Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 3726/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 711/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen des Klägers gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. Februar 2016 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch der Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die nur auf insgesamt sechs Monate befristete und nur als Vorschluss erfolgte Bewilligung von Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für Juli bis Dezember 2015.
Der Kläger ist in 1965 geboren. Er lebt allein in einer Wohnung in R., für die er Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 338,00 Euro monatlich zu zahlen hat. Er ist privat kranken- und pflegeversichert. Er bezog seit mehreren Jahren Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII.
Am 20. Mai 2014 gab der Kläger gegenüber dem Beklagten eine Vermögenserklärung ab, laut der er über Barvermögen in Höhe von ca. 400,00 Euro sowie über drei Bankkonten, hierauf aber lediglich über Geldmittel in Höhe von 2,00 Euro, verfüge. Der Beklagte bewilligte ihm daraufhin Leistungen für Januar 2014 bis Juni 2015, unter anderem ab 1. September 2014 bis zum 30. Juni 2015 Leistungen in Höhe von monatlich 887,53 Euro (Änderungs-/Weiterbewilligungsbescheid vom 11. Juni 2014). Mit Bescheid ("Mitteilung über die Änderung von laufenden Leistungen") vom 9. Dezember 2014 berechnete der Beklagte die Leistungen wegen der Anpassung der Regelsätze und der davon abhängigen Beträge neu. Beigefügt war ein Berechnungsbogen für Januar 2015 mit einer gewährten Leistung in Höhe von 895,53 Euro.
Mit Änderungsbescheid vom 8. Januar 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen in Höhe von 902,38 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2015 und hob alle vorhergehenden Bescheide über die Gewährung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII auf, soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen.
Am 8. Januar 2015 erfolgte auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft B.-B. in einem gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren (9 Gs 1131/14) eine polizeiliche Durchsuchung der Wohnung des Klägers. Mit Schreiben vom 26. Januar 2015 teilte Polizeikommissar S. vom Polizeipräsidium O. (Polizeirevier R.) dem Beklagten mit, dass die Wohnung des Klägers durchsucht worden sei. Bei der Durchsuchung sei unter einem Stapel von Kleidern und sonstigen Gegenständen Bargeld in Höhe von 11.400,00 Euro aufgefunden worden. Das Bargeld sei dem Kläger belassen worden. Auf telefonische Rückfrage des Beklagten teilte Polizeikommissar S. am 2. Februar 2015 mit, dass nicht bekannt sei, woher der Geldbetrag stamme bzw. seit wann der Kläger im Besitz dieses Geldes sei.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2015 teilte der Beklagte dem Kläger mit, vom Polizeirevier R. die Mitteilung bekommen zu haben, dass in seiner Wohnung ein Bargeldbetrag in Höhe von 11.400,00 Euro gefunden worden sei. Zum vorrangig einzusetzenden Vermögen zähle auch Bargeld. Der Betrag von 11.400,00 Euro übersteige bei weitem die Vermögensfreigrenze von 2.600,00 Euro, so dass beabsichtigt sei, den Bewilligungsbescheid vom 11. Juni 2014 bzw. den Änderungsbescheid vom 8. Januar 2015 aufzuheben und gegebenenfalls zu Unrecht bezogene Leistungen zurückzufordern. In den vom Kläger eingereichten unterschriebenen Vermögenserklärungen sei dieses Barvermögen nicht angegeben worden. Der Beklagte bat insbesondere um Mitteilung, woher dieses Barvermögen stamme und seit wann der Kläger in Besitz dieses Barvermögens sei. Zugleich erhielt er Gelegenheit zur Äußerung.
Der Kläger äußerte sich daraufhin mit bei dem Beklagten am 4. Februar 2015 eingegangenem Schreiben, dass er keine 11.400,00 Euro gehabt habe. Er habe für den Notfall 1.400,00 Euro in Scheinen gespart. Ein Zettel mit der Aufschrift "114000 EU" (sic!) habe mit dem Geld in der Kaffeebox gelegen. Die Polizeibeamten hätten sich nicht die Mühe gemacht, das Geld zu zählen. Die Beamten seien schlecht auf ihn zu sprechen gewesen und hätten es nicht gerne gesehen, dass er Bargeld besitze. Er habe keine Schwarzarbeit geleistet oder Lohn bekommen.
Auf Anfrage des Beklagten übersandte das Polizeirevier R. einen Vermerk des Zeugen Polizeioberkommissar K. vom 11. Februar 2015, worin dieser ausführt, dass er zusammen mit dem Zeugen Polizeiobermeister D. die Durchsuchung beim Kläger durchgeführt habe. Unter einem Stapel Kartons habe er in einer Blechbüchse einen Umschlag mit der Aufschrift 11.400,00 Euro aufgefunden. Nach Öffnen des Umschlages, der nicht verklebt gewesen sei, habe er ein dickes Bündel mit 500 Euro-, 100 Euro- und 50 Euro-Scheinen gefunden. Grob überschlagen habe es sich um ein Minimum von ca. 10.000,00 Euro gehandelt. Auf Nachfrage habe der Kläger geantwortet, das Geld gehöre ihm. Dies ginge die Polizisten nichts an. Die Angabe des Klägers, es habe sich lediglich um 1.400,00 Euro gehandelt, entspreche nicht der Wahrheit.
Mit Bescheid vom 11. März 2015 hob der Beklagte seinen Bescheid vom 8. Januar 2015 mit Wirkung ab dem 1. März 2015 "gemäß § 45 SGB X i.V.m. § 48 SGB X" auf. Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen sei einkommens- und vermögensabhängig. Änderungen in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen seien ihm als Leistungsträger unverzüglich mitzuteilen. Da der Kläger nach Aktenlage Barvermögen besitze, das die Vermögensfreigrenze von in seinem Fall 2.600,00 Euro übersteige, sei die Leistungsgewährung aufzuheben. Das Polizeirevier R. habe auf Rückfrage bestätigt, dass der gefundene Bargeldbetrag mindestens ca. 10.000,00 Euro betragen habe.
Gegen den Bescheid vom 11. März 2015 erhob der Kläger am 16. März 2015 Widerspruch. Der Polizeibeamte K. habe weder die Echtheit noch die tatsächliche Summe des Bargeldes geprüft. Es sei eine bösartige Behauptung, die durch nichts belegt sei und die zu seinen Lasten gehe. Seine Existenz gehe hierdurch kaputt, u.a. wegen Wohnungsverlust. Zwar habe er etwas Geld zusammen gespart, aber dafür dürfe man ihn nicht bestrafen. Hier gehe es nicht um Objektivität und Richtigkeit, sondern um Feindschaft zwischen ihm und den beiden Polizeibeamten. Die Stimmung sei feindselig und aufgeheizt gewesen. Man habe nur das Schlechte gesucht und keine Objektivität in der Sache. Ein Zettel mit der Aufschrift 11.400,00 Euro habe nicht existiert. Auf dem Zettel hätte 1.140,00 Euro gestanden. Beim Polizeibeamten K. handele es sich nicht um eine Person, die tagtäglich mit Geld zu tun habe, insbesondere nicht mit Summen, die im Bargeldbereich Beträge von über 500,00 Euro, geschweige denn 10.000,00 Euro erreichten. Bei entsprechenden Geldbündeln, insbesondere Stückelungen von 100,00 Euro- bzw. 50,00 Euro-Scheinen sei sehr schnell ein Irrtum möglich. Eine grobe Schätzung sei daher äußerst zweifelhaft.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2015 zurück. Nach der glaubhaften Darstellung des Polizeireviers R. habe der Kläger im Januar 2015 über erhebliches Vermögen in Form von Bargeld in Höhe von mindestens 10.000,00 Euro verfügt. Selbst nach Abzug von 2.600,00 Euro gemäß § 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zu § 90 SGB XII übersteige dieses Vermögen den festgestellten sozialhilferechtlichen Bedarf in Höhe von monatlich 902,38 Euro. Dass dieses Vermögen bis zum heutigen Tag verbraucht oder aus anderen Gründen nicht mehr zur Verfügung stehe, sei nicht dargetan. Der Bescheid vom 8. Januar 2015 sei daher gemäß § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung zum 1. März 2015 zurückgenommen worden. Das Bargeld habe dem Kläger schon im Januar 2015 zur Verfügung gestanden, so dass der Bescheid vom 8. Januar 2015 von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Das Vertrauen des Klägers in die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sei nicht schutzwürdig gewesen, da er in der zuletzt eingereichten Vermögenserklärung angegeben habe, über lediglich 400,00 Euro Barvermögen zu verfügen.
Hiergegen erhob der Kläger am 30. März 2015 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage (S 4 SO 1091/15) und verwies auf sein bisheriges Vorbringen. Der Beklagte könne nicht so tun als wäre das Wort der Polizeibeamten ohne jeden Zweifel richtig. Die Polizeibeamten hätten sich nicht die Mühe gemacht, das Geld zu zählen. Der Polizeibeamte K. habe sich nur auf einen Zettel mit der Aufschrift 11.400,00 Euro ausgerichtet.
Am 16. Juni 2015 beantragte der Kläger beim Beklagten die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen ab dem 1. Juli 2015. Der Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 29. Juni 2015 Leistungen in Höhe von insgesamt 902,38 Euro (Regelbedarf: 399,00 Euro; Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung: 41,81 Euro; Zuschuss zur sozialen Pflegeversicherung: 24,57 Euro; Unterkunftskosten: 338,00 Euro) monatlich für Juli bis September 2015 als Vorschuss gemäß § 42 SGB I.
Hiergegen erhob der Kläger am 6. Juli 2015 Widerspruch. Am 31. Juli 2015 sprach der Kläger bei dem Beklagten vor, ohne auf das Widerspruchsverfahren einzugehen. Er berichtete stattdessen, dass er am Vortag bei dem Versuch, neben einer Tischtennisplatte zu jonglieren, um Bargeld in Höhe von 1.450,00 Euro bestohlen worden sei, weswegen er über keine baren Mittel für August 2015 verfüge. Der Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 31. Juli 2015 eine sofortige Barauszahlung in Höhe von 280,00 Euro.
Mit Bescheid vom 18. September 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen in Höhe von monatlich insgesamt 902,38 Euro für Oktober bis Dezember 2015 als Vorschuss gemäß § 42 SGB I. Hiergegen erhob der Kläger am 23. September 2015 Widerspruch.
Mit zwei gesonderten Widerspruchsbescheiden vom 6. November 2015 wies der Beklagte die beiden Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 29. Juni und 18. September 2015 zurück. Die Höhe des sozialhilferechtlichen Anspruchs sei korrekt ermittelt worden. Die Leistung sei auch in rechtmäßiger Weise als Vorschuss gewährt worden, da die genaue Feststellung der Leistungshöhe voraussichtlich aufgrund des anhängigen gerichtlichen Verfahrens noch längere Zeit in Anspruch nehmen werde. Schließlich sei auch die Verkürzung des Bewilligungszeitraumes zulässig gewesen. Gemäß § 44 Abs. 1 SGB XII werde die Leistung in der Regel für zwölf Kalendermonate bewilligt. Es handele sich aber nicht um eine zwingende Vorschrift. Dies gehe aus der Formulierung "in der Regel" hervor. Für eine Abweichung sei ein sachlicher Grund erforderlich. Dies sei hier der Fall, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers Gegenstand eines Gerichtsverfahrens seien. Sofern sich in diesem Verfahren herausstelle, dass der Kläger über Vermögen verfüge, das sozialhilferechtlich einzusetzen sei, stelle dies eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar. Zudem werde mit dem verkürzten Zeitraum der Tatsache Rechnung getragen, dass der Kläger ihn – den Beklagten – bereits in der Vergangenheit nicht rechtzeitig und vollständig über seine Vermögensverhältnisse aufgeklärt habe.
Der Kläger hat am 18. November 2015 beim SG Klagen gegen den Bescheid vom 29. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2015 bezüglich Juli bis September 2015 (S 4 SO 3732/15) und gegen den Bescheid vom 18. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2015 bezüglich Oktober bis Dezember 2015 (S 4 SO 3726/15) erhoben, ohne diese zu begründen.
Das SG hat im Verfahren S 4 SO 1091/15 (Leistungsaufhebung für März bis Juni 2015) Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen Polizeioberkommissar K. und Polizeiobermeister D. in der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2015 und die Klage mit Urteil vom 24. November 2015 abgewiesen. Der Beklagte sei berechtigt gewesen, die bewilligten Leistungen auch rückwirkend für die Vergangenheit im gegebenen Umfang aufzuheben. Denn ein Verwaltungsakt solle nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X bereits mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden sei, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hätte. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und der Beweisaufnahme sei die Kammer davon überzeugt, dass dem Kläger zum Zeitpunkt Ende Januar 2015 am Tag der Hausdurchsuchung 11.400,00 Euro Bargeld zur Verfügung gestanden habe, welches dieser gegenüber dem Beklagten verschwiegen habe. Da dieser Geldbetrag anrechenbares Vermögen nach § 90 SGB XII bei der Gewährung von Leistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII darstelle und das Schonvermögen von 2.600,00 Euro deutlich übersteige, sei der Beklagte berechtigt gewesen, die Bewilligung von Leistungen ab dem 1. März 2015 aufzuheben. Die Behauptung des Klägers, es habe sich bei dem aufgefundenen Geld lediglich um 1.400,00 Euro gehandelt, sei eine Schutzbehauptung. Wenig glaubwürdig erscheine insbesondere der Vortrag des Klägers, dass auf diesem geringen Betrag ein Zettel mit der Aufschrift 11.400,00 Euro gewesen sein solle. Er sei jegliche Erklärung dafür schuldig geblieben, warum auf dem Geldbündel eine falsche Geldsumme vermerkt gewesen sein solle. Das Interesse des Klägers am Ausgang des vorliegenden Klageverfahrens sei offenkundig. Demgegenüber sei kein besonderes Interesse der beiden Zeugen am Ausgang des vorliegenden Klageverfahrens erkennbar. Die beiden als Zeugen gehörten Polizisten, die die Hausdurchsuchung durchgeführt hätten, hätten durchgehend glaubhaft geschildert, dass es sich bei dem aufgefundenen Barbetrag um einen deutlich höheren Betrag gehandelt habe, denn sie hätten beide bestätigt, dass neben anderen Geldscheinen vor allem auch mehrere 500 Euro-Scheine in dem dicken Geldbündel enthalten gewesen seien. Angesichts dieses Umstandes sei ein Nachzählen des Geldes für die Feststellung, dass es sich um einen erheblich höheren Geldbetrag gehandelt habe, nicht erforderlich. Das bei dem Kläger vorgefundene Warenlager, bestehend aus zahlreichen Messersets und Scheren, lege es zudem nahe, dass der Kläger, der selbst nicht so viele Messersets und Scheren wie vorgefunden benötige, aus dem Umschlag dieser Gegenstände ein weiteres Einkommen erzielt habe, das er gegenüber dem Beklagten nicht angegeben habe. Die weitere Behauptung des Klägers, einer der beiden Polizeibeamten sei schlecht auf ihn zu sprechen gewesen, habe sich nicht durch objektive Anhaltspunkte bei der Zeugenvernehmung oder aus der Akte bestätigen lassen. Die Zeugen hätten einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Auch habe die Erinnerung der Zeugen an die Hausdurchsuchung und das aufgefundene Geldbündel authentisch und glaubhaft gewirkt.
Gegen das ihm am 28. November 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. Dezember 2015 Berufung eingelegt (L 7 SO 5038/15). Er bestreite alle Anschuldigungen. Er habe weder mehr als 2.600,00 Euro noch über 100 Scheren oder neu verpackte Messersets besessen. Er wisse nicht, was die Beamten damit bezwecken wollten. Der Senat hat diese Berufung des Klägers mit Beschluss vom 30. März 2017 zurückgewiesen. Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde des Klägers hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 17. Mai 2018 als unzulässig verworfen (B 8 SO 77/17 B).
Das SG hat die Klagen in den Verfahren S 4 SO 3732/15 und S 4 SO 3726/15 mit Gerichtsbescheiden vom 10. Februar 2016 abgewiesen. Der Beklagte habe die Leistungshöhe zutreffend festgestellt; dies habe der Kläger auch nicht beanstandet. Die Leistungen seien auch in rechtmäßiger Weise als Vorschuss geleistet worden, da die genaue Feststellung der Leistungshöhe voraussichtlich aufgrund des anhängigen gerichtlichen Verfahrens noch längere Zeit in Anspruch nehmen werde. Es bestehe aufgrund des Geldfundes bei dem Kläger die konkrete Vermutung, dass dieser tatsächlich eine geringere Bedürftigkeit aufweise als er behaupte. Hieran ändere auch die Behauptung des Klägers, er sei am 30. Juli 2015 bestohlen worden, nichts. Denn selbst bei Zugrundelegung dieses Vortrages handele es sich bei dem angeblich gestohlenen Betrag nur um einen Bruchteil der bei dem Kläger im Rahmen der Hausdurchsuchung aufgefundenen Geldsumme. Auch die Verkürzung des Bewilligungszeitraumes sei zulässig gewesen.
Gegen die ihm am 11. Februar 2016 zugestellten Gerichtsbescheide hat der Kläger am 18. Februar 2016 beim SG Berufungen eingelegt (für den Zeitraum Juli bis September 2015: L 7 SO 712/16; für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2015: L 7 SO 711/16). Der Senat hat die beiden Verfahren mit Beschluss vom 2. Mai 2017 unter dem Aktenzeichen L 7 SO 711/16 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger trägt vor, der "genaue Betrag" von 11.400,00 Euro sei von der Polizei bei ihm nicht gefunden worden; dies sei eine Vermutung und eine Unterstellung, weil der genaue Betrag nie ermittelt worden sei. Er wehre sich dagegen, die Leistungen nur als Vorschuss zu erhalten. Außerdem würden die Leistungen in der Regel für zwölf Monate bewilligt.
Der Kläger beantragt (sinngemäß gefasst),
die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. Februar 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 29. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 sowie des Bescheides vom 18. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 zu verurteilen, ihm Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2016 als Zuschuss zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat konnte trotz Abwesenheit der Beteiligten entscheiden, nachdem diese in der Ladung, die dem Kläger ausweislich der zur Akte gelangten Postzustellungsurkunde und dem Beklagten ausweislich des zur Akte gelangten Empfangsbekenntnisses jeweils am 29. Juni 2018 zugestellt worden ist, hierauf hingewiesen worden sind (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Beteiligten haben im Übrigen vor dem Termin mitgeteilt, dass sie nicht erscheinen werden, ohne eine Verlegung des Termins zu beantragen.
2. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften und gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind auch im Übrigen zulässig. Die Berufungen bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger jeweils unter anderem die Gewährung monatlicher Leistungen in Höhe 902,38 Euro als Zuschuss statt als Vorschuss begehrt, so dass schon deswegen der Beschwerdewert mehr als 750,00 Euro beträgt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
3. Die Berufungen des Klägers sind aber unbegründet. Das SG hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 29. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 und der Bescheid des Beklagten vom 18. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 verletzen den Kläger jedenfalls nicht in eigenen Rechten. Ob der Beklagte berechtigt gewesen ist, die Leistungen befristet für Juli bis September 2015 bzw. für Oktober bis Dezember 2015 und als Vorschuss gemäß § 42 SGB I zu gewähren, kann dahinstehen. Der Kläger hatte jedenfalls für diesen Zeitraum und auch für den von ihm sinngemäß zusätzlich begehrten Zeitraum Januar bis Juni 2016 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, so dass er durch die gleichwohl erfolgte befristete Gewährung eines Vorschusses nicht beschwert ist.
a) Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
Gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII in der vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten. Gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung sind nach dem Vierten Kapitel leistungsberechtigt ältere und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 SGB XII bestreiten können. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung sind für den Einsatz des Einkommens die §§ 82 bis 84 SGB XII und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 und 91 SGB XII anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist.
Gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Ausnahmen hiervon regelt § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII.
b) Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum über Barvermögen in Höhe von (mindestens) 11.400,00 Euro verfügt hat (vgl. bereits Beschluss des Senats vom 30. März 2017 – L 7 SO 5038/15 – n.v.). Diese Überzeugung stützt sich auf die bereits vorgerichtlich gemachten Angaben des Polizeioberkommissars K. vom 11. Februar 2015 sowie auf die Aussagen der Zeugen K. und D. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG im Verfahren S 4 SO 1091/15. Auch vom Kläger nicht bestritten wird, dass die Zeugen bei der Durchsuchung seiner Wohnung am 8. Januar 2015 ein Geldbündel gefunden haben, an dem ein Zettel befestigt war, auf dem ein Geldbetrag notiert war. Zwar haben die Zeugen das aufgefundene Geld nicht gezählt. Aufgrund der Angaben der Zeugen, dass es sich um ein "dickes Bündel" Geldscheine gehandelt habe, das mehrere 500 Euro-Scheine enthalten habe, erachtet der Senat die Behauptung des Klägers, es habe sich um Bargeld mit einem Wert von lediglich insgesamt 1.400,00 Euro gehandelt, als Schutzbehauptung für widerlegt. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass der auf dem Zettel nach den Angaben der Zeugen notierte Betrag von 11.400,00 Euro den in der Wohnung des Klägers vorgefundenen Geldbetrag zutreffend beziffert. Der Senat vermag keinen im Ansatz nachvollziehbaren Grund zu erkennen, warum der Kläger an dem Geldbündel einen Zettel mit der Aufschrift "11.400 Euro" hätte befestigen sollen, wenn es sich um eine ganz andere Summe gehandelt hat. Der Kläger hat hierzu keine Erklärung vorgebracht. Demgegenüber waren die Angaben des Klägers, welcher Betrag auf dem Zettel notiert war, wechselhaft. Im Verwaltungsverfahren bezüglich der Aufhebung des Bescheides vom 8. Januar 2015 äußerte sich der Kläger ursprünglich noch dahingehend, dass auf dem Zettel "114000 EU" (sic!) notiert gewesen sei, womit der Kläger wohl 11.400,00 Euro meinte. Im Widerspruchsverfahren gegen den Aufhebungsbescheid vom 11. März 2015 ließ der zwischenzeitlich anwaltlich vertretene Kläger hingegen vortragen, auf dem Zettel hätte "1.140,00 Euro" gestanden.
Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der beiden Zeugen hat der Senat nicht (so bereits Beschluss des Senats vom 30. März 2017 – L 7 SO 5038/15 – n.v.). Der Kläger hat auch keine Gesichtspunkte aufzeigt, die die Beweiswürdigung des SG im Urteil vom 24. November 2015 (S 4 SO 1091/15) in Zweifel ziehen könnten. Er hat letztlich lediglich behauptet, dass die Zeugen gelogen oder sich geirrt hätten. Das SG hat aber bereits im Urteil vom 24. November 2015 darauf hingewiesen, dass die Zeugen am Ausgang des vorliegenden Verfahrens kein ersichtliches, zumal finanzielles Interesse haben, während das Verfahren für den Kläger selbst ganz erhebliche finanzielle Bedeutung hat, da hiervon nicht nur die hier streitige Leistungsgewährung, sondern auch für einen darüber hinaus gehenden Zeitraum sein Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten abhängt.
Die Vorwürfe des Klägers, die Zeugen seien ihm feindlich gesonnen, sind gänzlich vage geblieben. Sie sind daher nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugen in Zweifel zu ziehen. Umgekehrt hält der Senat die Angaben des Klägers für nicht glaubhaft. Die Etikettierung des Geldbündels mit einem "falschen" Euro-Betrag, die der Kläger behauptet, ist nicht plausibel. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kläger sogar behauptet, die Angaben der Zeugen zu den in seiner Wohnung gelagerten Messern und Scheren seien unzutreffend. Der Senat hat keinerlei Grund, an den entsprechenden Aussagen der Zeugen vor dem SG zu zweifeln.
Selbst wenn man die Behauptung des Klägers zugrunde legt, ihm seien am 30. Juli 2015 bei dem Versuch, neben einer Tischtennisplatte zu jonglieren, 1.450,00 Euro gestohlen worden, hatte er dann im streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls Barvermögen in Höhe von 9.950,00 Euro. Im Übrigen widerlegt die Behauptung des Klägers hinsichtlich des Diebstahls die Richtigkeit seiner Angaben über seine Vermögensverhältnisse gegenüber dem Beklagten und stützt damit die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben.
c) Dieses Vermögen ist auch zu berücksichtigen; ein Tatbestand des § 90 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 SGB XII greift nicht. Das Vermögen in Höhe von 11.400,00 Euro übersteigt auch den Vermögensfreibetrag des Klägers gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Höhe von 2.600,00 Euro sowie seinen – zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitigen – monatlichen Bedarf in Höhe von 902,38 Euro erheblich. Die Voraussetzungen des § 90 Abs. 3 SGB XII liegen nicht vor.
Solange vorhandenes und nach Abzug der Freibeträge zu berücksichtigendes Vermögen vorliegt und den monatlichen Bedarf übertrifft, besteht keine Hilfebedürftigkeit. Daher darf der Beklagte dem Kläger dessen Vermögen Monat für Monat erneut entgegenhalten (vgl. Urteil des Senats vom 14. April 2011 – L 7 SO 2497/10 – juris Rdnr. 31 m.w.N.; Beschluss des Senats vom 28. März 2017 – L 7 SO 85/14 – juris Rdnr. 53), unabhängig davon, ob der Wert des Vermögens zur Deckung des Bedarfs für den gesamten Bedarfszeitraum ausgereicht hätte (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R – juris Rdnr. 27; so bereits zu §§ 11, 88 BSHG Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 19. Dezember 1997 – 5 C 7/96 – juris Rdnr. 33; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof [VGH], Beschluss vom 1. Dezember 2004 – juris Rdnr. 15). Nach § 90 Abs. 1 SGB XII zu berücksichtigendes Vermögen steht also, soweit und solange es (noch) nicht eingesetzt oder verwertet wurde, einem Bezug von Leistungen nach dem SGB XII auch dann entgegen, wenn es nicht den Bedarf für den gesamten Bedarfszeitraum gedeckt hätte (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 22. April 1999 – 12 B 97.2067 – juris Rdnr. 9; Bayerischer VGH, Beschluss vom 1. Dezember 2004 – 12 CE 04.2090 – juris Rdnr. 14). Eine fiktive Vermögensberechnung ist nicht zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1997 – 5 C 7/96 – juris Rdnr. 35; Bayerischer VGH, Beschluss vom 1. Dezember 2004 – 12 CE 04.2090 – juris Rdnr. 14; Oberverwaltungsgericht [OVG] Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. November 1993 – 8 A 278/92 – juris Rdnr. 61 ff.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 14/08 B – juris Rdnr. 5). Dies folgt zwingend daraus, dass – siehe oben – Anspruchsvoraussetzung tatsächliche Hilfebedürftigkeit ist. Diese Hilfebedürftigkeit kann aber nicht fingiert werden (Beschluss des Senats vom 28. März 2017 – L 7 SO 85/14 – juris Rdnr. 53). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im streitigen Zeitraum den Geldbetrag von 11.400,00 Euro verwendet hätte, so dass sein Vermögen unter den Freibetrag von 2.600,00 Euro gesunken wäre, bestehen nicht. Der Kläger hat dies – ausgehend von seiner Behauptung, nie über einen derartigen Geldbetrag verfügt zu haben, freilich konsequent – nicht einmal behauptet. Auch insofern ist daher unerheblich, ob der Kläger am 30. Juli 2015 um Bargeld in Höhe von 1.450,00 Euro bestohlen worden ist, da auch der verbliebene Betrag der Hilfsbedürftigkeit des Klägers entgegensteht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch der Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die nur auf insgesamt sechs Monate befristete und nur als Vorschluss erfolgte Bewilligung von Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für Juli bis Dezember 2015.
Der Kläger ist in 1965 geboren. Er lebt allein in einer Wohnung in R., für die er Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 338,00 Euro monatlich zu zahlen hat. Er ist privat kranken- und pflegeversichert. Er bezog seit mehreren Jahren Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII.
Am 20. Mai 2014 gab der Kläger gegenüber dem Beklagten eine Vermögenserklärung ab, laut der er über Barvermögen in Höhe von ca. 400,00 Euro sowie über drei Bankkonten, hierauf aber lediglich über Geldmittel in Höhe von 2,00 Euro, verfüge. Der Beklagte bewilligte ihm daraufhin Leistungen für Januar 2014 bis Juni 2015, unter anderem ab 1. September 2014 bis zum 30. Juni 2015 Leistungen in Höhe von monatlich 887,53 Euro (Änderungs-/Weiterbewilligungsbescheid vom 11. Juni 2014). Mit Bescheid ("Mitteilung über die Änderung von laufenden Leistungen") vom 9. Dezember 2014 berechnete der Beklagte die Leistungen wegen der Anpassung der Regelsätze und der davon abhängigen Beträge neu. Beigefügt war ein Berechnungsbogen für Januar 2015 mit einer gewährten Leistung in Höhe von 895,53 Euro.
Mit Änderungsbescheid vom 8. Januar 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen in Höhe von 902,38 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2015 und hob alle vorhergehenden Bescheide über die Gewährung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII auf, soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen.
Am 8. Januar 2015 erfolgte auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft B.-B. in einem gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren (9 Gs 1131/14) eine polizeiliche Durchsuchung der Wohnung des Klägers. Mit Schreiben vom 26. Januar 2015 teilte Polizeikommissar S. vom Polizeipräsidium O. (Polizeirevier R.) dem Beklagten mit, dass die Wohnung des Klägers durchsucht worden sei. Bei der Durchsuchung sei unter einem Stapel von Kleidern und sonstigen Gegenständen Bargeld in Höhe von 11.400,00 Euro aufgefunden worden. Das Bargeld sei dem Kläger belassen worden. Auf telefonische Rückfrage des Beklagten teilte Polizeikommissar S. am 2. Februar 2015 mit, dass nicht bekannt sei, woher der Geldbetrag stamme bzw. seit wann der Kläger im Besitz dieses Geldes sei.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2015 teilte der Beklagte dem Kläger mit, vom Polizeirevier R. die Mitteilung bekommen zu haben, dass in seiner Wohnung ein Bargeldbetrag in Höhe von 11.400,00 Euro gefunden worden sei. Zum vorrangig einzusetzenden Vermögen zähle auch Bargeld. Der Betrag von 11.400,00 Euro übersteige bei weitem die Vermögensfreigrenze von 2.600,00 Euro, so dass beabsichtigt sei, den Bewilligungsbescheid vom 11. Juni 2014 bzw. den Änderungsbescheid vom 8. Januar 2015 aufzuheben und gegebenenfalls zu Unrecht bezogene Leistungen zurückzufordern. In den vom Kläger eingereichten unterschriebenen Vermögenserklärungen sei dieses Barvermögen nicht angegeben worden. Der Beklagte bat insbesondere um Mitteilung, woher dieses Barvermögen stamme und seit wann der Kläger in Besitz dieses Barvermögens sei. Zugleich erhielt er Gelegenheit zur Äußerung.
Der Kläger äußerte sich daraufhin mit bei dem Beklagten am 4. Februar 2015 eingegangenem Schreiben, dass er keine 11.400,00 Euro gehabt habe. Er habe für den Notfall 1.400,00 Euro in Scheinen gespart. Ein Zettel mit der Aufschrift "114000 EU" (sic!) habe mit dem Geld in der Kaffeebox gelegen. Die Polizeibeamten hätten sich nicht die Mühe gemacht, das Geld zu zählen. Die Beamten seien schlecht auf ihn zu sprechen gewesen und hätten es nicht gerne gesehen, dass er Bargeld besitze. Er habe keine Schwarzarbeit geleistet oder Lohn bekommen.
Auf Anfrage des Beklagten übersandte das Polizeirevier R. einen Vermerk des Zeugen Polizeioberkommissar K. vom 11. Februar 2015, worin dieser ausführt, dass er zusammen mit dem Zeugen Polizeiobermeister D. die Durchsuchung beim Kläger durchgeführt habe. Unter einem Stapel Kartons habe er in einer Blechbüchse einen Umschlag mit der Aufschrift 11.400,00 Euro aufgefunden. Nach Öffnen des Umschlages, der nicht verklebt gewesen sei, habe er ein dickes Bündel mit 500 Euro-, 100 Euro- und 50 Euro-Scheinen gefunden. Grob überschlagen habe es sich um ein Minimum von ca. 10.000,00 Euro gehandelt. Auf Nachfrage habe der Kläger geantwortet, das Geld gehöre ihm. Dies ginge die Polizisten nichts an. Die Angabe des Klägers, es habe sich lediglich um 1.400,00 Euro gehandelt, entspreche nicht der Wahrheit.
Mit Bescheid vom 11. März 2015 hob der Beklagte seinen Bescheid vom 8. Januar 2015 mit Wirkung ab dem 1. März 2015 "gemäß § 45 SGB X i.V.m. § 48 SGB X" auf. Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen sei einkommens- und vermögensabhängig. Änderungen in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen seien ihm als Leistungsträger unverzüglich mitzuteilen. Da der Kläger nach Aktenlage Barvermögen besitze, das die Vermögensfreigrenze von in seinem Fall 2.600,00 Euro übersteige, sei die Leistungsgewährung aufzuheben. Das Polizeirevier R. habe auf Rückfrage bestätigt, dass der gefundene Bargeldbetrag mindestens ca. 10.000,00 Euro betragen habe.
Gegen den Bescheid vom 11. März 2015 erhob der Kläger am 16. März 2015 Widerspruch. Der Polizeibeamte K. habe weder die Echtheit noch die tatsächliche Summe des Bargeldes geprüft. Es sei eine bösartige Behauptung, die durch nichts belegt sei und die zu seinen Lasten gehe. Seine Existenz gehe hierdurch kaputt, u.a. wegen Wohnungsverlust. Zwar habe er etwas Geld zusammen gespart, aber dafür dürfe man ihn nicht bestrafen. Hier gehe es nicht um Objektivität und Richtigkeit, sondern um Feindschaft zwischen ihm und den beiden Polizeibeamten. Die Stimmung sei feindselig und aufgeheizt gewesen. Man habe nur das Schlechte gesucht und keine Objektivität in der Sache. Ein Zettel mit der Aufschrift 11.400,00 Euro habe nicht existiert. Auf dem Zettel hätte 1.140,00 Euro gestanden. Beim Polizeibeamten K. handele es sich nicht um eine Person, die tagtäglich mit Geld zu tun habe, insbesondere nicht mit Summen, die im Bargeldbereich Beträge von über 500,00 Euro, geschweige denn 10.000,00 Euro erreichten. Bei entsprechenden Geldbündeln, insbesondere Stückelungen von 100,00 Euro- bzw. 50,00 Euro-Scheinen sei sehr schnell ein Irrtum möglich. Eine grobe Schätzung sei daher äußerst zweifelhaft.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2015 zurück. Nach der glaubhaften Darstellung des Polizeireviers R. habe der Kläger im Januar 2015 über erhebliches Vermögen in Form von Bargeld in Höhe von mindestens 10.000,00 Euro verfügt. Selbst nach Abzug von 2.600,00 Euro gemäß § 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zu § 90 SGB XII übersteige dieses Vermögen den festgestellten sozialhilferechtlichen Bedarf in Höhe von monatlich 902,38 Euro. Dass dieses Vermögen bis zum heutigen Tag verbraucht oder aus anderen Gründen nicht mehr zur Verfügung stehe, sei nicht dargetan. Der Bescheid vom 8. Januar 2015 sei daher gemäß § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung zum 1. März 2015 zurückgenommen worden. Das Bargeld habe dem Kläger schon im Januar 2015 zur Verfügung gestanden, so dass der Bescheid vom 8. Januar 2015 von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Das Vertrauen des Klägers in die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sei nicht schutzwürdig gewesen, da er in der zuletzt eingereichten Vermögenserklärung angegeben habe, über lediglich 400,00 Euro Barvermögen zu verfügen.
Hiergegen erhob der Kläger am 30. März 2015 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage (S 4 SO 1091/15) und verwies auf sein bisheriges Vorbringen. Der Beklagte könne nicht so tun als wäre das Wort der Polizeibeamten ohne jeden Zweifel richtig. Die Polizeibeamten hätten sich nicht die Mühe gemacht, das Geld zu zählen. Der Polizeibeamte K. habe sich nur auf einen Zettel mit der Aufschrift 11.400,00 Euro ausgerichtet.
Am 16. Juni 2015 beantragte der Kläger beim Beklagten die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen ab dem 1. Juli 2015. Der Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 29. Juni 2015 Leistungen in Höhe von insgesamt 902,38 Euro (Regelbedarf: 399,00 Euro; Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung: 41,81 Euro; Zuschuss zur sozialen Pflegeversicherung: 24,57 Euro; Unterkunftskosten: 338,00 Euro) monatlich für Juli bis September 2015 als Vorschuss gemäß § 42 SGB I.
Hiergegen erhob der Kläger am 6. Juli 2015 Widerspruch. Am 31. Juli 2015 sprach der Kläger bei dem Beklagten vor, ohne auf das Widerspruchsverfahren einzugehen. Er berichtete stattdessen, dass er am Vortag bei dem Versuch, neben einer Tischtennisplatte zu jonglieren, um Bargeld in Höhe von 1.450,00 Euro bestohlen worden sei, weswegen er über keine baren Mittel für August 2015 verfüge. Der Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 31. Juli 2015 eine sofortige Barauszahlung in Höhe von 280,00 Euro.
Mit Bescheid vom 18. September 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen in Höhe von monatlich insgesamt 902,38 Euro für Oktober bis Dezember 2015 als Vorschuss gemäß § 42 SGB I. Hiergegen erhob der Kläger am 23. September 2015 Widerspruch.
Mit zwei gesonderten Widerspruchsbescheiden vom 6. November 2015 wies der Beklagte die beiden Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 29. Juni und 18. September 2015 zurück. Die Höhe des sozialhilferechtlichen Anspruchs sei korrekt ermittelt worden. Die Leistung sei auch in rechtmäßiger Weise als Vorschuss gewährt worden, da die genaue Feststellung der Leistungshöhe voraussichtlich aufgrund des anhängigen gerichtlichen Verfahrens noch längere Zeit in Anspruch nehmen werde. Schließlich sei auch die Verkürzung des Bewilligungszeitraumes zulässig gewesen. Gemäß § 44 Abs. 1 SGB XII werde die Leistung in der Regel für zwölf Kalendermonate bewilligt. Es handele sich aber nicht um eine zwingende Vorschrift. Dies gehe aus der Formulierung "in der Regel" hervor. Für eine Abweichung sei ein sachlicher Grund erforderlich. Dies sei hier der Fall, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers Gegenstand eines Gerichtsverfahrens seien. Sofern sich in diesem Verfahren herausstelle, dass der Kläger über Vermögen verfüge, das sozialhilferechtlich einzusetzen sei, stelle dies eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar. Zudem werde mit dem verkürzten Zeitraum der Tatsache Rechnung getragen, dass der Kläger ihn – den Beklagten – bereits in der Vergangenheit nicht rechtzeitig und vollständig über seine Vermögensverhältnisse aufgeklärt habe.
Der Kläger hat am 18. November 2015 beim SG Klagen gegen den Bescheid vom 29. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2015 bezüglich Juli bis September 2015 (S 4 SO 3732/15) und gegen den Bescheid vom 18. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2015 bezüglich Oktober bis Dezember 2015 (S 4 SO 3726/15) erhoben, ohne diese zu begründen.
Das SG hat im Verfahren S 4 SO 1091/15 (Leistungsaufhebung für März bis Juni 2015) Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen Polizeioberkommissar K. und Polizeiobermeister D. in der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2015 und die Klage mit Urteil vom 24. November 2015 abgewiesen. Der Beklagte sei berechtigt gewesen, die bewilligten Leistungen auch rückwirkend für die Vergangenheit im gegebenen Umfang aufzuheben. Denn ein Verwaltungsakt solle nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X bereits mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden sei, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hätte. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und der Beweisaufnahme sei die Kammer davon überzeugt, dass dem Kläger zum Zeitpunkt Ende Januar 2015 am Tag der Hausdurchsuchung 11.400,00 Euro Bargeld zur Verfügung gestanden habe, welches dieser gegenüber dem Beklagten verschwiegen habe. Da dieser Geldbetrag anrechenbares Vermögen nach § 90 SGB XII bei der Gewährung von Leistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII darstelle und das Schonvermögen von 2.600,00 Euro deutlich übersteige, sei der Beklagte berechtigt gewesen, die Bewilligung von Leistungen ab dem 1. März 2015 aufzuheben. Die Behauptung des Klägers, es habe sich bei dem aufgefundenen Geld lediglich um 1.400,00 Euro gehandelt, sei eine Schutzbehauptung. Wenig glaubwürdig erscheine insbesondere der Vortrag des Klägers, dass auf diesem geringen Betrag ein Zettel mit der Aufschrift 11.400,00 Euro gewesen sein solle. Er sei jegliche Erklärung dafür schuldig geblieben, warum auf dem Geldbündel eine falsche Geldsumme vermerkt gewesen sein solle. Das Interesse des Klägers am Ausgang des vorliegenden Klageverfahrens sei offenkundig. Demgegenüber sei kein besonderes Interesse der beiden Zeugen am Ausgang des vorliegenden Klageverfahrens erkennbar. Die beiden als Zeugen gehörten Polizisten, die die Hausdurchsuchung durchgeführt hätten, hätten durchgehend glaubhaft geschildert, dass es sich bei dem aufgefundenen Barbetrag um einen deutlich höheren Betrag gehandelt habe, denn sie hätten beide bestätigt, dass neben anderen Geldscheinen vor allem auch mehrere 500 Euro-Scheine in dem dicken Geldbündel enthalten gewesen seien. Angesichts dieses Umstandes sei ein Nachzählen des Geldes für die Feststellung, dass es sich um einen erheblich höheren Geldbetrag gehandelt habe, nicht erforderlich. Das bei dem Kläger vorgefundene Warenlager, bestehend aus zahlreichen Messersets und Scheren, lege es zudem nahe, dass der Kläger, der selbst nicht so viele Messersets und Scheren wie vorgefunden benötige, aus dem Umschlag dieser Gegenstände ein weiteres Einkommen erzielt habe, das er gegenüber dem Beklagten nicht angegeben habe. Die weitere Behauptung des Klägers, einer der beiden Polizeibeamten sei schlecht auf ihn zu sprechen gewesen, habe sich nicht durch objektive Anhaltspunkte bei der Zeugenvernehmung oder aus der Akte bestätigen lassen. Die Zeugen hätten einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Auch habe die Erinnerung der Zeugen an die Hausdurchsuchung und das aufgefundene Geldbündel authentisch und glaubhaft gewirkt.
Gegen das ihm am 28. November 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. Dezember 2015 Berufung eingelegt (L 7 SO 5038/15). Er bestreite alle Anschuldigungen. Er habe weder mehr als 2.600,00 Euro noch über 100 Scheren oder neu verpackte Messersets besessen. Er wisse nicht, was die Beamten damit bezwecken wollten. Der Senat hat diese Berufung des Klägers mit Beschluss vom 30. März 2017 zurückgewiesen. Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde des Klägers hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 17. Mai 2018 als unzulässig verworfen (B 8 SO 77/17 B).
Das SG hat die Klagen in den Verfahren S 4 SO 3732/15 und S 4 SO 3726/15 mit Gerichtsbescheiden vom 10. Februar 2016 abgewiesen. Der Beklagte habe die Leistungshöhe zutreffend festgestellt; dies habe der Kläger auch nicht beanstandet. Die Leistungen seien auch in rechtmäßiger Weise als Vorschuss geleistet worden, da die genaue Feststellung der Leistungshöhe voraussichtlich aufgrund des anhängigen gerichtlichen Verfahrens noch längere Zeit in Anspruch nehmen werde. Es bestehe aufgrund des Geldfundes bei dem Kläger die konkrete Vermutung, dass dieser tatsächlich eine geringere Bedürftigkeit aufweise als er behaupte. Hieran ändere auch die Behauptung des Klägers, er sei am 30. Juli 2015 bestohlen worden, nichts. Denn selbst bei Zugrundelegung dieses Vortrages handele es sich bei dem angeblich gestohlenen Betrag nur um einen Bruchteil der bei dem Kläger im Rahmen der Hausdurchsuchung aufgefundenen Geldsumme. Auch die Verkürzung des Bewilligungszeitraumes sei zulässig gewesen.
Gegen die ihm am 11. Februar 2016 zugestellten Gerichtsbescheide hat der Kläger am 18. Februar 2016 beim SG Berufungen eingelegt (für den Zeitraum Juli bis September 2015: L 7 SO 712/16; für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2015: L 7 SO 711/16). Der Senat hat die beiden Verfahren mit Beschluss vom 2. Mai 2017 unter dem Aktenzeichen L 7 SO 711/16 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger trägt vor, der "genaue Betrag" von 11.400,00 Euro sei von der Polizei bei ihm nicht gefunden worden; dies sei eine Vermutung und eine Unterstellung, weil der genaue Betrag nie ermittelt worden sei. Er wehre sich dagegen, die Leistungen nur als Vorschuss zu erhalten. Außerdem würden die Leistungen in der Regel für zwölf Monate bewilligt.
Der Kläger beantragt (sinngemäß gefasst),
die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. Februar 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 29. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 sowie des Bescheides vom 18. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 zu verurteilen, ihm Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2016 als Zuschuss zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat konnte trotz Abwesenheit der Beteiligten entscheiden, nachdem diese in der Ladung, die dem Kläger ausweislich der zur Akte gelangten Postzustellungsurkunde und dem Beklagten ausweislich des zur Akte gelangten Empfangsbekenntnisses jeweils am 29. Juni 2018 zugestellt worden ist, hierauf hingewiesen worden sind (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Beteiligten haben im Übrigen vor dem Termin mitgeteilt, dass sie nicht erscheinen werden, ohne eine Verlegung des Termins zu beantragen.
2. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften und gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind auch im Übrigen zulässig. Die Berufungen bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger jeweils unter anderem die Gewährung monatlicher Leistungen in Höhe 902,38 Euro als Zuschuss statt als Vorschuss begehrt, so dass schon deswegen der Beschwerdewert mehr als 750,00 Euro beträgt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
3. Die Berufungen des Klägers sind aber unbegründet. Das SG hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 29. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 und der Bescheid des Beklagten vom 18. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 verletzen den Kläger jedenfalls nicht in eigenen Rechten. Ob der Beklagte berechtigt gewesen ist, die Leistungen befristet für Juli bis September 2015 bzw. für Oktober bis Dezember 2015 und als Vorschuss gemäß § 42 SGB I zu gewähren, kann dahinstehen. Der Kläger hatte jedenfalls für diesen Zeitraum und auch für den von ihm sinngemäß zusätzlich begehrten Zeitraum Januar bis Juni 2016 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, so dass er durch die gleichwohl erfolgte befristete Gewährung eines Vorschusses nicht beschwert ist.
a) Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
Gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII in der vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten. Gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung sind nach dem Vierten Kapitel leistungsberechtigt ältere und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 SGB XII bestreiten können. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung sind für den Einsatz des Einkommens die §§ 82 bis 84 SGB XII und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 und 91 SGB XII anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist.
Gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Ausnahmen hiervon regelt § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII.
b) Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum über Barvermögen in Höhe von (mindestens) 11.400,00 Euro verfügt hat (vgl. bereits Beschluss des Senats vom 30. März 2017 – L 7 SO 5038/15 – n.v.). Diese Überzeugung stützt sich auf die bereits vorgerichtlich gemachten Angaben des Polizeioberkommissars K. vom 11. Februar 2015 sowie auf die Aussagen der Zeugen K. und D. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG im Verfahren S 4 SO 1091/15. Auch vom Kläger nicht bestritten wird, dass die Zeugen bei der Durchsuchung seiner Wohnung am 8. Januar 2015 ein Geldbündel gefunden haben, an dem ein Zettel befestigt war, auf dem ein Geldbetrag notiert war. Zwar haben die Zeugen das aufgefundene Geld nicht gezählt. Aufgrund der Angaben der Zeugen, dass es sich um ein "dickes Bündel" Geldscheine gehandelt habe, das mehrere 500 Euro-Scheine enthalten habe, erachtet der Senat die Behauptung des Klägers, es habe sich um Bargeld mit einem Wert von lediglich insgesamt 1.400,00 Euro gehandelt, als Schutzbehauptung für widerlegt. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass der auf dem Zettel nach den Angaben der Zeugen notierte Betrag von 11.400,00 Euro den in der Wohnung des Klägers vorgefundenen Geldbetrag zutreffend beziffert. Der Senat vermag keinen im Ansatz nachvollziehbaren Grund zu erkennen, warum der Kläger an dem Geldbündel einen Zettel mit der Aufschrift "11.400 Euro" hätte befestigen sollen, wenn es sich um eine ganz andere Summe gehandelt hat. Der Kläger hat hierzu keine Erklärung vorgebracht. Demgegenüber waren die Angaben des Klägers, welcher Betrag auf dem Zettel notiert war, wechselhaft. Im Verwaltungsverfahren bezüglich der Aufhebung des Bescheides vom 8. Januar 2015 äußerte sich der Kläger ursprünglich noch dahingehend, dass auf dem Zettel "114000 EU" (sic!) notiert gewesen sei, womit der Kläger wohl 11.400,00 Euro meinte. Im Widerspruchsverfahren gegen den Aufhebungsbescheid vom 11. März 2015 ließ der zwischenzeitlich anwaltlich vertretene Kläger hingegen vortragen, auf dem Zettel hätte "1.140,00 Euro" gestanden.
Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der beiden Zeugen hat der Senat nicht (so bereits Beschluss des Senats vom 30. März 2017 – L 7 SO 5038/15 – n.v.). Der Kläger hat auch keine Gesichtspunkte aufzeigt, die die Beweiswürdigung des SG im Urteil vom 24. November 2015 (S 4 SO 1091/15) in Zweifel ziehen könnten. Er hat letztlich lediglich behauptet, dass die Zeugen gelogen oder sich geirrt hätten. Das SG hat aber bereits im Urteil vom 24. November 2015 darauf hingewiesen, dass die Zeugen am Ausgang des vorliegenden Verfahrens kein ersichtliches, zumal finanzielles Interesse haben, während das Verfahren für den Kläger selbst ganz erhebliche finanzielle Bedeutung hat, da hiervon nicht nur die hier streitige Leistungsgewährung, sondern auch für einen darüber hinaus gehenden Zeitraum sein Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten abhängt.
Die Vorwürfe des Klägers, die Zeugen seien ihm feindlich gesonnen, sind gänzlich vage geblieben. Sie sind daher nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugen in Zweifel zu ziehen. Umgekehrt hält der Senat die Angaben des Klägers für nicht glaubhaft. Die Etikettierung des Geldbündels mit einem "falschen" Euro-Betrag, die der Kläger behauptet, ist nicht plausibel. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kläger sogar behauptet, die Angaben der Zeugen zu den in seiner Wohnung gelagerten Messern und Scheren seien unzutreffend. Der Senat hat keinerlei Grund, an den entsprechenden Aussagen der Zeugen vor dem SG zu zweifeln.
Selbst wenn man die Behauptung des Klägers zugrunde legt, ihm seien am 30. Juli 2015 bei dem Versuch, neben einer Tischtennisplatte zu jonglieren, 1.450,00 Euro gestohlen worden, hatte er dann im streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls Barvermögen in Höhe von 9.950,00 Euro. Im Übrigen widerlegt die Behauptung des Klägers hinsichtlich des Diebstahls die Richtigkeit seiner Angaben über seine Vermögensverhältnisse gegenüber dem Beklagten und stützt damit die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben.
c) Dieses Vermögen ist auch zu berücksichtigen; ein Tatbestand des § 90 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 SGB XII greift nicht. Das Vermögen in Höhe von 11.400,00 Euro übersteigt auch den Vermögensfreibetrag des Klägers gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Höhe von 2.600,00 Euro sowie seinen – zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitigen – monatlichen Bedarf in Höhe von 902,38 Euro erheblich. Die Voraussetzungen des § 90 Abs. 3 SGB XII liegen nicht vor.
Solange vorhandenes und nach Abzug der Freibeträge zu berücksichtigendes Vermögen vorliegt und den monatlichen Bedarf übertrifft, besteht keine Hilfebedürftigkeit. Daher darf der Beklagte dem Kläger dessen Vermögen Monat für Monat erneut entgegenhalten (vgl. Urteil des Senats vom 14. April 2011 – L 7 SO 2497/10 – juris Rdnr. 31 m.w.N.; Beschluss des Senats vom 28. März 2017 – L 7 SO 85/14 – juris Rdnr. 53), unabhängig davon, ob der Wert des Vermögens zur Deckung des Bedarfs für den gesamten Bedarfszeitraum ausgereicht hätte (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R – juris Rdnr. 27; so bereits zu §§ 11, 88 BSHG Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 19. Dezember 1997 – 5 C 7/96 – juris Rdnr. 33; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof [VGH], Beschluss vom 1. Dezember 2004 – juris Rdnr. 15). Nach § 90 Abs. 1 SGB XII zu berücksichtigendes Vermögen steht also, soweit und solange es (noch) nicht eingesetzt oder verwertet wurde, einem Bezug von Leistungen nach dem SGB XII auch dann entgegen, wenn es nicht den Bedarf für den gesamten Bedarfszeitraum gedeckt hätte (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 22. April 1999 – 12 B 97.2067 – juris Rdnr. 9; Bayerischer VGH, Beschluss vom 1. Dezember 2004 – 12 CE 04.2090 – juris Rdnr. 14). Eine fiktive Vermögensberechnung ist nicht zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1997 – 5 C 7/96 – juris Rdnr. 35; Bayerischer VGH, Beschluss vom 1. Dezember 2004 – 12 CE 04.2090 – juris Rdnr. 14; Oberverwaltungsgericht [OVG] Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. November 1993 – 8 A 278/92 – juris Rdnr. 61 ff.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 14/08 B – juris Rdnr. 5). Dies folgt zwingend daraus, dass – siehe oben – Anspruchsvoraussetzung tatsächliche Hilfebedürftigkeit ist. Diese Hilfebedürftigkeit kann aber nicht fingiert werden (Beschluss des Senats vom 28. März 2017 – L 7 SO 85/14 – juris Rdnr. 53). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im streitigen Zeitraum den Geldbetrag von 11.400,00 Euro verwendet hätte, so dass sein Vermögen unter den Freibetrag von 2.600,00 Euro gesunken wäre, bestehen nicht. Der Kläger hat dies – ausgehend von seiner Behauptung, nie über einen derartigen Geldbetrag verfügt zu haben, freilich konsequent – nicht einmal behauptet. Auch insofern ist daher unerheblich, ob der Kläger am 30. Juli 2015 um Bargeld in Höhe von 1.450,00 Euro bestohlen worden ist, da auch der verbliebene Betrag der Hilfsbedürftigkeit des Klägers entgegensteht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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