L 37 SF 182/17 EK BK

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
ÜG
Abteilung
37
1. Instanz
-
Aktenzeichen
L 37 SF 182/17 EK BK
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt noch die Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) unter dem Aktenzeichen S 29 BK 12/12 geführten Verfahrens in Höhe von (i.H.v.) mindestens weiteren 500,00 EUR sowie der gesamten Kosten des Verfahrens, nachdem der Beklagte sich mit Teilanerkenntnis vom 17. Oktober 2017 bereit erklärt hatte, der Klägerin eine Entschädigung i.H.v. 2.500,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu gewähren und das Teilanerkenntnis auch umgesetzt hat.

Dem Ausgangsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Familienkasse P lehnte mit Bescheid vom 15. März 2011 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juni 2012 und des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Kinderzuschlages gemäß § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ab, weil das zu berücksichtigende Einkommen der Klägerin den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft übersteige und daher ein Anspruch auf Kinderzuschlag von März 2011 bis Februar 2012 – außer für September 2011 - ausgeschlossen sei.

Mit der am 27. Juli 2012 beim SG Potsdam eingegangenen Klageschrift vom selben Tag beantragte die Klägerin, die Beklagte des Ausgangsverfahrens – die Bundesagentur für Arbeit, Familienkasse P – unter Abänderung ihres Bescheides vom 15. März 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 zu verurteilen, ihr für die Monate März 2011 bis August 2011 sowie Oktober 2011 bis Februar 2012 einen (höheren) Kinderzuschlag nach § 6a BKGG zu gewähren. Gleichzeitig beantragte sie die Beiladung des Jobcenter B und die Gewährung von Akteneinsicht. Mit Eingangsverfügung vom 2. August 2012 – ausgeführt am 14. August 2012 - bestätigte das SG den Eingang der Klage, forderte von der Beklagten des Ausgangsverfahrens die Verwaltungsakten innerhalb von zwei Wochen an und die Klägerin zur Einreichung der Klagebegründung innerhalb von vier Wochen nach Akteneinsicht auf. Mit Schreiben vom 24. August 2012 (Eingang 27. August 2012) teilte die dortige Beklagte mit, dass sie dem Bevollmächtigten der Klägerin die Verwaltungsakten mit der Maßgabe übersandt habe, diese innerhalb von 14 Tagen an das SG weiterzuleiten. Am 10. September 2012 ging die Verwaltungsakte und am 12. September 2012 die Klagebegründung beim SG ein. Letztere wurde der dortigen Beklagten aufgrund der richterlichen Verfügung vom 17. September 2012 am 25. September 2012 zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen übersandt. Am 26. September 2012 reichte die Klägerin die monatlichen Zahlungsnachweise für die Betreuung und Versorgung ihres Sohnes B ein, die der dortigen Beklagten am 2. Oktober 2012 zur Kenntnisnahme weitergeleitet wurden. Mit am 15. Oktober 2012 beim SG eingegangenem Schreiben, das der dortigen Beklagten am 24. Oktober 2012 zur Stellungnahme innerhalb von fünf Wochen übersandt wurde, beantragte die Klägerin erneut die Beiladung des Jobcenters, ihres Ehemannes und ihres Sohnes und begründete ihren Antrag.

Am 19. Oktober 2012 ging die Klageerwiderung vom Vortag einschließlich einer vierseitigen Berechnung des Kinderzuschlages ein, die dem Bevollmächtigten der Klägerin am 24. Oktober 2012 zur Stellungnahme übersandt wurde. Mit am 5. November 2012 eingegangenem Schreiben vom 2. November 2012 nahm die Beklagte des Ausgangsverfahrens außerdem zum Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 12. Oktober 2012 Stellung. Dieser wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am Folgetag zur Stellungnahme übersandt. Der Klägerbevollmächtigte hielt mit Schreiben vom 13. November 2012, das dem Beklagten am 16. November 2012 zur Kenntnisnahme übersandt wurde, ausdrücklich an den beantragten Beiladungen fest. Dem Fristverlängerungsantrag des Klägerbevollmächtigten vom 26. November 2012 entsprach das SG. Mit am gleichen Tag per Telefax eingegangenem Schreiben vom 21. Dezember 2012 erwiderte der Klägerbevollmächtigte zu einzelnen Punkten im Schriftsatz der Beklagten vom 18. Oktober 2012. Das SG übersandte den Schriftsatz am 15. Januar 2013 an die dortige Beklagte und verfügte die Wiedervorlage in sechs Wochen. Nach Wiedervorlage am 26. Februar 2013 verfristete die Kammervorsitzende die Sache um acht Wochen mit dem Zusatz "(Sachstand/Jugendamt)" und verfügte die Sache am 25. April 2013 ins "SiFa" (Sitzungsfach).

Mit am gleichen Tag eingegangenem Schreiben vom 12. Juli 2013 rügte der Bevollmächtigte der Klägerin die Dauer des Verfahrens. Die Sache wurde erneut ins "SiFa" verfügt. Mit Schreiben vom 10. Juli 2014 (Eingang am 15. Juli 2014), 19. Januar 2015 (Eingang am 20. Januar 2015) und 30. November 2015 (Eingang 1. Dezember 2015) wurde erneut die Verzögerung gerügt, die Akte wurde am 17. Juli 2014 und 21. Januar 2015 wiederum ins "SiFa" verfügt.

Mit Schreiben vom 31. März 2016 forderte das SG die Klägerin auf, weitere Unterlagen einzureichen, die mit Schreiben vom 13. und 25. April 2016 vorgelegt bzw. zu denen vorgetragen wurde. Diese wurden der Beklagten des Ausgangsverfahrens am 21. April 2016 zur Kenntnisnahme bzw. mit Schreiben vom 23. Mai 2016 mit dem Hinweis, dass die Anberaumung eines Erörterungstermins beabsichtigt sei, zur kurzfristigen Stellungnahme übersandt Am 30. Mai und 6. Juni 2016 wurde die Sache im Hinblick auf die erwartete Stellungnahme der Beklagten verfristet, die am 15. Juni 2016 beim SG einging, und dem Klägerbevollmächtigten am 19. Juli 2016 (Verfügung vom 30.06.2016) zur Stellungnahme binnen drei Wochen zugeleitet wurde. Dieser überreichte mit Schreiben vom 11. August 2016 (Eingang am 12. August 2016) eine Bestätigung des Arbeitgebers des Ehegatten der Klägerin vom 9. August 2016 über die Zahlung der Zulage "Wartung LKW" bis einschließlich 31. Dezember 2014 sowie erneut Nachweise über angefallene Kinderbetreuungskosten und kündigte ergänzenden Vortrag zum Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 13. Juni 2016 an, der gesondert nachgereicht werde. Diese Unterlagen - 28 Seiten - wurden der Beklagten am 17. August 2016 zur Stellungnahme innerhalb eines Monats weitergeleitet. Mit Schreiben vom 5. September 2016 (Eingang 7. September 2016) trug der Klägerbevollmächtigte ergänzend vor und reichte Änderungsverträge zum Arbeitsvertrag der Klägerin ein, die am 9. September 2016 zur Einbeziehung in die Stellungnahme an die Beklagte versandt wurden. Am 21. September 2016 ging die Stellungnahme der Beklagten ein, die dem Klägerbevollmächtigten kurze Zeit später zur Kenntnisnahme und Erledigung binnen eines Monats zugeleitet wurde.

In ihrem Schreiben vom 29. September 2016 (Eingang 5. Oktober 2016) ging die dortige Beklagte auf der Grundlage der beigefügten 32 Seiten Berechnungen davon aus, dass aufgrund der mit Schriftsatz vom 5. September 2016 eingereichten Unterlagen die Notwendigkeit der Kinderbetreuung nachgewiesen sei und die Kinderbetreuungskosten je zur Hälfte bei der Klägerin und ihrem Ehemann als weitere Werbungskosten berücksichtigt würden. Aus der Neuberechnung ergäbe sich unter Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten ein Anspruch auf Kinderzuschlag für September 2011 bis Februar 2012 mit Ausnahme von November 2011, während das zu berücksichtigende Einkommen für die restlichen Zeiträume ausreiche, um den Gesamtbedarf der Familie zu decken. Im Mai 2011 werde auch mit dem Kinderzuschlag und einem möglichen Wohngeldanspruch die Hilfebedürftigkeit nicht vermieden. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2016 übersandte das SG den Schriftsatz der Beklagten des Ausgangsverfahrens an den Bevollmächtigten der Klägerin, verbunden mit der Anregung, das Teilanerkenntnis der Beklagten anzunehmen und den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt zu erklären bzw. substantiiert darzulegen, weshalb ein weitergehender Anspruch bestehe. Der Klägerbevollmächtigte monierte mit am 4. November 2016 eingegangenem Schreiben vom 27. Oktober 2016, dass die Beklagte offen gelassen habe, ob sie bereit sei, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Er erklärte sein abwartendes Verhalten in Bezug auf eine Erledigungserklärung im Schriftsatz vom 11. November 2016 damit, dass er Rücksprache mit der Rechtsschutzversicherung halten müsse. Beide Schreiben leitete das SG am 17. November 2016 zur zeitnahen Stellungnahme an die Beklagte des Ausgangsverfahrens weiter und regte beim Klägerbevollmächtigten an, eine Erledigungserklärung bei gleichzeitigem Kostenantrag abzugeben. Mit Schreiben vom 28. November 2016 (Eingang 1. Dezember 2016) erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin, die Stellungnahme der Beklagten abwarten zu wollen, die am 6. Dezember 2016 beim SG einging und dem Klägerbevollmächtigten am 9. Dezember 2016 übersandt wurde. Mit Schreiben vom 4. Januar 2017 erinnerte das SG den Klägerbevollmächtigten an eine Stellungnahme, die am 1. Februar 2017 einging und mit der das Teilanerkenntnis der dortigen Beklagten ebenso wie deren Kostengrundteilanerkenntnis angenommen und der Rechtsstreit im Übrigen für erledigt erklärt wurde.

Am 27. Juli 2017 hat die Klägerin Entschädigungsklage bei dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt, mit einer Dauer von mehr als 54 Monaten zwischen Klageeingang am 27. Juli 2012 und Erledigung des Rechtsstreits durch Annahme des Teilanerkenntnisses mit Schriftsatz vom 1. Februar 2017 sei das Verfahren unter Berücksichtigung des Einzelfalls, insbesondere nach Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Beteiligten und Dritter unangemessen lang. An die letzte gerichtliche Aktivität im November 2011 (richtig: 2012) habe sich ein Zeitraum von Dezember 2012 bis zum Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 31. März 2016 am 1. April 2016 - und damit volle 39 Monate - gerichtlicher Inaktivität angeschlossen. Auf die Beantwortung des Schreibens vom 31. März 2016 mit Schriftsatz vom 13. April 2016 sei eine weitere dreimonatige Phase der gerichtlichen Inaktivität gefolgt, sodass sich die Zeit gerichtlicher Inaktivität auf insgesamt mindestens 42 Monate addiere. Die Tätigkeit des Ausgangsgerichts habe sich sowohl in der Zeit von Juli 2012 bis Januar 2013 als auch von April 2016 bis zum 19. Juli 2016 darin erschöpft, die Zustellung wechselseitiger Schriftsätze zu verfügen, weshalb es nicht gerechtfertigt erscheine, dem SG für diese Zeiträume über die zwölfmonatige Vorbereitungs- und Bedenkzeit hinaus zusätzliche Vorbereitungs- und Bedenkzeiten einzuräumen, denn den Verfügungen sei nach Aktenlage nicht zu entnehmen, dass das SG eine Prüfung der eingereichten Schriftsätze vorgenommen habe. Abzüglich der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hiervon in Abzug zu bringenden zwölfmonatigen Vorbereitungs- und Bedenkzeit, ergäbe sich eine zu entschädigende Überlänge von mindestens 30 Monaten. Außergewöhnliche Umstände, die es geböten, von dieser Regel abzuweichen, bestünden nicht. Allenfalls käme in Betracht, im Hinblick auf das bei derselben Kammer des SG vorangegangene Untätigkeitsklageverfahren S 29 BK 10/11 – das in den Monaten Februar, April und Juni 2012 ebenfalls Phasen gerichtlicher Inaktivität aufweise – für das streitgegenständliche Ausgangsverfahren statt 12 Monate lediglich eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von neun Monaten in Abzug zu bringen, was vorliegend zu einer entschädigungspflichtigen Überlänge von 33 Monaten führe.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2017 unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt, der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 2.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Juli 2017 wegen überlanger Dauer des vor dem SG Potsdam unter dem Aktenzeichen S 29 BK 12/12 geführten Verfahrens zu zahlen. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und den Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit teilweise für erledigt erklärt, die Klage aber im Übrigen aufrecht erhalten.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Kosten der Entschädigungsklage seien vollumfänglich dem Beklagten aufzuerlegen, denn es bestehe keine gesetzliche Pflicht, den Entschädigungsanspruch gegenüber dem jeweils haftenden Rechtsträger außergerichtlich geltend zu machen. Im Übrigen verkenne der Beklagte, dass die Entschädigung für materielle Nachteile kein Schadensersatz im Sinne der §§ 249 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sei, sondern vielmehr in Anlehnung an § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Schadensausgleich nach Enteignung und aufopferungsrechtlichen Grundsätzen darstelle und die Klägerin insofern auch keiner Schadensminderungspflicht bei der Frage unterliege, auf welche Art und Weise sie ihren Entschädigungsanspruch geltend mache. Zudem wären durch die außergerichtliche Geltendmachung zusätzliche Rechtsanwaltskosten entstanden, die durch die direkte Klageerhebung vermieden worden seien. Der Beklagte habe den Klageanspruch auch weder vollständig noch unverzüglich anerkannt, denn das Teilanerkenntnis sei erst 1 ½ Monate nach Einzahlung des Kostenvorschusses erklärt worden.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten über sein Teilanerkenntnis hinaus zu verurteilen, ihr wegen überlanger Dauer des zum Aktenzeichen S 29 BK 12/12 bei dem Sozialgericht Potsdam geführten Klageverfahrens eine Entschädigung von weiteren mindestens 500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Juli 2017 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die weitergehende Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, aus den Gerichtsakten des Ausgangsverfahrens ergebe sich, dass das Ausgangsverfahren vor dem SG im Zeitraum von Februar 2013 bis Februar 2016 nicht betrieben worden sei und somit 37 Kalendermonate gerichtlicher Inaktivität vorlägen. In der Zeit von Juli 2012 bis Januar 2013 und von März 2016 bis Februar 2017 sei das Ausgangsverfahren von einer regen Tätigkeit des Gerichts geprägt bzw. seien die Verzögerungszeiten der Klägerin anzulasten. Nach Abzug der dem SG zustehenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten verbleibe ein entschädigungsrelevanter Zeitraum von 25 Kalendermonaten. Die Kosten des Verfahrens seien gemäß § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 156 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) insgesamt der Klägerin aufzuerlegen, die vor Erhebung der Klage außergerichtlich keine Entschädigung verlangt habe, sodass er durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Klage gegeben habe und ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne der genannten Vorschriften vorliege. Die zu § 93 Zivilprozessordnung (ZPO) gleichlautende Kostenregelung gelte auch bei Teilanerkenntnissen. Da das Teilanerkenntnis mit der Klageerwiderung – der ersten prozessualen Möglichkeit – erklärt worden sei, sei es sofort erfolgt.

Die Beteiligten haben sich unter dem 29. März 2018 und 12. April 2018 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt der Gerichtsakten des Entschädigungsverfahrens und des Ausgangsverfahrens S 29 BK 12/12 Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung waren.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 201 Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) i.V.m. §§ 202 Satz 2, 124 Abs. 2 SGG).

Die Klage ist – soweit der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht durch Annahme des Teilanerkenntnisses des Beklagten in der Hauptsache erledigt ist – zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

A. Die auf Gewährung einer Entschädigung gerichtete Klage ist zulässig.

I. Maßgebend für das vorliegende Klageverfahren sind die §§ 198 ff. GVG sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG, jeweils in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (GRüGV) vom 24. November 2011 (BGBl. I, S. 2302) und des Gesetzes über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2554). Bei dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer handelt es sich nicht um einen Amtshaftungsanspruch im Sinne des Art. 34 des Grundgesetzes (GG). Es ist daher nicht der ordentliche Rechtsweg, sondern vorliegend der zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Denn die grundsätzlich in § 201 Abs. 1 Satz 1 SGG vorgesehene Zuweisung der Entschädigungsklagen an das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde, wird für sozialgerichtliche Verfahren in § 202 Satz 2 SGG modifiziert. Nach dieser Regelung sind die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§ 198-201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das BSG und an die Stelle der ZPO das SGG tritt. Für die Entscheidung über die Klage ist daher das LSG Berlin-Brandenburg zuständig.

II. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2 SGG sind die Vorschriften des SGG über das Verfahren vor den Sozialgerichten im ersten Rechtszug heranzuziehen. Gemäß § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Die Klägerin macht angesichts der Regelung des § 198 GVG nachvollziehbar geltend, auf die begehrte Entschädigungszahlung, die eine Leistung i.S.d. § 54 Abs. 5 SGG darstellt, einen Rechtsanspruch zu haben. Eine vorherige Verwaltungsentscheidung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen (vgl. § 198 Abs. 5 GVG).

III. Zweifel an der Wahrung der gemäß § 90 SGG für die Klage vorgeschriebenen Schriftform bestehen ebenso wenig wie an der Einhaltung der in § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG normierten Sechsmonatsfrist für eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer. Die Klage ist am 27. Juli 2017 und somit innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Beendigung des Ausgangsverfahrens am 1. Februar 2017 eingegangen (§ 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2, 64 Abs. 3, 91 Abs. 1 SGG).

B. Die auf Entschädigung i. H. v. weiteren mindestens 500,00 EUR gerichtete Klage ist nicht begründet.

I. Zu Recht richtet sich die Klage gegen das hier passivlegitimierte Land Brandenburg. Denn nach § 200 Satz 1 GVG haftet für Nachteile, die aufgrund von Verzögerungen bei Gerichten eines Landes eingetreten sind, das Land. Richtiger Beklagter ist hier das Land Brandenburg (Nr. 5 der Anordnung über die Vertretung des Landes Brandenburg im Geschäftsbereich des Ministers der Justiz (Vertretungsordnung JM Brdbg), Allgemeine Verfügung des Ministers der Justiz vom 9. Juni 1992 – JMBl. S. 78 – in der Fassung der Änderung vom 21. November 2012 – JMBl. S. 116).

II. Die Klägerin begehrt noch eine weitere Entschädigung für das beim SG Potsdam am 27. Juli 2012 eingeleitete und mit Annahme des Teilanerkenntnisses der dortigen Beklagten mit am 1. Februar 2017 beim SG eingegangenem Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten beendete Verfahren. Sie rügt insoweit eine Verzögerung im Umfang von mindestens 30 Monaten, macht ausschließlich einen Nachteil geltend, der kein Vermögensnachteil ist, und begehrt eine Entschädigung i. H. v. 1.200,00 EUR pro Jahr. Zur Überzeugung des Senats steht ihr jedoch keine über das Teilanerkenntnis des Beklagten hinausgehende Entschädigung i.H.v. weiteren mindestens 500,00 EUR zu.

Grundlage für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch ist § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG. Danach wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 S. 2 GVG). Eine Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur dann, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (§ 198 Abs. 3 Satz 1 GVG). Die Klägerin hat mit Schreiben vom 12. Juli 2013, 10. Juli 2014, 19. Januar 2015 und 30. November 2015 Verzögerungsrügen erhoben.

III. Maßgebend bei der Beurteilung der Verfahrensdauer ist - so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/3802, S. 18 f. zu § 198 Abs. 1) - unter dem Aspekt einer möglichen Mitverursachung zunächst die Frage, wie sich der Entschädigungskläger selbst im Ausgangsverfahren verhalten hat. Außerdem sind insbesondere zu berücksichtigen die Schwierigkeit, der Umfang und die Komplexität des Falles sowie die Bedeutung des Rechtsstreits, wobei nicht nur die Bedeutung für den auf Entschädigung klagenden Verfahrensbeteiligten aus der Sicht eines verständigen Betroffenen von Belang ist, sondern auch die Bedeutung für die Allgemeinheit. Diese Umstände sind darüber hinaus in einen allgemeinen Wertungsrahmen einzuordnen (vgl. dazu BSG, Urteile vom 21.02.2013, B 10 ÜG 1/12 und 2/12 KL, zitiert nach juris, jeweils Rn. 25 ff. und m.w.N.). Denn schon aus der Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs an den als Grundrecht nach Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) qualifizierten Anspruch auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit wird deutlich, dass es auf eine gewisse Schwere der Belastung ankommt. Ferner sind das Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 Abs. 1 GG) sowie das Ziel, inhaltlich richtige Entscheidungen zu erhalten, zu berücksichtigen. Schließlich muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Sachen zu behandeln hat, sodass ihm eine gewisse Wartezeit zuzumuten ist. Insgesamt reicht daher zur Annahme der Unangemessenheit der Verfahrensdauer nicht jede Abweichung vom Optimum aus, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen vorliegen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - juris, Rn. 33).

a) Ausgangspunkt der Angemessenheitsprüfung bildet die - in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierte - Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von seiner Einleitung bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss. Nicht von Bedeutung für das Entschädigungsverfahren ist hingegen die Dauer eines Widerspruchsverfahrens (BSG a.a.O. Rn. 25, 27), sodass es vorliegend auch nicht darauf ankommen konnte, ob es in dem gegen die Beklagte des Ausgangsverfahrens erhobene Untätigkeitsklage - S 29 BK 10/11 – zu Verzögerungen des dortigen Klageverfahrens gekommen ist. Dieses Verfahren unterliegt vielmehr als gesondertes Klageverfahren einer eigenständigen Beurteilung. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Prüfungsgegenstand der Untätigkeitsklage nicht der materielle Anspruch der Klägerin, sondern die Frage einer (ungerechtfertigten) Untätigkeit der Beklagten des Ausgangsverfahrens ist.

Das gerichtliche Verfahren wurde mit Erhebung der Klage am 27. Juli 2012 eingeleitet und war mit Annahme des Teilanerkenntnisses mit Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 1. Februar 2017 erledigt. Es hat sich mithin über etwas mehr als vier Jahre und sechs Monate (54 volle Kalendermonate) hingezogen.

b) Beim streitgegenständlichen Ausgangsverfahren handelte es sich um ein Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit und durchschnittlicher Komplexität, das im Hinblick auf den mit der Klage für die Vergangenheit (März 2011 bis Februar 2012) begehrten Kindergeldzuschuss von durchschnittlicher Bedeutung war. Im Verlauf des Verfahrens ist es nicht zu weiteren dem beklagten Land zuzurechnenden Verzögerungen gekommen als den 25 entschädigungspflichtigen Verzögerungsmonaten, die bereits Gegenstand des Teilanerkenntnisses vom 17. Oktober 2017 wären.

c) Mit Blick auf den Verfahrensablauf ist zu beachten, dass sowohl die Klägerin als auch die Beklagte überwiegend zeitnah auf gerichtliche Anfragen reagiert haben und es nur in geringem Umfang zu Verzögerungen gekommen ist, die der Klägerin zuzurechnen sind. In diesem Zusammenhang sind die einmonatige Fristverlängerung im November/Dezember 2012 und die Reaktion auf das Kostengrundteilanerkenntnis der Beklagten in ihrem Schreiben vom 2. Dezember 2016 zu nennen. Schließlich kommt es - auch wenn dies in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG als Kriterium zur Bestimmung der Angemessenheit nicht ausdrücklich erwähnt wird - für eine Verletzung des Art. 6 EMRK durch den Beklagten wesentlich darauf an, ob ihm zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben. Maßgeblich sind dabei allein Verzögerungen, also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (BSG, Urteil vom 03.09.2014, B 10 ÜG 12/13 R, juris, Rn. 41). Vor diesem Hintergrund sind die während des Verfahrens aufgetretenen aktiven und inaktiven Zeiten der Bearbeitung konkret zu ermitteln. Kleinste relevante Zeiteinheit ist im Geltungsbereich des GRüGV dabei stets der Monat (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 29, - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 25, - B 10 ÜG 2/13 - Rn. 24, jeweils zitiert nach juris) im Sinne des Kalendermonats (BSG, Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - 2. Leitsatz und Rn. 34).

Bedeutsam ist dabei, dass dann keine inaktive Zeit der Verfahrensführung vorliegt, wenn ein Kläger während Phasen (vermeintlicher) Inaktivität des Gerichts selbst durch das Einreichen von Schriftsätzen eine Bearbeitung des Vorganges durch das Gericht bewirkt. Denn eingereichte Schriftsätze, die einen gewissen Umfang haben und sich inhaltlich mit Fragen des Verfahrens befassen, bewirken generell eine Überlegungs- und Bearbeitungszeit beim Gericht, die mit einem Monat zu Buche schlägt (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - juris, Rn. 57).

Weiter ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass das Entschädigungsverfahren keine weitere Instanz eröffnet, um das Handeln des Ausgangsgerichts einer rechtlichen Vollkontrolle zu unterziehen. Bei der Beurteilung der Prozessleitung des Ausgangsgerichts hat das Entschädigungsgericht vielmehr die materiell-rechtlichen Annahmen, die das Ausgangsgericht seiner Verfahrensleitung und –gestaltung zugrunde legt, nicht infrage zu stellen, soweit sie nicht geradezu willkürlich erscheinen. Zudem räumt die Prozessordnung dem Ausgangsgericht ein weites Ermessen bei seiner Entscheidung darüber ein, wie es das Verfahren gestaltet und leitet. Die richtige Ausübung dieses Ermessens ist vom Entschädigungsgericht allein unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob das Ausgangsgericht bei seiner Prozessleitung Bedeutung und Tragweite des Menschenrechts aus Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG in der konkreten prozessualen Situation hinreichend beachtet und fehlerfrei gegen das Ziel einer möglichst richtigen Entscheidung abgewogen hat (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - Rn. 36, - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 39, - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 43, - B 10 ÜG 2/14 R - Rn. 42, jeweils zitiert nach juris). Denn ungeachtet richterlicher Unabhängigkeit besteht eine richterliche Grundpflicht zur stringenten und beschleunigten Verfahrensgestaltung (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - juris, Rn. 49). Dies bedeutet, dass die Gerichte bei ihrer Verfahrensleitung stets die Gesamtdauer des Verfahrens im Blick behalten müssen. Mit zunehmender Dauer des Verfahrens verdichtet sich die aus dem Justizgewährleistungsanspruch resultierende Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen. Jedenfalls für Verfahren von hinreichender Bedeutung verbietet sich ab einem gewissen Zeitpunkt (weitere) Untätigkeit oder eine zögerliche Verfahrensleitung. Richterliche Verhaltensweisen, die zu Beginn eines Verfahrens grundrechtlich gesehen noch unbedenklich, wenn auch möglicherweise verfahrensökonomisch nicht optimal erscheinen mögen, können bei zunehmender Verfahrensdauer in Konflikt mit dem Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit geraten. Das gilt etwa für die Setzung großzügiger Fristen zur Stellungnahme, den mehrfachen Austausch von Schriftsätzen ohne richtungweisende Einflussnahme des Gerichts und ohnehin für so genannte Schiebeverfügungen (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - Rn. 37, - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 40, - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 44, zitiert jeweils nach juris).

d) Gemessen an diesen Grundsätzen gilt hier mit Blick auf das streitgegenständliche Ausgangsverfahren Folgendes:

Vom Klageeingang am 27. Juli 2012 bis zur Übersendung der erst am 2. Januar 2013 beim SG eingegangenen Replik an den dortigen Beklagten am 15. Januar 2013 hat das SG das Ausgangsverfahren verzögerungslos betrieben. Dass die Replik vom 21. Dezember 2012 dem Beklagten des Ausgangsverfahrens erst im Januar 2013 übersandt wurde, ist dem letztlich der Klägerin zuzurechnenden Umstand geschuldet, dass der Originalschriftsatz mit der für den dortigen Beklagten vorgesehenen Abschrift erst im Januar 2013 beim SG eingegangen ist. Das Schreiben wurde am Freitagnachmittag vor der Weihnachtszeit mit zahlreichen Feiertagen vorab per Telefax übermittelt (nach dem Wochenende schlossen sich der 24. Dezember 2012 sowie zwei Feiertage an und nur der 27. und 28. Dezember 2012 waren Arbeitstage, auf die wiederum ein Wochenende, der 31. Dezember 2012 und mit dem 1. Januar 2013 ein weiterer Feiertag folgten). Der Originalschriftsatz mit Schriftsatzdoppel ging erst am 2. Januar 2013 beim SG ein und wurde am 4. Januar 2013 vorgelegt. Den Eingang des Originalschriftsatzes durfte das SG auch deshalb abwarten, weil bei der Fertigung eines Schriftsatzdoppels Kopierkosten für die Klägerin entstanden wären, die so vermieden worden sind.

Von Februar 2013 bis Februar 2016 sind – wie auch der Beklagte durch das Teilanerkenntnis eingeräumt hat – keinerlei gerichtliche Aktivitäten festzustellen. Erst mit Verfügung vom 30. März 2016, die am Folgetag ausgeführt wurde, ist das SG nachweislich wieder in die Bearbeitung des Verfahrens eingestiegen und hat von der Klägerin weitere Unterlagen angefordert. Dass das Schreiben des SG erst am 1. April 2016 beim Bevollmächtigten der Klägerin eingegangen ist, ändert nichts daran, dass das SG bereits im März 2016 aktiv geworden ist. Das SG hat in der Folgezeit das Verfahren konsequent betrieben und den Beklagten des Ausgangsverfahrens zur Stellungnahme zu den zahlreichen von der Klägerin eingereichten Unterlagen aufgefordert. Zwar ist die gerichtliche Verfügung vom 29. April 2016 erst am 23. Mai 2016 ausgeführt worden. Dies bedingt jedoch keine Untätigkeit des SG im Umfang eines vollen Kalendermonats. Alle anderen Schreiben der Beteiligten des Ausgangsverfahrens wurden nur mit geringen, im Rahmen der Bearbeitung hinzunehmenden, Verzögerungen weitergeleitet, sodass es nicht zu weiteren entschädigungsrelevanten Verzögerungen gekommen ist. Es trifft insbesondere nicht zu, dass das kommentarlose Übersenden der Schriftsätze der Beteiligten an den jeweiligen Gegner zur Kenntnis- bzw. Stellungnahme – wie die Klägerin meint – nicht als gerichtliche Aktivität zu bewerten ist. Vielmehr beinhaltet selbst die Übersendung eines Schriftsatzes, eines Gutachtens o.Ä. an die Beteiligten zur Kenntnis stets die Möglichkeit zur Stellungnahme, sodass die Entscheidung des Gerichts, im Hinblick auf eine mögliche Stellungnahme zunächst nicht weitere Maßnahmen zur Verfahrensförderung zu ergreifen, grundsätzlich noch seiner Entscheidungs-prärogative unterliegt und – mit Ausnahme unvertretbarer oder schlechthin unverständlicher Wartezeiten – durch das Entschädigungsgericht nicht als Verfahrensverzögerung zu bewerten ist (vgl. BSG Urteil vom 7. September 2017 – B 10 ÜG 1/16 R – Rn. 43 nach juris).

Der Beklagte hat die von ihm anerkannte entschädigungspflichtige Verzögerung zutreffend mit 37 Kalendermonaten angegeben und hiervon die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung regelmäßig in Abzug zu bringende Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten abgezogen. Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine Verkürzung oder Verlängerung der Vorbereitungs- und Bedenkzeit rechtfertigen, liegen hier nicht vor. Die Vorbereitungs- und Bedenkzeit ist insbesondere nicht im Hinblick darauf zu verkürzen, dass bei derselben Kammer des SG eine Untätigkeitsklage der Beteiligten des Ausgangsverfahrens unter dem Aktenzeichen S 29 BK 10/11 anhängig gewesen ist (s. o.: B III a).

IV. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 156 VwGO. Danach ist die Klägerin mit den Kosten des Verfahrens zu belasten, denn der Beklagte hat durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Entschädigungsklage gegeben und den geltend gemachten Anspruch nach Zustellung der Klage sofort – d.h. ohne vorherige gegenläufige prozessuale Äußerung innerhalb der vom Senat zur Klageerwiderung gesetzten Frist – anerkannt (zur Anwendung des inhaltsgleichen § 93 ZPO siehe OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. Januar 2016 - 1 EK 3/15 - juris, Rn. 11). Veranlasst ist eine Klage, wenn der Beklagte sich vor dem Prozess - wenn auch schuldlos - so verhalten hat, dass ein vernünftiger Kläger annehmen musste, nur durch eine Klage zum Ziel zu kommen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage, § 156 Rn. 3, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Der Beklagte hatte bis zur Zustellung der Klage am 7. September 2017 keine Kenntnis davon, dass die Klägerin überhaupt eine Entschädigung begehrt. Die Klägerin hätte vor Klageerhebung den Anspruch auch gegenüber dem haftenden Rechtsträger außergerichtlich geltend machen können (siehe dazu nur BT-Drucks. 17/3802, S. 22, zu Absatz 5 Satz 1; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02. August 2013 - L 37 SF 252/12 EK AL – juris; OLG Sachsen-Anhalt a.a.O.). Die Anwendung des § 156 VwGO ist zur Überzeugung des Senats auch in Entschädigungsverfahren vor den Landessozialgerichten nicht unbillig. Vielmehr ist diese Norm Ausdruck des das gesamte Kostenrecht prägenden Veranlasserprinzips (vgl. zum inhaltsgleichen § 93 ZPO nur MüKoZPO/Schulz, 5. Auflage, ZPO § 93 Rn. 1). Die Argumentation der Klägerin, bei der außergerichtlichen Geltendmachung wären zusätzliche Anwaltskosten entstanden, ist nicht nachvollziehbar, denn es ist davon auszugehen, dass bei einer außergerichtlichen Geltendmachung sowohl die Gerichtskosten als auch die Anwaltsgebühren für das Entschädigungsverfahren vermieden worden oder in deutlich geringerer Höhe angefallen wären.

Soweit der Beklagte kein Teilanerkenntnis abgegeben hat, folgt die Kostenentscheidung aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

V. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Saved