L 1 JVEG 141/18

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 JVEG 141/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Entschädigung für den Befundbericht vom 18. Dezember 2017 wird auf 48,20 Euro festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

Nach dem Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung mit dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats hat der Berichterstatter des 1. Senats über das Begehren des Erinnerungsführers, den Befundbericht vom 18. Dezember 2017 mit 65,20 Euro zu entschädigen, zu entscheiden.

Auf die nach § 4 Abs. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) zulässige Erinnerung wird die Entschädigung für den Befundbericht vom 18. Dezember 2017 auf 48,20 Euro festgesetzt.

Der Erinnerungsführer ist sachverständiger Zeuge (§ 414 der Zivilprozessordnung (ZPO)), denn er berichtete als früher behandelnder Arzt über vergangene Tatsachen und Zustände, die er kraft besonderer Sachkunde ohne Zusammenhang mit einem gerichtlichen Gutachtensauf-trag wahrgenommen hatte (vgl. BSG, Urteil vom 26. November 1991 – 9a RV 25/90, nach Juris; ThürLSG Beschluss vom 30. November 2005 – L 6 SF 738/05; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage 2017, § 118 Rn. 10c).

Für einen sachverständigen Zeugen gelten die Vorschriften über den Zeugenbeweis ein-schließlich der Regelungen über deren Entschädigung nach § 19 JVEG sowie die Sonderregelungen in § 10 Abs. 1 JVEG, wenn er entsprechende Leistungen erbringt. Nach der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG wird die Ausstellung eines Befundscheins wie folgt entschädigt: Nr. 200 ohne nähere gutachtliche Äußerung 21,00 Euro Nr. 201 Die Leistung der in Nummer 200 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich: Das Honorar 200 beträgt bis zu 44,00 Euro Nr. 202 Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit von der heran- ziehenden Stelle geforderter kurzer gutachtlicher Äußerung oder Formbogengutachten, wenn sich die Fragen auf Vorgeschichte, Angaben und Befund beschränken und nur ein kurzes Gutachten erfordern 38,00 Euro.

Hier ist der Befundbericht vom 18. Dezember 2017 nach Nr. 200 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG mit 21,00 EUR zu honorieren. In einem Befundbericht werden üblicherweise formularmä-ßig standardisierte Fragen zur erhobenen Anamnese, den Befunden, ihre epikritische Bewertung und Stellungnahme zur Therapie anhand der vorliegenden Behandlungsunterlagen be-antwortet. So liegt es hier. Eine demgegenüber höher zu entschädigende gutachtliche kurze Äußerung nach Nr. 202 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG ist nicht feststellbar. Eine gutachtliche Äußerung im Sinne der Nr. 202 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG setzt voraus, dass aus bestimmten Tatsachen konkrete Schlussfolgerungen gezogen, Kenntnisse von Erfahrungssätzen oder mit besonderem Fachwissen Tatsachen festgestellt werden (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 04. Januar 2010 – L 6 SF 53/09 –, Juris). Diesen Voraussetzungen genügt der Befundbericht vom 18. Dezember 2017 nicht. Aus der Beantwortung der Fragen 4) und 7) in dem Formular für den Befundbericht lässt sich weder entnehmen, dass eine gutachtliche Äußerung gefordert war, noch dass eine solche abgegeben wurde. Der Anspruch auf Vergütung nach dem JVEG hängt nicht davon ab, wie der Erinnerungsführer seinen Auftrag verstanden hat, sondern wie er ihn verstehen durfte. Denn behördliche und gerichtliche Verlautbarungen sind grundsätzlich immer so zu verstehen, wie dies verständige Empfänger unter Würdigung aller ihnen bekannten Umstände aufzufassen pflegen (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 04. Januar 2010 – L 6 SF 53/09 –, Juris). Die formularmäßige Anfrage des 3. Senats des Thüringer Landessozialgerichts im Verfahren L 3 R 1196/17 durfte der Erinnerungsführer von seinem objektiven Empfängerhorizont auch unter Berücksichtigung der Fragen zu 4) und 7) nicht als Auftrag zu einer gutachterlichen Äußerung verstehen. Mit der Frage 4) wurde nach gestellten Diagnosen gefragt. Diese Frage hat der Erinnerungsführer insofern beantwortet, als er die in der Vergangenheit bei der Klägerin des Verfahrens L 3 R 1196/17 gestellten Diagnosen wiedergegeben hat. Eine gutachterliche Äußerung hätte demgegenüber vorausgesetzt, dass aus bestimmten Tatsachen konkrete Schlussfolgerungen gezogen, Kenntnisse von Erfahrungssätzen oder mit besonderem Fachwissen, Tatsachen gegebenenfalls neu festgestellt werden. Dafür ist nichts ersichtlich. Auch aus der Frage 7) ("Haben sich die erhobenen Befunde erheblich verschlechtert oder deutlich gebessert?") ergibt sich nichts für das Abverlangen einer gutachterlichen Äußerung. Erfragt war damit nur eine orientierende Einschätzung, ob sich der gesundheitliche Zustand der Klägerin verbessert oder verschlechtert hat. Hierzu erforderlich war nur eine Auswertung des Behandlungsverlaufs hinsichtlich bereits dokumentierter Änderungen. Eingehende gutachterliche Auseinandersetzungen und die Abgabe spezieller Stellungnahmen waren hierzu nicht erforderlich. Dies wird auch durch die Beantwortung der Frage durch den Erinnerungsführer belegt. Er verweist darauf, dass sich die Diagnosen nicht geändert haben, und ferner auf in Kopie beigefügte Anlagen. Der Krank-heitsverlauf seit 2013 wird als progredient beschrieben. Eingehende differenzierte Überlegungen waren hierzu nicht anzustellen.

Eine naturgemäß nur selten vorliegende außergewöhnlich umfangreiche Leistung nach Nr. 201 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG ist ebenfalls nicht feststellbar. Dies gilt schon dann, wenn allein auf den Umfang der Ausführungen (hier 2 Seiten) abgestellt wird. Eine außerge-wöhnlich umfangreiche Leistung bejaht beispielsweise das Bayerische LSG (vgl. Beschluss vom 7. Juli 2016 - L 15 RF 23/16, nach Juris) erst dann, wenn der Befundbericht sechs Seiten erreicht. Begründet wird diese pauschalierende Herangehensweise damit, dass die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht überspannt werden dürfen.

Der Senat teilt diese strenge Auslegung allerdings nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Januar 2018 - L 1 JVEG 1593/15, nach Juris), denn sie berücksichtigt nicht, dass im Einzelfall eine hohe Zeilenzahl ebenso wenig aussagekräftig ist (z. B. bei dem ungefilterten Übernehmen aller in den Karteien befindlichen Informationen) wie eine geringe (so zu Recht LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Februar 2001 - L 10 SB 50/00, nach Juris), die auch auf einer straffen Gliederung und Zusammenfassung beruhen kann. Insofern kann der Umfang der Ausführungen nur als Indiz herangezogen werden (vgl. ThürLSG Beschluss vom 27. Februar 2008 - L 6 B 134/07 SF m.w.N.); in der Hauptsache ist auf das Ausmaß der für die Erstellung des Befundscheins erforderlichen und ersichtlichen Arbeit abzustellen (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Februar 2001 – Az.: L 10 SB 50/00; SG Braunschweig, Beschluss vom 7. Januar 2011 - S 36 R 287/09; beide nach Juris), sofern sie durch die gerichtliche Anforderung gedeckt ist. Hier sind auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Erinnerungsführers keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung ersichtlich. Soweit der Erinnerungsführer auf ein zeitintensives Aktenstudium verweist, reicht dies nicht aus, um ausreichende Anhaltspunkte für eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung darzutun. Wie bereits ausgeführt liegt eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung in der Praxis in der Regel nur selten vor. Eine umfangreiche inhaltliche Würdigung des Befundberichtes hat nicht zu erfolgen, weil dies dem Ziel einer einfachen Kostenfestsetzung zuwiderliefe. Abzustellen ist darauf, dass in dem ärztlichen Befundbericht über Behandlungen in einem Zeitraum von fast 5 Jahren in allgemeiner Form unter Benennung der gestellten Diagnosen und erhobenen Befunde unter Hinweis auf in Kopie beigefügte Berichte berichtet worden ist. Dies und der Umfang des Befundberichtes von 2 Seiten in Verbindung mit der Tatsache, dass sonstige Gesichtspunkte für einen erhöhten Leistungsaufwand nicht ersichtlich sind, rechtfertigt es nicht, eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung anzuerkennen. Zusätzlich zu erstatten sind die Portokosten in Höhe von 1,45 Euro und Kosten für Kopien in Höhe von 25,75 Euro nach § 12 Abs. 1 JVEG.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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