Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 34 LW 3/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 LW 14/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 LW 5/14 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 7.9.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Regelaltersrente.
Der am 00.00.1938 geborene und seit dem 4.10.1983 mit der am 00.00.1956 geborenen Frau L verheiratete Kläger betreibt ein landwirtschaftliches Unternehmen. Er bewirtschaftet seit dem Jahr 2010 folgende landwirtschaftlichen Nutzflächen:
- 40,86 Hektar vom 1.1.2010 bis zum 14.5.2010,
- 41,51 ha vom 15.5.2010 bis zum 10.9.2010,
- 39,95 ha vom 11.9.2010 bis 14.5.2011,
- 39,44 ha vom 15.5.2011 bis 14.5.2012,
- 39,42 ha vom 15.5.2012 fortlaufend
sowie unverändert seit dem 1.1.2010 1,26 ha forstwirtschaftliche Nutzfläche.
Am 1.2.2010 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente. Dies lehnte diese mit Bescheid vom 23.9.2010 ab, da der Kläger sein landwirtschaftliches Unternehmen nicht gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3, 21 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) abgegeben habe.
Dagegen legte der Kläger am 19.10.2010 Widerspruch ein. Die Hofabgabeklausel sei verfassungswidrig.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2010 als unbegründet zurück. Eine Hofabgabe habe nicht stattgefunden. Der Kläger bewirtschafte weiterhin 1,26 ha forstwirtschaftliche und 39,30 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Damit überschreite er die festgelegten Mindestgrößen nach § 21 Abs. 7 ALG von 6 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche um ein Vielfaches. Obwohl er im August 2003 die Regelaltersgrenze erreicht habe und auch die beitragsmäßigen Voraussetzungen erfülle, bestehe damit kein Rentenanspruch.
Dagegen hat der Kläger am 18.1.2011 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Eine Abgabe des Betriebes innerhalb der Familie sei nicht möglich, da sich seine drei Töchter noch teilweise in der Schulausbildung und teilweise im Studium befänden. Seine jüngste, 1992 geborene Tochter beabsichtige zwar den Hof zu übernehmen. Das sei aber erst nach Abschluss eines Studiums der Agrarwissenschaften möglich. Eine Hofabgabe an seine Ehefrau komme nicht in Betracht. Er sei seit mehreren Jahrzehnten Zwangsmitglied bei der Beklagten und habe die entsprechenden Beiträge geleistet. Daher sei es nicht nachvollziehbar, dass ihm nun der Anspruch verweigert werde. Er halte die maßgebliche Norm für verfassungswidrig. Sie verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip gemäß Artikel (Art.) 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) und greife in unzulässiger Weise in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ein. Mit der Hofabgabe könne keine Steuerung des Agrarsozialversicherungssystems durch die Verbindung mit der Rentengewährung erfolgen. Die Hofabgabeklausel sei nicht mehr zeitgemäß und auch nicht als gerecht anzusehen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.9.2010 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 22.12.2010 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihren Ausführungen im Widerspruchsverfahren festgehalten. Dem Kläger sei es möglich, durch Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens an seine Ehefrau gem. § 21 Abs. 9 ALG die Rentenberechtigung zu erlangen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 7.9.2012 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Nach Zustellung des Urteils am 15.9.2012 hat der Kläger am 12.10.2012 Berufung eingelegt. In seiner Familie habe aus familiären Gründen noch kein Hofnachfolger zur Verfügung gestanden. Das Erfordernis der Unternehmensabgabe sei verfassungswidrig. Es führe zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung und damit zu einem Verstoß gegen Art. 3 GG. Das damit verfolgte Ziel strukturpolitischer Veränderungen lasse sich angesichts der hohen Zahl von Nebenerwerbslandwirten und sogenannten Scheinabgaben nicht mehr erreichen. Die Verpflichtung zur Hofabgabe beeinträchtige ihn unangemessen in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG. Es verstoße zudem gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), wenn der Landwirt gezwungen werde, Pflichtmitglied in der Alterskasse zu werden, die Alterssicherung jedoch dann nur als Teilsicherung ausgestaltet sei. Ergänzend überreicht er eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages mit dem Titel "Fragen zur Hofabgabeklausel im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte" sowie einen Auszug aus der Broschüre "Landwirtschaft auf einen Blick" aus dem Jahr 2011 des Statistischen Bundesamtes.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichtes Dortmund vom 7.9.2012 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 23.9.2010 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 22.12.2010 zu verurteilen, ihm eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für richtig und weist darauf hin, dass die Verfassungsmäßigkeit des Abgabeerfordernisses in der Rechtsprechung bereits geklärt sei. Ergänzend überreicht sie den Aufsatz "Eine Besonderheit im Rentenrecht - Die Hofabgabeklausel in der Alterssicherung der Landwirte" (Fleuth/Liebscher, Soziale Sicherheit in der Landwirtschaft, 2012, 77).
Der Senat hat den Beteiligten mit Schreiben vom 30.8.2013 mitgeteilt, dass er beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen. Diese Schreiben sind den Beteiligten jeweils am 6.9.2013 zugegangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zum einen auf den Inhalt der Gerichtsakte und zum anderen auf den Inhalt der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann die Berufung des Klägers mit einstimmigem Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurückweisen, nachdem eine mündliche Verhandlung aufgrund der eindeutigen Sach- und Rechtslage nicht erforderlich ist und die Beteiligten vorher angehört worden sind. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 153 Rdnr. 14).
Die Berufung ist zulässig, da sie insbesondere fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils erhoben wurde.
Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Wie das SG zutreffend entschieden hat, ist die Klage unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger Altersrente zu gewähren. Er ist insofern durch den angefochtenen Bescheid vom 23.9.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 22.12.2010 nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG beschwert.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG setzt der Anspruch auf Regelaltersrente aus der Alterssicherung der Landwirte voraus, das das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist. Die Voraussetzungen der Abgabe sind in § 21 ALG geregelt. Nach § 21 Abs. 7 ALG gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft auch dann als abgegeben, wenn der Flächenwert des nichtabgegebenen Teils 25 von 100 der von der landwirtschaftlichen Alterskasse nach § 1 Abs. 5 ALG festgelegten Mindestgröße, das heißt bei landwirtschaftlichen Flächen 6 ha bis 31.12.2010 bzw. 8 ha ab dem 01.01.2011 nicht überschreitet.
Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der Abgabe im Streitzeitraum nicht. Er selbst bewirtschaftet landwirtschaftliche Flächen, die seit Antragstellung durchgehend den zulässigen Rückbehalt um ein Vielfaches übersteigen.
Der Senat hält entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung (Senat Urteile v. 19.10.2011, L 8 LW 15/11, L 8 LW 16/11, L 8 LW 17/11, L 8 LW 14/11, L 8 LW 9/11, L 8 LW 5/11, Urteil v. 28.9.2011, L 8 LW 3/09, Urteil v. 12.09.2007, L 8 LW 2/07; Urteil v. 08.08.2007, L 8 LW 5/07, Urteil v. 08.06.2006, L 8 LW 12/05; Urteil v. 04.06.2003, L 8 LW 2/03 - jeweils juris) das Erfordernis der Unternehmensabgabe als Voraussetzung des Anspruchs auf Regelaltersrente nicht für verfassungswidrig (Art. 100 Abs. 1 GG).
1. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Gewährung einer Altersrente von der vorherigen Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens abhängig zu machen, verstößt zunächst nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (std. Rspr., vgl. nur Bundesverfassungsgericht - BVerfG, Beschluss v. 27.2.2007, 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272 [300 f.]). Dabei muss er an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal anknüpfen. Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist ihm insoweit eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. BVerfG, Urteil v. 23.1.1990, 1 BvL 44/86, 1 BvL 48/87, BVerfGE 81, 156 [205]; BVerfG, Beschluss v. 7.7.2010, 1 BvR 2556/09, SozR 4-4200 § 11 Nr. 33; m.w.N.). Die verfassungsrechtliche Kontrolle beschränkt sich daher darauf, ob seine Erwägungen offensichtlich verfehlt oder mit der Wertordnung des GG unvereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18.12.1981, 1 BvR 943/81, SozR 5850 § 2 Nr. 8), was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn sich für die Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zum Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (BVerfG, Beschluss v. 15.3.2000, 1 BvL 16/96 u.a., BVerfGE 102, 68 [87]).
b) Das Erfordernis der Abgabe dient der Erreichung eines mit der landwirtschaftlichen Alterssicherung verfolgten strukturpolitischen Zieles, nämlich die Übergabe landwirtschaftlicher Unternehmen an jüngere Inhaber zu fördern (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18.12.1981, 1 BvR 943/81, SozR 5850 § 2 Nr 8; Beschluss v. 1.3.2004, 1 BvR 2099/03, SozR 4-5868 § 1 Nr. 3; Bundessozialgericht - BSG, Urteil v. 19.2.2009, B 10 LW 3/07 R, SozR 4-5868 § 1 Nr. 7). Mit dem prinzipiell endgültigen Verlust der Unternehmereigenschaft soll zugleich sichergestellt werden, dass der Übernehmer die landwirtschaftliche Fläche sinnvoll weiter bewirtschaften kann (BSG, Urteil v. 16.11.1995, 4 RLw 6/94, juris). Denn nur wer das unternehmerische Risiko trägt, kann die Betriebsstruktur modernisieren, die erforderlichen technischen Innovationen vornehmen und ggf. die Ausrichtung des Unternehmens den Marktgegebenheiten anpassen (vgl. auch BMELV, Informationen zu den Modifizierungen der Hofabgabeverpflichtung in der Alterssicherung der Landwirte im Entwurf des LSV-NOG, zu Ziff. 2).
c) Die genannten Zielsetzungen sind weder offensichtlich verfehlt noch mit der Wertordnung des GG unvereinbar. Im Gegenteil gehören die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und die Verbesserung der Agrarstruktur zu den legitimen Staatsaufgaben, wie Art. 74 Abs. 1 Nr. 17 GG und Art. 91 Abs. 1 Nr. 2 GG belegen. Diese Ziele darf der Bundesgesetzgeber auch im Rahmen der ihm gleichfalls (durch Art. 74 Nr. 12 GG) zugewiesenen Aufgabe der Sozialversicherung verfolgen. Die Legitimation hierzu ergibt sich aus dem Umstand, dass unverändert die Bundeszuschüsse an die Alterssicherung der Landwirte (§ 78 ALG) deren tragende Finanzierungssäule sind. Sie betrugen in den Jahren 2008 bis 2010 zuletzt rund 77 Prozent der Gesamtausgaben (BT-Drs. 17/5691, S. 2).
d) Im Rahmen der im Bereich der Sozialpolitik und Sozialversicherung eingeschränkten verfassungsrechtlichen Prüfungskompetenz lässt sich nicht feststellen, dass der Grad der Ungleichbehandlung zwischen Landwirten, die ihr Unternehmen abgeben und, solchen, die darauf verzichten, in einem unangemessenen Verhältnis zu den mit dem Abgabeerfordernis verfolgten Zielen steht. Da das Abgabeerfordernis seit Einführung der landwirtschaftlichen Altershilfe durch das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) vom 27.7.1957 (BGBl. I S. 1063) besteht, kann sich jeder pflichtversicherte Landwirt von Beginn seiner Tätigkeit an darauf einstellen, dass der Bezug einer Altersrente die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens voraussetzt. Das ermöglicht eine langfristige Planung, auch hinsichtlich etwaiger Investitionen. Die Ausgestaltung des Abgabeerfordernisses in § 21 ALG eröffnet darüber hinaus zahlreiche Gestaltungsformen, die von der vollständigen Entäußerung über die langfristige Verpachtung bis hin zur Stilllegung reichen und vom Landwirt entsprechend den individuellen Bedürfnissen genutzt werden können. Damit wird auch in wirtschaftlicher Hinsicht der Ausgestaltung der Alterssicherung als einem Teilsicherungssystem Rechnung getragen, das von einer Ergänzung der Renten durch andere Einkommensquellen, insbesondere das Altenteil und/oder Pachteinnahmen, ausgeht (vgl. BT-Drucks. 14/4230 zu Art. 10 Nr. 11). Es kommt hinzu, dass kein Zwang zur Abgabe besteht und die Entscheidung gegen eine Abgabe bei Veränderung der für sie maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Umstände nach Erreichen der Altersgrenze mit der Folge des Rentenbeginns mit dem nächsten Kalendermonat jederzeit korrigiert werden kann (vgl. §§ 30 Abs. 1 Satz 1 ALG, 99 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]).
e) Ohne Erfolg hält der Kläger dieser Beurteilung entgegen, dass die vom Gesetzgeber angestrebten agrarstrukturellen Effekte aufgrund zwischenzeitlich eingetretener Entwicklungen nicht mehr erreichbar und ein Festhalten am Abgabeerfordernis daher unangemessen sei.
aa) Insoweit übersieht der Kläger bereits im Ansatz, dass im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kontrolle einer Rechtsnorm nicht zu prüfen ist, ob der Gesetzgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat. Gewiss mag es dem Gesetzgeber, wenn ihm ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet ist, obliegen, die weitere Entwicklung des von ihm geschaffenen Regelungssystems zu beobachten und beim Auftreten von Fehlentwicklungen gegebenenfalls korrigierend einzugreifen (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss v. 27.1.2011, 1 BvR 3222/09, NJW 2011, 1578 [1582]; Urteil v. 16.3.2004, 1 BvR 1778/01, BVerfGE 110, 141 [166]). Wie die Entwicklung des Abgabeerfordernisses zeigt, ist der Gesetzgeber dieser Verpflichtung im Bereich der Hofabgabe jedoch stetig nachgekommen. Insbesondere hat er den zunehmenden Schwierigkeiten, einen geeigneten Hofübernehmer zu finden, durch immer weiter gehende Abgabemöglichkeiten Rechnung getragen (BSG, Beschluss v. 29.8.2012, B 10 LW 7/12 B - juris). Lediglich beispielhaft seien der Verzicht auf die Übergabe an den Hoferben durch § 2 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte v. 3.7.1961 (BGBl. I S. 845), die Gleichstellung der Stilllegung mit der Abgabe sowie die Lockerung des Abgabeverbots unter Ehegatten durch das Agrarsozialreformgesetz v. 29.7.1994 (BGBl. I S. 1890) bzw. Art. 9 Ziff. 2 Buchst. b) des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 19.12.2007 (BGBl. I S. 3024) und die Möglichkeit der gewerblichen Tierhaltung auf den Rückbehaltsflächen, der Abgabe durch Ausscheiden aus der Unternehmensführung bzw. der Verzicht auf die Vertretungsbefugnis nicht mehr nur im Rahmen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sowie die weiteren Erleichterungen der Abgabe unter Ehegatten durch das Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung v. 18.4.2012 (LSV-NOG, BGBl. I S. 579) erwähnt. Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass gerade letztgenannte Erleichterung sich zugunsten derjenigen Landwirte, zu denen auch der Kläger gehört, auswirkt, die aufgrund des Altersunterschiedes zum jüngeren Ehegatten bislang an dieser entsprechenden Abgabeform gehindert gewesen sind.
bb) Unabhängig davon vermag der Senat den Hinweis des Klägers nicht nachzuvollziehen, dass eine Strukturverbesserung schon wegen der hohen Anzahl an versicherungs-freien Nebenerwerbslandwirten nicht erreicht werden könne. Unbeschadet der Versicherungspflicht der jeweiligen Landwirte hat sich seit Einführung der landwirtschaftlichen Altershilfe die Zahl der kleinen Betriebe kontinuierlich verringert. So ist in den alten Bundesländern die Zahl der Betriebe mit landwirtschaftlichen Nutzflächen von bis zu 10 ha von 730.086 im Jahr 1960 auf 93.373 im Jahr 2007 gesunken, während im selben Zeitraum die Zahl der Betriebe mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 100 ha und mehr von 2.639 auf 22.791 gestiegen ist (Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2010, Tabelle 31, www.bmelv-statistik.de). Dies belegt, dass es agrarstrukturpolitisch erfolgreich gelungen ist, einer unerwünschten Zersplitterung der Bodenbewirtschaftung entgegenzuwirken.
cc) Ebenfalls ohne Erfolg weist der Kläger auf die vermeintlich hohe Zahl von "Scheinabgaben" hin. Zunächst wird mit der Hofabgabe nicht die Einstellung jeglicher Arbeit im landwirtschaftlichen Betrieb verlangt. Aus den dargestellten Gründen ist maßgebliches Kriterium für die Unternehmensabgabe vielmehr der Übergang des unternehmerischen Risikos auf den Hofnachfolger. Daher steht eine Mitarbeit in dem früher selbst bewirtschafteten Betrieb mit der Abgabeverpflichtung durchaus in Einklang (vgl. BT-Drs. 17/5691, S. 4 zu Frage 14). Es ist folglich nicht nur sprachlich falsch, sondern auch inhaltlich nicht gerechtfertigt, in solchen Fällen verallgemeinernd von einer "Scheinabgabe" zu sprechen.
Das BSG hat damit übereinstimmend in seinem Beschluss vom 29.8.2012 (a.a.O.) auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (s. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Informationen zu den Modifizierungen der Hofabgabeverpflichtung in der Alterssicherung der Landwirte im LSV-NOG, Stand März 2012, S. 5) hingewiesen, welches es wie folgt zitiert:
"Im Falle der Abgabe innerhalb der Familie ändert sich an der Arbeitsverteilung zuweilen wenig und der abgebende Landwirt ist weiterhin in erheblichem Umfang im Betrieb tätig. Gelegentlich wird dies zum Anlass genommen, dies als Scheinabgabe zu bezeichnen. Das ist deshalb nicht zutreffend, weil eine Mitarbeit des Altenteilers mit der Abgabeverpflichtung durchaus in Einklang steht. Es wird keine Einstellung der Arbeit im Betrieb verlangt, weil dies praxisfremd wäre. Entscheidend ist vielmehr, dass im Zeitpunkt der Unternehmensabgabe das unternehmerische Risiko vollständig auf den Nachfolger übergeht."
Im Übrigen haben Gesetzgeber und Rechtsprechung die Gefahr lediglich zum Schein vorgenommener Abgaben indessen erkannt und ihnen angemessene Schranken gesetzt. So begegnet die Rechtsprechung derartigen Fallgestaltungen mit dem abgabeschädlichen Einwand des Rechtsmissbrauchs (BSG, Urteil v. 24.4.2003, B 10 LW 6/02 R, SozR 4-5864 § 3 Nr. 1; Urteil v. 30.8.2007, B 10 LW 4/06 R, SozR 4-5868 § 30 Nr. 1; Urteil v. 7.12.2000, B 10 LW 5/00 R, Die Beiträge Beilage 2002, 302). Auch die in § 21 Abs. 9 ALG vorgesehenen Beschränkungen bei der Abgabe unter Ehegatten sollen im Einzelfall beabsichtigten "Scheinabgaben" entgegenwirken (BSG, Urteil v. 9.8.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5868 § 13 Nr. 1; Urteil v. 6.5.1999, B 10 LW 3/98 R, SozR 3-5868 § 21 Nr.1). Soweit es gleichwohl Gestaltungen geben sollte, in denen der Übergang des unternehmerischen Risikos auf den Hofnachfolger lediglich zum Zweck der Rentenerlangung vorgespiegelt wird, kann dies - ebenso wie in anderen Fällen des Sozialleistungsmissbrauchs - die grundsätzliche Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit des Abgabeerfordernisses zur Erreichung der mit ihm verfolgten strukturpolitischen Ziele nicht durchgreifend in Frage stellen.
dd) Das BSG hat ferner zu Recht darauf hingewiesen, dass in tatsächlicher Hinsicht das Vorbringen zur mangelnden strukturpolitischen Eignung der Hofabgabepflicht nicht ausreichend belegt wird. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. So greift auch der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit zum Teil auf ältere Quellen zurück (z.B. Gutachten von Maydell, das unter dem Titel "Weiterentwicklung des landwirtschaftlichen Sozialrechts" in der Schriftenreihe des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Buchform bereits im Jahre 1988 veröffentlicht worden ist). Seinen Ausführungen ist zudem in vollem Umfang widersprochen worden (s. Fleuth/Liebscher, SdL 1/2012, 77, 82). Die weiter angeführte Ausarbeitung "Fragen zur Hofabgabeklausel im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte" des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages geht lediglich davon aus, dass "mittlerweile im Bundesgebiet nur mehr in einem Drittel der Betriebe [ ] Nachfolger aus der Familie zur Übernahme bereit" seien. Die Ausarbeitung geht dabei zu Unrecht davon aus, dass die Hofabgabepflicht seit 1957 im Wesentlichen unverändert geblieben sei (s. auch Fleuth/Liebscher, aaO 82), und berücksichtigt daher nicht hinreichend, dass nach § 21 ALG neben der Nachfolge innerhalb der Familie in großem Umfang andere Vorgehensweisen zur Verfügung stehen und von zur Abgabe verpflichteten Landwirten genutzt werden können (vgl. dazu insgesamt: BSG, Beschluss v. 29.8.2012, a.a.O.).
f) Ob die Beschränkung der Abgabe auf solche Ehegatten, die bei Abgabe das 55. Lebensjahr vollendet haben (§ 21 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 ALG), vor dem Gleichheitssatz Bestand hat, kann demgegenüber dahingestellt bleiben. Hierauf kommt es im vorliegenden Fall nämlich nicht an, weil der Kläger keine Abgabe an seine Ehefrau vollzogen hat und diese Voraussetzung auch durch das LSV-NOG zwischenzeitlich entfallen ist. Im Übrigen begegnen die Koppelung des Fortbestands des Rentenanspruchs des - abgebenden - Landwirts an die spätere Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens durch die - übernehmende - Ehefrau zum Zeitpunkt ihres Erreichens der Regelaltersgrenze und die Regelungen des § 21 Abs. 9 ALG, wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. Urteil v. 8.3.2006, L 8 LW 12/05, mwN, juris), keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt vor dem geschilderten Hintergrund auch nicht darin, dass die der Pflichtversicherung in einem anderen gesetzlichen Alterssicherungssystem, nämlich der Rentenversicherung, unterliegenden Selbstständigen (vgl. § 2 SGB VI) ihr Unternehmen nicht aufgeben müssen, um in den Genuss einer Altersrente zu kommen.
Die landwirtschaftliche Alterssicherung ist vom Gesetzgeber bewusst als eigenständige Materie ausgestaltet worden, die ihrer eigenen Sachgesetzlichkeit unterliegt. Der Gesetzgeber durfte daher bei der Festsetzung der Leistungen und der Bestimmung ihrer Voraussetzungen berücksichtigen, dass die Geldleistungen der Landwirtschaftlichen Alterskassen zu nach wie vor mehr als drei Vierteln aus Bundeszuschüssen finanziert werden und daher im Gegensatz zu den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung weit überwiegend nicht durch Beiträge der Versicherten aufgebracht werden. Dieser Umstand der weitgehenden Fremdfinanzierung, durch den das System der landwirtschaftlichen Altersversorgung einen stark fürsorgerischen Charakter erhält, rechtfertigt es, die Ansprüche der Berechtigten an strengere Voraussetzungen zu binden als die der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung (BVerfG, Entscheidung v. 15.4.1969, 1 BvL 18/68, BVerfGE 25, 314; BSG SozR 4-5868 § 13 Nr. 5; BSG, Urteil v. 21.3.1991, 4 RLw 1/90, juris).
3. Das Erfordernis der Unternehmensabgabe verletzt die betroffenen Landwirte darüber hinaus nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG.
a) Das Abgabeerfordernis greift nicht in die Verfügungsbefugnis über das Eigentum ein. Es bleibt dem Landwirt überlassen, ob er, um einen Anspruch auf Regelaltersrente zu erwerben, sein Land nach Maßgabe dieser Vorschrift abgeben will (BVerfG, Beschluss v. 30.5.1980, 1 BvR 313/80, SozR 3-5850 § 2 Nr. 6).
b) Der Senat kann weiter offen lassen, ob Ansprüche auf Altersrente in der Alterssicherung der Landwirte dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen. Denn auch wenn man dies bejaht, kann das Abgabeerfordernis, weil es überhaupt erst die Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs auf Regelaltersrente regelt, in Bezug auf diesen Anspruch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht verletzen (BSG SozR 4-5868 § 13 Nr. 5).
4. Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ist schon deswegen nicht berührt, weil die Hofabgabe als Anspruchsvoraussetzung für eine Rente nach dem ALG den Landwirt nicht zur Aufgabe seines Berufs zwingt, sondern es ihm überlässt, ob er als Landwirt weiter wirtschaften oder seinen Hof abgeben will (BVerfG SozR 5850 § 2 Nr. 8; BSG SozR 4-5868 § 13 Nr. 5).
5. Soweit der Kläger schließlich unter Hinweis auf Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG Einwände gegen seine Versicherungspflicht bei der Beklagten erhebt, sind diese im vorliegenden Verfahren, in dem es allein um den Anspruch auf Regelaltersrente geht, nicht zu prüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, bestehen nicht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Regelaltersrente.
Der am 00.00.1938 geborene und seit dem 4.10.1983 mit der am 00.00.1956 geborenen Frau L verheiratete Kläger betreibt ein landwirtschaftliches Unternehmen. Er bewirtschaftet seit dem Jahr 2010 folgende landwirtschaftlichen Nutzflächen:
- 40,86 Hektar vom 1.1.2010 bis zum 14.5.2010,
- 41,51 ha vom 15.5.2010 bis zum 10.9.2010,
- 39,95 ha vom 11.9.2010 bis 14.5.2011,
- 39,44 ha vom 15.5.2011 bis 14.5.2012,
- 39,42 ha vom 15.5.2012 fortlaufend
sowie unverändert seit dem 1.1.2010 1,26 ha forstwirtschaftliche Nutzfläche.
Am 1.2.2010 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente. Dies lehnte diese mit Bescheid vom 23.9.2010 ab, da der Kläger sein landwirtschaftliches Unternehmen nicht gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3, 21 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) abgegeben habe.
Dagegen legte der Kläger am 19.10.2010 Widerspruch ein. Die Hofabgabeklausel sei verfassungswidrig.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2010 als unbegründet zurück. Eine Hofabgabe habe nicht stattgefunden. Der Kläger bewirtschafte weiterhin 1,26 ha forstwirtschaftliche und 39,30 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Damit überschreite er die festgelegten Mindestgrößen nach § 21 Abs. 7 ALG von 6 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche um ein Vielfaches. Obwohl er im August 2003 die Regelaltersgrenze erreicht habe und auch die beitragsmäßigen Voraussetzungen erfülle, bestehe damit kein Rentenanspruch.
Dagegen hat der Kläger am 18.1.2011 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Eine Abgabe des Betriebes innerhalb der Familie sei nicht möglich, da sich seine drei Töchter noch teilweise in der Schulausbildung und teilweise im Studium befänden. Seine jüngste, 1992 geborene Tochter beabsichtige zwar den Hof zu übernehmen. Das sei aber erst nach Abschluss eines Studiums der Agrarwissenschaften möglich. Eine Hofabgabe an seine Ehefrau komme nicht in Betracht. Er sei seit mehreren Jahrzehnten Zwangsmitglied bei der Beklagten und habe die entsprechenden Beiträge geleistet. Daher sei es nicht nachvollziehbar, dass ihm nun der Anspruch verweigert werde. Er halte die maßgebliche Norm für verfassungswidrig. Sie verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip gemäß Artikel (Art.) 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) und greife in unzulässiger Weise in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ein. Mit der Hofabgabe könne keine Steuerung des Agrarsozialversicherungssystems durch die Verbindung mit der Rentengewährung erfolgen. Die Hofabgabeklausel sei nicht mehr zeitgemäß und auch nicht als gerecht anzusehen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.9.2010 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 22.12.2010 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihren Ausführungen im Widerspruchsverfahren festgehalten. Dem Kläger sei es möglich, durch Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens an seine Ehefrau gem. § 21 Abs. 9 ALG die Rentenberechtigung zu erlangen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 7.9.2012 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Nach Zustellung des Urteils am 15.9.2012 hat der Kläger am 12.10.2012 Berufung eingelegt. In seiner Familie habe aus familiären Gründen noch kein Hofnachfolger zur Verfügung gestanden. Das Erfordernis der Unternehmensabgabe sei verfassungswidrig. Es führe zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung und damit zu einem Verstoß gegen Art. 3 GG. Das damit verfolgte Ziel strukturpolitischer Veränderungen lasse sich angesichts der hohen Zahl von Nebenerwerbslandwirten und sogenannten Scheinabgaben nicht mehr erreichen. Die Verpflichtung zur Hofabgabe beeinträchtige ihn unangemessen in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG. Es verstoße zudem gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), wenn der Landwirt gezwungen werde, Pflichtmitglied in der Alterskasse zu werden, die Alterssicherung jedoch dann nur als Teilsicherung ausgestaltet sei. Ergänzend überreicht er eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages mit dem Titel "Fragen zur Hofabgabeklausel im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte" sowie einen Auszug aus der Broschüre "Landwirtschaft auf einen Blick" aus dem Jahr 2011 des Statistischen Bundesamtes.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichtes Dortmund vom 7.9.2012 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 23.9.2010 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 22.12.2010 zu verurteilen, ihm eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für richtig und weist darauf hin, dass die Verfassungsmäßigkeit des Abgabeerfordernisses in der Rechtsprechung bereits geklärt sei. Ergänzend überreicht sie den Aufsatz "Eine Besonderheit im Rentenrecht - Die Hofabgabeklausel in der Alterssicherung der Landwirte" (Fleuth/Liebscher, Soziale Sicherheit in der Landwirtschaft, 2012, 77).
Der Senat hat den Beteiligten mit Schreiben vom 30.8.2013 mitgeteilt, dass er beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen. Diese Schreiben sind den Beteiligten jeweils am 6.9.2013 zugegangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zum einen auf den Inhalt der Gerichtsakte und zum anderen auf den Inhalt der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann die Berufung des Klägers mit einstimmigem Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurückweisen, nachdem eine mündliche Verhandlung aufgrund der eindeutigen Sach- und Rechtslage nicht erforderlich ist und die Beteiligten vorher angehört worden sind. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 153 Rdnr. 14).
Die Berufung ist zulässig, da sie insbesondere fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils erhoben wurde.
Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Wie das SG zutreffend entschieden hat, ist die Klage unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger Altersrente zu gewähren. Er ist insofern durch den angefochtenen Bescheid vom 23.9.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 22.12.2010 nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG beschwert.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG setzt der Anspruch auf Regelaltersrente aus der Alterssicherung der Landwirte voraus, das das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist. Die Voraussetzungen der Abgabe sind in § 21 ALG geregelt. Nach § 21 Abs. 7 ALG gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft auch dann als abgegeben, wenn der Flächenwert des nichtabgegebenen Teils 25 von 100 der von der landwirtschaftlichen Alterskasse nach § 1 Abs. 5 ALG festgelegten Mindestgröße, das heißt bei landwirtschaftlichen Flächen 6 ha bis 31.12.2010 bzw. 8 ha ab dem 01.01.2011 nicht überschreitet.
Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der Abgabe im Streitzeitraum nicht. Er selbst bewirtschaftet landwirtschaftliche Flächen, die seit Antragstellung durchgehend den zulässigen Rückbehalt um ein Vielfaches übersteigen.
Der Senat hält entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung (Senat Urteile v. 19.10.2011, L 8 LW 15/11, L 8 LW 16/11, L 8 LW 17/11, L 8 LW 14/11, L 8 LW 9/11, L 8 LW 5/11, Urteil v. 28.9.2011, L 8 LW 3/09, Urteil v. 12.09.2007, L 8 LW 2/07; Urteil v. 08.08.2007, L 8 LW 5/07, Urteil v. 08.06.2006, L 8 LW 12/05; Urteil v. 04.06.2003, L 8 LW 2/03 - jeweils juris) das Erfordernis der Unternehmensabgabe als Voraussetzung des Anspruchs auf Regelaltersrente nicht für verfassungswidrig (Art. 100 Abs. 1 GG).
1. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Gewährung einer Altersrente von der vorherigen Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens abhängig zu machen, verstößt zunächst nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (std. Rspr., vgl. nur Bundesverfassungsgericht - BVerfG, Beschluss v. 27.2.2007, 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272 [300 f.]). Dabei muss er an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal anknüpfen. Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist ihm insoweit eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. BVerfG, Urteil v. 23.1.1990, 1 BvL 44/86, 1 BvL 48/87, BVerfGE 81, 156 [205]; BVerfG, Beschluss v. 7.7.2010, 1 BvR 2556/09, SozR 4-4200 § 11 Nr. 33; m.w.N.). Die verfassungsrechtliche Kontrolle beschränkt sich daher darauf, ob seine Erwägungen offensichtlich verfehlt oder mit der Wertordnung des GG unvereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18.12.1981, 1 BvR 943/81, SozR 5850 § 2 Nr. 8), was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn sich für die Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zum Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (BVerfG, Beschluss v. 15.3.2000, 1 BvL 16/96 u.a., BVerfGE 102, 68 [87]).
b) Das Erfordernis der Abgabe dient der Erreichung eines mit der landwirtschaftlichen Alterssicherung verfolgten strukturpolitischen Zieles, nämlich die Übergabe landwirtschaftlicher Unternehmen an jüngere Inhaber zu fördern (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18.12.1981, 1 BvR 943/81, SozR 5850 § 2 Nr 8; Beschluss v. 1.3.2004, 1 BvR 2099/03, SozR 4-5868 § 1 Nr. 3; Bundessozialgericht - BSG, Urteil v. 19.2.2009, B 10 LW 3/07 R, SozR 4-5868 § 1 Nr. 7). Mit dem prinzipiell endgültigen Verlust der Unternehmereigenschaft soll zugleich sichergestellt werden, dass der Übernehmer die landwirtschaftliche Fläche sinnvoll weiter bewirtschaften kann (BSG, Urteil v. 16.11.1995, 4 RLw 6/94, juris). Denn nur wer das unternehmerische Risiko trägt, kann die Betriebsstruktur modernisieren, die erforderlichen technischen Innovationen vornehmen und ggf. die Ausrichtung des Unternehmens den Marktgegebenheiten anpassen (vgl. auch BMELV, Informationen zu den Modifizierungen der Hofabgabeverpflichtung in der Alterssicherung der Landwirte im Entwurf des LSV-NOG, zu Ziff. 2).
c) Die genannten Zielsetzungen sind weder offensichtlich verfehlt noch mit der Wertordnung des GG unvereinbar. Im Gegenteil gehören die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und die Verbesserung der Agrarstruktur zu den legitimen Staatsaufgaben, wie Art. 74 Abs. 1 Nr. 17 GG und Art. 91 Abs. 1 Nr. 2 GG belegen. Diese Ziele darf der Bundesgesetzgeber auch im Rahmen der ihm gleichfalls (durch Art. 74 Nr. 12 GG) zugewiesenen Aufgabe der Sozialversicherung verfolgen. Die Legitimation hierzu ergibt sich aus dem Umstand, dass unverändert die Bundeszuschüsse an die Alterssicherung der Landwirte (§ 78 ALG) deren tragende Finanzierungssäule sind. Sie betrugen in den Jahren 2008 bis 2010 zuletzt rund 77 Prozent der Gesamtausgaben (BT-Drs. 17/5691, S. 2).
d) Im Rahmen der im Bereich der Sozialpolitik und Sozialversicherung eingeschränkten verfassungsrechtlichen Prüfungskompetenz lässt sich nicht feststellen, dass der Grad der Ungleichbehandlung zwischen Landwirten, die ihr Unternehmen abgeben und, solchen, die darauf verzichten, in einem unangemessenen Verhältnis zu den mit dem Abgabeerfordernis verfolgten Zielen steht. Da das Abgabeerfordernis seit Einführung der landwirtschaftlichen Altershilfe durch das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) vom 27.7.1957 (BGBl. I S. 1063) besteht, kann sich jeder pflichtversicherte Landwirt von Beginn seiner Tätigkeit an darauf einstellen, dass der Bezug einer Altersrente die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens voraussetzt. Das ermöglicht eine langfristige Planung, auch hinsichtlich etwaiger Investitionen. Die Ausgestaltung des Abgabeerfordernisses in § 21 ALG eröffnet darüber hinaus zahlreiche Gestaltungsformen, die von der vollständigen Entäußerung über die langfristige Verpachtung bis hin zur Stilllegung reichen und vom Landwirt entsprechend den individuellen Bedürfnissen genutzt werden können. Damit wird auch in wirtschaftlicher Hinsicht der Ausgestaltung der Alterssicherung als einem Teilsicherungssystem Rechnung getragen, das von einer Ergänzung der Renten durch andere Einkommensquellen, insbesondere das Altenteil und/oder Pachteinnahmen, ausgeht (vgl. BT-Drucks. 14/4230 zu Art. 10 Nr. 11). Es kommt hinzu, dass kein Zwang zur Abgabe besteht und die Entscheidung gegen eine Abgabe bei Veränderung der für sie maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Umstände nach Erreichen der Altersgrenze mit der Folge des Rentenbeginns mit dem nächsten Kalendermonat jederzeit korrigiert werden kann (vgl. §§ 30 Abs. 1 Satz 1 ALG, 99 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]).
e) Ohne Erfolg hält der Kläger dieser Beurteilung entgegen, dass die vom Gesetzgeber angestrebten agrarstrukturellen Effekte aufgrund zwischenzeitlich eingetretener Entwicklungen nicht mehr erreichbar und ein Festhalten am Abgabeerfordernis daher unangemessen sei.
aa) Insoweit übersieht der Kläger bereits im Ansatz, dass im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kontrolle einer Rechtsnorm nicht zu prüfen ist, ob der Gesetzgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat. Gewiss mag es dem Gesetzgeber, wenn ihm ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet ist, obliegen, die weitere Entwicklung des von ihm geschaffenen Regelungssystems zu beobachten und beim Auftreten von Fehlentwicklungen gegebenenfalls korrigierend einzugreifen (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss v. 27.1.2011, 1 BvR 3222/09, NJW 2011, 1578 [1582]; Urteil v. 16.3.2004, 1 BvR 1778/01, BVerfGE 110, 141 [166]). Wie die Entwicklung des Abgabeerfordernisses zeigt, ist der Gesetzgeber dieser Verpflichtung im Bereich der Hofabgabe jedoch stetig nachgekommen. Insbesondere hat er den zunehmenden Schwierigkeiten, einen geeigneten Hofübernehmer zu finden, durch immer weiter gehende Abgabemöglichkeiten Rechnung getragen (BSG, Beschluss v. 29.8.2012, B 10 LW 7/12 B - juris). Lediglich beispielhaft seien der Verzicht auf die Übergabe an den Hoferben durch § 2 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte v. 3.7.1961 (BGBl. I S. 845), die Gleichstellung der Stilllegung mit der Abgabe sowie die Lockerung des Abgabeverbots unter Ehegatten durch das Agrarsozialreformgesetz v. 29.7.1994 (BGBl. I S. 1890) bzw. Art. 9 Ziff. 2 Buchst. b) des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 19.12.2007 (BGBl. I S. 3024) und die Möglichkeit der gewerblichen Tierhaltung auf den Rückbehaltsflächen, der Abgabe durch Ausscheiden aus der Unternehmensführung bzw. der Verzicht auf die Vertretungsbefugnis nicht mehr nur im Rahmen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sowie die weiteren Erleichterungen der Abgabe unter Ehegatten durch das Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung v. 18.4.2012 (LSV-NOG, BGBl. I S. 579) erwähnt. Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass gerade letztgenannte Erleichterung sich zugunsten derjenigen Landwirte, zu denen auch der Kläger gehört, auswirkt, die aufgrund des Altersunterschiedes zum jüngeren Ehegatten bislang an dieser entsprechenden Abgabeform gehindert gewesen sind.
bb) Unabhängig davon vermag der Senat den Hinweis des Klägers nicht nachzuvollziehen, dass eine Strukturverbesserung schon wegen der hohen Anzahl an versicherungs-freien Nebenerwerbslandwirten nicht erreicht werden könne. Unbeschadet der Versicherungspflicht der jeweiligen Landwirte hat sich seit Einführung der landwirtschaftlichen Altershilfe die Zahl der kleinen Betriebe kontinuierlich verringert. So ist in den alten Bundesländern die Zahl der Betriebe mit landwirtschaftlichen Nutzflächen von bis zu 10 ha von 730.086 im Jahr 1960 auf 93.373 im Jahr 2007 gesunken, während im selben Zeitraum die Zahl der Betriebe mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 100 ha und mehr von 2.639 auf 22.791 gestiegen ist (Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2010, Tabelle 31, www.bmelv-statistik.de). Dies belegt, dass es agrarstrukturpolitisch erfolgreich gelungen ist, einer unerwünschten Zersplitterung der Bodenbewirtschaftung entgegenzuwirken.
cc) Ebenfalls ohne Erfolg weist der Kläger auf die vermeintlich hohe Zahl von "Scheinabgaben" hin. Zunächst wird mit der Hofabgabe nicht die Einstellung jeglicher Arbeit im landwirtschaftlichen Betrieb verlangt. Aus den dargestellten Gründen ist maßgebliches Kriterium für die Unternehmensabgabe vielmehr der Übergang des unternehmerischen Risikos auf den Hofnachfolger. Daher steht eine Mitarbeit in dem früher selbst bewirtschafteten Betrieb mit der Abgabeverpflichtung durchaus in Einklang (vgl. BT-Drs. 17/5691, S. 4 zu Frage 14). Es ist folglich nicht nur sprachlich falsch, sondern auch inhaltlich nicht gerechtfertigt, in solchen Fällen verallgemeinernd von einer "Scheinabgabe" zu sprechen.
Das BSG hat damit übereinstimmend in seinem Beschluss vom 29.8.2012 (a.a.O.) auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (s. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Informationen zu den Modifizierungen der Hofabgabeverpflichtung in der Alterssicherung der Landwirte im LSV-NOG, Stand März 2012, S. 5) hingewiesen, welches es wie folgt zitiert:
"Im Falle der Abgabe innerhalb der Familie ändert sich an der Arbeitsverteilung zuweilen wenig und der abgebende Landwirt ist weiterhin in erheblichem Umfang im Betrieb tätig. Gelegentlich wird dies zum Anlass genommen, dies als Scheinabgabe zu bezeichnen. Das ist deshalb nicht zutreffend, weil eine Mitarbeit des Altenteilers mit der Abgabeverpflichtung durchaus in Einklang steht. Es wird keine Einstellung der Arbeit im Betrieb verlangt, weil dies praxisfremd wäre. Entscheidend ist vielmehr, dass im Zeitpunkt der Unternehmensabgabe das unternehmerische Risiko vollständig auf den Nachfolger übergeht."
Im Übrigen haben Gesetzgeber und Rechtsprechung die Gefahr lediglich zum Schein vorgenommener Abgaben indessen erkannt und ihnen angemessene Schranken gesetzt. So begegnet die Rechtsprechung derartigen Fallgestaltungen mit dem abgabeschädlichen Einwand des Rechtsmissbrauchs (BSG, Urteil v. 24.4.2003, B 10 LW 6/02 R, SozR 4-5864 § 3 Nr. 1; Urteil v. 30.8.2007, B 10 LW 4/06 R, SozR 4-5868 § 30 Nr. 1; Urteil v. 7.12.2000, B 10 LW 5/00 R, Die Beiträge Beilage 2002, 302). Auch die in § 21 Abs. 9 ALG vorgesehenen Beschränkungen bei der Abgabe unter Ehegatten sollen im Einzelfall beabsichtigten "Scheinabgaben" entgegenwirken (BSG, Urteil v. 9.8.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5868 § 13 Nr. 1; Urteil v. 6.5.1999, B 10 LW 3/98 R, SozR 3-5868 § 21 Nr.1). Soweit es gleichwohl Gestaltungen geben sollte, in denen der Übergang des unternehmerischen Risikos auf den Hofnachfolger lediglich zum Zweck der Rentenerlangung vorgespiegelt wird, kann dies - ebenso wie in anderen Fällen des Sozialleistungsmissbrauchs - die grundsätzliche Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit des Abgabeerfordernisses zur Erreichung der mit ihm verfolgten strukturpolitischen Ziele nicht durchgreifend in Frage stellen.
dd) Das BSG hat ferner zu Recht darauf hingewiesen, dass in tatsächlicher Hinsicht das Vorbringen zur mangelnden strukturpolitischen Eignung der Hofabgabepflicht nicht ausreichend belegt wird. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. So greift auch der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit zum Teil auf ältere Quellen zurück (z.B. Gutachten von Maydell, das unter dem Titel "Weiterentwicklung des landwirtschaftlichen Sozialrechts" in der Schriftenreihe des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Buchform bereits im Jahre 1988 veröffentlicht worden ist). Seinen Ausführungen ist zudem in vollem Umfang widersprochen worden (s. Fleuth/Liebscher, SdL 1/2012, 77, 82). Die weiter angeführte Ausarbeitung "Fragen zur Hofabgabeklausel im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte" des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages geht lediglich davon aus, dass "mittlerweile im Bundesgebiet nur mehr in einem Drittel der Betriebe [ ] Nachfolger aus der Familie zur Übernahme bereit" seien. Die Ausarbeitung geht dabei zu Unrecht davon aus, dass die Hofabgabepflicht seit 1957 im Wesentlichen unverändert geblieben sei (s. auch Fleuth/Liebscher, aaO 82), und berücksichtigt daher nicht hinreichend, dass nach § 21 ALG neben der Nachfolge innerhalb der Familie in großem Umfang andere Vorgehensweisen zur Verfügung stehen und von zur Abgabe verpflichteten Landwirten genutzt werden können (vgl. dazu insgesamt: BSG, Beschluss v. 29.8.2012, a.a.O.).
f) Ob die Beschränkung der Abgabe auf solche Ehegatten, die bei Abgabe das 55. Lebensjahr vollendet haben (§ 21 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 ALG), vor dem Gleichheitssatz Bestand hat, kann demgegenüber dahingestellt bleiben. Hierauf kommt es im vorliegenden Fall nämlich nicht an, weil der Kläger keine Abgabe an seine Ehefrau vollzogen hat und diese Voraussetzung auch durch das LSV-NOG zwischenzeitlich entfallen ist. Im Übrigen begegnen die Koppelung des Fortbestands des Rentenanspruchs des - abgebenden - Landwirts an die spätere Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens durch die - übernehmende - Ehefrau zum Zeitpunkt ihres Erreichens der Regelaltersgrenze und die Regelungen des § 21 Abs. 9 ALG, wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. Urteil v. 8.3.2006, L 8 LW 12/05, mwN, juris), keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt vor dem geschilderten Hintergrund auch nicht darin, dass die der Pflichtversicherung in einem anderen gesetzlichen Alterssicherungssystem, nämlich der Rentenversicherung, unterliegenden Selbstständigen (vgl. § 2 SGB VI) ihr Unternehmen nicht aufgeben müssen, um in den Genuss einer Altersrente zu kommen.
Die landwirtschaftliche Alterssicherung ist vom Gesetzgeber bewusst als eigenständige Materie ausgestaltet worden, die ihrer eigenen Sachgesetzlichkeit unterliegt. Der Gesetzgeber durfte daher bei der Festsetzung der Leistungen und der Bestimmung ihrer Voraussetzungen berücksichtigen, dass die Geldleistungen der Landwirtschaftlichen Alterskassen zu nach wie vor mehr als drei Vierteln aus Bundeszuschüssen finanziert werden und daher im Gegensatz zu den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung weit überwiegend nicht durch Beiträge der Versicherten aufgebracht werden. Dieser Umstand der weitgehenden Fremdfinanzierung, durch den das System der landwirtschaftlichen Altersversorgung einen stark fürsorgerischen Charakter erhält, rechtfertigt es, die Ansprüche der Berechtigten an strengere Voraussetzungen zu binden als die der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung (BVerfG, Entscheidung v. 15.4.1969, 1 BvL 18/68, BVerfGE 25, 314; BSG SozR 4-5868 § 13 Nr. 5; BSG, Urteil v. 21.3.1991, 4 RLw 1/90, juris).
3. Das Erfordernis der Unternehmensabgabe verletzt die betroffenen Landwirte darüber hinaus nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG.
a) Das Abgabeerfordernis greift nicht in die Verfügungsbefugnis über das Eigentum ein. Es bleibt dem Landwirt überlassen, ob er, um einen Anspruch auf Regelaltersrente zu erwerben, sein Land nach Maßgabe dieser Vorschrift abgeben will (BVerfG, Beschluss v. 30.5.1980, 1 BvR 313/80, SozR 3-5850 § 2 Nr. 6).
b) Der Senat kann weiter offen lassen, ob Ansprüche auf Altersrente in der Alterssicherung der Landwirte dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen. Denn auch wenn man dies bejaht, kann das Abgabeerfordernis, weil es überhaupt erst die Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs auf Regelaltersrente regelt, in Bezug auf diesen Anspruch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht verletzen (BSG SozR 4-5868 § 13 Nr. 5).
4. Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ist schon deswegen nicht berührt, weil die Hofabgabe als Anspruchsvoraussetzung für eine Rente nach dem ALG den Landwirt nicht zur Aufgabe seines Berufs zwingt, sondern es ihm überlässt, ob er als Landwirt weiter wirtschaften oder seinen Hof abgeben will (BVerfG SozR 5850 § 2 Nr. 8; BSG SozR 4-5868 § 13 Nr. 5).
5. Soweit der Kläger schließlich unter Hinweis auf Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG Einwände gegen seine Versicherungspflicht bei der Beklagten erhebt, sind diese im vorliegenden Verfahren, in dem es allein um den Anspruch auf Regelaltersrente geht, nicht zu prüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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