L 1 KR 11/18 KL ER

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 11/18 KL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 10. Januar 2018 und Aufhebung der Vollziehung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über eine Aufsichtsmaßnahme des Antragsgegners gegen die Antragstellerin.

Die Antragstellerin ist eine Betriebskrankenkasse (BKK) mit Sitz in H ... Der Bereich der Kasse umfasste nach § 1 Abs. 3 der Satzung das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Da der Antragsgegner eine Existenz von Betrieben und Betriebsstätten der Trägerbetriebe in den Ländern B., B1 und S. als nicht nachgewiesen erachtete, wurden eine Aufnahme von Mitgliedern aus diesen drei Bundesländern mit Bescheid vom 19. April 2001 gegenüber der Antragstellerin als unzulässig bezeichnet und die Antragstellerin darauf hingewiesen, § 1 Abs. 3 der Satzung sei entsprechend anzupassen. Im Dezember 2001 genehmigte der Antragsgegner den 13. Nachtrag zur Satzung mit Ausnahme von § 1 Abs. 2, bezüglich dessen darauf hingewiesen wurde, dass das Bestehen von Servicestellen in den Ländern B., B1 und S. nachzuweisen sei. Im Februar 2002 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass der Internetauftritt der Antragstellerin unzutreffend im Hinblick auf die bundesweite Öffnung und zu überarbeiten sei und nicht davon ausgegangen werden könne, dass der 13. Nachtrag zur Satzung in Kürze im Sinne der Antragstellerin entschieden werden könne. Mit Schreiben vom 16. Juni 2003 hörte der Antragsgegner dann die Antragstellerin zur Anordnung einer Satzungsänderung und zur Ersatzvornahme an. Weitere Maßnahmen erfolgten zum damaligen Zeitpunkt nicht.

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zur Frage ob der Kassenbereich geöffneter Innungskassen statisch oder dynamisch zu betrachten sei (Urteil vom 10. März 2015 - B 1 A 10/13 R) überprüfte der Antragsgegner die Kassenbereiche der unter seiner Aufsicht stehenden Kassen erneut. Bei der Überprüfung der Antragstellerin fiel auf, dass die im Internet veröffentliche Satzung § 1 Abs. 2 – die Betriebe, auf die sich die Zuständigkeit der Antragstellerin gemäß § 173 Abs. 2 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erstreckt – nicht enthielt. Der Antragsgegner forderte daraufhin die Antragstellerin am 1. Februar 2017 auf, innerhalb von vier Wochen Nachweise über die Betriebe in verschiedenen Bundesländern vorzulegen. Mit Schreiben vom 9. Februar 2017 genehmigte der Antragsgegner den 102. Nachtrag zur Satzung der Antragstellerin und forderte diese unter Fristsetzung von vier Wochen nochmals auf, Nachweise von Betrieben oder Betriebsstätten der BKK-Trägerunternehmen in den Bundesländern M., B., B2, S1, T., B3, N. und dem S. zu erbringen. Die A. GmbH, von der die Antragstellerin ihre Zuständigkeit ableite, habe offenbar im gesamten Bundesgebiet keine Servicestellen mehr.

Im April 2017 teilte der Antragsgegner, nachdem festgestellt worden war, dass auch die Firma T1 GmbH zur A. Group gehört, mit, dass die Zuständigkeit für die Länder B., B1 und S. fehle. Für eine Recherche des Kassenbereichs wurde der Antragstellerin eine Frist bis 1. Juni 2017 eingeräumt. Dem schlossen sich umfangreicher Schriftverkehr sowie ein Gespräch am 6. Juni 2017 zwischen dem Vorstand der Antragstellerin, Herrn H1, nebst Prozessbevollmächtigtem sowie Vertretern des Antragsgegners an über die Frage, ob es sich bei § 173 Abs. 2 S. 2 SGB V um eine statische oder dynamische Zuständigkeitsregelung handele. In dem Gespräch am 6. Juni 2017 bestätigte Herr H1 ausweislich des Protokolls, dass die Trägerunternehmen der Antragstellerin keinen Sitz in den Ländern B., B1 und dem S. hätten.

Mit Bescheid vom 24. August 2017 ordnete der Antragsgegner an, die Antragstellerin habe in der nächsten Verwaltungsratssitzung am 7. September 2017 die Länder B., B1 und S. aus § 1 Abs. 3 der Satzung zu streichen und keine Mitglieder mehr aus den genannten Ländern aufzunehmen. § 1 Abs. 3 der Satzung der Antragsgegnerin bilde nicht mehr den aktuellen Kassenbereich ab. Der Kassenbereich entspreche nicht den Vorgaben des § 173 Abs. 2 S. 2 SGB V. Für die Länder B., B1 und das S. bestünden keine Nachweise über Betriebe oder Betriebsstätten der Trägerbetriebe, von denen die Zuständigkeit der Antragstellerin für diese Länder abgeleitet werden könne. Aus diesen Ländern könnten daher keine Mitglieder mehr aufgenommen werden, da § 173 Abs. 2 S. 2 SGB V die Wählbarkeit der geöffneten BKK auf die Länder begrenze, in denen Betriebe bestünden. In Anbetracht der Verweigerungshaltung der Antragstellerin sei die Maßnahme angemessen. Für den Fall der Nichtbefolgung wurde die Ersatzvornahme nach §§ 195 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 SGB V angedroht. Gegen den Bescheid wendete sich die Antragstellerin mit einer am 25. September 2017, einem Montag, erhobenen Klage zum Az. L 1 KR 93/17 KL. Der in dem Bescheid getroffenen Anordnung kam die Antragstellerin ausweislich des Protokolls der konstituierenden Sitzung des Verwaltungsrates vom 7. September 2017 (TOP 11) ausdrücklich nicht nach.

Am 21. November 2017 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin zur beabsichtigen Ersatzvornahme an und übersendete einen Entwurf des beabsichtigten Bescheides. Die Antragstellerin äußerte sich daraufhin dahingehend, die erhobene Klage habe aufschiebende Wirkung, es handele sich nicht um eine Maßnahme nach § 195 Abs. 2 SGB V, sondern um einen Verpflichtungsbescheid. Mit Bescheid vom 10. Januar 2018 fasste der Antragsgegner im Wege des § 195 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 195 Abs. 3 SGB V den § 1 Abs. 3 der Satzung der Beklagten dergestalt, dass der Bereich der Antragstellerin alle Bundesländer außer B., B1 und das S. umfasst, und ordnete die Veröffentlichung im Bundesanzeiger gemäß § 34 Abs. 2 S. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) an. Komme eine Krankenkasse einer Anordnung nach § 195 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 195 Abs. 3 SGG nicht nach, so könne der Antragsgegner als Aufsichtsbehörde die erforderliche Änderung der Satzung selbst vornehmen. Bei der Ausübung des Ermessens sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung beharrlich ignoriere. Sie habe auch keine Bemühungen unternommen, den Kassenbereich zu ermitteln. Soweit dies aufwendig sei, sei zu berücksichtigen, dass andere bundesunmittelbare Kassen dieser Verpflichtung routinemäßig nachkämen. Der Vortrag, man stehe über neue Gründungen von Betriebsstätten in den fraglichen Bundesländern mit den Trägerunternehmen in Kontakt, sei unsubstantiiert und durch nichts belegt. Die erhobene Klage habe auch keine aufschiebende Wirkung, da § 195 Abs. 3 SGB V bei notwendiger Änderung einer Satzung die Geltung des Absatzes 2 zur Gänze und damit auch die Geltung des § 195 Abs. 2 Satz 3 SGB V anordne. Die Ersatzvornahme erfordere keine Eilbedürftigkeit; im Rahmen des Ermessens sei berücksichtigt worden, dass der Kassenbereich der Antragstellerin bereits sehr lange mit der Satzungsregelung nicht mehr übereinstimme. Die Ersatzvornahme sei auch verhältnismäßig. Das weniger einschneidende Mittel der Anordnung sei bereits erfolglos ausgeschöpft. Das Mittel sei auch angemessen, wie vom BSG in vergleichbaren Fällen bereits bestätigt worden sei. Auch aus Gründen der Gleichbehandlung der im Wettbewerb stehenden Kassen sei die Ersatzvornahme notwendig, denn der nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechende satzungsmäßige Kassenbereich generiere höhere Zuweisungen aus dem Risikostrukturausgleich. Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 23. Januar 2018 Klage zum Az. L 1 KR 8/18 KL erhoben.

Mit ihrem am 29. Januar 2018 beim Landessozialgericht eingegangenen Antrag begehrt die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 10. Januar 2018 und die Aufhebung der Vollziehung durch Rückgängigmachen der Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Sie macht geltend, der Antragsgegner habe einen Nachweis darüber, dass die Trägerunternehmen in den Ländern B., B1 und S. keine Betriebe mehr unterhielten, nicht erbracht. Die Trägerunternehmen veränderten sich ständig; es sei aber davon auszugehen, dass nach wie vor Servicestellen im gesamten Bundegebiet unterhalten würden. Der Verwaltungsrat der Antragstellerin habe eine Satzungsänderung nicht für geboten gehalten, weil keineswegs geklärt sei, dass in den genannten Bundesländern keine Betriebsstätten der Trägerunternehmen bestünden und weil außerdem die Rechtsauffassung, wonach die Zuständigkeit sich 20 Jahre nach der Öffnung der BKK in Abhängigkeit von irgendwelchen Betriebsstätten ändere, unzutreffend sei. Im Übrigen sei die Satzung jetzt widersprüchlich, da in § 1 Abs. 2 noch von "im ganzen Bundesgebiet vorhandenen Servicestellen" die Rede sei. Ein solcher Widerspruch sei unzulässig. Soweit sich der Antragsgegner zu seiner Rechtfertigung auf die Rechtsprechung des BSG beziehe, setze diese Argumentation – unabhängig von der Frage, ob die Rechtsprechung überhaupt auf den vorliegenden Fall übertragbar sei – den Nachweis voraus, dass bestimmte Betriebsstätten, die ursprünglich vorhanden gewesen seien, nun nicht mehr vorhanden seien. Diesen Nachweis habe der Antragsgegner nicht erbracht. Der Umstand, dass der Antragsgegner die Existenz von Betrieben bzw. Betriebsstätten für nicht nachweislich belegt halte, reiche hierfür nicht aus. In dem vom BSG entschiedenen Verfahren B 1 A 10/13 R sei es um eine gänzlich andere Konstellation gegangen. Soweit das BSG im Beschluss in dem Verfahren B 1 A 3/15 B aus diesem Urteil zitiert habe, habe es Ausführungen in Bezug genommen, auf die es in dem genannten Urteil nicht angekommen sei, die lediglich allgemeiner Natur gewesen und vom BSG nicht begründet worden seien. Seit 2005 spielten Trägerbetriebe für BKKn keine Rolle mehr, da diese seitdem an den Kosten nicht mehr beteiligt werden dürften. Das LSG Hessen und das BSG reflektierten den Grundsatz nicht, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, jedenfalls soweit sie zur mittelbaren Staatsverwaltung gehöre, eine vom Gesetz geregelte Zuständigkeit haben müsse, die nicht danach variieren könne, ob und welche Betriebsstätten ein Unternehmen habe, welches vor mehr als 25 Jahren zur Gründung der Betriebskrankenkasse beigetragen habe. Die Antragstellerin könne sich weder auflösen, § 152 S. 4 SGB V, noch geschlossen werden, § 153 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Was der Antragsgegner von ihr verlange, sei eine rechtswidrige Teilschließung. Der Antragsgegner versuche, mit der Ersatzvornahme vollendete Tatsachen zu schaffen, wozu er nicht befugt sei. Auch komme eine Ersatzvornahme nur in Betracht, wenn sich nachträglich ergebe, dass die Satzung nicht hätte genehmigt werden dürfen. Dies behaupte der Antragsgegner nicht einmal; die ursprüngliche Fassung des § 1 Abs. 3 der Satzung sei zu Recht genehmigt worden. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund: die Antragstellerin befinde sich bundesweit im Wettbewerb, in welchen durch die Ersatzvornahme eingegriffen werde, einerseits was die Anwerbung neuer Mitglieder anlange, andererseits was das Ansehen der Antragstellerin betreffe.

Die Antragstellerin beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 10. Januar 2018 anzuordnen und die Vollziehung (Veröffentlichung im Bundesanzeiger) rückgängig zu machen. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Pflicht des Nachweises für weiterhin bestehende Betriebe und Betriebsstätten treffe die Antragstellerin. Der Umstand des fehlenden Nachweises sei bereits seit 2001 hinreichend bekannt. Das BSG habe mit Urteil vom 10. März 2015 (B 1 A 10/13 R) und Beschluss vom 29. April 2016 (B 1 A 3/15 B) bestätigt, dass infolge des dynamischen Kassenbereichs ein Land, in dem keine festen Arbeitsstätten der den Trägerinnungen angehörenden Betriebe mehr existierten, nicht mehr zum mitgliedschaftlichen Zuständigkeitsbereich einer Kasse gehöre. Dass die Antragstellerin lediglich in solchen Bundesländern wählbar sei, in denen ihre Trägerunternehmen auch Betriebe oder Betriebsstätten unterhielten, sei Folge des Organisationsrechts der Betriebskrankenkassen nach § 173 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Abs. 2 S.1 Nr. 4 SGB V und Bestandteil der Wettbewerbsordnung der Krankenkassen. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Widerspruch zwischen § 1 Abs. 2 und 3 der Satzung ergebe sich daraus, dass § 1 Abs. 2 der Satzung nicht dem durch den Antragsgegner nur teilweise genehmigten 13. Satzungsnachtrag vom 29. Oktober 2001 entspreche. Die Antragstellerin habe Satzungsänderungen ohne Genehmigung des Antragsgegners als Aufsichtsbehörde veröffentlicht bzw. nicht in der Form der genehmigten Satzungsnachträge veröffentlicht. Die Rechtsprechung des BSG zum dynamischen Kassenbereich sei auch auf die vorliegende Konstellation anwendbar. So habe das BSG ausdrücklich ausgeführt, dass maßgeblich für den aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsbereich einer IKK nicht ein statischer Zustand aus der Vergangenheit sei, sondern der sich wandelnde jeweilige Stand der Verteilung der festen Arbeitsstätten der erfassten Innungsbetriebe der Trägerinnungen der IKK auf die Länder. Mit Beschluss vom 29. April 2016 (B 1 A 3/15 B) habe das BSG dann ausdrücklich betont, dass die Auffassung des dynamischen Kassenbereichs für die Vergrößerung und Verkleinerung des Kassenbereichs gleichermaßen Anwendung finde und auch für Betriebskrankenkassen gelte. Eine rechtswidrige Teilschließung sei darin nicht zu sehen. Die Antragstellerin existiere auch in den Ländern B., B1 und S. weiter und könne auch die dort bisher vorhandenen Mitglieder weiter betreuen, nur neue Mitglieder aus diesen Ländern dürfe sie nicht aufnehmen. Die Dauer des Verfahrens stehe der Ersatzvornahme nicht entgegen. Der Gedanke der Eilbedürftigkeit sei in § 195 SGB V nur insoweit enthalten, als der gesetzmäßige Zustand ohne weitere zeitliche Verzögerung hergestellt werden solle. Ein Eingriff in den Wettbewerb liege nicht vor, der bisherige Wettbewerbsvorteil der Antragstellerin sei rechtswidrig und damit nicht aufrecht zu erhalten. Der Durchführung der Ersatzvornahme stehe auch nicht die Klage der Antragstellerin gegen den Anordnungsbescheid entgegen. Dies folge aus § 195 Abs. 3 SGB V, der die Geltung des Absatzes 2 in Gänze und damit auch die Geltung des Abs. 2 S 3 SGBV anordne. Der Bescheid vom 10. Januar 2018 erweise sich damit als offensichtlich rechtmäßig, weshalb das Suspensivinteresse der Antragstellerin nicht überwiegen könne.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Grundlage der Entscheidung gewesen sind.

II. Der Antrag der Antragstellerin vom 29. Januar 2018, die aufschiebende Wirkung der von ihr am 23. Januar 2018 erhobenen Klage (L 1 KR 8/18 KL) gegen den Ersatzvornahmebescheid des Antragsgegners vom 10. Januar 2018 anzuordnen, ist statthaft und zulässig. Er hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die am 29. Januar 2018 von der Antragstellerin erhobene Anfechtungsklage gemäß § 53 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat entgegen der Grundregel des § 86a Abs. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Diese entfällt nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG, weil nach der Spezialvorschrift des § 195 Abs. 2 S.3, Abs. 3 SGB V keine aufschiebende Wirkung der Klage gegen eine Maßnahme der Aufsichtsbehörde hinsichtlich der Änderung einer Satzung einer Krankenkasse besteht und zwar auch dann nicht, wenn diese Änderung aufgrund nachträglich eingetretener Umstände im Sinne des § 195 Abs. 3 SGB V erfolgt. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 195 Abs. 3 SGB V, der Abs. 2 der Vorschrift komplett und damit auch einschließlich des Satzes 3 in Bezug nimmt. Es folgt aber auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die gerade der Steigerung der Effektivität des aufsichtsrechtlichen Vorgehens dient. Nach dem bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2008 geltenden Recht hatten Klagen gegen Maßnahmen der Aufsichtsbehörde auch dann aufschiebende Wirkung, wenn diese dazu dienten, die Satzung einer Krankenkasse in Übereinstimmung mit höherrangigem Recht zu bringen. Dies konnte zur Folge haben, dass ein gesetzmäßiger Zustand insoweit nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung wiederhergestellt werden konnte. Die Satzung konnte in diesem Zeitraum ihre Informationsfunktion für die Versicherten nur unzureichend erfüllen. Aus diesem Grund wurde die aufschiebende Wirkung von Klagen gegen derartige Maßnahmen ausgeschlossen (BT-DRs 16/9559, S. 24). Dies gilt unabhängig davon, ob die Satzung schon nicht hätte genehmigt werden dürfen oder ob sie aufgrund nachträglich eingetretener Umstände einer Änderung bedarf.

Einstweiliger Rechtsschutz richtet sich in diesem Fall nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Soweit der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen ist, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen, § 86b Abs. 1 S. 2 SGG. Gericht der Hauptsache ist hier der erkennende Senat, der auch über die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom Oktober 2011 in erster Instanz nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 SGG zur Entscheidung berufen ist. Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt im Rahmen der Vorschrift des § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG aufgrund einer Interessenabwägung.

Abzuwägen sind das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des Verwaltungsakts bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und das öffentliche Interesse an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung. Im Rahmen der Abwägung hat neben den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache die Frage der Eilbedürftigkeit wesentliche Bedeutung. Nur bei offenbarer Rechtswidrigkeit der angegriffenen Regelung ist die Feststellung einer besonderen Eilbedürftigkeit entbehrlich. In Fällen des § 195 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 SGB V, in denen der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug den Vorrang gegenüber entgegenstehenden Kasseninteressen einräumt, ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung die mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 12c ff). Vorliegend überwiegt das öffentliche Interesse an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung.

Dies folgt aus dem Umstand, dass die Ersatzvornahme des Antragsgegners offensichtlich rechtmäßig ist. Voraussetzung für die Ersatzvornahme nach § 195 Abs. 3 S. 2, Abs. 3 SGB V sind die Beanstandung der Satzung, das Setzen einer angemessenen Frist zur Änderung, die Androhung des Zwangsmittels und die Umsetzung der ursprünglich verlangten Handlung durch die Aufsichtsbehörde sowie die Ausübung von Ermessen. Strittig ist, ob auch eine Beratung des Versicherungsträgers Voraussetzung ist (vgl. Schneider-Danwitz in: jurisPK-SGB V, § 193 Rn. 30). Dies kann indes dahinstehen, da am 7. Juni 2017 ausweislich des in den Akten befindlichen Protokolls ein ausführliches Gespräch zur Aktualisierung des Kassenbereiches der Antragstellerin zwischen den Beteiligten stattgefunden hat.

Dass der Antragsgegner die Satzung der Antragstellerin beanstandet hat, ergibt sich aus dem Ablauf des Schriftverkehrs seit Februar 2017 und insbesondere aus dem Bescheid vom 24. August 2017, mit welchem der Antragsgegner der Antragstellerin die Streichung der Länder B., B1 und S. aufgegeben hat. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist für die Beanstandung nach § 195 Abs. 3 SGB V nicht erforderlich, dass die Satzung bereits ursprünglich nicht hätte genehmigt werden dürfen. Nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Gesetzes ist § 195 Abs. 3 SGB V gerade eingeführt worden, um auch Umstände zu erfassen, die nachträglich die Änderung einer ursprünglich genehmigungsfähigen Satzung erfordern und diese Änderung zu ermöglichen (vgl. BR-Drs 200/88 S. 218 zu § 204 des Entwurfs). Der Antragsgegner hat die Satzung auch zu Recht beanstandet. Der Zuständigkeitsbereich der Antragstellerin erstreckt sich nicht mehr auf die Länder B., B1 und das S ...

Für geöffnete BKKn wie die Antragstellerin wird der Zuständigkeitsbereich bestimmt durch die Länder (§ 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V), für die sie ihrer Satzung nach zuständig sind (§ 90a Abs. 2 SGB IV). Das ist das Territorium, in dem die Satzung nach § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V gilt. Die Satzung gilt danach - falls sie wie bei der Antragstellerin eine Öffnungsregelung (§ 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V) enthält - für die Gebiete der Länder, in denen Betriebe bestehen, wenn die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der BKK ergibt; soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt; die Satzung darf das Wahlrecht nicht auf bestimmte Personen beschränken oder von Bedingungen abhängig machen (vgl. § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Maßgeblich für die Bestimmung des aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsbereichs einer geöffneten BKK ist damit allein die räumliche Verteilung der Trägerbetriebe. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BSG, welche von einer dynamischen Zuständigkeit ausgeht.

Hinsichtlich einer IKK hat das BSG zunächst entschieden, dass maßgeblich für deren aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsbereich nicht ein statischer Zustand aus der Vergangenheit ist, sondern der sich wandelnde jeweilige Stand der Verteilung der festen Arbeitsstätten der erfassten Innungsbetriebe der Trägerinnungen der IKK auf die Länder. Schon der Gesetzeswortlaut verdeutliche, dass es für die Zuständigkeitsbereiche um die Gebiete der Länder geht, in denen Innungsbetriebe "bestehen" und nicht etwa bloß bestanden haben (vgl. § 173 Abs. 2 S 2 SGB V; § 90a Abs. 2 SGB IV). Dafür spreche auch die Gesetzesentwicklung. Die Rechtsprechung des BSG habe bereits zum früheren Rechtszustand bei unmittelbarer Anwendung des Art. 87 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) die Auffassung vertreten, dass eine betriebsbezogene räumliche Ausdehnung des Zuständigkeitsbereichs einer KK zu Änderungen der aufsichtsrechtlichen Zuständigkeit führe. Von dieser Auffassung sei der Gesetzgeber in der Folgezeit nicht etwa abgerückt, sondern habe ihr Rechnung getragen: Er habe als Folge der Änderung des Art. 87 GG rückwirkend zum 15.11.1994 § 90 Abs. 3 SGB IV eingefügt. Die Regelung trage dem dynamischen Verständnis Rechnung und entspreche Art. 87 Abs. 2 S. 2 GG. Folge der dynamischen Regelung sei, dass ein Land, in dem keine festen Arbeitsstätten der den Trägerinnungen angehörenden Betriebe mehr existierten, nicht mehr zum aufsichtsrechtlichen und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereich der IKK gehöre. Die Regelungen der §§ 161 S. 4, 162 S. 4 und 163 S. 3 SGB V sowie des § 173 Abs. 2 S. 2 Teils. 2 SGB V stünden dem nicht entgegen. Eine "statische" Betrachtungsweise, wonach die Erstreckung einer IKK nur den Zuständigkeitsbereich erfasse, der sich bei Inkrafttreten des § 173 Abs. 2 S. 2 SGB V i.d.F. des Gesundheitsstrukturgesetzes zum 1.1.1996 oder im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzungsregelung nach § 173 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB V ergeben habe, habe keinen Niederschlag in der Rechtsnorm gefunden. Im Gegenteil hätte es, wenn der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Öffnungsklausel den mitgliedschaftsrechtlichen - und damit zugleich den aufsichtsrechtlichen - Zuständigkeitsbereich der damals bestehenden geöffneten IKKn (und der BKKn) ungeachtet einer späteren Ausdehnung der abgegrenzten Region i.S. des § 143 Abs. 1 SGB V "eingefroren" hätte, der Ausnahmeregelung des § 173 Abs. 2 S. 2 Teils. 2 SGB V die lautet "soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt", nicht bedurft. Die aufgezeigte gesetzliche Regelungskonzeption des § 173 Abs. 2 S. 2 SGB V ermächtige den Satzungsgeber nicht dazu, nach seinem Belieben den räumlichen Zuständigkeitsbereich seiner IKK festzulegen. Er bezeichne diesen mittelbar, indem er die Trägerinnungen als Grundlage der Zuordnung zugehöriger Innungsbetriebe benennt. Die deklaratorische Umschreibung des räumlichen Zuständigkeitsgebiets der IKK in der Satzung - Liste der Innungsbetriebe und Erstreckung auf die Bundesländer – sei aber sachdienlich, um den hierzu berechtigten Versicherten die Ausübung ihres Wahlrechts zu erleichtern (BSG, Urteil vom 10. März 2015 – B 1 A 10/13 R –Juris).

Mit Beschluss vom 29. April 2016 (B 1 A 3/15 B) hat der 1. Senat des BSG diese Rechtsprechung noch einmal – auch für die BKKn – bekräftigt, indem er ausgeführt hat, es sei nicht ersichtlich, inwieweit mit Blick auf diese Rechtsprechung des erkennenden Senats noch Klärungsbedarf bestehe. Der Senat habe der gemischt statisch-dynamischen Betrachtungsweise ausdrücklich eine Absage erteilt. Folge der dynamischen Regelung sei es, dass ein Land, in dem keine festen Arbeitsstätten der den (im entschiedenen Fall) Trägerinnungen angehörenden Betriebe mehr existierten, nicht mehr zum aufsichtsrechtlichen und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereich der (im entschiedenen Fall) IKK gehöre.

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Damit gilt Folgendes: BKKn können ihren Mitgliederkreis nach § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V durch eine Satzungsregelung auch für Nichtbetriebsangehörige öffnen. Soweit sie in ihrer Satzung eine Öffnungsklausel für Betriebsfremde haben, können sie grundsätzlich von allen Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten gewählt werden. Das Wahlrecht wird jedoch durch Abs. 2 Satz 2 erster Teilsatz auf die Gebiete der Länder beschränkt, in denen der Sitz des Betriebs oder der Betriebe und Betriebsstätten liegt, für den die BKK laut Satzung besteht. Besteht eine BKK für mehrere Betriebe in verschiedenen Ländern, gilt das Satzungswahlrecht in allen diesen Ländern. Demnach gilt das Wahlrecht nach § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 für alle Versicherungspflichtigen und -berechtigten, die in einem Land wohnen oder beschäftigt sind, in dem der Betrieb, die Betriebsstätte oder ein unselbständiger Betriebsteil seinen Sitz hat. Die Satzungsregelungen haben hinsichtlich des örtlichen Zuständigkeitsbereichs nur deklaratorische Bedeutung. Einer von der gesetzlichen Regelung abweichenden Satzungsregelung käme keine rechtliche Wirkung zu. Die örtliche Zuständigkeit der geöffneten BKK ist davon abhängig, für welche Betriebe und Betriebsstätten die Krankenkasse laut Satzung besteht. Der Zuständigkeitsbereich ändert sich daher, wenn alle Betriebe in einem Bundesland geschlossen werden oder eine Erweiterung auf Betriebe in einem anderen Land erfolgt (Sonnhoff in: Hauck/Noftz, SGB, 08/13, § 173 SGB V, Rn. 22).

Eine Situation, die der Bestandsschutzregel § 173 Abs. 2 S. 2 Teils 2 SGB V unterfiele, liegt gleichfalls nicht vor. Die Regelung hat den Hintergrund, dass bis zur ihrer Einführung die Kassenbezirke geöffneter Betriebs- und Innungskrankenkassen an die Regionen der Ortskrankenkassen gebunden waren, in denen sich Betriebe oder Innungsbetriebe befanden, für die die Krankenkasse nach ihrer Satzung zuständig war. Dies führte dazu, dass sich bei einer länderübergreifenden Vereinigung landesweiter Ortskrankenkassen auch der Kassenbezirk von Betriebs- und Innungskrankenkassen kraft Gesetzes erweiterte. In einer wettbewerblich geprägten Krankenversicherung ist es nach der Intention des Gesetzgebers jedoch nicht sachgerecht, dass sich der Bezirk, in dem eine Krankenkasse wählbar ist, nach organisationsrechtlichen Maßnahmen einer im Wettbewerb stehenden Krankenkasse einer anderen Kassenart richtet. Aus diesem Grund wurde festgelegt, dass der Kassenbezirk einer geöffneten Betriebs- oder Innungskrankenkasse immer das Gebiet des Landes oder der Länder ist, in dem sich Betriebe oder Innungsbetriebe befinden, für die die Krankenkasse satzungsgemäß zuständig ist. Die Änderung enthält außerdem eine Bestandsschutzregelung für die geöffneten Betriebs- und Innungskrankenkassen, deren Kassenbezirk durch die Vereinigung der Ortskrankenkassen R. und H. kraft Gesetzes auf die Region der jeweils anderen AOK erweitert worden ist. Hierdurch sollte verhindert werden, dass sich der Kassenbezirk dieser Krankenkassen durch die Bindung an die Landesgrenzen wieder verkleinerte (BT-DRs. 16/4247, S. 50 f.).

Soweit die Antragstellerin in ihrer im Übrigen nicht weiter belegten Auffassung, die Rechtsprechung des BSG führe zu verfassungswidrigen Ergebnissen, auf einen Aufsatz von Pitschas (NZS 2016, 321-328) Bezug nimmt, verkennt sie, dass dieser allein kritisiert, dass nach der Rechtsprechung des BSG auch Länder, in denen unselbständige Betriebsstätten von Innungsbetrieben mit Sitz in einem anderen Land bestehen, den Trägerinnungen der IKK angehören, weil es sich bei der vom BSG angeführten "festen Arbeitsstätte" um keine sozialversicherungsrechtliche Kategorie handele. Die von Pitschas aufgeworfene verfassungsrechtlich möglicherweise problematische Frage der Abgrenzung der Aufsichtszuständigkeit nach Art. 87 Abs. 2 Satz 2 GG, die sich nach dem territorialen Zuständigkeitsbereich der Kasse bestimmt, ist vorliegend überhaupt nicht berührt. Wegen seiner weiteren und nur am Rande geäußerten Bedenken hinsichtlich des aus seiner Sicht beeinträchtigten Wettbewerbs zwischen den Kassen bezüglich des Betriebskriteriums regt Pitschas dagegen eine Reform der Vorschriften der §§ 90, 90a SGB IV und des § 173 Abs. 2 S. 2 SGB V an. Eine derartige Reform wäre indes Sache des Gesetzgebers, nicht der Gerichte.

Der Senat folgt dem Antragsgegner auch darin, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, dass die Trägerbetriebe der Antragstellerin Betriebsstätten in den Ländern B., B1 und S. haben und dass diese Zweifel vorliegend zu Lasten der Antragstellerin gehen. Der Sozialgerichtsprozess wird als Verwaltungsprozess vom Grundsatz der Amtsermittlung geprägt. Die materielle Beweislast schlägt sich daher im Verwaltungsprozess nicht in einer prozessualen Darlegungslast nieder. Vielmehr sind die Beteiligten hier grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Verteilung der materiellen Beweislast zur Mitwirkung bei der Sachaufklärung verpflichtet. Das schließt indes selbstverständlich nicht aus, dass einem Beteiligten eine besondere Mitwirkungspflicht hinsichtlich solcher Umstände obliegt, die allein in seiner Sphäre liegen (BVerwG, Urteil vom 27. September 2006 – 3 C 34/05 – Juris). So ist es auch hier. Die Frage, in welchen Bundesländern Trägerbetriebe existieren, fällt in die Rechtssphäre der Antragstellerin, die ihre Zuständigkeit von diesen ableitet. Insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass der Vorstand der Antragstellerin, Herr H1, ausweislich des Protokolls des Gespräches vom 7. Juni 2017 eingeräumt hat, dass Betriebsstätten in den genannten Bundesländern nicht existierten, wäre es Aufgabe der Antragstellerin, nunmehr an der gegenteiligen Feststellung ausreichend mitzuwirken. Dass die Antragstellerin nicht gewillt ist, ihren prozessualen Obliegenheiten in diesem Zusammenhang nachzukommen, ergibt sich auch aus dem Protokoll der Sitzung vom 7. September 2017. Der Verwaltungsrat hat sich ausweislich des Protokolls mit der Frage des Sitzes der Trägerbetriebe in den betreffenden Bundesländern überhaupt nicht befasst, sondern lediglich den Vorstand aufgefordert "alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um die Rechtsauffassung der S2 BKK durchzusetzen".

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin auch eine ausreichende Frist zur Änderung der Satzung eingeräumt, das Zwangsmittel angedroht und in der Folge die ursprünglich verlangte Handlung selbst vorgenommen. Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass nunmehr ein Widerspruch zwischen § 1 Abs. 2 und Abs. 3 der Satzung bestehe, ist dieser darauf zurückzuführen, dass die Antragstellerin dem entsprechenden Hinweis des Antragsgegners von Dezember 2001 immer noch nicht nachgekommen ist. Im Übrigen erfüllt die Satzung nach der im Wege der Ersatzvornahme erfolgten Änderung noch das Gebot der Normklarheit, denn aus ihr wird ohne weiteres deutlich, auf welche Länder sich der Zuständigkeitsbereich der Antragstellerin erstreckt.

Schließlich handelt es sich vorliegend auch nicht um eine rechtswidrige (Teil-) Schließung. Schließung i.S.d. § 153 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bedeutet, dass der gesamte Betrieb – nicht lediglich ein Betriebsteil – dauerhaft eingestellt wird (Koch in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 153 SGB V, Rn. 5, Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 09/14, § 153 SGB V, Rn. 13). Von einer dauerhaften Einstellung des Betriebes der Antragstellerin kann hier nicht Rede sein und zwar nicht einmal, wenn man den Betrieb in den Ländern B1, B. und S. als selbständige Betriebsteile begreifen würde, was eher fernliegend ist. Denn für die dort vorhandenen Mitglieder bleibt die Klägerin zuständig; lediglich die Aufnahme neuer Mitglieder aus diesen Ländern ist ihr gegenwärtig verwehrt.

Das erforderliche Ermessen für die Ersatzvornahme hat der Antragsgegner ausgeübt. Insoweit wird auf die diesbezüglichen umfangreichen Ausführungen in dem Bescheid Bezug genommen.

Erweist sich daher die Ersatzvornahme durch den Antragsgegner als offensichtlich rechtmäßig, kommt es auf die Frage, ob überhaupt Eilbedürftigkeit vorliegt, nicht mehr an. Die aufschiebende Wirkung und auch die Aufhebung der Vollziehung waren nicht anzuordnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. Der Streitwert wird mangels ausreichender Anhaltspunkte nach § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auf 5.000 EUR festgesetzt. Die von der Antragstellerin begehrte Aufhebung der Vollziehung der Ersatzvornahme beinhaltet die Vorwegnahme der Hauptsache.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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