L 12 AS 591/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 23 AS 5088/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 591/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.01.2017 wird abgeändert. Der Bescheid des Beklagten vom 18.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 05.11.2013 wird aufgehoben, soweit die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II über einen Betrag in Höhe von 3.595,52 EUR hinaus aufgehoben und vom Kläger Erstattung überzahlter Leistungen gefordert worden ist.

Im Übrigen werden die Berufungen des Klägers und des Beklagten zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger ein Viertel seiner außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeiträume vom 01.12.2009 bis 31.08.2010 sowie vom 01.09.2011 bis 31.08.2012 teilweise aufheben und vom Kläger die Erstattung zu Unrecht ausgezahlter Leistungen in Höhe von insgesamt 5.065,00 EUR fordern durfte.

Der 1951 geborene Kläger bezog seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Arbeitslosengeld [Alg] II). Bis 31.08.2012 bewohnte er eine (möblierte) Mietwohnung mit vier Zimmern und einer Wohnungsgröße von ca. 98 qm in der H.-Straße xx in yyyyy B ... Es handelte sich dabei um einen alten Bauernhof. Mit den Vermietern, die in S. lebten, hatte der Kläger vereinbart, dass er sich um die Immobilie kümmere und gelegentlich anfallende Verrichtungen übernehme. Im Gegenzug hatten die Vermieter angeboten, ihm einen Teil der 300,00 EUR betragenden Miete zu erlassen. Auf Wunsch des Klägers einigten sich die Mietvertragsparteien dann aber dahingehend, dass der Kläger die Miete weiterhin voll bezahle und die Vermieter im Gegenzug den als Gegenleistung für die Betreuung der Immobilie erlassenen Betrag an den Sohn des Klägers als finanzielle Hilfe während des Studiums weiterleiten sollten. Von dieser Vereinbarung hatte der Beklagte zunächst keine Kenntnis.

In der Zeit von Juli 2011 bis Oktober 2011 erzielte der Kläger Nebeneinkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung in der K.-Hütte Das Einkommen betrug im Juli 2011 105,00 EUR, im August 2011 67,50 EUR, im September 2011 90,00 EUR und im Oktober 2011 67,50 EUR. Das Gehalt wurde jeweils im Folgemonat ausgezahlt.

Den streitgegenständlichen Zeitraum betreffend stellte der Kläger am 29.05.2009, am 28.05.2010, am 17.05.2011, am 07.12.2011 und am 11.06.2012 Fortzahlungsanträge. Hierbei gab er durchgängig an, monatlich 300,00 EUR Miete zu zahlen. Mit Bewilligungs- und Änderungsbescheiden vom 12.06.2009, vom 07.06.2010, vom 06.04.2011, vom 15.06.2011, vom 22.11.2011, vom 14.12.2011 und vom 26.06.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum Alg II. Hierbei legte er jeweils den Regelsatz und Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von 300,00 EUR monatlich zugrunde. Einkommen wurde lediglich für den Monat August 2011 (wegen des im Vormonat erzielten Gehalts in Höhe von 105,00 EUR) in Höhe von 4,00 EUR angerechnet (Änderungsbescheid vom 22.11.2011).

Durch ein Schreiben der Vermieter des Klägers vom 03.07.2012 erhielt der Beklagte Kenntnis über die zwischen den Mietvertragsparteien getroffene Abrede. In diesem Schreiben wurde mitgeteilt, der Kläger habe in der Zeit von Oktober 2009 bis März 2012 monatlich 100,00 EUR, in der Zeit von April 2012 bis Juni 2012 monatlich 150,00 EUR gezahlt. Ab Juli 2012 solle er wieder den vollen Mietzins in Höhe von 300,00 EUR zahlen. In der Folge hörte der Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung an (Anhörungsmitteilung vom 12.12.2012). Mit Bescheid vom 18.02.2013 verfügte der Beklagte, die Bescheide vom 07.06.2010, vom 12.06.2010, vom 14.12.2011 und vom 26.06.2012 würden mit Wirkung vom 01.10.2009 bis 31.08.2012 (teilweise) "widerrufen". Zur Begründung führte der Beklagte aus, die anerkannte Miete in Höhe von 300,00 EUR monatlich sei nur teilweise an die Vermieter weitergeleitet worden. Hierdurch sei es zu einer Überzahlung in Höhe von insgesamt 3.300,00 EUR gekommen. Diesen Betrag habe der Kläger zu erstatten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 18.03.2013 Widerspruch. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens legte er eine schriftliche Erklärung seines Sohnes T. F. vom 22.12.2012 vor, in der dieser angab, für die Monate Januar 2010 bis August 2010 eine Unterstützung in Höhe von 200,00 EUR monatlich und für die Zeit vom März 2012 bis Mai 2012 eine Unterstützung in Höhe von 150,00 EUR über das Konto der Vermieter des Klägers erhalten zu haben. Darüber hinaus legte der Kläger eine Bestätigung von Frau C. M. vom 10.01.2013 vor, nach der der Kläger für die Monate Oktober und November 2009 wegen der Renovierung seiner Wohnung eine Ferienwohnung angemietet und dafür einen Mietzins in Höhe von 300,00 EUR monatlich zu entrichten hatte.

Anfang August 2013 erhielt der Beklagte über einen Datenabgleich Kenntnis, dass der Kläger seit 01.08.2011 bei der Taxi-Zentrale xyxy als geringfügig Beschäftigter gemeldet war. Auf Nachfrage des Beklagten legte der Kläger die Kopie eines an den Beklagten "z. Hd. Herrn I." gerichteten Schreibens vom 12.08.2011 vor, in dem die Aufnahme einer Beschäftigung als Taxi-Fahrer bei der Taxi-Zentrale xyxy mitgeteilt wird. Nach Vorlage von Kontoauszügen und Gehaltsabrechnungen berechnete der Beklagte die Leistungen für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum neu, änderte mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2013 den Bescheid vom 18.02.2013 sowie die Bescheide vom 12.06.2009, vom 07.06.2010, vom 22.11.2011, vom 14.12.2011 und vom 26.06.2012 für die Zeiträume vom 01.12.2009 bis 31.08.2010 sowie vom 01.09.2011 bis 31.08.2012 ab und fordert vom Kläger die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von insgesamt 5.065,52 EUR.

Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 13.11.2013 schriftlich beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Im Verlauf des Klageverfahrens hat der Beklagte eine Probeberechnung vorgelegt, nach der sich der Erstattungsbetrag um 1.170,00 EUR reduzieren würde, wenn man die Differenz zwischen bewilligten KdU und tatsächlichen Mietzahlungen nicht, wie im angegriffenen Widerspruchsbescheid angenommen, als Minderung des Unterkunftsbedarfs, sondern als Einkommen berücksichtigen würde.

Mit Urteil vom 19.01.2017 hat das Sozialgericht Freiburg (SG) den angegriffenen Bescheid vom 18.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2013 insoweit aufgehoben, als ein über 4.765,52 EUR hinausgehender Betrag zurückgenommen und ein über 2.250,00 EUR hinausgehender Betrag zur Erstattung festgesetzt worden ist. Die Aufhebungsentscheidung erweise sich (nur) im Hinblick auf den Monat August 2012 als rechtswidrig, da der Kläger für diesen Monat die volle Miete gezahlt habe. Die Erstattungsentscheidung sei im Hinblick auf die Berücksichtigung von Einkommen aus der Beschäftigung bei der Taxi-Zentrale xyxy rechtswidrig, da der Kläger zur Aufhebung- und Erstattung nicht angehört worden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 15.02.2017 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Beklagten und die beim SG eingelegte Berufung des Klägers.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.01.2017 abzuändern und den Bescheid vom 18.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2013 aufzuheben sowie

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.01.2017 abzuändern, soweit ein unter 4.765,52 EUR liegender Betrag zur Erstattung festgesetzt worden ist und die Klage insoweit abzuweisen sowie

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er trägt unter Vorlage der Anhörungsmitteilung vom 08.02.2017 vor, er habe die Anhörung zwischenzeitlich nachgeholt. Der Kläger habe sich binnen der gesetzten Frist nicht inhaltlich geäußert. Nach erneuter inhaltliche Überprüfung halte er an der getroffenen Entscheidung fest.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Berufungsakten des Senats, die Gerichtsakten des SG und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen des Klägers und der Beklagten haben teilweise Erfolg.

Die Berufungen sind statthaft, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurden sowohl vom Kläger als auch vom Beklagten die maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) beachtet. Die Berufungen sind teilweise in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet.

Gegenstand der (isolierten) Anfechtungsklage ist der Bescheid vom 18.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2013, mit dem der Beklagte die Entscheidungen über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeiträume vom 01.12.2009 bis 31.08.2010 sowie vom 01.09.2011 bis 31.08.2012 teilweise aufgehoben und vom Kläger die Erstattung zu Unrecht ausgezahlter Leistungen in Höhe von insgesamt 5.065,00 EUR gefordert hat. Dieser Bescheid ist allerdings nicht mehr Gegenstand der Überprüfung im Berufungsverfahren, soweit die Aufhebung den Monat August 2012 betrifft und die geforderte Erstattung einen Betrag in Höhe von 4.765,52 EUR übersteigt. Insoweit ist der angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid bereits durch das Urteil des SG vom 19.01.2017 aufgehoben und dies vom Beklagten nicht mit der Berufung angegriffen worden. Darüber hinaus erweist sich der Bescheid vom 18.02.2013 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2013) aber auch insoweit als rechtswidrig und den Kläger in subjektiven Rechten verletzend, als die angegriffene Aufhebung einen Betrag in Höhe von 3.595,52 EUR übersteigt. In dieser Höhe hat der Kläger dem Beklagten zu Unrecht gewährte Leistungen zu erstatten.

In formeller Hinsicht ist die (zunächst) fehlende Anhörung des Klägers im Verlauf des Berufungsverfahrens sowohl im Hinblick auf die angegriffene Aufhebung der Leistungsbewilligung, als auch hinsichtlich der Erstattungsentscheidung wirksam nachgeholt und der Anhörungsfehler, der Grundlage der angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung gewesen ist, damit geheilt worden (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]). Der Kläger ist durch die Anhörungsmitteilung vom 08.02.2017 zur Aufhebung und Erstattung im zuletzt verfügten Umfang förmlich angehört worden. Alle maßgeblichen Tatsachen waren ihm zudem aufgrund des zu diesem Zeitpunkt schon ergangenen Urteils des SG vom 19.01.2017 bekannt. Nach Ablauf der zur Anhörung gesetzten Frist hat der Beklagte – nach erneuter inhaltliche Überprüfung – dem Senat mitgeteilt, er halte an der getroffenen Entscheidung fest. Damit erfüllt das vorliegende Anhörungsverfahren die in der Rechtsprechung (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 26.07.2016 – B 4 AS 47/15 R –, SozR 4-1500 § 114 Nr. 2) aufgestellten Anforderungen an ein formalisiertes Verfahren zur Heilung eines Anhörungsmangels während des Gerichtsverfahrens.

Verfahrensrechtliche Grundlage für die teilweise Aufhebung der dem Kläger für die Zeit vom 01.11.2012 bis 30.04.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligenden Bescheide vom 12.06.2009, 07.06.2010, 06.04.2011, 15.06.2011, 22.11.2011, 14.12.2011 und 26.06.2012 ist § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der ab 01.04.2011 geltenden Fassung) in Verbindung mit § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 Satz 1). Dies soll – rückwirkend – ab dem Zeitpunkt der Änderung erfolgen, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1), der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchsgeführt haben würde (Abs. 1 Satz 2 Nr. 3), oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Insoweit ist entgegen § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ("soll") nach § 330 Abs. 3 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) – geltend seit 01.01.1998 – auch in atypischen Fällen keine Ermessensausübung geboten.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage liegen vor. Mit dem jeweiligen Zufluss der Zahlungen der Vermieter des Klägers an dessen Sohn und des Gehalts aus der (geringfügigen) Beschäftigung als Taxifahrer ist eine die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Alg II rechtfertigende wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten. Hierbei sind jedoch, abweichend zur Entscheidung des SG, die Zahlungen der Vermieter an den Sohn des Klägers nicht als Minderung der Kosten der Unterkunft und Heizung, sondern als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II zu werten.

Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Der Kläger erfüllte im streitigen Zeitraum die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II; hilfebedürftig war er wegen der Zahlungen der Vermieter und des Gehalts aus der Tätigkeit als Taxifahrer jedoch nicht in dem vom Beklagten der ursprünglichen Leistungsbewilligung zugrunde gelegten Umfang.

Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, u. a. nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier anzuwendenden, bis 31.07.2016 gültigen Neufassung des SGB II vom 13.05.2011 (BGBl. I S. 850) sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen. Gemäß Abs. 2 Satz 1 der Norm sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Diese Regelung schreibt die Geltung des so genannten Zuflussprinzips gesetzlich fest. Weiter wird als Verteilzeitraum laufender Einnahmen der Kalendermonat bestimmt, und dies unabhängig vom konkreten Zeitpunkt des Zuflusses im Verlaufe des Monats, um sicher zu stellen, dass Einnahmen in dem Zeitraum Berücksichtigung finden, für die Leistungen gewährt werden. Das SGB II geht damit vom Monatsprinzip aus, d.h. Bedarfe und Einnahmen sind jeweils monatsweise gegenüberzustellen (vgl. auch § 41 Abs. 1 SGB II).

Als Einkommen im dargelegten Sinn sind nicht nur das von der Taxi-Zentrale 5000 an den Kläger gezahlte Gehalt, sondern auch die Zahlungen der Vermieter des Klägers an dessen Sohn zu werten. Nach dem Vorbringen des Klägers im Verfahren steht fest, dass der Kläger Arbeitsleistungen zur Betreuung und Erhaltung des im Eigentum der Vermieter stehenden Bauernhofs erbracht hat. Diese Arbeitsleistung sollte nach übereinstimmender Auffassung der Mietvertragsparteien nicht unentgeltlich erfolgen; die Vermieter wollten den Kläger hierfür ersichtlich entlohnen. Die getroffene Abrede stellt sich deshalb als Dienstvertrag im Sinne des § 611 Bürgerliches Gesetzbuch dar, der dadurch gekennzeichnet ist, dass der eine Vertragspartner zur Leistung versprochener Dienste und der andere Vertragspartner zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet ist. Diese Vergütung ist deshalb als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II zu werten, wobei unbeachtlich ist, dass diese nicht direkt an den Kläger, sondern entsprechend der zwischen den Mietvertragsparteien getroffenen Abrede an den Sohn des Klägers überwiesen worden ist. Dementsprechend reduziert sich die Überzahlung nach der vom Beklagten im Verlauf des erstinstanzlichen Klageverfahrens vorgelegten Probeberechnung, die sich der Senat aufgrund eigener Überzeugungsbildung zu eigen macht, um 1.170,00 EUR, die von der nach dem Urteil des SG verbleibenden Überzahlung in Höhe von 4.765,52 EUR in Abzug zu bringen sind. Im Übrigen hat der Beklagte die Leistungsansprüche des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum und die sich daraus ergebende Überzahlung zutreffend berechnet; der Senat nimmt insoweit auf die in der Leistungsakte des Beklagten enthaltenen, im Vorfeld der Entscheidung über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 18.02.2013 erstellten Berechnungen Bezug und macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung zu eigen. Im Ergebnis verbleibt als Gegenstand der Aufhebungsentscheidung damit eine Überzahlung in Höhe von 3.595,52 EUR.

Der Beklagte war (dem Grunde nach) auch berechtigt, die Bewilligung von Alg II mit Wirkung ab dem (jeweiligen) Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse teilweise aufzuheben; die besonderen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X liegen vor. Der Kläger hat dem Beklagten weder die mit seinen Vermietern getroffene Abrede, noch die Aufnahme der Erwerbstätigkeit als Taxifahrer mitgeteilt. Die Abrede über die Zahlungen an den Sohn des Klägers betreffend, wird dies vom Kläger auch nicht bestritten. Soweit er die Kopie eines Schreibens an den Beklagten vom 12.08.2011 mit Angaben über seine Tätigkeit als Taxifahrer vorgelegt hat, kann nicht festgestellt werden, dass ein solches Schreiben tatsächlich an den Beklagten abgeschickt worden und dort auch angekommen ist. Bejahendenfalls hätte sich der Kläger jedenfalls zu weiteren Angaben bzw. Nachfragen veranlasst sehen müssen, nachdem eine Berücksichtigung des erzielten Einkommens im Rahmen der laufenden Leistungsbewilligung nicht erfolgt ist. Damit ist der Kläger auch einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Darüber hinaus hat er nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt, das zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Letztlich hätte er auch wissen müssen, dass sowohl die von seinen Vermietern geleisteten Zahlungen, als auch sein Gehalt als Taxifahrer bei der Berechnung der ihm zustehenden Leistungen anspruchsmindernd hätten berücksichtigt werden müssen. Damit liegt auch grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 48 Abs. Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X vor. Die einzuhaltenden Fristen sind gewahrt; der Beklagte hat die teilweise Aufhebung und die Erstattungsforderung insbesondere binnen eines Jahres nach erstmaliger Erlangung der Kenntnis über die eine teilweise Aufhebung der Bewilligung rechtfertigenden Tatsachen verfügt. Die Erstattungspflicht folgt dem Umfang der Aufhebung des Alg II gemäß § 50 Abs. 1 SGB X nach.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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