S 12 KA 80/18

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 80/18
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) in der ab Oktober 2011 gültigen Fassung ist ein Antrag erforderlich, wenn die Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres erfolgt und die Teilnahme mit Erreichen des 65. Lebensjahres begehrt wird. Eine rückwirkende Bewilligung ist nicht möglich. Es besteht auch keine gezielte Beratungspflicht der KVH (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 05.10.2011 - S 12 KA 403/11 - juris).
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 47.261,16 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung (EHV) auch für den Zeitraum 01.05.2012 bis 31.01.2017.

Der 1947 geb. und jetzt 71-jährige Kläger war seit Juli 1991 bis zum 30.06.2007 als Facharzt für Chirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten zugelassen. Vom 01.04. bis 31.12.2006 ruhte seine Zulassung.

Er beantragte am 31.01.2017 telefonisch und unter Datum vom 09.02.2017 schriftlich die Teilnahme an der EHV ab 01.02.2017.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 13.07.2017 die Teilnahme an der EHV ab 01.02.2017 mit dem Anspruchshöchstsatz von 8,4980 % bzw. 5.666 Punkten. Hieraus errechnete sie ab 01.02.2017 einen monatlichen Anspruch in Höhe von 1.312,81 EUR abzüglich Verwaltungskosten.

Hiergegen legte der Kläger am 16.08.2017 Widerspruch ein. Er trug vor, Ziel seines Widerspruchs sei die Teilnahme an der EHV nach Erreichen des 65. Lebensjahres ab 01.05.2012. Die in § 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 GEHV festgelegte Antragsabhängigkeit sei nicht rechtmäßig. Sie verletze ihn in seinen Eigentumsrechten. § 1 Abs. 1 Satz 1 GEHV verlange keinen Antrag. Entgegen dem Wortlaut in § 1 Abs. 4 Satz 1 GEHV bedürfe es in Lebenssachverhalten wie dem vorliegenden keines Antragserfordernisses. Die entscheidende Voraussetzung sei nicht das Erreichen der Altersgrenze, sondern der Verzicht auf die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Der Beklagten sei sein Verzicht bekannt gewesen. Die von ihm in seiner aktiven Zeit erworbene Anwartschaft unterfalle dem Eigentumsschutz. Würde durch die in § 1 Abs. 4 Satz 2 GEHV getroffene Regelung ein Teil der zustehenden Ansprüche aus der EHV nach einer verspäteten Antragstellung dem Anspruchsberechtigten vorenthalten, so werde in die ihm zustehenden Eigentumsrechte ohne rechtfertigenden Grund eingegriffen. Die verlangte Antragstellung stelle eine unverhältnismäßige Belastung dar. Nach OLG Dresden, Urt. v. 06.10.2010 - 1 U 1809/09 - stehe fest, dass im Wege der Umlagefinanzierung Vermögensanteile aufliefen, die im Ergebnis den sie veranlassenden Rechtsobjekten zuzuordnen seien. Ihm werde ein Bruttobetrag von rund 73.000 EUR vorenthalten, damit werde ihm ein als Eigentumsrecht zustehender Vermögenswert entzogen, der nicht durch eine systemgerechte Erhöhung des Auszahlungsbetrags, trotz Rechtsgültigkeit des Antragserfordernisses wieder nach dem Äquivalenzprinzip gutgeschrieben werde. Als systemimmanente Lösung biete sich eine Erhöhung des Zahlbetrags an.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2018, dem Kläger am 13.01.2018 zugestellt, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, ein Antrag auf Teilnahme an der EHV sei nur nach Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Vollendung des 67. bzw. 65. Lebensjahres entbehrlich. Der Kläger habe aber auf die vertragsärztliche Tätigkeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres verzichtet. Die verspätete Antragstellung liege nicht in ihrem Verantwortungsbereich. Eine gezielte Beratungspflicht bestehe nicht. Auch das SG Marburg habe das Antragserfordernis bestätigt.

Hiergegen hat der Kläger am 13.02.2018 die Klage unter Wiederholung seines Wiederspruchvorbringens erhoben. Er trägt ergänzend vor, der angefochtene Widerspruchsbescheid sei unzureichend begründet und setze sich nicht mit seinem Vorbringen auseinander. Es bestehe auch eine Beratungspflicht der Beklagten. Die entsprechende Satzungsregelung stelle keinen gerechtfertigten Eingriff in Art. 14 GG dar. Bereits das Ziel der Regelung sei fraglich. Es fehle an einer Erforderlichkeit, über die Antragspflicht hinaus die Gelder zu streichen. Deshalb sei die Regelung auch nicht angemessen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 13.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2018 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihn ab dem 01.05.2012 in die EHV einzubeziehen und ihm Leistungen aus der EHV bereits ab dem 01.05.2012 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 01.05.2012 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, sie habe die für die Entscheidung wesentlichen Gründe mitgeteilt. Sie ist weiterhin der Auffassung, die Teilnahme an der EHV habe seinerzeit einen Antrag vorausgesetzt. Das Antragserfordernis sei auch rechtmäßig. Besondere Hinweispflichten bestünden nicht. Eine Eigentumsverletzung bleibe unklar. Ein Eingriff werde nicht konkretisiert. Eine Verzinsung finde nicht statt. Der Kläger lege nicht dar, worin genau eine Verletzung des Art. 14 GG liegen solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 04.07.2018 angehört. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat über vergleichbare Sachverhalte bereits mit Urteilen v. 05.10.2011 - S 12 KA 397/11 und S 12 KA 403/11, v. 18.04.2012 - S 12 KA 398/11, S 12 KA 505/11 und S 12 KA 687/11 und Gerichtsbescheid vom 29.09.2015 - S 12 KA 70/15 - entschieden.

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2018 ist rechtmäßig. Er war daher nicht abzuändern oder aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung der Teilnahme an der EHV auch für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.01.2017. Die Klage war daher abzuweisen.

Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Teilnahme an der EHV sind die ab 01.07.2006 gültigen Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung in der ab Oktober 2011 gültigen Fassung (im Folgenden: GEHV 2011). Eine Änderung trat erst aufgrund der Beschlüsse der Vertreterversammlung der KV Hessen in ihren Sitzungen vom 10. März 2012 und 12. Mai 2012 zum 01.07.2012 in Kraft (GEHV 2012).

Der zeitliche Anwendungsbereich einer Regelung bestimmt sich nach den allgemeinen für das intertemporale Sozialrecht geltenden Grundsätzen, wenn das Gesetz keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält. Eine Neuregelung ist danach nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die sich vollständig nach Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht haben (vgl. BSG, Urt. v. 22.6.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr. 4, juris Rdnr. 13 f.). Allgemein gilt im Sozialversicherungsrecht daher das Leistungsfall- bzw. Versicherungsfallprinzip. Es ist nur dann nicht anzuwenden, soweit später in Kraft gesetztes Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt (vgl. BSG, Urt. v. 04.09.2013 - B 10 EG 6/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr. 24, juris Rdnr. 38 m.w.N.). Ausdruck des Versicherungsfallprinzips ist z. B. § 75 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, und es wird zwischen Stammrecht und Zahlungsanspruch unterschieden (vgl. LSG Hamburg, Urt. v. 05. 09.2012 - L 2 R 50/10 - juris Rdnr. 22; Blüggel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 75 SGB VI, Rdnr. 13). Die Grundsätze des intertemporalen Rechts gellten auch allgemein im Vertragsarztrecht. Für die rechtliche Beurteilung kommt es maßgeblich auf das jeweils geltende Recht an (vgl. BSG, Urt. v. 22.10.2014 - B 6 KA 8/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 49, juris Rdnr. 28 ff.). Im Bereich der EHV ist ebf. zwischen dem Stammrecht bzw. der Anwartschaft als erworbenem "Anspruch auf Teilhabe in einem bestimmten Umfang" und dem konkreten Auszahlungsbetrag zu unterscheiden (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 10/13 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 79, juris Rdnr. 51; s. auch BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43, juris Rdnr. 53). Weder die GEHV 2011 noch die GEHV 2012 regeln in gesonderten Bestimmungen, welches Recht anzuwenden ist. § 12 GEHV 2011 bzw. § 11 GEHV 2012 regeln nur den Zeitpunkt des Inkrafttretens. Die Übergangsregelung nach § 10 GEHV 2012 betrifft lediglich die Umrechnung der bisher bestehenden Anwartschaften und Ansprüche. Maßgeblich für das Bestehen einer Anwartschaft ist daher allein das EHV-Satzungsrecht der Beklagten, dass zum Zeitpunkt des 65. Geburtstags des Klägers gegolten hat (vgl. bereits SG Marburg, Gerichtsb. v. 18.08.2017 - S 12 KA 443/16 - juris Rdnr. 19, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 45/17 -; SG Marburg, Urt. v. 16.08.2017 - S 12 KA 235/17 - juris Rdnr. 34; SG Marburg, Urt. v. 16.12.2015 - S 12 KA 448/14 - juris Rdnr. 21; SG Marburg, Urt. v. 02.12.2015 S 12 KA 17/15 - juris Rdnr. 19, Berufung beim LSG Hessen - L 4 KA 1/16 - am 01.04.2016 zurückgenommen).

Jedes zugelassene ärztliche Mitglied der KV Hessen nimmt auch im Falle der Anerkennung seiner Berufsunfähigkeit und/oder nach Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung (inaktiver Vertragsarzt) weiterhin an der Honorarverteilung im Rahmen dieser Bestimmungen der EHV teil. Der Anspruch errechnet sich nach den nachfolgenden Bestimmungen (§ 1 Abs. 1 GEHV 2011). Die Teilnahme an der EHV erfolgt ohne Antrag für den Vertragsarzt ab dem Monatsersten, der auf die Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Vollendung des 65. Lebensjahres folgt (§ 1 Abs. 2 GEHV 2011). Die Teilnahme an der EHV ist im Übrigen zu beantragen. Wird ein Antrag auf Teilnahme an der EHV später als drei Monate nach Eintritt des Versorgungsfalles gestellt, beginnen die Zahlungen vom Ersten des auf den Eingang des Antrages folgenden Monats. Zahlungen an Hinterbliebene werden bei verspäteter Antragstellung bis zu einem Jahr rückwirkend gewährt, soweit diese Verspätung auf einer Unkenntnis dieser Bestimmungen beruht. In besonderen Härtefällen können Zahlungen bis zu drei Jahren rückwirkend geleistet werden. Der Anspruch auf Teilnahme an der EHV besteht für den Vertragsarzt ab dem Monatsersten, der auf den Eintritt der Berufsunfähigkeit folgt, für den Vertragsarzt auf Antrag ab dem vollendeten 63. Lebensjahr, für Hinterbliebene ab dem auf den Todestag folgenden Monatsersten (§ 1 Abs. 3 GEHV 2011).

Die Teilnahme an der EHV setzt voraus:
(1) vorausgegangene Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit in eigener Praxis, nach rechtskräftiger Zulassung im Bereich der KV Hessen,
(2) Rechtskraft des Verzichts auf die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit oder Tod des Vertragsarztes, wobei ein Verzicht auf die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nach Vollendung des 65. Lebensjahres nicht erforderlich ist, wenn weiterhin die Tätigkeit als Vertragsarzt oder angestellter Arzt eines vertragsärztlichen Leistungserbringers ausgeübt und eine Teilnahme an der EHV beantragt wird,
(3) vor der Vollendung des 65. Lebensjahres zusätzlich die Unfähigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GEHV 2011).

Nach diesen Regelungen ist ein Antrag auf Teilnahme an der EHV für den Fall entbehrlich, dass die Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Vollendung des 65. Lebensjahres erfolgt. Der Kläger gibt zunächst selbst an, auf die vertragsärztliche Tätigkeit bereits zum 30.06.2007, also bereits fast fünf Jahre vor Erreichen seines 65. Lebensjahres verzichtet zu haben. § 1 Abs. 2 GEHV 2011 setzt einen nahtlosen Übergang zwischen Erreichen der Regelaltersgrenze und Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit voraus. Nur in diesen Fällen ist gewährleistet, dass die Beklagte ohne weitere Ermittlungen die Teilnahme an der EHV bewilligen und die EHV auszahlen kann. Bei einem nahtlosen Übergang sind ihr die persönlichen Verhältnisse des Vertragsarztes bekannt, da er bis zur Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit ihr Mitglied ist. Die Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit ist ihr ebf. bekannt, da diese nur durch Zulassungsverzicht möglich ist. Soweit der Zulassungsverzicht gegenüber dem Zulassungsausschuss zu erklären ist, wird sie hiervon unterrichtet. Immer dann, wenn zwischen Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit und Erreichen der Regelaltersgrenze eine Lücke besteht, ist für die Beklagte nicht gewährleistet, den Anspruchsberechtigten zu ermitteln. Insofern erscheint es auch nicht als sachwidrig, in diesen Fällen einen Antrag vorauszusetzen. Auch wird hierdurch erreicht, dass die EHV der Beklagten nicht durch evtl. rückwirkend bestehende Ansprüche erst zu einem anderen Zeitpunkt belastet wird. Die EHV basiert auf einem Umlageverfahren. Auch nach der GEHV in der Neufassung besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den aktiven Vertragsärzten als den Beitragszahlen und den Anspruchsberechtigten (vgl. z. B. § 4 Abs. 4 Buchst. b, § 5 GEHV) (vgl. SG Marburg, Gerichtsb. v. 29.09.2015 - S 12 KA 70/15 - juris Rdnr. 24).

Der Kläger hat nicht behauptet, einen mündlichen oder schriftlichen Antrag bereits vor dem 31.01.2017 gestellt zu haben.

Es kann hier letztlich dahingestellt bleiben, ob die ab 01.07.2012 geltende Fassung der GEHV oder Folgefassungen anzuwenden ist, da sich hieraus jedenfalls kein Anspruch hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums ergibt. Alle Fassungen sehen ein entsprechendes Antragserfordernis vor. Im Übrigen wird ein solcher Anspruch vom Kläger auch nicht behauptet.

Die Beklagte war nicht verpflichtet, allen Vertragsärzten nach Erreichen des 65. Lebensjahres die Teilnahme an der EHV zu bewilligen. Dem stehen grundsätzlich die Regelungen in den GEHV entgegen, wonach es für die Teilnahme an der EHV grundsätzlich eines Antrags bedarf mit Ausnahme der genannten Fallkonstellation.

Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, den Kläger gezielt zu informieren, dass in seiner Person die Voraussetzungen zur Teilnahme an der EHV vorlagen. Die Beklagte kommt ihren allgemeinen Informationspflichten durch die Versendung von Rundschreiben nach. Für eine gezielte Beratung fehlt es an einer entsprechenden Rechtsverpflichtung. Die Vorschriften des SGB I, aus den insoweit besondere Hinweispflichten der Sozialversicherungsträger abgeleitet werden, sind nicht anwendbar, als sie sich ausschließlich auf Sozialleistungsansprüche beziehen. Auch nach der Rechtsprechung des LSG Hessen, der die Kammer hier folgt, sind die in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten Grundsätze zu den Hinweispflichten eines Rentenversicherungsträgers gegenüber einem Versicherten im Zusammenhang mit der Rentenantragstellung nicht auf das sozialrechtliche Schuldverhältnis zwischen Vertragsarzt und KV übertragbar (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 14.12.2005 - L 4 KA 41/05 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; s.a. SG Marburg, Urt. v. 07.03.2007 - S 12 KA 36/06 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 20; SG Marburg, Gerichtsb. v. 29.09.2015 S 12 KA 70/15 - juris Rdnr. 31).

Das LSG Hessen hat weiter entschieden, dass ein Anspruch auf Teilnahme an der EHV nach der Satzung der KV Hessen erst nach Antragseingang entsteht und die KV nicht verpflichtet ist, die Altersentwicklung ausgeschiedener Vertragsärzte zu überwachen und diese vor Vollendung des 65. Lebensjahres auf die Möglichkeit eines Anspruchs auf Teilnahme an der EHV hinzuweisen (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 14.12.2005 - L 4 KA 41/05 – a.a.O). Dies gilt insofern auch für den vorliegenden Fall, da die Beklagte nur bei Zulassungsverzicht nach Erreichen der Altersgrenze auf das Antragserfordernis verzichtet hat, nicht aber bei einem Zulassungsverzicht vor Erreichen der Altersgrenze. Eine besondere Beratungspflicht oder Hinweispflicht besteht nicht, da es sich bei EHV-Leistungen nicht um Sozialleistungen handelt (vgl. SG Marburg, Urt. v. 31.05.2017 S 12 KA 760/16 - juris Rdnr. 23 ff. m.w.N., Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 28/17 -).

Eine Eigentumsverletzung liegt nicht vor. Der Kläger hat seine Anwartschaft bereits unter Geltung des Antragserfordernisses erworben. Bereits von daher fehlt es an einem Eingriff in seine eigentumsrechtlich geschützte Anwartschaft. Ein Antragserfordernis ist auch in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehen. Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird (§ 99 Abs. 1 SGB VI). Auch Ansprüche auf Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung der KV Hessen aus einem Versorgungsausgleich setzen eine Antragstellung voraus, auf eine rückwirkende Bewilligung besteht kein Anspruch (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 27.06.2012 - L 4 KA 63/11 - juris Rdnr. 17).

Soweit bereits kein Anspruch besteht, kommt eine Verzinsung nicht in Betracht. Im Übrigen sind Ansprüche aus der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen einschließlich Nachzahlungen nicht zu verzinsen (vgl. SG Marburg, Urt. v. 31.05.2017 - S 12 KA 760/16 - juris Rdnr. 20 ff., Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 28/17 -).

Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss der Kammer.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

Der wirtschaftliche Wert folgt aus dem Betrag für einen Zeitraum von drei Jahren bei einem Anspruch von 1.312,81 EUR monatlich zum 01.02.2017.
Rechtskraft
Aus
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