Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 3 KA 22/14 WA
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 KA 13/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt ein höheres Honorar für seine vertragsärztliche Tätigkeit im Quartal 4/2010.
Der Kläger ist Internist mit dem Schwerpunkt Pneumologie und nimmt seit 1999 im Bezirk der Beklagten in Einzelpraxis an der fachärztlichen Versorgung teil. Seine Umsätze lagen im streitbefangenen Zeitraum unter den durchschnittlichen Umsätzen seiner Fachgruppe. Das galt jedenfalls auch für seine Umsätze im Vorjahr wie im Folgejahr.
Die Beklagte legte der Honorarfestsetzung den zwischen ihr und den Landesverbänden der Krankenkassen wie den Verbänden der Ersatzkassen vereinbarten Verteilungsmaßstab vom 23. April 2010 zugrunde, der erstmals ab dem streitbefangenen Quartal galt (im Folgenden: VM aF). Danach wurde jeder Arztpraxis ein quartalsbezogenes Regelleistungsvolumen (RLV) zugewiesen, das je Arzt anhand seiner RLV–Fallzahl aus dem Vorjahresquartal ermittelt wurde. Zusätzlich wurde ein oder wurden mehrere quartalsbezogene qualitätsgebundene Zusatzvolumen (QZV) zugewiesen, soweit die entsprechenden Leistungen in der Vergangenheit erbracht worden waren und bestimmte Qualitätssicherungsvoraussetzungen vorlagen. Nur die erbrachten vertragsärztlichen Leistungen, die innerhalb des RLV und etwaiger QZV blieben, wurden mit den Preisen der jeweils gültigen regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet. Darüber hinausgehende Leistungen wurden zu einem abgestaffelten Preis ("quotiert") vergütet.
Dem Kläger war im streitbefangenen Zeitraum kein QZV zugewiesen. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 1. September 2010 wies die Beklagte ihm für das streitbefangene Quartal ein RLV in Höhe von 23.607,63 Euro zu. Mit Bescheid vom 24. Mai 2011 setzte sie das Honorar für die RLV-bezogene vertragsärztliche Tätigkeit des Klägers auf insgesamt 24.068,57 Euro fest. Soweit die Honoraranforderung des Klägers über das zugewiesene RLV hinausgegangen war (3.913,03 Euro), wurden ihm lediglich 370,94 Euro vergütet.
Zur Begründung seines Widerspruchs gegen den Honorarbescheid brachte der Kläger vor, er dürfe durch die Budgetierung nicht daran gehindert werden, zumindest einen durchschnittlichen Umsatz zu erzielen. Diese Steigerungsmöglichkeit bestehe nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht nur für neu gegründete und im Aufbau befindliche Praxen, sondern für alle kleinen Praxen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2012 zurück. Sowohl die Zuweisung des RLV als auch die Honorarabrechnungen seien nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen durchgeführt worden, die für sie verbindlich seien. Eine Wachstumsmöglichkeit bestehe nach § 11 Abs. 3 VM aF nur für Vertragsärzte, die nach dem 31. Dezember 2006 zugelassen worden seien. Das treffe auf den Kläger nicht zu. Weitergehende Wachstumsmöglichkeiten seien auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht gefordert.
Der Widerspruchsbescheid wurde nicht vor dem 22. März 2012 zur Post gegeben. Mit seiner am 23. April 2010 erhoben Klage, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 3 KA 88/12 geführt worden ist, hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.
Das Sozialgericht hat die Verwaltungsakte beigezogen. Mit Beschluss vom 3. Januar 2013 hat es das Ruhen des Verfahrens angeordnet, um die Entscheidung des Bundessozialgerichts im Verfahren B 6 KA 44/12 R abzuwarten. Nach Vorliegen der Entscheidung hat der Kläger vorgebracht, das Bundessozialgericht habe eine Wachstumsmöglichkeit durch eine Fallwerterhöhung weiterhin nicht ausgeschlossen. Zudem sei eine Fallzahlsteigerung, wie sie beim Kläger eingesetzt habe, bereits in den Folgequartalen und nicht erst nach einem Jahr zu berücksichtigen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 19. April 2017 hat die Beklagte dem Kläger zugesichert, seine Honoraranforderung auch dann neu zu bescheiden, wenn seine Einwände gegen die Höhe des zugewiesenen RLV durchgreifen sollten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. April 2017 abgewiesen. Der Streitgegenstand werde allein durch den Honorarbescheid vom 24. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2012 gebildet. Die Klage sei als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Insbesondere könne der Kläger trotz Bestandskraft des RLV-Zuweisungsbescheids die Fehlerhaftigkeit der RLV-Festsetzung geltend machen, da die Beklagte dem Kläger aber zugesichert habe, einen neuen Honorarbescheid zu erlassen, wenn sich das zugewiesene RLV als zu niedrig erweisen sollte. Der Honorarbescheid sei rechtmäßig. Der Kläger könne kein höheres Honorar beanspruchen, insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt, dass er in einer unterdurchschnittlich abrechnenden Praxis tätig gewesen sei. Die Honorarfestsetzung entspreche den Regelungen des VM aF, den die Beklagte ohne erkennbare sachliche oder rechnerische Fehler zur Anwendung gebracht habe. Insbesondere habe die Beklagte das RLV des Klägers zu Recht nicht aufgrund einer Zuwachsregelung erhöht. § 11 der Anlage A zum VM aF habe lediglich Sonderregelungen für Vertragsärzte vorgesehen, die neu zugelassen waren (vgl. § 11 Abs. 1 und 2 der Anlage A zum VM aF), die nach dem 31. Dezember 2006 zugelassen worden waren und sich noch in der Anfangsphase befunden (vgl. § 11 Abs. 3 der Anlage A zum VM aF) und die in eine Kooperationsform gewechselt hätten (vgl. § 11 Abs. 4 der Anlage A zum VM aF). Der Kläger sei keiner dieser Gruppen unterfallen. Eine Zuwachsregelung für kleine Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen habe der VM aF nicht vorgesehen. Dass der Kläger demnach keine spezielle Zuwachsregelung habe in Anspruch nehmen können, sei im Ergebnis mit höherrangigem Recht vereinbar. Es sei in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass alle umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen – nicht bloß solche in der Aufbauphase – die Möglichkeit haben müssten, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Der Wachstumsanspruch erfordere nicht die Möglichkeit einer kontinuierlichen Steigerung, sondern die realistische Möglichkeit, den durchschnittlichen Umsatz in absehbarer Zeit – innerhalb von fünf Jahren – zu erreichen. Geklärt sei, dass derartige Wachstumsmöglichkeiten bei einem Fallzahlzuwachs einzuräumen seien. Die Fallzahlsteigerungen des Klägers seien auch in ausreichendem Maß bei der Honorarfestsetzung berücksichtigt worden. Der Fallzahlzuwachs im streitbefangenen Quartal 4/2010, der sich auf einen Fall gegenüber dem Vorjahresquartal belaufen habe, habe zur Festsetzung eines höheren RLV für 4/2011 geführt. Damit sei unstreitig der zusätzliche Fall berücksichtigt worden. Von der Möglichkeit einer Wachstumsbegrenzung nach Maßgabe von § 2 Satz 6 der Anlage 1 zum VM aF habe die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Dies sei ihr nach den regionalen Vorgaben im streitbefangenen Quartal ohnehin noch nicht möglich gewesen, sondern erst ab dem Quartal 3/2011. Schließlich gebe es keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Fahlzahlentwicklung in der klägerischen Praxis nach Einführung der RLV-/QZV-Systematik nicht ausreichend berücksichtigt worden wäre. Seine Praxis habe sich weder bei Einführung der neuen Honorarsystematik noch in den Folgejahren im Aufbau befunden. Er habe tendenziell gleichbleibende, jedenfalls aber keine kontinuierlich steigenden Fallzahlen gehabt. Nachdem diese unter den neuen Honorarverteilungsregeln zunächst angestiegen seien, von 474 im 3/2010 über 480 im streitbefangenen Quartal auf 545 in 1/2011, seien sie wieder leicht abgesunken auf 515 in 2/2011, 510 in 3/2011 und 496 in 4/2011, um mit gewissen Auf- und Abstiegen in 3/2013 bei 447 anzukommen. Die RLV-bezogenen Fallzahlen der klägerischen Praxis seien mithin dreizehn Quartale nach Einführung der neuen Honorarverteilungsregeln sogar um knapp 6 Prozent niedriger als im streitbefangenen Quartal. Soweit es in einzelnen Quartalen zu Fallzahlsteigerungen gekommen sei, seien diese vollständig bei der RLV-Bestimmung im entsprechenden Quartal des Folgejahrs berücksichtigt worden, was der Kläger auch nicht bestreite. Ob umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen zugestanden werden müsse, ihren Umsatz alternativ zur Wachstumsmöglichkeit über eine Fallzahlsteigerung oder zumindest alternativ über den Fallwert zu steigern, sei noch nicht abschließend geklärt. Das brauche auch für den vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Eine derartige Wachstumsmöglichkeit käme allenfalls bei einer Fallwertsteigerung in Betracht, die auf besonderen Umständen beruhen würde wie einer Veränderung in der Morbidität des behandelten Patientenstamms oder einer Veränderung der Behandlungsausrichtung. Derartige Umstände habe der Kläger nicht dargelegt. Auf die Frage, ob es im hier interessierenden Zeitraum in seiner Praxis zu einer wesentlichen Veränderung gekommen sei, habe er in der mündlichen Verhandlung vorbringen lassen, hierzu sei kein weiterer Vortrag beabsichtigt. Es sei auch sonst keinerlei Indiz dafür zu erkennen, dass sich das Praxisgeschehen im zeitlichen Zusammenhang mit Einführung der neuen Honorarsystematik wesentlich verändert habe. Die Fallwerte der klägerischen Praxis hätten weiterhin im Großen und Ganzen dem Fachgruppendurchschnitt entsprochen. So habe der Fallwert der unter dem RLV abgerechneten Leistungen im Quartal 3/2010 bei 44,87 Euro gelegen, was 87,76 Prozent des Fachgruppendurchschnitts entspreche, und im Quartal 3/2013 bei 42,39 Euro, was den Fachgruppendurchschnitt um 2,89 Prozent übersteige. In diesem Zeitraum von 13 Quartalen habe sich der Fallwert zwischen 87,76 Prozent und 107,59 Prozent des Fachgruppendurchschnitts bewegt, wobei dieser in 6 von 13 Quartalen leicht unterschritten und in den übrigen 7 Quartalen leicht überschritten worden sei. Ein Korridor von +/- 15 Prozent des durchschnittlichen Fallwerts der Fachgruppe sei nie verlassen worden. Dass in den Quartalen vor Einführung der neuen Honorarsystematik noch deutlich höherer Fallwerte erzielt worden seien, insbesondere im Jahr 2009, gelte für alle Ärzte der klägerischen Fachgruppe. Sollte die damit verbundene Honorareinbuße den Kläger stärker getroffen haben als andere Pneumologen, dürfte das seinen Grund vor allem darin finden, dass er keine Leistungen in QZV abgerechnet habe. Diese habe er indes unter den gleichen Voraussetzungen wie seine Fachkollegen beanspruchen können, so dass eine rechtliche Beschwer insoweit nicht ersichtlich sei. Im Übrigen habe der Kläger ein Honorar bezogen, das immer noch gut 87 Prozent seiner Honoraranforderung entsprochen habe.
Der Kläger hat gegen das ihm am 18. Mai 2017 zugestellte Urteil am Montag, den 19. Juni 2017, Berufung eingelegt. Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen trägt er vor, die GOP 01410, 01412, 30111, 30310 des EBM hätten im Rahmen eines QZV berücksichtigt werden müssen.
Er beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts vom 19. April 2017 und des Bescheides vom 24. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2012 die Beklagte zu verurteilen, seine Honoraranforderung für das Quartal 4/2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger habe im streitigen Zeitraum keine Leistungen erbracht, die außerhalb des RLV und innerhalb eines QZV zu vergüten gewesen wäre. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der GOP 01410, 01412, 30111, 30310 des EBM. Es sei keine Rechtsgrundlage ersichtlich, nach der die Leistungen der GOP 01410, 01412, 30111, 30310 des EBM außerhalb des RLV zu vergüten gewesen wären. Zu verweisen sei auf die Reglung zur QZV-Bildung gem. § 4 Abs. 7 VM aF.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht gem. §§ 143, 151 Abs. 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und daher zulässig. Sie ist aber unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten sind aus den aus dem Urteil des Sozialgerichts ersichtlichen Gründen, auf die nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, rechtmäßig.
Aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Vergütung von Leistungen innerhalb eines QZV. Keine der von ihm genannten GOP des EBM waren im streitigen Zeitraum einem QZV zugeordnet, das bei dem Kläger hätte berücksichtigt werden können. Der Kläger ist als Internist mit pneumologischem Schwerpunkt tätig. Für diese Arztgruppe sieht die Regelung der Beklagten zur QZV-Bildung gemäß § 4 Abs. 7 des VM aF (QZV-Liste) zwar die Bildung von QZV vor. Diesen QZV sind jedoch nicht die vom Kläger genannten und erbrachten GOP des EBM zugeordnet. So ist insbesondere die GOP 01412 des EBM einem QZV nur für Internisten ohne Schwerpunkt oder mit Schwerpunkt Endokrinologie zugeordnet. Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt ein höheres Honorar für seine vertragsärztliche Tätigkeit im Quartal 4/2010.
Der Kläger ist Internist mit dem Schwerpunkt Pneumologie und nimmt seit 1999 im Bezirk der Beklagten in Einzelpraxis an der fachärztlichen Versorgung teil. Seine Umsätze lagen im streitbefangenen Zeitraum unter den durchschnittlichen Umsätzen seiner Fachgruppe. Das galt jedenfalls auch für seine Umsätze im Vorjahr wie im Folgejahr.
Die Beklagte legte der Honorarfestsetzung den zwischen ihr und den Landesverbänden der Krankenkassen wie den Verbänden der Ersatzkassen vereinbarten Verteilungsmaßstab vom 23. April 2010 zugrunde, der erstmals ab dem streitbefangenen Quartal galt (im Folgenden: VM aF). Danach wurde jeder Arztpraxis ein quartalsbezogenes Regelleistungsvolumen (RLV) zugewiesen, das je Arzt anhand seiner RLV–Fallzahl aus dem Vorjahresquartal ermittelt wurde. Zusätzlich wurde ein oder wurden mehrere quartalsbezogene qualitätsgebundene Zusatzvolumen (QZV) zugewiesen, soweit die entsprechenden Leistungen in der Vergangenheit erbracht worden waren und bestimmte Qualitätssicherungsvoraussetzungen vorlagen. Nur die erbrachten vertragsärztlichen Leistungen, die innerhalb des RLV und etwaiger QZV blieben, wurden mit den Preisen der jeweils gültigen regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet. Darüber hinausgehende Leistungen wurden zu einem abgestaffelten Preis ("quotiert") vergütet.
Dem Kläger war im streitbefangenen Zeitraum kein QZV zugewiesen. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 1. September 2010 wies die Beklagte ihm für das streitbefangene Quartal ein RLV in Höhe von 23.607,63 Euro zu. Mit Bescheid vom 24. Mai 2011 setzte sie das Honorar für die RLV-bezogene vertragsärztliche Tätigkeit des Klägers auf insgesamt 24.068,57 Euro fest. Soweit die Honoraranforderung des Klägers über das zugewiesene RLV hinausgegangen war (3.913,03 Euro), wurden ihm lediglich 370,94 Euro vergütet.
Zur Begründung seines Widerspruchs gegen den Honorarbescheid brachte der Kläger vor, er dürfe durch die Budgetierung nicht daran gehindert werden, zumindest einen durchschnittlichen Umsatz zu erzielen. Diese Steigerungsmöglichkeit bestehe nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht nur für neu gegründete und im Aufbau befindliche Praxen, sondern für alle kleinen Praxen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2012 zurück. Sowohl die Zuweisung des RLV als auch die Honorarabrechnungen seien nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen durchgeführt worden, die für sie verbindlich seien. Eine Wachstumsmöglichkeit bestehe nach § 11 Abs. 3 VM aF nur für Vertragsärzte, die nach dem 31. Dezember 2006 zugelassen worden seien. Das treffe auf den Kläger nicht zu. Weitergehende Wachstumsmöglichkeiten seien auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht gefordert.
Der Widerspruchsbescheid wurde nicht vor dem 22. März 2012 zur Post gegeben. Mit seiner am 23. April 2010 erhoben Klage, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 3 KA 88/12 geführt worden ist, hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.
Das Sozialgericht hat die Verwaltungsakte beigezogen. Mit Beschluss vom 3. Januar 2013 hat es das Ruhen des Verfahrens angeordnet, um die Entscheidung des Bundessozialgerichts im Verfahren B 6 KA 44/12 R abzuwarten. Nach Vorliegen der Entscheidung hat der Kläger vorgebracht, das Bundessozialgericht habe eine Wachstumsmöglichkeit durch eine Fallwerterhöhung weiterhin nicht ausgeschlossen. Zudem sei eine Fallzahlsteigerung, wie sie beim Kläger eingesetzt habe, bereits in den Folgequartalen und nicht erst nach einem Jahr zu berücksichtigen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 19. April 2017 hat die Beklagte dem Kläger zugesichert, seine Honoraranforderung auch dann neu zu bescheiden, wenn seine Einwände gegen die Höhe des zugewiesenen RLV durchgreifen sollten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. April 2017 abgewiesen. Der Streitgegenstand werde allein durch den Honorarbescheid vom 24. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2012 gebildet. Die Klage sei als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Insbesondere könne der Kläger trotz Bestandskraft des RLV-Zuweisungsbescheids die Fehlerhaftigkeit der RLV-Festsetzung geltend machen, da die Beklagte dem Kläger aber zugesichert habe, einen neuen Honorarbescheid zu erlassen, wenn sich das zugewiesene RLV als zu niedrig erweisen sollte. Der Honorarbescheid sei rechtmäßig. Der Kläger könne kein höheres Honorar beanspruchen, insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt, dass er in einer unterdurchschnittlich abrechnenden Praxis tätig gewesen sei. Die Honorarfestsetzung entspreche den Regelungen des VM aF, den die Beklagte ohne erkennbare sachliche oder rechnerische Fehler zur Anwendung gebracht habe. Insbesondere habe die Beklagte das RLV des Klägers zu Recht nicht aufgrund einer Zuwachsregelung erhöht. § 11 der Anlage A zum VM aF habe lediglich Sonderregelungen für Vertragsärzte vorgesehen, die neu zugelassen waren (vgl. § 11 Abs. 1 und 2 der Anlage A zum VM aF), die nach dem 31. Dezember 2006 zugelassen worden waren und sich noch in der Anfangsphase befunden (vgl. § 11 Abs. 3 der Anlage A zum VM aF) und die in eine Kooperationsform gewechselt hätten (vgl. § 11 Abs. 4 der Anlage A zum VM aF). Der Kläger sei keiner dieser Gruppen unterfallen. Eine Zuwachsregelung für kleine Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen habe der VM aF nicht vorgesehen. Dass der Kläger demnach keine spezielle Zuwachsregelung habe in Anspruch nehmen können, sei im Ergebnis mit höherrangigem Recht vereinbar. Es sei in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass alle umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen – nicht bloß solche in der Aufbauphase – die Möglichkeit haben müssten, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Der Wachstumsanspruch erfordere nicht die Möglichkeit einer kontinuierlichen Steigerung, sondern die realistische Möglichkeit, den durchschnittlichen Umsatz in absehbarer Zeit – innerhalb von fünf Jahren – zu erreichen. Geklärt sei, dass derartige Wachstumsmöglichkeiten bei einem Fallzahlzuwachs einzuräumen seien. Die Fallzahlsteigerungen des Klägers seien auch in ausreichendem Maß bei der Honorarfestsetzung berücksichtigt worden. Der Fallzahlzuwachs im streitbefangenen Quartal 4/2010, der sich auf einen Fall gegenüber dem Vorjahresquartal belaufen habe, habe zur Festsetzung eines höheren RLV für 4/2011 geführt. Damit sei unstreitig der zusätzliche Fall berücksichtigt worden. Von der Möglichkeit einer Wachstumsbegrenzung nach Maßgabe von § 2 Satz 6 der Anlage 1 zum VM aF habe die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Dies sei ihr nach den regionalen Vorgaben im streitbefangenen Quartal ohnehin noch nicht möglich gewesen, sondern erst ab dem Quartal 3/2011. Schließlich gebe es keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Fahlzahlentwicklung in der klägerischen Praxis nach Einführung der RLV-/QZV-Systematik nicht ausreichend berücksichtigt worden wäre. Seine Praxis habe sich weder bei Einführung der neuen Honorarsystematik noch in den Folgejahren im Aufbau befunden. Er habe tendenziell gleichbleibende, jedenfalls aber keine kontinuierlich steigenden Fallzahlen gehabt. Nachdem diese unter den neuen Honorarverteilungsregeln zunächst angestiegen seien, von 474 im 3/2010 über 480 im streitbefangenen Quartal auf 545 in 1/2011, seien sie wieder leicht abgesunken auf 515 in 2/2011, 510 in 3/2011 und 496 in 4/2011, um mit gewissen Auf- und Abstiegen in 3/2013 bei 447 anzukommen. Die RLV-bezogenen Fallzahlen der klägerischen Praxis seien mithin dreizehn Quartale nach Einführung der neuen Honorarverteilungsregeln sogar um knapp 6 Prozent niedriger als im streitbefangenen Quartal. Soweit es in einzelnen Quartalen zu Fallzahlsteigerungen gekommen sei, seien diese vollständig bei der RLV-Bestimmung im entsprechenden Quartal des Folgejahrs berücksichtigt worden, was der Kläger auch nicht bestreite. Ob umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen zugestanden werden müsse, ihren Umsatz alternativ zur Wachstumsmöglichkeit über eine Fallzahlsteigerung oder zumindest alternativ über den Fallwert zu steigern, sei noch nicht abschließend geklärt. Das brauche auch für den vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Eine derartige Wachstumsmöglichkeit käme allenfalls bei einer Fallwertsteigerung in Betracht, die auf besonderen Umständen beruhen würde wie einer Veränderung in der Morbidität des behandelten Patientenstamms oder einer Veränderung der Behandlungsausrichtung. Derartige Umstände habe der Kläger nicht dargelegt. Auf die Frage, ob es im hier interessierenden Zeitraum in seiner Praxis zu einer wesentlichen Veränderung gekommen sei, habe er in der mündlichen Verhandlung vorbringen lassen, hierzu sei kein weiterer Vortrag beabsichtigt. Es sei auch sonst keinerlei Indiz dafür zu erkennen, dass sich das Praxisgeschehen im zeitlichen Zusammenhang mit Einführung der neuen Honorarsystematik wesentlich verändert habe. Die Fallwerte der klägerischen Praxis hätten weiterhin im Großen und Ganzen dem Fachgruppendurchschnitt entsprochen. So habe der Fallwert der unter dem RLV abgerechneten Leistungen im Quartal 3/2010 bei 44,87 Euro gelegen, was 87,76 Prozent des Fachgruppendurchschnitts entspreche, und im Quartal 3/2013 bei 42,39 Euro, was den Fachgruppendurchschnitt um 2,89 Prozent übersteige. In diesem Zeitraum von 13 Quartalen habe sich der Fallwert zwischen 87,76 Prozent und 107,59 Prozent des Fachgruppendurchschnitts bewegt, wobei dieser in 6 von 13 Quartalen leicht unterschritten und in den übrigen 7 Quartalen leicht überschritten worden sei. Ein Korridor von +/- 15 Prozent des durchschnittlichen Fallwerts der Fachgruppe sei nie verlassen worden. Dass in den Quartalen vor Einführung der neuen Honorarsystematik noch deutlich höherer Fallwerte erzielt worden seien, insbesondere im Jahr 2009, gelte für alle Ärzte der klägerischen Fachgruppe. Sollte die damit verbundene Honorareinbuße den Kläger stärker getroffen haben als andere Pneumologen, dürfte das seinen Grund vor allem darin finden, dass er keine Leistungen in QZV abgerechnet habe. Diese habe er indes unter den gleichen Voraussetzungen wie seine Fachkollegen beanspruchen können, so dass eine rechtliche Beschwer insoweit nicht ersichtlich sei. Im Übrigen habe der Kläger ein Honorar bezogen, das immer noch gut 87 Prozent seiner Honoraranforderung entsprochen habe.
Der Kläger hat gegen das ihm am 18. Mai 2017 zugestellte Urteil am Montag, den 19. Juni 2017, Berufung eingelegt. Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen trägt er vor, die GOP 01410, 01412, 30111, 30310 des EBM hätten im Rahmen eines QZV berücksichtigt werden müssen.
Er beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts vom 19. April 2017 und des Bescheides vom 24. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2012 die Beklagte zu verurteilen, seine Honoraranforderung für das Quartal 4/2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger habe im streitigen Zeitraum keine Leistungen erbracht, die außerhalb des RLV und innerhalb eines QZV zu vergüten gewesen wäre. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der GOP 01410, 01412, 30111, 30310 des EBM. Es sei keine Rechtsgrundlage ersichtlich, nach der die Leistungen der GOP 01410, 01412, 30111, 30310 des EBM außerhalb des RLV zu vergüten gewesen wären. Zu verweisen sei auf die Reglung zur QZV-Bildung gem. § 4 Abs. 7 VM aF.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht gem. §§ 143, 151 Abs. 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und daher zulässig. Sie ist aber unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten sind aus den aus dem Urteil des Sozialgerichts ersichtlichen Gründen, auf die nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, rechtmäßig.
Aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Vergütung von Leistungen innerhalb eines QZV. Keine der von ihm genannten GOP des EBM waren im streitigen Zeitraum einem QZV zugeordnet, das bei dem Kläger hätte berücksichtigt werden können. Der Kläger ist als Internist mit pneumologischem Schwerpunkt tätig. Für diese Arztgruppe sieht die Regelung der Beklagten zur QZV-Bildung gemäß § 4 Abs. 7 des VM aF (QZV-Liste) zwar die Bildung von QZV vor. Diesen QZV sind jedoch nicht die vom Kläger genannten und erbrachten GOP des EBM zugeordnet. So ist insbesondere die GOP 01412 des EBM einem QZV nur für Internisten ohne Schwerpunkt oder mit Schwerpunkt Endokrinologie zugeordnet. Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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