L 3 AS 138/18 NZB

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AS 2169/17
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 138/18 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Zur Frage, ob die Rechtsauffassung, dass ein Antragsteller die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch in anderer Weise als durch die Verwendung des Formulars nach der Prozesskostenhilfeformularverordnung abgeben kann, nach den umfangreichen Änderungen des Prozesskostenhilferechts zum 1. Januar 2014 durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 noch Geltung beanspruchen kann.
2. Ein Gericht muss mit der Hauptsachentscheidung nicht zuwarten, bis das Nebenverfahren (hier der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe) im Sinne einer Bewilligungsfähigkeit ebenfalls entscheidungsreif ist. Es obliegt vielmehr dem Antragsteller, seinen gesetzlichen Mitwirkungsobliegenheiten und -pflichten
nachzukommen und damit dafür Sorge zu tragen, dass bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens auch über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden werden kann
I. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. Januar 2018.

Der Beklagte hatte der Klägerin mit Bescheid vom 11. Dezember 2013 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Monate Dezember 2013 bis Mai 2014 bewilligt. Mit Bescheid vom 8. April 2015 erließ er eine endgültige Leistungsbewilligung. Hierbei setzte er die Leistungen für Februar 2014 bis Mai 2014 auf 0,00 EUR fest, die Bewilligungsentscheidung für Dezember 2013 und Januar 2014 entsprachen denen aus dem Bescheid vom 11. Dezember 2013. In Ergänzung dessen forderte er mit Bescheid vom 8. April 2015 die Erstattung von 2,781,80 EUR. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2015 zurück. Die Klage der Klägerin Az. S 26 AS 2632/18 wies das Sozialgericht mit Urteil vom 18. Mai 2017 zurück. Die hiergegen eingelegt Berufung ist unter dem Az. L 3 AS 570/17 anhängig.

Unter dem 28. Februar 2017 erließ der Beklagte zwei Bescheide. Mit dem Änderungsbescheid hob er den Bescheid vom 11. Dezember 2013 auf, änderte den Bescheid vom 8. April 2015 ab und setzte die zu bewilligenden Leistungen für den gesamten Bewilligungszeitraum neu fest. Mit dem Erstattungsbescheid forderte er nur noch einen Betrag von 609,22 EUR. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2017 zurück.

Die Klägerin hat am 7. Juni 2017 Klage gegen den Bescheid vom 28. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2017 erhoben (Az. S 3 AS 2169/17). Auf die Klageerwiderung des Beklagten hin hat das Sozialgericht mit richterlichem Schreiben vom 22. September 2017 darauf hingewiesen, dass die Änderungs- und Erstattungsbescheide vom 28. Februar 2017 gemäß § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens Az. S 26 AS 2632/18 geworden seien. Daher sei die Klage unzulässig. Es werde zur Klagerücknahme geraten. Im selben Schreiben hat das Sozialgericht zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Dieses Schreiben ist dem Klägerbevollmächtigten am 26. September 2017 zugestellt worden. Der Beklagte hat auf eine entsprechende Anhörung sein Einverständnis mit Schriftsatz vom 29. September 2017 erklärt.

Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schreiben vom 9. Oktober 2017 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt, weil es einer anwaltlichen Prüfung bedürfe, ob tatsächlich eine unzulässige Klage vorliege. Mit gerichtlichem Schreiben vom 18. Oktober 2017 ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass die Klage keine Erfolgsaussicht habe. Wenn am Prozesskostenhilfeantrag festgehalten werde, werde gebeten, einen ausgefüllten Vordruck zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sowie zugehörige Nachweise einzureichen.

Das daraufhin vom Klägerbevollmächtigten mit Schreiben vom 1. Dezember 2017 angebrachte Ablehnungsgesuch gegen den Kammervorsitzenden ist mit Beschluss vom 4. Januar 2018 (Az. S 3 AS 2169/17) zurückgewiesen worden.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2018 abgewiesen und zur Begründung auf die anderweitige Rechtshängigkeit abgestellt. Mit Beschluss vom selben Tag hat es zudem den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil ein ordnungsgemäßer Vordruck zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht eingereicht worden sei und im Übrigen wegen der unzulässigen Klage keine hinreichend Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung bestanden habe.

Der Klägerbevollmächtigte hat gegen den ihm am 23. Januar 2018 zugestellten Gerichtsbescheid am 19. Februar 2018 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Er rügt, dass das Sozialgericht elementarste Verfahrensrechte der Klägerin verletzt habe. Der Prozesskostenhilfeantrag hätte nicht abgelehnt werden dürfen, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin aus der dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakte hervor gehe. "Sämtliche Verfahrens- und Grundrechte" der Klägerin seien verletzt worden, weil die Klage gleichzeitig mit dem Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen worden sei. "Nach dem Grundgesetz und den elementaren Verfahrensrechten wäre der Klägerin nach Zurückweisung der PKH-Anträge eine Frist einzuräumen, damit diese beim Amtsgericht einen Antrag auf Beratungshilfe stellen kann." Außerdem sei keine Anhörung zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid erfolgt.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass keine Zulassungsgründe gegeben seien, insbesondere nicht der des Verfahrensmangels.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde gemäß § 145 Abs. 1 SGG gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. Januar 2018 ist zulässig, insbesondere statthaft.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Die Klägerin wendet sich in der Sache gegen die Rückforderung in Höhe von 609,22 EUR, die sich aus dem Änderungsbescheid und dem Erstattungsbescheid, jeweils vom 28. Februar 2017, ergibt. Bei einem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist die Erstattungsforderung bei der Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nicht zusätzlich zu berücksichtigen, weil sie auf dasselbe wirtschaftliche Ziel wie die Aufhebungsentscheidung gerichtet ist (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 14. September 2012 – L 3 AS 8/12 NZB – juris Rdnr. 24, m. w. N.).

Der Betrag von 609,22 EUR übersteigt nicht 750,00 EUR. Damit hatte das Sozialgericht über die Zulassung der Berufung zu befinden. Es hat die Berufung nicht zugelassen.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil Gründe für die Zulassung der Berufung nicht vorliegen.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nummer 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nummer 2) oder ein an der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nummer 3). Keiner dieser Zulassungsgründe ist gegeben.

a) Eine Rechtssache hat dann im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hingegen nicht (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz [12. Aufl., 2017], § 144 Rdnr. 28). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 – 5b BJ 118/87SozR 1500 § 160a Nr. 60 = juris Rdnr. 3; BSG, Beschluss vom 16. Dezember 1993 – 7 BAr 126/93SozR 3-1500 § 160a Nr. 16 = juris Rdnr. 6; ferner Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28 f. und § 160 Rdnr. 6 ff. [jeweils m. w. N.]). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie schon entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BSG, Beschluss vom 30. September 1992 – 11 BAr 47/92SozR 3-4100 § 111 Nr. 1 Satz 2 = juris Rdnr. 8). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, das heißt die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, und die konkrete Klärungsfähigkeit, das heißt die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage, hinzutreten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14. Juni 1984 – 1 BJ 82/84 – SozR 1500 § 160 Nr. 53 – juris). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 26. Juni 1975 – 12 BJ 12/75SozR 1500 § 160a Nr. 7 = juris Rdnr. 2). Hinsichtlich Tatsachenfragen kann über § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Klärung nicht verlangt werden.

Etwaige klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen wurden weder vorgetragen noch vermag der Senat im Ergebnis der Prüfung von Amts wegen dem Sach- und Streitstand eine solche Frage zu entnehmen.

b) Auch der von Amts wegen zu prüfende Zulassungsgrund der Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nicht gegeben. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Sozialgerichts entscheidungstragend auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem zur gleichen Rechtsfrage aufgestellten Rechtssatz in einer Entscheidung eines der im § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1989 – 7 BAr 130/88SozR 1500 § 160a Nr. 67 = juris Rdnr. 7; BSG, Beschluss vom 19. Juli 2012 – B 1 KR 65/11 BSozR 4-1500 § 160a Nr. 2 = juris Rdnr. 21, m. w. N.; Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 13). Eine solche Abweichung hat die Klagepartei weder behauptet, noch ist sie ersichtlich.

c) Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Er bezieht sich begrifflich auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil, nicht aber auf dessen sachlichen Inhalt, das heißt seine Richtigkeit (vgl. Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 32 ff.). Die Zulassung der Berufung aufgrund eines Verfahrensmangels erfordert, dass dieser Mangel nicht nur vorliegt, sondern auch geltend gemacht wird (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG).

Mit der Beschwerde macht der Klägerbevollmächtigte im Kern die Verletzung rechtlichen Gehörs (vgl. Artikel 103 Abs. 1 des Grundgesetzes [GG]) geltend (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 19. Dezember 2017 – B 1 KR 38/17 B – juris Rdnr. 7). Die von ihm behaupteten Verfahrensmängel liegen jedoch nicht vor.

(1) Die Auffassung des Klägerbevollmächtigten, dass das Sozialgericht den Prozesskostenhilfeantrag nicht hätte ablehnen dürfen, weil sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin aus der dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakte ergeben hätten, findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr hat der Gesetzgeber demjenigen, der um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachsucht, Mitwirkungsobliegenheiten auferlegt.

Nach § 117 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe bei dem Prozessgericht zu stellen. Nach § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind dem Antrag eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich nach § 117 Abs. 4 ZPO die Partei ihrer bedienen. Der Verordnungsgeber hat von der Verordnungsermächtigung in § 117 Abs. 3 Satz 1 ZPO Gebrauch gemacht und die Verordnung zur Verwendung eines Formulars für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe (Prozesskostenhilfeformularverordnung – PKHFV) erlassen.

Die Frage, ob die Verwendung des Formulars eine Zulässigkeitsvoraussetzung in Bezug auf den Antrag auf Prozesskostenhilfe ist, wird unterschiedlich beantwortet (bejahend z. B. Dürbeck, in: Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe [8. Aufl., 2016], Rdnr. 107, m. w. N., verneinend: Groß, Beratungshilfe/ Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe [14. Aufl., 2018], § 117 ZPO Rdnr. 25). Ebenfalls gibt es zu der Frage, ob sich ein Antragsteller hinsichtlich der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse entsprechend der – seit 1. Januar 1981 unverändert geltenden – Regelung in § 117 Abs. 4 ZPO (vgl. Artikel 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 13. Juni 1980 [BGBl. I S. 677]) des Formulars bedienen muss oder ob er die Erklärung auch in anderer Weise abgeben kann, unterschiedliche Aussagen. So wird in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2000 – 2 BvR 106/00NJW 2000, 3344 = juris Rdnr. 1), des Bundessozialgerichtes (vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 12. Januar 2017 – B 8 SO 68/16 B – juris Rdnr. 2; BSG, Beschluss vom 30. Januar 2017 – B 5 R 30/16 R – juris Rdnr. 4) aber auch anderer oberster Bundesgerichte (vgl. z. B. BGH, Beschluss vom 29. März 2018 – III ZB 135/17NJW-RR 2018, 763 ff. = juris Rdnr. 12) gefordert, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem vorgeschriebenem Vordruck eingereicht werden muss. Demgegenüber hat es das Bundessozialgericht im Beschluss vom 30. April 1982 in dem Fall, dass sich der Antragsteller entgegen § 117 Abs. 4 ZPO des Vordrucks nicht bedient hat, genügen lassen, wenn alle Erklärungen, welche in dem Vordruck gefordert werden, einschließlich der Versicherung des Antragstellers über die Vollständigkeit und Richtigkeit der gemachten Angaben, der Sache nach abgegeben worden sind (vgl. BSG, Beschluss vom 30. April 1982 – SozR 1750 § 117 Nr. 3 = juris Rdnr. 4; vgl. auch Sächs. LSG, Beschluss vom 18. Mai 2015 – L 3 BK 15/13 B PKH – juris Rdnr. 19).

Diese Rechtsfragen bedürfen vorliegend keiner weiteren Erörterung. Insbesondere kann offen bleiben, ob die Rechtsauffassung im Beschluss des Bundessozialgerichts vom 30. April 1982 nach den umfangreichen Änderungen des Prozesskostenhilferechts zum 1. Januar 2014 durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 (BGBl. I S. 3533) noch Geltung beanspruchen kann. Denn die Klägerin hat in überhaupt keiner Weise eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben. Der Gesetzgeber hat aber demjenigen, der Prozesskostenhilfe beantragt, auferlegt, die erforderlichen Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die prozesskostenhilferechtliche Bedürftigkeit des Antragstellers zu prüfen. Zudem misst der Gesetzgeber der Benutzung des Formulars nach § 117 Abs. 3 ZPO auch an deren Stellen eine gewichtige Bedeutung zu. So soll nach § 120a Abs. 1 Satz 1 ZPO das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Nach § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO muss auf Verlangen des Gerichts die Partei jederzeit erklären, ob eine Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist. Für diese Erklärung muss nach § 120a Abs. 4 Satz 1 ZPO die Partei das gemäß § 117 Abs. 3 ZPO eingeführte Formular benutzen. Diese Obliegenheiten und Pflichten gelten für alle Verfahren, das heißt auch die, in denen ansonsten der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, wie zum Beispiel im sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. § 103 SGG).

(2) Soweit der Klägerbevollmächtigte moniert, dass am selben Tag sowohl die Klage abgewiesen als auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt worden ist, ist es zutreffend, dass grundsätzlich möglichst frühzeitig über einen Prozesskostenhilfeantrag entschieden werden soll und nicht erst nach der Erhebung von Beweisen oder zusammen mit der Entscheidung in der Hauptsache (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2003 – 1 BvR 901/03NVwZ 2004, 334 ff. = info also 2004, 23 ff. = juris Rdnr. 11; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Juni 2010 – OVG 10 M 8.10 – juris Rdnr. 12; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz [12. Aufl., 2017], § 73a Rdnr. 11, m. w. N.). Allerdings muss ein Gericht mit der Hauptsachentscheidung nicht zuwarten, bis das Nebenverfahren, hier der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, im Sinne einer Bewilligungsfähigkeit ebenfalls entscheidungsreif ist. Es obliegt vielmehr dem Antragsteller, seinen gesetzlichen Mitwirkungsobliegenheiten und -pflichten nachzukommen und damit dafür Sorge zu tragen, dass bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens auch über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden werden kann (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 18. Mai 2015 – L 3 BK 15/13 B PKH – juris Rdnr. 23).

(3) Soweit der Klägerbevollmächtigte rügt, dass das Sozialgericht nach der Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrages bis zur Entscheidung über die Klage eine Frist hätte einräumen müssen, innerhalb derer die Klägerin beim Amtsgericht um die Bewilligung von Beratungshilfe hätte nachsuchen können, übersieht er das Verhältnis von Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe.

Beratungshilfe wird gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz – BerHG) auf Antrag "für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung" gewährt. Über den Antrag entscheidet das gemäß § 4 Abs. 1 BerHG zuständige Amtsgericht. Demgegenüber bezieht sich gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Prozesskostenhilfe auf "die Kosten der Prozessführung" und "die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung". Diese zivilprozessrechtliche Regelung gilt über die Verweisungsregelung in § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG auch für das sozialgerichtliche Verfahren. Entsprechende Verweisungsregelungen gibt es auch für andere fachgerichtliche Verfahren (vgl. z. B. § 166 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO], § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung [FGO], § 11a des Arbeitsgerichtsgesetzes).

Daraus folgt, dass ein Kläger oder Antragsteller in einem gerichtlichen Verfahren nur Prozesskostenhilfe erhalten kann, wenn die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind (vgl. Groß, a. a. O., § 1 BerHG Rdnr. 17). Beratungshilfe ist kein Auffangtatbestand, wenn innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden kann (vgl. Dürbeck, a. a. O., Rdnr. 1124 [bezogen auf die mangelnde Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder -verteidigung]).

(4) Soweit der Klägerbevollmächtigte schließlich rügt, die gemäß § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG erforderliche Anhörung vor der Entscheidung durch Gerichtsbescheid sei unterblieben, wird diese Behauptung durch den Inhalt der Gerichtsakte widerlegt. Sowohl die Klägerin als auch der Beklagte sind mit Schreiben jeweils vom 22. September 2017 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden. Das die Klägerin betreffende, an den Klägerbevollmächtigten adressierte Schreiben ist ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Zustellungsurkunde diesem am 26. September 2017 zugestellt worden. Mit dieser Zustellungsurkunde ist gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 SGG i. V. m. § 182 Abs. 1 Satz 1, § 171 ZPO der Nachweis der Zustellung des Schreiben vom 22. September 2017 an den Klägerbevollmächtigten geführt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).

Dr. Scheer Höhl Schneider
Rechtskraft
Aus
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