S 2 KR 1409/10

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 2 KR 1409/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird auf 149.878,85 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rückzahlung bereits geleisteter Zahlungen an den Pflegedienst A. für häusliche Krankenpflege im Zeitraum 1. Oktober 2006 bis 5. Juni 2009. Nach Auffassung der Klägerinnen seien Leistungen abgerechnet worden, ohne dass die vertraglichen Voraussetzungen hierfür vorgelegen hätten; so sei keine verantwortliche Pflegekraft eingesetzt worden und im Übrigen sei auch die Vertragsgrundlage durch Auflösung der A. entfallen.

Der Pflegedienst A. wurde im Jahr 1995 gegründet und der Beklagte wurde im Jahr 1996 Gesellschafter des Pflegedienstes. Im Jahr 2002 hat der Verband der V. e.V., Landesvertretung H. mit dem Pflegedienst einen Vertag gem. § 132a SGB V über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege geschlossen. In diesem Vertag, der gemäß § 2 auch für die Klägerinnen zu 1 bis 5 als Mitgliedskassen gilt, ist unter anderem in den § 16 Abs. 2 geregelt, dass die angebotenen Leistungen der häuslichen Krankenpflege unter ständiger Verantwortung einer Pflegekraft nach § 17 (des Vertrages) zu erbringen sind. Nach § 17 erfüllen Personen die fachlichen Voraussetzungen für die Übernahme der verantwortlichen Pflegedienstleistung, wenn sie bei dem Leistungserbringer hauptberuflich Vollzeit (38,5 Std. wöchentlich) in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen, wobei diese Voraussetzung nicht für Personen gelte, die als Eigentümer oder Gesellschafter oder als Mitglied einer geistlichen Genossenschaft, als Diakonissen oder Kirchenbeamten im jeweiligen Leistungserbringer hauptberuflich tätig seien. Ein Stellensplitting der Vollzeitbeschäftigung sei maximal mit zwei Pflegekräften möglich, sofern die Koordinierung des Arbeitsablaufes nachweislich gesichert sei. Die fachlichen Voraussetzungen seien vor Vertragsschluss und auf Anforderung der V. entsprechend Anlage 2 des Vertrages nachzuweisen.

In der Folgezeit erbrachte der Pflegedienst Leistungen der häuslichen Krankenpflege, die die Klägerinnen zu 1 bis 5 entsprechend den vertraglichen Regelungen vergüteten.

Mit Schreiben vom 19. Mai 2006 teilte der Pflegedienst dem V. mit, dass Herr D., ausgebildeter Krankenpfleger, ab 12. Mai 2006 mit 40 Stunden wöchentlich beim Pflegedienst beschäftigt sei. Mit Schreiben vom 8. Juni 2006 informierte der Beklagte den V. dann unter Beifügung einer Kopie der Weiterbildungsbescheinigung des 1.200 Stunden Kurses zur Pflegedienstleitung darüber, dass die Aufgaben der verantwortlichen Pflegedienstleitung nun von Herrn D. wahrgenommen würden. Darüber hinaus existiert eine schriftliche Vereinbarung vom 7. Juni 2006 über die Übernahme der Pflegedienstleitung ab 7. Juni 2006 durch Herrn D. mit einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 300 EUR, die vom Beklagten nicht aber dem Vertragspartner, Herrn D., unterschrieben wurde. Auf dieser schriftlichen Vereinbarung ist weiter handschriftlich vermerkt, dass ab 1. Oktober 2006 monatlich 600 EUR bezahlt werden. Diese Vereinbarung wurde von den Klägerinnen zu 1 bis 5 als Anlage K 16 der Klageschrift beigefügt. Am 7. Juni 2006 wurde ein Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft zwischen der A., vertreten durch den Beklagten, und Herrn D. geschlossen. Darin verpflichtete sich Herr D., den fachlichen Weisungen der Pflegedienstleitung Folge zu leisten.

Herr D. wurde auch in der Folgezeit als verantwortlicher Pflegedienstleiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden an den V. gemeldet.

Zum 1. Oktober 2006 begann Herr D. neben seiner Tätigkeit beim Pflegedienst eine von der R. finanzierte berufliche Rehabilitationsmaßnahme zum Einrichtungsleiter in Pflegediensten und Pflegeheimen, die durchschnittlich 37 Wochenstunden beanspruchte. Im Rahmen dieser Maßnahme musste Herr D. unter anderem auch ein zwölfwöchiges Praktikum mit einem Stundenumfang von 40 Stunden wöchentlich absolvieren, das er im Pflegedienst A. ableistete. Diese Weiterbildungsmaßnahme der Bildungseinrichtung M. dauerte insgesamt ein Jahr; anschließend bezog Herr D. Arbeitslosengeld I. Gegenüber dem Arbeitsamt gab er an, dass seine Tätigkeit beim Pflegedienst nur eine Nebenbeschäftigung darstelle, für die eine Aufwandsentschädigung gezahlt werde.

Zum Zeitpunkt des Eintritts von Herrn D. in den Pflegedienst im Jahr 2006, bestand die A. aus dem Beklagten als geschäftsführenden Gesellschafter und Frau K. als weitere Gesellschafterin. Daneben gab es noch weitere stille Gesellschafter, die als Pflegefachkräfte für den Pflegedienst tätig waren und nicht in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis standen. Im Übrigen hat der Beklagte angegeben, dass im streitigen Zeitraum im Pflegedienst insgesamt 8 Vollzeitkräfte beschäftigt waren, die täglich acht Stunden pflegten und daneben 12 Teilzeitkräfte, die wöchentlich zwischen zwei und vier Stunden gearbeitet hätten und die Vertretungen an den Wochenenden übernommen hätten.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2007 kündigte die Gesellschafterin Frau K. ihre Beteiligung als Gesellschafterin der A. fristlos, da sie am 23. Januar 2007 vom Beklagten aus den Büroräumen der A. mit körperlicher Gewalt gedrängt worden sei und der Beklagte ihr ein Hausverbot erteilt hätte. Ab diesem Zeitpunkt war Frau K. nicht mehr als Pflegekraft beim Pflegedienst tätig.

Im Auftrag der AOK erstellte der MDK N. im Mai 2007 einen Prüfbericht nach § 112 ff SGB XI. In diesem Bericht wurden in verschiedenen Bereichen Mängel beanstandet, so beispielsweise, dass aktuelle Protokolle von Pflegevisiten am Prüftag nicht vorgelegen hätten. Auch die Anforderungen zur Durchführung von fachbezogenen Dienstbesprechungen und bestimmte Anforderungen an die Dienstpläne seien nicht erfüllt worden. Weiter habe der Beklagte auf Nachfrage eingeräumt, dass die Gesellschafter sich ihre Arbeitszeit selbständig einteilen konnten. Abschließend wurde u.a. die Empfehlung gegeben, dass die verantwortliche Pflegefachkraft ihre Aufgaben gemäß den gemeinsamen Grundsätzen und Maßstäben nachvollziehbar wahrnehmen sollten und die Dienstpläne gemäß den allgemeinen Anforderungen zu führen seien. Diese Maßnahmen müssten sofort erfolgen, für die Beanstandungen im Übrigen wurde eine Frist von 6 bis zwölf Monate eingeräumt. Auch im Rahmen des Prüfberichts wurde die verantwortliche Pflegedienstleitung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden angegeben. Im Übrigen wurde zu der Frage, ob die verantwortliche Pflegefachkraft ihre Aufgaben wahrnehme, ausgeführt, dass von sechs Kriterien nur drei erfüllt seien.

Mit Schreiben vom 21. April 2008 wandte sich der V. an Herrn D. mit der Bitte um Äußerung, zu dem Verdacht, dass das mitgeteilte Beschäftigungsverhältnis nur zum Schein bestehe und weder die Funktion der verantwortlichen Pflegedienstleitung ausgeübt werde noch seine Anwesenheit im Pflegedienst festzustellen sei. Darauf teilt Herr D. mit Schreiben vom 29. April 2008 mit, dass die Vorwürfe als völlig haltlos und unsubstantiiert zurückgewiesen würden. Er sei als Pflegedienstleiter mit einem Stundenumfang von 40 Stunden wöchentlich tätig. Als Nachweis verwies er auf sein Zwischenzeugnis vom 28. Dezember 2007, in dem die Hauptaufgaben und Tätigkeiten detailliert dargestellt würden.

Mit Schreiben vom 29. April 2008 teilt Rechtsanwalt S. , der mehrere Pflegekräfte des Pflegedienstes vertrat, die über einen Vertrag mit dem Pflegedienst verfügten, mit, dass Herr D. lediglich eine Marionette sei und nur dienstags und freitags vielleicht für 11/2 bis 2 Stunden im Büro anwesend sei. Im Übrigen habe einmal im Monat eine Qualitätszirkel stattgefunden, der aber auch öfters ausgefallen sei. Darüber hinaus sei Herr D. praktisch nicht erreichbar gewesen und Rückrufe fänden, wenn überhaupt, nur nach 19.00 Uhr statt.

Mit Schreiben vom 4. Dezember 2008 leitet der V. gegenüber dem Beklagten eine Anhörung nach § 24 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 9 und 36 Abs. 2 des Vertrages gemäß § 132a SGB V über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege durch. Es habe sich der Verdacht erhärtet, dass Her D. seine Aufgaben als verantwortlicher Pflegedienstleiter nicht ordnungsgemäß wahrnehme. So habe Herr D. gegenüber der Bundesagentur für Arbeit angegeben, dass er nur 40 Stunden monatlich tätig sei und seine Tätigkeit ohne Gewinn- und Einkünfteerzielungsabsicht erbracht worden sei. Auch die stellvertretende verantwortliche Pflegefachkraft, habe diese Funktion tatsächlich nicht wahrgenommen. Auf Nachfrage habe sie erklärt, nur in sehr geringem Umfang tätig gewesen zu sein; auch sei ihr nicht bekannt gewesen, dass sie diese Funktion wahrzunehmen hätte. Weiterhin wurde beanstandet, dass das Ausscheiden der Gesellschafterin Frau K. nicht mitgeteilt worden sei. Darüber hinaus verfüge der V. aktuell über keine hinreichende Information, dass eine neue Gesellschaft gegründet worden sei. So sei erst mit Schreiben vom 21. Juli 2008 mitgeteilt worden, dass Herr D. ab 9. Februar 2007 als Gesellschafter eingetreten sei. Im Übrigen sei insoweit nur die erste und die letzte Seite des Gesellschaftsvertrages übermittelt worden. Es dränge sich der Verdacht auf, dass der Gesellschaftsvertrag zurückdatieret worden sei. Zusammenfassend sei festzustellen, dass die im Vertag nach § 132 a SGB V festgeschriebenen Mindestanforderungen seit dem 9. Juni 2006 nicht mehr erfüllt gewesen seien.

Am 10. Dezember 2008 kündigte Herr D. sowohl den Vertrag zur Errichtung einer stillen Gesellschaft vom 7. Juni 2006 als auch seine Tätigkeit als Pflegedienstleiter fristlos, da er über die tatsächliche Situation der A. erst durch die e-mail des Beklagten vom 9. Dezember 20ß8 umfassend informiert worden sei. Danach sei der rechtswirksame Fortbestand der Gesellschaft nach dem Ausscheiden der Gesellschafterin Frau K. seit März 2007 nicht mehr gegeben. Der Beklagte hätte ihn insoweit bisher über die rechtliche Situation arglistig getäuscht.

Mit Schreiben vom 16. Februar 2009 kündigte der V. den Vertrag über die Durchführung häuslicher Krankenpflege gemäß § 132a SGB V mit dem Pflegedienst A. fristgemäß zum 31. Dezember 2009. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass spätestens seit 1. Oktober 2006 eine Versorgung der Versicherten unter ständiger Verantwortung einer verantwortlichen Pflegefachkraft nicht mehr gewährleistet war. Auch die Funktion der stellvertretenden Pflegefachkraft sei nicht ordnungsgemäß wahrgenommen worden. Weiterhin wurde angekündigt, dass eine fristlose Kündigung erfolge, sofern im Zeitraum bis 31. Dezember 2009 erneut gegen die vertraglichen Pflichten verstoßen werde. Im Übrigen wurde mitgeteilt, dass gegebenenfalls Schadenersatzansprüche für den Zeitraum Oktober 2006 bis Dezember 2008 geltend gemacht würden.

Auf entsprechende Nachfrage teilte Herr D. dem V. mit Schreiben vom 18. Mai 2009 mit, dass er auf Wunsch des Beklagten am 9. Juni 2008 einen Vollgesellschaftervertrag rückwirkend zum 9. Februar 2008 in Bezug auf die A. unterzeichnet habe. Er sei dazu bereit gewesen, da der Beklagte ihm erklärt habe, dass dies eine reine Formsache wäre, Änderungen würden sich für ihn nicht erbeben. Da ein Haftungsausschluss sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis vorgesehen war, sei er zu einer Unterzeichnung bereit gewesen. Im Übrigen sei der Vertag nur bis zum 31. August 2008 gültig gewesen. Die diesbezüglich geforderte Einlage in Höhe von 1.500 EUR habe er nie einbezahlt. Da der Beklagte jegliche Kontrollrechte und Auskünfte zu den Finanzen verweigert habe, habe er dann in einen Gespräch am 26. August 2008 den Vollgesellschaftervertag annulliert, so dass weiterhin der am 7. Juni 2006 vereinbarte "Stille Gesellschaftervertag" gegolten habe.

Mit weiterem Schreiben vom 3. Juni 2009 kündigte der V. den Vertrag über die Durchführung häuslicher Krankenpflege gemäß § 132a SGB V mit dem Pflegedienst A. fristlos, da der Beklagte die Gesellschaft als letzter Gesellschafter nach dem Ausscheiden von Frau K. sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis alleine führe. Herr D. könne nicht als Vollgesellschafter angesehen werden, da sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis ein Haftungsausschluss vereinbart worden sei. Darüber hinaus gehe auch Herr D. davon aus, dass der Gesellschaftervertrag allein dem Zweck diente, die Fortführung der GbR ab 1. Februar 2007 vorzutäuschen. Weiterhin sei davon auszugehen, dass weder die Aufgaben der verantwortlichen Pflegedienstleitung nach § 17 des Vertrages nach § 132a SGB V im Zeitraum 09. Juni 2006 bis 31. Dezember 2008 noch die Aufgabe der stellvertretenden Pflegefachkraft nach § 18 des Vertrages im Zeitraum 1.4.2007 bis 23.3.2008 wahrgenommen worden seien. Auch aktuell sei seit 04. Mai 2009 weder eine Pflegedienstleitung noch eine stellvertretende Pflegedienstleitung in der Einrichtung tätig. Die Installierung einer verantwortlichen Pflegedienstleitung diene der Qualitätssicherung und sei kein Selbstzweck und diene der Vermeidung einer Gefährdung der Patienten.

Im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Pflegedienst A. und einer seiner stillen Gesellschafterinnen über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung eines Vertrages über die Errichtung einer stillen Gesellschaft kam das Landgericht Hamburg (vgl. Urteil vom 12. Februar 2010 Az.: 329 O 182/08) zu dem Ergebnis , dass die A. mit dem Ausscheiden der vorletzten Gesellschafterin Frau K. beendet worden war. Dies sei spätestens mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist des Gesellschaftsvertrages der Frau K. zum 31.03.2007 der Fall gewesen. Darüber hinaus sei auch nicht davon auszugehen, dass Herr D. in die Gesellschaft als weiterer Gesellschafter eingetreten sei, da der Gesellschaftsvertag nur zum Schein geschlossen worden sei und aus diesem Grund nicht wirksam sei. Dies folge insbesondere aus der Regelung gemäß § 14 b des Gesellschaftervertrags, der den Ausschluss jeglicher Haftung im Innen- wie auch im Außenverhältnis vorsehe, was dem Wesen einer GbR widerspräche und zeige, dass der Wille der Vertragsschließenden gerade nicht darauf gerichtet gewesen sei, dass Herr D. Gesellschafter der GbR hatte werden sollen. Aus diesem Grund scheide auch eine Neugründung einer GbR mit dem Beklagten und Herrn D. als Gesellschaftern aus.

Am 15. September 2010 haben die Klägerinnen zu 1 bis 5, die Ersatzkassen im Sinne des SGB V darstellen und als unmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts bundesweit tätig sind, Klage erhoben mit dem Ziel, den Beklagten zu verurteilen, die im Zweitraum 1. Oktober 2006 bis einschließlich 5. Juni 2009 von den Klägerinnen erhalten Leistungen für die erbrachte häusliche Krankenpflege zurückzuzahlen. Der Beklagte als ehemaliger geschäftsführender Gesellschafter der A., habe gegenüber den Klägerinnen Leistungen abgerechnet, ohne dass die vertraglichen Voraussetzungen hierfür vorgelegen hätten.

Zum einen bestehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, da ein Vergütungsanspruch nur dann entstehe, wenn die Leistungen des Pflegedienstes vertragskonform erbracht werden. Dies sei im streitigen Zeitraum nicht der Fall gewesen, da tatsächlich keine verantwortliche Pflegekraft eingesetzt worden sei. Zum anderen sei die Vertragsgrundlage durch Auflösung der A. entfallen.

In § 16 Abs. 2 des Vertrages gemäß § 132a SGB V über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege sei vereinbart worden, dass die angebotenen Leistungen der häuslichen Krankenpflege unter ständiger Verantwortung einer Pflegekraft nach § 17 (des Vertrages) erbracht werden. Dieser Verpflichtung sei der Pflegedienst nicht nachgekommen, da Herr D., der als verantwortlicher Pflegedienstleiter dem V. gemeldet worden sei, im Zeitraum 1. Oktober 2006 bis 28. September 2007 eine ganztägige Weiterbildungsmaßnahme der R. wahrgenommen habe. Anschließend sei er im Leistungsbezug der Agentur für Arbeit gestanden. Darüber hinaus habe auch der MDK in seinem Prüfbericht vom Mai 2007 die fehlende Pflegedienstleitung beanstandet. Damit sei hinreichend nachgewiesen, dass die Leistungen der häuslichen Krankenpflege nicht entsprechend der vertraglichen Vereinbarung unter ständiger Verantwortung einer Pflegefachkraft erbracht worden seien, so dass kein Vergütungsanspruch für die erbrachten Leistungen bestehe. Die verantwortliche Pflegekraft müsse hauptberuflich Vollzeit arbeiten, wobei auch ein Stellensplitting auf zwei Pflegekräfte möglich sei. Hintergrund dieser Regelung sei die Notwendigkeit, bereits über formale Kriterien die Leistungsfähigkeit und Seriosität der Leistungserbringer sicherzustellen. Nach den gemeinsamen Vorstellungen der Vertragsparteien dienten diese Regelungen dem Wohl und dem Schutz der Patienten. Der Einsatz von Vollzeitkräften wurde vereinbart, damit die Funktion der verantwortlichen Pflegekraft nicht quasi "en passant" erledigt wird; weitere (Teilzeit-) Beschäftigungen sollten ausgeschlossen sein. Der auch hier einschlägige Mustervertrag nach § 132a SGB V sei mit den Pflegeverbänden ausgehandelt worden und begründe damit für alle Pflegedienste in H. Rechte und Pflichten. Es könnten hiervon auch keine Ausnahmen im Einzelfall gemacht werden, da dies der Wettbewerbsneutralität widerspräche. Es handle sich insoweit nicht um eine unbedeutende Ordnungsvorschrift, sondern die Regelung diene der Sicherstellung fachlicher Standards in der häuslichen Krankenpflege. Auch dem Prüfbericht des MDK vom 3. Mai 2007 lassen sich Versäumnisse entnehmen, die der verantwortlichen Pflegekraft zuzurechnen seien.

Darüber hinaus wird ein Vermerk der Staatsanwaltschaft H. vom 21. Juni 2007 zu dem Az.: 3290 Js 16/07 unter Überschrift "das Konstrukt A." wie folgt zitiert:

" Die GbR bietet Teilhabern den Büroservice und vermittelt Patienten an einen Pfleger. Dafür kassiert sie 18% der durch die Krankenkassen angewiesenen Gelder. Die Teilhaber sind somit selbständig und rechnen lediglich über die GbR ab, die den Restbetrag an die Teilnehmer weiterleiten muss. Die GS (Anm. des Unterzeichneten: Gesellschafterin) K. ist neben dem BS (Anm. des Unterzeichneten: Beschuldigten, hier Beklagten) wohl letzte (offizielle) Gesellschafterin der GbR Die stillen Gesellschafter sind im Endeffekt Selbständige, die ihre Arbeitszeit selbst bestimmt haben und auf Grund der geringen Bezahlung offensichtlich sehr viel gearbeitet haben."

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei anerkannt, dass für nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachte Leistungen ein Vergütungsanspruch insgesamt nicht zustehe. Insbesondere die Grundsätze der Vorteilsausgleichung und Schadenskompensation seien nicht anzuwenden. So habe der Bundesgerichtshof in Strafsachen entscheiden, dass wegen der im Sozialversicherungsrecht geltenden strengen formalen Betrachtungsweise eine Kompensation in der Form, dass die Krankenkassen infolge der tatsächlich erbrachten Leistungen Aufwendungen erspart haben, die bei ihnen bei ordnungsgemäßer Leistungserbringung entstanden wären, nicht stattfinde. Hierbei komme es nicht darauf an, ob die beanstandete Leistung qualitativ einwandfrei gewesen sei und der Krankenkasse Kosten für eine anderweitige Leistungserbringung erspart worden seien.

Auch das Bundessozialgericht habe für Leistungserbringer im Gesundheitswesen eine "peinlich" genaue Beachtung der Abrechnungsvorschriften postuliert. Die Abrechnung sei im Gesundheitswesen von dem sogenannten "Vertrauensgrundsatz" geprägt, demzufolge die Kostenträger in die Korrektheit der Leistungserbringung vertrauen dürften. Eine kostensparende Nichteinhaltung von vereinbarten (Qualitäts-)Standards dürfe nicht vollkommen risikolos für Leistungserbringer sein.

Des Weiteren sei die Vertragsgrundlage für die Erbringung der häuslichen Krankenpflege entfallen. Der Vertrag gemäß § 132a SGB V sei mit der A. geschlossen worden. Diese Gesellschaft sei jedoch mit dem Ausscheiden der vorletzten Gesellschafterin auch nach Auffassung des Landgerichts Hamburg beendet. Tatsächlich habe der Beklagte nach Ausscheiden der vorletzten Gesellschafterin den Pflegedienst alleine betrieben. Mit dem Beklagten sei aber kein Vertag über die häusliche Krankenpflege geschlossen worden. Insofern bestünden Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung. Da der Beklagte auch über das Vorhandenseins der vertraglich vereinbarten verantwortlichen Pflegekraft getäuscht habe, bestünden auch Ansprüche aus § 823 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 263 Strafgesetzbuch (StGB).

Die Klägerinnen beantragen,

1. den Beklagten zur Zahlung von 51.085,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit an die Technikerkrankenkasse zu verurteilen (Klägerin zu 1)

2. den Beklagten zur Zahlung von 36.409,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit an die Barmer GEK zu verurteilen (Klägerin zu 2)

3. den Beklagten zur Zahlung von 54.984,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit an die DAK zu verurteilen (Klägerin zu 3)

4. den Beklagten zur Zahlung von 6.943,57 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit an die KKH-Allianz zu verurteilen (Klägerin zu 4)

5. den Beklagten zur Zahlung von 455,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit an die HEK zu verurteilen (Klägerin zu 5).

Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei bereits unzulässig, da nicht alle Gesellschafter verklagt worden seien und hier eine gemeinsame Haftung aller Gesellschafter vorliege. Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet, da die Pflegeleistungen vertragskonform erbracht worden seien. Der Pflegedienstleiter, Herr D., erfülle die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen für die vereinbarte Pflegedienstleitung. Im Übrigen habe Herr D. die Pflegedienstleitung auch vertragsgemäß erbracht. Das ergebe sich unter anderem aus dem Schreiben des Herrn D. vom 29. April 2008. Darüber hinaus sei es nicht erforderlich gewesen, dass Herr D. diese Aufgabe hauptberuflich ausübe, da er Gesellschafter gewesen sei. Auch bedinge die in § 17 des Vertrages vereinbarte hauptberuflich vollzeitige Tätigkeit der Pflegedienstleitung nicht seine dauernde Anwesenheit. Weiter habe Herr D. habe für seine Tätigkeit zunächst 300 EUR und später dann 600 EUR als Aufwandspauschale erhalten. Neben seiner Tätigkeit als Pflegedienstleiter sei er auch in der Pflege tätig gewesen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 16. April 2015 hat Herr D., der als Zeuge vernommen wurde, mitgeteilt, dass er die Aufgabe als Pflegedienstleiter rudimentär wahrgenommen habe. Mit dem Beklagten sei mündlich eine Tätigkeit im Umfang von nur zehn Wochenstunden vereinbart gewesen und seine Tätigkeit in der Gesellschaft habe er in seiner Funktion als stiller Gesellschafter wahrgenommen. Pflegeaufgaben habe er selbst nicht wahrgenommen. Er sei meistens dienstags und donnerstags von 15:00 bis 18:00 im Büro gewesen und habe ca. einmal im Monat Teambesprechungen durchgeführt. Nur während der insgesamt 12 Wochen Praktikum hätte er 40 Stunden wöchentlich im Pflegedienst gearbeitet, wobei er sich in dieser Zeit im Wesentlichen um seinen Praktikumsbericht gekümmert habe. Die im Zwischenzeugnis vom 28. Dezember 2007 aufgeführten Tätigkeiten habe er nur zum Teil tatsächlich wahrgenommen. Im Übrigen hätten die Teamleitungen sehr selbständig gearbeitet und beispielsweise auch den Einsatzplan erstellt. Auch hätten die Teamleitungen teilweise über eine Ausbildung zur Pflegedienstleitung oder Wohnbereichsleitung verfügt. Auf Grund des geringen Stundenumfangs könne er nicht sagen, dass die Leistungen der häuslichen Krankenpflege unter seiner ständigen Verantwortung erbracht worden seien. Das Schreiben vom 29. April 2008 gegenüber dem V. sei für seine Ausbildung sehr hilfreich gewesen. Damals sei er auch davon ausgegangen, dass es inhaltlich zutreffe, heute würde er die Situation allerdings anders beurteilen. Die dort getroffene Aussage, dass er 40 Stunden wöchentlich als Pflegedienstleiter tätig gewesen sei, habe sich nur auf die Praktikumszeiten bezogen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung übergibt der Prozessbevollmächtigte des Beklagten ein wohl vom Zeugen D. am 18. Juli 2008 unterschriebenes Schriftstück, das für den Rechtsstreit Pflegedienst A .../. B. erstellt worden war. Darin wird bestätigt, dass Herr D. die Aufgaben als Pflegedienstleiter vollumfänglich wahrgenommen habe und während der Dienstzeiten jederzeit erreichbar gewesen sei.

Hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Prozessakten einschließlich der Protokolle zum Erörterungstermin am 30. Januar 2014 und den mündlichen Verhandlungen vom 27. November 2014 und 16. April 2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Entgegen der Auffassung des ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Beklagten kann die Klage zulässigerweise auch nur gegenüber dem Beklagten erhoben werden ohne gleichzeitig auch die frühere Gesellschafterin Frau K. in Anspruch zu nehmen. Unstreitig war der Beklagte, zumindest solange die A. im streitigen Zeitraum noch als Gesellschaft bestand, Gesellschafter dieser Gesellschaft. Grundsätzlich haftet ein Gesellschafter einer GbR für Schulden der Gesellschaft wie ein Gesellschafter einer OHG, so dass er von Gesellschaftsgläubigern unmittelbar, persönlich, unbeschränkt und primär für Schulden der Gesellschaft in Anspruch genommen werden kann (vgl. Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Recht, 69. Aufl., § 714 Rd. 12). Die Haftung umfasst alle Verbindlichkeiten gegenüber Dritten und betrifft auch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen (vgl. Palandt, a.a.O. Rd. 13).

Die Klage kann auch gemäß § 54 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Durchführung eines Vorverfahrens als allgemeine Leistungsklage erhoben werden.

Die Klage ist jedoch unbegründet, da den Klägerinnen zu 1 bis 5 kein Anspruch auf Rückzahlung der Leistungen, die sie im Rahmen der Vergütung Leistungen der häuslichen Krankenpflege an die A. bzw. an den Beklagten bezahlt haben, zusteht.

Die von den Klägerinnen zu 1 bis 5 gezahlten Leistungen für häusliche Krankenpflege sind insbesondere nicht ohne Rechtsgrund geleistet worden, so dass ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch ausscheidet, der grundsätzlich möglich ist, wenn eine Leistung zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit gezahlt wird, die in Wirklichkeit nicht besteht (vgl. BSG Urteil vom 22.7.2004 – B 3 KR 21/03 R, recherchiert nach juris).

Solange die A. als Gesellschaft bestand erfolgte unstreitig die Vergütung der häuslichen Krankenpflege gemäß dem Vertrag nach § 132a SGB V aus dem Jahr 2002. Die Kammer ist auch zu der Auffassung gelangt, dass für den anschließend Zeitraum zwischen dem Beklagten und dem V. und damit gemäß § 2 des Vertrages auch den Klägerinnen zu 1 bis 5 ein entsprechender faktischer/konkludenter Vertrag mit gleichem Inhalt bestand.

Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Gesellschaft mit Ausscheiden der vorletzten Gesellschafterin, Frau K., beendet wurde. Insoweit schließt sich die Kammer der Auffassung des Landgerichts Hamburg in seinem Urteil vom 12. Februar 2010 an, dass nach dem Ausscheiden von Frau K. Herr D. nicht als neuer Gesellschafter in die Gesellschaft eintrat, da sein Haftung sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis laut Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen war und dies dem grundsätzlichen Wesen einer GbR widerspricht. Damit verblieb der Beklagte nach Ausscheiden von Frau K., als einziger Gesellschafter, so dass mangels Gesellschafter ab diesem Zeitpunkt keine Gesellschaft mehr bestand. Ob die A. bereits zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung (31.Januar 2007) beendet war oder erst nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (31. März 2007) kann dahingestellt bleiben, da anschließend zwischen dem V. und folglich den Klägerinnen zu 1 bis 5 und dem Beklagten ein faktischer/konkludenter Vertag mit gleichem Inhalt vorlag.

Für die Zeit beginnend mit der Beendigung der GbR bis zur fristlosen Kündigung des Vertrages durch den V. mit Schreiben vom 3. Juni 2009 wurde zwischen dem Beklagten, der fortan als Alleinunternehmer tätig war, und dem V. unstreitig kein ausdrücklicher Vertrag geschlossen, die Klägerinnen zu 1 bis 5 und der Beklagte haben jedoch rein tatsächlich ihre Leistungen weiterhin auf der Grundlage des Vertrages nach § 132 a SGB V aus dem Jahr 2002 erbracht und abgerechnet. Auch der V. ging bis zur fristlosen Kündigung von einem Vertragsverhältnis aus, andernfalls hätte er eine solche nicht ausgesprochen. Damit sind aber weder der V. noch die Klägerinnen zu 1 bis 5 und auch nicht der Beklagte rein tatsächlich von einem vertragslosen Zustand ausgegangen. Ganz im Gegenteil berufen sich die Klägerinnen zu 1 bis 5 selbst in dem vorliegenden Verfahren auf eine Verletzung der in den §§ 16 und 17 dieses Vertrages vereinbarten Pflichten des Leistungserbringers der häuslichen Krankenpflege. Im Übrigen haben die Klägerinnen zu 1 bis 5 auch auf gerichtliche Nachfrage hin erklärt, dass es sich bei dem Vertrag um einen Standardvertrag handle, der üblicherweise mit Pflegeeinrichtungen geschlossen werde, wobei nicht danach unterschieden werde, ob es sich um eine Personengesellschaft, eine Kapitalgesellschaft oder einen Einzelunternehmer handle. Damit ist für die Kammer hinreichend nachgewiesen, dass nach Beendigung der A. ein entsprechender konkludenter/faktischer Vertrag zur Erbringung der häuslichen Krankenpflege zwischen den Parteien vorlag und damit sowohl die häusliche Krankenpflege als auch die Vergütung nicht ohne Vertragsgrundlage erfolgte.

Der V. hat auch weder den im Jahr 2002 mit der A. geschlossenen Vertrag noch den anschließenden faktischen/konkludenten Vertrag wegen Täuschung über die Organisation der Pflegedienstleitung (analog) § 123 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wirksam innerhalb der Jahresfrist des § 124 BGB angefochten. Somit erfolgten die Vergütungen auf dieser vertraglichen Grundlage.

Die Klägerinnen zu 1 bis 5 haben die Vergütung auch zu Recht auf der Grundlage des (konkludenten/faktischen) Vertrages nach § 132a SGB V an die A. bzw. den Beklagten erbracht, so dass Ihnen kein Rückforderungsanspruch auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zusteht.

In erster Linie ist zwischen den Parteien streitig, ob der Vergütungsanspruch auf Grund einer Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen ausgeschlossen war. Die Kammer lässt es offen, ob hier eine Verletzung der Pflichten, die in den §§ 16 und 17 des Vertrages vereinbart waren, tatsächlich vorlag. Es liegen zwar Indizien dafür vor, dass Herr D. die verantwortliche Pflegdienstleitung, nicht wie in den genannten Vorschriften festgelegt, tatsächlich erbracht hat. Jedenfalls kann davon ausgegangen werden, dass Herr D. nicht 40 Stunden wöchentlich als Pflegedienstleiter für den Pflegedienst tätig war. Dafür spricht schon der Umstand, dass seine Leistung unstreitig nur mit 300 EUR bzw. 600 EUR als Aufwandsentschädigung vergütet worden ist. Darüber hinaus erscheint es fraglich, ob und in welchem Zeitraum Herr D. als stiller Gesellschafter angesehen werden kann und ob er insoweit von der in § 17 geforderten Sozialversicherungspflicht und der Verpflichtung hauptberuflich Vollzeit zur Verfügung zu stehen befreit war.

Die Kammer muss diese Frage aber nicht abschließend beantworten, da sie zu der Überzeugung gelangt ist, dass eine Verletzung der in den §§ 16 und 17 vereinbarten Pflichten nicht zu einem Verlust des Vergütungsanspruchs des Pflegedienstes führt. Dies gilt insbesondere, da die tatsächliche Krankenpflege, die am Patienten erbracht wurde, unstreitig von ausreichend fachlich qualifizierten Pflegekräften erbracht worden ist und im Übrigen auch nicht mangelhaft war. Damit ist auch der entsprechende Vergütungsanspruch entstanden, der damit auch zu Recht von den Klägerinnen zu 1 bis 5 erfüllt worden ist.

Hier liegen allenfalls Mängel in der Organisationsstruktur des Pflegedienstes vor, die zwar vertragswidrig sein können, letztlich nach Auffassung der Kammer aber nicht den vereinbarten Vergütungsanspruch entfallen lassen. Dies gilt insbesondere, da diese Konsequenz vertraglich nicht vereinbart wurde. Die rechtlichen Folgen bei Vertragsverstößen sind explizit in § 9 des Vertrages geregelt. Nach Absatz 1 dieser Regelung kann die Ersatzkasse bei einem Vertragsverstoß eine Verwarnung oder Abmahnung aussprechen. Nach Absatz 2 kann der Vertrag fristlos gekündigt werden, wenn der Vertragspartner seine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Pflegebedürftigen oder deren Kostenträger derart gröblich verletzt, dass ein Festhalten an dem Vertrag nicht zumutbar ist. Und nach § 9 Abs. 3 des Vertrages bleiben Schadenersatzansprüche unberührt. Damit ist zweifelsfrei ein (vollständiger) Vergütungsverlust bei einem Vertragsverstoß vertraglich nicht vereinbart worden.

Im Übrigen wurde auch keine Vertragsstrafe vereinbart, was gegebenenfalls vorliegend sinnvoll gewesen wäre, insbesondere, da die Klägerinnen zu 1 bis 5 gerade die Einhaltung der fachlichen Standards in der Organisationsstruktur als zwingend notwendig erachten. Damit wäre auch der von den Klägerinnen befürchteten Gefahr einer kostensparenden Nichteinhaltung von vereinbarten (Qualitäts-)Standards wirksam entgegen getreten worden.

Auch in § 132a Abs. 2 SGB V ist eine entsprechende Rechtsfolge nicht vorgesehen. Hier wird den Vertragsparteien nur aufgegeben, für den Fall, dass die Leistungserbringer die notwendigen Nachweise zur Fortbildung nicht vorlegen, Vergütungsabschläge vorzusehen.

Die Klägerinnen zu 1 bis 5 können sich auch nicht erfolgreich auf eine diesbezügliche höchstrichterliche Rechtsprechung berufen. Die von den Klägerinnen zitierten Urteile beziehen sich allesamt auf Fallkonstellationen, die mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar sind. So wurden höchstrichterlich Vergütungsansprüche dann verneint, wenn ärztliche Leistungen abgerechnet wurden, die unter Verstoß gegen Bestimmungen des Vertragsarztrechts (vgl. BSG, Urteil vom 8.9.2004 – B 6 KA 14/03 R, recherchiert nach juris) bzw. nicht unmittelbar vom Vertragsarzt (vgl. BSG, Urteil vom 6.5.1975 – 6 RKa 22/74, recherchiert nach juris) oder tatsächlich vom ärztlichen Hilfspersonal (vgl. BGH, Urteil vom28.9.1994- 4 StR 280/94, recherchiert nach juris) erbracht wurden. Damit lag aber immer ein Verstoß bei der Leistungserbringung unmittelbar am Patienten vor, was hier unstreitig nicht gegeben ist. Insoweit wird auch auf die Entscheidung des LSG Sachsen vom 18.12.2009 (vgl. L 1 KR 89/06, recherchiert nach juris) verwiesen, in der ein Vergütungsanspruch verneint wurde, da die Behandlungspflege nicht durch qualifiziertes Fachpersonal erbracht worden war. Diese Leistung stelle ein "aliud" dar, das keine Verpflichtung zur Gegenleistung auslöse. Diese Voraussetzungen liegen hier aber gerade nicht vor, da die Leistungen an den Patienten von ausreichend qualifiziertem Personal erbracht wurden und darüber hinaus auch nicht mangelhaft waren.

Die Klägerinnen zu 1 bis 5 können sich auch nicht erfolgreich auf das Urteil des BSG vom 22.4.2009 (vgl. B 3 P 14/07 R, recherchiert nach juris) berufen. In dieser Entscheidung hat das BSG festgestellt, dass gemäß § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen die Leistungen fachlich-medizinisch unter ständiger Verantwortung stehen müssen. Weiter wurde in dieser Entscheidung ein diesbezügliches Feststellungsinteresse der Klägerin bejaht, da davon maßgeblich abhänge, ob die Einrichtungsvoraussetzungen des § 71 Abs. 2 Nr. 2 SGB XI noch erfüllt seien und deshalb die Kündigung des Versorgungsvertrages nicht im Raume stehe. Das BSG hat aber in diesem Urteil gerade nicht entschieden, dass für den Fall, dass die Organisationsstruktur der Einrichtung die fachlichen Anforderungen des § 71 Abs. 2 Nr. 2 SGB XI nicht erfülle, die Einrichtung keinen Anspruch mehr auf Vergütung ihrer erbrachten Leistungen habe. Wie bereits ausgeführt könne in diesem Fall eine Kündigung des Versorgungsvertrages erfolgen. Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet das, dass der V. bei Mängeln in der Organisationsstruktur die Möglichkeit der Kündigung des Vertrages hatte. Diese Kündigungsmöglichkeit besteht aber bereits auf vertraglicher Grundlage (vgl. § 9 des Vertrages). Weitergehende Ansprüche können die Klägerinnen zu 1 bis 5 aus dieser Entscheidung nicht herleiten.

Den Klägerinnen zu 1 bis 5 steht auch kein Schadenersatzanspruch (analog) § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 263 Strafgesetzbuch (StGB) zu. So ist nicht erkennbar, dass der Beklagte den Tatbestand des § 263 StGB verwirklicht hat. Es könnte hier zwar eine Täuschungshandlung vorliegen und auch beim V. ein Irrtum erregt worden sein, der beim Beklagten einen Vermögensvorteil bewirkt hat. Es ist aber derzeit nicht erkennbar, dass und welcher Vermögensschaden dem V. durch die Täuschungshandlung entstanden ist. Insoweit weist der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu Recht darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft ein entsprechendes Ermittlungsverfahren eingestellt hat. Darüber hinaus ist auch nicht dargelegt, dass und welcher Schaden den Klägerinnen zu 1 bis 5 selbst entstanden ist, der im Rahmen des § 823 BGB auszugleichen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerinnen zu 1 bis 5 haben die Kosten zu tragen, da sie in vollem Umfang unterlegen sind. Der Streitwert wird in Höhe des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs gemäß § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) festgesetzt.
Rechtskraft
Aus
Saved