L 3 BA 31/18

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 25 R 272/12
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 BA 31/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Beklagte berechtigt ist, nach einer durchgeführten Betriebsprüfung Sozialversicherungsbeiträge von der Klägerin nachzufordern, die diese bereits an die Beigeladene zu 1. gezahlt hatte und von dieser an die Klägerin zurücküberwiesen wurden.

Die Klägerin ist aufgrund des Verschmelzungsvertrages vom 26. Juli 2010 mit der BWZ "J.- u. S." gGmbH (im Weiteren: BWZ) deren Rechtsnachfolgerin. Die Verschmelzung wurde am 11. August 2011 im Handelsregister der BWZ eingetragen.

Am 21. März 2011 führte die Beklagte bei der BWZ eine Betriebsprüfung gemäß § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) für den Zeitraum vom 1. August 2007 bis zum 31. März 2010 durch. Mit Schreiben vom 18. April 2011 wies die Beklagte die BWZ darauf hin, dass für den Zeitraum vom 1. November bis zum 31. Dezember 2008 Beitragsnachweise ordnungsgemäß erstellt, übermittelt und auch bezahlt worden seien. Durch Korrekturen in der Lohnabrechnung sei es zu Rückrechnungen (auch für Vormonate) gekommen, welche ebenfalls ordnungsgemäß durchgeführt worden seien. Die Beitragsnachweise seien auch zunächst für November und Dezember 2008 richtig eingebucht worden, was an dem Verlauf der Sollstellungen zu erkennen sei. Gleichwohl seien die Beitragsnachweise für die Monate November und Dezember 2008 durch die Beigeladene zu 1. wieder ausgebucht worden, ohne dass eine Begründung hierfür ersichtlich sei. Da die Beitragsnachweise für November und Dezember 2008 nunmehr in die Sollstellungen des Arbeitgeberkontos bei der Beigeladenen zu 1. gehörten, sei eine Nachberechnung der Sollstellungen erforderlich. Aufgrund der relativ hohen Erstattung von Beiträgen im Januar 2009 durch die Beigeladene zu 1. habe die BWZ Kenntnis von ihrer Zahlungspflicht erlangt. Insoweit seien Säumniszuschläge zu erheben. Der Anhörung ist in der Anlage die Berechnung der Beiträge für November und Dezember 2008 in Höhe von jeweils 2.164,23 EUR als "Korrektur Beitragsnachweis" beigefügt und es sind Säumniszuschläge in Höhe von 1.182,50 EUR errechnet worden. Die Gesamtnachforderungssumme betrage 5.510,96 EUR.

In der hierzu am 5. Mai 2011 verfassten Stellungnahme wies die BWZ darauf hin, unbestritten Beitragsnachweise für die Monate November und Dezember 2008 bei der Beigeladenen zu 1. eingereicht und die Zahlung der in den Beitragsnachweisen ausgewiesenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge geleistet zu haben. Die Einzahlungen seien von der Beigeladenen zu 1. auf dem Beitragskonto der BWZ verbucht worden. Damit sei die Verpflichtung der BWZ zur Zahlung erloschen. Die Beigeladene zu 1. wäre verpflichtet gewesen, die gezahlten Gesamtsozialversicherungsbeiträge an die zuständigen Träger weiterzuleiten. Dieser Verpflichtung sei sie nicht nachgekommen und habe - aus welchen Gründen auch immer - die Beiträge für November und Dezember 2008 zu einem späteren Zeitpunkt zurückgezahlt. Hiermit lebe die sozialrechtliche Verpflichtung der BWZ als Arbeitgeber zur nochmaligen Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Monate November und Dezember 2008 nicht wieder auf. Allenfalls stünde der Beigeladenen zu 1. ein zivilrechtlicher Rückforderungsanspruch in Bezug auf die an die BWZ geleisteten Zahlungen nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung aus § 812 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu. Möglicherweise habe die Beigeladene zu 1. ohne Rechtsgrund die Rückzahlung geleistet. Jedenfalls sei die Beklagte für die Rückforderung der durch die Beigeladene zu 1. an sie - die BWZ - geleisteten Zahlungen nicht zuständig.

Mit Bescheid vom 13. Mai 2011 stellte die Beklagte gegenüber der BWZ aus dem Prüfzeitraum vom 1. August 2007 bis zum 31. März 2010 eine Nachforderung in Höhe von 5.510,96 EUR fest. Hierin seien Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 1.182,50 EUR enthalten. Zur Begründung hat sie die Gründe im Schreiben vom 18. April 2011 wiederholt.

Mit dem am 1. Juni 2011 hiergegen eingelegten Widerspruch wiederholte die BWZ ebenfalls ihre Argumente aus der Stellungnahme vom 5. Mai 2011 und wies zudem darauf hin, die zurückgezahlten Beiträge verbraucht zu haben. Sie erhebe hinsichtlich der Rückforderung die Einrede der Entreicherung.

Die BWZ überwies am 11. Juli 2011 an die Beigeladene zu 1. die von der Beklagten geltend gemachte Nachforderung in Höhe von 5.510,96 EUR.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2011 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und hob die Forderung von Säumniszuschlägen auf. Die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung betrage nunmehr insgesamt 4.328,46 EUR. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 2012 als unbegründet zurück. Der Beitragsanspruch für die Zeit vom 1. November bis zum 31. Dezember 2008 sei unabhängig von dem Umstand, dass die Beitragsnachweise von der Beigeladenen zu 1. ausgebucht worden seien und ein Betrag in Höhe von 4.328,46 EUR an die BWZ ausgezahlt worden sei, nach § 22 Abs. 1 SGB IV entstanden und gemäß § 23 SGB IV auch fällig geworden. Die BWZ könne nicht geltend machen, auf die Richtigkeit des Auszahlungsbetrages durch die Beigeladene zu 1. vertraut zu haben. Eine Erstattung von Beiträgen sei nach § 26 SGB IV nur möglich, wenn diese zu Unrecht gezahlt und ein entsprechender Antrag gestellt worden sei. Die BWZ habe einen Antrag auf Beitragserstattung jedoch nicht gestellt. Bei Eingang des Geldbetrages hätte es der BWZ oblegen, nachzufragen, woraus die angebliche Überzahlung resultiere. Die irrtümliche Auszahlung hätte dann bereits festgestellt werden können. Die Zuständigkeit der Beklagten hinsichtlich der festgestellten Nachforderung ergebe sich aus § 28 p Abs. 1 und 2 SGB IV. Demnach prüften die Träger der Rentenversicherung insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldung durch den Arbeitgeber. Den Einzugsstellen hingegen obliege der Beitragseinzug der Gesamtsozialversicherungsbeiträge, die die Rentenversicherungsträger im Rahmen von durchgeführten Arbeitgeberprüfungen geltend gemacht hätten.

Mit der am 24. Mai 2012 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage hat die Klägerin die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 13. Mai 2011 in der Fassung des Bescheides vom 22. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2012 weiterverfolgt und zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.

Mit Beschluss vom 14. Januar 2015 hat das Sozialgericht die Beiladungen zu 1. bis 3. vorgenommen.

Die Beigeladene zu 1. hat ebenfalls die Auffassung vertreten, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Das Konto der BWZ weise einen inzwischen ausgeglichenen Saldo auf und die letzten Abmeldungen seien zum 31. Dezember 2009 erfolgt. Sie hat darauf hingewiesen, dass nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV die Rentenversicherungsträger die Betriebsprüfungen dabei in alleiniger Verantwortung (Unterstreichung durch die Beigeladene zu 1.) durchführten. Kraft gesetzlicher Aufgabenzuweisung habe die Beklagte entsprechende Festsetzungen gegenüber der BWZ vornehmen können und müssen. Etwaige Verschuldensfragen bzw. Vertrauensschutzgesichtspunkte kämen nicht zum Tragen. Die Beigeladene zu 1. hat zudem auf die Urteile des Landessozialgerichts (LSG) Sachsen-Anhalt vom 12. April und vom 9. August 2012 in den Verfahren L 1 R 21/10 und L 1 R 300/11 verwiesen, wodurch sie sich in ihrer Rechtsauffassung bestätigt sieht.

Mit Urteil vom 22. Oktober 2015 ohne mündliche Verhandlung hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 13. Mai 2011 in der Fassung des Bescheides vom 22. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2012 aufgehoben. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Die Beklagte habe keinen Anspruch auf Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Monate November und Dezember 2008 in Höhe von 4.328,46 EUR.

Die Beklagte sei grundsätzlich als Trägerin der Rentenversicherung gemäß § 28 p SGB IV befugt, bei den Arbeitgebern zu prüfen, ob diese ihre Meldepflicht oder ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Sozialversicherungsbeitrag stünden, ordnungsgemäß erfüllt hätten. Gemäß § 28 p Abs.1 Satz 5 SGB IV erließen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Beklagte könne eine Zahlungspflicht jedoch nur insoweit feststellen, wie der nach § 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages verpflichtete Arbeitgeber auch zur Entrichtung der Beiträge verpflichtet sei.

Hier sei die von der Beklagten festgestellte Beitragsverpflichtung rechtswidrig, da die Beitragsverpflichtung der BWZ bereits aufgrund von Erfüllung entsprechend § 362 BGB erloschen sei. Gemäß § 362 BGB erlösche das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt worden sei. § 28 h SGB IV gehe von einer Erfüllung der Beitragsansprüche aus, so dass § 362 BGB entsprechend anzuwenden sei. Gläubiger des Gesamtsozialversicherungsbeitrages sei gemäß § 28 h SGB IV die Einzugsstelle. Die BWZ habe die Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Monate November und Dezember 2008 an die Einzugsstelle gezahlt. Damit sei der Leistungserfolg eingetreten. Die BWZ habe zudem unbestritten die Beitragsnachweise gemäß § 28 f Abs. 3 Satz 1 SGB IV in der vom 1. Januar 2008 an geltenden Fassung erstellt und innerhalb der Frist nach § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV durch Datenübertragung übermittelt. Dieser Beitragsnachweis gelte gemäß § 28 f Abs. 3 Satz 3 SGB IV für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle. Auf diesen Leistungsbescheid habe die BWZ unbestritten die fällige Beitragsschuld gezahlt. Mit der Zahlung sei für die fällige Beitragsschuld Erfüllung eingetreten. Aufgrund der Rückzahlung durch die Beigeladene zu 1. sei weder eine Beitragsverpflichtung entstanden noch lebe die alte Verpflichtung wieder auf, da mit rechtswirksam befreiender Wirkung gezahlt worden sei. Die Einzugsstelle sei daher verpflichtet, die gezahlten Beiträge dem zuständigen Träger der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 28 k SGB IV weiterzuleiten. Hier habe die Beigeladene zu 1. Leistungen an die BWZ ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht. Eine Erstattungsmöglichkeit hierfür sehe § 50 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) vor. Dieser Anspruch stehe hier jedoch nicht der Beklagten zu, da diese die Leistungen nicht zu Unrecht erbracht habe. Die von der Beigeladenen zu 1. zitierte Rechtsprechung des 1. Senats des LSG Sachsen-Anhalt stehe in keinem Zusammenhang mit der hier streitigen Problematik. In den Verfahren, die das LSG zu entscheiden gehabt habe, habe es jeweils die Rentenversicherung versäumt, von der Rente der Kläger die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge einzubehalten. Im vorliegenden Verfahren seien die Beiträge jedoch mit befreiender Wirkung gezahlt worden.

Gegen das ihr am 29. Januar 2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Februar 2016 beim LSG Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass seit 1999 das Verfahren zur Erhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen im Fall einer Betriebsprüfung durch die Träger der Rentenversicherung zweigeteilt sei. Die Überprüfung von Arbeitgebern liege nicht mehr in der Zuständigkeit der Krankenkassen als Einzugsstellen, sondern obliege den Rentenversicherungsträgern, die diese grundsätzlich in alleiniger Verantwortung durchzuführen hätten. In der Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger liege seither die Prüfung der ordnungsgemäßen Erledigung der melde- und beitragsrechtlichen Pflichten der Arbeitgeber, während die laufende Überwachung des Meldeverfahrens und - in diesem Zusammenhang - der Einreichung der Beitragsnachweise, der Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags sowie des Beitragseinzugs, hier die Geltendmachung von (rückständigen) Beiträgen, weiterhin den Einzugsstellen übertragen sei (§ 28 h Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB IV). Auf die Rentenversicherungsträger "ausgelagert" (Zitierung durch die Beklagte) sei danach nur die turnusmäßige (Außen)Prüfung, also die Prüfung "vor Ort" (Zitierung durch die Beklagte) in den Unternehmen. Mache ein Rentenversicherungsträger von der ihm durch § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV eingeräumten Befugnis zur Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen Gebrauch, so komme seinem Leistungs- bzw. Zahlungsbescheid gleichwohl nur der Charakter eines Grundlagenbescheides für die Erhebung der Beiträge zu, weil Betriebsprüfungen ihrerseits eine über die bloße Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung nicht entfalteten. Die Betriebsprüfung habe insbesondere den Zweck, den Einzugsstellen durch Sicherstellung von Arbeitgeberunterlagen und -aufzeichnungen eine Berechnungsgrundlage zu verschaffen, damit diese die notwendigen Schritte zur Geltendmachung von Ansprüchen auf (rückständige) Beiträge unternehmen könnten. Der Beitragseinzugs sei nach der dem Beitrags(erhebungs)verfahren des SGB IV immanenten Trennung zwischen Überprüfung des Arbeitgebers einerseits und seiner Überwachung sowie der Geltendmachung von Beitragsansprüchen andererseits nämlich Sache der Einzugsstellen als Gläubiger der Beitragsforderungen und von diesen in einem gesonderten Verwaltungsverfahren vorzunehmen. Die Beklagte führt ferner unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. Mai 2015 in dem Verfahren B 12 R 16/13 R (juris, RdNrn. 22 und 23) aus, es sei - wegen der vom Gesetz vorgegebenen und von den Versicherungsträgern zu beachtenden Zweiteilung der Aufgaben - nicht zu beanstanden, dass der Bescheid des prüfenden Rentenversicherungsträgers ein Verhalten abverlange, das rechtmäßiger Weise gar nicht mehr durchgesetzt werden könne.

De Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 22. Oktober 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie hat auch im Hinblick auf die zitierte Entscheidung des BSG vom 28. Mai 2015 daran festgehalten, dass die Beklagte im Rahmen der Betriebsprüfung nicht mehr berechtigt gewesen sei, von ihrer Rechtsvorgängerin die Gesamtsozialversicherungsbeiträge für November und Dezember 2008 nachzufordern, da eine Beitragsschuld nicht mehr bestanden habe. Hieran ändere auch das zweigeteilte Verfahren einer Betriebsprüfung nichts.

Die Beigeladene zu 3. hat ausgeführt, die Berufung der Beklagten zu unterstützen. Die Beklagte habe im vorliegenden Fall eine Unregelmäßigkeit festgestellt und die vorliegende Forderung zu Gunsten der Einzugsstelle erhoben. Mit der Zahlung durch die Beigeladene zu 1. lebe zwar die ursprüngliche Beitragsschuld nicht mehr auf. Es sei aber eine neue Verpflichtung entstanden, die Beiträge zumindest auf Verlangen wieder einzuzahlen. Der Gesetzgeber habe der Rentenversicherung die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten zur Korrektur der festgestellten Unregelmäßigkeiten unabhängig davon übertragen, wie die Beitragsschuld entstanden sei. Der Beklagten könne nicht entgegengehalten werden, dass sie nur berechtigt gewesen sei, der Beigeladenen zu 1. mitzuteilen, welche Unregelmäßigkeiten während der Betriebsprüfung festgestellt worden sei.

Die Beigeladenen zu 1. und 2. haben sich den Ausführungen der Beigeladenen zu 3. angeschlossen.

Ausdrückliche Anträge haben die Beigeladenen nicht gestellt.

Alle Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 4. August 2017 (Klägerin), vom 14. August 2017 (Beigeladene zu 1. und 2.), vom 17. August 2017 (Beklagte) und vom 31. August 2017 (Beigeladene zu 3.)).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Bescheid vom 13. Mai 2011 in der Fassung des Bescheides vom 22. Juli 2011 sowie in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2012 aufgehoben Denn er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, die er sich nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Vorbringen der Beklagten und der Beigeladenen, insbesondere der Beigeladenen zu 3., im Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Beklagte hat zwar zutreffend dargestellt, welche Kompetenzen aufgrund der Zweiteilung des Verfahrens zur Erhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen im Fall einer Betriebsprüfung für den Träger der Rentenversicherung bestehen und welche Zuständigkeiten den Einzugsstellen übertragen sind. Hier hat die Beklagte im Rahmen der Betriebsprüfung am 21. März 2011 aber gerade nicht feststellen können, dass die BWZ Aufzeichnungen oder Beitragsnachweise nicht zutreffend erstellt und/oder Beiträge nicht vollständig und rechtzeitig an die Einzugsstelle weitergeleitet hat. Eine Tätigkeit, die ihr im Rahmen der Betriebsprüfung oblegen hätte, konnte sie im vorliegenden Fall nicht erbringen, da die BWZ - unbestritten - ihren Arbeitgeberverpflichtungen in vollem Umfang nachgekommen ist. Damit war der Teil, der im Rahmen des Verfahrens zur Erhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen im Fall einer Betriebsprüfung der Beklagten zukommt, erledigt. Der zweite Teil, nämlich der Beitragseinzug, ist ausschließlich die Sache der Einzugsstellen. Hier hat die BWZ entsprechend den gesetzlichen Vorgaben als Schuldner der von ihr zutreffend ermittelten Beiträge diese rechtzeitig und vollständig an die Beigeladene zu 1. als Gläubigerin dieser Beiträge entrichtet und damit das Erlöschen der Beitragsschuld herbeigeführt. Soweit es hier im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 1. dann zu einer unrichtigen Bearbeitung gekommen ist, nämlich die Rücküberweisung ohne rechtlichen Grund an die Klägerin, obliegt es allein der Einzugsstelle und damit der Beigeladenen zu 1., diese Unrichtigkeiten zu beseitigen.

Anderes ergibt sich auch nicht aus der angeführten Entscheidung des BSG vom 28. Mai 2015 in dem Verfahren - B 12 R 16/13 R -. Denn in dieser Entscheidung bestätigt das BSG gerade die auch vom Senat zu Grunde gelegte Kompetenzverteilung zwischen den Trägern der Rentenversicherung und den Einzugsstellen. Dem dortigen Fall lag der Sachverhalt zu Grunde, dass vom Kläger als Insolvenzverwalter mit Blick auf ein nach seiner Auffassung bestehendes insolvenzrechtliches Vollstreckungsverbot keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge entrichtet worden waren und er aus diesem Grund die Festsetzung der geschuldeten Beiträge durch einen Beitragsbescheid aufgrund der durchgeführten Betriebsprüfung für rechtswidrig erachtete. Das BSG hat insoweit entschieden, dass die Kompetenz zum Erlass des Beitragsbescheides bei nicht entrichteten Gesamtsozialversicherungsbeiträgen durch den Rentenversicherungsträger nach erfolgter Betriebsprüfung und die dann von der Einzugsstelle verwirklichte Realisierung der Beitragszahlung voneinander zu trennen seien und deshalb durchaus die Festsetzung geschuldeter Gesamtsozialversicherungsbeiträge durch den Rentenversicherungsträger habe erfolgen können. Hier hat die BWZ jedoch - wie unbestritten feststeht - ihre Pflichten als Arbeitgeber vollständig erfüllt, die Beitragsnachweise übermittelt und die geschuldeten Beiträge bezahlt, so dass weder das Recht noch die Pflicht der Beklagten als Rentenversicherungsträger auf der ersten Stufe der Erhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen bestanden hat, einen Beitragsbescheid zu erlassen. Denn der von der BWZ erstellte Beitragsnachweis gilt bereits - worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat - nach § 28 f Abs. 3 Satz 3 SGB IV für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle. Die Ursache dafür, dass die aufgrund des rechtmäßigen Beitragsnachweises - und dem damit der Einzugsstelle als für die Vollstreckung als ausreichend geltenden Leistungsbescheides - gezahlten Sozialversicherungsbeiträge nicht an die zuständigen Stellen weitergeleitet worden sind und dort fehlten, liegt allein in der Verantwortung der Beigeladenen zu 1. Es hätte von vornherein ihr oblegen, die ohne Rechtsgrund an die Klägerin geleisteten Zahlungen von dieser zurückzufordern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
Saved