L 7 BA 1871/18 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 BA 44/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 BA 1871/18 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Über Beschwerden gegen die Festsetzung des Streitwertes durch den Kammervorsitzenden des Sozialgerichts entscheidet das Landessozialgericht durch den Berichterstatter allein.
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. Mai 2018 abgeändert und der Streitwert für das Verfahren S 3 BA 44/18 auf 41.396,37 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung des Streitwertes durch das Sozialgericht Heilbronn (SG) für ein erstinstanzliches Klageverfahren, das eine Untätigkeitsklage betraf.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2017 setzte die Beklagte aufgrund einer Betriebsprüfung Beitragsnachforderungen gegenüber der Klägerin in Höhe von 82.792,73 Euro (einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 16.848,00 Euro) fest. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 13. Februar 2017 Widerspruch, dessen Eingang die Beklagte mit Schreiben vom 2. März 2017 bestätigte. Mit Schreiben vom 30. Mai 2017 fragte die Klägerin bei der Beklagten nach dem Sachstand und wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei. Mit Schreiben vom 8. November 2017 fragte die Klägerin bei der Beklagten an, weshalb über den Widerspruch noch nicht entschieden sei. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2017 informierte die Beklagte die Klägerin, dass der Widerspruch zur Entscheidung an die zentrale Widerspruchsstelle abgegeben worden sei. Zwischenzeitlich erfüllte die Klägerin die Beitragsnachforderung, um eine Zwangsvollstreckung abzuwenden.

Am 4. Januar 2018 hat die Klägerin beim SG Untätigkeitsklage mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten zur Bescheidung ihres Widerspruchs erhoben.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten hat den Widerspruch der Klägerin am 10. Januar 2018 zurückgewiesen.

Die Klägerin erklärte daraufhin am 31. Januar 2018 den Rechtsstreit "für erledigt" und beantragte, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Beklagte erklärte am 16. Februar 2018 ihre Bereitschaft zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten (der Klägerin).

Das SG hat mit Beschluss vom 4. Mai 2018 der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 20.698,18 Euro festgesetzt. Der Streitwert der Hauptsache sei nicht identisch mit dem Streitwert für eine Untätigkeitsklage. Das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10. Oktober 2017 (B 12 KR 3/16 R – juris Rdnr. 14) betreffe nur die Frage des Beschwerdewerts im Sinne von § 144 (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gleichwohl sei der Streitwert in der Sache auch bei einer Untätigkeitsklage im Bereich des § 197a SGG nicht außenvorzulassen. Vom Hauptsachestreitwert sei ein Anteil von 10 bis 25 Prozent anzunehmen. Das hohe finanzielle Interesse in der Hauptsache und die Nichtreaktion der Beklagten seit Ablauf der Frist des § 88 Abs. 2 SGG von mehreren Monaten lasse es vorliegend gerechtfertigt erscheinen, an den oberen Rand des Spielraums zu gehen und 25 Prozent anzunehmen.

Gegen den ihr am 14. Mai 2018 zugestellten Beschluss hat die Klägerin hinsichtlich der Streitwertfestsetzung am 17. Mai 2018 beim SG Beschwerde eingelegt, die das SG an das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg weitergeleitet hat. Es habe bereits seit der am 17. Januar 2013 beginnenden Betriebsprüfung vier Jahre gedauert, bis der Ausgangsbescheid vom 3. Februar 2017 erlassen worden sei. Ihren Widerspruch hiergegen habe die Beklagte nicht beschieden. Der Erlass eines Widerspruchsbescheides sei zwingende Voraussetzung dafür, dass sie die bereits bezahlten Beiträge in Höhe von 82.792,73 Euro zurückerhalte. Es müsse effektiver Rechtsschutz gewährleistet sein. Auch bei Untätigkeitsklagen müsse sich der Streitwert nach den wirtschaftlichen Auswirkungen richten. Es sei daher sachgerecht, den Streitwert vorliegend auf mindestens 50 Prozent des Hauptsachestreitwertes festzusetzen. Daneben sei auch das Ausmaß der Verzögerung zu berücksichtigen; je länger sich die Behörde Zeit lasse, umso mehr wachse die wirtschaftliche Betroffenheit des Widerspruchsführers.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. Mai 2018 abzuändern und den Streitwert des Verfahrens S 3 BA 44/18 auf 82.792,73 Euro festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Streitwertfestsetzung des SG für zutreffend. Das finanzielle Interesse in der Hauptsache sowie die Dauer der Verzögerung seien berücksichtigt worden. Der "Streitwertkatalog" für die Sozialgerichtsbarkeit (5. Aufl. 2017) gehe von einem Wert von zehn bis 25 Prozent des Streitwertes der Hauptsache aus. Bei Untätigkeitsklagen sei zudem der Streitwert nicht nach § 52 Abs. 3 GKG zu bestimmen, sondern in aller Regel nach § 52 Abs. 1 GKG aufgrund richterlichen Ermessens. Der Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs sei abgelehnt worden; sie habe sich auch nicht auf eine unbillige Härte berufen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Streitwertbeschwerde der Klägerin gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 Gerichtskostengesetz (GKG) durch den Berichterstatter allein, da die angegriffene Streitwertfestsetzung durch die Kammervorsitzende des SG als Einzelrichterentscheidung im Sinne des § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 GKG anzusehen ist (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Dezember 2008 – L 10 R 5747/08 – juris Rdnr. 3 ff.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. Februar 2011 – L 11 R 5686/10 B – juris Rdnr. 1; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. August 2011 – L 4 R 5824/09 B – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Juli 2014 – L 11 R 2546/14 B – juris Rdnr. 1; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2016 – L 6 SB 2664/16 B – juris Rdnr. 13; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. April 2009 – L 10 B 42/08 P – juris Rdnr. 1 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. März 2009 – L 1 KR 36/09 B – juris Rdnr. 1 f.; Knittel in juris-PK, SGG, 2017, § 155 Rdnr. 78 f.; a.A. etwa LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. April 2009 – L 5 B 451/08 KA – juris Rdnr. 4; Gutzler in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 197a Rdnr. 34). Dies ergibt sich jedenfalls aus § 1 Abs. 5 GKG in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung (eingefügt durch Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG] vom 23. Juli 2013, BGBl. I S. 2586), wonach die Vorschriften des GKG über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrundeliegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vorgehen. Der Gesetzgeber wollte damit ausdrücklich klarstellen, dass der "Einzelrichter" in den kostenrechtlichen Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren auch dann zuständig ist, wenn eine Einzelrichterentscheidung institutionell nicht vorgesehen ist (Begründung des Gesetzentwurfes zum 2. KostRMoG, Bundestags-Drucksache 17/11471 [neu], S. 243 zu § 1 GKG).

2. Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig.

Nach § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG findet gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG), die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 Euro übersteigt. Dabei ist nicht auf die streitige Höhe des Streitwertes abzustellen, sondern auf die sich daraus ergebende Höhendifferenz der Gerichts- und Anwaltsgebühren (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Januar 2015 – L 4 R 37/14 B – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2016 – L 6 SB 2664/16 B – juris Rdnr. 15; Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 3. Aufl. 2014, § 68 Rn. 6).

Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Bei einem Streitwert von 20.698,18 Euro beträgt die (einfache) Gebühr nach § 13 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) 742,00 Euro; bei einem Streitwert von EUR 82.692,73 Euro – wie von der Klägerin begehrt – betrüge diese Gebühr 1.418,00 Euro (vgl. Anlage 2 zum RVG), so dass die Differenz 676,00 Euro beträgt. Damit ist bereits dann, wenn man nur eine einfache Gebühr nach § 13 RVG zugrundelegt, der Differenzbetrag von insgesamt 200,00 Euro übertroffen.

Die Beschwerde der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Dabei kann dahinstehen, ob es der Zulässigkeit der Beschwerde entgegenstehen würde, wenn der erstinstanzliche Rechtsstreit noch nicht abgeschlossen wäre. Denn hier ist der erstinstanzliche Rechtsstreit im Ergebnis abgeschlossen. Die Klägerin hat den Rechtsstreit am 31. Januar 2018 für erledigt erklärt. Anders als in den gerichtskostenfreien Verfahren führt in den nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG gerichtskostenpflichtigen Verfahren eine einseitige Erledigungserklärung allerdings nicht zur Beendigung des Rechtsstreites (LSG Bayern, Beschluss vom 9. Januar 2017 – L 1 SV 19/16 B – juris Rdnr. 14; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Februar 2016 – L 8 R 29/15 B – juris Rdnr. 22). Die (einseitige) Erledigungserklärung eines Klägers führt in gerichtskostenpflichtigen Verfahren nur dann zur Erledigung des Rechtsstreites, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers (zumindest konkludent; vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Juli 2016 – L 4 R 3450/15 – juris Rdnr. 29) zustimmt (beidseitige Erledigungserklärung) oder der Erledigungserklärung nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes des Klägers widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen wird (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 161 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]); das Gericht entscheidet dann nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Kommt eine ausdrückliche, konkludente oder fingierte beidseitige Erledigungserklärung nicht zustande, gilt die einseitige Erledigungserklärung des Klägers als Sachantrag auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Vorliegend hat weder die Beklagte der Erledigungserklärung der Klägerin ausdrücklich zugestimmt noch hat das SG der Beklagten einen Hinweis nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 161 Abs. 2 Satz 2 VwGO erteilt. Indem die Beklagte aber mit Schriftsatz vom 16. Februar 2018 die Bereitschaft zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten erklärt hat, hat sie der Erledigungserklärung der Klägerin konkludent zugestimmt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Juli 2016 – L 4 R 3450/15 – juris Rdnr. 29).

3. Einer Entscheidung des Senats steht nicht entgegen, dass das SG keine ausdrückliche (negative) Abhilfeentscheidung getroffen hat. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 1 GKG hat das Gericht, das den Streitwert festgesetzt hat, der Beschwerde abzuhelfen, soweit es sie für zulässig und begründet hält; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Letzteres ist hier geschehen. Einer gesonderten, ausdrücklichen Nichtabhilfeentscheidung des SG bedurfte es nicht (a.A. wohl in einem Obiter Dictum LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2016 – L 6 SB 2664/16 B – juris Rdnr. 14; vgl. auch Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 3. Aufl. 2014, § 66 Rn. 54).

4. Die Beschwerde der Klägerin ist teilweise begründet.

Da die Klägerin nicht in der Eigenschaft einer der in § 183 SGG genannten Personen (Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfängern, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Sozialgesetzbuch Erstes Buch) den Rechtsstreit geführt hat, sind nach § 197a Abs. Satz 1 SGG Gerichtskosten nach den Vorschriften des GKG zu erheben.

In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG).

Vorliegend richtet sich die Streitwertfestsetzung nach § 52 Abs. 1 GKG. § 52 Abs. 3 GKG ist nicht einschlägig, weil die Untätigkeitsklage nicht eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt betraf, sondern nur die Frage der Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin. Zwar ist im Anwendungsbereich des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG für die Frage der Zulassungsbedürftigkeit der Berufung auch bei Untätigkeitsklagen auf den Wert des erstrebten Verwaltungsaktes abzustellen (BSG, Urteil vom 10. Oktober 2017 – B 12 KR 3/16 R – juris Rdnr. 14). Dies ist aber auf die Frage des Streitwertes nicht zu übertragen, weil § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG einen anderen Zweck verfolgt. Durch die Beschränkung der Zulassungsfreiheit der Berufung in § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG sollen die Landessozialgerichte von Verfahren minderer finanzieller Bedeutung entlastet werden (siehe etwa Begründung des Entwurfes eines Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 11. Januar 2008, Bundestags-Drucksache 16/7716, S. 21; Wehrhahn in jurisPK-SGG, 2017, § 144 Rdnr. 7 m.w.N.); dies würde umgangen, wenn man bei Untätigkeitsklagen die dahinterstehende finanzielle Bedeutung außer Betracht ließe und die Berufung stets nicht zulassungsbedürftig wäre.

Das SG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in der Rechtsprechung die Auffassung verbreitet ist, dass bei Untätigkeitsklagen der Streitwert auf einen Betrag zwischen 10 und 25 Prozent des in der Hauptsache streitigen Betrages festzusetzen ist. Auch der informelle Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit geht hiervon aus (Ziffer 5.1 des Streitwertkataloges für die Sozialgerichtsbarkeit, 5. Aufl. 2017); diesem Streitwertkatalog kommt freilich keine normative Wirkung und keine Verbindlichkeit für die Gerichte zu (so auch ausdrücklich Vorbemerkungen zum Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, 5. Aufl. 2017; LSG Bayern, Beschluss vom 14. April 2014 – L 5 R 245/14 B – juris Rdnr. 8), sondern er ist eher informatischer Natur hinsichtlich der einschlägigen Rechtsprechung. Das dem Gericht obliegende Ermessen nach § 52 Abs. 1 GKG ermöglicht ohnehin Einzelfallentscheidungen, die den Umständen des jeweiligen Falles gerecht werden. Im vorliegenden Fall ist von Bedeutung, dass die in der Hauptsache streitige Beitragsnachforderung während des Vorverfahrens bereits durch die Klägerin erfüllt worden ist, um der trotz ihres Widerspruchs bestehenden Vollziehbarkeit des Bescheides vom 3. Februar 2017 (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG) Rechnung zu tragen. Die finanzielle Belastung ist also bereits eingetreten. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall von Konstellationen, in denen in der Hauptsache eine Zahlung erstritten werden soll – also eine begünstigende Maßnahme – oder in denen eine Zahlungsaufforderung abgewehrt werden soll. Dies rechtfertigt es, im vorliegenden Fall den Streitwert auf die Hälfte der Beitragsforderung festzusetzen. Dies entspricht auch der teilweise vertretenen Auffassung zur Streitwertfestsetzung in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (etwa LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. Juli 2006 – L 8 AL 570/06 W-B – juris Rdnr. 5; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Oktober 2016 – L 9 KR 443/16 B ER – juris Rdnr. 6), bei der eine ähnliche Interessenlage gegeben ist. Bei der Festsetzung des Streitwertes waren auch die in dem Betrag enthaltenen Säumniszuschläge (anteilig) zu berücksichtigen, da es sich insofern nicht um Nebenforderungen im Sinne des § 43 Abs. 1 GKG handelt (vgl. BSG, Urteil vom 10. Juni 2010 – B 2 U 4/10 R – juris Rdnr. 14 ff.).

Eine Streitwertfestsetzung in Höhe des Hauptsachestreitwertes ohne prozentualen Abschlag kommt entgegen der Auffassung der Klägerin indes nicht Betracht, da das wirtschaftliche Interesse, der Beitragsnachforderung endgültig zu entgehen, nicht identisch ist mit dem hier rein streitig gewesenen Anspruch auf Entscheidung über den Widerspruch.

5. Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG); die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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