Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 61 AS 3270/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AS 604/18 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Zulassung der Berufung. In der Hauptsache war die endgültige Festsetzung vorläufig bewilligter Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate Juni 2016 und Juli 2016 und die Rechtmäßigkeit einer Erstattungsforderung in Höhe von 423,95 EUR im Streit.
Mit Bescheid vom 20. Mai 2016 bewilligte der Beklagte dem als Rechtsanwalt selbständig tätigen Kläger (wegen noch unklarer Einkommensverhältnisse aus der selbständigen Tätigkeit) für den Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis 30. November 2016 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 530,00 EUR monatlich.
Am 4. Juli 2016 nahm der Kläger beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Beschäftigung über 39 Stunden in der Woche auf; laut Bezügemitteilung für den Monat Juli 2016 betrug das Bruttoeinkommen 2.939,25 Euro, das Nettoeinkommen 1.793,77 Euro.
Mit Bescheid vom 20. Juli 2016 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für den Zeitraum ab August 2016 auf, weil der Kläger wegen der Arbeitsaufnahme nicht mehr hilfebedürftig sei.
Im Oktober 2016 reichte der Kläger bei dem Beklagten die abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für die Monate Juni 2016 und Juli 2016 ein.
Mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Monat Juni 2016 594,80 Euro und für den Monat Juli 2016 0,00 Euro. Als Zahlbetrag für den Monat Juni 2016 enthielt der Bescheid einen (gegenüber der vorläufigen Bewilligung) weiteren Betrag von 64,00 Euro. Im Monat Juli 2016 rechnete der Beklagte das Einkommen aus dem abhängigen Beschäftigungsverhältnis an, woraus sich ein den Bedarf übersteigendes Einkommen von 898,97 Euro ergab.
Mit weiterem Bescheid vom 20. Oktober 2016 forderte der Beklagte von dem Kläger die Erstattung zuviel gezahlter Leistungen nach dem SGB II für den Monat Juli 2016 in Höhe von 423,95 Euro.
Den gegen die Bescheide vom 20. Oktober 2016 erhobenen Widerspruch des Klägers, in dem er sich im Wesentlichen auf Vertrauensschutz hinsichtlich der Leistungsbewilligung vom 20. Mai 2016 berief, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2016 als unbegründet zurück. Nach der endgültigen Festsetzung des Leistungsanspruchs habe nach Anrechnung des Einkommens für den Monat Juli 2016 keine Hilfebedürftigkeit bestanden, sodass die ausgezahlten Leistungen zu erstatten seien.
Die dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 2. März 2018 ab. Mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 habe der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II endgültig festgesetzt (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 3 Satz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III)). Der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 20. Mai 2016 entfalte keine entgegenstehende Bestandskraft. Einer gesonderten Aufhebung für den Zeitraum vor August 2016 habe es nicht bedurft, da sich der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 20. Mai 2016 durch den endgültigen Bewilligungsbescheid vom 20. Oktober 2016 erledigt habe (§ 39 Abs. 2 SGB X). Die Begründung der Vorläufigkeit entfalte keine (Teil-)bestandskraft, da sie keinen Regelungscharakter habe. Da im Monat Juli 2016 wegen der Einkommensanrechnung ein Leistungsanspruch nicht bestanden habe, sei der Leistungsbetrag in diesem Monat mit 0,00 Euro festzusetzen. Da dem Kläger im Monat Juli 2016 530,00 Euro bewilligt worden seien, bestünden hinsichtlich der Erstattungsforderung in Höhe von 423,95 Euro keine Bedenken. Die Berufung ließ das Sozialgericht nicht zu.
Gegen den dem Kläger am 6. März 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 30. März 2018 Nichtzulassungsbeschwerde bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Der vorläufige Bewilligungsbescheid entfalte hinsichtlich seiner Begründung Teilbestandskraft insofern, als die Vorläufigkeit nur bestehe, wenn Einnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit im streitbefangenen Zeitraum erzielt würden; diese Begründung stelle eine Regelung dar. Es fehle für den Erlass des Erstattungsbescheides vom 20. Oktober 2016 an einem endgültigen Leistungsbescheid; die Bewilligung von 0,00 Euro stelle einen solchen nicht dar. Zudem lasse der Erstattungsbescheid keinen Bezug auf den "endgültigen Bescheid" erkennen. Zudem weiche das Sozialgericht von der Rechtsprechung des Landessozialgerichts ab.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstreits wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Leistungsakte des Beklagten, der Gegenstand der Entscheidungsfindung war, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 2. März 2018 die Berufung nicht zugelassen.
Die Berufung bedarf vorliegend gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes mit 423,95 EUR (in dieser Höhe macht der Beklagte eine Erstattungsforderung geltend, gegen die sich der Kläger wendet) 750,00 EUR nicht übersteigt. Auch betrifft der Rechtsstreit nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist vorliegend nicht zuzulassen.
Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2), oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse allein genügt nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 144 Rn. 28). Das ist nicht der Fall.
Soweit der Kläger in der Beschwerdebegründung (wohl) meint, ein endgültiger Bescheid dürfe von dem vorläufigen Bescheid nur aus den Gründen abweichen, auf denen der Vorläufigkeitsvorbehalt beruht, ansonsten entfalte dieser mit der ursprünglichen Begründung, der Regelungscharakter zukomme, "Teilbestandskraft", ist dem nicht zu folgen.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seiner Entscheidung vom 29. April 2015, B 14 AS 31/14 R, zitiert nach juris, allein die zeitliche Dimension der Bindungswirkung (bis zur endgültigen Entscheidung) akzeptiert und die Bindungswirkung von Entscheidungselementen abgelehnt (vgl. auch Düe in Brand, SGB III, 8. Auflage 2018, § 328 Rn. 8,9). Vorläufigen Entscheidungen nach dem Sozialgesetzbuch kommt -so das BSG- nach Zweck und Bindungswirkung allein die Funktion zu, eine (Zwischen-)Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zu treffen; sie ist demgemäß auf die Ersetzung durch eine endgültige Entscheidung nach Wegfall der Vorläufigkeitsvoraussetzungen nach § 328 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB III angelegt (Rn. 22, 23). Vorläufig bewilligte Leistungen sind als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfaltet (Rn. 23 m.w.N. zur stRspr.; modifiziert Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 Rn. 5 f, 48, Stand Mai 2017: keine Bindungswirkung nur, soweit Vorläufigkeit reicht). Danach ist mithin der vorläufige Bescheid insgesamt vorläufig; bindend werden kann nur die vorläufige Leistungsgewährung (vgl. Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, Stand März 2018, Rn. 71). Dies entspricht auch dem geltenden allgemeinen Grundsatz, dass nur Verfügungssätze eines Bescheides (im Leistungszusammenhang regelmäßig die Aussprüche zu Art, Beginn, Dauer und Höhe der Leistung) nicht aber Begründungselemente in Bindung erwachsen (vgl. Düe, a.a.O., § 328 Rn. 9).
Nach dieser Maßgabe hat auch das Sozialgericht entschieden, wenngleich es die vorgenannte Entscheidung des BSG nicht benannt hat.
Soweit der Kläger meint, mit dem Bescheid vom 20. Oktober 2016 habe der Beklagte - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - gar keine endgültige Leistungsbewilligung nach dem SGB II für die Monate Juni 2016 und Juli 2016 vorgenommen und auch der Erstattungsbescheid lasse eine Inbezugnahme auf einen "endgültigen Bescheid" nicht erkennen, betrifft dies den Inhalt der Entscheidung, der einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zugänglich ist. Lediglich am Rande sei diesbezüglich auf die Entscheidung des BSG vom 29. April 2015, a.a.O., hingewiesen. Das BSG hat entschieden, dass ein endgültiger Bescheid im Sinne des § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB II zwar nur ein Bescheid sein könne, der den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt aufhebt und die begehrte Leistung als die "zustehende" endgültig anerkennt. Maßgebend – so das BSG – sei, ob auch für jeden Außenstehenden kein Zweifel über die nunmehr endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung bestehen könne (BSG, a.a.O., Rn. 26). Das BSG hat im zitierten Urteil weiter ausgeführt, dass es nicht allein auf den Wortlaut der Verfügungssätze ankomme, sondern auch auf alle weiteren Umstände, die nach dem Empfängerhorizont für dessen Verständnis maßgebend seien. Ausreichend sei danach, wenn aus dem gesamten Inhalt eines Bescheides einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung hinreichende Klarheit über die Regelung gewonnen werden könne, auch wenn dazu auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte und auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden müsse. Es müsse sich aus dem Bescheid ergeben, dass nunmehr endgültige Leistungen zuerkannt würden (BSG, a.a.O., Rn. 28, 29).
Zwar enthält der endgültige Bewilligungsbescheid vom 20. Oktober 2016 nicht ausdrücklich eine abschließende Regelung. Die endgültige Leistungsbewilligung wird aber mit dem Erstattungsbescheid vom selben Tag, in dem auf den (wohl anliegenden) endgültigen Bewilligungsbescheid Bezug genommen wird, aus Sicht des Empfängers (des Klägers), ausreichend konkretisiert.
In dem endgültigen Bescheid vom 20. Oktober 2016 hat der Beklagte für die Monate Juni 2016 und Juli 2016 unter Beifügung detaillierter Berechnungsbögen für den Monat Juni 2016 weitere Leistungen in Höhe von 64,00 Euro bewilligt und für den Monat Juli 2016 wegen der Einkommensanrechnung festgestellt, dass kein Leistungsanspruch bestehe. Beide Bescheide bilden eine rechtliche Einheit für den von der endgültigen Festsetzung betroffenen Zeitraum (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012, B 14 AS 6/12 R, zitiert nach juris).
Die weiteren Ausführungen des Klägers, insbesondere zur Höhe des Rückforderungsbetrages, betreffen ebenfalls den einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zugänglichen Inhalt der Entscheidung.
Eine Abweichung der Entscheidung des Sozialgerichts von einer Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (vgl. Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 30), des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist nicht gegeben. Das Sozialgericht hat seiner Entscheidung vielmehr die o.g. Rechtsprechung des BSG zugrunde gelegt. Entscheidungen des hiesigen Landessozialgerichts, von denen das Sozialgericht abgewichen sein soll, sind nicht ersichtlich und benennt der Kläger nicht einmal.
Ein Verfahrensfehler im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt nicht vor und wird von dem Kläger auch nicht geltend gemacht.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Zulassung der Berufung. In der Hauptsache war die endgültige Festsetzung vorläufig bewilligter Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate Juni 2016 und Juli 2016 und die Rechtmäßigkeit einer Erstattungsforderung in Höhe von 423,95 EUR im Streit.
Mit Bescheid vom 20. Mai 2016 bewilligte der Beklagte dem als Rechtsanwalt selbständig tätigen Kläger (wegen noch unklarer Einkommensverhältnisse aus der selbständigen Tätigkeit) für den Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis 30. November 2016 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 530,00 EUR monatlich.
Am 4. Juli 2016 nahm der Kläger beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Beschäftigung über 39 Stunden in der Woche auf; laut Bezügemitteilung für den Monat Juli 2016 betrug das Bruttoeinkommen 2.939,25 Euro, das Nettoeinkommen 1.793,77 Euro.
Mit Bescheid vom 20. Juli 2016 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für den Zeitraum ab August 2016 auf, weil der Kläger wegen der Arbeitsaufnahme nicht mehr hilfebedürftig sei.
Im Oktober 2016 reichte der Kläger bei dem Beklagten die abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für die Monate Juni 2016 und Juli 2016 ein.
Mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Monat Juni 2016 594,80 Euro und für den Monat Juli 2016 0,00 Euro. Als Zahlbetrag für den Monat Juni 2016 enthielt der Bescheid einen (gegenüber der vorläufigen Bewilligung) weiteren Betrag von 64,00 Euro. Im Monat Juli 2016 rechnete der Beklagte das Einkommen aus dem abhängigen Beschäftigungsverhältnis an, woraus sich ein den Bedarf übersteigendes Einkommen von 898,97 Euro ergab.
Mit weiterem Bescheid vom 20. Oktober 2016 forderte der Beklagte von dem Kläger die Erstattung zuviel gezahlter Leistungen nach dem SGB II für den Monat Juli 2016 in Höhe von 423,95 Euro.
Den gegen die Bescheide vom 20. Oktober 2016 erhobenen Widerspruch des Klägers, in dem er sich im Wesentlichen auf Vertrauensschutz hinsichtlich der Leistungsbewilligung vom 20. Mai 2016 berief, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2016 als unbegründet zurück. Nach der endgültigen Festsetzung des Leistungsanspruchs habe nach Anrechnung des Einkommens für den Monat Juli 2016 keine Hilfebedürftigkeit bestanden, sodass die ausgezahlten Leistungen zu erstatten seien.
Die dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 2. März 2018 ab. Mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 habe der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II endgültig festgesetzt (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 3 Satz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III)). Der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 20. Mai 2016 entfalte keine entgegenstehende Bestandskraft. Einer gesonderten Aufhebung für den Zeitraum vor August 2016 habe es nicht bedurft, da sich der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 20. Mai 2016 durch den endgültigen Bewilligungsbescheid vom 20. Oktober 2016 erledigt habe (§ 39 Abs. 2 SGB X). Die Begründung der Vorläufigkeit entfalte keine (Teil-)bestandskraft, da sie keinen Regelungscharakter habe. Da im Monat Juli 2016 wegen der Einkommensanrechnung ein Leistungsanspruch nicht bestanden habe, sei der Leistungsbetrag in diesem Monat mit 0,00 Euro festzusetzen. Da dem Kläger im Monat Juli 2016 530,00 Euro bewilligt worden seien, bestünden hinsichtlich der Erstattungsforderung in Höhe von 423,95 Euro keine Bedenken. Die Berufung ließ das Sozialgericht nicht zu.
Gegen den dem Kläger am 6. März 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 30. März 2018 Nichtzulassungsbeschwerde bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Der vorläufige Bewilligungsbescheid entfalte hinsichtlich seiner Begründung Teilbestandskraft insofern, als die Vorläufigkeit nur bestehe, wenn Einnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit im streitbefangenen Zeitraum erzielt würden; diese Begründung stelle eine Regelung dar. Es fehle für den Erlass des Erstattungsbescheides vom 20. Oktober 2016 an einem endgültigen Leistungsbescheid; die Bewilligung von 0,00 Euro stelle einen solchen nicht dar. Zudem lasse der Erstattungsbescheid keinen Bezug auf den "endgültigen Bescheid" erkennen. Zudem weiche das Sozialgericht von der Rechtsprechung des Landessozialgerichts ab.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstreits wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Leistungsakte des Beklagten, der Gegenstand der Entscheidungsfindung war, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 2. März 2018 die Berufung nicht zugelassen.
Die Berufung bedarf vorliegend gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes mit 423,95 EUR (in dieser Höhe macht der Beklagte eine Erstattungsforderung geltend, gegen die sich der Kläger wendet) 750,00 EUR nicht übersteigt. Auch betrifft der Rechtsstreit nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist vorliegend nicht zuzulassen.
Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2), oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse allein genügt nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 144 Rn. 28). Das ist nicht der Fall.
Soweit der Kläger in der Beschwerdebegründung (wohl) meint, ein endgültiger Bescheid dürfe von dem vorläufigen Bescheid nur aus den Gründen abweichen, auf denen der Vorläufigkeitsvorbehalt beruht, ansonsten entfalte dieser mit der ursprünglichen Begründung, der Regelungscharakter zukomme, "Teilbestandskraft", ist dem nicht zu folgen.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seiner Entscheidung vom 29. April 2015, B 14 AS 31/14 R, zitiert nach juris, allein die zeitliche Dimension der Bindungswirkung (bis zur endgültigen Entscheidung) akzeptiert und die Bindungswirkung von Entscheidungselementen abgelehnt (vgl. auch Düe in Brand, SGB III, 8. Auflage 2018, § 328 Rn. 8,9). Vorläufigen Entscheidungen nach dem Sozialgesetzbuch kommt -so das BSG- nach Zweck und Bindungswirkung allein die Funktion zu, eine (Zwischen-)Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zu treffen; sie ist demgemäß auf die Ersetzung durch eine endgültige Entscheidung nach Wegfall der Vorläufigkeitsvoraussetzungen nach § 328 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB III angelegt (Rn. 22, 23). Vorläufig bewilligte Leistungen sind als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfaltet (Rn. 23 m.w.N. zur stRspr.; modifiziert Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 Rn. 5 f, 48, Stand Mai 2017: keine Bindungswirkung nur, soweit Vorläufigkeit reicht). Danach ist mithin der vorläufige Bescheid insgesamt vorläufig; bindend werden kann nur die vorläufige Leistungsgewährung (vgl. Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, Stand März 2018, Rn. 71). Dies entspricht auch dem geltenden allgemeinen Grundsatz, dass nur Verfügungssätze eines Bescheides (im Leistungszusammenhang regelmäßig die Aussprüche zu Art, Beginn, Dauer und Höhe der Leistung) nicht aber Begründungselemente in Bindung erwachsen (vgl. Düe, a.a.O., § 328 Rn. 9).
Nach dieser Maßgabe hat auch das Sozialgericht entschieden, wenngleich es die vorgenannte Entscheidung des BSG nicht benannt hat.
Soweit der Kläger meint, mit dem Bescheid vom 20. Oktober 2016 habe der Beklagte - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - gar keine endgültige Leistungsbewilligung nach dem SGB II für die Monate Juni 2016 und Juli 2016 vorgenommen und auch der Erstattungsbescheid lasse eine Inbezugnahme auf einen "endgültigen Bescheid" nicht erkennen, betrifft dies den Inhalt der Entscheidung, der einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zugänglich ist. Lediglich am Rande sei diesbezüglich auf die Entscheidung des BSG vom 29. April 2015, a.a.O., hingewiesen. Das BSG hat entschieden, dass ein endgültiger Bescheid im Sinne des § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB II zwar nur ein Bescheid sein könne, der den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt aufhebt und die begehrte Leistung als die "zustehende" endgültig anerkennt. Maßgebend – so das BSG – sei, ob auch für jeden Außenstehenden kein Zweifel über die nunmehr endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung bestehen könne (BSG, a.a.O., Rn. 26). Das BSG hat im zitierten Urteil weiter ausgeführt, dass es nicht allein auf den Wortlaut der Verfügungssätze ankomme, sondern auch auf alle weiteren Umstände, die nach dem Empfängerhorizont für dessen Verständnis maßgebend seien. Ausreichend sei danach, wenn aus dem gesamten Inhalt eines Bescheides einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung hinreichende Klarheit über die Regelung gewonnen werden könne, auch wenn dazu auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte und auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden müsse. Es müsse sich aus dem Bescheid ergeben, dass nunmehr endgültige Leistungen zuerkannt würden (BSG, a.a.O., Rn. 28, 29).
Zwar enthält der endgültige Bewilligungsbescheid vom 20. Oktober 2016 nicht ausdrücklich eine abschließende Regelung. Die endgültige Leistungsbewilligung wird aber mit dem Erstattungsbescheid vom selben Tag, in dem auf den (wohl anliegenden) endgültigen Bewilligungsbescheid Bezug genommen wird, aus Sicht des Empfängers (des Klägers), ausreichend konkretisiert.
In dem endgültigen Bescheid vom 20. Oktober 2016 hat der Beklagte für die Monate Juni 2016 und Juli 2016 unter Beifügung detaillierter Berechnungsbögen für den Monat Juni 2016 weitere Leistungen in Höhe von 64,00 Euro bewilligt und für den Monat Juli 2016 wegen der Einkommensanrechnung festgestellt, dass kein Leistungsanspruch bestehe. Beide Bescheide bilden eine rechtliche Einheit für den von der endgültigen Festsetzung betroffenen Zeitraum (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012, B 14 AS 6/12 R, zitiert nach juris).
Die weiteren Ausführungen des Klägers, insbesondere zur Höhe des Rückforderungsbetrages, betreffen ebenfalls den einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zugänglichen Inhalt der Entscheidung.
Eine Abweichung der Entscheidung des Sozialgerichts von einer Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (vgl. Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 30), des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist nicht gegeben. Das Sozialgericht hat seiner Entscheidung vielmehr die o.g. Rechtsprechung des BSG zugrunde gelegt. Entscheidungen des hiesigen Landessozialgerichts, von denen das Sozialgericht abgewichen sein soll, sind nicht ersichtlich und benennt der Kläger nicht einmal.
Ein Verfahrensfehler im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt nicht vor und wird von dem Kläger auch nicht geltend gemacht.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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