L 10 R 2129/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2129/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wobei vorliegend - weil der Gegner Berufung eingelegt hat - nicht zu prüfen ist, ob die Rechtsverteidigung der Klägerin hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint (§ 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat der Beteiligte sein Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert (§ 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Von ihm sind nach § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO abzusetzen die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) bezeichneten Beträge (Nr. 1a), bei Beteiligten, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 v.H. des höchsten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist (Nr. 1b), für den Beteiligten und seinen Ehegatten oder Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 v.H. erhöhten höchsten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist (Nr. 2a), bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 v.H. erhöhten höchsten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 SGB XII festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist (Nr. 2b), die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen des Beteiligten stehen (Nr. 3), Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) und nach § 30 SGB XII (Nr. 4) und weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist, wobei § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entsprechend gilt (Nr. 5). Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten (§ 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO).

Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden (§ 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Gemäß § 115 Abs. 4 ZPO wird Prozesskostenhilfe nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung des Beteiligten vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen. So liegt der Fall hier.

Die Klägerin verfügt ausweislich ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (vgl. § 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 ZPO) über Renteneinkünfte - abzüglich Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung - i.H.v. insgesamt 1.228,98 Euro monatlich (617,39 Euro/mtl. Altersrente zzgl. 611,59 Euro/mtl. Witwenrente). Davon sind gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2a ZPO i.V.m. Nr. 2 der Prozesskostenhilfebekanntmachung 2018 der Beteiligten-Freibetrag i.H.v. 481 Euro sowie gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO die Kosten der Unterkunft und Heizung abzuziehen. Diese belaufen sich für die klägerische Wohnung ausweislich des Mietvertrages (Bl. 13 ff. PKH-Beiheft) auf insgesamt 599 Euro monatlich (einschließlich Betriebskosten und Vorauszahlungen), wovon die Klägerin nach eigener Angabe 300 Euro monatlich zahlt. Nicht zusätzlich zu berücksichtigen sind die Kosten für die angemietete Garage i.H.v. 34 Euro monatlich, denn die Kosten für eine Garage bzw. einen Stellplatz gehören nicht zu den prozesskostenhilferechtlichen Kosten für die Unterkunft, sondern unterfallen der privaten Lebensführung (Oberlandesgericht - OLG - Karlsruhe, Beschluss vom 15.12.2015, 16 WF 258/15 in juris Rn. 13; OLG Koblenz, Beschluss vom 18.03.2015, 13 WF 282/15 in FamRZ 2015, 1314; Landesarbeitsgericht - LAG - Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21.06.2011, 10 Ta 106/11 in juris Rn. 6; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 15.05.2007, 10 WF 129/07 in FamRZ 2008, 69; Geimer in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 115 Rn. 24; Gottschalk in Dürbeck/Gottschalk, PKH/VKH, 8. Aufl. 2016, Rn. 313; Wache in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, §115 Rn. 40), zumal die Klägerin über ihre Garage auch einen separaten Mietvertrag (Bl. 17 PKH-Beiheft) abgeschlossen hat (vgl. dazu LAG Köln, Beschluss vom 09.10.2001, 10 Ta 175/01 in juris Rn. 3).

Ob zusätzlich die Abfallgebühren, die sich ausweislich des Abfallgebührenbescheids im Jahr 2018 auf 126,74 Euro belaufen (Bl. 23 PKH-Beiheft) - also auf 10,56 Euro monatlich -, zu den berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten gehören (dafür etwa LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.06.2016, 2 Ta 80/10 in juris Rn. 27; Verwaltungsgerichtshof - VGH - Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2006 - 12 S 2144/05 in juris Rn. 5; dagegen z.B. OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.01.2012, 17 WF 250/11 in juris Rn. 11; OLG Bamberg, Beschluss vom 11.10.2004, 2 WF 165/04 in juris Rn. 6), muss der Senat nicht abschließend entscheiden; er geht in der Berechnung der Abzugsbeträge zugunsten der Klägerin dem Grunde nach von einer Abzugsfähigkeit aus. Indes kann nicht der volle monatliche Betrag i.H.v. 10,56 Euro in Abzug gebracht werden. Ausweislich des Wohnungsmietvertrages ist Mitmieterin - neben der Klägerin - Frau C.-F. M., die die Wohnung ersichtlich auch mitbewohnt (vgl. Abschnitt "H" der klägerischen Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse: "Anzahl der Personen, die den Wohnraum insgesamt bewohnen: 2", Bl. 5 PKH-Beiheft). Die Klägerin zahlt demgemäß - nach eigener Angabe - auch nur die (gerundete) Hälfte der Wohnungsmiete nebst Betriebskosten und Vorauszahlungen (nämlich 300 Euro von 599 Euro). Leben indes in einer Unterkunft mehrere Personen mit eigenen Einkünften - davon geht der Senat alleine deshalb aus, weil die Klägerin nur die Hälfte der Miete nebst Betriebskosten und Vorauszahlungen trägt und Abweichendes weder ersichtlich, geschweige denn glaubhaft gemacht ist -, sind die Unterkunftskosten regelmäßig nach Kopfteilen aufzuteilen (vgl. nur Geimer, a.a.O., § 115 Rn. 35; Gottschalk, a.a.O., Rn. 314, jeweils m.w.N. zur Rspr.; Wache, a.a.O., § 115 Rn. 40). Davon ausnahmsweise abzuweichen liefert der vorliegende Fall bereits deshalb keine Veranlassung, weil die Klägerin auch die Wohnungsmietkosten ersichtlich hälftig mit ihrer Mitmieterin teilt und sich die Benutzungsgebühren für die Entsorgung von Restmüll, Bioabfall, Sperrmüll usw. als sog. Haushaltsgebühr nach § 24 Abs. 1 der Abfallwirtschaftssatzung des Landkreises H. vom 01.01.2018 (online abrufbar unter https://www.abfall-hdh.de/internet/pdf/20171229091447.PDF, Ausdruck vom 01.08.2018 Bl. 25 ff. PKH-Beiheft) ebenfalls nach der Zahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen richtet. Folglich sind insoweit zugunsten der Klägerin allenfalls weitere Unterkunftskosten i.H.v. 5,28 Euro monatlich (1/2 von 10,56 Euro) vom Einkommen abzuziehen.

Der Senat kann darüber hinaus zugunsten der Klägerin offenlassen, ob die geltend gemachten Aufwendungen für den Betrieb ihres Kfz in Gestalt der Haftpflicht- und Teilkaskoversicherung (242,88 Euro jährlich) respektive der Kfz-Steuer (213 Euro jährlich) i.H.v. insgesamt 37,99 Euro monatlich (242,88 Euro zzgl. 213 Euro = 455,88 Euro./. 12 Monate) gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ZPO berücksichtigungsfähig sind, nachdem nicht glaubhaft gemacht ist, dass die Klägerin als Altersrentnerin auf das Halten eines Kfz angewiesen ist (dazu statt vieler nur LAG Hamm, Beschluss vom 30.08.2017, 5 Ta 419/17 in juris Rn. 9; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.12.2015, 4 WF 174/15 in juris Rn. 6; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 18.11.2008, 9 WF 333/08 in juris Rn. 6; Geimer, a.a.O., § 115 Rn. 23, alle m.w.N.). Denn jedenfalls unter Berücksichtigung all dieser Abzüge i.H.v. insgesamt 824,27 Euro monatlich (Kfz-Aufwendungen: 37,99 Euro, Kosten der Unterkunft und Heizung: 300 Euro zzgl. 5,28 Euro, Beteiligten-Freibetrag: 481 Euro) ist bei der Klägerin günstigenfalls von einem einzusetzenden Einkommen i.H.v. 404,71 Euro monatlich auszugehen.

Weitere Abzüge kommen nicht in Betracht. Die geltend gemachten (Allgemein-)Stromkosten i.H.v. 52 Euro monatlich (vgl. Bl. 18 PKH-Beiheft) gehören nicht zu den Unterkunftskosten i.S.d. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO; sie sind vielmehr als allgemeine Kosten der Lebensführung aus dem Freibetrag des § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2a ZPO zu bestreiten (Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 08.01.2008, VIII ZB 18/06 in juris Rn. 8 m.w.N.; Thüringer Landessozialgericht - LSG -, Beschluss vom 12.05.2015, L 6 R 1497/13 B in juris Rn. 14; OLG Bamberg, Beschluss vom 11.10.2004, 2 WF 165/04 in juris Rn. 6; Gottschalk, a.a.O., Rn. 312). Nämliches gilt hinsichtlich der Aufwendungen (vgl. Bl. 24 PKH-Beiheft) für den Telefon- und Internetanschluss (OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.12.2015, 4 WF 174/15 in juris Rn. 7; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.06.2009, 3 Ta 122/09 in juris Rn. 17; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 18.03.2008, 3 Ta 93/08 in juris Rn. 3; Bayerischer VGH, Beschluss vom 13.09.2007, 19 C 07.1530 in juris Rn. 5; Gottschalk, a.a.O., Rn. 313).

Die monatliche Rückführung des Privatdarlehens an Frau C.-F. M. - aus dem von ihr (nicht der Klägerin als Schuldnerin) ausgestellten "Schuldschein" (Bl. 19 PKH-Beiheft) ergibt sich ein monatlicher Betrag i.H.v. 100 Euro seit Mai 2018, aus den Quittungen (Bl. 20 ff. PKH-Beiheft) indes zwei Zahlungen i.H.v. 150 Euro und eine i.H.v. 100 Euro - erkennt der Senat nicht als besondere Belastung i.S.d. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ZPO an. Soweit in dem "Schuldschein" - der im Übrigen auf den 12.07.2018 datiert ist, also auf einen Zeitpunkt nach Anhängigkeit der Beklagtenberufung und Stellung des Prozesskostenhilfeantrags - ausgeführt wird, die Klägerin habe sich "in einem Zeitraum von mehreren Monaten" Bargeld geliehen, ist jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass die Begründung der Darlehensverbindlichkeit bereits vor Prozessbeginn (20.04.2016) erfolgte. Die Berücksichtigung von Schuldverpflichtungen nach Prozessbeginn kommt aber grundsätzlich nicht in Betracht, da der Antragsteller von diesem Zeitpunkt an seine Lebensführung auf den bevorstehenden Prozess einrichten muss (siehe nur Gottschalk, a.a.O., Rn. 339 m.w.N. zur Rspr.; Geimer, a.a.O., § 115 Rn. 37). Gründe, die vorliegend eine Ausnahme rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Unabhängig davon ist ebenfalls schon nicht ersichtlich - geschweige denn glaubhaft gemacht -, was genau die am Darlehensvertrag Beteiligten wann vereinbart haben wollen, welche Vereinbarung sie zur Fälligkeit (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB) getroffen haben bzw. wann und von wem das Darlehen gekündigt (§ 488 Abs. 3 Satz 1 BGB) wurde.

Bei einem danach einzusetzenden Einkommen i.H.v. 404,71 Euro monatlich muss die Klägerin gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Hälfte als monatliche Raten - auf volle Euro abgerundet - zahlen, also 202 Euro monatlich. Gemäß § 115 Abs. 4 ZPO wird Prozesskostenhilfe indes nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung des Beteiligten vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen. Hier geht es für die Klägerin alleine um die im Berufungsverfahren entstehenden Rechtsanwaltskosten, da das Gerichtsverfahren für die Klägerin gemäß § 183 Satz 1 SGG gerichtskostenfrei ist. Die Rechtsanwaltsgebühren bemessen sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Danach betragen die Rechtsanwaltskosten voraussichtlich 797,30 Euro, nämlich 370 Euro Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 VV in Höhe der Mittelgebühr (vgl. dazu LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.05.2015, L 1 R 79/13 B in juris Rn. 13 f.), 280 Euro Terminsgebühr nach Nr. 3205 VV in Höhe der Mittelgebühr, 20 Euro Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV sowie 127,30 Euro Umsatzsteuer auf die Vergütung nach Nr. 7008 VV. Die Kosten der Prozessführung der Klägerin i.H.v. 797,30 Euro übersteigen damit voraussichtlich vier Monatsraten i.H.v. insgesamt 808 Euro (4 x 202 Euro) nicht, so dass Prozesskostenhilfe von Gesetzes wegen nicht bewilligt wird.

Dieser Beschluss kann gemäß § 177 SGG nicht angefochten werden.
Rechtskraft
Aus
Saved