L 7 SO 2045/18 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SO 623/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2045/18 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. Mai 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Gegenstand des am 9. März 2018 von dem Antragsteller beim Sozialgericht Reutlingen (SG) anhängig gemachten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (S 5 SO 623/18 ER) ist sein Begehren auf eine (vorläufige) Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) ab Anbringung des einstweiligen Rechtsschutzgesuchs, nachdem der Antragsgegner den entsprechenden Antrag des Antragstellers durch Bescheid vom 21. Juni 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2018, freilich durch Klage vom 9. März 2018 angefochten (anhängig beim SG unter dem Aktenzeichen S 5 SO 624/18), abgelehnt hatte. Das SG hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 9. Mai 2018 das einstweilige Rechtsschutzbegehren abgelehnt. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.

2. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1, für Vornahmesachen in Abs. 2. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Nach § 86b Abs. 3 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.

Hinsichtlich der begehrten vorläufigen Leistungsgewährung kommt allein der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG in Betracht. Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zunächst die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ab (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Eine einstweilige Anordnung darf nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).

3. Die Anordnungsvoraussetzungen für das einstweilige Rechtsschutzgesuch sind auch im Beschwerdeverfahren nicht gegeben.

a. Gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Nach § 41 Abs. 1 SGB XII ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach § 43 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten. Gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind hinsichtlich des Einsatzes von Einkommen die §§ 82 bis 84 SGB XII und von Vermögen die §§ 90 und 91 SGB XII anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist.

b. Der 1976 geborene Kläger dürfte dem Grunde nach zum Kreis der Leistungsberechtigten gehören, da er nach den Feststellungen des Rentenversicherungsträgers unabhängig von der Arbeitsmarktlage dauerhaft voll erwerbsgemindert ist und es unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann, er seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen gestellt hat. Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob und ggf. in welchem Umfang Hilfebedürftigkeit besteht.

Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen gem. § 42 SGB XII u.a. die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 (Nr. 1), die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels (Nr. 2) und die Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a SGB XII (Nr. 4a). Danach dürften als Bedarf des alleinstehenden Antragstellers der Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von monatlich 416,00 EUR (§ 28 SGB XII i.V. mit der entsprechenden Anlage; vgl. zur Verfassungsmäßigkeit Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvL 1691/13 - BGBl. I 2014, 1581) und die monatlichen Beiträge zur (freiwilligen) gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung von 180,67 EUR (§ 32 Abs. 1, 2 und 5 SGB XII) anzusetzen sein. Ob die in dem Mietvertrag zwischen dem Antragsteller und seinem Vater im Mietvertrag vom 30. April 2002 niedergelegten Kosten in Höhe von monatlich 223,50 EUR als Unterkunftsbedarf zu berücksichtigen sind, weil der Antragsteller einer wirksamen, nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung seines Vaters ausgesetzt ist (vgl. nur Nguyen in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014 (Stand 28. Februar 2018), § 35 Rdnrn. 33 ff.), kann der Senat offenlassen, da insoweit jedenfalls ein Anordnungsgrund fehlt (c.). Ein weiterer grundsicherungsrechtlicher Bedarf ist nicht ersichtlich.

Es spricht derzeit zwar viel dafür, dass dem Bedarf des Antragstellers kein anrechenbares Einkommen i.S. des § 82 SGB XII gegenübersteht. Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung bei der Nürnberger Versicherung hat er zwar beantragt, jedoch wurden solche durch die Versicherung bisher weder anerkannt noch ausgezahlt (vgl. E-Mail des Dr. H. vom 9. Juli 2018). Die Zuwendungen der D. K. und des P. L. dürften nur dann als Einkommen berücksichtigt werden, wenn es sich um freiwillige "Unterhaltsleistungen" oder Schenkungen handeln würde (vgl. nur Schmidt in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014 (Stand 15. Juni 2018), § 82 Rdnr. 52 m.w.N.). Insofern hat der Antragsteller jedoch jeweils eine "Rahmenvereinbarung über die Gewährung zinsloser Mikrokredite" vom 16. Dezember 2017 bzw. 22. Juni 2017 vorgelegt, nach der die von den genannten Personen erbrachten Zahlungen darlehensweise erfolgt seien und der Überbrückung der wirtschaftlichen Notlage des Antragstellers dienen sollen. Das SG wird ggf. Anlass und Hintergrund für die schriftlichen Vereinbarungen, getroffene mündliche Absprachen sowie die tatsächliche Handhabung festzustellen haben.

Jedoch dürfte nach der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung einem Hilfebedarf des Antragstellers derzeit verwertbares Vermögen i.S. des § 90 SGB XII entgegenstehen (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2017 - L 7 SO 1320/17 - juris Rdnr. 42 m.w.N.), das insbesondere den für ihn maßgeblichen Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Nr. 1 der entsprechenden Durchführungsverordnung in Höhe von 5.000,00 EUR übersteigt sowie verwertbar ist. Ausweislich der eingereichten Kontounterlagen wird das Girokonto des Antragstellers Nr. x seit Monaten im Soll geführt und weist keinen Auszahlungsanspruch zugunsten des Antragstellers auf (vgl. Senatsurteil vom 4. August 2016 - L 7 SO 1394/16 - Rdnr. 32, wonach grundsätzlich eine Saldierung von Aktiva und Passiva ausscheidet). Als Vermögenswerte dürften zu berücksichtigen sein das Guthaben aus dem Sparbuch Nr. Y in Höhe von 60,76 EUR sowie die Geschäftsanteile an der kontoführenden Genossenschaftsbank in Höhe von 300,00 EUR, die jedoch nach der gewöhnlichen Geschäftspraxis für den Antragsteller derzeit nicht verwertbar sein dürften, was im Laufe des weiteren Verfahrens ggf. zu verifizieren sein wird. Die Lebensversicherung bei der R. Lebensversicherung AG hat zum 1. April 2017 einen Rückkaufswert einschließlich Überschussbeteiligung (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. April 2018 - L 7 SO 4981/14 - juris Rdnr. 34 m.w.N.) in Höhe von 3.670,51 EUR aufgewiesen. Offen und bisher ungeklärt ist, in welcher Höhe der Antragsteller insoweit Beiträge an die Lebensversicherungsgesellschaft entrichtet hat und ob eine Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich wäre (vgl. dazu nur Mecke in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014 (Stand 8. Januar 2018), § 90 Rdnrn. 108 ff. m.w.N.). Jedoch hat der Antragsteller bisher weder im Verwaltungsverfahren noch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren geltend, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass die Verwertung der Lebensversicherung offensichtlich unwirtschaftlich wäre. Weiterhin erscheint zweifelhaft, dass der Antragsteller seine Ansprüche aus dieser Versicherung wirksam an seinen Vater abgetreten hat (vgl. Schreiben vom 20. Juni 2008), da eine Abtretung gem. § 15 Abs. 4 der Versicherungsbedingungen nur und erst dann wirksam wird, wenn diese gegenüber der Versicherungsgesellschaft schriftlich angezeigt worden ist, was weder der Antragsteller behauptet hat noch sonst ersichtlich ist. Zwar dürfte der Vermögenswert in Form eines Anspruchs auf Auszahlung eines Rückkaufswertes, wobei nach § 6 der Versicherungsbedingungen grundsätzlich eine Kündigung der Lebensversicherung mit einer Frist von einem Monat zum Schluss des vereinbarten Ratenzahlungsabschnittes möglich wäre, derzeit nicht verwertbar sein, weil der Antragsteller bereits im Februar 2007 unwiderruflich einen generellen Verwertungsausschluss (Kündigung, Beleihung, Abtretung, Verpfändung) bis zum vertraglichen "Endalter" der Lebensversicherung (60. Lebensjahr) angeordnet hat (Schreiben der R. Lebensversicherung AG vom 22. Januar 2018), was der Antragsgegner mittlerweile auch so beurteilt (vgl. Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2018; ferner BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 19/10 R - juris Rdnrn. 14, 15, 17). Jedoch ist der Antragsteller darüber hinaus auch Inhaber eines Wertpapierdepots bei der U. Investment Nr. Z mit einem Guthaben in Höhe von 1.500,25 EUR (Stand 18. Mai 2017). Zwar hat der Antragsteller behauptet, er habe diesen Vermögenswert an seinen Vater bereits vor der Antragstellung beim Antragsgegner abgetreten, jedoch ist diese Behauptung weder für den Senat derzeit nachvollziehbar noch hat der Antragsteller diese glaubhaft gemacht. Dabei dürfte maßgeblich sein, ob eine Abtretung (vgl. §§ 398 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) überhaupt wirksam erfolgt ist und ob dieser Verfügung ein wirksames schuldrechtliches Grundgeschäft (Schenkung oder Darlehen) zugrunde gelegen hat (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2017 - L 7 SO 1320/17 - juris bzgl. eines Schenkungsrückforderungsanspruchs). Insofern hat der Antragsteller eine "Abtretungserklärung" vom 10. März 2000 vorgelegt, wonach er seine Forderungen aus dem Investment bei U Investment an seinen Vater zur Sicherung einer Darlehensforderung abgetreten habe. Zunächst kann der Senat schon nicht beurteilen, ob die Abtretung überhaupt (form-)wirksam erfolgt ist, da der Antragsteller trotz Aufforderung durch gerichtliche Verfügung vom 5. Juli 2018 nicht die vollständigen Vertragsunterlagen nebst Allgemeinen Geschäftsbedingungen betreffend diese Anlage vorgelegt hat. Weiterhin ist auch nicht ansatzweise nachvollziehbar, welcher (vermeintliche) Darlehensrückforderungsanspruch gesichert werden sollte. Mit Schreiben vom 22. Februar 2017 hat sich der Antragsteller lediglich zu den Abtretungserklärungen vom 20. Juni 2008 (R. Versicherung und Pkw Opel Corsa - 1 ) sowie 30. Juli 2003 (Bausparvertrag Schwäbisch Hall) geäußert. Danach stehe die Abtretung des Guthabens aus dem Bausparvertrag und dessen Auszahlung mit einer Beteiligung an den Kosten des Umbaus der gem. Mietvertrag vom 30. April 2002 zwischen dem Antragsteller und seinem Vater ab 20. Mai 2002 vermieteten Wohnung in Zusammenhang. Mit Schreiben vom 21. März 2017 hat er sich dahingehend eingelassen, dass in den Darlehensvertrag vom 20. Juni 2008, der u.a. der Finanzierung des Pkw Opel Corsa ...- ...gedient habe und eine Übertragung des Pkw und der durch Ansprüche aus der R. Versicherunggesichert sei, auch eine Restschuld aus einen Darlehensvertrag vom 23. Juli 2002 nach Auszahlung des Bausparguthabens eingeflossen sei. Dieses hat - wie der Antragsteller in seinem Schreiben vom 22. Februar 2017 ausgeführt hatte - der Sicherung von Ansprüchen im Zusammenhang mit den Umbaumaßnahmen des von ihm bewohnten Zimmers gedient. Der Antragsteller hat seine Bevollmächtigte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren durch Schriftsatz vom 14. April 2018 vortragen lassen, dass die Abtretungserklärung vom 10. März 2000 bzgl. des Depots bei der U Investment Teil des Darlehensvertrages vom 20. Juni 2008 geworden sei, was schon nach dem zeitlichen Ablauf nicht ansatzweise nachvollziehbar ist. Auf die richterliche Verfügung vom 5. Juli 2018 hat der Antragsteller erstmals einen auf den 10. März 2000 datierten Darlehensvertrag über 7.000,00 DM vorgelegt, zu dessen Sicherung die "Abtretungserklärung" vom 10. März 2000 gedient haben soll. Nunmehr hat der Antragsteller behauptet, der Darlehensvertrag vom 10. März 2000 habe der Finanzierung der Kosten des Wohnungsumbaus gedient. Diese Behauptung ist nicht nachvollziehbar, weil die einen Finanzierungsbedarf auslösende Kostenvereinbarung in § 22 des Mietvertrages erst über zwei Jahre später, nämlich am 30. April 2002, geschlossen worden ist, sodass im März 2000 noch gar kein Anlass für eine Darlehenshingabe und eine Abtretung bestanden haben dürfte. Ggf. wird das SG die tatsächlichen Vorgänge betreffend die Abtretungserklärung bzgl. des Depots bei der U Investment näher aufzuklären haben.

Nach alledem dürfte der Antragsteller derzeit über Vermögen in Höhe von insgesamt 5.531,41 EUR (60,76 EUR + 300,00 EUR + 3.670.51 EUR + 1.500,25 EUR), mithin 531,41 EUR über dem maßgeblichen Freibetrag, verfügen, wobei jedenfalls das Guthaben des Wertpapierdepots aktuell verwertbar sein dürfte. Solange vorhandenes und nach Abzug der Freibeträge zu berücksichtigendes Vermögen vorliegt und den monatlichen Bedarf übertrifft, besteht keine Hilfebedürftigkeit (vgl. z.B. Senatsurteil vom 14. April 2011 - L 7 SO 2497/10 - juris Rdnr. 31 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 28. März 2017 - L 7 SO 85/14 - juris Rdnr. 53 m.w.N.), unabhängig davon, ob der Wert des Vermögens zur Deckung des Bedarfs für den gesamten Bedarfszeitraum ausgereicht hätte (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 19/10 R - juris Rdnr. 27). Eine fiktive Vermögensberechnung ist nicht zulässig.

c. Weiterhin hat der auch im Beschwerdeverfahren anwaltlich vertretene Antragsteller keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Vielmehr ist es ihm aktuell zumutbar, eine Entscheidung in dem beim SG anhängigen Hauptsacheverfahren (S 5 SO 624/18) abzuwarten. Aus dem Gegenwartsbezug der einstweiligen Anordnung folgt zunächst, dass dieser vorläufige Rechtsbehelf für bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung zurückliegende Zeiträume nur ausnahmsweise in Betracht kommt; es muss durch die Nichtleistung in der Vergangenheit eine aktuell fortwirkende Notlage entstanden sein, die den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. hierzu etwa Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - juris). Im Übrigen besteht ein Anordnungsgrund, wenn der Betroffene bei Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache Gefahr laufen würde, seine Rechte nicht mehr realisieren zu können oder gegenwärtige schwere, unzumutbare, irreparable rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile erlitte. Die individuelle Interessenlage des Betroffenen, unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter muss es unzumutbar erscheinen lassen, den Betroffenen zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Danach besteht ein Anordnungsgrund z.B. dann nicht, wenn der Antragsteller jedenfalls gegenwärtig auf eigene Mittel oder zumutbare Hilfe Dritter zurückgreifen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 6. März 2017 - L 7 SO 420/17 ER-B - juris Rdnr. 8 m.w.N.; Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 21. September 2016 - 1 BvR 1825/16 - juris Rdnr. 4) und sich den Ausführungen des Antragstellers keine gewichtigen Anhaltspunkte entnehmen lassen, dass die finanziellen Kapazitäten vollständig ausgeschöpft sind (BVerfG, Beschluss vom 12. September 2016 - 1 BvR 1630/16 - juris Rdnr. 12). Wie bereits dargelegt, beurteilt sich in einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren das Vorliegen eines Anordnungsgrundes grundsätzlich nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Antrag entscheidet, im Beschwerdeverfahren mithin nach dem Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung.

Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme einer aktuellen Notlage hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht. Zunächst ist der Antragsteller Inhaber eines Wertpapierdepots mit einem Guthaben in Höhe von ca. 1.500,00 EUR, das er zur Bestreitung seines Lebensunterhalts einsetzen kann. Weiterhin ist zu beachten, dass der Antragsteller durch seinen Vater und Freunde Hilfeleistungen erhält, die seinen Lebensunterhalt ganz überwiegend decken. Ausweislich der durch den Antragsteller eingereichten Erklärung seines Vaters vom 15. Juni 2018 ist ersichtlich, dass er - der Antragsteller - derzeit keiner Mietzinsforderung seines Vaters ausgesetzt ist. Denn dieser macht aus "familiärer Fürsorgepflicht" und im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers Mietzinsforderungen bis "zu dem realisierbaren Eintritt einer Leistungsverpflichtung durch den zuständigen Sozialhilfeträger" nicht geltend, sodass der Unterkunftsbedarf des Antragstellers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gesichert erscheint. Weiterhin hat der Antragsteller durch Freunde bzw. Bekannte eine regelmäßige finanzielle Unterstützung zur Bestreitung seines Lebensunterhalts, einschließlich der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung, erhalten (durch D. K. in der Zeit von Juni 2017 bis Dezember 2017 insgesamt 830,00 EUR sowie von Januar 2018 bis Juni 2018 insgesamt 650,00 EUR; durch P. L. von Juni 2017 bis Dezember 2017 insgesamt 1.700,00 EUR sowie von Januar 2018 bis Juni 2018 insgesamt 1.412,45 EUR). Gem. den zugrundeliegenden Rahmenvereinbarungen gewähren D. K. und P. L. dem Antragsteller zur Finanzierung seines Lebensunterhalts "Mikrokredite", deren Höhe sich nach dessen "Erfordernissen" im Zeitpunkt der Auszahlung richtet (vgl. § 2 der jeweiligen Rahmenvereinbarung). Die Rückzahlungspflicht des Antragstellers setzt erst ein, wenn er Leistungen seitens Dritter, bspw. des Antragsgegners, erhält. Dass - neben der Verwertung des Depots bei der U Investment - eine weitere Finanzierung durch seine Freunde und Bekannte nach Maßgabe der vorgelegten Rahmenvereinbarungen nicht mehr möglich sein soll, ist nicht ersichtlich. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Ablehnungsbescheid des Antragsgegners vom 21. Juni 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2018 bereits Gegenstand des vor dem SG anhängigen Klageverfahrens S 5 SO 624/18 ist. Da der Antragsgegner die begehrte Leistung ohne zeitliche Beschränkung abgelehnt haben dürfte, dürfte in diesem Klageverfahren über die gesamte bis zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt verstrichene Zeit zu befinden sein, und zwar unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Änderungen, es sei denn, der Antragsteller habe zwischenzeitlich einen neuen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII gestellt (z.B. BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 19/10 R - juris Rdnr. 9). Mithin wird das SG die maßgeblichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse festzustellen und insoweit zwischenzeitlich eingetretene Änderungen zu berücksichtigen haben. Der Antragsteller hat es selbst in der Hand, in diesem Verfahren mitzuwirken und seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse unverzüglich offenzulegen. Der Senat geht davon aus, dass der Antragsgegner im Hinblick auf seine Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) entsprechenden Veränderungen unverzüglich Rechnung tragen und bei Vorliegen der Voraussetzungen, insbesondere der Hilfebedürftigkeit, Leistungen nach dem SGB XII gewähren wird. Unter den dargelegten Umständen geht der Senat davon aus, dass der Antragsteller jedenfalls gegenwärtig auf eigene Mittel oder zumutbare Hilfe Dritter zurückgreifen kann und ihm der Verweis auf das anhängige Hauptsacheverfahren zumutbar ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

5. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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