L 9 R 3158/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 4510/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3158/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Die 1970 geborene Klägerin hat nach einer Ausbildung zur Hotelfachfrau als Tagesmutter und zuletzt als Küchenhilfe und Serviererin gearbeitet. Nach Pflichtbeitragszeiten für Schwangerschaft/Mutterschutz und für Kindererziehung bis einschließlich April 2002 war die Klägerin vom 01.12.2002 bis 31.08.2007 geringfügig nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 01.09.2007 bis 19.05.2012 sind im Versicherungskonto der Klägerin Pflichtbeitragszeiten vermerkt; anschließend sind keine Versicherungszeiten mehr erfasst. Wegen der versicherungsrechtlichen Einzelheiten wird auf den zuletzt durch die Beklagte vorgelegten Versicherungsverlauf vom 31.07.2018 (Bl. 103/104 der Senatsakte) Bezug genommen.

Vom 20.05.2010 bis 17.06.2010 gewährte die Beklagte der Klägerin eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der W.klinik D., aus der sie mit den Diagnosen pseudoradikuläres Lumbalsyndrom links ohne radikuläre Symptomatik, anamnestisch nachgewiesener Bandscheibenprolaps L5/S1 im Dezember 2009, Funktionsstörung des linken SIG, Adipositas und somatoforme Schmerzstörung arbeitsfähig entlassen wurde. Leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten seien sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar. Zu vermeiden seien häufiges Bücken, Tragen und Bewegen schwerer Lasten von mehr als 15 kg sowie Arbeiten in wirbelsäulenungünstigen Zwangshaltungen.

Am 08.11.2011 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung der Klägerin bei dem Facharzt für Orthopädie/Unfallchirurgie und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. U., der in seinem Gutachten vom 08.07.2012 ausführte, die Klägerin leide unter einem chronischen Schmerzsyndrom der Wirbelsäule und einer depressiven Störung. Sie sei noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Ausschließlich gehende und stehende Tätigkeiten verbunden mit Zwangshaltungen, Arbeiten in Armvorhalte oder über Kopf seien nicht mehr leidensgerecht.

Mit Bescheid vom 16.08.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab; die Klägerin sei trotz der bei ihr vorliegenden Erkrankungen in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Erwerbstätigkeit in einem Umfang von arbeitstäglich mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche nachzugehen.

Hiergegen legte die Klägerin am 12.09.2012 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie vortrug, sie leide unter erheblichen Schmerzen und könne deshalb nicht mindestens sechs Stunden arbeitstäglich eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben. Körperliche Aktivitäten verstärkten die ohnehin bestehenden erheblichen Schmerzen.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012 zurück, da unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und der sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten keine Auswirkungen ersichtlich seien, die das Leistungsvermögen der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten.

Hiergegen hat die Klägerin am 13.12.2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Klagebegründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.

Das SG hat im Rahmen der Beweisaufnahme die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und Gutachten bei dem Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Z. und dem Nervenarzt und Psychotherapeuten Dr. W. eingeholt.

Wegen der Aussagen der Fachärztin für Neurologie K., des Nervenarztes G., des Facharztes für Neurochirurgie H. und des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. R. wird auf Blatt 28/51 der SG-Akte Bezug genommen. Dr. Z. hat in seinem Gutachten vom 06.07.2013 auf seinem Fachgebiet ein chronisch-rezidivierendes Lumbal-Dorsalsyndrom der Wirbelsäule bei Bandscheibenvorfall L4/5 breitbasig rechts und L5/S1 links, Osteochondrose L5/S1 mit Funktionseinschränkung und eine Coxalgie beidseits diagnostiziert und auf anderen Fachgebieten nach Aktenlage auf ein chronisches Schmerzsyndrom mit psychosomatischen Anteilen, eine depressive Störung/somatoforme Störung und eine arterielle Hypertonie verwiesen. Die Klägerin könne leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des Positionswechsels zum Gehen und Stehen oder im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Nicht zumutbar seien das Heben und Tragen schwerer Lasten, Arbeiten in monoformer Rumpffehlhaltung und Zwangsfehlhaltung für die Wirbelsäule, häufig gebückte oder gebückt zu verrichtende Tätigkeiten, Arbeiten unter Nässe, Kälte und Zugluft sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Dr. W. hat in seinem Gutachten vom 27.04.2014 die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gestellt. Ferner bestünden auf seinem Fachgebiet ein iatrogener Schmerzmittelmissbrauch (Opioide u.a. Tramadol), eine dependente Persönlichkeit und eine Abhängigkeitsentwicklung, eine chronisches, zum Teil perakutes Schmerzsyndrom multikausal und ein Borderline-Syndrom. Er könne das arbeitstägliche Leistungsvermögen der Klägerin aufgrund der einander widersprechenden Befunde und in der Psychopathologie der Person liegender Widersprüchlichkeit nicht sicher abschließend beurteilen. Leichte körperliche Arbeit sei möglich und zu befürworten. Arbeiten unter nervlicher Belastung seien in einem zeitlich eingeschränkten Rahmen (zeitlich allmählicher Aufbau der Arbeitszeit von zwei bis maximal als vorläufige Endstufe sechs Stunden Tätigkeit) und bei stabilen Rahmenbedingungen möglich. Abhängig von der Tagesform könne es zu deutlich diskrepanten Beurteilungen von völliger Arbeitsunfähigkeit bis hin zu uneingeschränkter Arbeitsfähigkeit kommen. Eine weitere neuropsychiatrische Begutachtung sei erforderlich, um die psychische Stabilität der Klägerin zu beurteilen.

Mit Urteil vom 11.06.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, da sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche verfüge. Die bei ihr bestehenden Erkrankungen und Behinderungen führten zwar zur Einschränkung ihres qualitativen, nicht jedoch ihres quantitativen Leistungsvermögens. Auf orthopädischem Fachgebiet folge dies aus den schlüssigen und nachvollziehbaren gutachterlichen Feststellungen des Dr. Z. Auch die im neurologisch-psychiatrischen Bereich bestehenden Erkrankungen und Behinderungen führten nicht zu Einschränkungen des quantitativen Leistungsvermögens der Klägerin. Der gerichtliche Gutachter Dr. W. habe zwar das arbeitstägliche Leistungsvermögen nicht sicher beurteilen können. Nach seinen Ausführungen sei die Klägerin jedoch lediglich zeitweilig nicht arbeitsfähig. Sonst bestehe hingegen mit Sicherheit ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr. Demnach bestehe bei der Klägerin keine quantitative Leistungsminderung für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten. Eine kürzer andauernde Leistungsminderung sei rentenrechtlich nicht von Belang; sie begründe lediglich Zeiten der Arbeitsunfähigkeit. Die Klägerin befinde sich auch nicht mehr in fachärztlicher Behandlung. Am 26.07.2011 sei sie zuletzt bei Herrn G. in psychotherapeutischer Behandlung gewesen. Die nicht ständige Behandlung spreche zum einen gegen einen erhöhten Leidensdruck, zum anderen sei – wie auch von Dr. W. festgestellt – durchaus eine Besserung des Gesundheitszustandes möglich. Zur Einholung eines weiteren Gutachtens auf psychiatrischem Fachgebiet sehe sich das SG nicht veranlasst, da nicht ersichtlich sei, inwiefern sich hieraus über das von Dr. W. auf dem gleichen Fachgebiet erstellte Gutachten hinaus neue Erkenntnisse ergeben könnten. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe nicht, da die Klägerin nicht vor dem 02.01.1961 geboren sei.

Gegen das ihr am 27.06.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.07.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche bestehe. Dr. W. habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Arbeitsvermögen und die Arbeitsleistung der Klägerin sehr wechselhaft und nicht sicher zu beurteilen seien. Aus der Beurteilung des Gutachters ergebe sich, dass sie nicht permanent leistungsfähig sei. Das SG habe es unter Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht unterlassen, das von Dr. W. für erforderlich gehaltene weitere Gutachten auf neuropsychiatrischem Fachgebiet einzuholen. Im Übrigen leide die Klägerin weiterhin unter starken Schmerzen und befinde sich in ärztlicher Behandlung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Juni 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2012 zu verurteilen, der Klägerin auf ihren Antrag vom 8. November 2011 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Der Senat hat den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 12.11.2015 hat Dr. D. in seinem Gutachten vom 01.01.2016 ausgeführt, auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet leide die Klägerin unter einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren bei Persönlichkeit mit abhängigen Zügen. Zumindest körperlich leichte Tätigkeiten, die zudem nicht mit besonderem Zeitdruck oder besonderer Verantwortung für Mensch oder Maschine einhergingen, seien noch möglich. Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck, Tätigkeiten, bei denen zwischenmenschliche Konflikte zur Tätigkeit gehören, Tätigkeiten, die höhere Anforderungen an sozialkommunikative Fähigkeiten stellten, seien zu vermeiden. Bezüglich der Art der körperlichen Erkrankung seien die Prinzipien einer Schmerzbehandlung zu beachten; daher sei keine übermäßige körperliche Schonhaltung bei der Erwerbstätigkeit einzuhalten, sondern es seien durchaus Tätigkeiten auszuüben, die Bewegung beinhalteten, jedoch keine monotonen Tätigkeiten oder einseitigen Belastungen einzelner Körperregionen. Schichtarbeiten, sofern Nachtschicht vermieden werde (also Früh- oder Spätschicht), seien möglich. Akkordarbeit sollte wegen des hiermit verbundenen meist hohen Stressniveaus ebenfalls vermieden werden. Arbeiten im Freien seien möglich, sofern keine extremen Witterungsbedingungen vorherrschten. Bezüglich der Beanspruchung von Gehör oder Sehvermögen könne aus psychiatrischer Sicht keine Stellung genommen werden. Arbeiten bei Publikumsverkehr seien möglich. Allerdings seien Tätigkeiten, bei denen es auf besondere sozialkommunikative Fähigkeiten ankomme oder bei denen die Klägerin beispielsweise im Sinne einer "Visitenkarte eines Betriebes" funktionieren müsse, nicht angezeigt. Tätigkeiten mit höherer Verantwortung sollten der ungelernten Arbeiterin nicht aufgebürdet werden. Dies würde von vornherein eine Überforderung bedeuten. Arbeiten unter höherer nervlicher Belastung seien wegen der reduzierten "Stressfestigkeit" ebenfalls zu vermeiden. Allerdings sei es nicht so, dass der Klägerin nur Tätigkeiten ohne Stress zugemutet werden dürften. Zutreffend sei, wie der Nervenarzt Dr. W. ausführlich in seinem Gutachten ausgeführt habe, dass bei der Klägerin mit erhöhten Zeiten von Arbeitsunfähigkeit zu rechnen sei. Auch sei zutreffend, dass von einer schwankenden Arbeitsleistung auszugehen sei. Diese Einschränkungen sprächen aber nicht dagegen, dass der Klägerin ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zumutbar wären. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht unerlässlich. Betriebsunübliche Pausen würden die Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht mit verlässlicher Sicherheit stabilisieren.

Mit Schreiben vom 02.08.2018 sind die Beteiligten auf die beabsichtigte Entscheidung des Senats durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung der begehrten Rente wegen Erwerbsminderung, weil sie weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 11.06.2014 sowie der angefochtene Bescheid vom 16.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.11.2012 sind nicht zu beanstanden.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)) und Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung schon deshalb nicht besteht, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig ist. Wie das SG zutreffend dargestellt hat, leidet die im Jahr 1970 geborene Klägerin im Wesentlichen unter Erkrankungen auf psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet, die indes nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung führen, so dass ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht in Betracht kommt. Ebenfalls zutreffend hat das SG dargelegt, dass ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil sie nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch der Senat nach der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen nicht festzustellen vermag, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auf unter sechs Stunden für körperlich leichte Tätigkeiten herabgesunken ist. Durch die Ermittlungen im Berufungsverfahren ist bestätigt worden, dass die Klägerin trotz der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 01.01.2016 nach ambulanter Untersuchung und ausführlicher Auseinandersetzung mit den Vorgutachten und der Krankheitsgeschichte der Klägerin die Auffassung vertreten, dass sie noch in der Lage ist, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Diese Einschätzung leitet Dr. D. für den Senat schlüssig und nachvollziehbar aus den von ihm erhobenen Befunden und Diagnosen ab. Danach leidet die Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet unter einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren bei einer Persönlichkeit mit abhängigen Zügen. Nach Einschätzung des Gutachters ergeben sich auch Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin eine Suchterkrankung bzw. eine Abhängigkeitsentwicklung (Alkohol, Schmerzmittel, evtl. auch Beruhigungsmittel) auf der Grundlage ihrer Persönlichkeitsstruktur vorliegt. Ferner fanden sich Hinweise, dass die Suchtentwicklung ausgeprägter ist als derzeit von der Klägerin selbst angenommen. Eine solche Erkrankung ließ sich aber durch Dr. D. weder zweifelsfrei sichern noch widerlegen. Dr. D. hat in seine Leistungsbeurteilung darüber hinaus auch die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet, die durch Dr. Z. beschrieben und bereits durch das SG berücksichtigt wurden, eingestellt. Die darüber hinaus vorliegende Hypertonie und eine Hauterkrankung sind nach seiner Einschätzung für die Bewertung der Erwerbsfähigkeit nicht von Relevanz. Ausgehend von der im Vordergrund stehenden chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren ist der Gutachter für den Senat überzeugend zu der Einschätzung gelangt, dass leichte Tätigkeiten der Klägerin noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar sind.

Ebenfalls nachvollziehbar sind die durch den Gutachter angenommenen qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens. So kann die Klägerin nur noch körperlich leichte Tätigkeiten verrichten, die zudem nicht mit besonderem Zeitdruck oder besonderer Verantwortung für Mensch oder Maschine einhergehen. Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck, Tätigkeiten, bei denen zwischenmenschliche Konflikte zur Tätigkeit gehören und die höhere Anforderungen an sozialkommunikative Fähigkeiten stellen, sind zu vermeiden. Unter Berücksichtigung der Prinzipien der Schmerzbehandlung seien durchaus Tätigkeiten auszuüben, die Bewegung beinhalten, jedoch keine monotonen Tätigkeiten oder einseitigen Belastungen einzelner Körperregionen. Schichtarbeiten, sofern Nachtschicht vermieden wird (also Früh- oder Spätschicht), sind möglich. Akkordarbeit sollte wegen des hiermit verbundenen meist hohen Stressniveaus vermieden werden. Arbeiten im Freien sind möglich, sofern keine extremen Witterungsbedingungen vorherrschen. Arbeiten bei Publikumsverkehr sind möglich, allerdings sind Tätigkeiten, bei denen es auf besondere sozialkommunikative Fähigkeiten ankommt oder bei denen die Klägerin beispielsweise im Sinne einer "Visitenkarte eines Betriebes" funktionieren müsste, nicht angezeigt. Tätigkeiten mit höherer Verantwortung sollten der ungelernten Arbeiterin nicht aufgebürdet werden. Arbeiten unter höherer nervlicher Belastung sind wegen der reduzierten "Stressfestigkeit" ebenfalls zu vermeiden, wobei der Klägerin nicht nur Tätigkeiten ohne Stress zugemutet werden dürfen. Durch diese qualitativen Einschränkungen wird zwar das Spektrum der für die Klägerin in Betracht kommenden Tätigkeiten eingeschränkt, eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung, die die Benennung einer Verweisungstätigkeit erfordern würde, liegt aber nicht vor. Ob eine Verweisungstätigkeit benannt werden muss, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nach den Umständen des Einzelfalls festzustellen (vgl. BSG, Urteile vom 23.05.2006 – B 13 RJ 38/05 R – und vom 19.10.2011 – B 13 R 78/09 R –, Juris). Die bei der Klägerin bestehenden Einschränkungen sind nicht so vielfältig, als dass sie sämtliche in Betracht kommenden Tätigkeiten ausschließen würden. Auch besteht keine besonders ungewöhnliche oder schwerwiegende Leistungseinschränkung (wie z. B. die Einarmigkeit oder die Nichtbenutzbarkeit der Hände). Die Klägerin kann mit dem bei ihr vorliegenden Leistungsbild noch die meisten körperlichen Tätigkeiten, die bei ungelernten Tätigkeiten gefordert werden (wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw.), verrichten. Soweit Dr. D. – wie zuvor bereits Dr. W. – darauf hinweist, dass bei der Klägerin mit erhöhten Zeiten von Arbeitsunfähigkeit zu rechnen sei, führt dies nicht zur Annahme einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung. Zwar ist eine Verweisungstätigkeit auch dann zu benennen, wenn trotz eines vollschichtigen Leistungsvermögens im konkreten Einzelfall im Hinblick auf Lage, Verteilung, Umfang und Vorhersehbarkeit von zu erwartenden Arbeitsunfähigkeitszeiten ernsthafte Zweifel bestehen, ob der Versicherte noch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Betrieb einsetzbar ist (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 31.10.2012 – B 13 R 107/12 B –, Juris); im Falle der Klägerin hat Dr. D. aber überzeugend ausgeführt, dass trotz zu erwartender erhöhter Zeiten von Arbeitsunfähigkeit und voraussichtlich schwankender Arbeitsleistungen nichts gegen eine grundsätzlich mindestens sechsstündige Tätigkeit spricht. Eine Erwerbsminderung ist nicht allein schon deshalb anzunehmen, weil ein Versicherter aufgrund einer wie auch immer verursachten Gesundheitsstörung häufiger arbeitsunfähig ist (BSG, Beschluss vom 31.10.2012, a.a.O., m.w.N.). Dass die Wegefähigkeit der Klägerin, also ihre Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, nicht eingeschränkt ist, ergibt sich aus den Gutachten von Dr. U. und Dr. D. Damit liegen bereits die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht vor.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach der zutreffenden Auskunft der Beklagten vom 31.07.2018 letztmalig am 30.06.2014 erfüllt waren, da die Klägerin in den letzten fünf Jahren vor diesem Datum zuletzt drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne der § 43 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 und Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 SGB VI belegt hat und Verlängerungstatbestände weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Nach den durch das SG eingeholten Gutachten des Arztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Z. vom 06.07.2013 und des Nervenarztes und Psychotherapeuten Dr. W. vom 27.04.2014, dem im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Verwaltungsgutachten des Orthopäden Dr. U. vom 03.07.2012 und dem Gutachten von Dr. D. vom 01.01.2016 konnte der Senat sich nicht davon überzeugen, dass die Klägerin am 30.06.2014 und seither durchgehend in ihrem zeitlichen Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden täglich eingeschränkt war und ist.

Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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