L 9 R 2170/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1013/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2170/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Mai 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1964 in Serbien geborene Kläger ist 1992 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und war zuletzt seit 01.01.2000 als Stanzer beschäftigt. Bei einem bei der B. am 13.12.2010 erlittenen Arbeitsunfall zog sich der Kläger Verletzungen im Bereich der linken Schulter, des linken Ellenbogens, des Unterarms, der linken Hand sowie des linken Kniegelenks, des linken Sprunggelenks und der linken Mittelfußknochen IV und V zu. Bei ihm ist wegen einer Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks, einer Gebrauchseinschränkung des linken Beines, einer Schwellneigung beider Unterschenkel, einer Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks und einer Funktionsbehinderung des linken Ellenbogengelenks ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit 14.07.2012 unter Ablehnung der Anerkennung (unter anderem) der Merkzeichen G und aG anerkannt (GdB 60 seit 24.10.2013 unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Überfunktion der Nebenschilddrüsen sowie eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms).

Am 07.03.2013 beantragte er die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Nachdem u. a. ein Befundbericht des Universitätsklinikums F. vom 13.06.2013 wegen einer Nebenschilddrüsenüberfunktion sowie von Aktenauszügen der B. vorgelegt wurden, beauftragte die Beklagte den Facharzt für Allgemeinmedizin/Sozialmedizin, für Anästhesiologie/spezielle Schmerztherapie, Sportmedizin, Naturheilverfahren Dr. P. sowie den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Sozialmedizin Dr. M. mit der Erstellung von Gutachten.

Dr. M. untersuchte den Kläger am 01.08.2013 und stellte eine Anpassungsstörung mit vermehrter Gereiztheit einerseits sowie mit einer reaktiv depressiven Symptomatik andererseits nach Arbeitsunfall mit hieraus resultierenden unfallchirurgischen/orthopädischen Beeinträchtigungen und chronischen Schmerzen fest. Der Kläger sei sowohl in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr leistungsfähig.

Dr. P. stellte nach einer persönlichen Untersuchung des Klägers am 18.07.2013 in seinem Gutachten vom 26.09.2013 folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. Funktionsdefizit des linken Kniegelenks nach Arbeitsunfall vom 13.12.2010 mit hinterer Kreuzbandruptur linkes Kniegelenk, operativer Versorgung mit Kreuzbandersatz-Plastik links 24.10.2011, mit fortbestehender Bewegungseinschränkung und leichter Instabilität, Kniegelenksarthrose und Kniescheibenrückflächenarthrose, 2. operierter Bruch des IV. und V. Mittelfußknochens links, leichte Funktionsminderung, chronisches Schmerzsyndrom und 3. Anpassungsstörung nach Arbeitsunfall mit chronischer Schmerzstörung mit psychischen und physischen Faktoren, fraglich posttraumatisches Belastungssyndrom.

Die weiteren Diagnosen gab er wie folgt an: Schultereckgelenksarthrosen; Schädel-CT 04/13: Leichte Hirnarthrophie ohne klinische Zeichen; Krampfader-OP rechts 1997; primärer Hyperparathyreoidismus, kontrastierend hierzu aktuelle Laborwerte vom 18.07.2013 mit intaktem Parathormon und normalem Kalziumswert. Nach seiner Einschätzung könne der Kläger die letzte berufliche Tätigkeit als Metallarbeiter nur noch drei bis unter sechs Stunden ausüben. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, die zeitweise im Gehen oder im Stehen bzw. ständig im Sitzen ausgeübt werden können, seien ihm noch sechs Stunden und mehr zumutbar.

Mit Bescheid vom 13.11.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung ab, die Einschränkungen, die sich aus den festgestellten Krankheiten oder Behinderungen ergeben, führten nicht zu einem Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, weil der Kläger nach medizinischer Beurteilung noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne.

Im sich anschließenden Widerspruchsverfahren legte der Kläger einen Bericht des Universitätsklinikums F. vom 13.06.2014 sowie Berichte des Dr. S. vom 03.07.2013, des Dr. Z. vom 10.07.2013, des Dr. H. vom 16.10.2013 und die ärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 23.02.2014 vor.

Unter Berücksichtigung einer Stellungnahme ihrer Prüfärztin E. vom 27.03.2014 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.04.2014 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 24.04.2014 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung geltend gemacht, dass nach wie vor davon ausgegangen werde, dass er aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen auf verschiedenen Fachgebieten in der Gesamtschau derart in seiner Leistungsfähigkeit reduziert sei, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer befristeten Erwerbsminderungsrente gegeben seien.

Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen von sachverständigen Zeugenaussagen beim Allgemein- und Sportmediziner Dr. B., W., und dem Neurologen und Psychiater Dr. Z. sowie durch das Einholen von Gutachten beim Facharzt für Orthopädie Dr. B. und beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L.

Dr. B. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 13.07.2014 angegeben, dass beim Kläger ein primärer Hyperparathyreoidismus, eine Autoimmunthrombocytopenie, ein Zustand nach Fraktur IV. und V. Mittelfußknochen links, Zustand nach Stauchung und hintere Kreuzbandruptur linkes Knie und Femoropatellararthrose links vorliegt. Im Moment stehe der Hyperparathyreoidismus mit Müdigkeit, Adynamie, mangelnder Belastbarkeit im Vordergrund. Des Weiteren bestünden nach den Verletzungen noch immer Schmerzen bei leichten Belastungen. Zur bestehenden Leistungsfähigkeit wollte sich Dr. B. nicht abschließend äußern.

Dr. Z. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 26.03.2015 eine schwere posttraumatische Belastungsstörung nach Arbeitsunfall mit Polytrauma sowie eine Angststörung und eine Depression beschrieben. Der Kläger sei seiner Einschätzung nach aufgrund der Schwere und Komplexität der Erkrankung nur noch in der Lage, drei bis unter sechs Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 02.02.2015 ein chronisches pseudoradikuläres lumbales Wirbelsäulensyndrom ohne relevante Funktionsbehinderung der LWS und ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten, eine Schultersteife links, Ellbogenschmerzen links ohne Bewegungseinschränkungen, eine funktionelle Arthralgie der linken Hand ohne Bewegungseinschränkung, eine funktionelle Coxalgie links bei endgradiger Funktionsbehinderung der Hüftgelenke bezüglich der Innenrotation, eine Funktionsbehinderung des linken Kniegelenkes mit Streckdefizit und Beugeeinschränkung bei posttraumatischer Gonarthrose links bei Zustand nach hinterer Kreuzbandplastik (24.10.2011) nach Arbeitsunfall vom 13.12.2010, eine funktionelle Gonalgie rechts mit Narbenbeschwerden nach Sehnentransplantatentnahme ohne Bewegungseinschränkung, einen Zustand nach Schleimbeutelentfernung am rechten Knie, eine schmerzhafte Funktionsbehinderung des linken OSG, eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken USG, Belastungsschmerzen des linken Fußes bei Zustand nach operierten Frakturen des IV. und V. Mittelfußknochens links, eine Spreizfußdeformität beidseits, ein ohne relevante Folgeerscheinungen abgeheilte CRPS Typ 2 links und außerhalb des orthopädischen Fachgebiets: Adipositas, arterielle Hypertonie, Anpassungsstörung, Angst und Depression gemischt (reaktiv), Zustand nach Nebenschilddrüsen-OP bei primärem Hyperparathyreoidismus mit vegetativen Begleiterscheinungen, Zustand nach Appendektomie festgestellt. Unter Berücksichtigung des vom Kläger vorgelegten Berichtes des Neurologen und Psychiaters Dr. Z. vom 09.12.2014 (Anpassungsstörung mit reaktiven Depressionen und Ängsten) sowie eines Gutachtens des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit B. vom 15.12.2014 (Dr. V.: auch unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen eingeschränktes zeitliches Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden) hat Dr. B. die Auffassung vertreten, dass sich bezogen auf die Wirbelsäulenbeschwerden, die funktionelle Situation im Bereich der oberen und unteren Gliedmaßen, wobei hier insbesondere auf die Funktionsbehinderung der linken Schulter, des linken Kniegelenkes und des linken Sprunggelenkes bzw. Fußes abzustellen sei, lediglich eine qualitative, nicht aber eine quantitative Leistungsminderung ableiten lasse. Zu keiner anderen Einschätzung komme er im Hinblick auf die zwischenzeitlich operativ behandelte Erkrankung der Schilddrüse, aufgrund derer sich wohl keine zeitliche Leistungsminderung ableiten lasse, sowie hinsichtlich der psychopathologischen Problematik, deren therapeutische Optionen noch nicht ausgeschöpft sein dürften. Aus seiner anamnestischen Exploration lasse sich kein Rückschluss auf einen etwaigen sozialen Rückzug ziehen, wie er bei einer höhergradigen depressiven Problematik eigentlich zu erwarten wäre. Unter Berücksichtigung der näher dargelegten qualitativen Einschränkungen sei es dem Kläger gesundheitlich möglich und zumutbar, arbeitstäglich vierfach eine Wegstrecke von über 500 Metern in einem Zeitaufwand von jeweils unter 20 Minuten zurückzulegen. Auch die Notwendigkeit zusätzlicher betriebsunüblicher Arbeitspausen sei aus gesundheitlichen Gründen nicht begründbar. Die Beklagte hat die sozialmedizinischen Stellungnahmen des Chirurgen/Internisten/Nephrologen Dr. S. vom 25.07.2014 und von Dr. N. vom 28.07.2015 vorgelegt. Unter Auswertung der von Dr. B. vorgelegten umfangreichen Befundunterlagen vertrat Dr. S. die Auffassung, dass sich eine zeitliche Leistungsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch weiterhin nicht schlüssig begründen lasse. Dr. N. empfahl mit Blick auf die Ausführungen von Dr. Z. eine erneute neurologisch-psychiatrische Begutachtung.

In seinem Gutachten vom 03.08.2015 hat Dr. L. folgende Diagnosen gestellt: 1. Leichte Anpassungsstörung mit minimaler depressive Reaktion und leichten Angstäquivalenten - ursächlich bedingt durch ein Trauma vom 13.12.2010 mit anhaltender Schmerzsymptomatik. Leichte Verdeutlichungstendenzen (Diskrepanz zwischen den Befunden und den Angaben des Probanden – speziell auch zum Tagesablauf und zur Beschwerdeschilderung). 2. Keine nachweisbare Nervenläsion am linken Unterschenkel und am linken Fuß bei angegebener Fußheber- und Fußsenkerschwäche links sowie von Gefühlsstörungen am linken Fuß. Sensibilitätsstörungen im Bereich des N. Saphenus rechts (Hautnervengebiet). 3. Zustand nach Fraktur des Mittelfußknochens IV und V links sowie Zustand nach hinterer Kreuzbandfraktur im linken Kniegelenk sowie Verletzungen im Bereich des linken Armes – Restsymptomatik – Trauma vom 13.12.2010. Keine neurogene Unfallschädigung nachzuweisen. Zustand nach sogenanntem CRPS am linken Fuß. 4. Zustand nach Nebenschilddrüsen-OP bei primärem Hyperparathyreoidismus.

Ferner bestünden ein leichteres Lumbalsyndrom, eine Femoropatellararthrose, eine hypertensive Blutdrucklage und weitere orthopädische Leiden.

Rein neurologisch-psychiatrisch gesehen sei der Kläger in der Lage, vollschichtig tätig zu sein. Betriebsunübliche Pausen seien nicht notwendig. Der Auffassung von Dr. Z., es läge eine posttraumatische Belastungsstörung vor, könne er sich nicht anschließen. Es fehlten die wesentlichen Kriterien für die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung. Weder habe unmittelbar posttraumatisch eine massive Schreckreaktion festgestellt oder objektiviert werden können noch sei es in den nachfolgenden Jahren zeitnah zu Flashback-Erlebnissen, Infusionen, intensiven Albträumen etc. bzw. zu einer erkennbaren reaktiven ausgeprägten posttraumatischen Belastungsstörung gekommen. Hierzu lägen mehrfach nervenärztliche Befundberichte vor, die der Auffassung von Dr. Z. widersprächen.

Hierzu hat der Kläger die fachärztliche Stellungnahme von Dr. Z. vom 30.09.2015 vorgelegt, der dem im Gutachten enthaltenen Befund einer "streckenweise leichteren reaktiven depressiven Verstimmung mit erheblichen Somatisierung- und Verdeutlichungstendenzen" widersprach und aus seiner Sicht einen deutlich agitiert-depressiven Patienten mit innerer Unruhe, Angespanntheit und ausgeprägter ängstlicher Besorgnis sehe. Auf Befragen seien ihm immer wieder auftretende Flashbacks des Unfallereignisses geschildert worden, so dass er in Anbetracht der Ereignisse und der Folgen diagnostisch nicht nur eine leichte bis mäßige Anpassungsstörung, sondern in der Tat eine posttraumatische Belastungsstörung sehe.

In seiner vom SG veranlassten ergänzenden Stellungnahme vom 10.02.2016 hat Dr. L. zu den Einwendungen Stellung genommen und an seiner Auffassung festgehalten. Hinsichtlich einer posttraumatischen Belastungsstörung fehle es bereits am notwendigen A-Kriterium, Angaben hinsichtlich des B-Kriteriums habe der Kläger bei ausführlicher Exploration bei ihm nicht gemacht, also weder über belastende Träume von dem Ereignis noch von Flashbacks berichtet. Auch das C-Kriterium bzw. das Vermeiden von Reizen, die mit dem Trauma verbunden seien oder eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität sei nicht vorhanden, das D-Kriterium nur inkonstant und teilweise vorhanden.

Mit Urteil vom 10.05.2016 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht vorlägen. Die Kammer stütze sich insoweit auf die übereinstimmende Einschätzung aller im Verfahren gehörten Gutachter. Eine posttraumatische Belastungsstörung liege in Übereinstimmung mit Dr. L. nicht vor. Dem Hilfsantrag, wegen Unverwertbarkeit des Gutachtens von Dr. L. ein weiteres Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet von Amts wegen einzuholen, sei nicht stattzugeben gewesen, weil nicht stichhaltig dargelegt worden sei, weshalb das Gutachten nicht verwertbar sei.

Gegen das ihm am 06.06.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.06.2016 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.

Unter Verweis auf den bisherigen Vortrag hat der Kläger ergänzend ausgeführt, dass zunächst die berufliche Rehabilitation im Vordergrund gestanden habe, welche bis heute nicht positiv erfolgt sei. Die psychologische Problematik habe sich erst im Laufe der Zeit herauskristallisiert, sie habe sich erst nach dem Gutachten von Dr. M. und Dr. P. manifestiert, so dass deren Aussagen zum Leistungsvermögen unbedeutend sein. Das Gutachten von Dr. L. sei unverwertbar, insoweit verweise er auf die fachärztliche Stellungnahme des Dr. Z. vom 30.09.2015. Ferner hat der Kläger medizinische Berichte des Neurologen und Psychiaters Dr. R. vom 12.05.2017 und 08.03.2017, den Laborbericht vom 10.05.2017, ein Langzeit-EKG vom 27.03.2017 sowie den Bericht über ein Langzeit-EKG und den Nachschaubericht von Dr. F. vom 20.12.2016 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Mai 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. April 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu gewähren, hilfsweise wegen Unverwertbarkeit des Gutachtens von Dr. L. ein weiteres Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet von Amts wegen einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme von Medizinaldirektor Dr. G. vom 22.08.2016 ausgeführt, die Auffassung, das Gutachten des Dr. L. sei unverwertbar, sei entschieden zurückzuweisen. Vielmehr stelle die ärztliche Stellungnahme von Dr. Z. eine Einzelmeinung dar, die sozialmedizinisch nicht nachvollziehbar sei. Zu den vom Kläger vorgelegten Befundberichten hat Dr. B. in seiner von der Beklagten vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahme ausgeführt, dass sich hieraus keine Begründung ergebe, von der bisherigen Leistungseinschätzung abzuweichen. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen täglich noch sechs Stunden und mehr verrichten.

Der Kläger hat hierzu eine Stellungnahme des Dr. R. vom 27.02.2018 vorgelegt.

Der Senat hat das Gutachten des Facharztes für Neurologie und für Psychiatrie/Psychotherapie, des Facharztes für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Rehabilitationswesen – Geriatrie Dr. S., V., welches im beim 10. Senat des LSG Baden-Württemberg anhängigen Rechtsstreit gegen die B. (L 10 U 302/16) erhoben wurde, beigezogen. Dieser hat in seinem Gutachten vom 11.05.2018 die Diagnose einer Dysthymia gestellt. Dies sei eine leichtere psychische Störung, die leichter sei als eine leichte depressive Episode und in diesem Schweregrad erstmals vom Nervenarzt Dr. M. im August 2013, nicht ganz drei Jahre nach dem Unfall, festgestellt worden sei. Nachdem zuvor stets unauffällige psychische Befunde und eine gute Stimmung dokumentiert seien, könne die Dysthymia nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückgeführt werden. Die Ausführungen des ambulant vorübergehend konsultierten Nervenarztes Dr. Z., wonach ein Zusammenhang zum Arbeitsunfall bestehe und der auch eine posttraumatische Belastungsstörung bzw. Belastungsreaktion und eine schwere Anpassungsstörung diagnostiziert habe, seien nicht nachvollziehbar. Dieser könne sich bei seinen Ausführungen ausschließlich auf die Angaben des Klägers stützen, und es liege auch ihm keine Befundbeschreibung vor, die auch nur ansatzweise die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung begründen oder rechtfertigen könne.

Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass dieses Gutachten das vom SG eingeholte Gutachten von Dr. L. mit Blick auf die Schwere der geltend gemachten psychischen Beeinträchtigung bestätigen dürfte und der Senat deswegen keine Veranlassung für weitere Ermittlungen von Amts wegen sehe. Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beabsichtigt sei. Nachdem der Kläger telefonisch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrte, wurde der Bevollmächtigten des Klägers mitgeteilt (Schreiben vom 09.07.2018, der Bevollmächtigten am 11.07.2018 zugegangen), dass an der beabsichtigten Verfahrensweise festgehalten wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz verwiesen.

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 06.06.2018 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünftagewoche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 43 SGB VI, Rdnr. 58 und 30 ff.).

Der Kläger ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht voll erwerbsgemindert. Ihm steht daher keine Rente zu.

Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere der Gutachten von Dr. P. und Dr. M., die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, sowie der Gutachten von Dr. B., Dr. L. und Dr. S. Soweit Dr. Z. und das Gutachten für die Bundesagentur für Arbeit eine andere Leistungsbeurteilung vertreten, vermochte sich der Senat dieser nicht anzuschließen. Der Senat sieht es nicht für nachgewiesen an, dass der Kläger nicht mehr zumutbar sechs Stunden am Tag im Rahmen einer Fünftagewoche beschäftigt werden kann.

Die Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers beruhen im Wesentlichen auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet.

Auf orthopädischem Fachgebiet bestehen Funktionseinschränkungen im Wesentlichen im Bereich der linken Schulter, des linken Kniegelenkes und des linken Sprunggelenkes bzw. Fußes, was der Senat dem nach sorgfältiger Untersuchung des Klägers erstellten Gutachten von Dr. B. entnimmt. Insoweit ist eine graduelle Funktionsbehinderung des linken Schultergelenkes im Sinne einer geringgradigen Schulterteilsteife nach dem Arbeitsunfall vom 13.12.2010 zu berücksichtigen, die nachvollziehbar das Arbeiten über dem horizontalen Schulterniveau als auch Arbeiten mit erhöhter Anforderung an die Kraftentfaltung und die volle Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände beeinträchtigen. Gleiches nimmt der Senat wegen der im Untersuchungsgang dargestellten Kraftminderung des linken Armes auch für Arbeiten mit besonderer Anforderung an die Kraftentfaltung und volle Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände an, obwohl die Kraftminderung des linken Armes äußerst variabel bei seitengleich ungestörter Sensomotorik und groben Kraft dargeboten wurde und die Variabilität der Kraftminderung auf eine Ausgestaltungskomponente, wie Dr. B. ausgeführt hat, hinweist. Diese qualitativen Einschränkungen berücksichtigen zudem die ohne funktionelle Einschränkungen festgestellten Ellbogenschmerzen links sowie die funktionelle Arthralgie im Bereich der linken Hand. Weiterungen ergeben sich aus dem mit Schriftsatz vom 06.06.2017 vorgelegten Nachschaubericht des Dr. F. vom 20.12.2016 unter Berücksichtigung der dort für die linke Schulter genannten Funktionsparameter nicht. Ferner besteht eine Funktionsbeeinträchtigung des linken Kniegelenkes in der Form eines im Seitenvergleich geringeren Streckdefizits und einer deutlichen Beugeeinschränkung, wobei jedoch die Rechtwinkelstellung überschritten werden kann. Im Bereich der oberen Sprunggelenke findet sich links eine mittelgradige Bewegungseinschränkung, für die unteren Sprunggelenke, ebenfalls links lediglich eine marginale Bewegungseinschränkung. Bei einer weitgehend freien Beweglichkeit der Hüftgelenke (wobei lediglich die Innenrotation in gebeugter Stellung graduell eingeschränkt ist, ohne dass sonstige Einschränkungen festzustellen waren), negativen Meniskuszeichen im Bereich beider Kniegelenke, einer diskreten Restinstabilität des Bandapparates links im Sinne einer Kreuzbandinsuffizienz nach hinterer Kreuzbandplastik sind häufig oder ständig kniende oder hockende Tätigkeiten, überwiegend oder ständig stehende und/oder gehende Tätigkeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit häufigem Treppensteigen, Arbeiten auf unebenem Untergrund nicht mehr leidensgerecht, wie Dr. B. zutreffend und für den Senat schlüssig und überzeugend dargelegt hat. Weitergehende zu berücksichtigende Einschränkungen ergeben sich aus der ohne Funktionseinschränkungen bestehenden funktionellen Gonalgie rechts mit Narbenbeschwerden nach Sehnentransplantatentnahme, aus einem Zustand nach Schleimbeutelentfernung am rechten Knie, aus Belastungsschmerzen des linken Fußes bei Zustand nach operierten Frakturen des IV. und V. Mittelfußknochens links und der Spreizfußdeformität beidseits sowie einem ohne relevante Folgeerscheinungen abgeheilten CRPS Typ 2 links nicht. Eine zeitliche Leistungsminderung lässt sich unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen möglicher Arbeitstätigkeit nicht begründen. Schließlich sind aufgrund der ohne wesentliche Funktionseinschränkungen festgestellten Befunde im Bereich der Wirbelsäule (chronisches pseudoradikuläres lumbales Wirbelsäulensyndrom ohne relevante Funktionsbehinderung der LWS und ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten), mit Blick auf die Beschwerden nachvollziehbar sämtliche mittelschweren und schweren körperlichen Tätigkeiten, das Arbeiten mit Heben, Tragen und/oder Bewegen von Lasten über 8-10 kg ohne mechanische Hilfsmittel sowie das Arbeiten in gebückter, vornüber geneigter oder sonstiger Zwangshaltung des Achsorgans ausgeschlossen. Gleiches gilt für Arbeiten unter Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen. Bei fehlenden funktionsrelevanten höhergradigen motorischen Ausfällen vermögen die Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule aber eine zeitliche Leistungsminderung, wie Dr. B. auch anhand der übereinstimmenden Angaben in der Gutachtenliteratur belegt hat, nicht zu rechtfertigen.

Diese Würdigung auf orthopädischem Fachgebiet steht zudem in Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr. P., welches der Senat im Urkundenbeweis würdigt. Bei weitgehend übereinstimmenden Befunden, etwa auch im Vergleich zu dem von Dr. P. gewürdigten Bericht des P.-Klinikums Bad K., wo sich der Kläger vom 21.05.2013 bis 15.06.2013 in stationärer Behandlung befand, ergibt sich auch für die zurückliegende Zeit seit Antragstellung kein genügender Hinweis auf das Vorliegen einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung. Dies gilt auch für das in der Folge des Arbeitsunfalles diagnostizierte CRPS, denn dieses war am 26.01.2012 im Rahmen einer neurologisch-psychiatrischen Untersuchung bei Prof. Dr. S. (Bl. 88 ff. der Akten der Beklagten) ebenso wie eine vorbeschriebene Teilschädigung des Nervus tibialis links klinisch nicht mehr nachweisbar. Soweit Prof. Dr. S. zu diesem Zeitpunkt noch von einer erheblichen Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit des linken Beines ausgegangen war, ist in dem angesprochenen Bericht des P.-Klinikums Bad K. bereits von einem voll belasteten und weitgehend flüssigen Gangbild zu ebener Erde bei verschmächtigter Wadenmuskulatur links um 1,5 cm die Rede, wobei Einbein-, Fersen- und Zehenspitzenstand beidseits sicher und der Hocksitz hälftig durchführbar waren. Schwierigkeiten bestanden lediglich im Bereich des monopedalen Hüpfens auf dem linken Bein bei muskulär nicht kompensierter, gelockerter hinterer Kreuzbandführung. Aus orthopädisch-unfallchirurgischer Sicht erfolgte die Entlassung am 15.06.2013 für leidensgerechte Tätigkeiten arbeitsfähig, weshalb sich auch insoweit kein Argument für eine zu dieser Zeit bestehenden Erwerbsminderung in quantitativer Hinsicht ableiten lässt.

In Übereinstimmung mit den Gutachten von Dr. M., Dr. L. und Dr. S. vermochte sich der Senat zudem nicht davon zu überzeugen, dass beim Kläger Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet vorliegen, die eine zeitliche Leistungsminderung rechtfertigen könnten. Dr. M. hat den Kläger bereits im August 2013 untersucht und ihn im Gespräch als freundlich zugewandt und auskunftsbereit beschrieben. Das Bewusstsein und die Orientiertheit waren damals schon unauffällig gewesen, das Konzentrationsvermögen, die Aufmerksamkeitssteuerung, die Auffassung und Gedächtnisfunktionen nicht erkennbar beeinträchtigt. Dr. M. hat zudem keinen Anhalt für eine Beeinträchtigung anderer neuropsychologischer Funktionen gefunden, auch keine formale Denkstörungen, keine Befürchtungen oder Zwänge und keine inhaltlichen Denkstörungen. Außerdem haben sich keine erkennbaren Wahrnehmungsstörungen und keine Ich-Störungen gefunden. Den Antrieb und die Psychomotorik hat Dr. M. als normal ausgeprägt beschrieben, die Stimmungslage als leicht gedrückt mit leicht reduzierter affektiver Schwingungsfähigkeit, was er angesichts der Lebenssituation des Klägers als durchaus situationsadäquat eingestuft hat. Schließlich ließen sich kein Gedankenkreisen, keine Ängste, keine circadianen Besonderheiten, keine Suizidalität und auch kein Lebensüberdrussempfinden beschreiben. Seiner Einschätzung nach fühlt sich der Kläger durch die ohne sein Verschulden erlittenen Verletzungen beeinträchtigt und reduziert in seinem Leistungsvermögen im Vergleich zu seinen eigenen Erwartungen, die er in sich selbst hat. Hierdurch entstehen emotionale Reaktionen in Form vermehrter Gereiztheit und der Neigung zu Aggressionen einerseits sowie depressive Reaktionen und sozialer Rückzug andererseits. Deswegen hat Dr. M. eine Anpassungsstörung mit vermehrter Gereiztheit einerseits sowie mit reaktiv depressiver Symptomatik andererseits nach Arbeitsunfall mit hieraus resultierenden unfallchirurgischen/orthopädischen Beeinträchtigungen und chronischen Schmerzen diagnostiziert, die aber nicht zu einer Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens noch zumutbarer Tätigkeiten führt. Kein wesentlich anderer Befund hat sich im Rahmen der Untersuchung durch Dr. L. feststellen lassen: Dr. L. hat kein allgemeines Erschöpfungssyndrom oder Müdigkeitssyndrom feststellen können, die Bewusstseinslage und die Vigilanz waren regelrecht. Er hat keinen Hinweis für eine Somnolenz oder andere Bewusstseinsveränderungen gefunden, die Aufmerksamkeit und Konzentration waren völlig unauffällig gewesen. Der Kläger hat die Vorgeschichte flüssig erzählen können und über Daten nicht länger nachdenken müssen. Die Orientiertheit in sämtlichen Bereichen war regelrecht gewesen, die Interaktion und der Kontakt mit dem Kläger war, so Dr. L., meistens gut, streckenweise leicht ablehnend gewesen. Der Kläger hat nur leicht verschlossen gewirkt, ohne Feindseligkeit, ohne Aggressionsbereitschaft und ohne vermehrte Reizbarkeit. Der Antrieb war nicht erkennbar reduziert, die Psychomotorik lebhaft, die Sprechweise nicht leise, durchaus selbstbewusst und mittellaut. Die Denkabläufe waren nicht gehemmt oder gesperrt oder gar verlangsamt gewesen, es hat keine Ambivalenz bestanden, die Denkinhalte waren auf multiple Körperbeschwerden und auf die Auffassung, nicht mehr arbeiten zu können, zentriert gewesen. Die Intelligenz hat im durchschnittlichen Bereich gelegen, Neu- und Altgedächtnis waren nicht beeinträchtigt gewesen. Die Gestimmtheit und Effektivität waren streckenweise leicht auffällig im Sinne einer leichten depressiven Verstimmung gewesen, Angstäquivalente hat der Sachverständige nicht feststellen können. Der Kläger hat auch nicht ratlos oder vermehrt reizbar gewirkt. Die affektive Resonanz war eine Spur eingeschränkt gewesen, die Empfindung und Wahrnehmung auf Körperbeschwerden zentriert. Dr. L. hat einen mäßigen Leidensdruck beschrieben, weswegen er von einer streckenweise leichteren reaktiven depressiven Verstimmung mit erheblicher Somatisierung und Verdeutlichungstendenzen ausgegangen ist. So war der Kläger im Rahmen der testpsychologischen Untersuchung nicht immer motiviert gewesen, und die Schilderung des Tagesablaufes hat sich, wie Dr. L. ausgeführt hat, mit dem Befund im Rahmen der Exploration nicht vereinbaren lassen. Nach Angaben des Klägers könne dieser praktisch keinerlei Tätigkeit im Haushalt mehr durchführen, was aufgrund der Befunde nicht nachzuvollziehen gewesen ist. Andererseits hat er angegeben, mit seiner Ehefrau zum Einkaufen zu gehen und auch den Nachbarn immer wieder besuchen zu können, was aber nicht zu seiner Angabe passe, dass er sich zum Teil wochenlang zurückziehe und nur in seinem Zimmer sei. Insgesamt bestanden nach Einschätzung des Sachverständigen Inkonsistenzen bezüglich der Befunde und der Beschwerde- und Symptomschilderungen. Ein hiervon deutlich abweichender Befund – allerdings ohne auf solche Inkonsistenzen abzustellen – lässt sich auch dem Gutachten von Dr. S. nicht entnehmen, der den Kläger als durchaus energievoll und keinesfalls antriebsgemindert beschrieben hat. Er hat den Kläger als unzufrieden, moros, mit verminderter Hoffnung und einem Zukunftspessimismus beschrieben, aber keinesfalls als tiefer deprimiert. Der Kläger sei in seiner leicht abgesenkten Stimmung nicht erstarrt gewesen, er hat lächeln und sich freuen können. Das affektive Schwingungsvermögen war nach oben eingeschränkt, aber nicht aufgehoben gewesen. Der Gedankengang war zusammenhängend, das Denken ausgerichtet auf den Unfall und die eigenen Beschwerden gewesen. Es haben sich zudem keine auffälligen Denkinhalte wie ein Wahn, Wahrnehmungsstörungen oder Ich-Störungen feststellen lassen und auch intellektuell haben sich, wie auch für das Konzentrationsvermögen und die Aufmerksamkeit keine Einschränkungen gezeigt. Sozial hat Dr. S. einen gewissen Rückzug und eine etwas verminderte Aktivität beschrieben, ohne dass eine völlige Isolation besteht und auch kein völliger Interessenverlust. Die Beschwerdeschilderung und -darstellung war nach Dr. S. glaubhaft bei einer Betonung des Unfalls als Ursache allen Leidens. Für eine Simulation hat sich ebenso wenig ein Anhalt ergeben, wie für eine Dissimulation psychischer Störungen. Unter Berücksichtigung dieser Befunde geht auch der Senat lediglich von dem Vorliegen einer leichteren psychischen Störung aus, die von Dr. M. und Dr. L. mit einer Anpassungsstörung und leichter depressiver Reaktion und leichten Angstäquivalenten und mit anhaltender Schmerzsymptomatik, von Dr. S. als Dysthymia diagnostiziert wurde, wobei der Letzteren der Vorrang einzuräumen sein dürfte, weil eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion nach ICD 10 nur bei einer Dauer bis zu zwei Jahren diagnostiziert werden sollte. Abgesehen davon, dass aufgrund der insoweit bestehenden psychischen Einschränkungen Nachtarbeiten, Arbeiten mit deutlich erhöhter mentaler Stressbelastung und anhaltende Akkordarbeiten mit deutlich erhöhter Verantwortlichkeit (so Dr. L., dem der Senat folgt) nicht mehr abverlangt werden können, ergeben sich hieraus keine weiteren qualitativen Einschränkungen und auch keine Einschränkungen, die eine zeitliche Leistungsminderung rechtfertigen könnten.

Dies gilt auch, soweit der Kläger in den vorliegenden Gutachten auf eine rasche Ermüdbarkeit hingewiesen hat. Eine psychiatrische Erkrankung, die eine solche belegen oder nachvollziehbar machen könnte, ist durch die vorliegenden Gutachten nicht nachgewiesen worden. Unabhängig davon haben weder die Befunderhebungen während des stationären Aufenthalts in Bad K. noch die nachfolgenden Begutachtungen erhebliche Leistungseinbußen belegen können. Der neuropsychologische Befund in Bad K. hat mit Blick auf die testpsychologische Untersuchung der Aufmerksamkeitsleistungen zu unterschiedlichen Tageszeiten und die Erschöpfungszustände eine schwankend leichte Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit ergeben, die mit einer Ermüdung vereinbar war und nicht für ein organisch bedingtes Defizit sprach. Dementsprechend kommt auch dem Hyperparathyreoidismus keine eigenständige Bedeutung für die Frage einer hierdurch verursachten zeitlichen Leistungsminderung zu.

Soweit Dr. Z. vom Vorliegen eines posttraumatischen Belastungssyndroms ausgeht, vermochte sich der Senat dem nicht anzuschließen. Das Auftreten von immer wieder auftretenden Flashbacks allein reicht für eine entsprechende Diagnose nicht aus, wie Dr. L. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.02.2016 nochmals überzeugend und nachvollziehbar dargestellt hat. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass im Entlassungsbericht des P.-Klinikums Bad K. vom 18.07.2013 im Rahmen des psychischen Befundes 2 ½ Jahre nach dem Unfall noch vermerkt wurde, dass " keine Flashbacks oder Intrusionen. Keine Albträume " bestanden haben. Seine Einschätzung zum zeitlichen Leistungsvermögen und die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung hält der Senat unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten von Dr. L. und Dr. S. (der sich ebenfalls mit dieser Diagnose – abschlägig – auseinandergesetzt hat) damit für widerlegt. Auch das Gutachten des Dr. V. für die Bundesagentur für Arbeit vom 15.12.2014 vermag insoweit keine andere Beurteilung des zeitlichen Leistungsvermögens zu rechtfertigen, zumal ihm nicht entnommen werden kann, auf welche Befunde die Leistungseinschränkung gestützt wird.

Nichts anderes ergibt sich zudem aus den mit Schriftsatz vom 06.06.2017 vorgelegten Berichten, u. a. des Dr. R. aufgrund eines Sturzes des Klägers nach einer Synkope im Juni 2016. Die kardiologische Abklärung blieb, wie den Berichten von Dr. R. und Dr. B. entnommen werden kann, ohne auffälligen und behandlungsbedürftigen Befund, was der Senat zudem der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. B. entnimmt und als qualifizierten Beteiligtenvortrag würdigt. Veranlassung für weitere Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere eine Befragung von Dr. R., der dem Kläger gegenüber mündlich geäußert haben will, dass er von einem aufgehobenen Leistungsvermögen ausgeht, bedurfte es unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde nicht, weil diese eine zeitliche Leistungsminderung ebenfalls nicht zu rechtfertigen vermögen.

Der Senat hat im Übrigen – wie das SG auch – keinen Zweifel an der Verwertbarkeit des Gutachtens von Dr. L. Allein die Tatsache, dass behandelnder Arzt und Sachverständiger zu unterschiedlichen Befunden und Diagnosen kommen, führt nicht zur Unverwertbarkeit eines Sachverständigengutachtens. Den diesbezüglichen Vortrag hat der Kläger auch im Berufungsverfahren lediglich unter Bezugnahme auf die Äußerungen von Dr. Z. aufrechterhalten, weswegen der Senat mit Blick auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil keine Veranlassung sieht, hierauf noch weitergehend einzugehen.

Ist der Kläger daher noch mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig, muss ihm – anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch die Frage geprüft werden, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereiches geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, u. a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nur unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R, in Juris). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG, Urteil vom 10.12.2003, B 5 RJ 64/02 R, in Juris).

Ausgehend hiervon liegt beim Kläger weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. So sind die dem Kläger noch zumutbaren leichten körperlichen Arbeiten (z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) keine Arbeiten, die mit dem Heben und Tragen schwerer und mittelschwerer Lasten, mit dem Besteigen von Leitern und Gerüsten oder mit Wirbelsäulenzwangshaltungen verbunden sind.

Auch liegt im Fall des Klägers kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, GS, a. a. O.,= S. 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von mehr als 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die genannte Strecke nicht in der erforderlichen Zeit zurücklegen kann, sind nicht erkennbar, Einschränkungen diesbezüglich wurden von den Sachverständigen nachvollziehbar verneint.

Die Berufung war daher zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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