Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 VG 3262/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 389/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Januar 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt in einem Überprüfungsverfahren erneut Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsrecht.
Sie ist türkische Staatsangehörige, im Jahr 1976 in Deutschland geboren, Inhaberin einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis und wohnt weiterhin im Inland.
Erstmals im Januar 2000 war die Klägerin wegen psychischer Auffälligkeiten bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. in L. in Behandlung. Damals wurde eine psychotische Episode mit paranoiden Ängsten diagnostiziert. Die Klägerin hatte bei der Anamnese über Spuren sexueller Handlungen auf Möbeln an ihrer damaligen Arbeitsstelle in einer Möbelfirma gesprochen. Im Jahre 2006 war sie nochmals kurz in Behandlung (vgl. Zeugenvernehmung von Dr. M. am 15. August 2012).
Am 19. Mai 2007 erlitt sei bei einem Verkehrsunfall in L. Prellungen im Brustbereich und am Schädel. Ein am Unfalltag im Klinikum L. durchgeführtes CT (kernspintomografische Untersuchung) ergab einen unauffälligen Befund. Eine stationäre Behandlung fand zunächst nicht statt. Nach dem Eindruck mehrerer Familienangehöriger wurde die Klägerin nach dem Unfall zunehmend verwirrt und litt an Schlaflosigkeit. Am 26. Mai 2007 erhielt sie eine Impfung gegen Hepatitis A und B sowie gegen Tetanus. Die Angehörigen stellten sie wegen schwerer psychischer Störungen am 1. Juni 2007 bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. N. in L. vor. Diese überwies die Klägerin in das Klinikum L ... Ein dort durgeführtes CT war erneut unauffällig. Der konsiliarisch hinzugezogene Facharzt für Neurologie Dr. R. diagnostizierte den Verdacht auf eine akute Psychose bei formaler Denkstörung und paranoiden Denkinhalten (Konsiliarbericht von diesem Tag). Er wies sie noch am 1. Juni 2007 zur stationären Behandlung in das Zentrum für Psychiatrie (ZfP) E. ein. Die Klägerin war mit dieser Einweisung zumindest zu Beginn einverstanden. Sie wurde sodann in Begleitung ihres Bruders und mehrerer Polizeibeamter in das ZfP verbracht. Während eines Zwischenhalts versuchte sie jedoch, aus dem Krankenwagen zu fliehen. Für die restliche Fahrt legten ihr daher die Polizeibeamten Handfesseln an. Bei der Aufnahme im ZfP lehnte die Klägerin die körperliche Untersuchung aktiv ab, wobei inspektorisch keine wesentlichen Auffälligkeiten bestanden. Der neurologische Befund war unauffällig ohne Paresen, Reflexstörungen oder Koordinationsstörungen. Es bestanden massive psychiatrische Störungen. Oberarzt Dr. E. und Assistenzarzt S. diagnostizierten eine akute polymorphe psychotische Störung, differenzialdiagnostisch eine organische psychotische Störung bzw. eine dissoziative Störung. Sie hielten eine stationäre Akutbehandlung für sechs Wochen für notwendig (Bericht vom 4. Juni 2007). Nachdem die Klägerin in eine solche Behandlung nicht einwilligte, beantragte das ZfP, vertreten durch seinen Ärztlichen Direktor Dr. S., am 4. Juni 2007 bei dem Amtsgericht E. (AG) ihre einstweilige Unterbringung. Der zuständige Richter des AG hörte sie im ZfP an, wobei nach dem Protokoll eine Verständigung mit ihr zunächst nicht möglich war, die Klägerin dann plötzlich einer Behandlung zustimmte, worin das AG aber keine wirksame Einwilligung sah. Daraufhin ordnete das AG mit Beschluss vom 6. Juni 2007 (XIV 51/2007 L) nach dem damals noch geltenden baden-württembergischen Unterbringungsrecht ihre Unterbringung im ZfP bis längstens zum 17. Juli 2007 und die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung an.
Die Klägerin wurde am 6. Juli 2007 aus der stationären Behandlung entlassen. Nach dem Bericht von Assistenzarzt S. vom 24. Juli 2007 bestand - weiterhin - eine akute schizophreniforme psychotische Störung, differenzialdiagnostisch eine paranoide Schizophrenie. Insbesondere lagen ein Stupor-ähnlicher Angstzustand und eine fehlende verbale Kommunikation vor. Es imponierten wahnhafte Denkinhalte, so glaube die Klägerin, ihre CT-Bilder würden veröffentlicht oder es werde eine Magnetfeldtherapie in ihren Augen gesehen. Es bestand der Verdacht auf optische Halluzinationen. Die Nahrungsaufnahme und Flüssigkeitszufuhr sei unzureichend gewesen. Die Klägerin sei stabilisiert, aber die Behandlungsaussicht schlecht.
Nach ihrer Entlassung war sie mehrfach erneut bei Dr. M., die eine medikamentöse Behandlung verordnete, wobei jedoch die Compliance mangelhaft war. Am 16. Oktober 2007 notierte Dr. M., bei der Klägerin beständen keine Behandlungsaussichten bei fehlender Krankheitseinsicht und ungünstiger Prognose. Vom 9. bis zum 20. April 2010 war sie auf Grund einer Einweisung von Dr. J. mit der Diagnose einer paranoiden Schizophrenie erneut im ZfP E. in Behandlung. Am 10. Mai 2010 stellte sie sich in Begleitung eines Bruders selbst dort vor und wurde notfallmäßig bis zum 11. Mai 2010 aufgenommen.
Erstmals am 18. Mai 2010 erhob die Klägerin Vorwürfe gegen das ZfP E. wegen ihrer Unterbringung im Sommer 2007 (vgl. Zeugenvernehmung von Dr. M.).
Über einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten stellte sie am 26. April 2011 Strafanzeige gegen mehrere namentlich genannte Mitarbeiter des ZfP. Sie gab an, während der Unterbringung im Jahre 2007 hätten ihr alle Mitarbeiter dort brutalsterweise gesundheitliche Schwerstschäden zugefügt, an denen sie bis an ihr Lebensende schmerzhaft zu leiden habe. Man habe sie mit Medikamenten bewusstlos gemacht, sie auf einen elektrischen Stuhl gesetzt, sie zwangsweise gewaschen und sie sei an Händen und Füßen gefesselt worden. Nachdem ihre Menstruation nach dem Aufenthalt drei Monate ausgesetzt habe, sei sie sicher, dass sie während ihrer Bewusstlosigkeit vergewaltigt worden sei. Die Pfleger aus dem ZfP hätten sie auch nach der Entlassung telefonisch zu Hause bedrängt. Nachdem sie eine Vernehmung als Zeugin vor der Polizei verweigert hatte und auch nicht bereit war, ihre behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, stellte die Staatsanwaltschaft (StA) F. (330 Js 14802/11) das Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 8. Juni 2011 - erstmals - ein. Auf die Beschwerde der Klägerin, die nunmehr zu einer Mitwirkung bereit war, wurde das Verfahren fortgesetzt. Die Polizei vernahm sie am 2. September 2011 als Zeugin, wobei sie allerdings weitgehend Angaben verweigerte, insbesondere nicht ihren Bruder benannte, der sie in das ZfP begleitet hatte. Daraufhin stellte die StA das Verfahren mit Verfügung vom 4. November 2011 erneut ein. Die Klägerin erhob wiederum Beschwerde und befreite die behandelnden Ärzte schriftlich von der Schweigepflicht. Dem gab die Generalstaatsanwaltschaft K. statt. Das Ermittlungsverfahren wurde sodann wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung gegen die behandelnden Ärzte und mehrere Pflegepersonen im ZfP und wegen eines möglichen sexuellen Missbrauchs gegen unbekannt durchgeführt. Die Polizei vernahm umfangreich die behandelnden Ärzte und Pfleger als Beschuldigte sowie die vorbehandelnden Ärzte der Klägerin, insbesondere Dr. M. und Dr. W., als Zeugen. Der Richter aus dem damaligen Unterbringungsverfahren teilte mit, bei ihrer Anhörung am 6. Juni 2007 habe er keinerlei Verletzungen festgestellt. Während des Verfahrens erweiterte die Klägerin ihre Vorwürfe gegen die zwei - namentlich benannten - Polizisten, die sie am 1. Juni 2007 auf der Fahrt in das ZfP E. begleitet hatten. Diese hätten sie bei der Fesselung auf der Fahrt an den Handgelenken verletzt, die Verletzungsmale dort seien heute noch zu sehen (Schreiben vom 22. Oktober 2012). Das Ermittlungsverfahren wurde daraufhin um den Vorwurf der Freiheitsberaubung, der Nötigung und der Körperverletzung im Amt gegen die Polizeibeamten erweitert. Trotz des Widerstands der Klägerin vernahm die Polizei ihren Bruder als Zeugen. Dieser gab im Wesentlichen an, die Behandlung sei nach deren Ansicht grob gewesen und hätte "netter" sein können, von Übergriffen habe er nichts mitbekommen und sie habe damals nichts davon berichtet (vgl. Protokoll vom 13. November 2012). Nach weiteren Ermittlungen im ZfP und z.T. erneuten Vernehmungen der Beschuldigten stellte die StA das Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 20. November 2012 erneut ein. Die Beschuldigungen hätten sich nicht erhärten lassen, insbesondere habe ihr Bruder, dessen Vernehmung sie massiv zu verhindern gesucht habe, die Angaben der psychisch schwer erkrankten Klägerin nicht bestätigt. Ihre Beschwerde gegen diese Einstellungsverfügung wies die Generalstaatsanwaltschaft K. mit Verfügung vom 10. Dezember 2012 zurück. Hiergegen leitete die Klägerin ein Klageerzwingungsverfahren bei dem Oberlandesgericht K. (OLG) ein (2 Ws 9/13). Das OLG verwarf ihren Antrag mit Beschluss vom 15. Januar 2013.
In der Folgezeit erstattete die Klägerin zahlreiche weitere Strafanzeigen gegen Dr. N., Dr. M. und Dr. W ... Die Staatsanwaltschaft lehnte insoweit jeweils die Einleitung von Ermittlungsverfahren ab.
Am 18. April 2013 beantragte die Klägerin bei dem Landratsamt des O. (LRA) die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB). Nachdem sie dort mitgeteilt hatte, die Behinderungen beruhten auf Gewalttaten vor und während der Unterbringung im ZfP E., beantragte sie auf einen Hinweis des LRA hin am 3. Juni 2013 außerdem eine Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsrecht. In ihrem beigefügten Schreiben an die Deutsche Rentenversicherung B. (DRV) vom 15. März 2013 war ausgeführt, sie sei durch die Polizei und einen Klinikarzt des ZfP sowie durch das dortige Pflegepersonal an Arm- und Fußgelenken in schwerstem Maße verletzt worden. Deswegen fielen ihr unwillkürlich Sachen aus der Hand und sie stürze beim Treppensteigen. Die betreffenden Personen hätten durch die Fixierung auf der elektrischen Liege mit Arm- und Fußfesseln die Haut ihrer Hand- und Fußgelenke äußerst schlimm verbrannt, so dass sie sich erst nach Jahren wieder erneuert habe. Am schlimmsten aber habe sie seelisch an den Folgen der Attentate zu leiden, die sie ein Leben lang nicht werde verarbeiten können, insbesondere weil sich die angezeigten Personen während ihrer medikamentösen Bewusstlosigkeit sexuell an ihr vergangen hätten. Infolge der Beeinträchtigungen seien ihre Haare wegen einer Strukturveränderung unkämmbar geworden, so dass sie keine Langhaarfrisur mehr tragen könne. Auch leide sie seitdem an sehr trockener Haut. Sie sehe nun aus, als wäre sie vorzeitig in die Wechseljahre gekommen. Auch sei ihre Lebenserwartung verkürzt worden, evtl. sei sie bereits durch diese starken Strombelastungen an Krebs erkrankt.
Der Beklagte zog den Entlassbericht des ZfP vom 24. Juli 2007, weitere ärztliche Unterlagen und die Akten des Ermittlungsverfahrens bei und wertete sie aus. Ferner gelangte zu diesem Verfahren die Akte eines bei der DRV B. geführten Verfahrens auf Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente. Darin befand sich das dort eingeholte fachärztliche psychiatrische Gutachten von Dr. Z. vom 25. Mai 2013. Dieser Gutachter hatte nach eingehender Untersuchung der Klägerin am 24. April 2013 eine anhaltende wahnhafte Störung diagnostiziert. Sie sei im formalen Denken eingeengt auf die Ereignisse im ZfP. Im inhaltlichen Denken bestünden wahnhafte Gedankeninhalte, dass ihr im ZfP an Fuß- und Handfesseln elektrische Stöße versetzt worden seien sowie sie gequält, an den Fesseln verbrannt und im ZfP missbraucht worden sei.
Mit Bescheid vom 29. August 2013 lehnte das LRA den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung ab, da die Ermittlungen keinerlei Hinweise auf ein konkretes Fehlverhalten der beschuldigten Person ergeben hätten sowie weitere erfolgversprechende Ermittlungsansätze und objektive Beweismittel, die das Vorbringen der Klägerin bestätigen könnten, nicht vorhanden seien. Es könne daher nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass sie Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden sei. Ihren damaligen Widerspruch wies das Landesversorgungsamt des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2014 zurück, da eine Gewalttat nach wie vor objektiv nicht nachgewiesen sei.
Hiergegen erhob die Klägerin - erstmals - am 24. März 2014 Klage beim Sozialgericht F. (SG). Konkrete Angaben zur Sache machte sie nicht, die ihr übersandten gerichtlichen Schreiben einschließlich der Klageerwiderung des Beklagten schickte sie jeweils zurück. Mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2014 wies das SG die Klage ab. Es habe sich nicht davon überzeugen können, dass sie im Zusammenhang mit der stationären Unterbringung im ZfP vom 1. Juni bis zum 6. Juli 2007 Opfer vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriffe geworden sei. Solche seien auch nicht glaubhaft gemacht. Ärztliche Eingriffe würden grundsätzlich in der Absicht durchgeführt zu heilen und nicht, um in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf die körperliche Unversehrtheit des Patienten einzuwirken. Für die besondere Fallkonstellation des ärztlichen Eingriffs müssten deshalb - neben der Strafbarkeit als Vorsatztat - bestimmte weitere Voraussetzungen hinzukommen, die den Eingriff zur Gewalttat, also zum "vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff" machten. Dies sei der Fall, wenn ein als vorsätzliche Körperverletzung strafbarer ärztlicher Eingriff objektiv in keiner Weise dem Wohl des Patienten diene, was hier sei nicht anzunehmen sei. Es sei schon unwahrscheinlich, dass sich die Vorgänge so zugetragen hätten, wie klägerseitig dargestellt. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Unterbringung wegen Gefahr für Leib und Leben der Klägerin gerichtlich angeordnet worden sei. Es bestünden keinerlei Hinweise auf konkretes Fehlverhalten der Ärzte oder des Pflegepersonals des ZfP. Die behaupteten Verbrennungen an Armen und Füßen durch Stromstöße hätten weder Dr. M. noch Dr. W. noch der Bruder der Klägerin bestätigt. Zu berücksichtigen sei, dass bei ihr eine akute schizophreniforme psychotische Störung diagnostiziert worden sei. Im April 2010 sei eine weitere Behandlung im ZfP wegen eines Rezidivs einer paranoiden Psychose erfolgt und im Mai 2010 habe sie sich selbst im ZfP vorgestellt und sei wegen paranoider Schizophrenie aufgenommen worden. Eine anhaltende wahnhafte Störung werde auch in dem Gutachten von Dr. K. vom 25. Mai 2013 für die DRV diagnostiziert. Auf dieser Basis könnten ihre Angaben nicht als glaubhaft eingestuft werden.
Die Klägerin erhob hiergegen Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 6 VG 5227/14). Sie gab an, sie sei keine Schizophrene, sondern Osmanin (Türkin), die von Deutschen auf feige Art und Weise geschändet worden sei.
Der damalige Berichterstatter des Senats hat die Klägerin am 30. April 2015 angehört und die Sach- und Rechtslage erörtert. Sie gab dort an, sie sei nach dem Vorfall 2007 nicht mehr beim Arzt gewesen und könne daher die Verletzungen an Händen und Füßen auch nicht dokumentieren.
Im Nachgang hierzu legte die Klägerin die Bescheinigung des Facharztes für Dermatologie Dr. Z. vom 25. Mai 2015 vor, wonach bei einer Untersuchung am 19. Mai 2015 an beiden Füßen und Unterschenkeln eine normal gefärbte rosige Haut mit jedoch handtellergroßen rauen, leicht grau gefärbten Hyperkeratosen (Verhornungen) vorlag, ebenso an den Fersen, die sich mit dem Fingernagel abkratzen ließen. Die Zehenzwischenräume seien mazeriert und hätten den typischen Geruch im Sinne eines Kreatoma sulcatum aufgewiesen (bakterielle Hautinfektion bei Schweißfüßen). Bei einer weiteren Untersuchung am 26. Mai 2015 hätten sich an beiden Handgelenken armbandartige Hyperkeratosen und Vergröberungen des Hautreliefs bei teilweise grau-blau verfärbter Haut wie nach einer länger zurückliegenden mechanischen Schädigung gezeigt.
Der Senat vernahm Dr. Z. ergänzend als sachverständigen Zeugen. Er teilte mit Schreiben vom 14. Juni 2015 und Vorlage zweier Fotos der Hautveränderungen mit, die Klägerin sei in den Jahren 2005 und 2012 in seiner Behandlung gewesen, zuletzt vor 2015 habe er die Klägerin am 30. Januar 2012 mit einer infizierten Wunde (anamnestisch Verbrühung) auf dem rechten Vorfuß untersucht. Wegen einer Hautschädigung im Jahre 2007 sei die Klägerin nicht in seiner Praxis gewesen. Die nunmehr - 2015 - vorliegenden Hautveränderungen an Händen und Füßen könnten nach einer mechanischen Irritation der Haut durch Fußfesselbänder entstehen, sprächen aber mehr für eine länger dauernde chronische Irritation, es seien viele andere Ursachen möglich (trockene Haut, artefacte, Strumpfgummi, Schuhschaft, Sport). Eine Fußfixierung sei keinesfalls zu beweisen. Es hätten sich dort keine eindeutigen Narben gezeigt, d. h. die Verletzungen oder Verbrennungen seien nicht so stark gewesen, dass es einer ärztlichen Behandlung bedurft hätte.
Der Senat vernahm ferner den Chefarzt des ZfP E., Dr. S., sowie den dort behandelnden Arzt Dr. W. als sachverständige Zeugen zum stationären Aufenthalt der Klägerin vom 1. Juni bis zum 6. Juli 2007. Diese teilten mit Schreiben vom 8. Juli 2015 mit, dass sie wegen selbstgefährdendem und bedrohlichem Verhalten vom 1. Juni 2007 um 16.30 Uhr bis zum 2. Juni 2007 um 8.30 Uhr isoliert und fixiert gewesen sei. In diesem Zeitraum seien um 21.00 und um 23.30 Uhr - jeweils erfolglos - Entfixierungsversuche erfolgt. Am Morgen des 2. Juni 2007 hätten Fixierung und Isolierung dauerhaft beendet werden können. Die Klägerin habe derart ausgeprägte Denkeinschränkungen gezeigt, dass eine geordnete Kommunikation nicht möglich gewesen sei. Gerichtete Handlungen seien ebenfalls nicht möglich gewesen. Es hätten sich Hinweise auf optische Halluzinationen und wahnhaftes Erleben gezeigt, Hilfsmaßnahmen seien abgelehnt worden. Insgesamt sei die Isolierung und Fixierung als Schutzmaßnahme erfolgt, da sich die Klägerin in einem psychotischen Zustand mit Realitätsverkennung, aufgehobener Kritik- und Urteilsfähigkeit befunden, medizinische Hilfe abgelehnt und vehement von der Station bei akuter Gefährdung durch die Bewusstseinsminderung und Orientierungsstörung zu entweichen versucht habe. Wegen der ausgeprägten Unruhe und der Einschränkung der Steuerungsfähigkeit hätte sich die Klägerin in einem nur durch eine geschlossene Tür geschützten Bereich durch impulsives Handeln selbst oder andere Personen durch versuchte Entweichung mit aggressivem Verhalten gefährden können. Daher seien Isolierung und Fixierung angeordnet worden. Da keine Absprachefähigkeit bestanden habe und die Klägerin dauerhaft die Station habe verlassen wollen, sei sie außerdem mit Ciatyl Accuphase intramuskulär sowie 10 mg Diazepam intramuskulär behandelt worden. In den Unterlagen seien weder durch die behandelnden Ärzte noch durch Pfleger Spuren der Fesselung bzw. Fixierung dokumentiert worden. Auch die Klägerin habe in dem Zeitraum der weiteren stationären Behandlung bis zum 6. Juli 2007 keine Angaben zu Verletzungen gemacht. Eine Behandlung mit Stromstößen sei nicht erfolgt.
Der Senat holte ferner die schriftliche Auskunft von Assistenzarzt S. vom ZfP E. vom 21. Juli 2015 ein, wonach die involvierten ärztlichen Kollegen vom 1. bis zum 3. Juni 2007 teilweise Fixierungen angeordnet hätten, während der Behandlung durch ihn ab dem 4. Juni 2007 sei die Klägerin nicht fixiert gewesen.
Die ebenfalls als Zeuginnen schriftlich vernommenen Pflegekräfte B. und K. konnten keine Angaben zum Aufenthalt der Klägerin im ZfP im Jahr 2007 machen.
Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 27. August 2015 wies der Senat die Berufung der Klägerin zurück, denn es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die sechzehnstündige Fixierung und Medikamentengabe aus anderen als dem Wohl der Klägerin dienenden Gründen angedacht bzw. vorgenommen worden wäre. Die Anlegung der Handfesseln im Krankenwagen seien vom Polizeigesetz als unmittelbarer Zwang gerechtfertigt gewesen. Auf die Begründung des Urteils wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragte hiergegen bei dem Bundessozialgericht (BSG) die Beiordnung eines Notanwalts und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Senats (B 9 V 11/15 BH). Das BSG lehnte diesen Antrag mit Beschluss vom 29. Oktober 2015 ab.
Am 21. März 2015 beantragte die Klägerin bei dem LRA Beschädigtenversorgung, weil einer der Mitbewohner in ihrem Haus im Januar oder Februar 2015 versucht habe, sie mit Gas zu vergiften. Diesen Antrag lehnte der Beklagte nach Auswertung von Unterlagen der Immissionsschutzbehörde und des Bezirksschornsteinfegers mit Bescheid vom 21. Mai 2015 und Widerspruchsbescheid vom 14. September 2015 ab.
Weitere Anträge der Klägerin und mehrerer ihrer Familienangehörigen, die sie in den Verwaltungsverfahren teilweise vertritt, auf Beschädigtenversorgung wegen verschiedener behaupteter Gewalttaten hatten keinen Erfolg.
Die Klägerin beantragte am 29. Dezember 2016 erneut wegen der Unterbringung im ZfP im Jahre 2007 eine Versorgung nach dem OEG. Der Beklagte wertete dies als Antrag auf Überprüfung des damaligen Ablehnungsbescheids im "Zugunsten-Verfahren". Die StA F. teilte mit Schreiben vom 28. März 2017 mit, das Ermittlungsverfahren gegen Assistenzarzt S. und die anderen beschuldigten Behandler sei am 10. Dezember 2012 eingestellt und nicht wieder aufgenommen worden. Neue Verfahren seien nicht anhängig. Weitere Angaben machte die Klägerin nicht. Daraufhin lehnte es das LRA mit Bescheid vom 10. April 2017, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 16. August 2017, ab, den Bescheid vom 29. August 2013 zurückzunehmen.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. August 2017 Klage beim SG erhoben (S 2 VG 3262/17). Sie hat die Bescheinigung von Dr. Z. vom 25. Mai 2015 und die Auskunft des ZfP E. vom 21. Juli 2015 aus dem vorherigen Berufungsverfahren vorgelegt. Angaben zur Sache, insbesondere zu bislang nicht bekannten oder gewürdigten Umständen, hat sie nicht gemacht. Das SG hat daraufhin ihre Klage mit Gerichtsbescheid vom 17. Januar 2017 abgewiesen. Der Beklagte habe die Zurücknahme des damaligen Ablehnungsbescheids zu Recht abgelehnt. Nach wie vor seien die behaupteten Gewalttaten weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.
Hiergegen richtet sich die am 23. Januar 2018 beim LSG erhobene Berufung. Sie verfolgt ihren Antrag auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung weiter. Sie trägt vor, ihr Begehren sei nachweislich vollstens begründet. Die Straftatsachen (die sie bei der Polizei angegeben habe) gegen das ZfP entsprächen der Wahrheit. Ihr Hausarzt könne bestätigen, dass sie an den Folgen von Stromstößen leide, die sie im ZfP erlitten habe. Auch die damalige Fixierung mit Handschellen habe zu bleibenden Hautveränderungen an ihren Handgelenken geführt. Zwei Ärzte des ZfP hätten sich bei ihr wegen der verübten Gewalttaten entschuldigt. Sie legt Ausdrucke von Chats aus Internet-Foren über die Behandlung von Patienten im ZfP E. sowie ihren Schriftwechsel mit der Vorsitzenden der C. (Antwortschreiben vom 7. September 2016) in dieser Sache vor.
Die Klägerin beantragt bei verständiger Auslegung ihres Vortrags,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts F. vom 17. Januar 2018 und den Bescheid vom 10. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. August 2017 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 29. August 2013 zurückzunehmen und zu verurteilen, ihr eine Beschädigtenversorgung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es lägen keine neuen Erkenntnisse vor.
Auch im laufenden Verfahren hat die Klägerin die ihr übersandten Schreiben des Gerichts und die Berufungserwiderung des Beklagten, z.T. mit Anmerkungen, an den Senat zurückgesandt. Alle diese Ausführungen seien unwirksam und zurückzuweisen.
Den mit der Berufung gestellten Antrag der Klägerin, ihr Rechtsanwalt P., Offenburg, als Notanwalt beizuordnen bzw. ihr PKH zu bewilligen und ihn in diesem Rahmen beizuordnen, hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 21. März 2018 abgelehnt.
Im Übrigen wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten der vorherigen Verfahren und des laufenden Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung am 19. April 2018 in der Sache entscheiden, obwohl die Klägerin nicht erschienen war und sich auch nicht hatte vertreten lassen. Sie war mit der Ladung darüber unterrichtet worden, dass auch in Abwesenheit verhandelt und entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Ihre Berufung ist nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 SGG statthaft, insbesondere nicht zulassungsbedürftig, da sie im Nachgang zur Rücknahme des damaligen Ablehnungsbescheids laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie die Klägerin form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG erhoben. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die von der Klägerin erhobene Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Sie hat keinen Anspruch auf Zurücknahme des Ablehnungsbescheids vom 29. August 2013 im Rahmen des von ihr eingeleiteten Überprüfungsverfahrens nach § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und auch nicht auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach § 1 Abs. 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) i.V.m. den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), hier vor allem der §§ 29 ff. BVG im Hinblick auf eine Beschädigtengrundrente (§ 30 Abs. 1 BVG). Der Beklagte hat bei Erlass des Bescheids vom 29. August 2013 das Recht richtig angewandt und den zutreffenden Sachverhalt zu Grunde gelegt. Er hat den schon damals geltend gemachten Anspruch auf Beschädigtenversorgung zu Recht abgelehnt.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält, wer im Geltungsbereich des OEG in Folge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 V 1/12 R -, juris; Urteil des Senats vom 9. November 2017 – L 6 VG 2118/17 –, juris, Rz. 33 ff.).
Die Klägerin erfüllt die persönlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs. Sie ist zwar weder Deutsche (im Sinne von Art. 116 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) noch besitzt sie die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder unterfällt einem Assoziierungsabkommen der EU oder Deutschlands mit einem Drittstaat noch ist gegenüber der Republik Türkei, deren Staatsangehörige sie ist, die Gegenseitigkeit gewährleistet (§ 1 Abs. 4 OEG). Jedoch lebt die Klägerin seit ihrer Geburt im Bundesgebiet und ist im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (Niederlassungserlaubnis), sodass sie nach § 1 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 OEG Leistungen wie Deutsche erhält, weil sie sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhält.
Es fehlt jedoch an dem von § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG vorausgesetzten vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff.
Grundsätzlich ist der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG unter Bezugnahme auf seine im Strafrecht gewonnene Bedeutung in den §§ 113, 121 Strafgesetzbuch (StGB) auszulegen. Danach ist ein tätlicher Angriff eine unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung. Bei der Auslegung des OEG ist entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen, wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht, hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. April 2011 - B 9 VG 2/10 R -, juris, Rz. 32). Auf dieser Basis hat die Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen - möglicher - rechtswidriger Angriffe konkrete Vorgaben entwickelt. Dies gilt nicht nur für die verschiedenen Fälle sexuellen Missbrauchs ohne unmittelbare Gewalteinwirkung, z.B. bei Kindern (BSG, Urteile vom 18. Oktober 1995 - 9 RVg 4/93 - und - 9 RVg 7/93 -, juris). Für die besondere Fallkonstellation des als vorsätzliche Körperverletzung strafbaren ärztlichen Eingriffs gilt daher als zusätzliche Voraussetzung, um eine Gewalttat im Sinne von § 1 Abs. 1 OEG darzustellen, dass der Eingriff objektiv - also aus der Sicht eines verständigen Dritten - in keiner Weise dem Wohl des Patienten dient. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich der Arzt bei seiner Vorgehensweise im Wesentlichen von eigenen finanziellen Interessen leiten lässt und die gesundheitlichen Belange des Patienten hintangestellt hat (BSG, Urteil vom 29. April 2010 – B 9 VG 1/09 R –, juris, Rz. 42). Diese Einschränkung ist notwendig, weil es Fälle gibt, in denen ein ärztlicher Eingriff zwar eine strafbare vorsätzliche Körperverletzung darstellt, weil z.B. - lediglich - der Arzt nicht ordnungsgemäß aufgeklärt hat und der Patient die Einwilligung zum ärztlichen Eingriff bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht erteilt hätte, in denen es aber nicht gerechtfertigt ist, den ärztlichen Eingriff als eine gezielte gewaltsame Einwirkung auf die körperliche Unversehrtheit des Patienten, mithin als eine feindselige Angriffshandlung im Sinne des OEG einzustufen (BSG, a.a.O., Rz. 40 f.).
Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennen das soziale Entschädigungsrecht und damit auch das OEG drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs. 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), der gemäß § 6 Abs. 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben der Antragsteller, die sich auf die mit der Schädigung, also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrunde zu legen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinaus gehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 128 Rz. 3b m. w. N.). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2010 - B 11 AL 35/09 R -, juris, Rz. 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Keller, a. a. O.).
Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, juris, Rz. 4). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 6/13 R -, juris, Rz. 18 ff.) angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
Bei dem "Glaubhafterscheinen" im Sinne des § 15 Satz 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Keller, a. a. O., Rz. 3d m. w. N.), also der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, juris, Rz. 5). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, also es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl. Keller, a.a.O.), weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses, aber kein deutliches Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Tatsachengericht ist allerdings mit Blick auf die Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) im Einzelfall grundsätzlich darin nicht eingeengt, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, juris, Rz. 5). Im Rahmen der Glaubhaftmachung nach § 15 Satz 1 KOVVfG sind alle prozessual zulässigen Mittel der Glaubhaftmachung heranzuziehen, also nicht nur die im sozialgerichtlichen Verfahren anerkannten vier Beweismittel, sondern z.B. auch die Angaben des Antragstellers selbst (vgl. § 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen steht für den Senat der folgende Sachverhalt fest: Die Klägerin wurde am 1. Juni 2007 vom Kreiskrankenhaus L. in das ZfP überwiesen. Nach den für den Senat glaubhaften polizeilichen Zeugenangaben ihres Bruders, der sie auf der gesamten Fahrt von L. nach E. begleitete, wurde sie in einem ersten Krankenwagen bis nach R. gebracht. Dort übernahmen sie für den Kreis E. örtlich zuständigen Polizeibeamten. Im Zuge des Fahrzeugwechsels kam es zu einem Fluchtversuch der Klägerin, die jedoch wieder zurück in das Fahrzeug verbracht werden konnte. Während der Fahrt von R. zum ZfP wurden ihr durch die Polizeibeamten Handschellen angelegt. Wie sich aus den schriftlichen Zeugenauskünften des Chefarztes Dr. S. sowie des Dr. W. vom 8. Juli 2015 ergibt, ist die Klägerin sodann im ZfP vom 1. Juni 2007 um 16.30 Uhr bis zum 2. Juni 2007 um 8.30 Uhr isoliert und fixiert worden, zudem wurden ihr in diesem Zeitraum die Medikamente Ciatyl Accuphase sowie 10 mg Diazepam intramuskulär injiziert, wofür keine Einverständniserklärung vorlag. Danach es bis zur Entlassung am 6. Juli 2007 zu keiner weiteren Fixierung und auch zu keiner weiteren Zwangsbehandlung gekommen.
Alle weiteren von der Klägerin erhobenen Vorwürfe haben sich hingegen nicht objektivieren lassen und erscheinen auch nicht glaubhaft im Sinne von § 15 Satz 1 KOVVfG.
Eine Behandlung mit Stromstößen hat ausweislich der Zeugenauskünfte von Dres. S. und W. im ZfP nicht stattgefunden. Der Senat ist davon überzeugt, dass eine solche Maßnahme in den Krankenunterlagen ebenso dokumentiert worden wäre, wie es hinsichtlich der Isolierungen und Fixierungen sowie der Medikamentengabe tatsächlich geschehen ist, und die schriftlich vernommenen Zeugen in ihrer Auskunft vom 8. Juli 2015 hierüber berichtet hätten. Ganz wesentliche Bedeutung misst der Senat im Übrigen der hier urkundlich zu verwertenden polizeilichen Zeugenaussage des Bruders der Klägerin bei, der ausdrücklich verneint hat, dass seine Schwester ihm zeitnah von einer Strombehandlung oder Angriffen durch Ärzte berichtet hat. Hiervon wäre jedoch auszugehen gewesen, wenn es eine solche Behandlung gegeben hätte, zumal wenn sie mit den körperlichen Folgen verbunden gewesen wäre, welche sie jetzt geltend macht. Die eigenen Schilderungen der Klägerin hält der Senat insoweit nicht für glaubhaft. Im OEG-Verfahren hat sie keinerlei konkrete Einzelheiten zu der angeblichen Behandlung mit Stromstößen vorgetragen, im Übrigen widersprechen sich ihre Angaben. Aus dem Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft F. vom 20. November 2012 ergibt sich, dass sie im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen angegeben hat, sie habe auf einem elektrischen Stuhl Medikamente einnehmen müssen. In ihrem Schreiben an die DRV B. vom 15. März 2013 hat sie hingegen berichtet, sie sei auf einer elektrischen Liege fixiert worden und "mit Stromstößen der E-Liege" seien ihre Muskeln und Sehnen zerstört worden. In ihrem Schreiben vom 26. Januar 2011 an Rechtsanwalt Stengler hat die Klägerin zwar detailliert zum Geschehen nach ihrer Ankunft im ZfP Angaben gemacht, insbesondere sie sei aufgefordert worden, sich auf eine Liege zu legen. Danach sei sie zur Einnahme einer Tablette gezwungen worden, anschließend seien ihre Füße und Hände auf der Liege festgebunden worden, dann seien ihr mehrere Spritzen gegeben worden, anschließend habe sie gespürt, dass die Fesseln immer heißer geworden seien und Fuß- und Handgelenke gebrannt hätten, bis sie schließlich bewusstlos geworden sei. Von Stromstößen hat die Klägerin hingegen nicht berichtet. Der Senat geht deshalb davon aus, dass sie zwar ein Brennen an den Extremitäten verspürt hat, diese Empfindung jedoch nicht auf eine Behandlung mit Stromstößen, sondern letztlich auf die Wirkung der verabreichten Medikamente oder den psychischen Zustand der Klägerin zurückzuführen ist. Wäre sie unter Strom gesetzt worden mit der Folge von Verbrennungen an Händen und Füßen, hätte sie zur Überzeugung des Senats ihren nächsten Angehörigen, insbesondere ihrem Bruder, der sie begleitet und zu späterer Zeit im ZfP besucht hat, hiervon berichtet. Der Nachweis einer Behandlung mit Stromstößen lässt sich auch nicht aufgrund entsprechender medizinischer Befunde führen. Dies steht für den Senat aufgrund der sachverständigen Zeugenauskunft des Facharztes für Dermatologie u a. Dr. Z. fest. Dieser hat als fachkundiger Mediziner die sichtbaren Hautveränderungen keinesfalls für beweisend für eine Fixierung gehalten, mehr spreche für eine längerdauernde chronische Irritation. Dies erscheint auch angesichts des zeitlichen Abstandes von acht Jahren zwischen den behaupteten Ereignissen und der ärztlichen Dokumentation dieser Hautveränderungen glaubhaft. Hinzu kommt, dass sich die Klägerin wegen der angeblichen Verbrennungen der Hände und Füße weder im ZfP noch zu einem späteren Zeitpunkt medizinisch hat behandeln lassen. Gegenüber dem Allgemeinarzt W. hat sie am 10. Juli 2007, also vier Tage nach ihrer Entlassung aus dem ZfP, vielmehr angegeben, sich wohl zu fühlen. Bei Dr. Z. hat sich die Klägerin erstmals 2012 wegen einer von ihr angegebenen Verbrühung des Vorfußes vorgestellt. Aus all dem schließt der Senat, dass es im ZfP nicht zu Verletzungen an Händen und Füßen gekommen ist, welche die Behandlung mit Stromstößen belegen könnten.
Auch soweit die Klägerin sexuelle Misshandlungen durch Mitarbeiter des ZfP behauptet hat, ist dies nicht glaubhaft gemacht und schon gar nicht erwiesen. Sie hat selbst keine konkreten Erinnerungen an ein solches Ereignis und kann daher keine Tatsachen hierzu schildern. Sie vermutet lediglich entsprechende Übergriffe und schließt dies aus Umständen in Bezug auf ihre Menstruation. Wäre die Klägerin aufgrund sexueller Misshandlungen derart verletzt worden, dass es zu massiven Blutungen im Genitalbereich gekommen wäre, ist davon auszugehen, dass sie über entsprechende Verletzungsfolgen gegenüber den Ärzten des ZfP, ihren Verwandten, die sie im ZfP besucht haben, aber auch gegenüber Ärzten außerhalb des ZfP nach dem Aufenthalt dort geklagt hätte. Dies ist jedoch nicht geschehen. Ihr Bruder hat im Rahmen seiner Zeugenaussage auf mehrfache Nachfrage, weshalb sich seine Schwester im ZfP nicht gut behandelt gefühlt habe, letztlich nur noch mitgeteilt, es sei das Umfeld gewesen, das ihr nicht gefallen habe, es seien dort lauter verrückte Leute gewesen. Auf die ausdrückliche Nachfrage, ob die Klägerin darüber berichtet hat, von Ärzten oder vom Pflegepersonal angegriffen worden zu sein, hat der Zeuge erklärt, dass dies nicht der Fall gewesen ist. Sie erzählte auch nicht, Stromstöße erhalten zu haben oder von sexuellen Übergriffen. Auch bei Dr. W. hat die Klägerin, wie bereits dargelegt, keine Angaben zu solchen Handlungen gemacht, sondern sich wohl gefühlt und keine Ängste mehr verspürt.
Auf der anderen Seite ist für den Senat aufgrund der fachärztlichen Stellungnahmen von Dr. M., der behandelnden Ärzte des ZfP sowie der im Rentenverfahren beauftragten Ärztin Dr. K. erwiesen, dass die Klägerin seit langem an einer psychotischen Erkrankung leidet. Dr. M. hatte bereits im Jahr 2000 eine psychotische Episode mit paranoiden Ängsten diagnostiziert und sie deshalb behandelt. Der Entlassbericht des ZfP nannte eine akute schizophreniforme psychotische Störung mit wahnhaften Denkinhalten und optischen Halluzinationen. Bei der ambulanten Anschlussbehandlung ab dem 12. Juli 2007 stellte Dr. M. am 16. Oktober 2007 eine ungünstige Prognose, da keinerlei Behandlungsaussicht und Krankheitseinsicht bestand. Medikamentöse Behandlungsversuche brach die Klägerin gegen ärztlichen Rat ab. Ein weiterer stationärer Aufenthalt im ZfP mit der Diagnose eines Rezidivs der paranoiden Psychose dauerte vom 9. bis 20. April 2010, bereits kurz danach am 10. Mai 2010 ließ sie sich selbst notfallmäßig für eine Nacht im ZfP aufnehmen. Diagnostiziert wurde wiederum eine paranoide Schizophrenie. Bei der Vorstellung am 28. Mai 2010 bei Dr. M. war die Klägerin hochgradig psychotisch und noch am 24. April 2013 hat Dr. K. eine anhaltende wahnhafte Störung diagnostiziert. Der Senat hält diese übereinstimmenden fachärztlichen Einschätzungen für überzeugend und schließt sich der Auffassung von Dr. K. an, wonach die Misshandlungen in Form von Stromstößen und sexuellen Übergriffen ausschließlich das Produkt der wahnhaften Psychose der Klägerin sind.
Von den danach feststehenden Ereignissen, dem Transport mit Handfesseln im Krankenwagen und den Isolierungen bzw. Fixierungen im ZfP sowie der Verabreichung der Medikamente am 1. und 2. Juni 2007, erfüllt keiner die Voraussetzungen des § 1 OEG.
Zwar stellt die Anlegung der Handfesseln durch die Polizeibeamten gegen den Willen der Klägerin ein mit unmittelbarer körperlicher Einwirkung verbundener tätlicher Angriff dar. Diese Handlung war jedoch nicht rechtswidrig. Die Polizeibeamten waren durch Vorschriften des im Jahre 2007 noch geltenden früheren baden-württembergischen Unterbringungsgesetzes (UBG) und des Polizeigesetzes für Baden-Württemberg (PolG) gerechtfertigt. Solche öffentlich-recht-lichen Befugnisnormen stellen strafrechtlich Rechtfertigungsgründe dar und schließen entsprechend einen vorsätzlichen rechtswidrigen Angriff im Sinne von § 1 Abs. 1 OEG aus (Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 OEG, Rz. 67). Voraussetzung für eine solche Rechtfertigung sind das Vorliegen einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage, die sachliche und örtliche Zuständigkeit des handelnden Beamten zum Eingreifen, die gesetzlichen Förmlichkeiten, soweit solche vorgeschrieben sind, der vom zuständigen Vorgesetzten erteilte Auftrag und, soweit der Beamte nach eigenem Ermessen handelt, die Ordnungsmäßigkeit der Ermessensausübung (Urteil des Senats vom 19. April 2012 - L 6 VG 4103/11 -, juris; vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 8. Juli 2011 - 31 Ss 28/11 - juris).
Im Falle der Klägerin lagen zunächst die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 UBG vor. Danach konnte das ZfP E., bei dem es sich nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UBG um eine anerkannte Einrichtung zur Unterbringung psychisch Kranker handelt, die Klägerin - auch schon, bevor der Unterbringungsantrag beim AG gestellt war - "fürsorglich aufnehmen", weil dringende Gründe für die Annahme vorhanden waren, dass eine sofortige Unterbringung erforderlich war. Diese Gründe lagen in dem massiv auffälligen und selbstgefährdenden Verhalten während ihres akuten psychotischen Schubs am 1. Juni 2007 (vgl. § 1 Abs. 4 UBG). In diesem Rahmen war daher die Einweisung der Klägerin in das ZfP an jenem Tage rechtmäßig. Bei der Vollziehung dieser Einweisung konnten sich die Polizeibeamten bei der Fesselung in dem Krankenwagen auf § 52 Abs. 1 PolG stützen. Danach darf unmittelbarer Zwang nur angewandt werden, wenn der polizeiliche Zweck auf andere Weise nicht erreichbar erscheint, insbesondere nicht durch unmittelbaren Zwang gegen Sachen, ferner muss das angewandte Mittel nach Art und Maß dem Verhalten, dem Alter und dem Zustand des Betroffenen angemessen sein. Die Anwendungsvoraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage zur Abwehr von Gefahren für die Klägerin selbst, aber auch für die Allgemeinheit waren erfüllt. Dass bei ihr - allerdings erst in dem zweiten Wagen nach dem Wechsel in R. - Handfesseln angelegt wurden, beruhte auf dem mit erheblichen Leibes- und Lebensgefahren für sich selbst und für weitere Verkehrsteilnehmer verbundene Fluchtversuch beim Umsteigen. Wie sich aus der Zeugenaussage ihres Bruders ergibt, war die Klägerin auf die Straße gesprungen und wollte weglaufen. Erst nach zehn Minuten gelang es, sie in den zweiten Krankenwagen zu verbringen. Bei einem solchen Sachverhalt musste damit gerechnet werden, dass sie bei nächster sich bietender Gelegenheit erneut versuchen würde zu fliehen. Zur Minimierung der Fluchtgefahr, aber auch für einen gefahrfreien Transport war die Anlegung der Handfesseln auch angemessen, nachdem sich die Klägerin vehement der erneuten Verbringung in den Krankenwagen widersetzt hatte und deshalb mit weiterem Widerstand während der Fahrt zu rechnen war. In formeller Hinsicht besteht kein Anlass, an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme zu zweifeln. Der Wechsel der Krankenwagen war gerade deshalb erforderlich, weil die Zuständigkeit der bis nach R. (Ortenaukreis) mitfahrenden Polizeibeamten an der Grenze zum nach R. beginnenden Landkreis E. endete.
Auch die ärztlicherseits im ZfP angeordnete Fixierung der Klägerin sowie die am 1. und 2. Juni 2007 erfolgte Medikamentengabe in Form von intramuskulär verabreichten Injektionen sind zwar tatbestandlich als tätliche Angriffe zu qualifizieren.
Sie waren allerdings bereits nicht strafbar, weil sich die Ärzte bei der Behandlung auf Rechtfertigungsgründe stützen konnten. Die Zwangsbehandlung war nach § 8 Abs. 1 UBG gerechtfertigt, weil sie - wie auch in Laufe der späteren ambulanten Behandlung von Dr. M. bestätigt - krankheitsbedingt zur Einsicht in die Behandlungsbedürftigkeit nicht fähig war, eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die Gesundheit der Klägerin als - vorläufig - untergebrachten Person bestand und die Behandlung dazu geeignet war und dazu diente, diese Gefahr abzuwenden. Diese Zwangsbehandlung war wegen der besonderen Eilbedürftigkeit nach § 8 Abs. 5 Satz 2 UBG - auch schon vor der dann allerdings rückwirkend wirksamen Unterbringungsanordnung durch das AG E. am 6. Juni 2007 zulässig. Die Isolierung und die Fixierung der Klägerin waren in diesem Rahmen als unmittelbarer Zwang im Sinne von § 12 Abs. 1 UBG gerechtfertigt, zumal sie auf ärztliche Anordnung durchgeführt wurden.
Der Senat verkennt nicht, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 12. Oktober 2011 (2 BvR 633/11 –, juris, Rz. 45) § 8 Abs. 2 Satz 2 UBG in der damals noch geltenden Fassung wegen eines Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) für nichtig erklärt hat, weil die Norm damals Zwangsbehandlungen auch zuließ, wenn der Betroffene noch über einen natürlichen Willen bzw. eine natürliche Einsichtsfähigkeit verfügte und er die Behandlung ablehnte. Gleichwohl verbleibt es dabei, dass das Handeln der Ärzte und des Pflegepersonals im ZfP damals gerechtfertigt war und dies auch geblieben ist. § 79 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) bestimmt, dass - mit Ausnahme rechtskräftiger Strafurteile - nicht mehr anfechtbare Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 BVerfGG für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt bleiben. Nur die (weitere) Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Hiernach ist der Beschluss des AG E. vom 6. Juli 2007 in dem Verfahren XIV 51/2007 L, der die damalige Unterbringung und damit auch die anfängliche Zwangsbehandlung der Klägerin genehmigt hat, weiterhin wirksam, weil ihn die Klägerin damals nicht mit Rechtsmitteln angefochten hatte. Bereits dies reicht als formale Rechtfertigung aus (so auch Dau, JurisPR-SozR 22/2015, Anm. 5, Anmerkung zum Urteil des Senats vom 27. August 2015). Hinzu kommt, dass es materiell gegen das Verbot rückwirkenden Strafens (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG) verstieße, eine Strafbarkeit von Ärzten oder Pflegepersonal anzunehmen, wenn eine gesetzliche Vorschrift, die ihr Handeln gerechtfertigt hatte, für nichtig erklärt wird. Ganz unabhängig davon geht der Senat auch davon aus, dass der Klägerin bei der Einlieferung in das ZfP und in den ersten Tagen danach auch die natürliche Willens- und Einsichtsfähigkeit fehlte, in eine Behandlung einzuwilligen, sodass das Handeln des Personals auch nach den Vorgaben des BVerfG gerechtfertigt war.
Unabhängig davon erfüllten die ärztlichen Maßnahmen im ZfP nicht die besonderen Anforderungen, die vorliegen müssen, um auch ggfs. rechtswidrige ärztliche Eingriffe als Angriff im Sinne von § 1 Abs. 1 OEG einzustufen. Sie wurden nicht in feindlicher Willensrichtung durchgeführt. Sie waren vielmehr geboten und notwendig, um die akute psychotische Episode der Klägerin zu behandeln. Es kann in keiner Weise angenommen werden, dass die Maßnahmen nicht ihrem Wohl dienten. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Ärzte im ZfP von einer Motivation geleitet waren, die nicht ihrem Behandlungsauftrag entsprach. Vielmehr ergibt sich aus den eingeholten schriftlichen Zeugenaussagen von Dres. S. und W., dass das Wohl der Klägerin Anlass für die Fixierung und Verabreichung der Medikamente gewesen ist. Denn aufgrund der ausgeprägten Unruhe und Einschränkung der Steuerungsfähigkeit zum Aufnahmezeitpunkt musste davon ausgegangen werden, dass sie ohne Isolierung, Fixierung und Behandlung weiterhin selbst gefährdende Aktionen durchführen würde. Darüber hinaus war auch eine Fremdgefährdung nicht auszuschließen, was die Isolierung der Klägerin rechtfertigte. Dass sie sich in einem erheblichen Erregungszustand befunden hat, wird durch die Zeugenaussage des Bruders bestätigt, der von der Notwendigkeit erheblichen körperlichen Zwangs berichtet hat, um die Klägerin überhaupt in den Krankenwagen zurückzubringen. Auch wenn die für Mitpatienten oder Mitarbeiter des ZfP aufgrund von möglichen Fluchtversuchen bestehenden Gefahren durch eine bloße Isolierung hätten eingeschränkt werden können, wäre eine solche Maßnahme als milderes Mittel ohne gleichzeitige Fixierung aufgrund der weiterhin bestehenden Gefahr einer Selbstverletzung nicht geeignet gewesen. Dass sich die Klägerin in einem Zustand hochgradiger Verwirrtheit befunden hat, wird auch daran deutlich, dass sie selbst vier Tage nach Aufhebung der Fixierung anlässlich der Anhörung durch das AG E. am 6. Juni 2007 noch derart psychisch beeinträchtigt war, dass eine Verständigung mit ihr nicht möglich gewesen ist und der Richter ihr Einverständnis zur Fortsetzung des Aufenthaltes im ZfP nicht als wirksame Willenserklärung gewertet hat. Die Klägerin hat selbst keinen Sachverhalt geschildert, aus dem sich Gründe für eine anderweitige Motivation der die Fixierung anordnenden Ärzte ableiten ließen. Dass sich finanzielle Vorteile hieraus für die Ärzte bzw. die Klinik ergeben könnten, ist nicht ersichtlich, auch andere sachwidrige, nicht dem hippokratischen Eid entsprechende Absichten sind für den Senat nicht erkennbar. Auch der Umstand, dass schon relativ kurzfristig um 21.00 Uhr eine erste Entfixierung versucht worden war, belegt, dass sich die Ärzte ausschließlich dem Wohl der Klägerin verpflichtet sahen und schnellstmöglich die Fixierung beenden wollten. Eine dem widersprecheßnde Motivation kann dem festgestellten Sachverhalt nicht entnommen werden und ist von ihr letztlich auch zu keinem Zeitpunkt begründet worden.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt in einem Überprüfungsverfahren erneut Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsrecht.
Sie ist türkische Staatsangehörige, im Jahr 1976 in Deutschland geboren, Inhaberin einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis und wohnt weiterhin im Inland.
Erstmals im Januar 2000 war die Klägerin wegen psychischer Auffälligkeiten bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. in L. in Behandlung. Damals wurde eine psychotische Episode mit paranoiden Ängsten diagnostiziert. Die Klägerin hatte bei der Anamnese über Spuren sexueller Handlungen auf Möbeln an ihrer damaligen Arbeitsstelle in einer Möbelfirma gesprochen. Im Jahre 2006 war sie nochmals kurz in Behandlung (vgl. Zeugenvernehmung von Dr. M. am 15. August 2012).
Am 19. Mai 2007 erlitt sei bei einem Verkehrsunfall in L. Prellungen im Brustbereich und am Schädel. Ein am Unfalltag im Klinikum L. durchgeführtes CT (kernspintomografische Untersuchung) ergab einen unauffälligen Befund. Eine stationäre Behandlung fand zunächst nicht statt. Nach dem Eindruck mehrerer Familienangehöriger wurde die Klägerin nach dem Unfall zunehmend verwirrt und litt an Schlaflosigkeit. Am 26. Mai 2007 erhielt sie eine Impfung gegen Hepatitis A und B sowie gegen Tetanus. Die Angehörigen stellten sie wegen schwerer psychischer Störungen am 1. Juni 2007 bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. N. in L. vor. Diese überwies die Klägerin in das Klinikum L ... Ein dort durgeführtes CT war erneut unauffällig. Der konsiliarisch hinzugezogene Facharzt für Neurologie Dr. R. diagnostizierte den Verdacht auf eine akute Psychose bei formaler Denkstörung und paranoiden Denkinhalten (Konsiliarbericht von diesem Tag). Er wies sie noch am 1. Juni 2007 zur stationären Behandlung in das Zentrum für Psychiatrie (ZfP) E. ein. Die Klägerin war mit dieser Einweisung zumindest zu Beginn einverstanden. Sie wurde sodann in Begleitung ihres Bruders und mehrerer Polizeibeamter in das ZfP verbracht. Während eines Zwischenhalts versuchte sie jedoch, aus dem Krankenwagen zu fliehen. Für die restliche Fahrt legten ihr daher die Polizeibeamten Handfesseln an. Bei der Aufnahme im ZfP lehnte die Klägerin die körperliche Untersuchung aktiv ab, wobei inspektorisch keine wesentlichen Auffälligkeiten bestanden. Der neurologische Befund war unauffällig ohne Paresen, Reflexstörungen oder Koordinationsstörungen. Es bestanden massive psychiatrische Störungen. Oberarzt Dr. E. und Assistenzarzt S. diagnostizierten eine akute polymorphe psychotische Störung, differenzialdiagnostisch eine organische psychotische Störung bzw. eine dissoziative Störung. Sie hielten eine stationäre Akutbehandlung für sechs Wochen für notwendig (Bericht vom 4. Juni 2007). Nachdem die Klägerin in eine solche Behandlung nicht einwilligte, beantragte das ZfP, vertreten durch seinen Ärztlichen Direktor Dr. S., am 4. Juni 2007 bei dem Amtsgericht E. (AG) ihre einstweilige Unterbringung. Der zuständige Richter des AG hörte sie im ZfP an, wobei nach dem Protokoll eine Verständigung mit ihr zunächst nicht möglich war, die Klägerin dann plötzlich einer Behandlung zustimmte, worin das AG aber keine wirksame Einwilligung sah. Daraufhin ordnete das AG mit Beschluss vom 6. Juni 2007 (XIV 51/2007 L) nach dem damals noch geltenden baden-württembergischen Unterbringungsrecht ihre Unterbringung im ZfP bis längstens zum 17. Juli 2007 und die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung an.
Die Klägerin wurde am 6. Juli 2007 aus der stationären Behandlung entlassen. Nach dem Bericht von Assistenzarzt S. vom 24. Juli 2007 bestand - weiterhin - eine akute schizophreniforme psychotische Störung, differenzialdiagnostisch eine paranoide Schizophrenie. Insbesondere lagen ein Stupor-ähnlicher Angstzustand und eine fehlende verbale Kommunikation vor. Es imponierten wahnhafte Denkinhalte, so glaube die Klägerin, ihre CT-Bilder würden veröffentlicht oder es werde eine Magnetfeldtherapie in ihren Augen gesehen. Es bestand der Verdacht auf optische Halluzinationen. Die Nahrungsaufnahme und Flüssigkeitszufuhr sei unzureichend gewesen. Die Klägerin sei stabilisiert, aber die Behandlungsaussicht schlecht.
Nach ihrer Entlassung war sie mehrfach erneut bei Dr. M., die eine medikamentöse Behandlung verordnete, wobei jedoch die Compliance mangelhaft war. Am 16. Oktober 2007 notierte Dr. M., bei der Klägerin beständen keine Behandlungsaussichten bei fehlender Krankheitseinsicht und ungünstiger Prognose. Vom 9. bis zum 20. April 2010 war sie auf Grund einer Einweisung von Dr. J. mit der Diagnose einer paranoiden Schizophrenie erneut im ZfP E. in Behandlung. Am 10. Mai 2010 stellte sie sich in Begleitung eines Bruders selbst dort vor und wurde notfallmäßig bis zum 11. Mai 2010 aufgenommen.
Erstmals am 18. Mai 2010 erhob die Klägerin Vorwürfe gegen das ZfP E. wegen ihrer Unterbringung im Sommer 2007 (vgl. Zeugenvernehmung von Dr. M.).
Über einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten stellte sie am 26. April 2011 Strafanzeige gegen mehrere namentlich genannte Mitarbeiter des ZfP. Sie gab an, während der Unterbringung im Jahre 2007 hätten ihr alle Mitarbeiter dort brutalsterweise gesundheitliche Schwerstschäden zugefügt, an denen sie bis an ihr Lebensende schmerzhaft zu leiden habe. Man habe sie mit Medikamenten bewusstlos gemacht, sie auf einen elektrischen Stuhl gesetzt, sie zwangsweise gewaschen und sie sei an Händen und Füßen gefesselt worden. Nachdem ihre Menstruation nach dem Aufenthalt drei Monate ausgesetzt habe, sei sie sicher, dass sie während ihrer Bewusstlosigkeit vergewaltigt worden sei. Die Pfleger aus dem ZfP hätten sie auch nach der Entlassung telefonisch zu Hause bedrängt. Nachdem sie eine Vernehmung als Zeugin vor der Polizei verweigert hatte und auch nicht bereit war, ihre behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, stellte die Staatsanwaltschaft (StA) F. (330 Js 14802/11) das Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 8. Juni 2011 - erstmals - ein. Auf die Beschwerde der Klägerin, die nunmehr zu einer Mitwirkung bereit war, wurde das Verfahren fortgesetzt. Die Polizei vernahm sie am 2. September 2011 als Zeugin, wobei sie allerdings weitgehend Angaben verweigerte, insbesondere nicht ihren Bruder benannte, der sie in das ZfP begleitet hatte. Daraufhin stellte die StA das Verfahren mit Verfügung vom 4. November 2011 erneut ein. Die Klägerin erhob wiederum Beschwerde und befreite die behandelnden Ärzte schriftlich von der Schweigepflicht. Dem gab die Generalstaatsanwaltschaft K. statt. Das Ermittlungsverfahren wurde sodann wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung gegen die behandelnden Ärzte und mehrere Pflegepersonen im ZfP und wegen eines möglichen sexuellen Missbrauchs gegen unbekannt durchgeführt. Die Polizei vernahm umfangreich die behandelnden Ärzte und Pfleger als Beschuldigte sowie die vorbehandelnden Ärzte der Klägerin, insbesondere Dr. M. und Dr. W., als Zeugen. Der Richter aus dem damaligen Unterbringungsverfahren teilte mit, bei ihrer Anhörung am 6. Juni 2007 habe er keinerlei Verletzungen festgestellt. Während des Verfahrens erweiterte die Klägerin ihre Vorwürfe gegen die zwei - namentlich benannten - Polizisten, die sie am 1. Juni 2007 auf der Fahrt in das ZfP E. begleitet hatten. Diese hätten sie bei der Fesselung auf der Fahrt an den Handgelenken verletzt, die Verletzungsmale dort seien heute noch zu sehen (Schreiben vom 22. Oktober 2012). Das Ermittlungsverfahren wurde daraufhin um den Vorwurf der Freiheitsberaubung, der Nötigung und der Körperverletzung im Amt gegen die Polizeibeamten erweitert. Trotz des Widerstands der Klägerin vernahm die Polizei ihren Bruder als Zeugen. Dieser gab im Wesentlichen an, die Behandlung sei nach deren Ansicht grob gewesen und hätte "netter" sein können, von Übergriffen habe er nichts mitbekommen und sie habe damals nichts davon berichtet (vgl. Protokoll vom 13. November 2012). Nach weiteren Ermittlungen im ZfP und z.T. erneuten Vernehmungen der Beschuldigten stellte die StA das Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 20. November 2012 erneut ein. Die Beschuldigungen hätten sich nicht erhärten lassen, insbesondere habe ihr Bruder, dessen Vernehmung sie massiv zu verhindern gesucht habe, die Angaben der psychisch schwer erkrankten Klägerin nicht bestätigt. Ihre Beschwerde gegen diese Einstellungsverfügung wies die Generalstaatsanwaltschaft K. mit Verfügung vom 10. Dezember 2012 zurück. Hiergegen leitete die Klägerin ein Klageerzwingungsverfahren bei dem Oberlandesgericht K. (OLG) ein (2 Ws 9/13). Das OLG verwarf ihren Antrag mit Beschluss vom 15. Januar 2013.
In der Folgezeit erstattete die Klägerin zahlreiche weitere Strafanzeigen gegen Dr. N., Dr. M. und Dr. W ... Die Staatsanwaltschaft lehnte insoweit jeweils die Einleitung von Ermittlungsverfahren ab.
Am 18. April 2013 beantragte die Klägerin bei dem Landratsamt des O. (LRA) die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB). Nachdem sie dort mitgeteilt hatte, die Behinderungen beruhten auf Gewalttaten vor und während der Unterbringung im ZfP E., beantragte sie auf einen Hinweis des LRA hin am 3. Juni 2013 außerdem eine Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsrecht. In ihrem beigefügten Schreiben an die Deutsche Rentenversicherung B. (DRV) vom 15. März 2013 war ausgeführt, sie sei durch die Polizei und einen Klinikarzt des ZfP sowie durch das dortige Pflegepersonal an Arm- und Fußgelenken in schwerstem Maße verletzt worden. Deswegen fielen ihr unwillkürlich Sachen aus der Hand und sie stürze beim Treppensteigen. Die betreffenden Personen hätten durch die Fixierung auf der elektrischen Liege mit Arm- und Fußfesseln die Haut ihrer Hand- und Fußgelenke äußerst schlimm verbrannt, so dass sie sich erst nach Jahren wieder erneuert habe. Am schlimmsten aber habe sie seelisch an den Folgen der Attentate zu leiden, die sie ein Leben lang nicht werde verarbeiten können, insbesondere weil sich die angezeigten Personen während ihrer medikamentösen Bewusstlosigkeit sexuell an ihr vergangen hätten. Infolge der Beeinträchtigungen seien ihre Haare wegen einer Strukturveränderung unkämmbar geworden, so dass sie keine Langhaarfrisur mehr tragen könne. Auch leide sie seitdem an sehr trockener Haut. Sie sehe nun aus, als wäre sie vorzeitig in die Wechseljahre gekommen. Auch sei ihre Lebenserwartung verkürzt worden, evtl. sei sie bereits durch diese starken Strombelastungen an Krebs erkrankt.
Der Beklagte zog den Entlassbericht des ZfP vom 24. Juli 2007, weitere ärztliche Unterlagen und die Akten des Ermittlungsverfahrens bei und wertete sie aus. Ferner gelangte zu diesem Verfahren die Akte eines bei der DRV B. geführten Verfahrens auf Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente. Darin befand sich das dort eingeholte fachärztliche psychiatrische Gutachten von Dr. Z. vom 25. Mai 2013. Dieser Gutachter hatte nach eingehender Untersuchung der Klägerin am 24. April 2013 eine anhaltende wahnhafte Störung diagnostiziert. Sie sei im formalen Denken eingeengt auf die Ereignisse im ZfP. Im inhaltlichen Denken bestünden wahnhafte Gedankeninhalte, dass ihr im ZfP an Fuß- und Handfesseln elektrische Stöße versetzt worden seien sowie sie gequält, an den Fesseln verbrannt und im ZfP missbraucht worden sei.
Mit Bescheid vom 29. August 2013 lehnte das LRA den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung ab, da die Ermittlungen keinerlei Hinweise auf ein konkretes Fehlverhalten der beschuldigten Person ergeben hätten sowie weitere erfolgversprechende Ermittlungsansätze und objektive Beweismittel, die das Vorbringen der Klägerin bestätigen könnten, nicht vorhanden seien. Es könne daher nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass sie Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden sei. Ihren damaligen Widerspruch wies das Landesversorgungsamt des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2014 zurück, da eine Gewalttat nach wie vor objektiv nicht nachgewiesen sei.
Hiergegen erhob die Klägerin - erstmals - am 24. März 2014 Klage beim Sozialgericht F. (SG). Konkrete Angaben zur Sache machte sie nicht, die ihr übersandten gerichtlichen Schreiben einschließlich der Klageerwiderung des Beklagten schickte sie jeweils zurück. Mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2014 wies das SG die Klage ab. Es habe sich nicht davon überzeugen können, dass sie im Zusammenhang mit der stationären Unterbringung im ZfP vom 1. Juni bis zum 6. Juli 2007 Opfer vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriffe geworden sei. Solche seien auch nicht glaubhaft gemacht. Ärztliche Eingriffe würden grundsätzlich in der Absicht durchgeführt zu heilen und nicht, um in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf die körperliche Unversehrtheit des Patienten einzuwirken. Für die besondere Fallkonstellation des ärztlichen Eingriffs müssten deshalb - neben der Strafbarkeit als Vorsatztat - bestimmte weitere Voraussetzungen hinzukommen, die den Eingriff zur Gewalttat, also zum "vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff" machten. Dies sei der Fall, wenn ein als vorsätzliche Körperverletzung strafbarer ärztlicher Eingriff objektiv in keiner Weise dem Wohl des Patienten diene, was hier sei nicht anzunehmen sei. Es sei schon unwahrscheinlich, dass sich die Vorgänge so zugetragen hätten, wie klägerseitig dargestellt. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Unterbringung wegen Gefahr für Leib und Leben der Klägerin gerichtlich angeordnet worden sei. Es bestünden keinerlei Hinweise auf konkretes Fehlverhalten der Ärzte oder des Pflegepersonals des ZfP. Die behaupteten Verbrennungen an Armen und Füßen durch Stromstöße hätten weder Dr. M. noch Dr. W. noch der Bruder der Klägerin bestätigt. Zu berücksichtigen sei, dass bei ihr eine akute schizophreniforme psychotische Störung diagnostiziert worden sei. Im April 2010 sei eine weitere Behandlung im ZfP wegen eines Rezidivs einer paranoiden Psychose erfolgt und im Mai 2010 habe sie sich selbst im ZfP vorgestellt und sei wegen paranoider Schizophrenie aufgenommen worden. Eine anhaltende wahnhafte Störung werde auch in dem Gutachten von Dr. K. vom 25. Mai 2013 für die DRV diagnostiziert. Auf dieser Basis könnten ihre Angaben nicht als glaubhaft eingestuft werden.
Die Klägerin erhob hiergegen Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 6 VG 5227/14). Sie gab an, sie sei keine Schizophrene, sondern Osmanin (Türkin), die von Deutschen auf feige Art und Weise geschändet worden sei.
Der damalige Berichterstatter des Senats hat die Klägerin am 30. April 2015 angehört und die Sach- und Rechtslage erörtert. Sie gab dort an, sie sei nach dem Vorfall 2007 nicht mehr beim Arzt gewesen und könne daher die Verletzungen an Händen und Füßen auch nicht dokumentieren.
Im Nachgang hierzu legte die Klägerin die Bescheinigung des Facharztes für Dermatologie Dr. Z. vom 25. Mai 2015 vor, wonach bei einer Untersuchung am 19. Mai 2015 an beiden Füßen und Unterschenkeln eine normal gefärbte rosige Haut mit jedoch handtellergroßen rauen, leicht grau gefärbten Hyperkeratosen (Verhornungen) vorlag, ebenso an den Fersen, die sich mit dem Fingernagel abkratzen ließen. Die Zehenzwischenräume seien mazeriert und hätten den typischen Geruch im Sinne eines Kreatoma sulcatum aufgewiesen (bakterielle Hautinfektion bei Schweißfüßen). Bei einer weiteren Untersuchung am 26. Mai 2015 hätten sich an beiden Handgelenken armbandartige Hyperkeratosen und Vergröberungen des Hautreliefs bei teilweise grau-blau verfärbter Haut wie nach einer länger zurückliegenden mechanischen Schädigung gezeigt.
Der Senat vernahm Dr. Z. ergänzend als sachverständigen Zeugen. Er teilte mit Schreiben vom 14. Juni 2015 und Vorlage zweier Fotos der Hautveränderungen mit, die Klägerin sei in den Jahren 2005 und 2012 in seiner Behandlung gewesen, zuletzt vor 2015 habe er die Klägerin am 30. Januar 2012 mit einer infizierten Wunde (anamnestisch Verbrühung) auf dem rechten Vorfuß untersucht. Wegen einer Hautschädigung im Jahre 2007 sei die Klägerin nicht in seiner Praxis gewesen. Die nunmehr - 2015 - vorliegenden Hautveränderungen an Händen und Füßen könnten nach einer mechanischen Irritation der Haut durch Fußfesselbänder entstehen, sprächen aber mehr für eine länger dauernde chronische Irritation, es seien viele andere Ursachen möglich (trockene Haut, artefacte, Strumpfgummi, Schuhschaft, Sport). Eine Fußfixierung sei keinesfalls zu beweisen. Es hätten sich dort keine eindeutigen Narben gezeigt, d. h. die Verletzungen oder Verbrennungen seien nicht so stark gewesen, dass es einer ärztlichen Behandlung bedurft hätte.
Der Senat vernahm ferner den Chefarzt des ZfP E., Dr. S., sowie den dort behandelnden Arzt Dr. W. als sachverständige Zeugen zum stationären Aufenthalt der Klägerin vom 1. Juni bis zum 6. Juli 2007. Diese teilten mit Schreiben vom 8. Juli 2015 mit, dass sie wegen selbstgefährdendem und bedrohlichem Verhalten vom 1. Juni 2007 um 16.30 Uhr bis zum 2. Juni 2007 um 8.30 Uhr isoliert und fixiert gewesen sei. In diesem Zeitraum seien um 21.00 und um 23.30 Uhr - jeweils erfolglos - Entfixierungsversuche erfolgt. Am Morgen des 2. Juni 2007 hätten Fixierung und Isolierung dauerhaft beendet werden können. Die Klägerin habe derart ausgeprägte Denkeinschränkungen gezeigt, dass eine geordnete Kommunikation nicht möglich gewesen sei. Gerichtete Handlungen seien ebenfalls nicht möglich gewesen. Es hätten sich Hinweise auf optische Halluzinationen und wahnhaftes Erleben gezeigt, Hilfsmaßnahmen seien abgelehnt worden. Insgesamt sei die Isolierung und Fixierung als Schutzmaßnahme erfolgt, da sich die Klägerin in einem psychotischen Zustand mit Realitätsverkennung, aufgehobener Kritik- und Urteilsfähigkeit befunden, medizinische Hilfe abgelehnt und vehement von der Station bei akuter Gefährdung durch die Bewusstseinsminderung und Orientierungsstörung zu entweichen versucht habe. Wegen der ausgeprägten Unruhe und der Einschränkung der Steuerungsfähigkeit hätte sich die Klägerin in einem nur durch eine geschlossene Tür geschützten Bereich durch impulsives Handeln selbst oder andere Personen durch versuchte Entweichung mit aggressivem Verhalten gefährden können. Daher seien Isolierung und Fixierung angeordnet worden. Da keine Absprachefähigkeit bestanden habe und die Klägerin dauerhaft die Station habe verlassen wollen, sei sie außerdem mit Ciatyl Accuphase intramuskulär sowie 10 mg Diazepam intramuskulär behandelt worden. In den Unterlagen seien weder durch die behandelnden Ärzte noch durch Pfleger Spuren der Fesselung bzw. Fixierung dokumentiert worden. Auch die Klägerin habe in dem Zeitraum der weiteren stationären Behandlung bis zum 6. Juli 2007 keine Angaben zu Verletzungen gemacht. Eine Behandlung mit Stromstößen sei nicht erfolgt.
Der Senat holte ferner die schriftliche Auskunft von Assistenzarzt S. vom ZfP E. vom 21. Juli 2015 ein, wonach die involvierten ärztlichen Kollegen vom 1. bis zum 3. Juni 2007 teilweise Fixierungen angeordnet hätten, während der Behandlung durch ihn ab dem 4. Juni 2007 sei die Klägerin nicht fixiert gewesen.
Die ebenfalls als Zeuginnen schriftlich vernommenen Pflegekräfte B. und K. konnten keine Angaben zum Aufenthalt der Klägerin im ZfP im Jahr 2007 machen.
Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 27. August 2015 wies der Senat die Berufung der Klägerin zurück, denn es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die sechzehnstündige Fixierung und Medikamentengabe aus anderen als dem Wohl der Klägerin dienenden Gründen angedacht bzw. vorgenommen worden wäre. Die Anlegung der Handfesseln im Krankenwagen seien vom Polizeigesetz als unmittelbarer Zwang gerechtfertigt gewesen. Auf die Begründung des Urteils wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragte hiergegen bei dem Bundessozialgericht (BSG) die Beiordnung eines Notanwalts und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Senats (B 9 V 11/15 BH). Das BSG lehnte diesen Antrag mit Beschluss vom 29. Oktober 2015 ab.
Am 21. März 2015 beantragte die Klägerin bei dem LRA Beschädigtenversorgung, weil einer der Mitbewohner in ihrem Haus im Januar oder Februar 2015 versucht habe, sie mit Gas zu vergiften. Diesen Antrag lehnte der Beklagte nach Auswertung von Unterlagen der Immissionsschutzbehörde und des Bezirksschornsteinfegers mit Bescheid vom 21. Mai 2015 und Widerspruchsbescheid vom 14. September 2015 ab.
Weitere Anträge der Klägerin und mehrerer ihrer Familienangehörigen, die sie in den Verwaltungsverfahren teilweise vertritt, auf Beschädigtenversorgung wegen verschiedener behaupteter Gewalttaten hatten keinen Erfolg.
Die Klägerin beantragte am 29. Dezember 2016 erneut wegen der Unterbringung im ZfP im Jahre 2007 eine Versorgung nach dem OEG. Der Beklagte wertete dies als Antrag auf Überprüfung des damaligen Ablehnungsbescheids im "Zugunsten-Verfahren". Die StA F. teilte mit Schreiben vom 28. März 2017 mit, das Ermittlungsverfahren gegen Assistenzarzt S. und die anderen beschuldigten Behandler sei am 10. Dezember 2012 eingestellt und nicht wieder aufgenommen worden. Neue Verfahren seien nicht anhängig. Weitere Angaben machte die Klägerin nicht. Daraufhin lehnte es das LRA mit Bescheid vom 10. April 2017, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 16. August 2017, ab, den Bescheid vom 29. August 2013 zurückzunehmen.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. August 2017 Klage beim SG erhoben (S 2 VG 3262/17). Sie hat die Bescheinigung von Dr. Z. vom 25. Mai 2015 und die Auskunft des ZfP E. vom 21. Juli 2015 aus dem vorherigen Berufungsverfahren vorgelegt. Angaben zur Sache, insbesondere zu bislang nicht bekannten oder gewürdigten Umständen, hat sie nicht gemacht. Das SG hat daraufhin ihre Klage mit Gerichtsbescheid vom 17. Januar 2017 abgewiesen. Der Beklagte habe die Zurücknahme des damaligen Ablehnungsbescheids zu Recht abgelehnt. Nach wie vor seien die behaupteten Gewalttaten weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.
Hiergegen richtet sich die am 23. Januar 2018 beim LSG erhobene Berufung. Sie verfolgt ihren Antrag auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung weiter. Sie trägt vor, ihr Begehren sei nachweislich vollstens begründet. Die Straftatsachen (die sie bei der Polizei angegeben habe) gegen das ZfP entsprächen der Wahrheit. Ihr Hausarzt könne bestätigen, dass sie an den Folgen von Stromstößen leide, die sie im ZfP erlitten habe. Auch die damalige Fixierung mit Handschellen habe zu bleibenden Hautveränderungen an ihren Handgelenken geführt. Zwei Ärzte des ZfP hätten sich bei ihr wegen der verübten Gewalttaten entschuldigt. Sie legt Ausdrucke von Chats aus Internet-Foren über die Behandlung von Patienten im ZfP E. sowie ihren Schriftwechsel mit der Vorsitzenden der C. (Antwortschreiben vom 7. September 2016) in dieser Sache vor.
Die Klägerin beantragt bei verständiger Auslegung ihres Vortrags,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts F. vom 17. Januar 2018 und den Bescheid vom 10. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. August 2017 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 29. August 2013 zurückzunehmen und zu verurteilen, ihr eine Beschädigtenversorgung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es lägen keine neuen Erkenntnisse vor.
Auch im laufenden Verfahren hat die Klägerin die ihr übersandten Schreiben des Gerichts und die Berufungserwiderung des Beklagten, z.T. mit Anmerkungen, an den Senat zurückgesandt. Alle diese Ausführungen seien unwirksam und zurückzuweisen.
Den mit der Berufung gestellten Antrag der Klägerin, ihr Rechtsanwalt P., Offenburg, als Notanwalt beizuordnen bzw. ihr PKH zu bewilligen und ihn in diesem Rahmen beizuordnen, hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 21. März 2018 abgelehnt.
Im Übrigen wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten der vorherigen Verfahren und des laufenden Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung am 19. April 2018 in der Sache entscheiden, obwohl die Klägerin nicht erschienen war und sich auch nicht hatte vertreten lassen. Sie war mit der Ladung darüber unterrichtet worden, dass auch in Abwesenheit verhandelt und entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Ihre Berufung ist nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 SGG statthaft, insbesondere nicht zulassungsbedürftig, da sie im Nachgang zur Rücknahme des damaligen Ablehnungsbescheids laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie die Klägerin form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG erhoben. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die von der Klägerin erhobene Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Sie hat keinen Anspruch auf Zurücknahme des Ablehnungsbescheids vom 29. August 2013 im Rahmen des von ihr eingeleiteten Überprüfungsverfahrens nach § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und auch nicht auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach § 1 Abs. 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) i.V.m. den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), hier vor allem der §§ 29 ff. BVG im Hinblick auf eine Beschädigtengrundrente (§ 30 Abs. 1 BVG). Der Beklagte hat bei Erlass des Bescheids vom 29. August 2013 das Recht richtig angewandt und den zutreffenden Sachverhalt zu Grunde gelegt. Er hat den schon damals geltend gemachten Anspruch auf Beschädigtenversorgung zu Recht abgelehnt.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält, wer im Geltungsbereich des OEG in Folge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 V 1/12 R -, juris; Urteil des Senats vom 9. November 2017 – L 6 VG 2118/17 –, juris, Rz. 33 ff.).
Die Klägerin erfüllt die persönlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs. Sie ist zwar weder Deutsche (im Sinne von Art. 116 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) noch besitzt sie die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder unterfällt einem Assoziierungsabkommen der EU oder Deutschlands mit einem Drittstaat noch ist gegenüber der Republik Türkei, deren Staatsangehörige sie ist, die Gegenseitigkeit gewährleistet (§ 1 Abs. 4 OEG). Jedoch lebt die Klägerin seit ihrer Geburt im Bundesgebiet und ist im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (Niederlassungserlaubnis), sodass sie nach § 1 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 OEG Leistungen wie Deutsche erhält, weil sie sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhält.
Es fehlt jedoch an dem von § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG vorausgesetzten vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff.
Grundsätzlich ist der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG unter Bezugnahme auf seine im Strafrecht gewonnene Bedeutung in den §§ 113, 121 Strafgesetzbuch (StGB) auszulegen. Danach ist ein tätlicher Angriff eine unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung. Bei der Auslegung des OEG ist entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen, wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht, hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. April 2011 - B 9 VG 2/10 R -, juris, Rz. 32). Auf dieser Basis hat die Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen - möglicher - rechtswidriger Angriffe konkrete Vorgaben entwickelt. Dies gilt nicht nur für die verschiedenen Fälle sexuellen Missbrauchs ohne unmittelbare Gewalteinwirkung, z.B. bei Kindern (BSG, Urteile vom 18. Oktober 1995 - 9 RVg 4/93 - und - 9 RVg 7/93 -, juris). Für die besondere Fallkonstellation des als vorsätzliche Körperverletzung strafbaren ärztlichen Eingriffs gilt daher als zusätzliche Voraussetzung, um eine Gewalttat im Sinne von § 1 Abs. 1 OEG darzustellen, dass der Eingriff objektiv - also aus der Sicht eines verständigen Dritten - in keiner Weise dem Wohl des Patienten dient. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich der Arzt bei seiner Vorgehensweise im Wesentlichen von eigenen finanziellen Interessen leiten lässt und die gesundheitlichen Belange des Patienten hintangestellt hat (BSG, Urteil vom 29. April 2010 – B 9 VG 1/09 R –, juris, Rz. 42). Diese Einschränkung ist notwendig, weil es Fälle gibt, in denen ein ärztlicher Eingriff zwar eine strafbare vorsätzliche Körperverletzung darstellt, weil z.B. - lediglich - der Arzt nicht ordnungsgemäß aufgeklärt hat und der Patient die Einwilligung zum ärztlichen Eingriff bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht erteilt hätte, in denen es aber nicht gerechtfertigt ist, den ärztlichen Eingriff als eine gezielte gewaltsame Einwirkung auf die körperliche Unversehrtheit des Patienten, mithin als eine feindselige Angriffshandlung im Sinne des OEG einzustufen (BSG, a.a.O., Rz. 40 f.).
Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennen das soziale Entschädigungsrecht und damit auch das OEG drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs. 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), der gemäß § 6 Abs. 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben der Antragsteller, die sich auf die mit der Schädigung, also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrunde zu legen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinaus gehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 128 Rz. 3b m. w. N.). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2010 - B 11 AL 35/09 R -, juris, Rz. 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Keller, a. a. O.).
Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, juris, Rz. 4). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 6/13 R -, juris, Rz. 18 ff.) angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
Bei dem "Glaubhafterscheinen" im Sinne des § 15 Satz 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Keller, a. a. O., Rz. 3d m. w. N.), also der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, juris, Rz. 5). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, also es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl. Keller, a.a.O.), weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses, aber kein deutliches Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Tatsachengericht ist allerdings mit Blick auf die Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) im Einzelfall grundsätzlich darin nicht eingeengt, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, juris, Rz. 5). Im Rahmen der Glaubhaftmachung nach § 15 Satz 1 KOVVfG sind alle prozessual zulässigen Mittel der Glaubhaftmachung heranzuziehen, also nicht nur die im sozialgerichtlichen Verfahren anerkannten vier Beweismittel, sondern z.B. auch die Angaben des Antragstellers selbst (vgl. § 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen steht für den Senat der folgende Sachverhalt fest: Die Klägerin wurde am 1. Juni 2007 vom Kreiskrankenhaus L. in das ZfP überwiesen. Nach den für den Senat glaubhaften polizeilichen Zeugenangaben ihres Bruders, der sie auf der gesamten Fahrt von L. nach E. begleitete, wurde sie in einem ersten Krankenwagen bis nach R. gebracht. Dort übernahmen sie für den Kreis E. örtlich zuständigen Polizeibeamten. Im Zuge des Fahrzeugwechsels kam es zu einem Fluchtversuch der Klägerin, die jedoch wieder zurück in das Fahrzeug verbracht werden konnte. Während der Fahrt von R. zum ZfP wurden ihr durch die Polizeibeamten Handschellen angelegt. Wie sich aus den schriftlichen Zeugenauskünften des Chefarztes Dr. S. sowie des Dr. W. vom 8. Juli 2015 ergibt, ist die Klägerin sodann im ZfP vom 1. Juni 2007 um 16.30 Uhr bis zum 2. Juni 2007 um 8.30 Uhr isoliert und fixiert worden, zudem wurden ihr in diesem Zeitraum die Medikamente Ciatyl Accuphase sowie 10 mg Diazepam intramuskulär injiziert, wofür keine Einverständniserklärung vorlag. Danach es bis zur Entlassung am 6. Juli 2007 zu keiner weiteren Fixierung und auch zu keiner weiteren Zwangsbehandlung gekommen.
Alle weiteren von der Klägerin erhobenen Vorwürfe haben sich hingegen nicht objektivieren lassen und erscheinen auch nicht glaubhaft im Sinne von § 15 Satz 1 KOVVfG.
Eine Behandlung mit Stromstößen hat ausweislich der Zeugenauskünfte von Dres. S. und W. im ZfP nicht stattgefunden. Der Senat ist davon überzeugt, dass eine solche Maßnahme in den Krankenunterlagen ebenso dokumentiert worden wäre, wie es hinsichtlich der Isolierungen und Fixierungen sowie der Medikamentengabe tatsächlich geschehen ist, und die schriftlich vernommenen Zeugen in ihrer Auskunft vom 8. Juli 2015 hierüber berichtet hätten. Ganz wesentliche Bedeutung misst der Senat im Übrigen der hier urkundlich zu verwertenden polizeilichen Zeugenaussage des Bruders der Klägerin bei, der ausdrücklich verneint hat, dass seine Schwester ihm zeitnah von einer Strombehandlung oder Angriffen durch Ärzte berichtet hat. Hiervon wäre jedoch auszugehen gewesen, wenn es eine solche Behandlung gegeben hätte, zumal wenn sie mit den körperlichen Folgen verbunden gewesen wäre, welche sie jetzt geltend macht. Die eigenen Schilderungen der Klägerin hält der Senat insoweit nicht für glaubhaft. Im OEG-Verfahren hat sie keinerlei konkrete Einzelheiten zu der angeblichen Behandlung mit Stromstößen vorgetragen, im Übrigen widersprechen sich ihre Angaben. Aus dem Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft F. vom 20. November 2012 ergibt sich, dass sie im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen angegeben hat, sie habe auf einem elektrischen Stuhl Medikamente einnehmen müssen. In ihrem Schreiben an die DRV B. vom 15. März 2013 hat sie hingegen berichtet, sie sei auf einer elektrischen Liege fixiert worden und "mit Stromstößen der E-Liege" seien ihre Muskeln und Sehnen zerstört worden. In ihrem Schreiben vom 26. Januar 2011 an Rechtsanwalt Stengler hat die Klägerin zwar detailliert zum Geschehen nach ihrer Ankunft im ZfP Angaben gemacht, insbesondere sie sei aufgefordert worden, sich auf eine Liege zu legen. Danach sei sie zur Einnahme einer Tablette gezwungen worden, anschließend seien ihre Füße und Hände auf der Liege festgebunden worden, dann seien ihr mehrere Spritzen gegeben worden, anschließend habe sie gespürt, dass die Fesseln immer heißer geworden seien und Fuß- und Handgelenke gebrannt hätten, bis sie schließlich bewusstlos geworden sei. Von Stromstößen hat die Klägerin hingegen nicht berichtet. Der Senat geht deshalb davon aus, dass sie zwar ein Brennen an den Extremitäten verspürt hat, diese Empfindung jedoch nicht auf eine Behandlung mit Stromstößen, sondern letztlich auf die Wirkung der verabreichten Medikamente oder den psychischen Zustand der Klägerin zurückzuführen ist. Wäre sie unter Strom gesetzt worden mit der Folge von Verbrennungen an Händen und Füßen, hätte sie zur Überzeugung des Senats ihren nächsten Angehörigen, insbesondere ihrem Bruder, der sie begleitet und zu späterer Zeit im ZfP besucht hat, hiervon berichtet. Der Nachweis einer Behandlung mit Stromstößen lässt sich auch nicht aufgrund entsprechender medizinischer Befunde führen. Dies steht für den Senat aufgrund der sachverständigen Zeugenauskunft des Facharztes für Dermatologie u a. Dr. Z. fest. Dieser hat als fachkundiger Mediziner die sichtbaren Hautveränderungen keinesfalls für beweisend für eine Fixierung gehalten, mehr spreche für eine längerdauernde chronische Irritation. Dies erscheint auch angesichts des zeitlichen Abstandes von acht Jahren zwischen den behaupteten Ereignissen und der ärztlichen Dokumentation dieser Hautveränderungen glaubhaft. Hinzu kommt, dass sich die Klägerin wegen der angeblichen Verbrennungen der Hände und Füße weder im ZfP noch zu einem späteren Zeitpunkt medizinisch hat behandeln lassen. Gegenüber dem Allgemeinarzt W. hat sie am 10. Juli 2007, also vier Tage nach ihrer Entlassung aus dem ZfP, vielmehr angegeben, sich wohl zu fühlen. Bei Dr. Z. hat sich die Klägerin erstmals 2012 wegen einer von ihr angegebenen Verbrühung des Vorfußes vorgestellt. Aus all dem schließt der Senat, dass es im ZfP nicht zu Verletzungen an Händen und Füßen gekommen ist, welche die Behandlung mit Stromstößen belegen könnten.
Auch soweit die Klägerin sexuelle Misshandlungen durch Mitarbeiter des ZfP behauptet hat, ist dies nicht glaubhaft gemacht und schon gar nicht erwiesen. Sie hat selbst keine konkreten Erinnerungen an ein solches Ereignis und kann daher keine Tatsachen hierzu schildern. Sie vermutet lediglich entsprechende Übergriffe und schließt dies aus Umständen in Bezug auf ihre Menstruation. Wäre die Klägerin aufgrund sexueller Misshandlungen derart verletzt worden, dass es zu massiven Blutungen im Genitalbereich gekommen wäre, ist davon auszugehen, dass sie über entsprechende Verletzungsfolgen gegenüber den Ärzten des ZfP, ihren Verwandten, die sie im ZfP besucht haben, aber auch gegenüber Ärzten außerhalb des ZfP nach dem Aufenthalt dort geklagt hätte. Dies ist jedoch nicht geschehen. Ihr Bruder hat im Rahmen seiner Zeugenaussage auf mehrfache Nachfrage, weshalb sich seine Schwester im ZfP nicht gut behandelt gefühlt habe, letztlich nur noch mitgeteilt, es sei das Umfeld gewesen, das ihr nicht gefallen habe, es seien dort lauter verrückte Leute gewesen. Auf die ausdrückliche Nachfrage, ob die Klägerin darüber berichtet hat, von Ärzten oder vom Pflegepersonal angegriffen worden zu sein, hat der Zeuge erklärt, dass dies nicht der Fall gewesen ist. Sie erzählte auch nicht, Stromstöße erhalten zu haben oder von sexuellen Übergriffen. Auch bei Dr. W. hat die Klägerin, wie bereits dargelegt, keine Angaben zu solchen Handlungen gemacht, sondern sich wohl gefühlt und keine Ängste mehr verspürt.
Auf der anderen Seite ist für den Senat aufgrund der fachärztlichen Stellungnahmen von Dr. M., der behandelnden Ärzte des ZfP sowie der im Rentenverfahren beauftragten Ärztin Dr. K. erwiesen, dass die Klägerin seit langem an einer psychotischen Erkrankung leidet. Dr. M. hatte bereits im Jahr 2000 eine psychotische Episode mit paranoiden Ängsten diagnostiziert und sie deshalb behandelt. Der Entlassbericht des ZfP nannte eine akute schizophreniforme psychotische Störung mit wahnhaften Denkinhalten und optischen Halluzinationen. Bei der ambulanten Anschlussbehandlung ab dem 12. Juli 2007 stellte Dr. M. am 16. Oktober 2007 eine ungünstige Prognose, da keinerlei Behandlungsaussicht und Krankheitseinsicht bestand. Medikamentöse Behandlungsversuche brach die Klägerin gegen ärztlichen Rat ab. Ein weiterer stationärer Aufenthalt im ZfP mit der Diagnose eines Rezidivs der paranoiden Psychose dauerte vom 9. bis 20. April 2010, bereits kurz danach am 10. Mai 2010 ließ sie sich selbst notfallmäßig für eine Nacht im ZfP aufnehmen. Diagnostiziert wurde wiederum eine paranoide Schizophrenie. Bei der Vorstellung am 28. Mai 2010 bei Dr. M. war die Klägerin hochgradig psychotisch und noch am 24. April 2013 hat Dr. K. eine anhaltende wahnhafte Störung diagnostiziert. Der Senat hält diese übereinstimmenden fachärztlichen Einschätzungen für überzeugend und schließt sich der Auffassung von Dr. K. an, wonach die Misshandlungen in Form von Stromstößen und sexuellen Übergriffen ausschließlich das Produkt der wahnhaften Psychose der Klägerin sind.
Von den danach feststehenden Ereignissen, dem Transport mit Handfesseln im Krankenwagen und den Isolierungen bzw. Fixierungen im ZfP sowie der Verabreichung der Medikamente am 1. und 2. Juni 2007, erfüllt keiner die Voraussetzungen des § 1 OEG.
Zwar stellt die Anlegung der Handfesseln durch die Polizeibeamten gegen den Willen der Klägerin ein mit unmittelbarer körperlicher Einwirkung verbundener tätlicher Angriff dar. Diese Handlung war jedoch nicht rechtswidrig. Die Polizeibeamten waren durch Vorschriften des im Jahre 2007 noch geltenden früheren baden-württembergischen Unterbringungsgesetzes (UBG) und des Polizeigesetzes für Baden-Württemberg (PolG) gerechtfertigt. Solche öffentlich-recht-lichen Befugnisnormen stellen strafrechtlich Rechtfertigungsgründe dar und schließen entsprechend einen vorsätzlichen rechtswidrigen Angriff im Sinne von § 1 Abs. 1 OEG aus (Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 OEG, Rz. 67). Voraussetzung für eine solche Rechtfertigung sind das Vorliegen einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage, die sachliche und örtliche Zuständigkeit des handelnden Beamten zum Eingreifen, die gesetzlichen Förmlichkeiten, soweit solche vorgeschrieben sind, der vom zuständigen Vorgesetzten erteilte Auftrag und, soweit der Beamte nach eigenem Ermessen handelt, die Ordnungsmäßigkeit der Ermessensausübung (Urteil des Senats vom 19. April 2012 - L 6 VG 4103/11 -, juris; vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 8. Juli 2011 - 31 Ss 28/11 - juris).
Im Falle der Klägerin lagen zunächst die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 UBG vor. Danach konnte das ZfP E., bei dem es sich nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UBG um eine anerkannte Einrichtung zur Unterbringung psychisch Kranker handelt, die Klägerin - auch schon, bevor der Unterbringungsantrag beim AG gestellt war - "fürsorglich aufnehmen", weil dringende Gründe für die Annahme vorhanden waren, dass eine sofortige Unterbringung erforderlich war. Diese Gründe lagen in dem massiv auffälligen und selbstgefährdenden Verhalten während ihres akuten psychotischen Schubs am 1. Juni 2007 (vgl. § 1 Abs. 4 UBG). In diesem Rahmen war daher die Einweisung der Klägerin in das ZfP an jenem Tage rechtmäßig. Bei der Vollziehung dieser Einweisung konnten sich die Polizeibeamten bei der Fesselung in dem Krankenwagen auf § 52 Abs. 1 PolG stützen. Danach darf unmittelbarer Zwang nur angewandt werden, wenn der polizeiliche Zweck auf andere Weise nicht erreichbar erscheint, insbesondere nicht durch unmittelbaren Zwang gegen Sachen, ferner muss das angewandte Mittel nach Art und Maß dem Verhalten, dem Alter und dem Zustand des Betroffenen angemessen sein. Die Anwendungsvoraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage zur Abwehr von Gefahren für die Klägerin selbst, aber auch für die Allgemeinheit waren erfüllt. Dass bei ihr - allerdings erst in dem zweiten Wagen nach dem Wechsel in R. - Handfesseln angelegt wurden, beruhte auf dem mit erheblichen Leibes- und Lebensgefahren für sich selbst und für weitere Verkehrsteilnehmer verbundene Fluchtversuch beim Umsteigen. Wie sich aus der Zeugenaussage ihres Bruders ergibt, war die Klägerin auf die Straße gesprungen und wollte weglaufen. Erst nach zehn Minuten gelang es, sie in den zweiten Krankenwagen zu verbringen. Bei einem solchen Sachverhalt musste damit gerechnet werden, dass sie bei nächster sich bietender Gelegenheit erneut versuchen würde zu fliehen. Zur Minimierung der Fluchtgefahr, aber auch für einen gefahrfreien Transport war die Anlegung der Handfesseln auch angemessen, nachdem sich die Klägerin vehement der erneuten Verbringung in den Krankenwagen widersetzt hatte und deshalb mit weiterem Widerstand während der Fahrt zu rechnen war. In formeller Hinsicht besteht kein Anlass, an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme zu zweifeln. Der Wechsel der Krankenwagen war gerade deshalb erforderlich, weil die Zuständigkeit der bis nach R. (Ortenaukreis) mitfahrenden Polizeibeamten an der Grenze zum nach R. beginnenden Landkreis E. endete.
Auch die ärztlicherseits im ZfP angeordnete Fixierung der Klägerin sowie die am 1. und 2. Juni 2007 erfolgte Medikamentengabe in Form von intramuskulär verabreichten Injektionen sind zwar tatbestandlich als tätliche Angriffe zu qualifizieren.
Sie waren allerdings bereits nicht strafbar, weil sich die Ärzte bei der Behandlung auf Rechtfertigungsgründe stützen konnten. Die Zwangsbehandlung war nach § 8 Abs. 1 UBG gerechtfertigt, weil sie - wie auch in Laufe der späteren ambulanten Behandlung von Dr. M. bestätigt - krankheitsbedingt zur Einsicht in die Behandlungsbedürftigkeit nicht fähig war, eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die Gesundheit der Klägerin als - vorläufig - untergebrachten Person bestand und die Behandlung dazu geeignet war und dazu diente, diese Gefahr abzuwenden. Diese Zwangsbehandlung war wegen der besonderen Eilbedürftigkeit nach § 8 Abs. 5 Satz 2 UBG - auch schon vor der dann allerdings rückwirkend wirksamen Unterbringungsanordnung durch das AG E. am 6. Juni 2007 zulässig. Die Isolierung und die Fixierung der Klägerin waren in diesem Rahmen als unmittelbarer Zwang im Sinne von § 12 Abs. 1 UBG gerechtfertigt, zumal sie auf ärztliche Anordnung durchgeführt wurden.
Der Senat verkennt nicht, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 12. Oktober 2011 (2 BvR 633/11 –, juris, Rz. 45) § 8 Abs. 2 Satz 2 UBG in der damals noch geltenden Fassung wegen eines Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) für nichtig erklärt hat, weil die Norm damals Zwangsbehandlungen auch zuließ, wenn der Betroffene noch über einen natürlichen Willen bzw. eine natürliche Einsichtsfähigkeit verfügte und er die Behandlung ablehnte. Gleichwohl verbleibt es dabei, dass das Handeln der Ärzte und des Pflegepersonals im ZfP damals gerechtfertigt war und dies auch geblieben ist. § 79 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) bestimmt, dass - mit Ausnahme rechtskräftiger Strafurteile - nicht mehr anfechtbare Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 BVerfGG für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt bleiben. Nur die (weitere) Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Hiernach ist der Beschluss des AG E. vom 6. Juli 2007 in dem Verfahren XIV 51/2007 L, der die damalige Unterbringung und damit auch die anfängliche Zwangsbehandlung der Klägerin genehmigt hat, weiterhin wirksam, weil ihn die Klägerin damals nicht mit Rechtsmitteln angefochten hatte. Bereits dies reicht als formale Rechtfertigung aus (so auch Dau, JurisPR-SozR 22/2015, Anm. 5, Anmerkung zum Urteil des Senats vom 27. August 2015). Hinzu kommt, dass es materiell gegen das Verbot rückwirkenden Strafens (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG) verstieße, eine Strafbarkeit von Ärzten oder Pflegepersonal anzunehmen, wenn eine gesetzliche Vorschrift, die ihr Handeln gerechtfertigt hatte, für nichtig erklärt wird. Ganz unabhängig davon geht der Senat auch davon aus, dass der Klägerin bei der Einlieferung in das ZfP und in den ersten Tagen danach auch die natürliche Willens- und Einsichtsfähigkeit fehlte, in eine Behandlung einzuwilligen, sodass das Handeln des Personals auch nach den Vorgaben des BVerfG gerechtfertigt war.
Unabhängig davon erfüllten die ärztlichen Maßnahmen im ZfP nicht die besonderen Anforderungen, die vorliegen müssen, um auch ggfs. rechtswidrige ärztliche Eingriffe als Angriff im Sinne von § 1 Abs. 1 OEG einzustufen. Sie wurden nicht in feindlicher Willensrichtung durchgeführt. Sie waren vielmehr geboten und notwendig, um die akute psychotische Episode der Klägerin zu behandeln. Es kann in keiner Weise angenommen werden, dass die Maßnahmen nicht ihrem Wohl dienten. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Ärzte im ZfP von einer Motivation geleitet waren, die nicht ihrem Behandlungsauftrag entsprach. Vielmehr ergibt sich aus den eingeholten schriftlichen Zeugenaussagen von Dres. S. und W., dass das Wohl der Klägerin Anlass für die Fixierung und Verabreichung der Medikamente gewesen ist. Denn aufgrund der ausgeprägten Unruhe und Einschränkung der Steuerungsfähigkeit zum Aufnahmezeitpunkt musste davon ausgegangen werden, dass sie ohne Isolierung, Fixierung und Behandlung weiterhin selbst gefährdende Aktionen durchführen würde. Darüber hinaus war auch eine Fremdgefährdung nicht auszuschließen, was die Isolierung der Klägerin rechtfertigte. Dass sie sich in einem erheblichen Erregungszustand befunden hat, wird durch die Zeugenaussage des Bruders bestätigt, der von der Notwendigkeit erheblichen körperlichen Zwangs berichtet hat, um die Klägerin überhaupt in den Krankenwagen zurückzubringen. Auch wenn die für Mitpatienten oder Mitarbeiter des ZfP aufgrund von möglichen Fluchtversuchen bestehenden Gefahren durch eine bloße Isolierung hätten eingeschränkt werden können, wäre eine solche Maßnahme als milderes Mittel ohne gleichzeitige Fixierung aufgrund der weiterhin bestehenden Gefahr einer Selbstverletzung nicht geeignet gewesen. Dass sich die Klägerin in einem Zustand hochgradiger Verwirrtheit befunden hat, wird auch daran deutlich, dass sie selbst vier Tage nach Aufhebung der Fixierung anlässlich der Anhörung durch das AG E. am 6. Juni 2007 noch derart psychisch beeinträchtigt war, dass eine Verständigung mit ihr nicht möglich gewesen ist und der Richter ihr Einverständnis zur Fortsetzung des Aufenthaltes im ZfP nicht als wirksame Willenserklärung gewertet hat. Die Klägerin hat selbst keinen Sachverhalt geschildert, aus dem sich Gründe für eine anderweitige Motivation der die Fixierung anordnenden Ärzte ableiten ließen. Dass sich finanzielle Vorteile hieraus für die Ärzte bzw. die Klinik ergeben könnten, ist nicht ersichtlich, auch andere sachwidrige, nicht dem hippokratischen Eid entsprechende Absichten sind für den Senat nicht erkennbar. Auch der Umstand, dass schon relativ kurzfristig um 21.00 Uhr eine erste Entfixierung versucht worden war, belegt, dass sich die Ärzte ausschließlich dem Wohl der Klägerin verpflichtet sahen und schnellstmöglich die Fixierung beenden wollten. Eine dem widersprecheßnde Motivation kann dem festgestellten Sachverhalt nicht entnommen werden und ist von ihr letztlich auch zu keinem Zeitpunkt begründet worden.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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