Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 50 SO 684/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 SO 146/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juni 2018 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten für die Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juni 2018 sind zulässig, aber unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht (SG) die begehrte einstweilige Anordnung (§ 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem SG abgelehnt.
Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass der polnische Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat, weil er nach § 23 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) von Leistungen der Sozialhilfe ausgeschlossen ist. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht insoweit gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG von einer weiteren Begründung ab.
Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren nichts vorgetragen, was eine andere Entscheidung rechtfertigen könnte. Er hat zwar ein Schreiben des Kiez-Cafés des AWO K B S vom 11. Juli 2018 vorgelegt, wonach er seit dem Frühjahr 2011 "jeden Tag im AWO Kiez-Café" gewesen sei und daher von seinem ununterbrochenen Aufenthalt in Deutschland seit 2011 auszugehen sei. Die Voraussetzungen für eine Rückausnahme vom Ausschluss von Leistungen der Sozialhilfe gemäß § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII (Leistungsanspruch bei mindestens 5-jährigem Aufenthalt) liegen jedoch mangels Meldung bei der Meldebehörde nicht vor. Bei der gesetzlichen Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 8 SGB XII, wonach die Frist nach Satz 7 mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde beginnt, handelt es sich entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers nach der Gesetzesbegründung nicht um eine "reine Förmelei" zur Dokumentation des Aufenthaltes. Nach der Gesetzesbegründung (BR-Drucksache 587/16; BT- Drucksache 18/10211 S. 16, S. 14) ist ein Leistungsanspruch ausländischer Personen ohne materielles Freizügigkeits- oder Aufenthaltsrecht vielmehr möglich bei einer Verfestigung des Aufenthaltes. Von einem längeren verfestigten Aufenthalt in Deutschland ist nach der Gesetzesbegründung und Gesetzesfassung nach Ablauf eines gewöhnlichen Aufenthalts von mindestens 5 Jahren "ab Meldung bei der Meldebehörde" auszugehen (vgl. auch § 7 Absatz 1 S. 4 und 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II). In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: "Durch die verpflichtende Meldung bei der Meldebehörde dokumentieren die Betroffenen ihre Verbindung zu Deutschland, die Voraussetzung für eine Aufenthaltsverfestigung ist". Sowohl nach dem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck und der historischen Auslegung ist daher die polizeiliche Meldung eine Anspruchsvoraussetzung des § 23 Abs. 3 S. 7 SGB XII und dient nicht lediglich der Dokumentation der Dauer des Aufenthaltes. Aufgrund der ausdrücklichen Ausführungen in der Gesetzesbegründung ist auch keine gesetzliche Regelungslücke anzunehmen, die bei obdachlosen Personen, wie dem Antragsteller, ausnahmsweise die Annahme eines längeren verfestigten Aufenthaltes auch ohne polizeiliche Meldung rechtfertigen könnte.
Im Übrigen dürfte eine Leistungsgewährung auch bei einem nachgewiesenen Aufenthalt des der deutschen Sprache nicht mächtigen, 1942 geborenen, also jetzt 76jährigen polnischen Antragstellers im Bundesgebiet seit 2011 – möglicherweise auch schon seit 2007 – deswegen ausgeschlossen sein, weil ein anderes Einreisemotiv als der Bezug von Sozialhilfe (§ 23 Abs. 3 Nr. 4 SGB XII) nicht erkennbar ist.
Derzeit käme allenfalls eine Leistungsgewährung gemäß § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII zur Überwindung einer besonderen Härte aufgrund im Einzelfall bestehender besonderer Umstände in Betracht. Insoweit sind jedoch besondere Umstände trotz eines gerichtlichen Hinweises auf diese Anspruchsgrundlage nicht ausreichend dargelegt worden. Insbesondere ergibt sich aus der eingereichten ärztlichen Stellungnahme der Stationsärztin des S Klinikums L vom 27. Juni 2018 nicht der vorgetragene Verdacht auf ein Lungenkarzinom und eine bevorstehende Überweisung in eine Lungenklinik.
Etwaige vom Antragsgegner zu gewährenden Überbrückungsleistungen und Leistungen für eine Rückreise nach Polen sind bisher nicht beantragt worden, es ist auch nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner insoweit nicht leistungsbereit wäre.
Das Sozialgericht hat auch zu Recht mangels Erfolgsaussichten die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 73 a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO) abgelehnt.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war ebenfalls wegen fehlender Erfolgsaussichten abzulehnen (§ 73 a SGG i. V. m. § 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und aus § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juni 2018 sind zulässig, aber unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht (SG) die begehrte einstweilige Anordnung (§ 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem SG abgelehnt.
Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass der polnische Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat, weil er nach § 23 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) von Leistungen der Sozialhilfe ausgeschlossen ist. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht insoweit gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG von einer weiteren Begründung ab.
Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren nichts vorgetragen, was eine andere Entscheidung rechtfertigen könnte. Er hat zwar ein Schreiben des Kiez-Cafés des AWO K B S vom 11. Juli 2018 vorgelegt, wonach er seit dem Frühjahr 2011 "jeden Tag im AWO Kiez-Café" gewesen sei und daher von seinem ununterbrochenen Aufenthalt in Deutschland seit 2011 auszugehen sei. Die Voraussetzungen für eine Rückausnahme vom Ausschluss von Leistungen der Sozialhilfe gemäß § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII (Leistungsanspruch bei mindestens 5-jährigem Aufenthalt) liegen jedoch mangels Meldung bei der Meldebehörde nicht vor. Bei der gesetzlichen Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 8 SGB XII, wonach die Frist nach Satz 7 mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde beginnt, handelt es sich entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers nach der Gesetzesbegründung nicht um eine "reine Förmelei" zur Dokumentation des Aufenthaltes. Nach der Gesetzesbegründung (BR-Drucksache 587/16; BT- Drucksache 18/10211 S. 16, S. 14) ist ein Leistungsanspruch ausländischer Personen ohne materielles Freizügigkeits- oder Aufenthaltsrecht vielmehr möglich bei einer Verfestigung des Aufenthaltes. Von einem längeren verfestigten Aufenthalt in Deutschland ist nach der Gesetzesbegründung und Gesetzesfassung nach Ablauf eines gewöhnlichen Aufenthalts von mindestens 5 Jahren "ab Meldung bei der Meldebehörde" auszugehen (vgl. auch § 7 Absatz 1 S. 4 und 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II). In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: "Durch die verpflichtende Meldung bei der Meldebehörde dokumentieren die Betroffenen ihre Verbindung zu Deutschland, die Voraussetzung für eine Aufenthaltsverfestigung ist". Sowohl nach dem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck und der historischen Auslegung ist daher die polizeiliche Meldung eine Anspruchsvoraussetzung des § 23 Abs. 3 S. 7 SGB XII und dient nicht lediglich der Dokumentation der Dauer des Aufenthaltes. Aufgrund der ausdrücklichen Ausführungen in der Gesetzesbegründung ist auch keine gesetzliche Regelungslücke anzunehmen, die bei obdachlosen Personen, wie dem Antragsteller, ausnahmsweise die Annahme eines längeren verfestigten Aufenthaltes auch ohne polizeiliche Meldung rechtfertigen könnte.
Im Übrigen dürfte eine Leistungsgewährung auch bei einem nachgewiesenen Aufenthalt des der deutschen Sprache nicht mächtigen, 1942 geborenen, also jetzt 76jährigen polnischen Antragstellers im Bundesgebiet seit 2011 – möglicherweise auch schon seit 2007 – deswegen ausgeschlossen sein, weil ein anderes Einreisemotiv als der Bezug von Sozialhilfe (§ 23 Abs. 3 Nr. 4 SGB XII) nicht erkennbar ist.
Derzeit käme allenfalls eine Leistungsgewährung gemäß § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII zur Überwindung einer besonderen Härte aufgrund im Einzelfall bestehender besonderer Umstände in Betracht. Insoweit sind jedoch besondere Umstände trotz eines gerichtlichen Hinweises auf diese Anspruchsgrundlage nicht ausreichend dargelegt worden. Insbesondere ergibt sich aus der eingereichten ärztlichen Stellungnahme der Stationsärztin des S Klinikums L vom 27. Juni 2018 nicht der vorgetragene Verdacht auf ein Lungenkarzinom und eine bevorstehende Überweisung in eine Lungenklinik.
Etwaige vom Antragsgegner zu gewährenden Überbrückungsleistungen und Leistungen für eine Rückreise nach Polen sind bisher nicht beantragt worden, es ist auch nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner insoweit nicht leistungsbereit wäre.
Das Sozialgericht hat auch zu Recht mangels Erfolgsaussichten die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 73 a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO) abgelehnt.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war ebenfalls wegen fehlender Erfolgsaussichten abzulehnen (§ 73 a SGG i. V. m. § 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und aus § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
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