Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 26 U 1603/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 2495/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.03.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. ab dem 14.08.2011 zusteht.
Der 1959 geborene Kläger arbeitete versicherungspflichtig als Busfahrer eines Schulbusses bei einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten. Im Rahmen dieser Beschäftigung steuerte der Kläger am 01.02.2010 seinen Bus. Nachdem er an einer Einmündung in eine andere Straße einen Knall gehört hatte, bremste er ab, stieg aus und ging zurück, um nach einem eventuellen Unfall zu sehen. Nachdem er keinen Unfall feststellte, ging er auf der Fahrbahn zurück zu seinem Bus (zur Unfallschilderung vgl. Bericht des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. R. vom 09.06.2011, Blatt 334 der Beklagtenakte; zur Unfallanzeige des Arbeitgebers vgl. Blatt 9/13 der Beklagtenakte; zur Akte der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vgl. Blatt 354/400 der Beklagtenakte). Dabei wurde er von einem entgegenkommenden Auto erfasst. Er erlitt eine laterale nichtdislozierte kaudale Femurfraktur, eine Verstauchung und Zerrung der Halswirbelsäule, Rippenserienfraktur der 2.-9. Rippe, eine Commotio cerebri, den Verdacht auf eine kleine Kontusion rechts rarieto occipital, ein ausgedehntes Hautemphysem, einen Hämothorax, komplexe Mittelgesichtsfrakturen beidseits, eine Zahnlockerung und eine Gesichtsplatzwunde (vgl. Durchgangsarztbericht Dr. M. vom 01.02.2010, Blatt 1 der Beklagtenakte, und Zwischenbericht Prof. Dr. K. vom 01.02.2010 und 01.03.2010, Blatt 8, 25 der Beklagtenakte).
Die Beklagte beauftragte Dr. B. von der B. Unfallklinik T. eine Reha-Abklärung (chirurgisch, neurologisch-neuropsychologisch) durchzuführen (Schreiben vom 27.12.2010). Daraufhin untersuchte Prof. Dr. S. den Kläger auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. In seinem "Neurologisch-psychiatrischen Befundbericht im Rahmen der Heilverfahrenskontrolle" vom 01.02.2011 (Blatt 248/225 der Beklagtenakte) stellte er unter Auswertung eines psychologischen Befundberichts von Dipl.Psych. T. vom 01.02.2011 (Blatt 253/258 der Beklagtenakte) einen psychisch bzw. psychologisch unauffälligen Befund fest. Klinisch-neurologisch finde sich eine Teilschädigung des linken Nervus Tibialis und des linken Nervus Peronäus axonal. Funktionsmindernde Bedeutung komme diesen Befunden jedoch nicht zu. Auf neurologisch psychiatrischem Fachgebiet seien keine Heilmaßnahmen durchzuführen. Arbeitsfähigkeit als Busfahrer bestehe. Es solle jedoch von chirurgischer Seite eine Stellungnahme eingeholt werden.
Prof. Dr. A. gab in seinem "augenärztlichen Gutachten zur Fahrtauglichkeit" des Klägers vom 28.02.2011 (Blatt 267/270 der Beklagtenakte) an, dass als Folge des Unfalls anfangs deutlich störende, später rückläufige Doppelbilder festzustellen waren, welche sich bis zur Untersuchung soweit zurückgebildet hätten, so dass der Kläger sie im täglichen Leben nicht mehr bemerke. Die am rechten Auge betonten peripheren Gesichtsfeldausfälle könnten durch unfallbedingte Störungen der zentralen Sehbahn ausgelöst sein. Da die Ausfälle an beiden Augen nicht übereinstimmten, sei im beidseitig offenen Zustand keine Beeinträchtigung vorhanden. Die Doppelbilder würden erst ab einem Aufblick jenseits von 20° und bei einem Abblick jenseits von 35° auftreten.
In der Zeit vom 24.01.2011 bis 26.01.2011 nahm der Kläger an einer dreitägigen Evaluation im Rehabilitationskompetenzzentrum der B. Klinik teil (zum Bericht vom 29.04.2011 vgl. Blatt 296/304 der Beklagtenakte). Der Kläger sei in der Lage, einen Bus der Führerscheinklasse D zu führen vorzugsweise mit Automatikschaltung. Zwar stehe der physiotherapeutische Befund mit deutlicher Schwäche im Bereich des linken Beins und der neurologisch psychiatrische Befund mit Ausschluss einer Teillähmung im Widerspruch, dennoch empfehle man den Kläger bei Linienfahrten einzusetzen, um das Tragen von schwerem Gepäck zu vermeiden.
In dem im Auftrag der Beklagten erstellten mund-, kiefer- und gesichtschirurgischen Gutachten von Prof. Dr. R. vom 31.3.2011 (Blatt 308/316; Untersuchung des Klägers am 23.02.2011; zur ergänzenden Stellungnahme vom 28.07.2011 vgl. Blatt 402/403 der Beklagtenakte) führte dieser aus, beim Kläger bestünden weiterhin Doppelbilder beim Aufblick und ein inkompletter Lidschluss links. Es bestehe ein leichtes Einsinken des linken Augapfels sowie eine mäßiggradige Fehlstellung des Jochbeins links und des Nasenskeletts.
Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. R. gab in seinem Schreiben vom 12.07.2011 (Blatt 332/336 der Beklagtenakte) an, der Kläger habe sich durch den Unfall grundlegend seelisch verändert. Der Kläger sei ein Typus Melancholicus nach Prof. T. und habe seine innere Stabilität verloren. Er diagnostizierte eine undifferenzierte Somatisierungsstörung.
Die Beklagte ließ den Kläger durch Dr. Rö. augenärztlich begutachten. In seinem Gutachten vom 21.09.2011 (Blatt 441/448 der Beklagtenakte) teilte der Gutachter mit, die Sehschärfe habe sich ebenso verschlechtert wie die leicht konzentrische Einengung des Gesichtsfeldes auf 120° im horizontalen Durchmesser. Hiermit sei Personentransport nicht erlaubt. Die reduzierte Sehschärfe und die leichte Gesichtsfeldeinengung könnte mit einem Erschöpfungszustand, welcher ebenfalls Unfallfolge sei, erklärt werden. Die Doppelbilder außerhalb des Gebrauchsbereiches seien eindeutig Unfallfolge, würden aber keine MdE begründen. Auf augenärztlichen Fachgebiet läge eine MdE um 10 v.H. vor (zur nachfolgenden Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. Z. vom 13.10.2011 vgl. Blatt 472/474 der Beklagtenakte).
Prof. Dr. R. erstattete am 20.09.2011 ein radiologisches Gutachten (Blatt 451/453 der Beklagtenakte; Diagnosen: teils in leichter Fehlstellung verheilte Rippenserienfraktur links, angrenzend geringe narbige Lungenveränderungen, links unten regelrecht verheilte, osteosynthetisch versorgte distale Femurfraktur, in leichter Fehlstellung verheilte Fibulaköpfchenfraktur).
Prof. Dr. F. führte in seinem thoraxchirurgischen Gutachten vom 29.02.2012 (Blatt 510/513 der Beklagtenakte; Untersuchung des Klägers am 17.11.2011) aus, der Thorax zeige stabile Verhältnisse mit normaler Lungenfunktion und knöchern festverheilten Rippenfrakturen. Diese seien jedoch zum Teil in erheblicher Fehlstellung verheilt, was für die angegebenen Schmerzen durchaus verantwortlich sein könne. Er schätzte die MdE vom 14.8.2011 bis zum Untersuchungstag mit 20 v.H., danach mit 10 v.H.ein.
Prof. Dr. W. gab in seinem mund-,kiefer-,gesichtschirurgischen Gutachten vom 01.03.2012 (Blatt 518/ 527 der Beklagtenakte; Untersuchung des Klägers am 29.02.2012) an, als Unfallfolgen bestünden unwesentliche Narben am linken Unterlid, infraorbital links und enoral am linken Oberkiefer, die weder eine funktionelle Behinderung noch eine ästhetische Beeinträchtigung verursachen, Gefühlsstörungen an der linken Stirnseite und an der linken Wange, Verlust der Zähne 12,11 und 22. Bei den im Rahmen der Versorgung der Jochbeinfraktur entfernten Zähnen bzw. Zahnwurzeln 35, 34 und 44 sei eine unfallbedingte Schädigung nicht ohne weiteres auszuschließen, allerdings auch nicht gesichert. Weiterhin bestünden Doppelbilder in allen Blickrichtungen. Eine MdE auf seinem Fachgebiet bestehe nicht.
Dr. Re. teilte in ihrem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 10.02.2012 (Blatt 532/543 =592/616 der Beklagtenakte; Untersuchung des Klägers am 19.10.2011) mit, es bestehe eine Anpassungsstörung. Es handele sich bei den sowohl von Dr. R. dargestellten psychopathologischen Veränderungen und den auch von ihr festgestellten psychischen Störungen um eine ausgeprägte Verarbeitungsproblematik des Unfalls. Infolge der Anpassungsstörung sei der Kläger nicht in der Lage, die bisherige Tätigkeit als Schulbusfahrer aufzunehmen. Die unfallbedingte MdE schätzte sie ab dem 14.8.2011 bis auf weiteres auf 30 v.H. ein (zur beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. F. vom 30.06.2012 und 03.09.2012 vgl. Blatt 578/581, 619/620 der Beklagtenakte).
Die Beklagte zog von der Deutschen Rentenversicherung deren medizinische Unterlagen (Blatt 555/566 der Beklagtenakte), darunter das Gutachten des Chirurgen Dr. R. vom 10.10.2011 (Blatt 555/564 der Beklagtenakte), bei.
Prof. Dr. K. führte in seinem chirurgisch/orthopädischen Gutachten vom 04.05.2012 (Blatt 622/635 der Beklagtenakte) aus, als Folgen des Unfalls bestünden unter anderem ein Zustand nach dislozierter Jochbein-und Orbitabodenfraktur links mit Jochbeinreposition, Minimalosteosynthese und Orbitarevision, ein Zustand nach Nasenbeinfraktur mit Reposition und Schienung des Nasenbeines, ein Zustand nach Wurzelfrakturen 11 und Luxation Zahn 22 mit Verlust der Zähne 12,11,22, eine Narbenbildung im Bereich des linken Unterkiefers intraorbital links und enoral am linken Oberkiefer; verheilte distale Femurfraktur links, eine Narbenbildung am distalen Oberschenkel links, in Fehlstellung verheilte Rippenserienfraktur beidseits, verheilte Claviculafraktur links mit geringer Fehlstellung, eine verheilte Fibulaschaftfraktur links, eine Muskelminderung Oberschenkel links. Die MdE schätzte er bei Überlappung auf unfallchirurgischem und thoraxchirurgischem Gebiet auf 30 v.H.
In einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 24.10.2012 (Blatt 639/641 der Beklagtenakte) führte der Augenarzt Dr. Z. aus, die beim Kläger ermittelten Gesichtsfeldaußengrenzen seien nicht konstant. Es handele sich daher um einen Grenzfall in Bezug auf die Frage, ob der Kläger als Busfahrer arbeiten dürfe, der nur durch eine erneute mehrfache Untersuchung durch den gleichen augenärztlichen Untersucher und auf neuropsychologischem Gebiet geklärt werden könne.
Der Facharzt für Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. W. gab in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12.12.2012 (Blatt 654 der Beklagtenakte) an, es liege eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit der linken Schulter, linken Hüfte und des linken Kniegelenkes sowie eine diskrete Muskelmassenminderung am linken Bein und eine Beinlängendifferenz linksseitig vor. Die in Achsabweichung verheilten Rippenfrakturen linksseitig seien ohne funktionelle Auswirkung pulmonal. Er könne daher die Einschätzung des Gutachters Prof. Dr. K. bezüglich der MdE nicht teilen und schätze diese auf maximal 15 v.H.
Prof. Dr. S. /Dr. B. teilte in seinem neurologischen Gutachten vom 06.07.2013 (Blatt 710/721 der Beklagtenakte) unter Auswertung des testpsychologischen Zusatzgutachtens der Dipl.-Psych. A. vom 10.06.2013 (Blatt 701/706 der Beklagtenakte) mit bei dem Kläger bestünden Schmerzen linksthorakal und linkes Knie, Doppelbilder, eine emotionale Einschränkung sowie eine kognitive Beeinträchtigung nach Polytrauma mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma mit komplexen Mittelgesichtsfrakturen beidseits, eine Contusio cerebri, eine laterale nicht dislozierte kaudale Femurfraktur, Rippenserienfraktur 2.-9. Rippe links, ein Hämatothorax, ein ausgedehntes Hautemphysem und eine Verstauchung und Zerrung der Halswirbelsäule und eine Gefühlsstörung am linken Ober- und Unterschen. Die MdE schätzte er auf 30 v.H. Er teile nicht die Annahme einer Anpassungsstörung durch die Gutachterin Dr. Re. , die Befunde seien vielmehr Folge der organischen Persönlichkeitsstörung nach Hirnschädigung (zur beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. F. vom 27.08.2013 vgl. Blatt 753/756 der Beklagtenakte).
Dr. K. führte in seinem augenärztlichen Gutachten vom 28.07.2013 (Blatt 740/743 der Beklagtenakte; Untersuchung des Klägers am 17.07.2013) aus, beim Kläger bestehe eine Hyperopie, ein Astagmatismus, eine Presbyopie, ein Zustand nach Nasenbein- und Jochbeinfraktur links, ein Cotton-Wool-Herd der Nervenfaserschicht, am ehesten ein Fundus hypertonicus, eine Motilitätsstörung, Doppelbilder ab 20 Grad Aufwärtsblick und eine uncharakteristische Gesichtsfeldeinschränkung. Die Motilitätsstörung mit Doppelbildern sei unfallbedingt. Die MdE schätzte er auf zwischen 5 und 10 v.H. Die Doppelbilder führe er auf immer noch vorhandene Konzentrationsstörungen zurück.
Prof. Dr. A. gab in seinem orthopädisch-chirurgischen 2. Rentengutachten vom 14.10.2013 (Blatt 772/780 der Beklagtenakte) an, als Unfallfolgen bestehe noch eine stattgehabte Mittelgesichtsfraktur mit verschobenen Orbitabodendurchbruch links sowie Bruch des Jochbeins links und Nasenbeinbruch, insgesamt knöchern verheilt, eine stattgehabte Fraktur der Wurzel des Zahnes 11 sowie Luxation des Zahnes 21, ein knöchern konsolidierter Bruch des Schlüsselbeins links, ein knöchern verheilter durch die Condylen verlaufender Bruch des Oberschenkelknochens links, eine knöchern konsolidierte Rippenserienfraktur beidseits, ein stattgehabter Hämato-Pneumothorax beidseits, eine stattgehabte Ruptur der Nierenzyste rechts, eine stattgehabte Lungenkontusio und ein knöchern verheilter Wadenbeinbruch am körpernahen Ende. Alle Verletzungen seien ohne wesentliche Funktionseinbußen ausgeheilt. Die MdE schätze er auf unfallchirurgischem Gebiet auf 10 v. H.
Auf Aufforderung durch die Beklagte (Blatt 782/785 der Beklagtenakte) begutachtete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. den Kläger. In seinem Gutachten vom 16.12.2013 (Blatt 797/813 der Beklagtenakte) teilte er mit, es bestünden leichte Doppelbildererscheinungen beim Blick nach links oben sowie eine ganz geringfügige Halbseitenstörung links, das für eine rechtshemisphärische Läsion, die initial beschrieben worden sei, sprechen könnte. Daneben bestünden deutliche Zeichen einer noch nicht abgeschlossenen Anpassung an die Unfallfolgen, daneben würden kognitive Leistungsbeeinträchtigungen und eine deutliche Wesensveränderung angegeben, die eben auch an der Situation des Klägers mit Hinweisen auf eine leichte Verbitterung liegen könne.
Unter Auswertung eines radiologischen Berichts von Dr. M. vom 03.01.2014 (Blatt 818/819 der Beklagtenakte) sowie eines neuropsychologischen Berichts zur Heilverfahrenskontrolle von Dipl.-Psych. K. vom 23.01.2014 (Blatt 820/850 der Beklagtenakte) führte Dr. F. in Ergänzung seines Gutachtens am 03.02.2014 und am 02.04.2014 (Blatt 851/854, 865/867 der Beklagtenakte) aus, angesichts der radiologischen Befunde liege keine gesicherte Hirnkontusion vor. Daher sei eine höhergradige Hirntraumatisierung nicht gesichert. Insofern sei auch die geistige Leistungsbeeinträchtigung, welche der Kläger geltend mache, in einem anderen Licht zu sehen. Sie sei wahrscheinlich der depressiven Anpassungsstörung wegen der fehlenden beruflichen Perspektive geschuldet und einer leichten vorbestehende Symptomatik. Dauerhaft sei auf seinem Fachgebiet maximal von einer MdE um 10 v.H. auszugehen, die Gesamt-MdE sei mit 20 v.H. zu bewerten.
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 12.05.2014 (Blatt 875/880 der Beklagtenakte) wegen der Folgen des Arbeitsunfalles eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 25 v.H. ab dem 14.8.2011 sowie nach einer MdE um 20 v. H. ab dem 03.06.2013. Der Arbeitsunfall habe zu einer Anpassungsstörung mit zeitweiliger Beeinträchtigung der Stimmungslage und Ängstlichkeit bei der Teilnahme am Straßenverkehr, zu Doppelbildern beim Blick nach oben und nach links, zu Beeinträchtigung der Feingeschicklichkeit des linken Beines sowie zu in leichter Fehlstellung verheilten Brüchen der Rippen 1-8 links geführt. Folgende Beeinträchtigungen lägen unabhängig vom Arbeitsunfall vor: Verbitterungsstörung, Hyperopie, Astagmatismus, Presbyopie, Störung des Farbensehens, Schilddrüsenerkrankungen, Zustand nach Bandscheibenvorfall mit Gefühlsstörungen des linken Ober- und Unterschenkels, Abflachung des Fußgewölbes beidseits.
Hiergegen erhob der Kläger am 28.05.2014 Widerspruch (Blatt 886, 917 der Beklagtenakte). In den Gutachten vom 04.05.2012 und 03.06.2013 werde von einer MdE um 30 v.H. ausgegangen. Er leide weiterhin unter Schmerzen im Brustbereich, im Rücken und an der Knieseite. Er habe dauerhaft das Gefühl, seine linke Wange sei geschwollen. Wenn er sich einige Zeit etwas konzentriere, würden seine Augen beginnen zu brennen und er sehe Doppelbilder. Vor allem aber vergesse er sehr viel. Sein Kurzzeitgedächtnis habe unter dem Unfall extrem gelitten. Es bestehe vor allem eine Konzentrationsschwäche die dazu führe, dass er sich teilweise keine 5 Minuten konzentrieren könne. Dies habe dazu geführt, dass er keine 3 Stunden täglich mehr arbeiten könne (Widerspruchsbegründung vom 25.06.2014, Blatt 905/907, 917).
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 03.12.2014 (Blatt 919 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2015 (Blatt 928/932 der Beklagtenakte) zurück.
Der Kläger hat am 13.03.2015 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart Klage erhoben. Er begehre "eine 30 %-Rente, weil seine Verletzungen eine 30 %-ige Rente" rechtfertigten.
Das SG hat Bewies erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens bei Prof. Dr. A ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 01.09.2015 (Blatt 26/61 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 13.08.2015) unter Berücksichtigung eines neuropsychologischen Gutachtens der Dipl.-Psych. Dr. B. vom 26.08.2015 (Blatt 62/65 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 13.08.2015) als Unfallfolge eine seelische Störung i.S. von Doppelbildern beim Blick nach oben und ganz nach links sowie eine klinisch nicht in Erscheinung tretende, elektrophysiologisch nachgewiesene diskrete Restläsion des Nervus tibialis links festgestellt. Die nach der Aktenlage diskutierten kognitiven Einschränkungen hätten letztlich definitiv im Rahmen der umfangreichen neuropsychologischen Testung inklusive einer Beschwerdevalidierung ausgeschlossen werden können. Für eine depressive Symptomatik habe letztlich kein Nachweis erbracht werden können. Eine gewisse Verbitterung sei im Hinblick auf die Gesamtsituation des Klägers zwar nachvollziehbar, allerdings keine Unfallfolge und auch keine rentenrelevante Störung. Die daraus resultierende MdE sei mit l0 v.H. einzuschätzen.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 20.10.2015 (Blatt 68 der SG-Akte) ausgeführt, das Gutachten sei im Hinblick auf die Fülle der gutachterlichen Bewertungen in der Vergangenheit und in denen MdE von bis zu 30 v.H. angenommen worden seien, differenziert zu betrachten. Die nicht nachweisbare relevante depressive Störung sei bei ihm vorhanden. Die dokumentierten Stimmungsveränderungen könnten auch nur partiell erfolgt sein und repräsentierten nicht das Gesamtbild. Der Kläger hat mit Schreiben vom 23.12.2015 (Blatt 84/87 der SG-Akte) eine Aussage des Dr. R. vom 30.10.2015 aus dem Verfahren S 25 R 7276/14 vorgelegt.
Auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 08.03.2016 (zur Niederschrift vgl. Blatt 102/108 der SG-Akte), bei der der Kläger persönlich in Begleitung seines Bevollmächtigten anwesend war und in der er den Befundbericht des Dr. R. vom 03.02.2016 (Blatt 106/107 der SG-Akte) vorgelegt hat, hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 08.03.2016). Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. ab dem 14.8.2011.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 07.06.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.07.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Prinzipiell werde das komplette Urteil zur Überprüfung gestellt. Sein Rechtsstandpunkt, den er bereits in erster Instanz geäußert habe, sei vertretbar. Insbesondere müsse beachtet werden, dass er von seiner Persönlichkeit her versuche, bei (fremden) Ärzten seine Leiden zu verharmlosen, insbesondere auf psychischem Gebiet. Aus diesem Grund sei es notwendig, seinen behandelten Arzt Dr. R. zu vernehmen. Außerdem müsse auch Prof. Dr. S. gehört werden. Eine bloße Beschränkung auf schriftliche Gutachten zur Entscheidungsfindung sei im vorliegenden Fall nicht ausreichend. Bei der Beurteilung und Verfolgung der Anträge sei es wichtig, den Neurologen Prof. Dr. S. zu hören, der von einer Persönlichkeitsstörung nach Hirnschädigung ausgehe. Die Probleme seien eher im psychischen Bereich, womöglich ausgelöst durch die Hirnschädigung. Zu seiner Verhaltensweise hinsichtlich des Auftretens gegenüber Ärzten und der damit verbundenen Fehleinschätzung wäre noch Dr. R. zu hören (Blatt 18 der Senatsakte).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.03.2016 aufzuheben und die Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 12.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2015 zu verurteilen, ihm eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H. ab 14.08.2011 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das SG habe überzeugend dargelegt, dass die von Prof. Dr. S. angenommene Hirnschädigung tatsächlich nicht nachgewiesen sei bzw. durch die zwischenzeitlich durchgeführte Kernspintomographie ausgeschlossen werden konnte. Folglich könne dessen MdE-Bewertung in keiner Weise gefolgt werden.
Der Kläger hat (Schreiben vom 10.04.2017, Blatt 23/54 der Senatsakte) das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. vom 06.03.2017 aus dem Verfahren S 25 R 7276/14 vorgelegt (Diagnosen: PTBS, Dysthymie, organisches Psychosyndrom).
Die Beklagte hat sich hierzu dahingehend geäußert (Schreiben vom 18.05.2017, Blatt 55/56 der Senatsakte), dass dieses Gutachten deshalb nicht geeignet sei, das Begehren des Klägers zu stützen, weil es nicht unter Berücksichtigung der in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Beweisregularien erstellt worden sei. Insbesondere vermöge die seitens des Gutachters getroffene Diagnose einer PTBS in Anbetracht der Tatsache, dass diese erst 7 Jahre nach dem Unfall diagnostiziert werde, nicht zu überzeugen. Die Diagnose sei auch nicht unter Heranziehung der anerkannten Diagnoseschlüssel nach ICD-10 bzw. DSM-IV/V erfolgt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. S ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 19.03.2018 (Blatt 63/144 der Senatsakte) als Diagnose eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung mit ängstlich vermeidenden Zügen und eine anhaltende Anpassungsstörung mit Zeichen der Verbitterung mitgeteilt. Das Schädigungsereignis vom 01.02.2010 sei mit Wahrscheinlichkeit Ursache für die sonstige Reaktion auf schwere Belastung mit ängstlich-vermeidenden Zügen. Hingegen sei die chronifizierte Anpassungsstörung mit Zeichen der Verbitterung im Wesentlichen durch unfallfremde Faktoren bedingt. Diese resultiere aus einer letztlich persönlichkeitstypischen Fehlverarbeitung einer als inadäquat erlebten polizeilichen und rechtlichen Beurteilung des Unfalls und der Unfallfolgen. Für die sonstige Reaktion auf schwere Belastung mit ängstlich-vermeidenden Zügen sei zusätzlich zu dem Unfallereignis und dessen körperlichen Folgen (hier: intermittierende Doppeltsehen) vom 01.02.2010 selbst auch noch die Primärpersönlichkeit mitverantwortlich. Hierbei handele es sich um einen nicht-pathologischen, präexistenten Risikofaktor, der in der Bedeutung insgesamt natürlicinu ungefähr dem gleichen Zeitraum zu einer psychischen Störung von ungefähr in dergleichen Ausprägung in Bezug auf die Verunsicherung im Straßenverkehr gekommen. Die sonstige Reaktion auf schwere Belastung mit ängstlich-vermeidenden Zügen stelle im Wesentlichen eine psychisch-emotionale und körperlich-funktionelle Beeinträchtigung im Straßenverkehr dar. Vom Ausprägungsgrad entspreche diese nach hiesiger Einschätzung einer Phobie mit leichtgradiger körperlich-funktioneller Einschränkung und psychisch-emotionaler Belastung in für die Arbeitswelt nur wenig bestimmenden Situationen. Diese sei mit einer MdE auf 10 v.H. einzuschätzen. Auf unfallchirurgischem Fachgebiet werde eine MdE von 10 v.H. veranschlagt, von augenärztlicher Seite sei die MdE auf 5 bis 10 v.H. eingeschätzt worden, sodass der Gutachter bei integrierender Betrachtung und Berücksichtigung der Überlappung der augenärztlichen MdE mit der aufgrund der psychopathologischen Reaktion mit ängstlich-vermeidenden Zügen die Gesamt-MdE auf 20 v.H. geschätzt hat.
Während sich die Beklagte durch das Gutachten gestützt sieht (Schreiben vom 04.04.2018, Blatt 147 der Senatsakte) hat der Kläger lediglich mitgeteilt (Schreiben vom 19.04.2018, Blatt 150 der Senatsakte), er habe bereits in erster Instanz vor dem Gericht kein rechtliches Gehör gehabt und wolle nunmehr vom Gericht angehört werden.
Dass der ordnungsgemäß zum Termin geladene Kläger nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, hat den Senat nicht gehindert zu verhandeln und zu entscheiden. Das persönliche Erscheinen des Klägers war nicht angeordnet und er war im Termin ordnungsgemäß durch seine Ehefrau (§ 73 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGG) und seinem Anwalt vertreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.
Das angefochtene Urteil des SG sowie der Bescheid der Beklagten vom 12.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 v. H. ab dem 14.08.2011.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch nach § 56 Abs.1 Satz 1 SGB VI auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird die Vollrente geleistet, bei einer MdE wird eine Teilrente geleistet, die in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt wird, der der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).
Voraussetzung einer solchen Unfallrente ist damit, dass ein Versicherungsfall eingetreten ist. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII); eine Berufskrankheit macht der Kläger vorliegend nicht geltend.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R= UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v. § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Die MdE, nach der sich u.a. die Höhe der Rente bemisst, richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE ist die Feststellung von Tatsachen, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
Neben diesen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE sind aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O. m.H.a.: BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr. 28; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand: 2006, § 56 RdNr. 10.5; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 2006, K § 56 RdNr 42 m.w.N.). Dies verL.t § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind.
Der Senat konnte vorliegend zwar feststellen, dass der Kläger am 01.02.2010 einen Arbeitsunfall erlitten hatte, als er im Rahmen seiner versicherten Beschäftigung als Busfahrer von einem anderen Autofahrer überfahren wurde. Die darauf beruhenden Unfallfolgen bedingen für den vorliegend streitigen Zeitraum ab 14.08.2011 keine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, die mit einer MdE von 30 v.H. zu bewerten wäre.
Beim Kläger bestehen auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet, wie der Senat im Anschluss an das Gutachten von Prof. Dr. A. und Prof. Dr. K. festgestellt hat, eine stattgehabte Mittelgesichtsfraktur mit verschobenen Orbitabodendurchbruch links sowie ein Bruch des Jochbeins links und ein Nasenbeinbruch, insgesamt knöchern verheilt, ebenso eine stattgehabte Fraktur der Wurzel des Zahnes 11 sowie Luxation des Zahnes 21, ein knöchern konsolidierter Bruch des Schlüsselbeins links, ein knöchern verheilter, durch die Condylen verlaufender Bruch des Oberschenkelknochens links, eine knöchern konsolidierte Rippenserienfraktur beidseits, ein stattgehabter Hämato-Pneumothorax beidseits, eine stattgehabte Ruptur der Nierenzyste rechts, eine stattgehabte Lungenkontusio und ein knöchern verheilter Wadenbeinbruch am körpernahen Ende. Diese Gesundheitsstörungen sind durch den versicherten Unfall vom 01.02.2011 hinreichend wahrscheinlich rechtlich wesentlich verursacht. Prof Dr. A. konnte mitteilen, dass alle diese Verletzungen ohne wesentliche Funktionseinbußen ausgeheilt sind. Anderes hat auch der Kläger bis zuletzt nicht angegeben.
Prof. Dr. A. hat die MdE in Folge der orthopädisch-unfallchirurgischen Gesundheitsstörungen auf 10 v.H. geschätzt. Dem schließt sich der Senat an. Soweit Prof. Dr. F. in seinem Gutachten wegen der Schmerzen, die er der Fehlstellung, in welcher die Rippenfrakturen knöchern fest verheilt seien, vom 14.08.2011 bis zum Untersuchungstag eine MdE um 20 v.H. thoraxchirurgisch angenommen hat, folgt ihm der Senat, wie auch schon das SG, nicht. Denn nach dem radiologischen Gutachten von Prof. Dr. R. besteht die Fehlstellung nur teilweise und ist als leichtgradig einzuschätzen. Die Einschätzung des Prof. Dr. F. konnte den Senat daher nicht überzeugen.
Soweit auch Prof. Dr. K. die MdE bei Überlappung auf unfallchirurgischem und thoraxchirurgischem Gebiet auf 30 v.H. geschätzt hatte, folgt ihm der Senat nicht. So hat auch der sich zu diesem Gutachten äußernde Beratungsarzt, der Facharzt für Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. W. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12.12.2012 darauf hingewiesen, dass Prof. Dr. K. lediglich endgradig eingeschränkte Beweglichkeiten der linken Schulter, linken Hüfte und des linken Kniegelenkes sowie eine diskrete Muskelmassenminderung am linken Bein und eine Beinlängendifferenz linksseitig beschrieben habe. Auch die in Achsabweichung verheilten Rippenfrakturen linksseitig seien allgemein wie auch pulmonal ohne funktionelle Auswirkung. Dass keine funktionell relevanten Auswirkungen bestehen, konnte auch Prof. Dr. A. mitteilen, sodass der Senat eine höhere MdE als 10 v.H. nicht feststellen kann.
Die von Prof. Dr. W. in seinem mund-kiefer-gesichtschirurgischen Gutachten vom 01.03.2012 als Unfallfolgen mitgeteilten unwesentlichen Narben am linken Unterlid, infraorbital links und enoral am linken Oberkiefer, die weder eine funktionelle Behinderung noch eine ästhetische Beeinträchtigung verursachen, die Gefühlsstörungen an der linken Stirnseite und an der linken Wange, der Verlust der Zähne 12,11 und 22 erhöhen die vom Senat festgestellte MdE nicht. Denn auch Prof. Dr. W. hat hier keine funktionellen Beeinträchtigungen des Klägers mitgeteilt, die das Feld der dem Kläger möglichen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einschränken.
Die Motilitätsstörung durch Doppelbilder beim Blick nach oben und ganz nach links bedingen keine MdE von 10 oder mehr. Diese Gesundheitsstörung ergibt sich für den Senat aus dem augenärztlichen Gutachten von Dr. K ... Für deren Entstehen ist der Unfall vom 01.02.2011 hinreichend wahrscheinlich rechtlich wesentliche Ursache. Auch der augenärztliche Gutachter Dr. Rö. und Prof. Dr. W. haben die Doppelbilder außerhalb des Gebrauchsbereiches eindeutig als Unfallfolge angesehen. Die unfallmedizinische Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage, Seite 313, 314) bewertet die MdE bei Doppelbildern nach dem Ausmaß der Störung. Bei Doppelbildern in allen Blickrichtungen wird eine MdE um 25 v.H. empfohlen. Besteht das Doppelbildersehen nur in einigen Blickfeldbereichen, ist zu unterscheiden, in welchen dieses besteht. Beim Kläger besteht eine Einschränkung durch Doppelbilder beim Blick nach oben und ganz nach links. Dies ist entsprechend dem Schema von Haase und Steinhorst (Schönberger et al a.a.O. Seite 313) mit einer MdE zwischen 5 und 10 v.H. zu bewerten. Dementsprechend haben Dr. Rö. und Dr. K. eine dementsprechende MdE vorgeschlagen. Da der Kläger dem Gutachter Dr. K. mitgeteilt hatte, die Doppelbilder schon zum damaligen Zeitpunkt nicht als beeinträchtigend empfunden zu haben, sieht der Senat keine wesentliche funktionelle Auswirkung auf die Erwerbsfähigkeit, sodass eine relevante Einschränkung des Feldes der dem Kläger möglichen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht besteht, weshalb die MdE mit dem SG auf 5 v.H. anzunehmen ist.
Auf neurologischem Fachgebiet hat der Senat als Unfallfolge rechtlich wesentlich hinreichend wahrscheinlich eine Restläsion des Nervus tibialis feststellen können. Nach Schönberger et al (a.a.O. Seite 253) bedingt die vollständige Lähmung des Nervus tibialis eine MdE um 25 v.H. Die von Prof. Dr. A. beschriebene Gesundheitsstörung einer Restläsion ist ohne klinische Auswirkung und beeinträchtigt den Kläger nicht. Er war nach dem Gutachten in der Lage, ohne irgendein auffälliges Hinken Treppen aufwärts und abwärts zu gehen und wies nach kurzzeitigem Hinken ein flüssiges Gangbild auf. Relevante muskuläre Atrophien bestanden nicht (vgl. Blatt 48 der SG-Akte = Seite 23 des Gutachtens). Führt die bloß verbliebene Restläsion zu keinen funktionellen Beeinträchtigungen, so kann der Senat eine MdE nicht annehmen.
Entgegen dem SG konnte der Senat auf psychiatrischem Fachgebiet mit dem Gutachten von Prof. Dr. S. eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung mit ängstlich-vermeidenden Zügen feststellen, die rechtlich wesentlich hinreichend wahrscheinlich auf den Unfall vom 01.02.2011 zurückzuführen ist. Prof. Dr. S. hat mitgeteilt, dass nach epidemiologischer Befundlage im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen unfallverletzte Personen in einem nicht unerheblichen Anteil krankheitswerte psychische Störungen entwickeln. Die Schätzungen reichten dabei von unterschiedlich stark ausgeprägten Angststörungen mit einer Häufigkeit von 7 bis 31 % und unfallbedingten posttraumatisehen Belastungsstörungen in einer Häufigkeit von bis zu 8 %. Angenommen werde hier eine multifaktorielle Genese, wobei neben den eigentlichen Traumafaktoren auch risikoerhöhende belastungs- und risikomindernde Schutzfaktoren diskutiert würden. Beim Kläger sei die im Rahmen der Begutachtung festgestellte und auch aktenkundige Primärpersönlichkeit mit Leistungsorientierung und Definition des Selbstwerterlebens über berufliche Leistung ein gewisser Risikofaktor für psychopathologische Veränderungen nach Störung der Erwerbsfähigkeit, was auch Dr. R. mit dem Hinweis auf den Typus melancholikus angegeben hatte. Die stabile partnerschaftliche Beziehung und die insgesamt guten intrafamiliären Bezüge stellten definitiv einen Schutzfaktor dar. Für die sonstige Reaktion auf schwere Belastung mit ängstlich vermeidenden Zügen stellt das Schädigungsereignis im naturwissenschaftlichen Kausalitätssinn eine der Ursachen dar, ohne die es nicht zu dieser psychopathologischen Reaktion gekommen wäre. Bei Berücksichtigung des besonderen inneren Bezugs zwischen der Psychopathologie - dem ängstlichen Vermeiden von Verantwortung im Straßenverkehr - und dem Verkehrsunfall selbst sei aus psychiatrischer Sicht die Voraussetzung gegeben, das Schädigungsereignis auch im rechtlichen Sinne als eine wesentliche Ursache für die psychopathologische Reaktion zu sehen. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und stellt fest, dass das Schädigungsereignis vom 01.02.2010 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine rechtlich wesentliche Ursache für die sonstige Reaktion auf schwere Belastung (ICD-10: F43.8) mit ängstlich-vermeidenden Zügen ist. Dies entspricht der mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.05.2014 festgestellten Unfallfolge "Anpassungsstörung mit zeitweiliger Beeinträchtigung der Stimmungslage und Ängstlichkeit bei Teilnahme am Straßenverkehr". Dass mit dem Begriff Anpassungsstörung im streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten die im Diagnoseschlüssel ICD-10 unter F 43.23 definierte Gesundheitsstörung mit umfassenden Auswirkungen gemeint ist, lässt sich der einengenden Umschreibung der Gesundheitsstörung im Bescheid nicht entnehmen, wofür auch spricht, dass eine "Verbitterungsstörung", als spezielle Ausprägung einer Anpassungsstörung, ausdrücklich als unfallunabhängige Gesundheitsstörung im Bescheid angeführt ist.
Damit lässt sich die von Dr. S. diagnostizierte anhaltende Anpassungsstörung (ICD-10: F43.23) mit Zeichen der Verbitterung nach Überzeugung des Senats, die auf dem Gutachten von Prof. Dr. S. beruht, ganz zentral auf die polizeilich und rechtliche Bewertung des Unfallgeschehens zurückführen, damit auf ein Verhalten Dritter, woraus ein für den Kläger angeblich zutiefst erlebtes Unrecht resultiert. Dieses erlebte Unrecht sei bis in die Gegenwart Quell von Verbitterung und emotionaler Belastung. Kausalfaktor für die anhaltende Anpassungsstörung sei damit nicht das Schädigungsereignis selbst, vielmehr dessen polizeiliche bzw. rechtliche Würdigung. Damit sind mit dem Gutachten von Prof. Dr. S. , was auch Dr. R. unter Hinweis auf den Typus Melancholicus als persönlichkeitsimmanente Umstände deutlich macht, die unfallvorbestehende Persönlichkeitsstruktur des Klägers neben der Bedeutung des Unfallereignisses und der sich hieraus ergebenden Veränderungen in der Lebensplanung, auf die der Kläger keine adäquate Verarbeitung fand, Ursachenfaktoren, wobei das Unfallereignis an sich allenfalls noch Mitursache für die Ausprägung der Anpassungsstörung (ICD-10:F43.23) mit Zeichen der Verbitterung ist. In diesem komplexen Bedingungsgefüge zur Entwicklung und Chronifizierung der Erkrankung war das Unfallgeschehen neben persönlichkeitsimmanenten Faktoren und von außen durch Dritte (z.B. Polizei, Beklagte) einwirkenden Faktoren aber lediglich einer unter mehreren Faktoren, jedenfalls mit dem Gutachter Prof. Dr. S. nur ein untergeordneter Faktor. Der Senat konnte insbesondere anhand der Angaben von Prof. Dr. S. und Dr. R. feststellen, dass den anderen Entstehungsfaktoren ein wesentliches Übergewicht zukommt, sodass dem Unfallereignis keine wesentliche Bedeutung zukommt. Der Senat konnte sich insoweit nicht von der Richtigkeit der Überlegungen von Dr. Re. überzeugen. Die im Bescheid getroffene Abgrenzung der Verbitterungsstörung als unfallunabhängig von der anerkannten unfallbedingten Anpassungsstörung ist insoweit nicht rechtswidrig.
Der Senat kann auch das Vorliegen der von Dr. F. im Rentenverfahren angenommenen PTBS nicht feststellen. Prof. Dr. S. hat zutreffend zu diesem Gutachten darauf hingewiesen, dass Dr. F. bei den testpsychologischen Verfahren eine explizite Beurteilung des Anstrengungsverhaltens nicht vorgenommen hat, sodass eine valide Beurteilung von Leistungstests nicht möglich ist, schon gar nicht, wenn einfache Screeningtests wie der Benton-Test und der DemTect verwendet werden.
Mit Prof. Dr. S. konnte der Senat aber nicht feststellen, dass alle Diagnosekriterien der PTBS erfüllt sind. In der nicht unerheblichen Anzahl von Behandlungsberichten, Stellungnahmen und Gutachten findet sich lediglich bei Dr. F. die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dessen pauschaler Hinweis darauf, dass bisher die Konsequenzen einer lebens- bzw. existenzgefährdenden traumatischen Erfahrung nicht ausreichend berücksichtigt seien und eben eine posttraumatische Belastungsstörung "mit den typischen Beeinträchtigungen, wie sich aufdrängende belastende Gedanken oder Erinnerungen, bildhaftes, szenisches Nachhallerleben (Flashback, Intrusion), Übererregungssymptome, Vermeidungsverhalten, Änderung der Teilnahmefähigkeit" vorlägen, überzeugt den Senat nicht. Die Diagnose einer PTBS verlangt die Erfüllung von fünf operational definierten Kriterien, wobei die ersten vier obligat zu erfüllen sind. Auch wenn Prof. Dr. S. das A- oder Traumakriterium als erfüllt betrachtet, fehlen in den Befundberichten und Gutachten durchweg Hinweise auf szenische, belastende, intrusive Erinnerungen an das Schädigungsereignis selbst bzw. in Form von Wiedererleben im Rahmen von Albtraumereignissen. Damit fehlt es an dem B- oder Wiedererlebenskriterium. Auch sieht Prof. Dr. S. das C- oder Vermeidungskriterium durch das angebliche Vermeiden von Pkw-Fahren als nicht mit der notwendigen Sicherheit als erfüllt an, denn insoweit hat der Kläger widersprüchliche Angaben gemacht. Nachvollziehbar war für den Gutachter aber das Unwohlsein bei Teilnahme am Straßenverkehr, und sei es als Beifahrer im Pkw. Ein vollständiges Vermeidungsverhalten konnte der Senat nicht feststellen, denn der Kläger war mit dem PKW bzw. Taxi zur Untersuchung bei Prof. Dr. S. gefahren worden, wofür er Kosten für eine Fahrt über 210 km abgerechnet hat, sodass zumindest Mitfahrten als Beifahrer nicht vermieden werden; gegenüber Prof. Dr. A. hat er sogar angegeben, innerhalb des Ortes selbst mit dem Auto zu fahren (Blatt 34 der SG-Akte = Seite 9 des Gutachtens). Soweit Prof. Dr. S. hier zumindest eine relevante Tendenz zur Vermeidung von aktiver und passiver (Beifahrer) Teilnahme am PKW-Verkehr nachvollziehen und somit das C- oder Vermeidungskriterium als erfüllt ansehen wollte, erscheint dies nicht vollständig überzeugend. Hinsichtlich des D- oder Amnesie-/Hypersensitivitätskriteriums hat Prof. Dr. S. mitgeteilt, dass der Kläger nach eigenen Angaben über ein vollständiges Gedächtnis verfügt, die Erinnerungslücke nach dem Aufprall sei durch die eingetretene Commotio zwanglos zu erklären. Eine dissoziative Amnesie im PTBS-Sinne liege nicht vor. Zeichen einer psychovegetativen Hypersensitivität würden verlangen, dass zwei der folgenden fünf Merkmale erfüllt seien: Ein- und Durchschlafstörungen; Reizbarkeit oder Wutausbrüche; Konzentrationsschwierigkeiten; Hypervigilanz; erhöhte Schreckhaftigkeit. Zeichen von Konzentrationsschwierigkeiten, Hypervigilanz oder erhöhter Schreckhaftigkeit waren hier nicht zu objektivieren. Nachweisbar sei eine erhöhte Reizbarkeit (bei entsprechenden Themen), anamnestisch plausibel angegeben seien Ein- und Durchschlafstörungen. Formal hat der Gutachter das D- oder Amnesie-/Hypersensitivitätskriterium als erfüllt betrachtet. Dagegen hat er das E- oder Zeitkriterium, Wiedererlebens-, Vermeidungs- und Amnesie-/Hypersensitivitätskriterium innerhalb von sechs Monaten nach der Belastung als nicht erfüllt angesehen und auch keine Gründe für ein verzögertes Auftreten darlegen können. Damit fehlt es zur Feststellung einer PTBS am B-, C- und E-Kriterium. Die nachvollziehbare tiefgreifende Verunsicherung bei Teilnahme am Straßenverkehr in der Erwartung von Unaufmerksamkeiten von anderen Verkehrsteilnehmern und die Verunsicherung im Straßenverkehr durch das intermittierende Sehen von Doppelbildern beim Blick nach oben hat Prof. Dr. S. als sonstige Reaktion auf schwere Belastung (ICD-10: F43.8) mit ängstlich-vermeidenden Zügen diagnostiziert. Dem folgt der Senat; im Übrigen wäre die MdE-Bewertung weniger anhand der Diagnosestellung als vielmehr nach den als unfallbedingt umschreibbaren funktionellen Beeinträchtigungen hinsichtlich der auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglichen Tätigkeiten zu beurteilen und dabei hat der Senat die tatsächlich bestehenden funktionellen Beeinträchtigungen des Klägers berücksichtigt.
Soweit in der mündlichen Verhandlung wiederholend zum bisherigen Vortrag erstmals ausgeführt worden ist, auch das Gutachten von Prof. Dr. S. könne nur eingeschränkt verwertet werden, weil der Kläger regelmäßig das Ausmaß seiner Beeinträchtigungen verniedlich und sich leistungsfähiger darstelle, als es tatsächlich der Fall sei, hat der Senat nicht erkennen können, dass Prof. Dr. S. im Rahmen der Exploration und bei seiner gutachterlichen Würdigung der behaupteten Dissimulation des Klägers aufgesessen wäre. Das Gutachten hat sich eingehend mit den Vorbefunden beschäftigt, insbesondere ist auf die divergierende Bewertung der Beeinträchtigung zur Teilnahme am Straßenverkehr im Sinne eines Vermeidungsverhaltens wie auch auf die unterschiedlichen Angaben des Klägers hierzu eingegangen worden (vergleiche Seite 69 und 70 des Gutachtens = Bl. 130, 131 der Senatsakte). Außerdem hat Prof. Dr. S. die einschlägigen psychologischen Tests mit dem Kläger durchgeführt, unter anderem auch den SFSS-Fragebogen-Test zur Erfassung von Simulation und Aggravation. Das Testergebnis ergab gerade keinen Hinweis auf Dissimulation, sondern vielmehr sogar deutliche Hinweise auf eine Verdeutlichungstendenz in Bezug auf affektive, anamnestische und neurologische Symptome.
Darüber hinaus hat Prof. Dr. S. das Berufungsvorbringen gekannt und in seine Überlegungen einbezogen. Anders wäre nicht zu verstehen, dass der erfahrene Gutachter gerade das Vorbringen des Klägers bei der Untersuchung kritisch geprüft und z.B. das Verhalten des Klägers im Alltag in seine Bewertung eingestellt und stärker gewichtet hat als die Aussage des Klägers in der Untersuchungssituation (vergleiche Seite 69/70 des Gutachtens = Blatt 130/131 der Senatsakte). Der Einwand gegen das Gutachten von Prof. Dr. S. , er habe die Dissimulation des Klägers verkannt, ist erstmals in der mündlichen Verhandlung am 29.06.2018 erhoben worden, obgleich das Gutachten bereits Ende März 2018 an die Beteiligten übersandt worden war. Der Senat musste daher auch nicht die persönliche Anhörung des Klägers bei der Terminsladung in Erwägung ziehen, wenn auch der Kläger durch seinen Bevollmächtigten seine Terminsteilnahme hat ausdrücklich ankündigen lassen (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 19.04.2018). Auch der Verlauf der mündlichen Verhandlung hat insoweit keinen Aufklärungsbedarf durch Anhörung des Klägers entstehen lassen, da die im Termin anwesende Ehefrau die vom Sachverständigen Prof. Dr. S. angeblich verkannten Leistungsminderungen und sonstigen Einschränkungen ihres Ehemanns auch auf Nachfrage des Senats nicht hat benennen können; dazu hätte die Ehefrau aber in der Lage sein müssen, weil sie an der Alltagsgestaltung des Klägers auch teilnimmt bzw. diesen kennt.
Eine Depression oder Dysthymie, wie sie vor allem von Dr. R. und Dr. F. beschrieben worden ist, liegt ebenfalls nicht vor, was der Senat mit den Gutachten von Prof. Dr. S. , Prof. Dr. A. und Prof. Dr. S. feststellen konnte. Bei Prof. Dr. S. war der Kläger in Bezug auf die Affektivität in ausgeglichener Stimmungslage ohne Einschränkung der emotionalen Schwingungsfähigkeit. In der zweiten Sitzung, bei Thematisierung der Phase nach dem Schädigungsereignis, fand sich ein variabler Affekt mit regelrecht moroser Verstimmung, teils auch mürrischer Erregtheit bei Thematisierung der Schuldfrage. Diese effektive Verstimmung war strikt themenspezifisch. Eine anhaltende Deprimiertheit fand sich nicht, auch keine sonstigen psychopathologischen Befunde, wie sie depressionsbegleitend typischerweise auftreten. So war der Antrieb situationsadäquat, die Psychomotorik affektkongruent und durchaus lebhaft. Formalgedankliche Störungen fanden sich hier ebenso wenig, wie kognitive Funktionsdefizite bei altersentsprechend durchschnittlich gut ausgeprägtem Auffassungs- und Konzentrationsvermögen und fehlenden Hinweisen für mnestische Funktionsdefizite. Zeichen schwerster Depressivität, etwa Ich-Störung, Wahrnehmungsstörung, Wahnerleben waren von Prof. Dr. S. klar auszuschließen. Die Kriterien für die Diagnose einer depressiven Episode, sei es auch leichtgradiger Art, waren weder bei Prof. Dr. S. noch bei Prof. Dr. S. und auch nicht bei Prof. Dr. A. gegeben. Der Senat schließt sich dieser Beurteilung an und kann der eher therapeutisch ausgerichteten Darstellung des Dr. R. nicht folgen.
Der Senat kann eine gesicherte Hirnschädigung nicht feststellen. Zwar hat Prof. Dr. S. eine solche angenommen, doch wurde diese durch die nachfolgenden Diagnoseverfahren, wie Dr. F. zutreffend ausgeführt hat, ausgeschlossen bzw. nicht festgestellt. So hat die von Dr. F. eingeleitete Kernspintomographie eine solche Hirnschädigung nicht ergeben. Zusammen mit den ursprünglich erhobenen Befunden konnte der Senat daher eine gesicherte Hirnschädigung nicht zu feststellen.
Für die unfallbedingte psychische Gesundheitsstörung kann der Senat lediglich eine MdE um 10 v.H. feststellen. Er folgt insoweit dem Gutachten von Prof. Dr. S. , der seine Bewertung mit der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger et al a.a.O. Seite 170 f.) begründet hat. Maßgebendes Kriterium für die MdE-Bewertung ist nach der unfallmedizinischen Literatur sowohl für die Diagnose einer Anpassungsstörung im weiteren Sinne als auch für die Diagnose einer PTBS das Ausmaß der Einschränkung der sozial-kommunikativen Fähigkeiten bzw. der Erlebnis-und Gestaltungsfähigkeit (Schönberger et al a.a.O. Seite 170). Hierbei kann der Senat zu Gunsten des Klägers auch außer Acht lassen, dass mit der von Prof. Dr. S. festgestellten Unfallfolge nach ICD-10. F43.8 – Reaktion auf schwere Belastung – nur eine eingeschränkte Anpassungsstörung umschrieben ist. Aus dem vom Kläger bei Prof. Dr. A. und Prof. Dr. S. angegebenen Tagesablauf mit Gassigehen mit zwei Hunden, Mitarbeit im Haushalt, Spaziergängen mit der Ehefrau und Fahrten mit dem Auto, vier bis fünf Stunden Fußballschauen im Fernsehen, Gottesdienstbesuchen und Urlauben (zuletzt 2017) sowie einer fehlenden erkrankungsbezogenen Medikation ist der Kläger bei vergleichender Betrachtung nicht so weit in seinen Fähigkeiten eingeschränkt, dass ihm eine Großzahl der Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verschlossen wären. Vielmehr folgt der Senat der Einschätzung des Prof. Dr. S. und stellt die MdE mit 10 v.H. fest. Dass diese vom Kläger in der Untersuchung bei Prof. Dr. S. angegebenen Unternehmungen im Rahmen seiner Lebensgestaltung unzutreffend sind, hat die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anstelle des Klägers anwesende Ehefrau auf Nachfrage des Gerichts nicht eindeutig erklärt. Wenn sie angibt, dass der Ehemann z.B. für ein bis zwei Wochen die Hunde den Kindern zur Betreuung überlässt, wenn er sich nicht gut fühlt, ist damit die grundsätzliche Übung, die Hunde täglich auszuführen, als Lebensgestaltung nicht ausgeschlossen. Auf Frage des Senats, welche der ihr vorgelesenen Angaben des Klägers denn unrichtig seien, hat sich die Klägerin nicht weiter geäußert, selbst auf den Vorhalt, ob etwa die Angaben z.B. zur Urlaubsgestaltung 2017 falsch gewesen sind, hat die Ehefrau dies nicht bestätigen wollen. Auch insoweit hält der Senat die vom Sachverständigen Prof. Dr. S. herangezogenen Kriterien zur MdE-Bewertung für gesichert und er hat sie deshalb seiner MdE-Bewertung zu Grunde legen können.
Soweit Dr. Re. die MdE mit 30 v.H. angenommen hatte, folgt ihr der Senat nicht. Angesichts der bei Prof. Dr. A. und Prof. Dr. S. gemachten Angaben zum Alltag und den Beeinträchtigungen konnte der Senat der Einschätzung der Gutachterin nicht folgen, denn ihr Gutachten lässt jegliche Auseinandersetzung mit den gerade im Beruf und im Alltag maßgeblichen Fragen vermissen, sie hat nicht einmal einen Tagesablauf des Klägers erhoben, sodass ihre Beurteilung schlichtweg nicht nachvollziehbar ist.
Der MdE-Beurteilung des Prof. Dr. S. konnte der Senat ebenso nicht beitreten, denn der Senat konnte die von ihm zur Grundlage der Bewertung gemachte organische Persönlichkeitsstörung nach Hirnschädigung nicht feststellen. Auch aus seinen Befunden und Erhebungen lässt sich eine MdE von 30 nicht nachvollziehen.
Die Gesamt-MdE war vorliegend aus den bereits vom Senat dargestellten Einzel-MdE-Werten zu bilden. Dabei konnte der Senat keine MdE von insgesamt 30 v.H. feststellen.
Die MdE an sich richtet sich – wie bereits dargestellt - nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Dabei sind neben den auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2).
Der Senat konnte auf Grundlage der schlüssigen und überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. A. und Prof. Dr. S. sowie Dr. K. feststellen, dass das Feld der dem Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglichen Tätigkeiten in Folge der unfallbedingten Gesundheitsstörungen eingeschränkt ist. Die Gutachter haben in ihren jeweiligen Gutachten aufgrund der medizinischen Erfahrungen und auch im Hinblick auf ihre Untersuchungsergebnisse für den Senat überzeugend dargestellt, inwieweit das Feld der dem Kläger noch möglichen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingeengt ist. Dabei haben sie, insbesondere Prof. Dr. S. , eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von insgesamt 20 v.H. angenommen. Dies erscheint dem Senat auch im Hinblick auf die Aussagen der anderen Gutachter gerechtfertigt. Damit sind vorliegend Einzel-MdE-Werte von zweimal 10 und einmal 5 v.H. anzunehmen und in die Bewertung der Gesamt-MdE einzustellen. Den Ausführungen einzelner Gutachter bzw. Ärzte zu unfallbedingten Einzel-MdE-Werten von 30 v.H. konnte der Senat aus den oben genannten Gründen nicht beitreten. Hinsichtlich der Doppelbilder besteht dabei eine MdE-Bewertung aus augenärztlicher Sicht, wie auch aus psychiatrischer Sicht, denn die Bewertung der psychiatrischen MdE umfasst mit Prof. Dr. S. auch die Unsicherheiten des Klägers in Folge der Doppelbilder. Da aber auch der Einzel-MdE-Wert von 5 v.H. die (Anpassungs-)Probleme bei der alltäglichen Anpassung beinhaltet, die der Kläger selbst aber nur als gering beschrieben hatte, kann dieser Umstand nicht Gesamt-MdE-erhöhend berücksichtigt werden. Damit konnte der Senat mit Prof. Dr. S. eine höhere MdE als 20, jedenfalls nicht die vom Kläger geforderte MdE von insgesamt 30 v.H. seit 14.08.2011 feststellen. Damit hat der Kläger unter keinem Gesichtspunkt einen Anspruch auf Gewährung einer höheren Unfallrente nach dem Unfall vom 01.02.2011.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den Gutachten von Prof. Dr. S. und den weiteren Gutachten des SG und der Beklagten, die der Senat verwerten konnte, dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung zur Feststellung der Unfallfolgen und der Kausalität sowie der MdE notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der so medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmenden rechtlichen Bewertungen.
Soweit der Kläger Prof. Dr. S. und Dr. R. in der mündlichen Verhandlung gehört haben wollte (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 18.07.2016), war der Senat von Amts wegen nicht verpflichtet, diesem Ansinnen nachzugehen. Zuletzt hatten Prof. Dr. A. und Prof. Dr. S. die zuvor schon von Prof. Dr. S. begutachteten Gesundheitsstörungen untersucht und bewertet, sodass es einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch den Verwaltungsgutachter Prof. Dr. S. nicht bedarf. Die abweichende gutachterliche Einschätzung von Prof. Dr. S. beruht auf seiner Untersuchung des Klägers im Jahr 2013, weshalb er die nachfolgenden Untersuchungsergebnisse, insbesondere das von Dr. F. veranlasste CT nicht bewerten konnte. Diese Untersuchungsbefunde waren aber auch Grundlage der gerichtlichen Gutachten von Prof. Dr. A. und Prof. Dr. S ... Insoweit hat der Kläger nicht mitgeteilt, weshalb Prof. Dr. S. als Gutachter des Verwaltungsverfahrens, dessen Gutachten der Senat "nur" im Wege des Urkundsbeweises verwerten konnte, sein – mittlerweile anhand der neueren Befunde überholtes - Gutachten in der mündlichen Verhandlung erläutern und weshalb er gegenüber den gerichtlichen Gutachtern höhere Sachkompetenz haben sollte. Auch war der Senat nicht verpflichtet, auf Antrag des Klägers Prof. Dr. S. zu vernehmen. So hat der Kläger weder einen Antrag nach § 109 SGG gestellt noch einen tauglichen Beweisantrag über die Vernehmung des Verwaltungsgutachters; insoweit fehlt es schon an der Mitteilung der Tatsache, über die der Senat durch Vernehmung des Verwaltungsgutachter Beweis zu erheben soll. Ein Anhörungsrecht nach § 411 Abs. 3, Abs. 4 ZPO steht dem Kläger nicht zu, da Prof. Dr. S. kein gerichtlich bestellter Sachverständiger ist.
Soweit der Kläger Dr. R. gehört haben will zu seiner Verhaltensweise hinsichtlich des Auftretens gegenüber Ärzten und der damit verbundenen Fehleinschätzung, so musste der Senat dem nicht weiter nachgehen. Denn der Kläger hat nicht behauptet, wie er sich "richtig" verhält und was an den konkreten Gutachten einer Fehleinschätzung infolge eines angeblich krankhaft veranlassten Verhaltens unterlegen war. So hat der Kläger auch zum Gutachten von Prof. Dr. A. ausgeführt, dies müsse wegen der abweichenden anderen Gutachtensergebnisse "differenziert" gesehen werden, zum Gutachten von Prof. Dr. S. hat er sich zunächst gar nicht geäußert und lediglich mitgeteilt, das SG habe ihm rechtliches Gehör nicht gewährt (obwohl er in der mündlichen Verhandlung anwesend gewesen war). Soweit erstmals in der mündlichen Verhandlung Einwände gegen das Gutachten von Prof. Dr. S. erhoben worden sind, kann deren Verspätung (§ 411 Abs. 4 ZPO) dahinstehen, denn die Einwände sind unbegründet, wie oben dargelegt, und eine nochmalige Befassung durch Prof. Dr. S. oder Dr. R. nicht geboten. Damit handelt es sich bei der beantragten Vernehmung des Dr. R. um eine Beweiserhebung, die alleine der Ausforschung solcher Umstände dient, die der Kläger den bisherigen Gutachtern aus welchen Gründen auch immer nicht mitgeteilt hatte. Da er aber solche Tatsachen, die er nicht mitgeteilt hatte, nicht konkret benennt, wäre die Beweiserhebung lediglich geeignet, ins Blaue hinein auszuforschen, wozu der Senat nicht verpflichtet ist.
Im Ergebnis begehrt der Kläger mit seinen Beweisanregungen aber auch gar nicht eine weitere medizinische Aufklärung, sondern eine persönliche Einvernahme solcher Ärzte, die eine MdE von jeweils 30 auf ihren Fachgebieten vorgeschlagen haben. Die MdE-Bewertung ist aber auf der Grundlage der vom Senat ermittelten medizinischen Umstände eine Rechtsbewertung, die der Senat und nicht der Arzt vorzunehmen hat, sodass die Beweisaufnahme weder von Amts wegen noch auf Antrag des Klägers durchzuführen war.
Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Unfallrente nach einer MdE um 30 v.H. seit 14.08.2011. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. ab dem 14.08.2011 zusteht.
Der 1959 geborene Kläger arbeitete versicherungspflichtig als Busfahrer eines Schulbusses bei einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten. Im Rahmen dieser Beschäftigung steuerte der Kläger am 01.02.2010 seinen Bus. Nachdem er an einer Einmündung in eine andere Straße einen Knall gehört hatte, bremste er ab, stieg aus und ging zurück, um nach einem eventuellen Unfall zu sehen. Nachdem er keinen Unfall feststellte, ging er auf der Fahrbahn zurück zu seinem Bus (zur Unfallschilderung vgl. Bericht des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. R. vom 09.06.2011, Blatt 334 der Beklagtenakte; zur Unfallanzeige des Arbeitgebers vgl. Blatt 9/13 der Beklagtenakte; zur Akte der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vgl. Blatt 354/400 der Beklagtenakte). Dabei wurde er von einem entgegenkommenden Auto erfasst. Er erlitt eine laterale nichtdislozierte kaudale Femurfraktur, eine Verstauchung und Zerrung der Halswirbelsäule, Rippenserienfraktur der 2.-9. Rippe, eine Commotio cerebri, den Verdacht auf eine kleine Kontusion rechts rarieto occipital, ein ausgedehntes Hautemphysem, einen Hämothorax, komplexe Mittelgesichtsfrakturen beidseits, eine Zahnlockerung und eine Gesichtsplatzwunde (vgl. Durchgangsarztbericht Dr. M. vom 01.02.2010, Blatt 1 der Beklagtenakte, und Zwischenbericht Prof. Dr. K. vom 01.02.2010 und 01.03.2010, Blatt 8, 25 der Beklagtenakte).
Die Beklagte beauftragte Dr. B. von der B. Unfallklinik T. eine Reha-Abklärung (chirurgisch, neurologisch-neuropsychologisch) durchzuführen (Schreiben vom 27.12.2010). Daraufhin untersuchte Prof. Dr. S. den Kläger auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. In seinem "Neurologisch-psychiatrischen Befundbericht im Rahmen der Heilverfahrenskontrolle" vom 01.02.2011 (Blatt 248/225 der Beklagtenakte) stellte er unter Auswertung eines psychologischen Befundberichts von Dipl.Psych. T. vom 01.02.2011 (Blatt 253/258 der Beklagtenakte) einen psychisch bzw. psychologisch unauffälligen Befund fest. Klinisch-neurologisch finde sich eine Teilschädigung des linken Nervus Tibialis und des linken Nervus Peronäus axonal. Funktionsmindernde Bedeutung komme diesen Befunden jedoch nicht zu. Auf neurologisch psychiatrischem Fachgebiet seien keine Heilmaßnahmen durchzuführen. Arbeitsfähigkeit als Busfahrer bestehe. Es solle jedoch von chirurgischer Seite eine Stellungnahme eingeholt werden.
Prof. Dr. A. gab in seinem "augenärztlichen Gutachten zur Fahrtauglichkeit" des Klägers vom 28.02.2011 (Blatt 267/270 der Beklagtenakte) an, dass als Folge des Unfalls anfangs deutlich störende, später rückläufige Doppelbilder festzustellen waren, welche sich bis zur Untersuchung soweit zurückgebildet hätten, so dass der Kläger sie im täglichen Leben nicht mehr bemerke. Die am rechten Auge betonten peripheren Gesichtsfeldausfälle könnten durch unfallbedingte Störungen der zentralen Sehbahn ausgelöst sein. Da die Ausfälle an beiden Augen nicht übereinstimmten, sei im beidseitig offenen Zustand keine Beeinträchtigung vorhanden. Die Doppelbilder würden erst ab einem Aufblick jenseits von 20° und bei einem Abblick jenseits von 35° auftreten.
In der Zeit vom 24.01.2011 bis 26.01.2011 nahm der Kläger an einer dreitägigen Evaluation im Rehabilitationskompetenzzentrum der B. Klinik teil (zum Bericht vom 29.04.2011 vgl. Blatt 296/304 der Beklagtenakte). Der Kläger sei in der Lage, einen Bus der Führerscheinklasse D zu führen vorzugsweise mit Automatikschaltung. Zwar stehe der physiotherapeutische Befund mit deutlicher Schwäche im Bereich des linken Beins und der neurologisch psychiatrische Befund mit Ausschluss einer Teillähmung im Widerspruch, dennoch empfehle man den Kläger bei Linienfahrten einzusetzen, um das Tragen von schwerem Gepäck zu vermeiden.
In dem im Auftrag der Beklagten erstellten mund-, kiefer- und gesichtschirurgischen Gutachten von Prof. Dr. R. vom 31.3.2011 (Blatt 308/316; Untersuchung des Klägers am 23.02.2011; zur ergänzenden Stellungnahme vom 28.07.2011 vgl. Blatt 402/403 der Beklagtenakte) führte dieser aus, beim Kläger bestünden weiterhin Doppelbilder beim Aufblick und ein inkompletter Lidschluss links. Es bestehe ein leichtes Einsinken des linken Augapfels sowie eine mäßiggradige Fehlstellung des Jochbeins links und des Nasenskeletts.
Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. R. gab in seinem Schreiben vom 12.07.2011 (Blatt 332/336 der Beklagtenakte) an, der Kläger habe sich durch den Unfall grundlegend seelisch verändert. Der Kläger sei ein Typus Melancholicus nach Prof. T. und habe seine innere Stabilität verloren. Er diagnostizierte eine undifferenzierte Somatisierungsstörung.
Die Beklagte ließ den Kläger durch Dr. Rö. augenärztlich begutachten. In seinem Gutachten vom 21.09.2011 (Blatt 441/448 der Beklagtenakte) teilte der Gutachter mit, die Sehschärfe habe sich ebenso verschlechtert wie die leicht konzentrische Einengung des Gesichtsfeldes auf 120° im horizontalen Durchmesser. Hiermit sei Personentransport nicht erlaubt. Die reduzierte Sehschärfe und die leichte Gesichtsfeldeinengung könnte mit einem Erschöpfungszustand, welcher ebenfalls Unfallfolge sei, erklärt werden. Die Doppelbilder außerhalb des Gebrauchsbereiches seien eindeutig Unfallfolge, würden aber keine MdE begründen. Auf augenärztlichen Fachgebiet läge eine MdE um 10 v.H. vor (zur nachfolgenden Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. Z. vom 13.10.2011 vgl. Blatt 472/474 der Beklagtenakte).
Prof. Dr. R. erstattete am 20.09.2011 ein radiologisches Gutachten (Blatt 451/453 der Beklagtenakte; Diagnosen: teils in leichter Fehlstellung verheilte Rippenserienfraktur links, angrenzend geringe narbige Lungenveränderungen, links unten regelrecht verheilte, osteosynthetisch versorgte distale Femurfraktur, in leichter Fehlstellung verheilte Fibulaköpfchenfraktur).
Prof. Dr. F. führte in seinem thoraxchirurgischen Gutachten vom 29.02.2012 (Blatt 510/513 der Beklagtenakte; Untersuchung des Klägers am 17.11.2011) aus, der Thorax zeige stabile Verhältnisse mit normaler Lungenfunktion und knöchern festverheilten Rippenfrakturen. Diese seien jedoch zum Teil in erheblicher Fehlstellung verheilt, was für die angegebenen Schmerzen durchaus verantwortlich sein könne. Er schätzte die MdE vom 14.8.2011 bis zum Untersuchungstag mit 20 v.H., danach mit 10 v.H.ein.
Prof. Dr. W. gab in seinem mund-,kiefer-,gesichtschirurgischen Gutachten vom 01.03.2012 (Blatt 518/ 527 der Beklagtenakte; Untersuchung des Klägers am 29.02.2012) an, als Unfallfolgen bestünden unwesentliche Narben am linken Unterlid, infraorbital links und enoral am linken Oberkiefer, die weder eine funktionelle Behinderung noch eine ästhetische Beeinträchtigung verursachen, Gefühlsstörungen an der linken Stirnseite und an der linken Wange, Verlust der Zähne 12,11 und 22. Bei den im Rahmen der Versorgung der Jochbeinfraktur entfernten Zähnen bzw. Zahnwurzeln 35, 34 und 44 sei eine unfallbedingte Schädigung nicht ohne weiteres auszuschließen, allerdings auch nicht gesichert. Weiterhin bestünden Doppelbilder in allen Blickrichtungen. Eine MdE auf seinem Fachgebiet bestehe nicht.
Dr. Re. teilte in ihrem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 10.02.2012 (Blatt 532/543 =592/616 der Beklagtenakte; Untersuchung des Klägers am 19.10.2011) mit, es bestehe eine Anpassungsstörung. Es handele sich bei den sowohl von Dr. R. dargestellten psychopathologischen Veränderungen und den auch von ihr festgestellten psychischen Störungen um eine ausgeprägte Verarbeitungsproblematik des Unfalls. Infolge der Anpassungsstörung sei der Kläger nicht in der Lage, die bisherige Tätigkeit als Schulbusfahrer aufzunehmen. Die unfallbedingte MdE schätzte sie ab dem 14.8.2011 bis auf weiteres auf 30 v.H. ein (zur beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. F. vom 30.06.2012 und 03.09.2012 vgl. Blatt 578/581, 619/620 der Beklagtenakte).
Die Beklagte zog von der Deutschen Rentenversicherung deren medizinische Unterlagen (Blatt 555/566 der Beklagtenakte), darunter das Gutachten des Chirurgen Dr. R. vom 10.10.2011 (Blatt 555/564 der Beklagtenakte), bei.
Prof. Dr. K. führte in seinem chirurgisch/orthopädischen Gutachten vom 04.05.2012 (Blatt 622/635 der Beklagtenakte) aus, als Folgen des Unfalls bestünden unter anderem ein Zustand nach dislozierter Jochbein-und Orbitabodenfraktur links mit Jochbeinreposition, Minimalosteosynthese und Orbitarevision, ein Zustand nach Nasenbeinfraktur mit Reposition und Schienung des Nasenbeines, ein Zustand nach Wurzelfrakturen 11 und Luxation Zahn 22 mit Verlust der Zähne 12,11,22, eine Narbenbildung im Bereich des linken Unterkiefers intraorbital links und enoral am linken Oberkiefer; verheilte distale Femurfraktur links, eine Narbenbildung am distalen Oberschenkel links, in Fehlstellung verheilte Rippenserienfraktur beidseits, verheilte Claviculafraktur links mit geringer Fehlstellung, eine verheilte Fibulaschaftfraktur links, eine Muskelminderung Oberschenkel links. Die MdE schätzte er bei Überlappung auf unfallchirurgischem und thoraxchirurgischem Gebiet auf 30 v.H.
In einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 24.10.2012 (Blatt 639/641 der Beklagtenakte) führte der Augenarzt Dr. Z. aus, die beim Kläger ermittelten Gesichtsfeldaußengrenzen seien nicht konstant. Es handele sich daher um einen Grenzfall in Bezug auf die Frage, ob der Kläger als Busfahrer arbeiten dürfe, der nur durch eine erneute mehrfache Untersuchung durch den gleichen augenärztlichen Untersucher und auf neuropsychologischem Gebiet geklärt werden könne.
Der Facharzt für Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. W. gab in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12.12.2012 (Blatt 654 der Beklagtenakte) an, es liege eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit der linken Schulter, linken Hüfte und des linken Kniegelenkes sowie eine diskrete Muskelmassenminderung am linken Bein und eine Beinlängendifferenz linksseitig vor. Die in Achsabweichung verheilten Rippenfrakturen linksseitig seien ohne funktionelle Auswirkung pulmonal. Er könne daher die Einschätzung des Gutachters Prof. Dr. K. bezüglich der MdE nicht teilen und schätze diese auf maximal 15 v.H.
Prof. Dr. S. /Dr. B. teilte in seinem neurologischen Gutachten vom 06.07.2013 (Blatt 710/721 der Beklagtenakte) unter Auswertung des testpsychologischen Zusatzgutachtens der Dipl.-Psych. A. vom 10.06.2013 (Blatt 701/706 der Beklagtenakte) mit bei dem Kläger bestünden Schmerzen linksthorakal und linkes Knie, Doppelbilder, eine emotionale Einschränkung sowie eine kognitive Beeinträchtigung nach Polytrauma mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma mit komplexen Mittelgesichtsfrakturen beidseits, eine Contusio cerebri, eine laterale nicht dislozierte kaudale Femurfraktur, Rippenserienfraktur 2.-9. Rippe links, ein Hämatothorax, ein ausgedehntes Hautemphysem und eine Verstauchung und Zerrung der Halswirbelsäule und eine Gefühlsstörung am linken Ober- und Unterschen. Die MdE schätzte er auf 30 v.H. Er teile nicht die Annahme einer Anpassungsstörung durch die Gutachterin Dr. Re. , die Befunde seien vielmehr Folge der organischen Persönlichkeitsstörung nach Hirnschädigung (zur beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. F. vom 27.08.2013 vgl. Blatt 753/756 der Beklagtenakte).
Dr. K. führte in seinem augenärztlichen Gutachten vom 28.07.2013 (Blatt 740/743 der Beklagtenakte; Untersuchung des Klägers am 17.07.2013) aus, beim Kläger bestehe eine Hyperopie, ein Astagmatismus, eine Presbyopie, ein Zustand nach Nasenbein- und Jochbeinfraktur links, ein Cotton-Wool-Herd der Nervenfaserschicht, am ehesten ein Fundus hypertonicus, eine Motilitätsstörung, Doppelbilder ab 20 Grad Aufwärtsblick und eine uncharakteristische Gesichtsfeldeinschränkung. Die Motilitätsstörung mit Doppelbildern sei unfallbedingt. Die MdE schätzte er auf zwischen 5 und 10 v.H. Die Doppelbilder führe er auf immer noch vorhandene Konzentrationsstörungen zurück.
Prof. Dr. A. gab in seinem orthopädisch-chirurgischen 2. Rentengutachten vom 14.10.2013 (Blatt 772/780 der Beklagtenakte) an, als Unfallfolgen bestehe noch eine stattgehabte Mittelgesichtsfraktur mit verschobenen Orbitabodendurchbruch links sowie Bruch des Jochbeins links und Nasenbeinbruch, insgesamt knöchern verheilt, eine stattgehabte Fraktur der Wurzel des Zahnes 11 sowie Luxation des Zahnes 21, ein knöchern konsolidierter Bruch des Schlüsselbeins links, ein knöchern verheilter durch die Condylen verlaufender Bruch des Oberschenkelknochens links, eine knöchern konsolidierte Rippenserienfraktur beidseits, ein stattgehabter Hämato-Pneumothorax beidseits, eine stattgehabte Ruptur der Nierenzyste rechts, eine stattgehabte Lungenkontusio und ein knöchern verheilter Wadenbeinbruch am körpernahen Ende. Alle Verletzungen seien ohne wesentliche Funktionseinbußen ausgeheilt. Die MdE schätze er auf unfallchirurgischem Gebiet auf 10 v. H.
Auf Aufforderung durch die Beklagte (Blatt 782/785 der Beklagtenakte) begutachtete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. den Kläger. In seinem Gutachten vom 16.12.2013 (Blatt 797/813 der Beklagtenakte) teilte er mit, es bestünden leichte Doppelbildererscheinungen beim Blick nach links oben sowie eine ganz geringfügige Halbseitenstörung links, das für eine rechtshemisphärische Läsion, die initial beschrieben worden sei, sprechen könnte. Daneben bestünden deutliche Zeichen einer noch nicht abgeschlossenen Anpassung an die Unfallfolgen, daneben würden kognitive Leistungsbeeinträchtigungen und eine deutliche Wesensveränderung angegeben, die eben auch an der Situation des Klägers mit Hinweisen auf eine leichte Verbitterung liegen könne.
Unter Auswertung eines radiologischen Berichts von Dr. M. vom 03.01.2014 (Blatt 818/819 der Beklagtenakte) sowie eines neuropsychologischen Berichts zur Heilverfahrenskontrolle von Dipl.-Psych. K. vom 23.01.2014 (Blatt 820/850 der Beklagtenakte) führte Dr. F. in Ergänzung seines Gutachtens am 03.02.2014 und am 02.04.2014 (Blatt 851/854, 865/867 der Beklagtenakte) aus, angesichts der radiologischen Befunde liege keine gesicherte Hirnkontusion vor. Daher sei eine höhergradige Hirntraumatisierung nicht gesichert. Insofern sei auch die geistige Leistungsbeeinträchtigung, welche der Kläger geltend mache, in einem anderen Licht zu sehen. Sie sei wahrscheinlich der depressiven Anpassungsstörung wegen der fehlenden beruflichen Perspektive geschuldet und einer leichten vorbestehende Symptomatik. Dauerhaft sei auf seinem Fachgebiet maximal von einer MdE um 10 v.H. auszugehen, die Gesamt-MdE sei mit 20 v.H. zu bewerten.
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 12.05.2014 (Blatt 875/880 der Beklagtenakte) wegen der Folgen des Arbeitsunfalles eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 25 v.H. ab dem 14.8.2011 sowie nach einer MdE um 20 v. H. ab dem 03.06.2013. Der Arbeitsunfall habe zu einer Anpassungsstörung mit zeitweiliger Beeinträchtigung der Stimmungslage und Ängstlichkeit bei der Teilnahme am Straßenverkehr, zu Doppelbildern beim Blick nach oben und nach links, zu Beeinträchtigung der Feingeschicklichkeit des linken Beines sowie zu in leichter Fehlstellung verheilten Brüchen der Rippen 1-8 links geführt. Folgende Beeinträchtigungen lägen unabhängig vom Arbeitsunfall vor: Verbitterungsstörung, Hyperopie, Astagmatismus, Presbyopie, Störung des Farbensehens, Schilddrüsenerkrankungen, Zustand nach Bandscheibenvorfall mit Gefühlsstörungen des linken Ober- und Unterschenkels, Abflachung des Fußgewölbes beidseits.
Hiergegen erhob der Kläger am 28.05.2014 Widerspruch (Blatt 886, 917 der Beklagtenakte). In den Gutachten vom 04.05.2012 und 03.06.2013 werde von einer MdE um 30 v.H. ausgegangen. Er leide weiterhin unter Schmerzen im Brustbereich, im Rücken und an der Knieseite. Er habe dauerhaft das Gefühl, seine linke Wange sei geschwollen. Wenn er sich einige Zeit etwas konzentriere, würden seine Augen beginnen zu brennen und er sehe Doppelbilder. Vor allem aber vergesse er sehr viel. Sein Kurzzeitgedächtnis habe unter dem Unfall extrem gelitten. Es bestehe vor allem eine Konzentrationsschwäche die dazu führe, dass er sich teilweise keine 5 Minuten konzentrieren könne. Dies habe dazu geführt, dass er keine 3 Stunden täglich mehr arbeiten könne (Widerspruchsbegründung vom 25.06.2014, Blatt 905/907, 917).
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 03.12.2014 (Blatt 919 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2015 (Blatt 928/932 der Beklagtenakte) zurück.
Der Kläger hat am 13.03.2015 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart Klage erhoben. Er begehre "eine 30 %-Rente, weil seine Verletzungen eine 30 %-ige Rente" rechtfertigten.
Das SG hat Bewies erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens bei Prof. Dr. A ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 01.09.2015 (Blatt 26/61 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 13.08.2015) unter Berücksichtigung eines neuropsychologischen Gutachtens der Dipl.-Psych. Dr. B. vom 26.08.2015 (Blatt 62/65 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 13.08.2015) als Unfallfolge eine seelische Störung i.S. von Doppelbildern beim Blick nach oben und ganz nach links sowie eine klinisch nicht in Erscheinung tretende, elektrophysiologisch nachgewiesene diskrete Restläsion des Nervus tibialis links festgestellt. Die nach der Aktenlage diskutierten kognitiven Einschränkungen hätten letztlich definitiv im Rahmen der umfangreichen neuropsychologischen Testung inklusive einer Beschwerdevalidierung ausgeschlossen werden können. Für eine depressive Symptomatik habe letztlich kein Nachweis erbracht werden können. Eine gewisse Verbitterung sei im Hinblick auf die Gesamtsituation des Klägers zwar nachvollziehbar, allerdings keine Unfallfolge und auch keine rentenrelevante Störung. Die daraus resultierende MdE sei mit l0 v.H. einzuschätzen.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 20.10.2015 (Blatt 68 der SG-Akte) ausgeführt, das Gutachten sei im Hinblick auf die Fülle der gutachterlichen Bewertungen in der Vergangenheit und in denen MdE von bis zu 30 v.H. angenommen worden seien, differenziert zu betrachten. Die nicht nachweisbare relevante depressive Störung sei bei ihm vorhanden. Die dokumentierten Stimmungsveränderungen könnten auch nur partiell erfolgt sein und repräsentierten nicht das Gesamtbild. Der Kläger hat mit Schreiben vom 23.12.2015 (Blatt 84/87 der SG-Akte) eine Aussage des Dr. R. vom 30.10.2015 aus dem Verfahren S 25 R 7276/14 vorgelegt.
Auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 08.03.2016 (zur Niederschrift vgl. Blatt 102/108 der SG-Akte), bei der der Kläger persönlich in Begleitung seines Bevollmächtigten anwesend war und in der er den Befundbericht des Dr. R. vom 03.02.2016 (Blatt 106/107 der SG-Akte) vorgelegt hat, hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 08.03.2016). Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. ab dem 14.8.2011.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 07.06.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.07.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Prinzipiell werde das komplette Urteil zur Überprüfung gestellt. Sein Rechtsstandpunkt, den er bereits in erster Instanz geäußert habe, sei vertretbar. Insbesondere müsse beachtet werden, dass er von seiner Persönlichkeit her versuche, bei (fremden) Ärzten seine Leiden zu verharmlosen, insbesondere auf psychischem Gebiet. Aus diesem Grund sei es notwendig, seinen behandelten Arzt Dr. R. zu vernehmen. Außerdem müsse auch Prof. Dr. S. gehört werden. Eine bloße Beschränkung auf schriftliche Gutachten zur Entscheidungsfindung sei im vorliegenden Fall nicht ausreichend. Bei der Beurteilung und Verfolgung der Anträge sei es wichtig, den Neurologen Prof. Dr. S. zu hören, der von einer Persönlichkeitsstörung nach Hirnschädigung ausgehe. Die Probleme seien eher im psychischen Bereich, womöglich ausgelöst durch die Hirnschädigung. Zu seiner Verhaltensweise hinsichtlich des Auftretens gegenüber Ärzten und der damit verbundenen Fehleinschätzung wäre noch Dr. R. zu hören (Blatt 18 der Senatsakte).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.03.2016 aufzuheben und die Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 12.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2015 zu verurteilen, ihm eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H. ab 14.08.2011 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das SG habe überzeugend dargelegt, dass die von Prof. Dr. S. angenommene Hirnschädigung tatsächlich nicht nachgewiesen sei bzw. durch die zwischenzeitlich durchgeführte Kernspintomographie ausgeschlossen werden konnte. Folglich könne dessen MdE-Bewertung in keiner Weise gefolgt werden.
Der Kläger hat (Schreiben vom 10.04.2017, Blatt 23/54 der Senatsakte) das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. vom 06.03.2017 aus dem Verfahren S 25 R 7276/14 vorgelegt (Diagnosen: PTBS, Dysthymie, organisches Psychosyndrom).
Die Beklagte hat sich hierzu dahingehend geäußert (Schreiben vom 18.05.2017, Blatt 55/56 der Senatsakte), dass dieses Gutachten deshalb nicht geeignet sei, das Begehren des Klägers zu stützen, weil es nicht unter Berücksichtigung der in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Beweisregularien erstellt worden sei. Insbesondere vermöge die seitens des Gutachters getroffene Diagnose einer PTBS in Anbetracht der Tatsache, dass diese erst 7 Jahre nach dem Unfall diagnostiziert werde, nicht zu überzeugen. Die Diagnose sei auch nicht unter Heranziehung der anerkannten Diagnoseschlüssel nach ICD-10 bzw. DSM-IV/V erfolgt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. S ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 19.03.2018 (Blatt 63/144 der Senatsakte) als Diagnose eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung mit ängstlich vermeidenden Zügen und eine anhaltende Anpassungsstörung mit Zeichen der Verbitterung mitgeteilt. Das Schädigungsereignis vom 01.02.2010 sei mit Wahrscheinlichkeit Ursache für die sonstige Reaktion auf schwere Belastung mit ängstlich-vermeidenden Zügen. Hingegen sei die chronifizierte Anpassungsstörung mit Zeichen der Verbitterung im Wesentlichen durch unfallfremde Faktoren bedingt. Diese resultiere aus einer letztlich persönlichkeitstypischen Fehlverarbeitung einer als inadäquat erlebten polizeilichen und rechtlichen Beurteilung des Unfalls und der Unfallfolgen. Für die sonstige Reaktion auf schwere Belastung mit ängstlich-vermeidenden Zügen sei zusätzlich zu dem Unfallereignis und dessen körperlichen Folgen (hier: intermittierende Doppeltsehen) vom 01.02.2010 selbst auch noch die Primärpersönlichkeit mitverantwortlich. Hierbei handele es sich um einen nicht-pathologischen, präexistenten Risikofaktor, der in der Bedeutung insgesamt natürlicinu ungefähr dem gleichen Zeitraum zu einer psychischen Störung von ungefähr in dergleichen Ausprägung in Bezug auf die Verunsicherung im Straßenverkehr gekommen. Die sonstige Reaktion auf schwere Belastung mit ängstlich-vermeidenden Zügen stelle im Wesentlichen eine psychisch-emotionale und körperlich-funktionelle Beeinträchtigung im Straßenverkehr dar. Vom Ausprägungsgrad entspreche diese nach hiesiger Einschätzung einer Phobie mit leichtgradiger körperlich-funktioneller Einschränkung und psychisch-emotionaler Belastung in für die Arbeitswelt nur wenig bestimmenden Situationen. Diese sei mit einer MdE auf 10 v.H. einzuschätzen. Auf unfallchirurgischem Fachgebiet werde eine MdE von 10 v.H. veranschlagt, von augenärztlicher Seite sei die MdE auf 5 bis 10 v.H. eingeschätzt worden, sodass der Gutachter bei integrierender Betrachtung und Berücksichtigung der Überlappung der augenärztlichen MdE mit der aufgrund der psychopathologischen Reaktion mit ängstlich-vermeidenden Zügen die Gesamt-MdE auf 20 v.H. geschätzt hat.
Während sich die Beklagte durch das Gutachten gestützt sieht (Schreiben vom 04.04.2018, Blatt 147 der Senatsakte) hat der Kläger lediglich mitgeteilt (Schreiben vom 19.04.2018, Blatt 150 der Senatsakte), er habe bereits in erster Instanz vor dem Gericht kein rechtliches Gehör gehabt und wolle nunmehr vom Gericht angehört werden.
Dass der ordnungsgemäß zum Termin geladene Kläger nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, hat den Senat nicht gehindert zu verhandeln und zu entscheiden. Das persönliche Erscheinen des Klägers war nicht angeordnet und er war im Termin ordnungsgemäß durch seine Ehefrau (§ 73 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGG) und seinem Anwalt vertreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.
Das angefochtene Urteil des SG sowie der Bescheid der Beklagten vom 12.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 v. H. ab dem 14.08.2011.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch nach § 56 Abs.1 Satz 1 SGB VI auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird die Vollrente geleistet, bei einer MdE wird eine Teilrente geleistet, die in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt wird, der der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).
Voraussetzung einer solchen Unfallrente ist damit, dass ein Versicherungsfall eingetreten ist. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII); eine Berufskrankheit macht der Kläger vorliegend nicht geltend.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R= UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v. § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Die MdE, nach der sich u.a. die Höhe der Rente bemisst, richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE ist die Feststellung von Tatsachen, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
Neben diesen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE sind aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O. m.H.a.: BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr. 28; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand: 2006, § 56 RdNr. 10.5; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 2006, K § 56 RdNr 42 m.w.N.). Dies verL.t § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind.
Der Senat konnte vorliegend zwar feststellen, dass der Kläger am 01.02.2010 einen Arbeitsunfall erlitten hatte, als er im Rahmen seiner versicherten Beschäftigung als Busfahrer von einem anderen Autofahrer überfahren wurde. Die darauf beruhenden Unfallfolgen bedingen für den vorliegend streitigen Zeitraum ab 14.08.2011 keine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, die mit einer MdE von 30 v.H. zu bewerten wäre.
Beim Kläger bestehen auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet, wie der Senat im Anschluss an das Gutachten von Prof. Dr. A. und Prof. Dr. K. festgestellt hat, eine stattgehabte Mittelgesichtsfraktur mit verschobenen Orbitabodendurchbruch links sowie ein Bruch des Jochbeins links und ein Nasenbeinbruch, insgesamt knöchern verheilt, ebenso eine stattgehabte Fraktur der Wurzel des Zahnes 11 sowie Luxation des Zahnes 21, ein knöchern konsolidierter Bruch des Schlüsselbeins links, ein knöchern verheilter, durch die Condylen verlaufender Bruch des Oberschenkelknochens links, eine knöchern konsolidierte Rippenserienfraktur beidseits, ein stattgehabter Hämato-Pneumothorax beidseits, eine stattgehabte Ruptur der Nierenzyste rechts, eine stattgehabte Lungenkontusio und ein knöchern verheilter Wadenbeinbruch am körpernahen Ende. Diese Gesundheitsstörungen sind durch den versicherten Unfall vom 01.02.2011 hinreichend wahrscheinlich rechtlich wesentlich verursacht. Prof Dr. A. konnte mitteilen, dass alle diese Verletzungen ohne wesentliche Funktionseinbußen ausgeheilt sind. Anderes hat auch der Kläger bis zuletzt nicht angegeben.
Prof. Dr. A. hat die MdE in Folge der orthopädisch-unfallchirurgischen Gesundheitsstörungen auf 10 v.H. geschätzt. Dem schließt sich der Senat an. Soweit Prof. Dr. F. in seinem Gutachten wegen der Schmerzen, die er der Fehlstellung, in welcher die Rippenfrakturen knöchern fest verheilt seien, vom 14.08.2011 bis zum Untersuchungstag eine MdE um 20 v.H. thoraxchirurgisch angenommen hat, folgt ihm der Senat, wie auch schon das SG, nicht. Denn nach dem radiologischen Gutachten von Prof. Dr. R. besteht die Fehlstellung nur teilweise und ist als leichtgradig einzuschätzen. Die Einschätzung des Prof. Dr. F. konnte den Senat daher nicht überzeugen.
Soweit auch Prof. Dr. K. die MdE bei Überlappung auf unfallchirurgischem und thoraxchirurgischem Gebiet auf 30 v.H. geschätzt hatte, folgt ihm der Senat nicht. So hat auch der sich zu diesem Gutachten äußernde Beratungsarzt, der Facharzt für Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. W. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12.12.2012 darauf hingewiesen, dass Prof. Dr. K. lediglich endgradig eingeschränkte Beweglichkeiten der linken Schulter, linken Hüfte und des linken Kniegelenkes sowie eine diskrete Muskelmassenminderung am linken Bein und eine Beinlängendifferenz linksseitig beschrieben habe. Auch die in Achsabweichung verheilten Rippenfrakturen linksseitig seien allgemein wie auch pulmonal ohne funktionelle Auswirkung. Dass keine funktionell relevanten Auswirkungen bestehen, konnte auch Prof. Dr. A. mitteilen, sodass der Senat eine höhere MdE als 10 v.H. nicht feststellen kann.
Die von Prof. Dr. W. in seinem mund-kiefer-gesichtschirurgischen Gutachten vom 01.03.2012 als Unfallfolgen mitgeteilten unwesentlichen Narben am linken Unterlid, infraorbital links und enoral am linken Oberkiefer, die weder eine funktionelle Behinderung noch eine ästhetische Beeinträchtigung verursachen, die Gefühlsstörungen an der linken Stirnseite und an der linken Wange, der Verlust der Zähne 12,11 und 22 erhöhen die vom Senat festgestellte MdE nicht. Denn auch Prof. Dr. W. hat hier keine funktionellen Beeinträchtigungen des Klägers mitgeteilt, die das Feld der dem Kläger möglichen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einschränken.
Die Motilitätsstörung durch Doppelbilder beim Blick nach oben und ganz nach links bedingen keine MdE von 10 oder mehr. Diese Gesundheitsstörung ergibt sich für den Senat aus dem augenärztlichen Gutachten von Dr. K ... Für deren Entstehen ist der Unfall vom 01.02.2011 hinreichend wahrscheinlich rechtlich wesentliche Ursache. Auch der augenärztliche Gutachter Dr. Rö. und Prof. Dr. W. haben die Doppelbilder außerhalb des Gebrauchsbereiches eindeutig als Unfallfolge angesehen. Die unfallmedizinische Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage, Seite 313, 314) bewertet die MdE bei Doppelbildern nach dem Ausmaß der Störung. Bei Doppelbildern in allen Blickrichtungen wird eine MdE um 25 v.H. empfohlen. Besteht das Doppelbildersehen nur in einigen Blickfeldbereichen, ist zu unterscheiden, in welchen dieses besteht. Beim Kläger besteht eine Einschränkung durch Doppelbilder beim Blick nach oben und ganz nach links. Dies ist entsprechend dem Schema von Haase und Steinhorst (Schönberger et al a.a.O. Seite 313) mit einer MdE zwischen 5 und 10 v.H. zu bewerten. Dementsprechend haben Dr. Rö. und Dr. K. eine dementsprechende MdE vorgeschlagen. Da der Kläger dem Gutachter Dr. K. mitgeteilt hatte, die Doppelbilder schon zum damaligen Zeitpunkt nicht als beeinträchtigend empfunden zu haben, sieht der Senat keine wesentliche funktionelle Auswirkung auf die Erwerbsfähigkeit, sodass eine relevante Einschränkung des Feldes der dem Kläger möglichen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht besteht, weshalb die MdE mit dem SG auf 5 v.H. anzunehmen ist.
Auf neurologischem Fachgebiet hat der Senat als Unfallfolge rechtlich wesentlich hinreichend wahrscheinlich eine Restläsion des Nervus tibialis feststellen können. Nach Schönberger et al (a.a.O. Seite 253) bedingt die vollständige Lähmung des Nervus tibialis eine MdE um 25 v.H. Die von Prof. Dr. A. beschriebene Gesundheitsstörung einer Restläsion ist ohne klinische Auswirkung und beeinträchtigt den Kläger nicht. Er war nach dem Gutachten in der Lage, ohne irgendein auffälliges Hinken Treppen aufwärts und abwärts zu gehen und wies nach kurzzeitigem Hinken ein flüssiges Gangbild auf. Relevante muskuläre Atrophien bestanden nicht (vgl. Blatt 48 der SG-Akte = Seite 23 des Gutachtens). Führt die bloß verbliebene Restläsion zu keinen funktionellen Beeinträchtigungen, so kann der Senat eine MdE nicht annehmen.
Entgegen dem SG konnte der Senat auf psychiatrischem Fachgebiet mit dem Gutachten von Prof. Dr. S. eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung mit ängstlich-vermeidenden Zügen feststellen, die rechtlich wesentlich hinreichend wahrscheinlich auf den Unfall vom 01.02.2011 zurückzuführen ist. Prof. Dr. S. hat mitgeteilt, dass nach epidemiologischer Befundlage im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen unfallverletzte Personen in einem nicht unerheblichen Anteil krankheitswerte psychische Störungen entwickeln. Die Schätzungen reichten dabei von unterschiedlich stark ausgeprägten Angststörungen mit einer Häufigkeit von 7 bis 31 % und unfallbedingten posttraumatisehen Belastungsstörungen in einer Häufigkeit von bis zu 8 %. Angenommen werde hier eine multifaktorielle Genese, wobei neben den eigentlichen Traumafaktoren auch risikoerhöhende belastungs- und risikomindernde Schutzfaktoren diskutiert würden. Beim Kläger sei die im Rahmen der Begutachtung festgestellte und auch aktenkundige Primärpersönlichkeit mit Leistungsorientierung und Definition des Selbstwerterlebens über berufliche Leistung ein gewisser Risikofaktor für psychopathologische Veränderungen nach Störung der Erwerbsfähigkeit, was auch Dr. R. mit dem Hinweis auf den Typus melancholikus angegeben hatte. Die stabile partnerschaftliche Beziehung und die insgesamt guten intrafamiliären Bezüge stellten definitiv einen Schutzfaktor dar. Für die sonstige Reaktion auf schwere Belastung mit ängstlich vermeidenden Zügen stellt das Schädigungsereignis im naturwissenschaftlichen Kausalitätssinn eine der Ursachen dar, ohne die es nicht zu dieser psychopathologischen Reaktion gekommen wäre. Bei Berücksichtigung des besonderen inneren Bezugs zwischen der Psychopathologie - dem ängstlichen Vermeiden von Verantwortung im Straßenverkehr - und dem Verkehrsunfall selbst sei aus psychiatrischer Sicht die Voraussetzung gegeben, das Schädigungsereignis auch im rechtlichen Sinne als eine wesentliche Ursache für die psychopathologische Reaktion zu sehen. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und stellt fest, dass das Schädigungsereignis vom 01.02.2010 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine rechtlich wesentliche Ursache für die sonstige Reaktion auf schwere Belastung (ICD-10: F43.8) mit ängstlich-vermeidenden Zügen ist. Dies entspricht der mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.05.2014 festgestellten Unfallfolge "Anpassungsstörung mit zeitweiliger Beeinträchtigung der Stimmungslage und Ängstlichkeit bei Teilnahme am Straßenverkehr". Dass mit dem Begriff Anpassungsstörung im streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten die im Diagnoseschlüssel ICD-10 unter F 43.23 definierte Gesundheitsstörung mit umfassenden Auswirkungen gemeint ist, lässt sich der einengenden Umschreibung der Gesundheitsstörung im Bescheid nicht entnehmen, wofür auch spricht, dass eine "Verbitterungsstörung", als spezielle Ausprägung einer Anpassungsstörung, ausdrücklich als unfallunabhängige Gesundheitsstörung im Bescheid angeführt ist.
Damit lässt sich die von Dr. S. diagnostizierte anhaltende Anpassungsstörung (ICD-10: F43.23) mit Zeichen der Verbitterung nach Überzeugung des Senats, die auf dem Gutachten von Prof. Dr. S. beruht, ganz zentral auf die polizeilich und rechtliche Bewertung des Unfallgeschehens zurückführen, damit auf ein Verhalten Dritter, woraus ein für den Kläger angeblich zutiefst erlebtes Unrecht resultiert. Dieses erlebte Unrecht sei bis in die Gegenwart Quell von Verbitterung und emotionaler Belastung. Kausalfaktor für die anhaltende Anpassungsstörung sei damit nicht das Schädigungsereignis selbst, vielmehr dessen polizeiliche bzw. rechtliche Würdigung. Damit sind mit dem Gutachten von Prof. Dr. S. , was auch Dr. R. unter Hinweis auf den Typus Melancholicus als persönlichkeitsimmanente Umstände deutlich macht, die unfallvorbestehende Persönlichkeitsstruktur des Klägers neben der Bedeutung des Unfallereignisses und der sich hieraus ergebenden Veränderungen in der Lebensplanung, auf die der Kläger keine adäquate Verarbeitung fand, Ursachenfaktoren, wobei das Unfallereignis an sich allenfalls noch Mitursache für die Ausprägung der Anpassungsstörung (ICD-10:F43.23) mit Zeichen der Verbitterung ist. In diesem komplexen Bedingungsgefüge zur Entwicklung und Chronifizierung der Erkrankung war das Unfallgeschehen neben persönlichkeitsimmanenten Faktoren und von außen durch Dritte (z.B. Polizei, Beklagte) einwirkenden Faktoren aber lediglich einer unter mehreren Faktoren, jedenfalls mit dem Gutachter Prof. Dr. S. nur ein untergeordneter Faktor. Der Senat konnte insbesondere anhand der Angaben von Prof. Dr. S. und Dr. R. feststellen, dass den anderen Entstehungsfaktoren ein wesentliches Übergewicht zukommt, sodass dem Unfallereignis keine wesentliche Bedeutung zukommt. Der Senat konnte sich insoweit nicht von der Richtigkeit der Überlegungen von Dr. Re. überzeugen. Die im Bescheid getroffene Abgrenzung der Verbitterungsstörung als unfallunabhängig von der anerkannten unfallbedingten Anpassungsstörung ist insoweit nicht rechtswidrig.
Der Senat kann auch das Vorliegen der von Dr. F. im Rentenverfahren angenommenen PTBS nicht feststellen. Prof. Dr. S. hat zutreffend zu diesem Gutachten darauf hingewiesen, dass Dr. F. bei den testpsychologischen Verfahren eine explizite Beurteilung des Anstrengungsverhaltens nicht vorgenommen hat, sodass eine valide Beurteilung von Leistungstests nicht möglich ist, schon gar nicht, wenn einfache Screeningtests wie der Benton-Test und der DemTect verwendet werden.
Mit Prof. Dr. S. konnte der Senat aber nicht feststellen, dass alle Diagnosekriterien der PTBS erfüllt sind. In der nicht unerheblichen Anzahl von Behandlungsberichten, Stellungnahmen und Gutachten findet sich lediglich bei Dr. F. die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dessen pauschaler Hinweis darauf, dass bisher die Konsequenzen einer lebens- bzw. existenzgefährdenden traumatischen Erfahrung nicht ausreichend berücksichtigt seien und eben eine posttraumatische Belastungsstörung "mit den typischen Beeinträchtigungen, wie sich aufdrängende belastende Gedanken oder Erinnerungen, bildhaftes, szenisches Nachhallerleben (Flashback, Intrusion), Übererregungssymptome, Vermeidungsverhalten, Änderung der Teilnahmefähigkeit" vorlägen, überzeugt den Senat nicht. Die Diagnose einer PTBS verlangt die Erfüllung von fünf operational definierten Kriterien, wobei die ersten vier obligat zu erfüllen sind. Auch wenn Prof. Dr. S. das A- oder Traumakriterium als erfüllt betrachtet, fehlen in den Befundberichten und Gutachten durchweg Hinweise auf szenische, belastende, intrusive Erinnerungen an das Schädigungsereignis selbst bzw. in Form von Wiedererleben im Rahmen von Albtraumereignissen. Damit fehlt es an dem B- oder Wiedererlebenskriterium. Auch sieht Prof. Dr. S. das C- oder Vermeidungskriterium durch das angebliche Vermeiden von Pkw-Fahren als nicht mit der notwendigen Sicherheit als erfüllt an, denn insoweit hat der Kläger widersprüchliche Angaben gemacht. Nachvollziehbar war für den Gutachter aber das Unwohlsein bei Teilnahme am Straßenverkehr, und sei es als Beifahrer im Pkw. Ein vollständiges Vermeidungsverhalten konnte der Senat nicht feststellen, denn der Kläger war mit dem PKW bzw. Taxi zur Untersuchung bei Prof. Dr. S. gefahren worden, wofür er Kosten für eine Fahrt über 210 km abgerechnet hat, sodass zumindest Mitfahrten als Beifahrer nicht vermieden werden; gegenüber Prof. Dr. A. hat er sogar angegeben, innerhalb des Ortes selbst mit dem Auto zu fahren (Blatt 34 der SG-Akte = Seite 9 des Gutachtens). Soweit Prof. Dr. S. hier zumindest eine relevante Tendenz zur Vermeidung von aktiver und passiver (Beifahrer) Teilnahme am PKW-Verkehr nachvollziehen und somit das C- oder Vermeidungskriterium als erfüllt ansehen wollte, erscheint dies nicht vollständig überzeugend. Hinsichtlich des D- oder Amnesie-/Hypersensitivitätskriteriums hat Prof. Dr. S. mitgeteilt, dass der Kläger nach eigenen Angaben über ein vollständiges Gedächtnis verfügt, die Erinnerungslücke nach dem Aufprall sei durch die eingetretene Commotio zwanglos zu erklären. Eine dissoziative Amnesie im PTBS-Sinne liege nicht vor. Zeichen einer psychovegetativen Hypersensitivität würden verlangen, dass zwei der folgenden fünf Merkmale erfüllt seien: Ein- und Durchschlafstörungen; Reizbarkeit oder Wutausbrüche; Konzentrationsschwierigkeiten; Hypervigilanz; erhöhte Schreckhaftigkeit. Zeichen von Konzentrationsschwierigkeiten, Hypervigilanz oder erhöhter Schreckhaftigkeit waren hier nicht zu objektivieren. Nachweisbar sei eine erhöhte Reizbarkeit (bei entsprechenden Themen), anamnestisch plausibel angegeben seien Ein- und Durchschlafstörungen. Formal hat der Gutachter das D- oder Amnesie-/Hypersensitivitätskriterium als erfüllt betrachtet. Dagegen hat er das E- oder Zeitkriterium, Wiedererlebens-, Vermeidungs- und Amnesie-/Hypersensitivitätskriterium innerhalb von sechs Monaten nach der Belastung als nicht erfüllt angesehen und auch keine Gründe für ein verzögertes Auftreten darlegen können. Damit fehlt es zur Feststellung einer PTBS am B-, C- und E-Kriterium. Die nachvollziehbare tiefgreifende Verunsicherung bei Teilnahme am Straßenverkehr in der Erwartung von Unaufmerksamkeiten von anderen Verkehrsteilnehmern und die Verunsicherung im Straßenverkehr durch das intermittierende Sehen von Doppelbildern beim Blick nach oben hat Prof. Dr. S. als sonstige Reaktion auf schwere Belastung (ICD-10: F43.8) mit ängstlich-vermeidenden Zügen diagnostiziert. Dem folgt der Senat; im Übrigen wäre die MdE-Bewertung weniger anhand der Diagnosestellung als vielmehr nach den als unfallbedingt umschreibbaren funktionellen Beeinträchtigungen hinsichtlich der auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglichen Tätigkeiten zu beurteilen und dabei hat der Senat die tatsächlich bestehenden funktionellen Beeinträchtigungen des Klägers berücksichtigt.
Soweit in der mündlichen Verhandlung wiederholend zum bisherigen Vortrag erstmals ausgeführt worden ist, auch das Gutachten von Prof. Dr. S. könne nur eingeschränkt verwertet werden, weil der Kläger regelmäßig das Ausmaß seiner Beeinträchtigungen verniedlich und sich leistungsfähiger darstelle, als es tatsächlich der Fall sei, hat der Senat nicht erkennen können, dass Prof. Dr. S. im Rahmen der Exploration und bei seiner gutachterlichen Würdigung der behaupteten Dissimulation des Klägers aufgesessen wäre. Das Gutachten hat sich eingehend mit den Vorbefunden beschäftigt, insbesondere ist auf die divergierende Bewertung der Beeinträchtigung zur Teilnahme am Straßenverkehr im Sinne eines Vermeidungsverhaltens wie auch auf die unterschiedlichen Angaben des Klägers hierzu eingegangen worden (vergleiche Seite 69 und 70 des Gutachtens = Bl. 130, 131 der Senatsakte). Außerdem hat Prof. Dr. S. die einschlägigen psychologischen Tests mit dem Kläger durchgeführt, unter anderem auch den SFSS-Fragebogen-Test zur Erfassung von Simulation und Aggravation. Das Testergebnis ergab gerade keinen Hinweis auf Dissimulation, sondern vielmehr sogar deutliche Hinweise auf eine Verdeutlichungstendenz in Bezug auf affektive, anamnestische und neurologische Symptome.
Darüber hinaus hat Prof. Dr. S. das Berufungsvorbringen gekannt und in seine Überlegungen einbezogen. Anders wäre nicht zu verstehen, dass der erfahrene Gutachter gerade das Vorbringen des Klägers bei der Untersuchung kritisch geprüft und z.B. das Verhalten des Klägers im Alltag in seine Bewertung eingestellt und stärker gewichtet hat als die Aussage des Klägers in der Untersuchungssituation (vergleiche Seite 69/70 des Gutachtens = Blatt 130/131 der Senatsakte). Der Einwand gegen das Gutachten von Prof. Dr. S. , er habe die Dissimulation des Klägers verkannt, ist erstmals in der mündlichen Verhandlung am 29.06.2018 erhoben worden, obgleich das Gutachten bereits Ende März 2018 an die Beteiligten übersandt worden war. Der Senat musste daher auch nicht die persönliche Anhörung des Klägers bei der Terminsladung in Erwägung ziehen, wenn auch der Kläger durch seinen Bevollmächtigten seine Terminsteilnahme hat ausdrücklich ankündigen lassen (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 19.04.2018). Auch der Verlauf der mündlichen Verhandlung hat insoweit keinen Aufklärungsbedarf durch Anhörung des Klägers entstehen lassen, da die im Termin anwesende Ehefrau die vom Sachverständigen Prof. Dr. S. angeblich verkannten Leistungsminderungen und sonstigen Einschränkungen ihres Ehemanns auch auf Nachfrage des Senats nicht hat benennen können; dazu hätte die Ehefrau aber in der Lage sein müssen, weil sie an der Alltagsgestaltung des Klägers auch teilnimmt bzw. diesen kennt.
Eine Depression oder Dysthymie, wie sie vor allem von Dr. R. und Dr. F. beschrieben worden ist, liegt ebenfalls nicht vor, was der Senat mit den Gutachten von Prof. Dr. S. , Prof. Dr. A. und Prof. Dr. S. feststellen konnte. Bei Prof. Dr. S. war der Kläger in Bezug auf die Affektivität in ausgeglichener Stimmungslage ohne Einschränkung der emotionalen Schwingungsfähigkeit. In der zweiten Sitzung, bei Thematisierung der Phase nach dem Schädigungsereignis, fand sich ein variabler Affekt mit regelrecht moroser Verstimmung, teils auch mürrischer Erregtheit bei Thematisierung der Schuldfrage. Diese effektive Verstimmung war strikt themenspezifisch. Eine anhaltende Deprimiertheit fand sich nicht, auch keine sonstigen psychopathologischen Befunde, wie sie depressionsbegleitend typischerweise auftreten. So war der Antrieb situationsadäquat, die Psychomotorik affektkongruent und durchaus lebhaft. Formalgedankliche Störungen fanden sich hier ebenso wenig, wie kognitive Funktionsdefizite bei altersentsprechend durchschnittlich gut ausgeprägtem Auffassungs- und Konzentrationsvermögen und fehlenden Hinweisen für mnestische Funktionsdefizite. Zeichen schwerster Depressivität, etwa Ich-Störung, Wahrnehmungsstörung, Wahnerleben waren von Prof. Dr. S. klar auszuschließen. Die Kriterien für die Diagnose einer depressiven Episode, sei es auch leichtgradiger Art, waren weder bei Prof. Dr. S. noch bei Prof. Dr. S. und auch nicht bei Prof. Dr. A. gegeben. Der Senat schließt sich dieser Beurteilung an und kann der eher therapeutisch ausgerichteten Darstellung des Dr. R. nicht folgen.
Der Senat kann eine gesicherte Hirnschädigung nicht feststellen. Zwar hat Prof. Dr. S. eine solche angenommen, doch wurde diese durch die nachfolgenden Diagnoseverfahren, wie Dr. F. zutreffend ausgeführt hat, ausgeschlossen bzw. nicht festgestellt. So hat die von Dr. F. eingeleitete Kernspintomographie eine solche Hirnschädigung nicht ergeben. Zusammen mit den ursprünglich erhobenen Befunden konnte der Senat daher eine gesicherte Hirnschädigung nicht zu feststellen.
Für die unfallbedingte psychische Gesundheitsstörung kann der Senat lediglich eine MdE um 10 v.H. feststellen. Er folgt insoweit dem Gutachten von Prof. Dr. S. , der seine Bewertung mit der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger et al a.a.O. Seite 170 f.) begründet hat. Maßgebendes Kriterium für die MdE-Bewertung ist nach der unfallmedizinischen Literatur sowohl für die Diagnose einer Anpassungsstörung im weiteren Sinne als auch für die Diagnose einer PTBS das Ausmaß der Einschränkung der sozial-kommunikativen Fähigkeiten bzw. der Erlebnis-und Gestaltungsfähigkeit (Schönberger et al a.a.O. Seite 170). Hierbei kann der Senat zu Gunsten des Klägers auch außer Acht lassen, dass mit der von Prof. Dr. S. festgestellten Unfallfolge nach ICD-10. F43.8 – Reaktion auf schwere Belastung – nur eine eingeschränkte Anpassungsstörung umschrieben ist. Aus dem vom Kläger bei Prof. Dr. A. und Prof. Dr. S. angegebenen Tagesablauf mit Gassigehen mit zwei Hunden, Mitarbeit im Haushalt, Spaziergängen mit der Ehefrau und Fahrten mit dem Auto, vier bis fünf Stunden Fußballschauen im Fernsehen, Gottesdienstbesuchen und Urlauben (zuletzt 2017) sowie einer fehlenden erkrankungsbezogenen Medikation ist der Kläger bei vergleichender Betrachtung nicht so weit in seinen Fähigkeiten eingeschränkt, dass ihm eine Großzahl der Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verschlossen wären. Vielmehr folgt der Senat der Einschätzung des Prof. Dr. S. und stellt die MdE mit 10 v.H. fest. Dass diese vom Kläger in der Untersuchung bei Prof. Dr. S. angegebenen Unternehmungen im Rahmen seiner Lebensgestaltung unzutreffend sind, hat die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anstelle des Klägers anwesende Ehefrau auf Nachfrage des Gerichts nicht eindeutig erklärt. Wenn sie angibt, dass der Ehemann z.B. für ein bis zwei Wochen die Hunde den Kindern zur Betreuung überlässt, wenn er sich nicht gut fühlt, ist damit die grundsätzliche Übung, die Hunde täglich auszuführen, als Lebensgestaltung nicht ausgeschlossen. Auf Frage des Senats, welche der ihr vorgelesenen Angaben des Klägers denn unrichtig seien, hat sich die Klägerin nicht weiter geäußert, selbst auf den Vorhalt, ob etwa die Angaben z.B. zur Urlaubsgestaltung 2017 falsch gewesen sind, hat die Ehefrau dies nicht bestätigen wollen. Auch insoweit hält der Senat die vom Sachverständigen Prof. Dr. S. herangezogenen Kriterien zur MdE-Bewertung für gesichert und er hat sie deshalb seiner MdE-Bewertung zu Grunde legen können.
Soweit Dr. Re. die MdE mit 30 v.H. angenommen hatte, folgt ihr der Senat nicht. Angesichts der bei Prof. Dr. A. und Prof. Dr. S. gemachten Angaben zum Alltag und den Beeinträchtigungen konnte der Senat der Einschätzung der Gutachterin nicht folgen, denn ihr Gutachten lässt jegliche Auseinandersetzung mit den gerade im Beruf und im Alltag maßgeblichen Fragen vermissen, sie hat nicht einmal einen Tagesablauf des Klägers erhoben, sodass ihre Beurteilung schlichtweg nicht nachvollziehbar ist.
Der MdE-Beurteilung des Prof. Dr. S. konnte der Senat ebenso nicht beitreten, denn der Senat konnte die von ihm zur Grundlage der Bewertung gemachte organische Persönlichkeitsstörung nach Hirnschädigung nicht feststellen. Auch aus seinen Befunden und Erhebungen lässt sich eine MdE von 30 nicht nachvollziehen.
Die Gesamt-MdE war vorliegend aus den bereits vom Senat dargestellten Einzel-MdE-Werten zu bilden. Dabei konnte der Senat keine MdE von insgesamt 30 v.H. feststellen.
Die MdE an sich richtet sich – wie bereits dargestellt - nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Dabei sind neben den auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2).
Der Senat konnte auf Grundlage der schlüssigen und überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. A. und Prof. Dr. S. sowie Dr. K. feststellen, dass das Feld der dem Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglichen Tätigkeiten in Folge der unfallbedingten Gesundheitsstörungen eingeschränkt ist. Die Gutachter haben in ihren jeweiligen Gutachten aufgrund der medizinischen Erfahrungen und auch im Hinblick auf ihre Untersuchungsergebnisse für den Senat überzeugend dargestellt, inwieweit das Feld der dem Kläger noch möglichen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingeengt ist. Dabei haben sie, insbesondere Prof. Dr. S. , eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von insgesamt 20 v.H. angenommen. Dies erscheint dem Senat auch im Hinblick auf die Aussagen der anderen Gutachter gerechtfertigt. Damit sind vorliegend Einzel-MdE-Werte von zweimal 10 und einmal 5 v.H. anzunehmen und in die Bewertung der Gesamt-MdE einzustellen. Den Ausführungen einzelner Gutachter bzw. Ärzte zu unfallbedingten Einzel-MdE-Werten von 30 v.H. konnte der Senat aus den oben genannten Gründen nicht beitreten. Hinsichtlich der Doppelbilder besteht dabei eine MdE-Bewertung aus augenärztlicher Sicht, wie auch aus psychiatrischer Sicht, denn die Bewertung der psychiatrischen MdE umfasst mit Prof. Dr. S. auch die Unsicherheiten des Klägers in Folge der Doppelbilder. Da aber auch der Einzel-MdE-Wert von 5 v.H. die (Anpassungs-)Probleme bei der alltäglichen Anpassung beinhaltet, die der Kläger selbst aber nur als gering beschrieben hatte, kann dieser Umstand nicht Gesamt-MdE-erhöhend berücksichtigt werden. Damit konnte der Senat mit Prof. Dr. S. eine höhere MdE als 20, jedenfalls nicht die vom Kläger geforderte MdE von insgesamt 30 v.H. seit 14.08.2011 feststellen. Damit hat der Kläger unter keinem Gesichtspunkt einen Anspruch auf Gewährung einer höheren Unfallrente nach dem Unfall vom 01.02.2011.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den Gutachten von Prof. Dr. S. und den weiteren Gutachten des SG und der Beklagten, die der Senat verwerten konnte, dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung zur Feststellung der Unfallfolgen und der Kausalität sowie der MdE notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der so medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmenden rechtlichen Bewertungen.
Soweit der Kläger Prof. Dr. S. und Dr. R. in der mündlichen Verhandlung gehört haben wollte (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 18.07.2016), war der Senat von Amts wegen nicht verpflichtet, diesem Ansinnen nachzugehen. Zuletzt hatten Prof. Dr. A. und Prof. Dr. S. die zuvor schon von Prof. Dr. S. begutachteten Gesundheitsstörungen untersucht und bewertet, sodass es einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch den Verwaltungsgutachter Prof. Dr. S. nicht bedarf. Die abweichende gutachterliche Einschätzung von Prof. Dr. S. beruht auf seiner Untersuchung des Klägers im Jahr 2013, weshalb er die nachfolgenden Untersuchungsergebnisse, insbesondere das von Dr. F. veranlasste CT nicht bewerten konnte. Diese Untersuchungsbefunde waren aber auch Grundlage der gerichtlichen Gutachten von Prof. Dr. A. und Prof. Dr. S ... Insoweit hat der Kläger nicht mitgeteilt, weshalb Prof. Dr. S. als Gutachter des Verwaltungsverfahrens, dessen Gutachten der Senat "nur" im Wege des Urkundsbeweises verwerten konnte, sein – mittlerweile anhand der neueren Befunde überholtes - Gutachten in der mündlichen Verhandlung erläutern und weshalb er gegenüber den gerichtlichen Gutachtern höhere Sachkompetenz haben sollte. Auch war der Senat nicht verpflichtet, auf Antrag des Klägers Prof. Dr. S. zu vernehmen. So hat der Kläger weder einen Antrag nach § 109 SGG gestellt noch einen tauglichen Beweisantrag über die Vernehmung des Verwaltungsgutachters; insoweit fehlt es schon an der Mitteilung der Tatsache, über die der Senat durch Vernehmung des Verwaltungsgutachter Beweis zu erheben soll. Ein Anhörungsrecht nach § 411 Abs. 3, Abs. 4 ZPO steht dem Kläger nicht zu, da Prof. Dr. S. kein gerichtlich bestellter Sachverständiger ist.
Soweit der Kläger Dr. R. gehört haben will zu seiner Verhaltensweise hinsichtlich des Auftretens gegenüber Ärzten und der damit verbundenen Fehleinschätzung, so musste der Senat dem nicht weiter nachgehen. Denn der Kläger hat nicht behauptet, wie er sich "richtig" verhält und was an den konkreten Gutachten einer Fehleinschätzung infolge eines angeblich krankhaft veranlassten Verhaltens unterlegen war. So hat der Kläger auch zum Gutachten von Prof. Dr. A. ausgeführt, dies müsse wegen der abweichenden anderen Gutachtensergebnisse "differenziert" gesehen werden, zum Gutachten von Prof. Dr. S. hat er sich zunächst gar nicht geäußert und lediglich mitgeteilt, das SG habe ihm rechtliches Gehör nicht gewährt (obwohl er in der mündlichen Verhandlung anwesend gewesen war). Soweit erstmals in der mündlichen Verhandlung Einwände gegen das Gutachten von Prof. Dr. S. erhoben worden sind, kann deren Verspätung (§ 411 Abs. 4 ZPO) dahinstehen, denn die Einwände sind unbegründet, wie oben dargelegt, und eine nochmalige Befassung durch Prof. Dr. S. oder Dr. R. nicht geboten. Damit handelt es sich bei der beantragten Vernehmung des Dr. R. um eine Beweiserhebung, die alleine der Ausforschung solcher Umstände dient, die der Kläger den bisherigen Gutachtern aus welchen Gründen auch immer nicht mitgeteilt hatte. Da er aber solche Tatsachen, die er nicht mitgeteilt hatte, nicht konkret benennt, wäre die Beweiserhebung lediglich geeignet, ins Blaue hinein auszuforschen, wozu der Senat nicht verpflichtet ist.
Im Ergebnis begehrt der Kläger mit seinen Beweisanregungen aber auch gar nicht eine weitere medizinische Aufklärung, sondern eine persönliche Einvernahme solcher Ärzte, die eine MdE von jeweils 30 auf ihren Fachgebieten vorgeschlagen haben. Die MdE-Bewertung ist aber auf der Grundlage der vom Senat ermittelten medizinischen Umstände eine Rechtsbewertung, die der Senat und nicht der Arzt vorzunehmen hat, sodass die Beweisaufnahme weder von Amts wegen noch auf Antrag des Klägers durchzuführen war.
Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Unfallrente nach einer MdE um 30 v.H. seit 14.08.2011. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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