. Dass dies nicht nur vereinzelt vorgekommen ist, hat die Beigeladene zu 1) glaubhaft geschildert; dies geschah insbesondere bei den letzten Behandlungsterminen, wenn es z. B. den Patienten schon besser ging und sie zu vereinbarten Terminen nicht erschienen sind. Demgegenüber werden angestellte Physiotherapeuten auch für die Stunden bezahlt, in denen sie ihre Arbeitskraft vorhalten, die Patienten jedoch nicht erscheinen. Denn regelmäßig besteht ein Entlohnungsanspruch von Arbeitnehmern bereits dann, wenn sie ihre Arbeitskraft anbieten, und nicht erst dann, wenn der Arbeitgeber dies auch annimmt. Der Arbeitgeber käme anderenfalls in Annahmeverzug mit der Folge, dass der Entlohnungsanspruch fortbesteht (§§ 293, 615 Bürgerliches Gesetzbuch).
Für den Senat ergibt sich in der Gesamtabwägung damit das Bild einer selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) im streitigen Zeitraum.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, der Beklagten außergerichtliche Kosten von Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keine Sachanträge gestellt und damit auch kein Prozessrisiko übernommen haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. Juli 2015 in der Praxis der Klägerin verrichteten Tätigkeit als Physiotherapeutin der Sozialversicherungspflicht unterlegen ist.
Die Klägerin und die Beigeladene zu 1) sind von Beruf Physiotherapeutinnen. Die Klägerin betreibt eine Physiotherapiepraxis gem. § 124 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Die Klägerin verfügt über eine Krankenkassenzulassung als Heilmittelerbringerin. Bis zum 31. Dezember 2014 firmierte die Praxis unter "Physiotherapie M. & M. GbR". Seit dem 1. Januar 2015 wird die Praxis von der Klägerin alleine betrieben. Sie beschäftigt eine angestellte Physiotherapeutin, jedoch keine Sekretärin.
Die Beigeladene zu 1) war seit dem 1. Juni 2001 in der damals von der Klägerin und Frau D. H. geführten Praxis für Krankengymnastik als Krankengymnastin geringfügig beschäftigt mit einer monatlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und einem monatlichen Gehalt von ursprünglich 600,00 DM. Bis Ende des Jahres 2014 arbeitete die Beigeladene zu 1) monatlich 20 Stunden, ihr Gehalt betrug zuletzt 14,00 EUR in der Stunde.
Am 28. Dezember 2014 schlossen die Klägerin und die Beigeladene zu 1) einen "Vertrag über eine freie Mitarbeit", dieser enthält u. a. folgende Regelungen: 1. Die Beigeladene zu 1) nimmt vom 1. Januar 2015 eine Tätigkeit in der Praxis als freie Mitarbeiterin auf. 2. Die freie Mitarbeiterin übernimmt die Terminierung ihrer Patienten bzw. bedient sich für die Terminierung ihrer Patienten kostenpflichtig des Rezeptionspersonals der Praxis. Die freie Mitarbeiterin führt eine eigene Patientenkartei, benutzt eigenen Briefbogen und Visitenkarten und ist im Rahmen der Praxisgegebenheiten berechtigt, eigenes Therapiematerial anzuschaffen und zu nutzen. Die freie Mitarbeiterin bestimmt ihre Tätigkeitszeit in der Praxis bzw. im Rahmen von Hausbesuchen für die Praxis und auch ihre Urlaubsnahme selbst; es erfolgt lediglich eine Abstimmung mit der Praxis im Rahmen der gesonderten Patientenbestellung und der sich daraus ergebenden Belegungsmöglichkeit der Behandlungsräume, die der freien Mitarbeiterin nicht zur alleinigen Nutzung vermietet sind. Um im Interesse beider Parteien eine ordnungsgemäße Patienteneinbestellung sicher zu stellen, wird die freie Mitarbeiterin der Praxis urlaubsbedingte oder in sonstigen Umständen begründete und vorhersehbare Abwesenheitszeiten rechtzeitig zuvor mitteilen. 3. Die freie Mitarbeiterin ist nicht weisungsgebunden und unterliegt nicht den allgemeinen Pra- xisregelungen. 4. Die Praxis steht der freien Mitarbeiterin oder deren Mitarbeitern einen für die physiotherapeutische Tätigkeit ausreichend geeigneten Behandlungsraum zur alleinigen Nutzung zur Verfügung. Darüber hinaus gestattet die Praxis der freien Mitarbeiterin oder deren Mitarbeitern die Nutzung der für eine geregelte Tätigkeit erforderlichen Praxisräume, wie insbesondere sanitäre Anlagen, Anmelde- und Wartebereich. 5. Die Praxis übernimmt für die freie Mitarbeiterin auf der Basis einer Rechnungsstellung durch die freie Mitarbeiterin den Abrechnungsverkehr mit den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern, anderen Kostenträgern und Privatpatienten. 6. Als Vergütung für die nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistungen zahlt die Praxis 70 % des Abrechnungsbetrages der von der freien Mitarbeiterin innerhalb eines Abrechnungszeitraumes in den Praxisräumen erbrachten Behandlungsleistungen zugunsten von gesetzlichen und privat Versicherten an die freie Mitarbeiterin aus. Für entsprechende Leistungen die als Hausbesuch durch die freie Mitarbeiterin erbracht wurden, zahlt die Praxis 80 %. Zuzahlungsbeträge nach § 32 Abs. 2 SGB V hat die freie Mitarbeiterin von ihren Patienten selbst anzufordern; ebenso trifft die freie Mitarbeiterin die Verpflichtung zur schriftlichen Zahlungsaufforderung nach § 43b SGB V. Nach Erhalt des Abrechnungsbetrages durch die Kostenträger bzw. Privatpatienten überweist die Praxis dem freien Mitarbeiter dessen Honorar unverzüglich auf dessen Konto. Im Falle der Zahlungsverweigerung und/oder Abrechnungskürzung oder sonstigen Gründen der Uneinbringlickeit oder des Ausbleibens der Zahlung durch die gesetzlichen Kostenträger oder Privatpatienten übernimmt die Praxis die Pflicht zur einmaligen Zahlungsanmahnung. Eventuelle notwendige Korrekturen oder Stornierungen durch Krankenkassen oder andere Kostenträger werden gegenüber der freien Mitarbeiterin jeweils in der nachfolgenden Abrechnung entsprechend berücksichtigt ... 8. Für vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführte Personen- und/oder Sachschäden im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit haftet die freie Mitarbeiterin und stellt bei entsprechender Inanspruchnahme durch Dritte die Praxis ebenfalls von allen Ansprüchen frei ... 10. Die freie Mitarbeiterin verpflichtet sich, den Praxisinhaber für den Fall von der Haftung freizustellen, dass die Kostenträger wegen fehlerhafter Abrechnung aufgrund rahmenvertragswidriger Leistungsabgabe durch die freie Mitarbeiterin berechtigte Regressforderungen stellen und/oder Vertragsstrafen nach § 15 Ziff. 2 VdAK-Rahmenvertrag bzw. § 19 Ziff. 2 Primärkassenrahmenvertrag verhängen. Der Praxisinhaber ist insoweit und deshalb auch berechtigt, Rückforderungsansprüche gegen die freie Mitarbeiterin mit deren künftigen Honoraransprüchen nach Ziff. 6 dieses Vertrages zu verrechnen.
Ab dem 1. August 2015 war die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin erneut als geringfügig Beschäftigte mit einer monatlichen Stundenzahl von 30 Stunden und einem Stundenlohn von 15,00 EUR beschäftigt. Nachdem die Beigeladene zu 1) eine eigene Zulassung nach § 124 SGB V auf die Praxisräume der Klägerin erworben hat, arbeitet sie seither als Selbständige in der Praxis.
Am 12. Februar 2015 stellte die Beigeladene zu 1) bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gem. § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV); es sollte festgestellt werden, dass eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht vorliege. Die Beigeladene zu 1) gab an, sie arbeite in der Physiotherapiepraxis der Klägerin und behandle Privatpatienten im Haus D. B. (Caritas). Die Auftragsausführung werde nicht kontrolliert und es gebe auch keine Vorgaben des Auftraggebers. Auch Arbeitszeit und Anwesenheitszeiten seien frei gestaltbar. In der Praxis stehe ihr ein Raum zur alleinigen Verfügung, sie könne jedoch nach Absprache auch alle anderen Räume nutzen. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers liege nicht vor; lediglich ihr Terminbuch läge im Büro zur Einsicht aus, damit berücksichtigt werden könne, wann sie da sei. Sie habe eigene Visitenkarten, eigene Briefbögen und könne die Preise bei den Hausbesuchen der Privatpatienten selbst gestalten. Im Falle der Zahlungsverweigerung oder -kürzung oder sonstigen Ausbleibens der Zahlung durch die gesetzlichen Kostenträger oder Privatpatienten entstünden der Klägerin keine Kosten - das Risiko trage allein sie. Weiter vorgelegt wurde der Vertrag über eine freie Mitarbeit vom 28. Dezember 2014 sowie die Rechnung für therapeutische Leistungen im Januar 2015 sowie eine Auflistung der erbrachten Leistungen. Mit Schreiben vom 23. März 2015 konkretisierte die Beigeladene zu 1) die von ihr ausgeübte Tätigkeit.
Auf Anfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit (Schreiben vom 24. März 2015), die Beigeladene zu 1) habe einen eigenen Praxisschlüssel, einen eigenen Therapieraum, bestelle ihre Patienten zu den Tagen und Terminen ein, wie es ihr passe. Sie - die Klägerin - beschäftige auch festangestellte Mitarbeiter, die bezüglich Arbeitszeit und durchzuführenden Hausbesuchen genaue Vorgaben hätten und ihr Stundensoll pro Woche erfüllen müssten. Die Beigeladene zu 1) mache in ihrem Terminbuch kenntlich, wo man ihr neue Patienten eintragen könne. Die Neuanmeldung werde von ihr oder der Beigeladenen zu 1) selbst eingetragen, weitere Termine vergebe die Beigeladene zu 1) persönlich. Diese erstelle ihren Dienstplan auch selbst. Die Patienten würden bei Krankheit und Urlaub von der Beigeladenen zu 1) selbst informiert. In der Praxis würden die Therapieliege, Matten, Massagelotionen, Wäsche, Therapiegeräte wie Schlingentisch, Zugapparat, Bälle, Rotlicht etc. genützt. Die Beigeladene zu 1) verfüge über eine mobile Behandlungsbank, einen Pkw sowie kleinere Therapiemittel wie Knete, Therapiesteine etc. An den laufenden Kosten der Praxis sei die Beigeladene zu 1) nicht direkt, sondern indirekt über die 70/30 %-Regelung beteiligt; damit seien alle Praxisführungskosten (Miete, Parkplätze, Putzfrau, Nebenkosten, Rezeptabrechnung über Abrechnungsfirma, Wäsche usw.) abgedeckt. Die Beigeladene zu 1) rechne mit ihr ab. Privatpatienten, welche die Beigeladene zu 1) selbst rekrutiert habe, würden von ihr selbst mit eigener Rechnung abgerechnet. Die Beigeladene zu 1) dürfe im Rahmen ihrer Tätigkeit auch Bargeld von Patienten annehmen; hierbei handle es sich um die Rezeptgebühren. Sie schreibe dann eine Quittung mit Durchschlag und trage den Betrag ein. Die Beigeladene zu 1) erhalte ihre 70 % nur, wenn auch eine Zahlung eingegangen sei. Sie trage das Risiko gegenüber säumigen Patienten.
Nach Anhörung der Beigeladenen zu 1) mit Schreiben vom 8. Juli 2015 stellte die Beklagte mit an die Klägerin und die Beigeladene zu 1) gerichteten Bescheiden vom 24. Juli 2015 fest, dass die von der Beigeladenen zu 1) als Physiotherapeutin bei "Physiotherapie am P. Bahnhof S. M." seit 1. Januar 2015 ausgeübte Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und die Beigeladene zu 1) deshalb ab dem 1. Januar 2015 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Die Beigeladene zu 1) vereinbare die Termine mit den Patienten zwar selbst, jedoch sei dies nicht ausschlaggebend, um von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen. Sie werde für Kunden der Klägerin tätig; für diese trete sie als Selbständige nicht in Erscheinung, da auch die Abrechnung von Patienten nicht über die Krankenkasse, sondern über die Auftraggeberin erfolge. Laut Vertrag würden auch die Privatpatienten über die Praxis abgerechnet. Die Beigeladene zu 1) trage im Gegensatz zu einem Unternehmer, der eigenes Kapital einsetze, das sich akkumuliere, ein Entgeltrisiko. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance des Unternehmers. Diese habe auch jeder Beschäftigte. Ein Unternehmerrisiko sei nicht mit dem Entgeltrisiko zu verwechseln, das jeder – auch in einer abhängigen Beschäftigung – trage, wenn er nicht nach Zeit, sondern nach dem Erfolg (Stückzahl, Zahl der Abschlüsse usw.) entlohnt werde und folglich ein schwankendes Einkommen beziehe. Echtes Unternehmerrisiko bedeute den Einsatz eigenen Vermögens mit der Aussicht auf Vermögenszuwachs oder Vermögensverlust. Die Beigeladene zu 1) setze ausschließlich ihre Arbeitskraft ein. Ein unternehmerisches Risiko sei nicht gegeben, da die Beigeladene zu 1) bei Nichttätigwerden keine Verluste hinnehmen müsse. Die Kostenbeteiligung sei nicht zu verwechseln mit einer monatlich zu entrichteten Miete, welche ein Fixum im Monat darstelle, unabhängig davon, ob sie tätig werde oder nicht. Diese Kostenbeteiligung stelle keine Mietzahlung dar.
Hiergegen erhoben die Beigeladene zu 1) am 19. August 2015 und die Klägerin am 20. August 2015 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheiden jeweils vom 12. Oktober 2015 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. November 2015 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Die von der Beigeladenen zu 1) erhobene Klage (S 5 R 2934/15) hat das SG ruhend gestellt.
Mit Beschluss vom 22. Dezember 2015 hat das SG Frau L. F., die Techniker Krankenkasse und die Bundesagentur für Arbeit gem. §§ 75 Abs. 2, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Verfahren beigeladen.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Beigeladene zu 1) sei nicht weisungsabhängig. Sie habe keine Anwesenheits- bzw. Arbeitszeiten einzuhalten, es bestünden keine Vorgaben zur Arbeitszeit und zum Arbeitsumfang und keine Verpflichtung zur Übernahme von Vertretungen. Die Behandlung gesetzlich versicherter Patienten in den Praxisräumen oder, wenn durch den Vertragsarzt ein Hausbesuch verordnet sei, am Wohn- bzw. Aufenthaltsort des Patienten, beruhe nicht auf einer Weisung durch die Klägerin, sondern auf der gesetzlichen Regelung, damit die entsprechenden Leistungen überhaupt abrechnungsfähig seien. Es handle sich um Vorgaben, die allein dem Rahmenvertragsrecht der gesetzlichen Krankenkassen geschuldet seien (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Oktober 2015 - L 4 R 3874/14). Die Beigeladene zu 1) trage auch ein Unternehmerrisiko. Sie werde abhängig von dem durch die Behandlungen erwirtschafteten Umsatz honoriert. Die provisionsbezogene Honorierung führe weiter dazu, dass die Beigeladene zu 1) für den auch in der Praxis der Klägerin regelmäßig zu realisierenden Fall, dass Patienten nicht oder kurzfristig Termine absagten, ohne jede Vergütung bleibe, ihre Arbeitskraft also völlig umsonst zur Verfügung stelle. Auch in den Fällen, in denen die Beigeladene zu 1) ihrer Rezeptprüfpflicht nicht ausreichend entsprochen habe und es deshalb seitens der Kostenträger zu Kürzungen komme, seien diese von der Beigeladenen zu 1) zu tragen. Auch trage diese das Risiko, dass aufgrund der Behandlung Patienten zu Schaden kämen und Regressansprüche geltend machten, wozu sie eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen habe. Schließlich habe auch keine Eingliederung in den Praxisbetrieb vorgelegen.
Das SG hat am 14. Dezember 2016 einen Erörterungstermin durchgeführt, auf dessen Protokoll Bezug genommen wird. Mit Gerichtsbescheid vom 14. März 2017 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2015 aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. Juli 2015 nicht versicherungspflichtig in der Rentenversicherung, der Kranken- und Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung war. Vorliegend überwögen die Umstände, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Die Tätigkeit als Physiotherapeutin könne grundsätzlich sowohl im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Es lägen zunächst keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) nicht gemäß der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung ausgeführt worden sei. Es seien keine festen Arbeitszeiten vereinbart, die Beigeladene zu 1) habe einen Praxisschlüssel und könne selbständig - bis auf den ersten Termin - Termine mit den Patienten vereinbaren. Die Beigeladene zu 1) könne auch den Umfang ihrer Tätigkeit bestimmen; zur Vereinbarung eines ersten Termins könne sie bestimmte Zeiten vorgeben. Es lasse sich bereits nicht feststellen, dass die Beigeladene zu 1) gegenüber der Klägerin zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei. Damit fehle es an einer der Hauptpflichten eines Arbeitsvertrages und damit einer Grundvoraussetzung für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in Form eines Arbeitsverhältnisses. Der schriftliche Vertrag enthalte lediglich Regelungen für den Fall, dass die Beigeladene zu 1) Tätigkeiten erbringe, ohne dass sich daraus eine Leistungspflicht ergebe, wobei schon völlig unklar sei, welchen zeitlichen Umfang diese Leistungspflicht haben sollte. Darüber hinaus habe kein Weisungsrecht der Klägerin gegenüber der Beigeladenen zu 1) bestanden; ein solches sei in dem Vertrag über eine freie Mitarbeit gerade ausgeschlossen worden. Auch in der Praxis sei entsprechend der vertraglichen Vereinbarung verfahren worden. Die Beigeladene zu 1) habe zudem eine eigene Patientenkartei geführt, eigene Briefbögen und Visitenkarten verwendet und sei berechtigt gewesen, eigenes Therapiematerial anzuschaffen und zu nutzen. Auch sei im Praxiseingang und in ihrem Behandlungsraum ein Schild mit ihrem Namen angebracht gewesen. Die Verpflichtung, gesetzlich versicherte Patienten in der Praxis zu behandeln, sei lediglich Folge der gesetzlichen Regelung, dass die Zulassung zur Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie an bestimmte Räumlichkeiten gebunden sei (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 SGB V). Dies sei jedoch nicht Ausfluss eines Weisungsrechts der Klägerin; diese Auslegung entspreche auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), da ansonsten eine Physiotherapeutin ohne eigene Praxis nie selbständig tätig sein könne. Auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) ihre Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten nicht mit den Kostenträgern direkt, sondern mit der Klägerin abgerechnet habe, sei kein Argument für eine abhängige Beschäftigung. Dass die Beigeladene zu 1) der Klägerin auch die Abrechnung mit Privatpatienten übertragen habe, ändere an dieser Beurteilung nichts. Es sei bereits unter praktischen Gesichtspunkten ohne weiteres plausibel, dass die Klägerin und die Beigeladene zu 1) zwischen der Abrechnung mit gesetzlich Krankenversicherten und mit Privatpatienten nicht unterschieden hätten. Gegen eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) spreche auch nicht, dass sie keine Arbeitnehmer beschäftigt und nie einen Vertreter eingesetzt habe. Schließlich habe die Beigeladene zu 1) auch ein Unternehmerrisiko getragen. So habe sie eigene finanzielle Mittel eingesetzt und zudem einen Vergütungsanspruch nur dann erlangt, wenn sie die Patienten tatsächlich behandelt habe und diese nicht kurzfristig abgesagt hätten. Auch habe sie das Risiko getragen, dass Rechnungen nur teilweise oder gar nicht bezahlt würden.
Gegen den ihr am 20. März 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 4. April 2017 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt.
Die Beklagte trägt vor, die für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) sprechenden Merkmale würden im Rahmen einer Gesamtabwägung überwiegen. Das SG gehe unzutreffend von einem fehlenden Weisungsrecht der Klägerin und dem Bestehen eines Unternehmerrisikos auf Seiten der Beigeladenen zu 1) aus. Die Beigeladene zu 1) sei gemäß Ziff. 1 des Vertrages über eine freie Mitarbeit verpflichtet gewesen, vom 1. Januar 2015 an eine Tätigkeit in der Praxis aufzunehmen und sei dieser Verpflichtung auch nachgekommen. Die Beigeladene zu 1) habe ihre physiotherapeutischen Leistungen ganz überwiegend in der Praxis der Klägerin erbracht. Sie sei auch hinsichtlich der Arbeitszeit weisungsgebunden gewesen. Die Erstterminierung von Patienten sei seitens der Klägerin erfolgt. Es habe eine tatsächliche Verpflichtung bestanden, den angenommenen Auftrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen und während der vereinbarten Zeit/Behandlung dauerhaft anwesend zu sein. Unbeachtlich sei, dass die Beigeladene zu 1) im Vorfeld selbst Einfluss auf den jeweiligen Zeitpunkt ihrer Dienste habe nehmen können, da dies üblicherweise auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse insbesondere mit flexiblen Arbeitszeitsystemen häufig anzutreffen sei. Darüber hinaus hätten keine wesentlichen Unterschiede zu der vor und nach dem streitigen Zeitraum ausgeübten Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) in einer abhängigen Beschäftigung bestanden. Die Klägerin habe darüber hinaus auch festangestellte Mitarbeiter beschäftigt. Die Beigeladene zu 1) habe identische Leistungen wie die festangestellten Mitarbeiter der Klägerin erbracht. Der Unterschied zu diesen habe lediglich darin bestanden, dass die Beigeladene zu 1) ihre Leistung zu anderen bzw. variablen Zeiten erbracht habe und nicht im Dienstplan eingetragen gewesen sei. Dass die Beigeladene zu 1) keine Vertretungsdienste verrichtet habe, sei nicht von besonderem Gewicht, da sie zusätzlich zur Verstärkung der festangestellten Mitarbeiter tätig geworden sei. Sie sei damit in gleicher Weise wie die abhängig beschäftigte Stammbelegschaft in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Die Beigeladene zu 1) habe ihre Leistungen im Namen der Praxis erbracht und sei deshalb von den Patienten nicht als selbständige Physiotherapeutin wahrgenommen worden. Unbeachtlich sei, dass der Beigeladenen zu 1) keine fachlichen Weisungen erteilt worden seien, da die Leistungen auf ärztliche Anordnung hin erbracht worden seien und bereits aus diesem Grunde festgelegt gewesen seien. Die Beigeladene zu 1) habe auch kein unternehmerisches Risiko getragen. Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folge nach ständiger Rechtsprechung des BSG kein Unternehmerrisiko. Auch die Überbürdung von Risiken, wie z. B. potenzielle Abrechnungsstörungen, führten nicht zur Annahme eines unternehmerischen Risikos der Beigeladenen zu 1), da diesem Risiko keine größeren unternehmerischen Chancen gegenüberständen. Sie habe nicht über eine das Unternehmerrisiko kennzeichnende eigene Betriebsstätte verfügt und ihre Tätigkeit mit den überwiegenden Betriebsmitteln der Klägerin ausgeübt. Auch lasse sich nicht feststellen, dass die Beigeladene zu 1) einen PKW ausschließlich oder überwiegend gezielt für die streitige Tätigkeit angeschafft oder eingesetzt habe. Die von der Beigeladenen zu 1) getätigten Investitionen für Arbeitsmittel seien nicht mit einem so großen finanziellen Aufwand verbunden gewesen, dass das damit einhergehende Risiko für das Vertragsverhältnis zur Klägerin prägend sei. Das Kostenrisiko für die Praxismiete, die Betriebsmittel und das Personal habe die Klägerin mithin auch in Zeiten getragen, in denen die Praxis mangels Nachfrage nicht kostendeckend ausgelastet gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R -) sei bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Angebots (hier: Behandlungsregime eines Patienten) während dessen Durchführung bestünden. Vorliegend sei davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 1) Patienten der Klägerin behandelt habe. Etwas Anderes ergebe sich nicht daraus, dass die Beigeladene zu 1) eine eigene Patientenkartei geführt habe. Die Klägerin sei als Praxisinhaberin, mithin als Heilmittelerbringerin, verpflichtet, für jeden Patienten eine Verlaufsdokumentation zu führen, kontinuierlich je Behandlungseinheit fortzuschreiben und diese Verlaufsdokumentation auch über das Ende der Behandlungsserie für mehrere Jahre aufzubewahren. Insoweit habe die Beigeladene zu 1) die Verlaufsdokumentation der Klägerin für die von ihr behandelnden Patienten zu führen gehabt. Unmaßgeblich sei, dass die Beigeladene zu 1) darüber hinaus auch eigene Aufzeichnungen angefertigt habe. Unbeachtlich sei auch, dass die Beigeladene zu 1) zu Hause privat auch eigene Patienten behandelt habe, denn diese Behandlungen seien nicht Gegenstand des zu prüfenden Auftragsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1). Für eine Eingliederung in die betriebliche Organisation der Klägerin spreche zudem, dass die Beigeladene zu 1) auch das Praxistelefon teilweise bedient und Termine vergeben habe. Da die Beigeladene zu 1) bei der Entgegennahme der Anrufe nicht habe wissen können, was das Begehren der Anrufer sei, sei davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 1) insgesamt auch Verwaltungsaufgaben der Praxis wahrgenommen habe.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 14. März 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) habe keinem Weisungsrecht der Klägerin unterlegen. Sie sei auch nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Die Beigeladene zu 1) habe zudem ein hohes Unternehmerrisiko getragen, da zum einen nur tatsächlich geleistete Stunden vergütet worden seien und selbst bei tatsächlichem Tätigwerden keine Sicherheit bestanden habe, dass und wieviel sie verdiene. Für eine selbständige Tätigkeit spreche auch, dass die Beigeladene zu 1) noch weitere Auftraggeber hätte haben können, für die gleichgelagerte Tätigkeiten erbracht worden seien. Die Beigeladene zu 1) habe weiter keinen bezahlten Urlaub erhalten und habe keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Feiertagsfall gehabt. Schließlich spreche für die Selbständigkeit das relativ hohe Honorar der Beigeladenen zu 1). Ausgehend von den aktuellen Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit betrage das durchschnittliche Gehalt eines angestellten Physiotherapeuten in niedergelassener Praxis in Baden-Württemberg ca. 14,00 EUR in der Stunde. Die Beigeladene zu 1) habe als freie Mitarbeiterin hingegen Stundeneinkünfte von ca. 35,00 EUR erzielt, aus denen sie auch ihre Eigenvorsorge bestritten habe.
Die Beigeladenen zu 1) bis 4) haben keine Anträge gestellt.
Der Vorsitzende des Senats hat am 8. März 2018 einen Erörterungstermin durchgeführt, auf dessen Protokoll Bezug genommen wird. Mit Beschluss vom 9. Juli 2018 ist die Beigeladene zu 4) gem. § 75 Abs. 2 SGG zum Verfahren beigeladen worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. § 143 SGG statthafte und gem. § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand ist die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der von der Beigeladenen zu 1) vom 1. Januar 2015 bis 31. Juli 2015 ausgeübten Tätigkeit als Physiotherapeutin. Die angefochtenen Bescheide enthalten zwar keine zeitliche Begrenzung, diese ergibt sich jedoch daraus, dass die Beigeladene zu 1) zum 1. August 2015 diese Form der Tätigkeit beendet und wieder ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausgeübt hat.
Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV sachlich zuständig; die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt, sie beschränken sich insbesondere nicht auf eine unzulässige Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses.
Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragsstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Die Beigeladene zu 1) hat sich für das (fakultative) Anfrageverfahren bei der Beklagten (Clearing-Stelle) nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV entschieden. Ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden.
Versicherungspflichtig sind in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - juris Rdnr. 13; Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R - juris Rdnr. 23; Urteil vom 31. März 2015 - B 12 KR 17/13 - juris Rdnr. 15; Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R - juris Rdnr. 13; Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R - juris Rdnr. 13).
Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung, das sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von der Vereinbarung abweichen (BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R - juris Rdnr. 17 m. w. N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris Rdnr. 16). Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist deshalb regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu ist zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, gegebenenfalls den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäftes festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R - juris Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R - juris Rdnr. 14).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend hat die Beigeladene zu 1) vom 1. Januar 2015 bis 31. Juli 2015 in der Praxis der Klägerin eine selbständige Erwerbstätigkeit als Physiotherapeutin ausgeübt.
Rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) war der mit der Klägerin am 28. Dezember 2014 geschlossene Vertrag über eine freie Mitarbeit. Danach hatte die Beigeladene zu 1) die Terminierung ihrer Patienten selbst zu übernehmen bzw. sich hierfür des Rezeptionspersonals der Praxis zu bedienen. Diese Regelung stand auch in Übereinstimmung mit der tatsächlich durchgeführten Patienteneinbestellung. Nach den Angaben der Klägerin im Erörterungstermin vom 8. März 2018, die der Senat für zutreffend hält, war in der Praxis keine Sekretärin beschäftigt, es gab vielmehr einen Anrufbeantworter bzw. es wurden die Anrufe von den sonstigen Mitarbeitern entgegengenommen. Ans Telefon ging diejenige Person, die gerade frei war, damit zum Teil auch die Beigeladene zu 1). Der Erstkontakt zu den Patienten der Beigeladenen zu 1) fand damit nicht ausschließlich über die Klägerin statt.
Die Beigeladene zu 1) führte darüber hinaus eine eigene Patientenkartei und verfügte über einen eigenen, ihr zur alleinigen Verfügung stehenden Behandlungsraum. Weitere Behandlungstermine wurden allein von der Beigeladenen zu 1) vereinbart.
Die Beigeladene zu 1) war bei der Ausübung ihrer Tätigkeit - wie in Nr. 3 des Vertrags über eine freie Mitarbeit vereinbart und auch tatsächlich so ausgeführt - nicht weisungsgebunden und hat nicht den allgemeinen Praxisregelungen unterlegen. Es bestand kein Weisungsrecht sowohl hinsichtlich fachlicher Weisungen als auch bzgl. Zeitpunkt, Lage und Dauer der Tätigkeit. Denn sie konnte ihre Behandlungstermine selbst bestimmen. Etwas Anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht dadurch, dass die Vergabe von Erstterminen an Patienten - teilweise - seitens der Klägerin erfolgt ist. Soweit die Beklagte als Indiz für eine Weisungsgebundenheit hieraus folgern möchte, es habe eine tatsächliche Verpflichtung bestanden, den angenommenen Auftrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen und während der vereinbarten Zeit/Behandlung dauerhaft anwesend zu sein, ist dies kein Kriterium zur Abgrenzung einer selbständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung. Denn die Termine zur Behandlung durch die Beigeladene zu 1) wurden nur insoweit vergeben, als im Terminbuch der Beigeladenen zu 1) freie Behandlungstermine ausgewiesen waren. Die Beigeladene zu 1) konnte somit im Voraus selbst bestimmen, zu welchen Zeiten sie tätig sein wollte, und nur zu den von ihr bestimmten Zeiten konnten auch Behandlungstermine vereinbart werden. Auch ein selbständig Tätiger ist verpflichtet, einen angenommenen Auftrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen und während der vereinbarten Zeit anwesend zu sein. Der Beigeladenen zu 1) stand es somit frei, selbst zu bestimmen, zu welchen Zeiten eine Behandlung möglich war bzw. nicht erfolgen sollte. So enthält Nr. 2 Satz 4 des Vertrages über eine freie Mitarbeit folgende Regelung: "Um im Interesse beider Parteien eine ordnungsgemäße Patienteneinbestellung sicher zu stellen, wird die freie Mitarbeiterin der Praxis urlaubsbedingte oder in sonstigen Umständen begründete und vorhersehbare Abwesenheitszeiten rechtzeitig zuvor mitteilen". Zeiten einer urlaubsbedingten oder in sonstigen Umständen begründeten Abwesenheit konnte die Beigeladene zu 1) selbst festlegen und war hierbei an Vorgaben oder Absprachen mit der Klägerin nicht gebunden.
Die Beigeladene zu 1) hat auch eigene Patienten behandelt und nicht Patienten der Klägerin. So konnten die Patienten bei der Erstanmeldung bestimmen, ob sie durch Mitarbeiter der Praxis der Klägerin oder durch die Beigeladene zu 1) behandelt werden wollten. Auch nach außen ist nicht nur die Klägerin als verantwortliche Praxisbetreiberin und gegenüber den Patienten als Heilmittelerbringerin aufgetreten. So befindet sich ein eigenes Namensschild am Praxiseingang. Der ihr zur alleinigen Nutzung überlassene Behandlungsraum war mit ihrem Namen beschriftet, so dass auch eine nach außen hin erkennbare räumliche Trennung von den Betriebsräumen der Klägerin gegeben war. Sie hat Werbung mit eigenen Visitenkarten betrieben und hatte einen eigenen Aufsteller an der Theke. Die fehlende Einbindung der Beigeladenen zu 1) in die Arbeitsabläufe und die Organisationsstruktur der Klägerin spricht damit bereits mehr für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit als einer abhängigen Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1) musste sich im Krankheitsfall auch nicht krankmelden (anders die Beigeladene im Verfahren LSG Baden-Württemberg - L 5 R 3581/16 - Urteil vom 21. Februar 2018 - n.v.). In diesem Fall erfolge eine Terminabsage durch die Beigeladene zu 1) von zu Hause aus, wo sie auch über die Patientendaten verfügte. Eine Vertretung der Beigeladenen zu 1) bei Krankheit oder sonstiger Verhinderung ist damit nicht erfolgt. Anders als in dem genannten Verfahren war auch keine Strafe bei verspäteter Krankmeldung oder unentschuldigter Verspätung zu zahlen.
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum wegen der Regelungen des Leistungserbringungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mit den Kostenträgern direkt abrechnen konnte, sondern dies über die Klägerin vorzunehmen hatte.
Nach § 124 Abs. 1 SGB V (in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV - Modernisierungsgesetz ( GMG ) vom 14. November 2003, BGBl. I 2190) dürfen Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie, der Sprachtherapie oder der Ergotherapie, an Versicherte der GKV nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Der für das Recht der Leistungserbringung in den GKV zuständige Fachsenat des BSG hat dazu für die ab 1989 geltende Rechtslage entschieden, dass diese Bestimmungen sowie die weiteren Regelungen des Leistungserbringerrechts des SGB V (§§ 155 ff. SGB V) einer Heilmittelabgabe durch freie Mitarbeiter des zugelassenen Leistungserbringers nicht entgegenstehen (BSG, SozR 3-2400 § 124 Nr. 1 S. 4 ff.). Durch die Änderungen des SGB V hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert. Darüber hinaus betreffen die Regelungen ausschließlich das Verhältnis zwischen Krankenkasse und zugelassenem Leistungserbringer. Der Regelung des Leistungserbringerrechts in § 124 Abs. 1 SGB V fehlt demgegenüber eine über das Leistungs- und Leistungserbringerrecht der GKV hinausgehende "übergeordnete" Wirkung auch bezogen auf die sozialversicherungs- und beitragsrechtliche Rechtslage betreffend die konkret tätig werdenden Personen. Der Regelung kann deshalb keine determinierende Wirkung in Bezug auf die vorliegend zu entscheidende Frage des Vorliegens von Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGV IV entnommen werden (BSG, Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R - juris Rdnr. 28; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Oktober 2015 - L 4 R 3874/14 - juris Rdnrn. 56f.).
Entgegen der Auffassung der Beklagten hatte die Beigeladene zu 1) auch ein Unternehmerrisiko zu tragen. Das unternehmerische Risiko ist dadurch gekennzeichnet, dass Kapital und Arbeitskraft eingesetzt werden, einerseits um größere Verdienstchancen zu haben, andererseits jedoch mit dem Risiko eines Verlusts des eingesetzten Kapitals oder ohne Vergütung aufgewandter Mittel. Zutreffend ist zwar, dass die Beigeladene zu 1) kein ins Gewicht fallendes Wagniskapital einzusetzen hatte. Vorliegend hatte die Beigeladene zu 1) jedoch größere Verdienstchancen. Als angestellte Physiotherapeutin erzielte sie zuvor einen Stundenverdienst von 14,00 EUR. In der streitigen Tätigkeit betrug ihr Stundenverdienst dagegen 30,00 EUR und damit mehr als das Doppelte. Diese Verdienstchancen waren auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass sie eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen musste und für ihre soziale Absicherung selbst sorgen musste, noch deutlich höher.
Ein Unternehmerrisiko folgt zwar nicht schon aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R - juris Rdnr. 21 m. w. N.). Ein Verdienstrisiko der Beigeladenen zu 1) bestand vorliegend jedoch bereits in der Weise, dass sie das Risiko zu tragen hatte, dass sich bei ihr keine Patienten anmelden und sie deshalb keine (oder weniger) Behandlungen durchführen konnte. Sie hatte darüber hinaus das Risiko zu tragen, trotz Erbringung ihrer Leistung keine Vergütung zu erhalten, wenn z. B. Leistungen erbracht wurden, die von der Krankenkasse nicht vergütet wurden. Unbeachtlich ist, in welchem Umfang sich dieses Risiko realisiert hat; maßgeblich ist vielmehr, dass es tatsächlich bestanden hat. Die Beigeladene zu 1) hatte weiter das Risiko zu tragen, dass Patienten nicht zur Behandlung erschienen sind und sie deshalb den Behandlungstermin nutzlos verstreichen lassen musste und nicht abrechnen konnte. Hierbei handelt es sich um ein Risiko, das nicht außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge auftritt, sondern in einem bestehenden Behandlungsvertrag. Dass dies nicht nur vereinzelt vorgekommen ist, hat die Beigeladene zu 1) glaubhaft geschildert; dies geschah insbesondere bei den letzten Behandlungsterminen, wenn es z. B. den Patienten schon besser ging und sie zu vereinbarten Terminen nicht erschienen sind. Demgegenüber werden angestellte Physiotherapeuten auch für die Stunden bezahlt, in denen sie ihre Arbeitskraft vorhalten, die Patienten jedoch nicht erscheinen. Denn regelmäßig besteht ein Entlohnungsanspruch von Arbeitnehmern bereits dann, wenn sie ihre Arbeitskraft anbieten, und nicht erst dann, wenn der Arbeitgeber dies auch annimmt. Der Arbeitgeber käme anderenfalls in Annahmeverzug mit der Folge, dass der Entlohnungsanspruch fortbesteht (§§ 293, 615 Bürgerliches Gesetzbuch).
Für den Senat ergibt sich in der Gesamtabwägung damit das Bild einer selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) im streitigen Zeitraum.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, der Beklagten außergerichtliche Kosten von Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keine Sachanträge gestellt und damit auch kein Prozessrisiko übernommen haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
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