S 4 AS 449/14

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 4 AS 449/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 782/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin 1/5 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten (noch) über die Höhe der Kosten der Unterkunft (KdU) für die Zeit vom 1.6. bis 30.11.2014.

Die 1956 geborene Klägerin wohnt zusammen mit ihrem Lebenspartner, der Altersrentner ist und ergänzend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII) bezieht, in einer 60 m² großen Wohnung in A-Stadt. Die Klägerin selbst bezieht seit einigen Jahren Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II). Sie ist schwerbehindert; das Versorgungsamt Kassel erkannte ihr einen Grad der Behinderung von 60 zu. Die von beiden Personen innegehaltene Wohnung ist mit einer Gastherme ausgestattet. Die Miete betrug im Jahr 2014 monatlich 290 EUR netto kalt zzgl. 88 EUR Nebenkostenvorauszahlung (= Bruttokaltmiete 378 EUR). Der Gasversorger forderte bis einschließlich Juni 2014 monatliche Abschläge von 62 EUR monatlich und ab Juli 2014 einen Abschlag in Höhe von 67 EUR. Die Klägerin und ihr Lebenspartner zahlten freiwillig einen erhöhten Abschlag von 70 EUR im Monat. Der Lebenspartner der Klägerin erhielt und erhält vom Sozialhilfeträger monatlich als KdU die Hälfte der Bruttokaltmiete zuzüglich hälftige Heizkostenvorauszahlung sowie zusätzlich 3 EUR monatlich für die Stromkosten zum Betrieb der Heizungsanlage (Gastherme).

Für die Zeit bis 30.11.2013 gewährte der Beklagte der Klägerin die von ihr zu tragenden KdU in voller Höhe, also die Hälfte der tatsächlich anfallenden Bruttokaltmiete (= 189 EUR monatlich) sowie 31 EUR für Heizkosten. Im Rahmen der Weiterbewilligung von SGB II-Leistungen ab 1.12.2013 wurden der Klägerin zunächst mit Bescheid vom 15.11.2013 KdU nur noch i.H.v. 176 EUR (anteilige Bruttokaltmiete) zzgl Heizkosten von 31 EUR gewährt. Dagegen wandte sich die Klägerin mit Widerspruch und späterer Klage (4 AS 450/14).

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 14.4.2014 hin gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 17.4.2014 für die Zeit vom 1.6. bis 30.11.2014 weiterhin KdU und Heizung in Höhe von insgesamt 207 EUR (= hälftige Bruttokaltmiete iHv 176 EUR zzgl. 31 EUR Heizkostenvorauszahlung). Der Bescheid enthielt den Zusatz, dass die Leistungen vorläufig in der bekannten Höhe gewährt würden, weil noch keine Klärung im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren vorliege.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und führte aus, dass ihr SGB II-Leistungen in Höhe der Hälfte der tatsächlich anfallenden Bruttokaltmiete ungekürzt zustünden. Zwar sei nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) eine Bruttowarmmiete von nur 352 EUR (geteilt durch zwei Bewohner) angemessen, jedoch sei diesem Betrag ein zehnprozentiger Sicherheitszuschlag hinzuzurechnen. Ferner habe sie Anspruch auf zusätzliche Gewährung von weiteren 3 EUR zur Deckung der Stromkosten, die für den Betrieb der Gastherme anfielen.

Aus der Abrechnung des Gasversorgers C. der Klägerin und ihres Lebenspartners vom 16.5.2014 ergab sich ein Guthaben aus den Vorauszahlungen bezogen von auf beide Personen i.H.v. 157, 84 EUR. Der Anteil des Guthabens bezogen auf die Klägerin betrug 78,92 EUR. Der ab 2.7.2014 monatlich zu zahlende Abschlag betrug für sie 33,50 EUR.

Unter dem 3.7.2014 hörte der Beklagte die Klägerin zu einer Überzahlung für die Monate Juni und Juli 2014 i.H.v. 62 EUR an und stellte die Einbehaltung von weiteren 16,92 EUR für den Monat August 2014 in Aussicht. Die Klägerin habe das - anteilige - Guthaben i.H.v. 78,92 EUR seitens der C. erhalten. Dieses Guthaben sei in den auf den Zufluss folgenden Monaten bei den Vorauszahlungen für Heizkosten anzurechnen.

Mit Änderungsbescheid vom 4.7.2014 wurde für den Monat August 2014 die Leistung für Heizkosten i.H.v. 16,92 einbehalten; gleichzeitig wurde darin die für die Zeit ab Juli 2014 erhöhte Heizkostenvorauszahlung (von 31 EUR monatlich auf 33,50 EUR ) bewilligt. Es wurde ferner aufgefordert, die ergänzenden Erläuterungen, die sich im Bewilligungsbescheid befanden, zu beachten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9.7.2014 wies der Beklagte den Widerspruch - auch bezogen auf den Änderungsbescheid vom 4.7.2014 - zurück. Er führte aus, dass aufgrund der Richtlinien des Schwalm-Eder-Kreises für einen Zweipersonenhaushalt KdU i.H.v. 352 EUR (inklusive kalter Betriebskosten) als angemessen erachtet würden. Ein Sicherheitszuschlag i.H.v. 10 % sei nicht zu gewähren. Mittlerweile liege für den Schwalm-Eder-Kreis ein schlüssiges Konzept zu den KdU vor. Dieses "Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung" der Firma "D. GmbH", Endbericht im Dezember 2013 (im Folgenden: Konzept) habe zum Ergebnis, dass die Gemeinde A Stadt dem Wohnungsmarkttyp II zuzuordnen sei, für den als Bruttokaltmiete für einen Zweipersonenhaushalt nur 349,06 EUR anzusetzen seien. Die tatsächliche Bruttokaltmiete i.H.v. 378 EUR sei damit unangemessen hoch. Hinsichtlich der Stromkosten für die Gastherme wurde ausgeführt, dass die tatsächlich verbrauchten Stromkosten bisher nicht nachgewiesen seien.

Am 11.7.2014 legte die Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 4.7.2014 Widerspruch ein. Hierin führte sie aus, dass sie vorsorglich eine höhere Heizkostenvorauszahlung getätigt und hierzu Mittel aus der ihr zustehenden Regelleistung aufgewandt habe. Sie habe monatlich 70 EUR an den Gasversorger gezahlt; von dem Beklagten seien anteilig lediglich 31 EUR gewährt worden. Bezogen auf das Guthaben aus dem Abrechnungszeitraum habe sie damit 45 EUR an Eigenmitteln aufgewandt und nur einen Betrag in Höhe von 33,92 EUR des Guthabens sei aus den Heizkostenvorauszahlungen, die der Beklagte geleistet habe, bestritten worden. Nur der letztgenannte Betrag könne daher als Guthaben aus der tatsächlich durch den Beklagten erfolgten Heizkostenvorauszahlung verrechnet werden.

Die Klägerin hat am 11.8.2014 beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben. Am selben Tag hat die Klägerin auch gegen den Bescheid vom 15.11.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.7.2014 Klage erhoben (S 4 AS 450/14).

In beiden Verfahren hat sie die Gewährung der ihr tatsächlich entstehenden Unterkunftskosten i.H.v. 189 EUR monatlich begehrt sowie die Übernahme zusätzlicher Kosten für den Betriebsstrom der Heizungsanlage. Im hiesigen Verfahren hat sie zusätzlich noch begehrt, von dem Beklagten die für den Monat August 2014 einbehaltenen 16,92 EUR ausgezahlt zu erhalten.

Im für beide Verfahren anberaumten Erörterungstermin am 24.11.2014 hat der Beklagte im Verfahren S 4 AS 450/14 aufgrund fehlender Kostensenkungsaufforderung weitere KdU i.H.v. 13 EUR monatlich für die Zeit vom 1.12.2013 bis 31.5.2014 anerkannt; ferner hat er weitere Heizkosten i.H.v. 1,65 EUR monatlich als Stromkosten für den Betrieb der Heizungsanlage anerkannt. Dieser Rechtsstreit ist durch Annahme des Anerkenntnisses durch die Klägerin beendet worden.

Im hiesigen Verfahren begehrt die Klägerin von dem Beklagten weiterhin (noch) die Gewährung des von ihr tatsächlich aufzuwendenden Anteils der Bruttokaltmiete. Sie wendet sich gegen die Anwendung des von dem Beklagten vorgelegten KdU-Konzeptes und hält dieses nicht für schlüssig im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Am Konzept bemängelt sie u.a. Folgendes:

- Die regionale Differenzierung des Wohnungsmarkts im Schwalm-Eder-Kreis erfolge unter anderem durch das Pro-Kopf-Einkommen. Die Anwendung dieses Parameters stehe dem Urteil des BSG vom 19.2.2009 (B 4 AS 30/03 R) entgegen und fördere die soziale Segregation.
- Es fehle eine Darlegung der Gewichtung der einzelnen Faktoren, die zur Bildung von Wohnungsmarkttypen herangezogen werden.
- Bei der Ermittlung von Bestands- sowie Angebotsmieten seien in dem Konzept auch Wohnungsgrößen berücksichtigt worden, die größer sind, als die Grenzen Wohnraumförderrichtlinien des Landes Hessen vorsehen, zB sei für Zweipersonenhaushalte Wohnungsgrößen von 50-62 m² zugrunde gelegt worden.
- Bei der Datenerhebung sei nicht ermittelt worden, welche Ausstattungsmerkmale die jeweiligen Wohnungen haben, von denen die Mietpreise erhoben wurden. Der Standard der Wohnung werde ausschließlich über die Miethöhe ermittelt was der Rechtsprechung des BSG widerspräche.
- Im Konzept fehlten Angaben darüber welche Datensätze aus der Befragung größerer Vermieter und Verwalter stammen und welche von kleineren Vermietern und Mietern stammten. Weiter fehlte eine Angabe darüber, ob auch Daten des Jobcenters verwandt wurden.
- Weiter werde bestritten, dass dem Konzept eine repräsentative Anteil von Wohnungen, welche durch Wohnungsbaugesellschaften vermietet werden zu Grunde liegen.
- Die vorgenommene Extremwertkappung sei unzulässig.
- Die im Konzept verwendeten und aus dem Kreisreport der Bundesagentur für Arbeit für den Monat Juli 2013 zitierten Daten seien fehlerhaft.
- Die Bildung des Perzentils, mit dem das untere preisliche Segment der Wohnungen für die Angemessenheitsgrenze ermittelt werden soll, sei nicht nachvollziehbar.
- Ferner sei das Konzept im Hinblick auf die Ermittlung der durchschnittlichen bzw. üblichen kalten Betriebskosten nicht schlüssig. Es sei nicht nachvollziehbar, dass nur insgesamt 578 Datensätze zu Ermittlung der kalten Betriebskosten berücksichtigt wurden, obwohl bei Ermittlung der angemessenen Betriebskosten 2915 Datensätze verwertet worden seien; die Datenerhebung könne daher als nicht repräsentativ angesehen werden.

Darüber hinaus trägt die Klägerin vor, dass ein Umzug in ihrem Einzelfall unwirtschaftlich sei. Die Differenz des ihr nach dem Konzept zustehenden Bruttokaltmiete und die von ihr tatsächlich gezahlte Bruttokaltmiete liege bei monatlich nur 13 EUR. Über drei Jahre gerechnet ergebe sich ein Betrag von 468 EUR. Vergleiche man diesen Betrag mit den Kosten, die für ein Umzug anfallen würden, lägen die Kosten für ein Umzug deutlich darüber. Für die Zeit ab 1.7.2016 betragen die kalten Nebenkosten für die Wohnung 100 EUR monatlich. Ferner sei sie schwerbehindert und auf Arztbesuche in der Stadt A Stadt angewiesen. Sie müsse zweimal die Woche bei verschiedenen Ärzten in A-Stadt vorstellig werden. Ein Umzug in z.B. Ortsteile von A-Stadt sei für sie nicht zumutbar, da dort teilweise die Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmittel unzureichend sei und sie die Fahrkarten, um zu ihren Ärzten zu gelangen, mit mindestens 2,50 EUR pro Fahrt bezahlen müsse. Ferner sei in den Betriebskosten des Vermieters auch die Position "Schornsteinreinigung" enthalten, die jedoch eigentlich als Heizkosten von dem Beklagten zu übernehmen wäre.

Das Gericht hat Beweis erhoben und im Termin der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2016 den Mitarbeiter der Firma "D. GmbH" E. als Zeuge zur Erläuterung des für den Schwalm-Eder-Kreis erstellten Konzeptes zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung von Dezember 2013 vernommen. Der Zeuge hat eine "Mietwerterhebung Schwalm-Eder-Kreis 2013 Sozialamt" sowie die "Statistik der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II, Berichtsmonat Juni 2013" zu den Gerichtsakten eingereicht. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom selben Tag Bezug genommen.

Weiter hat der Beklagte im Termin am 28.10.2016 ein Teilanerkenntnis abgegebenen und für den streitigen Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2014 die Gewährung weiterer Kosten i.H.v. 1,65 EUR monatlich - Kosten für den Betrieb der Heizungsanlage – sowie für den Monat August 2014 die Zahlung von 16,92 EUR an die Klägerin anerkannt. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und insoweit die Klage für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,
den Bescheid des Beklagten vom 17.4.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 4.7.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.7.2014 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1.6.2014 bis 30.11.2014 weitere Mietkosten i.H.v. 13 EUR monatlich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte tritt der Auffassung der Klägerin entgegen. Er verweist auf zahlreiche sozialgerichtliche Urteile und Beschlüsse, die die Schlüssigkeit des Konzepts bestätigt hätten. Er ist weiterhin der Auffassung, dass das Konzept schlüssig und damit die Höhe der Bruttokaltmiete richtig ermittelt worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das noch offene Begehren der Klägerin hat im Ergebnis keinen Erfolg.

I. Die Klage ist - soweit sie nicht durch angenommenes Teilanerkenntnis erledigt worden ist - zulässig.

Gegenstand der zulässigen Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs.1, 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist der Bescheid vom 17.4.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14.7.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.7.2014. Der Änderungsbescheid, der zeitlich vor dem Widerspruchsbescheid (9.7.2014) ergangen ist, ist gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden, da er inhaltlich den Ausgangsbescheid abänderte und zum einen für die Monate von Juli bis einschließlich November 2014 höhere Heizkosten gewährte und zum anderen für den Monat August die Einbehaltung von 16,92 EUR regelte. Dem steht nicht entgegen, dass der Widerspruch der Klägerin erst nach Zugang des Widerspruchsbescheides bei dem Beklagten eingegangen ist.

Ferner steht der Zulässigkeit des Klagebegehrens nicht entgegen, dass der Ausgangsbescheid SGB II-Leistungen nur vorläufig gewährt hat und auch der Änderungsbescheid vom 4.7.2014 auf die entsprechenden Erläuterungen im Ausgangsbescheid Bezug nimmt. Das BSG hat hinsichtlich vorläufiger Regelungen ausgeführt: "Sind die spezifischen Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung nicht erfüllt, liegt kein Grund für eine gerichtliche Entscheidung über vorläufige Leistungen anstelle einer endgültigen Klärung des Streits vor. Dies folgt schon aus allgemeinen Gründen der Prozessökonomie sowie den Interessen der Beteiligten an einer möglichst baldigen, endgültigen Klärung ihrer Rechtsbeziehung" (BSG, Urteil vom 19.8.2015 B 14 AS 13/14 R - Rn 15,16, juris). Insbesondere ist dann unter Beachtung der Prozessökonomie und unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes über die Bewilligung endgültiger höherer Leistung zu entscheiden (Aubel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 40 Rn 69.1.).

So liegt der Fall hier: Vorliegend bezog sich die von dem Beklagten angeordnete Vorläufigkeit ihrem Inhalt nach gerade auf die umstrittene Festsetzung der Höhe der zu gewährenden Unterkunftskosten, die wiederum gerade den Streitgegenstand des hier vorliegenden Klageverfahrens bildet. Ausgehend davon liegen nun im hiesigen Rechtsstreit alle Voraussetzungen vor, um eine endgültige Regelung des Streitgegenstandes zu treffen.

Streitgegenstand sind ausschließlich die Leistungen für Unterkunft und Heizung, wie sie in den angefochtenen Bescheiden geregelt wurden. Eine solche inhaltliche Beschränkung ist nach der Rechtsprechung des BSG zulässig (s. dazu BSG, Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - Rn 16 mwN, juris).

II. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 17.4.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 4.7.2014 – modifiziert durch das angenommene Teilanerkenntnis des Beklagten - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.7.2014 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer KdU.

1. Rechtsgrundlage für die umstrittenen Leistungen für Unterkunft und Heizung ist § 22 SGB II. Nach § 22 Abs. 1 S.1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Die "Angemessenheit" der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (BSG, Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 10/06 R, juris). Das BSG (Urteil vom 18.11.2014 - B 14 AS 9/14 R, Rn 13 mwN, juris) – dem die Kammer folgt - hat dazu weiter ausgeführt: "Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen, wobei zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen ist. Weiter müssen die Unterkunftsbedarfe als Teil eines menschenwürdigen Existenzminimums folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren, also realitätsgerecht berechnet werden".

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R – und B 14 AS 32/09 R – Rn 13, juris mwN, vgl auch die Darstellung in Thüringer LSG, Urteil vom 8.7.2015 – L 4 AS 718/14 – juris Rn 38) ist die Angemessenheit von KdU unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist zu überprüfen, ob die tatsächlichen Kosten des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft abstrakt angemessen sind, d.h. ob die Kosten dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien als angemessen geltende Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzubringen ist (abstrakte Angemessenheitsprüfung). Die abstrakte Angemessenheit von Unterkunftskosten, die sich in der abstrakt angemessenen Referenzmiete ausdrückt, ist in mehreren Schritten zu bestimmen: Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln. Alsdann ist festzustellen, ob die angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Vergleichsmaßstab sind insoweit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Leistungsberechtigten, wobei die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind. Übersteigen die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete, ist zu überprüfen, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Leistungsberechtigten auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken. Dieser Prüfungsschritt ist in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II vorgegeben, wonach die abstrakt unangemessenen Kosten solange (regelmäßig für längstens sechs Monate) zu übernehmen sind, wie dem Leistungsberechtigten die Senkung der Kosten unmöglich oder unzumutbar ist (konkrete Angemessenheit).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Bruttokaltmiete für die von ihr bewohnte Wohnung, als der ihr von dem Beklagten bereits als "angemessen" geleistete Betrag iHv 176 EUR (=1/2 von 352 EUR).

a) Zur Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf die Werte zurückgegriffen, die die Bundesländer aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben und die im jeweilig streitigen Zeitraum galten (ständige Rechtsprechung, BSG, Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 10/06 R, Rn 24, juris). Für das Land Hessen sind dies die Richtlinien zur sozialen Wohnraumförderung vom 20.2.2003, geändert durch die Richtlinien vom 22.12.2008 (StAnz 2009, S. 286). Danach ist eine Wohnungsgröße für eine Person bis 45 m² und - was hier maßgeblich ist - für zwei Personen bis 60 m² angemessen.

Die von der Klägerin und ihrem Lebenspartner bewohnte Wohnung entspricht mit 60 m² den vorgenannten landesrechtlichen Richtlinien und ist von daher hinsichtlich ihrer Größe als abstrakt angemessen zu klassifizieren. b) Um die Angemessenheitsobergrenze zu finden, ist als weiterer Faktor der Wohnungsstandard miteinzubeziehen. Nach der Rechtsprechung des BSG sind Maßstab "Unterkünfte, die in Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen und keinen gehobenen Wohnungsstandard aufweisen. Die Wohnung muss von daher hinsichtlich der aufgeführten Kriterien, die als Mietpreis bildende Faktoren regelmäßig im Quadratmeterpreis ihren Niederschlag finden, im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Da es im Ergebnis allein auf die Kostenbelastung des Grundsicherungsträgers ankommt, kann dahinstehen, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung, Lage etc isoliert als angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht mit unangemessen hohen Kosten belastet wird" (BSG, Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 18/06 Rn 20, juris). Maßgeblich ist damit die sog Produkttheorie (vgl Berlit in LPK-SGB II, § 22 RdNr 32 mwN), die letztlich abstellt auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt.

Hierzu hat das BSG weiter klargestellt, dass Wohnungen, die nicht dem einfachen Standard entsprechen (sog. Substandard-Wohnungen) von vornherein nicht zur Bestimmung einer Vergleichsmiete heranzuziehen sind (BSG, Urteil vom 10.9.2013 B 4 AS 77/12 R, Rn 21 mwN, juris). Als Vergleichsmaßstab ist hierbei regelmäßig die Miete am Wohnort heranzuziehen. In Einzelfällen sind bei kleinen Gemeinden größere, bei Großstädten kleinere räumliche Bereiche denkbar (s auch BSG, Urteil vom 7. 11.2006 - B 7b AS 18/06 R, Rn 21); Gibt es - insbesondere in Kleinst-Gemeinden - keinen Wohnungsmarkt, muss auf größere räumliche Bereiche abgestellt werden. Diese sind so zu wählen, dass dem grundsätzlich zu respektierenden Recht des Leistungsempfängers auf Verbleib in seinem sozialen Umfeld ausreichend Rechnung getragen wird (BSG, Urteil vom 7.11.2006, B 7b AS 10/06 R -, Rn 24)

Um die vorbeschriebene Angemessenheitsgrenze sachlich fundiert und valide bestimmen zu können, ist nach der Rechtsprechung des BSG der Rückgriff auf ein "schlüssiges Konzept" erforderlich. Hierbei ist es in erster Linie Sache des Grundsicherungsträgers ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, um im Verwaltungsverfahren sachgerechte Entscheidungen treffen zu können. Das BSG definiert "Konzept" als ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - Rn 19, juris)

c) Die vorstehend dargestellten Grundsätze sind von dem Beklagten im Verhältnis zur Klägerin grundsätzlich beanstandungsfrei umgesetzt worden. Das Konzept entspricht im Kern den Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des BSG an die Schlüssigkeit eines solchen Konzeptes zu stellen sind. Allerdings erweist sich das angewandte Konzept nach Ansicht der Kammer teilweise als rechtswidrig, ohne dass sich dies bei der Klägerin auswirkt und bei dieser zu einer Rechtsverletzung führt.

Vorliegend hatte der Beklagte die Firma "D. GmbH" mit der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze beauftragt. Die in Ihrem Endbericht von Dezember 2013 ermittelten Bruttokaltmieten, aufgesplittet nach Wohnungsmarkttypen sowie Größe der Haushalte, wurden von dem Beklagten der Prüfung der Angemessenheit der Bruttokaltmiete von Leistungsempfängern zugrunde gelegt.

(aa) Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl BSG, Urteil vom 10.9.2013 – B 4 AS 77/12 R - Rn 28, juris mwN):

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,
- Angaben über den Beobachtungszeitraum,
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
- Validität der Datenerhebung/Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

(bb) Das von dem Beklagten zugrunde gelegte Konzept bestimmt den maßgeblichen Vergleichsraum, indem es auf das räumliche Gebiet des gesamten Schwalm-Eder-Kreises abgestellt hat. Dies ist nicht zu beanstanden. Der Vergleichsraum dient der Bestimmung der Referenzmiete, die nicht nur am Wohnort des Leistungsberechtigten selbst, sondern auch in dessen weiteren Wohnumfeld zu ermitteln ist. Maßgebend ist hierbei, dass es sich um ein Gebiet handelt, das aufgrund Infrastruktur, verkehrstechnischer Verbundenheit als insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich zu bezeichnen ist. Es kann daher insbesondere im ländlichen Raum geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, die sich strukturell ähneln. Grundsätzlich gilt, dass der Leistungsberechtigte in seinem sozialen Umfeld bleiben können soll. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nur Vergleichsmieten basierend auf Daten des konkreten Wohnortes des Leistungsberechtigten heranzuziehen sind, sondern es sind - vergleichbar mit einem erwerbstätigen Pendler -Anfahrtswege anzusetzen, die bis zu 1,5 Stunden betragen dürfen.

Unter Beachtung des so bestimmten Wohnumfeldes ist die Bestimmung des gesamten Schwalm-Eder-Kreises als ein Vergleichsraum nicht zu beanstanden.

(cc) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass das Konzept im Vergleichsraum mehrere konkret: vier - Wohnungsmarkttypen bestimmt und für diese Wohnungsmarkttypen unterschiedliche Angemessenheitsgrenzen ermittelt hat. Es liegt auf der Hand, dass der Schwalm-Eder-Kreis trotz seiner Ähnlichkeiten auch Unterschiede aufweist. Gemeinsam ist dem Vergleichsraum, dass keine größere Stadt im Sinne eines Oberzentrums dort gelegen ist und eine Orientierung an die nächsten größeren Städte (Kassel, Marburg, Fritzlar) erfolgt. Es gibt einige mittelgroße Städte, die ein anderen Mietwohnungsmarkt aufweisen (Bad Zwesten, Borken, Homberg, Neukirchen, Schwalmstadt), als der Wohnungsmarkt in den mehr ländlich strukturierten Gebieten, die unter den Wohnungsmarkttyp IV zusammengefasst sind (Gilserberg, Körle, Malsfeld, Schrecksbach, Wabern, Willingshausen, Spangenberg (Stadt)). Neben diesen geographischen Unterschieden - Entfernung zu einem Oberzentrum - hat das Konzept weitere Indikatoren benannt (z.B. Tourismus, das Pro-Kopf-Einkommen, die Neubautätigkeit, Bodenpreise) und unter Beachtung dieser Indikatoren im Wege der Clusteranalyse bestimmte Wohnungsmarkttypen gebildet. Die Zusammenfassung ähnlicher Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen in Wohnungsmarkttypen mittels der Clusteranalyse dient der Abbildung unterschiedlicher Mietniveaus innerhalb des Vergleichsraumes.

Entgegen der Auffassung der Klägerin geht es bei der Clusteranalyse - wie der Zeuge E., der zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze ergänzend von der Kammer zum Konzept für den Schwalm-Eder-Kreis in der mündlichen Verhandlung im Rahmen der Beweisaufnahme gehört worden ist, vorgetragen hat - nicht um die Gewichtung einiger Indikatoren und einer darauf basierenden Zusammenfassung von Wohnungsmarkttypen. Vielmehr wird bei dieser statistisch-wissenschaftlich anerkannten Methode jeweils das Distanzmaß zweier Objekte bestimmt und die mit der geringsten Distanz als Cluster vereinigt. Dieses Verfahren wird dann mit den verbliebenen Objekten erneut durchgeführt. So werden Cluster gebildet, die so homogen wie möglich sind. Diese Fusionierungsschritte werden solange weiter durchgeführt, bis alle Gebiete in einem einzigen Cluster zusammengefasst werden können. Dieser verbliebene Cluster, in dem alle vorherigen Cluster zusammengeführt wurden, weist nun die höchste Heterogenität auf. Es werden dann unter Beachtung der Fehlerquadratsumme (s. Konzept Abb. A 21) die Punkte ermittelt, bei denen sinnvollerweise eine Clusterbildung vorzunehmen ist. Diese Rechenoperationen ergaben im hier zu beurteilenden Konzept vier Wohnungsmarkttypen.

Diese methodische Vorgehensweise ist für die Kammer dem Grunde nach nachvollziehbar und von Klägerseite auch nicht substantiiert gestützt auf statistisch-wissenschaftliche Erkenntnisse angegriffen worden. Angesichts dieser Verfahrensweise ist der pauschale Einwand der Klägerin entkräftet, dass das Pro-Kopf-Einkommen wegen Gefahr der Segregation (Stichwort: Ghetto-Bildung) nicht berücksichtigt werden dürfte. Zum einen ist dieses Kriterium nur eines unter vielen und zum anderen sorgt gerade die Betrachtung über den Vergleichsraum des gesamten Schwalm-Eder-Kreises und über die im Wege der Clusteranalyse gebildeten Wohnungsmarkttypen (die zwar strukturell ähnlich, aber auch räumlich voneinander entfernt sind) für eine Vermeidung von Ghettobildung.

dd) Nach der Bildung von Wohnungsmarkttypen wurden im Rahmen des Konzepts in einem nächsten Schritt Mieterhebungen zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze durchgeführt. Hierbei sind die Anforderungen, die das BSG an ein schlüssiges Konzept stellt, eingehalten worden. Es erfolgte eine Datenerhebung über den gesamten Vergleichsraum, d.h. des Schwalm-Eder-Kreises. Die Zeiträume der Datenerhebung sind ebenfalls benannt worden. Die Vermieterbefragungen erfolgten jeweils zum Stichtag 1.1.2013. Die Angebotsmieten wurden im Zeitraum Oktober 2012 bis März 2013 ermittelt. Als Neuvertragsmieten wurden Mietvertragsabschlüsse angesehen, die in der Zeit von April bis Dezember 2012 geschlossen wurden.

Es wurde auch eine ausreichend repräsentative Anzahl von Bestands- bzw. Angebotsmieten ermittelt. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.6.2008 B 14/7b AS 44/06 R -, Rn 16, juris) kann von einer repräsentativen Datenbasis ausgegangen, wenn mindestens 10 % der insgesamt vorhandenen Mietwohnungen berücksichtigt wurden. Bei der Erhebung von Bestandsmieten wurden 1750 kleinere Vermieter und 2750 Mieter angeschrieben. Aus der Vernehmung des Zeugen E. ergibt sich, dass von privaten Vermietern ein Rücklauf von 258 Bestandsmieten erfolgte. Von den befragten Mieterhaushalten erfolgte ein Rücklauf von 102 Bestandsmieten. Relevante Daten des Jobcenters wurden in der Größenordnung von 2629 Datensätzen berücksichtigt. Unter Ausschluss von unplausiblen bzw. unvollständigen Antworten sowie Ausschluss von 105 Wohnungen, die (35 m² sind, waren 2923 Bestandsmieten verwertbar. Hinsichtlich der erhobenen Mietangebote waren von 968 erhobenen nach Bereinigung um Dubletten, möblierte Wohnungen u.ä. sowie Wohnungen unter 35 m² und Anwendung der Extremwertkappung 816 relevante Mietangebote übrig.

Ausweislich des Konzepts sind laut Zensus 2011 rund 29.300 Wohnungen zu Wohnzwecken vermietet. Hierbei wurde jedoch nicht unterschieden, ob es sich um Werkswohnungen oder auch Wohnungen, die zu Freundschaftspreisen oder anderen Sonderkonditionen vermietet wurden, handelt. Jedenfalls hat das Konzept mit der Berücksichtigung von mehr als 3700 verwertbaren Daten die Grenze von 10 % deutlich überschritten.

Auch die Methodik des Konzeptes, im Rahmen der Mietwerterhebung die Wohnungen des gesamten Marktes, also auch die Wohnungen des gehobenen Segmentes zu berücksichtigen, ist nicht zu beanstanden. Das BSG (Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 9/14 R -, Leitsatz, juris) hat insoweit keine Methodik vorgeschrieben. Es hat vielmehr offengelassen, ob im Rahmen eines Konzeptes lediglich die Wohnungen einfachen Standards berücksichtigt werden oder ob Erhebungen sich auf den gesamten Wohnungsmarkt beziehen, dann jedoch die Berücksichtigung von Wohnungen einfachen Standards anderweitig sichergestellt werden muss. Die Firma "D. GmbH" hat den Weg gewählt, Mieterhebungen über den gesamten Markt vorzunehmen und dann eine Beschränkung auf das hier maßgebliche untere Wohnungssegment durchzuführen.

Dass das Konzept eine Extremwertkappung bei den Bestandsmieten vorgenommen hat, ist entgegen der Auffassung der Klägerin ebenfalls nicht zu beanstanden. Es entspricht vielmehr statistisch-mathematischem Standard, dass um Verzerrungen der Ergebnisse zu vermeiden, Werte außerhalb des Bereichs der 1,96-fachen Standardabweichung nicht berücksichtigt werden. So erhält man eine Normalverteilung, bei der sich in diesem Intervall 95 % aller Fälle befinden. Dem entspricht auch die Vorgehensweise, dass im Rahmen der Angebotsmieten, die Mietangebote nicht berücksichtigt wurden die sich eindeutig im "Luxussegment" befinden. Bei den Angebotsmieten wurden daher – wie der Zeuge E. bekundet hat - Mietwohnungen mit Sauna und Schwimmbad herausgefiltert.

ee) In einem weiteren Schritt mussten die von der Firma "D. GmbH" erhobenen Mietdaten auf das hier nur relevante untere Marktsegment abgeleitet werden. Dies erfolgt im Wege der Perzentilbildung. Hierzu geht das Konzept von der Prämisse aus, dass sich um günstigen Wohnraum nicht nur Leistungsempfänger bemühen und dieser Umstand bei der Definition einer Angemessenheitsobergrenze zu berücksichtigen ist. Denn es muss sichergestellt sein, dass Leistungsempfänger in Konkurrenz mit anderen Nachfragern auch tatsächlich mit Wohnraum versorgt werden können. Dafür hat das Konzept zunächst alle Nachfragergruppen ermittelt, die sich auf Wohnraum im unteren Marktsegment bewerben. Dies sind neben Beziehern von SGB II- und SGB XII-Leistungen auch Geringverdiener ohne ergänzenden Sozialleistungsbezug, Wohngeldempfänger sowie Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaföG) oder Leistungen der Berufsausbildungsbeihilfe (§ 54 ff Sozialgesetzbuch/Drittes Buch). Lediglich für den Bereich der Geringverdiener ohne ergänzenden Sozialleistungsbezug lagen keine aktuellen statistischen Angaben vor. Hierzu wurde auf das Forschungsprojekt "KdU und die Wohnungsmärkte" für das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung aus dem Jahr 2009 – erstellt u.a. von der Fa. D. GmbH – zurückgegriffen und ein Bundesdurchschnitt verwendet. Inwieweit diese konkrete Nachfragergruppe mit der hier verwendeten Zahl von insgesamt 8.170 bezüglich des hier zu untersuchenden Schwalm-Eder-Kreis tatsächlich realistisch abgebildet ist, bleibt offen. Allerdings bietet dieser Zahlenwert einen Anhaltspunkt, der empirisch ermittelt wurde; denn es ist zu beachten, dass für diese Nachfragergruppe keine eigenständigen Statistiken existieren. Die Anwendung älterer Statistiken bzw. das "Herunterbrechen" bundesweiter Statistiken ist dann nicht zu beanstanden, wenn andere Daten nicht zu erlangen sind, die dem Konzept zugrunde gelegt werden könnten.

Nach Ermittlung der gesamten Nachfragergruppe werden die prozentualen Anteile für die jeweiligen Haushaltsgrößen ermittelt. Der prozentuale Wert der Nachfragegruppe bei Zweipersonenhaushalten liegt beispielsweise bei 16 %, bei Einpersonenhaushalten hingegen bei 24 %. Dieses Nachfragevolumen wird nun dem Angebot gegenübergestellt. Der Nachfragergruppe soll jeweils bezogen auf die Haushaltsgröße ausreichend preisgünstiger Wohnraum in Vergleichsraum zur Verfügung stehen. Hierbei werden methodisch als Bezugspunkt zunächst die Bestandsmieten benutzt. Diese werden aufsteigend sortiert und es wird dann die Grenze gezogen bei dem Wert, der prozentual der Nachfragergruppe der jeweiligen Haushaltsgröße entspricht. In einem iterativen Verfahren - beschrieben auf Seite 34 des Konzeptes - werden dann die Angemessenheitsgrenzen abgeleitet. Hierzu wird die - so die Bekundungen des Zeugen E. - der auf Basis der Nachfrageanalyse ermittelte vorläufige Richtwert der maximalen Bruttokaltmiete innerhalb eines iterativen Verfahrens mit den erhobenen Angebotsmieten (Nettokaltmieten) abgeglichen und an dieses Preisniveau angepasst, so dass ausreichend hohe Anteile der erhobenen Mietangebote zum Richtwert verfügbar sind, zB wenn nur 10 % der Angebotsmieten für das Produkt anmietbar sind, wäre der Angemessenheitsrichtwert zu niedrig, das Perzentil müsste erhöht werden; hierbei wird das Preisniveau der Neuvertragsmieten und die Nachfrage je Haushaltsgrößenklasse bei der Berücksichtigung der verfügbaren Angebotsmieten gewertet. Die Bekundungen des Zeugen E. entsprechen den Ausführungen des Konzepts, wonach die Angebots- und Neuvertragsmieten zu den Bestandsmieten in Beziehung gesetzt und unter Beachtung der Nachfragergruppe so lange erhöhte oder reduzierte Perzentile iterativ geprüft werden, bis die Angebotsanteile als ausreichend unter aktuellen Marktbedingungen bewertet werden können. Hierbei hat sich das Konzept daran orientiert, dass es für "normale Wohnungsmarktverhältnisse" ausreichend ist, wenn ein Prozentsatz von 10-20 % der Angebotsmieten verfügbar ist.

Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R, Rn 37, juris) ist es nicht zu beanstanden, wenn die unteren 20 % des preislichen Segments die Grundlage für die Entscheidung über die Angemessenheit gebildet haben. Im Ergebnis des iterativen Prozesses ist im hier relevanten Bereich des Wohnungsmarkttyp II bezogen auf alle Wohnungsgrößenklassen ein Perzentil von 33 % gegeben. Dieses Perzentil sagt aus, dass von hundert Mieten mindestens 33 gleich oder niedriger sind als die ermittelte Mietobergrenze im Bereich der für die Haushaltsgröße maßgeblichen Wohnungsgröße. Dies bedeutet, dass die 33. Miete ausgehend von der geringsten Nettokaltmiete (zunächst) die Obergrenze bildet. Hinsichtlich der anderen Wohnungsmarkttypen sind Perzentilwerte von 40 bzw. 45 % ermittelt worden. Im Vergleich mit der Analyse der Nachfragergruppen (Seite 32 des Konzeptes) ergibt sich, dass durch das iterative Verfahren eine Anhebung des Perzentils über alle Wohnungsmarkttypen hinweg von rund 17 % stattgefunden hat.

Im Ergebnis ist es für die Kammer vor diesem Hintergrund grundsätzlich nachvollziehbar, dass die vorbeschriebenen Perzentilbildung ausreichende Gewähr dafür bietet, dass genügend verfügbare Wohnungen für die Nachfragergruppe existieren.

(ff) Das von dem Beklagten in Auftrag gegebene und herangezogene Konzept erweist sich indessen im Hinblick auf die Ermittlung der angemessenen kalten Betriebskosten als nicht schlüssig.

Nachdem die Perzentilbildung im Rahmen der Netto-Kaltmieten erfolgt ist, hat das Konzept daneben die kalten Betriebskosten pro Quadratmeter ermittelt. Hierzu wurden die ebenfalls erhobenen Betriebskostenvorauszahlungen aus den Mieterhebungen mit denen der Leistungsempfänger abgeglichen. Es wurde allerdings tatsächlich - entgegen der Ausführungen im Konzept - kein nach Wohnungsgröße und Wohnungsmarkttyp differenzierter Mittelwert aller Betriebskostenwerte gebildet. Vielmehr wurde fehlerhaft nur der Mittelwert aus kalten Betriebskosten, die aus den Datenbeständen des Jobcenters ermittelt wurden, zur Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete genutzt. Dies führt dazu, dass der - wie vorstehend beschrieben - berechnete Mittelwert bei den Ein- und Zweipersonenhaushalten niedriger ist als es sich bei Berechnung des Mittelwerts ausgehend von den Daten aus der Mietwerterhebung (s. Tab.10, S.38 des Konzepts) ergibt. Hierin liegt ein Mangel des Gutachtens, der grundsätzlich zur Annahme der fehlenden Schlüssigkeit des Konzepts führen muss, sofern dies im Einzelfall zu Lasten des Betroffenen entscheidungserheblich ist. Der Fehler des Konzepts wirkt sich speziell im Falle der Klägerin aber nicht zu deren Nachteil aus: Wäre im Falle der Klägerin der Mittelwert auch unter Berücksichtigung der kalten Betriebskosten aus Mietwerterhebung unter Beachtung der jeweiligen Anzahl der Datensätze gebildet worden (wie etwa geschehen im Konzept der Firma "D. GmbH" für den Werra-Meißner-Kreis, Endbericht vom März 2014), ergäbe sich ein um rund 0,025 EUR höherer Ansatz der kalten Betriebskosten. Multipliziert mit 62 m2 ergäbe sich bei der Klägerin damit eine um 1,55 EUR erhöhte monatliche Bruttokaltmiete.

(gg) Im Ergebnis ist damit zwar festzustellen, dass das Konzept der "Firma D. GmbH" zwar einen Fehler aufweist; dieser wirkt sich aber auf die Höhe des KdU-Leistungsanspruchs der Klägerin nicht aus.

In der vorliegenden Fallkonstellation beträgt die abstrakt angemessene Bruttokaltmiete für zwei Personen in A-Stadt (Wohnungsmarkt Typ II) 349,06 EUR. Selbst bei Ansatz höherer kalter Betriebskosten ergibt sich für die Klägerin kein höherer Leistungsanspruch, da eine Erhöhung um monatlich 0,77 EUR (174,53 + 0,77 = 175,30 EUR) immer noch unter der vom Beklagten tatsächlich gewährten um 0,70 Euro höheren Leistung von 176 EUR monatlich liegt. Die von dem Beklagten tatsächlich gewährten Leistungen richten sich nach einer Bruttokaltmiete von insgesamt 352 EUR und liegen damit bereits etwas über der Angemessenheitsgrenze des Konzeptes; das ist darauf zurückzuführen, dass der Beklagte die Absenkung der KdU zuvor orientierend an der Wohngeldtabelle vornahm. Ein weiteres Kostensenkungsverfahren wäre insoweit gemäß der eigenen Richtlinie des Beklagten unwirtschaftlich, weil die Differenz zwischen WoGG und Konzept-Angemessenheitsgrenze unter 3,5 % liegt (Nr. 5 der Richtlinie zur Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizkosten gemäß § 22 SGB II und § 35 SGB XII, vom 1.9.2014). Ein solches Verfahren ist vom Beklagten daher nicht vorgenommen worden.

Die im Konzept für die Ermittlung der Daten der Betriebskosten verwendeten Datensätze (578 Datensätze) hält das Gericht hingegen für ausreichend repräsentativ, zumal es sich bei den Abweichungen in der Regel (nur) um Cent-Beträge handelt ganz im Gegensatz zu den Erhebungen zu den Netto-Kaltmieten.

(hh) Soweit die Klägerin allerdings eingewandt hat, dass bei der Erhebung der Mietwerte auch Wohnungen berücksichtigt wurden, deren Größe leicht über den für die jeweilige Haushaltsgröße in den Wohnraumförderrichtlinien angegebene Quadratmetergrenze lag, konnte dies durch die Erläuterung des Zeugen entkräftet werden. So wurden zwar für einen Zweipersonenhaushalt Wohnungen bis 62 m² berücksichtigt, obwohl die Grenze im nach den Förderrichtlinien bei 60 m² liegt. Dem korrespondierend erfolgte allerdings auch die Bildung der Angemessenheitsobergrenze, indem der ermittelte Mietpreis (Bruttokaltmiete) pro Quadratmeter mit der zuvor genutzten erhöhten Quadratmeterzahl multipliziert wurde zB errechnet sich die hier maßgebliche Bruttokaltmiete (349,06 EUR) durch die Multiplikation der ermittelten Bruttokaltmiete/ Quadratmeter (= 5,63 EUR) mit der maximalen Wohnfläche von 62 m2.

d) Da das Konzept bezogen auf den hier zu entscheidenden Fall (noch) als schlüssig anzusehen ist, ist auch davon auszugehen, dass die konkrete Angemessenheit gegeben ist, d.h. dass eine kostenangemessene Wohnung auch konkret verfügbar ist (vgl. Leitsatz aus BSG Urteil vom 13.4.2011 – B 14 AS 106/10 R). Zur Veranschaulichung wird auf Tabelle 19 und Abb. A7 des Konzepts verwiesen, wonach bezogen auf Wohnungsmarkttyp II und einen Zweipersonenhaushalt 48 % der Angebotsmieten – es wurden 49 Mietangebote berücksichtigt - der Angemessenheitsgrenze entsprachen.

e) Der Einwand der Klägerin, in den von ihr gezahlten Betriebskosten seien ausweislich der Betriebskostenabrechnung vom 13.5.2015 für das Jahr 2014 auch Kosten für die Schornsteinreinigung enthalten, die nicht im Rahmen der Betriebskosten, sondern bei den Heizkosten zu berücksichtigen wäre, führt nicht zu höheren KdU-Leistungen.

Nach § 2 Nr. 12 der Betriebskostenverordnung fallen unter die umlagefähigen Betriebskosten die Kehrgebühren nach der maßgebenden Gebührenordnung, soweit sie nicht bereits als Kosten nach § 2 Nr. 4 a) berücksichtigt sind. § 2 Nr. 4 a) regelt, dass beim Vorhandensein einer zentralen Heizungsanlage die Reinigung, Wartung, Pflege sowie Messungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz nach dieser Vorschrift abzurechnen ist. Aus diesen Regelungen geht hervor, dass Schornsteinfegerkosten beim Betrieb einer zentralen Heizungsanlage grundsätzlich als Teil der Heizkosten umzulegen und abzurechnen sind. Sie sind jedoch dann den - übrigen - Betriebskosten zuzuordnen, wenn eine zentrale Heizungsanlage nicht vorhanden und damit eine zentrale Heizungsabrechnung nicht vorgenommen wird. So liegt der Fall hier, da sich in der Wohnung der Klägerin eine Gastherme befindet und keine zentrale Heizungsanlage existiert. Die anteilige Umlage der Kosten für Schornsteinreinigung im Rahmen der Betriebskostenabrechnung auf die Klägerin ist daher nicht zu beanstanden.

f) Soweit die Klägerin einwendet, dass die Bescheide rechtswidrig seien, weil aufgrund der geringen Überschreitung der Angemessenheitsgrenze um 13 EUR monatlich, ein Umzug nicht wirtschaftlich sei, kann dem die Kammer nicht folgen.

Ein Anspruch der Klägerin etwa auf eine Ermessensentscheidung auf der Grundlage von § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II ist zur Überzeugung der Kammer nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift muss eine Absenkung der nach § 22 Abs. 1 S. 1 unangemessenen Aufwendungen nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistung unwirtschaftlich wäre. Bereits der Formulierung "muss nicht gefordert werden" ist zu entnehmen, dass damit dem einzelnen Leistungsbeziehers kein subjektives Recht eingeräumt werden soll. Dies wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Danach soll mit dieser Formulierung dem kommunalen Träger der Verzicht auf die Kostensenkungsaufforderung im eigenen Interesse ermöglicht werden (Berlit in: LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 22 Rn 96). Ob eine solche Regelung, die den Träger bindet, erforderlich ist, kann dahingestellt bleiben. Die Kammer folgt der Auffassung, dass der Grundsicherungsträger ohnehin objektiv-rechtlich an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden ist und dass er bereits hieraus verpflichtet ist zu prüfen, ob eine Kostensenkungsaufforderung im Einzelfall wirtschaftlich ist oder nicht (s. dazu Luik in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22 Rn 132).

Prüft man die angefochtenen Bescheide unter diesem Gesichtspunkt, so ergibt sich für das Gericht, dass eine Unwirtschaftlichkeit nicht anzunehmen ist. Der Verzicht auf eine Absenkung wird nämlich regelmäßig nur dann in Betracht kommen, wenn die tatsächlichen Unterkunftskosten die Angemessenheitsgrenze nur geringfügig überschreiten oder absehbar ist, dass die leistungsberechtigte Person in naher Zukunft aus dem Leistungsbereitzug ausscheidet (Berlit in LPK-SGB II aaO Rn 97). Eine geringfügige Überschreitung wird von dem Beklagten dann angenommen, wenn sie nicht größer als 3,5 % beträgt. Hier liegt die Überschreitung mit ungefähr 7,5 % dagegen deutlich oberhalb des von dem Beklagten regelmäßig angewandten Grenzwertes.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin in absehbarer Zeit aus dem SGB II-Leistungsbezug ausscheiden wird. Hierbei ist zu berücksichtigen dass der streitige Zeitraum noch die zweite Jahreshälfte 2014 betrifft und ein Ende des Leistungsbezuges der Klägerin nach aktueller Prognose nur zum Zeitpunkt des Erreichens der Altersgrenze der Regelaltersrente anzunehmen ist, also mit fast 66 Jahren (65 Jahre und 10 Monate) im Jahr 2022. Dies würde bei Addition des monatlichen Differenzbetrages zur angemessenen Bruttokaltmiete einen Gesamtbetrag von rund 1200 EUR ergeben. Addiert man nun die jedenfalls seit der zweiten Jahreshälfte 2016 um insgesamt 12 EUR monatlich erhöhten Betriebskosten hinzu, ergibt sich unter Beachtung der für die Klägerin nur hälftig anfallenden Betriebskosten ein weiterer Betrag von rund 400 EUR. Damit ist auch unter Beachtung dessen, dass ein Umzug möglicherweise von einem gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden muss, eine Unwirtschaftlichkeit nicht ersichtlich.

g) Der Einwand der Klägerin, ein Umzug sei ihr aus subjektiven Gründen nicht zuzumuten und die Absenkung der KdU sei daher rechtswidrig, überzeugt das Gericht schließlich ebenfalls nicht.

Gemäß § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II sind die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die den angemessenen Umfang übersteigen, so lange als Bedarf anzuerkennen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Hierbei ist davon auszugehen, dass bei unangemessen hohen Wohnungskosten den Leistungsberechtigten grundsätzlich die Pflicht trifft, die Kosten zu senken. Der Klägerin war jedenfalls schon seit Erteilung des Weiterbewilligungsbescheides vom 15.11.2013 mit "abgesenkten" KdU die Unangemessenheit der Wohnungskosten bekannt. Gründe, die es der Klägerin tatsächlich unzumutbar machen, einen Wohnungswechsel vorzunehmen, sind zur Überzeugung der Kammer nicht gegeben. Zwar ist es grundsätzlich so, dass der Leistungsberechtigte Anspruch darauf hat, dass seinem grundsätzlich zu respektierenden Recht auf Verbleib in seinem sozialen Umfeld ausreichend Rechnung getragen wird (BSG, Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 10/06 R). Nach der Rechtsprechung des BSG bedeutet das Aufrechterhalten des sozialen Umfeldes jedoch nicht, dass keinerlei Veränderungen der Wohnraumsituation stattfinden dürften. Gewährleistet wird hierbei nicht der Verbleib in einer konkreten Unterkunft oder dem unmittelbaren Wohnumfeld; ein Umzug innerhalb des örtlichen Vergleichsraums ermöglicht es, soziale Bindungen auch nach Umzügen aufrechtzuerhalten. Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wie sie erwerbstätigen Pendlern selbstverständlich zugemutet werden, sind hinzunehmen (BSG, Urteil vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R – Rn 34, juris).

Weitergehende Einschränkungen der Obliegenheit zur Senkung unangemessener KdU im Sinne subjektiver Unzumutbarkeit bedürfen besonderer Begründung seitens des Betroffenen. Beruft sich ein Hilfebedürftiger darauf, sich zB örtlich nicht verändern oder seine Wohnung nicht aufgeben zu können, müssen hierfür besondere Gründe vorliegen, die einen Ausnahmefall begründen können. Hierfür kommen nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R -, Rn 35, juris) insbesondere grundrechtsrelevante Sachverhalte oder Härtefälle in Betracht. Dazu gehört etwa die Rücksichtnahme auf das soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder zur Vermeidung eines Schulwechsels, Rücksichtnahme auf Alleinerziehende, die zur Betreuung ihrer Kinder auf eine besondere Infrastruktur angewiesen sind, die bei einem Wohnungswechsel in entferntere Ortsteile möglicherweise verloren ginge und im neuen Wohnumfeld nicht ersetzt werden könnte; ähnliches kann für behinderte oder pflegebedürftige Menschen bzw für die sie betreuenden Familienangehörige.

Unter Beachtung dieser Grundsätze sind solche in der Person der Klägerin liegende Härtegründe nicht ersichtlich. Die Klägerin ist zwar mit einem Grad der Behinderung von 60 schwerbehindert, ein zusätzliches Merkzeichen, aus dem eine weitergehende Behinderung hervorgeht – etwa Merkzeichen G oder aG - , die ein Verbleib in der innegehaltenen Wohnung erforderlich machen könnte, liegt jedoch nicht vor. Die Argumentation, dass sie ca. zwei Mal wöchentlich einen Arzt in der Stadt A-Stadt aufsuchen müsse, stellt für sich genommen die Zumutbarkeit eines Umzuges nicht infrage. Anfahrtswege vom Wohnort zum Arzt sind der Klägerin durchaus zuzumuten. Anfallende Kosten für öffentliche Verkehrsmittel müssen insoweit aus der Regelleistung bestritten werden. Es ist nicht vorgetragen und nicht ersichtlich, dass die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen in der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel eingeschränkt ist. Ebenfalls ist nicht ausreichend dargetan oder sonst ersichtlich, dass der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nur Wohnungen im Erd- bzw ersten Obergeschoß zuzumuten seien.

3) Nach alledem war die Klage abzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; hierbei ist berücksichtigt worden, dass der Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben hat.

IV. Das Gericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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