Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 3008/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 211/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 9. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Ereignisses vom 28.07.2015 als Arbeitsunfall streitig.
Der 1966 geborene Kläger ist als Industriemechaniker bei der Firma Z. in F. versicherungspflichtig beschäftigt. Am 28.07.2015 stellte er sich um 8:47 Uhr bei dem Facharzt für Chirurgie - Unfallchirurgie - Dr. E. vor und gab an, bei der Arbeit mit einem Hammer auf eine Hutmanschette eingeschlagen zu haben, wobei es ihm "in die rechte Schulter gefahren" sei. Dr. E. teilte in seinem Durchgangsarztbericht vom selben Tag folgenden Befund mit: deutlich schmerzhafte Bewegungseinschränkung der rechten Schulter festgestellt, Abduktion und Elevation bis etwa 60° möglich, dann deutlich schmerzhaft, keine äußeren Verletzungszeichen, periphere Durchblutung, Sensibilität und Motorik intakt. Bei der durchgeführten Röntgenuntersuchung der Schulter in zwei Ebenen habe sich kein sicherer Anhalt für eine frische oder ältere knöcherne Verletzung ergeben. Als Erstdiagnose gab er "Verdacht auf Läsion der Rotatorenmanschette rechte Schulter" an. Die am Folgetag durch den Facharzt für Diagnostische Radiologie Dr. S. durchgeführte MRT-Untersuchung der rechten Schulter ergab eine hypertrophe geringe erosive ACG-Arthrose, eine Kaudalneigung des Acromions Typ 2 mit subacromialem Impingement, eine Partialruptur der Supraspinatussehne bei Tendinopathie sowie eine diskrete Bursitis. Am 15.09.2015 wurde durch den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. G. eine arthroskopische subacromiale Dekompression rechts mit Teilsynovektomie und Débridement am Foot Print der Supraspinatussehne durchgeführt.
Mit Bescheid vom 19.08.2015 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Die Kosten der medizinischen Behandlung würden nicht bzw. nicht mehr übernommen und es bestehe auch kein Anspruch auf Verletztengeld. Zur Begründung führte sie aus, ein plötzliches äußeres Ereignis habe entsprechend der Schilderung des Klägers nicht vorgelegen. Vielmehr habe es sich um eine willentliche Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung gehandelt. Ein Arbeitsunfall liege daher nicht vor.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei für ein von außen einwirkendes Ereignis kein besonders ungewöhnliches Geschehen erforderlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, im Gegensatz zu dem vom Kläger angeführten Urteil des BSG ergebe sich gerade keine ungewollte Einwirkung bei der willentlichen Kraftanstrengung. Auch habe die MRT-Untersuchung ausschließlich degenerative Befunde ergeben. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den festgestellten Veränderungen und der zum Zeitpunkt des Schmerzeintritts ausgeübten Tätigkeit sei nicht hinreichend wahrscheinlich.
Hiergegen hat der Kläger am 17.11.2015 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben, zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und den Operationsbericht vom 15.09.2015 vorgelegt. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, er werde regelmäßig drei bis vier Mal im Jahr als Ausbildungshelfer der Bundeswehr im Gebirgsjägerbataillon eingesetzt, wo u.a. geklettert werde und Schießübungen durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang finde auch ein Gesundheitscheck statt. Das Ergebnis der routinemäßigen Begutachtung der Einsatz- und Wehrfähigkeit des Klägers vom 1992 bis 04.12.2014 ist vorgelegt worden.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG zunächst die MRT-Aufnahmen von Dr. S. und das Vorerkrankungsverzeichnis der B. vom 22.04.2016 beigezogen. Dr. G. hat unter dem 26.02.2016 ausgeführt, der Kläger habe sich in der Praxis zuvor niemals wegen Schulterbeschwerden in Behandlung befunden. In seiner Aussage vom 14.05.2016 hat der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. mitgeteilt, der Kläger habe ihn vor dem 28.07.2015 nicht wegen Erkrankungen oder Verletzungen konsultiert. Es liege ein Facharztbericht über eine Schulterbehandlung links vom 07.05.2008 vor. Den Bericht des Dr. D. vom 07.05.2008, wonach der Kläger sich am 06.05.2008 wegen einer Bursitis subacromialis, eines Impingementsyndroms und AC-Gelenkarthrose jeweils der linken Schulter vorgestellt habe, hat Dr. R. vorgelegt.
Das SG hat dann den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 26.09.2016 hat Dr. K. ausgeführt, bei dem Kläger bestehe ein operativ behandeltes Impingementsyndrom der rechten Schulter mit chronischer Bursitis subacromialis und reaktiver glenohumeraler Synovialitis sowie Teilruptur der Supraspinatussehne von glenohumeral. Der Körperschaden sei zum wesentlichen Teil nicht auf das Ereignis vom 28.07.2015 zurückzuführen. Hierfür sprechen die Analyse des Geschehensablaufes, die kernspintomographischen Befunde, das Ergebnis der intraoperativ erhobenen Befunde und das Alter des Klägers. Die für eine überwiegend unfallabhängige Ursache sprechenden Argumente (Verhalten des Klägers, der gegebene zeitliche Zusammenhang und das Fehlen eines Vorschadens im Sinne einer Schadensanlage oder Vorerkrankung) stellten sich demgegenüber als weniger gewichtig dar. Nach seiner Einschätzung liege kein Arbeitsunfall vor, da bei streng strukturierter Beantwortung der Fragen, welche bei der Zusammenhangsbegutachtung des Rotatorenmanschettenschadens zu beantworten seien, die Frage, ob es sich bei der äußeren Einwirkung um eine alltägliche Belastung gehandelt habe, bejaht worden sei und somit bereits an dieser Stelle die Prüfung beendet werden konnte und musste. Die sich anschließenden Überlegungen sollten aber zeigen, dass selbst dann, wenn von einem äußeren Ereignis ausgegangen werden würde, keine positive Zusammenhangsempfehlung unter Bezug auf die aktuelle Gutachtenliteratur abgegeben werden könne.
Mit Urteil vom 09.12.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls lägen nicht vor. Das Gericht sei schon nicht vom Vorliegen eines Gesundheitserstschadens überzeugt. Hinweise auf ein typisches klinisches Bild einer frischen (eventuell unfallbedingten) Supraspinatussehnenruptur, wie eine Pseudoparalyse oder ein positives Fallarm- (Drop-arm-) Zeichen, seien in dem von Dr. E. erhobenen Erstbefund nicht dokumentiert worden. Der MRT-Befund einer Partialruptur sei für sich nicht aussagekräftig, denn diese könne auch allein degenerativ verursacht worden sein. Typische Begleiterscheinungen wie ein Hämarthros/eine Ergussbildung im Gelenk seien nicht nachweisbar. Auch im intraoperativen Befund seien keine posttraumatischen Schädigungen einzelner Sehnen festgestellt. Jedenfalls lasse sich ein etwaiger Gesundheitsschaden nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis zurückführen. Zwar habe Dr. K. aufgrund der vorliegenden Unterlagen eine Vorerkrankung am rechten Schultergelenk nicht sicher feststellen können, jedoch hätten einschlägige Vorbehandlungen aufgrund degenerativer Veränderungen für die linke Schulter stattgefunden. Dies lege es nahe, einen entsprechenden Verschleiß auch auf der rechten Seite anzunehmen. Zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr nehmen nach den Ausführungen von Dr. K. Partialrupturen der Supraspinatussehne zu. Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Vorfalls 49 Jahre alt gewesen, also genau in dieser Altersspanne. Hinzu komme, dass der Verletzungsablauf für eine traumatische Verletzung der Supraspinatussehne untypisch sei. Dr. K. habe in seinem Gutachten dargelegt, dass Verletzungen der Supraspinatussehne durch Unfälle grundsätzlich eine Zug- oder Scherbelastung der Sehne voraussetzten. Bei einer aktiven Schulterbewegung, wie sie im Falle des Klägers stattgefunden habe, würden Translationsbewegungen des Humeruskopfes gegenüber dem Glenoid aufgrund der stabilisierenden und zentrierenden Wirkung der Rotatorenmanschette kaum auftreten. Erst bei passiv forcierter Zunahme der Translation könne es zu unphysiologischen Belastungen der Rotatorenmanschette kommen. Gewaltsame Zerreißungen der Sehnen seien möglich, aber selten. Die auf die Schulter einwirkende Kraft entspreche nach der Einschätzung von Dr. K. einer alltäglichen Belastung. Es handelte sich beim Anheben des Hammers und dem Schlag auf die Hutmanschette um eine kontrollierte Bewegung, wie sie im Berufsleben des Klägers öfter vorkomme und wie sie auch im privaten Bereich zu erwarten gewesen wäre. Zu denken wäre z.B. an das Einschlagen eines Nagels, das Spalten von Brennholz oder Schläge auf einen Zaunpfahl bei privater Gartenarbeit. Das Gesamtbild spreche dafür, einen degenerativen Vorschaden als alleinige Ursache der Ruptur anzusehen, hinter der der berufliche Zusammenhang vollständig zurücktrete. Zuzugeben sei dem Kläger zwar, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Beginn der Beschwerden bestehe, der ursächliche Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn könne jedoch nicht rein zeitlich begründet werden, sondern müsse sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein.
Gegen das ihm am 19.12.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.01.2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Schlussfolgerungen des Dr. K. seien unzutreffend. Er habe beim Einschlagen ein Rissgefühl und danach einschießende Schmerzen in der rechten Schulter empfunden und gehe daher weiterhin vom Vorliegen eines Unfallgeschehens am 28.07.2015 aus. Er weise nochmals ausdrücklich darauf hin, dass vor dem genannten Ereignis keinerlei gesundheitliche Einschränkungen im Bereich der rechten Schulter bestanden hätten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 9. Dezember 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. November 2015 zu verurteilen, den Vorfall vom 28. Juli 2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den Inhalt der vorgelegten Akten, den Vortrag in erster Instanz und die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung des Klägers, der Berufungsausschließungsgründe im Sinne des § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht entgegenstehen, ist zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 09.12.2016 zu Recht abgewiesen.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 46/03 R -, Juris) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (BSG, Urteile vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - und vom 15.05.2012 - B 2 U 8/11 R -, Juris).
Die Klage ist nicht begründet; die Beklagte hat es mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.11.2015 zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 28.07.2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Rechtsgrundlage für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls sind die §§ 2, 7 und 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach sind Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte zur Zeit des Unfalls durch eine Verrichtung den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt; nur dann ist er kraft Gesetzes Versicherter. Sodann muss diese Verrichtung ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dieses einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten wesentlich verursacht haben (BSG, Urteil vom 15.05.2012 – B 2 U 31/11 R –, Juris).
Für einen Arbeitsunfall ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang) ist sowie diese Verrichtung wesentlich ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) verursacht (Unfallkausalität) und das Unfallereignis wesentlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat (BSG, Urteil vom 31.01.2012 – B 2 U 2/11 R – unter Hinweis auf Urteile vom 29.11.2011 – B 2 U 10/11 R –, vom 18.01.2011 – B 2 U 9/10 R – und vom 18.11.2008 – B 2 U 27/07 R –, jeweils Juris).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserstschaden" erfüllen sollen, im Grade des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 31.01.2012, a.a.O., unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 30/07 R –, Juris). Es gelten die allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast. Danach trägt derjenige, der ein Recht – hier die Anerkennung eines Arbeitsunfalls – für sich beansprucht, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Ermittlung die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Rechts (BSG, Urteil vom 31.01.2012, a.a.O., unter Hinweis auf Urteile vom 18.11.2008 – B 2 U 27/07 R – und vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R –, Juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sind die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Der Kläger war zum Zeitpunkt des streitigen Ereignisses als Industriemechaniker bei der Firma Z. in F. beschäftigt und damit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII kraft Gesetzes versichert. Im Rahmen dieser versicherten Tätigkeit war er am 28.07.2015 ab Schichtbeginn um 5:00 Uhr damit beschäftigt, ein LKW-Getriebe am Band zu montieren. Seine Aufgabe bestand darin, eine Hutmanschette in den 3. oder 4. Gang einzuschlagen. Gegen 5:30 Uhr schlug er mit einem maximal 2,5 kg schweren, rückschlagfreien Hammer, der mit einem Kunststoffkopf und einem Aluminiumgriff versehen war und den er in der rechten Hand hielt, auf einen Stempel. Der rechte Arm wurde dabei über Kopf geführt; die Hutmanschette war etwa in Brusthöhe. Ein innerer oder sachlicher Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit bestand damit, so dass die Verrichtung des Klägers der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Der Hergang dieses Ereignisses ergibt sich aus den unmittelbaren Angaben des Klägers gegenüber dem Durchgangsarzt Dr. E., den er am selben Tag um 8:47 Uhr aufsuchte, deckt sich mit seinen späteren Angaben gegenüber der Beklagten am 04.08.2015 sowie den detaillierten Schilderungen gegenüber Dr. K. und ist zwischen den Beteiligten im Wesentlichen unumstritten.
Entgegen der durch die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung spricht der Umstand, dass kein plötzliches äußeres Ereignis, sondern vielmehr eine willentliche Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung vorgelegen hat, nicht gegen das Vorliegen eines Arbeitsunfalls. Für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis ist kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich. Die für einen Arbeitsunfall erforderliche äußere Einwirkung auf den Körper kann auch darin bestehen, dass durch betriebliche Einflüsse eine krankhafte Störung im Körperinneren hervorgerufen wird. Es genügen damit auch alltägliche Vorgänge, wie z.B. Stolpern oder das – kontrollierte – Hochheben eines festgefrorenen Steins (BSG; Urteil vom 12.04.2005 – B 2 U 27/04 R –, Juris). Der Umstand, dass der Kläger gezielt mit dem Hammer ausgeholt und kontrolliert auf die Hutmanschette geschlagen hat, spricht daher nicht gegen das Vorliegen eines Arbeitsunfalls.
Es kann aber letztlich dahinstehen, ob es im Rahmen dieser Tätigkeit überhaupt zu einer (schädigenden) Einwirkung auf das rechte Schultergelenk und insbesondere die Rotatorenmanschette im Bereich der rechten Schulter gekommen ist, da sich der Senat nicht vom Vorliegen eines Gesundheitserstschadens im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem behaupteten Ereignis am 28.07.2015 überzeugen konnte.
Gesundheitserstschaden im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenze) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Versicherungsfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolge) oder der versicherten Tätigkeit aufgrund der Spezialvorschrift des § 11 SGB VII als Versicherungsfall zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolge) (BSG, Urteil vom 15.05.2012 – B 2 U 16/11 R –, Juris). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls (vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2011 – B 2 U 17/10 R –, Juris). Führt das auf den Körper einwirkende Ereignis aber nicht zu einem Erstschaden – und sei er auch gering – handelt es sich nicht um einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (BSG, Urteil vom 12.04.2005 – B 2 U 6/04 R –, Juris).
Dr. E. konnte bei der Untersuchung am 28.07.2015 keine äußeren Verletzungszeichen feststellen, die periphere Durchblutung, Sensibilität und Motorik waren intakt; die unmittelbar durchgeführte Röntgenuntersuchung ergab keinen sicheren Anhalt für frische oder ältere knöcherne Verletzungen. Allein die schmerzhafte Bewegungseinschränkung bei Abduktion und Elevation ab 60°genügt als Gesundheitserstschaden nicht.
Die bei der MRT-Untersuchung am 29.07.2015 durch Dr. S. erhobenen Befunde Partialruptur der Supraspinatussehne bei Tendinopathie, hypertrophe geringe erosive AC-Gelenksarthrose, Kaudalneigung des Acromions Typ 2 mit subacromialem Impingement und diskrete Bursitis sind nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen.
Dr. K. führt für den Senat überzeugend aus, dass Hinweise auf ein typisches klinisches Bild einer frischen Supraspinatussehnenruptur, wie eine Pseudoparalyse oder ein positives Fallarm- (Drop-Arm-) Zeichen in dem von Dr. E. erhobenen Erstbefund nicht dokumentiert wurden. Der MRT-Befund einer Partialruptur ist für sich nicht aussagekräftig, denn dieser kann auch allein degenerativ verursacht worden sein. Darüber hinaus weisen die durch die MRT festgestellten Befunde gerade nicht auf eine frische Rotatorenmanschettenläsion hin. Typische Begleiterscheinungen wie ein Hämarthros/eine Ergussbildung im Gelenk sind nicht nachweisbar. Dr. K. führt darüber hinaus für den Senat nachvollziehbar aus, dass auch keine typischerweise bei der frischen Ruptur festzustellende Schlängelung des proximalen Sehnenstumpfes ("Klinking") und das Verbleiben eines peripheren Sehnenstumpfes in der Supraspinatussehne am Tuberculum majus als Hinweis für ein Trauma in der Vergangenheit festgestellt wurden. Auch im intraoperativen Befund, der ca. sieben Wochen nach dem Unfall erhoben worden ist, sind nach der Beurteilung von Dr. K. keine posttraumatischen Schädigungen einzelner Sehnen der Rotatorenmanschette festzustellen.
Für einen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Partialruptur der Supraspinatussehne spricht zwar das Verhalten des Klägers unmittelbar nach dem Ereignis. Er hat sich direkt bei dem Durchgangsarzt Dr. E. vorgestellt. Darüber hinaus fanden nach den Angaben des Klägers, die durch die Mitteilungen der vorbehandelnden Ärzte und dem durch das SG beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers bestätigt werden, zuvor keine Behandlungen an der rechten Schulter statt. Auch trägt der Kläger vor, vor dem Ereignis keine Beschwerden im Bereich der rechten Schulter gehabt zu haben; hierfür sprechen die von ihm gegenüber Dr. K. angegebenen Hobbies, wie Klettern, Mountainbiking und Hanteltraining und seine Verwendung als Hauptfeldwebel in der Reserve. Aus der Beschwerdefreiheit kann aber nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass eine Schädigung der Rotatorenmanschette vorher nicht bestanden hat. Zuzugeben ist dem Kläger, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Beginn der Beschwerden besteht, was zunächst auf einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang hindeutet. Der ursächliche Zusammenhang kann jedoch nicht rein zeitlich begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dementsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht im Sinne eines Anscheinbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 34/03 R -, Juris). Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen positiv festgestellt werden muss. So gibt es keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexerem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O.). Die Tatsache, dass der Kläger vor dem Ereignis am 28.07.2018 keine Beschwerden im Bereich der rechten Schulter hatte, beweist nicht die Intaktheit der Rotatorenmanschette vor diesem Ereignis. Immerhin zeigte das am Folgetrag durchgeführte MRT eine hypertrophe geringe erosive ACG-Arthrose, eine Kaudalneigung des Acromions Typ 2 mit subacromialem Impingement, eine Tendinopathie sowie eine diskrete Bursitis und damit Defekte, die schon vor dem 28.07.2015 vorhanden gewesen sein müssen. Ein Defekt an der Rotatorenmanschette muss nicht mit Symptomen verbunden sein, vielmehr ist es nicht ungewöhnlich, sondern eher die Regel, dass derartige Beschwerden anlässlich von Bagatelltraumen erstmalig auftreten und sogar persistieren.
Gegen eine frische Rotatorenmanschettenruptur spricht, dass der Unfallmechanismus nicht geeignet war, eine solche Ruptur überhaupt auszulösen. Bei der Frage, ob ein Unfallhergang dazu geeignet ist, einen bestimmten Gesundheitserstschaden zu verursachen, ist zu prüfen, ob es einen anerkannten wissenschaftlichen Erfahrungssatz über den Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, also die Frage der "generellen Eignung" zwischen der konkreten Einwirkung und dem tatsächlichen Gesundheitserstschaden, gibt. Im vorliegenden Fall muss daher die – als Anknüpfungstatsache im Vollbeweis nachzuweisende – konkrete Einwirkung ihrer Intensität nach geeignet sein, zu einer traumatischen Zusammenhangstrennung der Rotatorenmanschette zu führen (vgl. BSG, Urteile vom 09.05.2006 und vom 24.07.2012, a.a.O.). Dr. K. hat in seinem Gutachten unter Hinweis auf unfallmedizinische Fachliteratur dargelegt, dass der Geschehensablauf prinzipiell nicht mit einer Ruptur der Supraspinatussehne in Übereinstimmung gebracht werden kann. Verletzungen der Supraspinatussehne durch Unfälle setzen nach Dr. K. grundsätzlich eine Zug- oder Scherbelastung der Sehne voraus. Bei einer aktiven Schulterbewegung, wie sie im Falle des Klägers unstreitig stattgefunden hat, treten Translationsbewegungen des Humeruskopfes gegenüber dem Glenoid aufgrund der stabilisierenden und zentrierenden Wirkung der Rotatorenmanschette kaum auf. Erst bei passiv forcierter Zunahme der Translation kann es zu unphysiologischen Belastungen der Rotatorenmanschette kommen. Besonders hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer Läsion der Rotatorenmanschette demnach bei Schultergelenkverrenkungen. Gewaltsame Zerreißungen der Sehne sind möglich, aber selten.
Die Ausführungen des Dr. K. zum ungeeigneten Unfallmechanismus sieht der Senat unter Berücksichtigung der einschlägigen Fachliteratur bestätigt. Danach sind folgende wissenschaftliche Grundsätze als aktueller Kenntnisstand zu berücksichtigen (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl., S. 429 ff. m. w. N.; Loew, Zur traumatischen Entstehung der Rotatorenmanschettenläsion, Der Orthopäde 2000, S. 881 ff.): Aus kinematischer Sicht (Bewegungslehre) ergeben sich zwei unterschiedliche Schädigungsabläufe, die zu einem Riss der Rotatorenmanschette führen können: 1. Die ungeplante, überfallartige, exentrische, d.h. außerhalb des Mittelpunkts liegende Belastung von durch aktive Muskelkontraktion angespannten Anteilen der Rotatorenmanschette, die bei Überschreiten des physiologischen Dehnungsvermögens zum Zerreißen der Sehne in ihrer "kritischen Zone" führt. 2. Das Abscheren der Rotationsmanschette von innen, wenn der maximal zulässige Rotationswinkel des Schultergelenks überschritten wird und dabei die Ansätze der Sehnen mit dem Pfannenrand in Konflikt geraten (inneres Impingement). Nach diesen Erkenntnissen können neben Stürzen auch abrupte und passiv erzwungene Bewegungen des Armes zu einer Schädigung der Rotatorenmanschette führen. Dabei muss &61485; das Schultergelenk unter Einsatz der Rotatorenmanschette unmittelbar vor der Einwirkung muskulär fixiert gewesen sein und &61485; eine plötzliche passive Bewegung hinzukommen, die überfallartig eine Zugbelastung der Sehnen der Rotatorenmanschette bewirkt. Potenziell geeignete Verletzungsmechanismen sind nach Schönberger/Mehrtens/Valentin (a.a.O., Seite 432 ff.): &61485; massives plötzliches Rückwärtsreißen oder Heranführen des Arms, wenn dieser zuvor fixiert war, z.B. beim Rückschlag einer Maschine, beim Hängenbleiben mit dem Arm bei erheblicher Beschleunigung des Körpers; stehender Fahrgast, der sich mit nach oben gestrecktem Arm in einem fahrenden Fahrzeug festhält, bei abruptem Geschwindigkeitsverlust oder massiver Beschleunigung des Fahrzeugs; &61485; Sturz aus der Höhe nach vorn und Festhalten mit der Hand oder Treppensturz mit Festhalten mit der Hand am Geländer, sodass der Arm nach hinten gerissen wird; &61485; ungeplantes Auffangen eines schweren stürzenden Gegenstandes; &61485; Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm mit Aufprall auf Hand oder Ellenbogen. Ungeeignete Hergänge sind u.a. die direkte Krafteinwirkung auf die Schulter (Sturz, Prellung, Schlag), der Sturz auf den ausgestreckten Arm oder angewinkelten Ellenbogen, die fortgeleitete Krafteinwirkung bei seitlicher oder vorwärtsgeführter Armhaltung, aktive Tätigkeiten, die zu einer abrupten, aber planmäßigen Muskelkontraktion führen (Heben, Halten, Werfen) sowie plötzliche Muskelanspannungen. Die aktive Schulterbewegung und das gezielte Führen eines Hammers stellt zur Überzeugung des Senats lediglich eine planmäßige Muskelkontraktion ohne weitere Einwirkung von außen, so dass ein geeigneter Unfallmechanismus nicht vorliegt. Eine Zugbeanspruchung mit unnatürlicher Längendehnung der Sehne des Musculus supraspinatus ist, wie Dr. K. überzeugend darlegt, durch den – unstreitigen – Ablauf biomechanisch nicht nachvollziehbar.
Insgesamt hält es der Senat daher nicht für hinreichend und überwiegend wahrscheinlich, dass durch das angeschuldigte Ereignis eine traumatische (Teil-)Ruptur der Supraspinatussehne eingetreten ist, dies ist allenfalls möglich.
Im Ergebnis konnte sich der Senat schon nicht vom Vollbeweis eines Erstschadens überzeugen. Die Feststellung eines Arbeitsunfalles scheidet daher bereits aus diesem Grund aus, ohne dass es auf die haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfall und Gesundheitserstschaden im Sinne der Wesentlichkeitstheorie unter Würdigung rechtlich wesentlicher (Mit-)Ursachen, wie der degenerativen Vorschädigung der rechten Schulter, ankommt.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Ereignisses vom 28.07.2015 als Arbeitsunfall streitig.
Der 1966 geborene Kläger ist als Industriemechaniker bei der Firma Z. in F. versicherungspflichtig beschäftigt. Am 28.07.2015 stellte er sich um 8:47 Uhr bei dem Facharzt für Chirurgie - Unfallchirurgie - Dr. E. vor und gab an, bei der Arbeit mit einem Hammer auf eine Hutmanschette eingeschlagen zu haben, wobei es ihm "in die rechte Schulter gefahren" sei. Dr. E. teilte in seinem Durchgangsarztbericht vom selben Tag folgenden Befund mit: deutlich schmerzhafte Bewegungseinschränkung der rechten Schulter festgestellt, Abduktion und Elevation bis etwa 60° möglich, dann deutlich schmerzhaft, keine äußeren Verletzungszeichen, periphere Durchblutung, Sensibilität und Motorik intakt. Bei der durchgeführten Röntgenuntersuchung der Schulter in zwei Ebenen habe sich kein sicherer Anhalt für eine frische oder ältere knöcherne Verletzung ergeben. Als Erstdiagnose gab er "Verdacht auf Läsion der Rotatorenmanschette rechte Schulter" an. Die am Folgetag durch den Facharzt für Diagnostische Radiologie Dr. S. durchgeführte MRT-Untersuchung der rechten Schulter ergab eine hypertrophe geringe erosive ACG-Arthrose, eine Kaudalneigung des Acromions Typ 2 mit subacromialem Impingement, eine Partialruptur der Supraspinatussehne bei Tendinopathie sowie eine diskrete Bursitis. Am 15.09.2015 wurde durch den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. G. eine arthroskopische subacromiale Dekompression rechts mit Teilsynovektomie und Débridement am Foot Print der Supraspinatussehne durchgeführt.
Mit Bescheid vom 19.08.2015 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Die Kosten der medizinischen Behandlung würden nicht bzw. nicht mehr übernommen und es bestehe auch kein Anspruch auf Verletztengeld. Zur Begründung führte sie aus, ein plötzliches äußeres Ereignis habe entsprechend der Schilderung des Klägers nicht vorgelegen. Vielmehr habe es sich um eine willentliche Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung gehandelt. Ein Arbeitsunfall liege daher nicht vor.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei für ein von außen einwirkendes Ereignis kein besonders ungewöhnliches Geschehen erforderlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, im Gegensatz zu dem vom Kläger angeführten Urteil des BSG ergebe sich gerade keine ungewollte Einwirkung bei der willentlichen Kraftanstrengung. Auch habe die MRT-Untersuchung ausschließlich degenerative Befunde ergeben. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den festgestellten Veränderungen und der zum Zeitpunkt des Schmerzeintritts ausgeübten Tätigkeit sei nicht hinreichend wahrscheinlich.
Hiergegen hat der Kläger am 17.11.2015 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben, zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und den Operationsbericht vom 15.09.2015 vorgelegt. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, er werde regelmäßig drei bis vier Mal im Jahr als Ausbildungshelfer der Bundeswehr im Gebirgsjägerbataillon eingesetzt, wo u.a. geklettert werde und Schießübungen durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang finde auch ein Gesundheitscheck statt. Das Ergebnis der routinemäßigen Begutachtung der Einsatz- und Wehrfähigkeit des Klägers vom 1992 bis 04.12.2014 ist vorgelegt worden.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG zunächst die MRT-Aufnahmen von Dr. S. und das Vorerkrankungsverzeichnis der B. vom 22.04.2016 beigezogen. Dr. G. hat unter dem 26.02.2016 ausgeführt, der Kläger habe sich in der Praxis zuvor niemals wegen Schulterbeschwerden in Behandlung befunden. In seiner Aussage vom 14.05.2016 hat der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. mitgeteilt, der Kläger habe ihn vor dem 28.07.2015 nicht wegen Erkrankungen oder Verletzungen konsultiert. Es liege ein Facharztbericht über eine Schulterbehandlung links vom 07.05.2008 vor. Den Bericht des Dr. D. vom 07.05.2008, wonach der Kläger sich am 06.05.2008 wegen einer Bursitis subacromialis, eines Impingementsyndroms und AC-Gelenkarthrose jeweils der linken Schulter vorgestellt habe, hat Dr. R. vorgelegt.
Das SG hat dann den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 26.09.2016 hat Dr. K. ausgeführt, bei dem Kläger bestehe ein operativ behandeltes Impingementsyndrom der rechten Schulter mit chronischer Bursitis subacromialis und reaktiver glenohumeraler Synovialitis sowie Teilruptur der Supraspinatussehne von glenohumeral. Der Körperschaden sei zum wesentlichen Teil nicht auf das Ereignis vom 28.07.2015 zurückzuführen. Hierfür sprechen die Analyse des Geschehensablaufes, die kernspintomographischen Befunde, das Ergebnis der intraoperativ erhobenen Befunde und das Alter des Klägers. Die für eine überwiegend unfallabhängige Ursache sprechenden Argumente (Verhalten des Klägers, der gegebene zeitliche Zusammenhang und das Fehlen eines Vorschadens im Sinne einer Schadensanlage oder Vorerkrankung) stellten sich demgegenüber als weniger gewichtig dar. Nach seiner Einschätzung liege kein Arbeitsunfall vor, da bei streng strukturierter Beantwortung der Fragen, welche bei der Zusammenhangsbegutachtung des Rotatorenmanschettenschadens zu beantworten seien, die Frage, ob es sich bei der äußeren Einwirkung um eine alltägliche Belastung gehandelt habe, bejaht worden sei und somit bereits an dieser Stelle die Prüfung beendet werden konnte und musste. Die sich anschließenden Überlegungen sollten aber zeigen, dass selbst dann, wenn von einem äußeren Ereignis ausgegangen werden würde, keine positive Zusammenhangsempfehlung unter Bezug auf die aktuelle Gutachtenliteratur abgegeben werden könne.
Mit Urteil vom 09.12.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls lägen nicht vor. Das Gericht sei schon nicht vom Vorliegen eines Gesundheitserstschadens überzeugt. Hinweise auf ein typisches klinisches Bild einer frischen (eventuell unfallbedingten) Supraspinatussehnenruptur, wie eine Pseudoparalyse oder ein positives Fallarm- (Drop-arm-) Zeichen, seien in dem von Dr. E. erhobenen Erstbefund nicht dokumentiert worden. Der MRT-Befund einer Partialruptur sei für sich nicht aussagekräftig, denn diese könne auch allein degenerativ verursacht worden sein. Typische Begleiterscheinungen wie ein Hämarthros/eine Ergussbildung im Gelenk seien nicht nachweisbar. Auch im intraoperativen Befund seien keine posttraumatischen Schädigungen einzelner Sehnen festgestellt. Jedenfalls lasse sich ein etwaiger Gesundheitsschaden nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis zurückführen. Zwar habe Dr. K. aufgrund der vorliegenden Unterlagen eine Vorerkrankung am rechten Schultergelenk nicht sicher feststellen können, jedoch hätten einschlägige Vorbehandlungen aufgrund degenerativer Veränderungen für die linke Schulter stattgefunden. Dies lege es nahe, einen entsprechenden Verschleiß auch auf der rechten Seite anzunehmen. Zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr nehmen nach den Ausführungen von Dr. K. Partialrupturen der Supraspinatussehne zu. Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Vorfalls 49 Jahre alt gewesen, also genau in dieser Altersspanne. Hinzu komme, dass der Verletzungsablauf für eine traumatische Verletzung der Supraspinatussehne untypisch sei. Dr. K. habe in seinem Gutachten dargelegt, dass Verletzungen der Supraspinatussehne durch Unfälle grundsätzlich eine Zug- oder Scherbelastung der Sehne voraussetzten. Bei einer aktiven Schulterbewegung, wie sie im Falle des Klägers stattgefunden habe, würden Translationsbewegungen des Humeruskopfes gegenüber dem Glenoid aufgrund der stabilisierenden und zentrierenden Wirkung der Rotatorenmanschette kaum auftreten. Erst bei passiv forcierter Zunahme der Translation könne es zu unphysiologischen Belastungen der Rotatorenmanschette kommen. Gewaltsame Zerreißungen der Sehnen seien möglich, aber selten. Die auf die Schulter einwirkende Kraft entspreche nach der Einschätzung von Dr. K. einer alltäglichen Belastung. Es handelte sich beim Anheben des Hammers und dem Schlag auf die Hutmanschette um eine kontrollierte Bewegung, wie sie im Berufsleben des Klägers öfter vorkomme und wie sie auch im privaten Bereich zu erwarten gewesen wäre. Zu denken wäre z.B. an das Einschlagen eines Nagels, das Spalten von Brennholz oder Schläge auf einen Zaunpfahl bei privater Gartenarbeit. Das Gesamtbild spreche dafür, einen degenerativen Vorschaden als alleinige Ursache der Ruptur anzusehen, hinter der der berufliche Zusammenhang vollständig zurücktrete. Zuzugeben sei dem Kläger zwar, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Beginn der Beschwerden bestehe, der ursächliche Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn könne jedoch nicht rein zeitlich begründet werden, sondern müsse sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein.
Gegen das ihm am 19.12.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.01.2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Schlussfolgerungen des Dr. K. seien unzutreffend. Er habe beim Einschlagen ein Rissgefühl und danach einschießende Schmerzen in der rechten Schulter empfunden und gehe daher weiterhin vom Vorliegen eines Unfallgeschehens am 28.07.2015 aus. Er weise nochmals ausdrücklich darauf hin, dass vor dem genannten Ereignis keinerlei gesundheitliche Einschränkungen im Bereich der rechten Schulter bestanden hätten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 9. Dezember 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. November 2015 zu verurteilen, den Vorfall vom 28. Juli 2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den Inhalt der vorgelegten Akten, den Vortrag in erster Instanz und die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung des Klägers, der Berufungsausschließungsgründe im Sinne des § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht entgegenstehen, ist zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 09.12.2016 zu Recht abgewiesen.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 46/03 R -, Juris) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (BSG, Urteile vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - und vom 15.05.2012 - B 2 U 8/11 R -, Juris).
Die Klage ist nicht begründet; die Beklagte hat es mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.11.2015 zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 28.07.2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Rechtsgrundlage für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls sind die §§ 2, 7 und 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach sind Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte zur Zeit des Unfalls durch eine Verrichtung den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt; nur dann ist er kraft Gesetzes Versicherter. Sodann muss diese Verrichtung ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dieses einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten wesentlich verursacht haben (BSG, Urteil vom 15.05.2012 – B 2 U 31/11 R –, Juris).
Für einen Arbeitsunfall ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang) ist sowie diese Verrichtung wesentlich ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) verursacht (Unfallkausalität) und das Unfallereignis wesentlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat (BSG, Urteil vom 31.01.2012 – B 2 U 2/11 R – unter Hinweis auf Urteile vom 29.11.2011 – B 2 U 10/11 R –, vom 18.01.2011 – B 2 U 9/10 R – und vom 18.11.2008 – B 2 U 27/07 R –, jeweils Juris).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserstschaden" erfüllen sollen, im Grade des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 31.01.2012, a.a.O., unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 30/07 R –, Juris). Es gelten die allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast. Danach trägt derjenige, der ein Recht – hier die Anerkennung eines Arbeitsunfalls – für sich beansprucht, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Ermittlung die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Rechts (BSG, Urteil vom 31.01.2012, a.a.O., unter Hinweis auf Urteile vom 18.11.2008 – B 2 U 27/07 R – und vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R –, Juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sind die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Der Kläger war zum Zeitpunkt des streitigen Ereignisses als Industriemechaniker bei der Firma Z. in F. beschäftigt und damit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII kraft Gesetzes versichert. Im Rahmen dieser versicherten Tätigkeit war er am 28.07.2015 ab Schichtbeginn um 5:00 Uhr damit beschäftigt, ein LKW-Getriebe am Band zu montieren. Seine Aufgabe bestand darin, eine Hutmanschette in den 3. oder 4. Gang einzuschlagen. Gegen 5:30 Uhr schlug er mit einem maximal 2,5 kg schweren, rückschlagfreien Hammer, der mit einem Kunststoffkopf und einem Aluminiumgriff versehen war und den er in der rechten Hand hielt, auf einen Stempel. Der rechte Arm wurde dabei über Kopf geführt; die Hutmanschette war etwa in Brusthöhe. Ein innerer oder sachlicher Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit bestand damit, so dass die Verrichtung des Klägers der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Der Hergang dieses Ereignisses ergibt sich aus den unmittelbaren Angaben des Klägers gegenüber dem Durchgangsarzt Dr. E., den er am selben Tag um 8:47 Uhr aufsuchte, deckt sich mit seinen späteren Angaben gegenüber der Beklagten am 04.08.2015 sowie den detaillierten Schilderungen gegenüber Dr. K. und ist zwischen den Beteiligten im Wesentlichen unumstritten.
Entgegen der durch die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung spricht der Umstand, dass kein plötzliches äußeres Ereignis, sondern vielmehr eine willentliche Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung vorgelegen hat, nicht gegen das Vorliegen eines Arbeitsunfalls. Für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis ist kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich. Die für einen Arbeitsunfall erforderliche äußere Einwirkung auf den Körper kann auch darin bestehen, dass durch betriebliche Einflüsse eine krankhafte Störung im Körperinneren hervorgerufen wird. Es genügen damit auch alltägliche Vorgänge, wie z.B. Stolpern oder das – kontrollierte – Hochheben eines festgefrorenen Steins (BSG; Urteil vom 12.04.2005 – B 2 U 27/04 R –, Juris). Der Umstand, dass der Kläger gezielt mit dem Hammer ausgeholt und kontrolliert auf die Hutmanschette geschlagen hat, spricht daher nicht gegen das Vorliegen eines Arbeitsunfalls.
Es kann aber letztlich dahinstehen, ob es im Rahmen dieser Tätigkeit überhaupt zu einer (schädigenden) Einwirkung auf das rechte Schultergelenk und insbesondere die Rotatorenmanschette im Bereich der rechten Schulter gekommen ist, da sich der Senat nicht vom Vorliegen eines Gesundheitserstschadens im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem behaupteten Ereignis am 28.07.2015 überzeugen konnte.
Gesundheitserstschaden im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenze) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Versicherungsfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolge) oder der versicherten Tätigkeit aufgrund der Spezialvorschrift des § 11 SGB VII als Versicherungsfall zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolge) (BSG, Urteil vom 15.05.2012 – B 2 U 16/11 R –, Juris). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls (vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2011 – B 2 U 17/10 R –, Juris). Führt das auf den Körper einwirkende Ereignis aber nicht zu einem Erstschaden – und sei er auch gering – handelt es sich nicht um einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (BSG, Urteil vom 12.04.2005 – B 2 U 6/04 R –, Juris).
Dr. E. konnte bei der Untersuchung am 28.07.2015 keine äußeren Verletzungszeichen feststellen, die periphere Durchblutung, Sensibilität und Motorik waren intakt; die unmittelbar durchgeführte Röntgenuntersuchung ergab keinen sicheren Anhalt für frische oder ältere knöcherne Verletzungen. Allein die schmerzhafte Bewegungseinschränkung bei Abduktion und Elevation ab 60°genügt als Gesundheitserstschaden nicht.
Die bei der MRT-Untersuchung am 29.07.2015 durch Dr. S. erhobenen Befunde Partialruptur der Supraspinatussehne bei Tendinopathie, hypertrophe geringe erosive AC-Gelenksarthrose, Kaudalneigung des Acromions Typ 2 mit subacromialem Impingement und diskrete Bursitis sind nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen.
Dr. K. führt für den Senat überzeugend aus, dass Hinweise auf ein typisches klinisches Bild einer frischen Supraspinatussehnenruptur, wie eine Pseudoparalyse oder ein positives Fallarm- (Drop-Arm-) Zeichen in dem von Dr. E. erhobenen Erstbefund nicht dokumentiert wurden. Der MRT-Befund einer Partialruptur ist für sich nicht aussagekräftig, denn dieser kann auch allein degenerativ verursacht worden sein. Darüber hinaus weisen die durch die MRT festgestellten Befunde gerade nicht auf eine frische Rotatorenmanschettenläsion hin. Typische Begleiterscheinungen wie ein Hämarthros/eine Ergussbildung im Gelenk sind nicht nachweisbar. Dr. K. führt darüber hinaus für den Senat nachvollziehbar aus, dass auch keine typischerweise bei der frischen Ruptur festzustellende Schlängelung des proximalen Sehnenstumpfes ("Klinking") und das Verbleiben eines peripheren Sehnenstumpfes in der Supraspinatussehne am Tuberculum majus als Hinweis für ein Trauma in der Vergangenheit festgestellt wurden. Auch im intraoperativen Befund, der ca. sieben Wochen nach dem Unfall erhoben worden ist, sind nach der Beurteilung von Dr. K. keine posttraumatischen Schädigungen einzelner Sehnen der Rotatorenmanschette festzustellen.
Für einen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Partialruptur der Supraspinatussehne spricht zwar das Verhalten des Klägers unmittelbar nach dem Ereignis. Er hat sich direkt bei dem Durchgangsarzt Dr. E. vorgestellt. Darüber hinaus fanden nach den Angaben des Klägers, die durch die Mitteilungen der vorbehandelnden Ärzte und dem durch das SG beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers bestätigt werden, zuvor keine Behandlungen an der rechten Schulter statt. Auch trägt der Kläger vor, vor dem Ereignis keine Beschwerden im Bereich der rechten Schulter gehabt zu haben; hierfür sprechen die von ihm gegenüber Dr. K. angegebenen Hobbies, wie Klettern, Mountainbiking und Hanteltraining und seine Verwendung als Hauptfeldwebel in der Reserve. Aus der Beschwerdefreiheit kann aber nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass eine Schädigung der Rotatorenmanschette vorher nicht bestanden hat. Zuzugeben ist dem Kläger, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Beginn der Beschwerden besteht, was zunächst auf einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang hindeutet. Der ursächliche Zusammenhang kann jedoch nicht rein zeitlich begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dementsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht im Sinne eines Anscheinbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 34/03 R -, Juris). Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen positiv festgestellt werden muss. So gibt es keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexerem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O.). Die Tatsache, dass der Kläger vor dem Ereignis am 28.07.2018 keine Beschwerden im Bereich der rechten Schulter hatte, beweist nicht die Intaktheit der Rotatorenmanschette vor diesem Ereignis. Immerhin zeigte das am Folgetrag durchgeführte MRT eine hypertrophe geringe erosive ACG-Arthrose, eine Kaudalneigung des Acromions Typ 2 mit subacromialem Impingement, eine Tendinopathie sowie eine diskrete Bursitis und damit Defekte, die schon vor dem 28.07.2015 vorhanden gewesen sein müssen. Ein Defekt an der Rotatorenmanschette muss nicht mit Symptomen verbunden sein, vielmehr ist es nicht ungewöhnlich, sondern eher die Regel, dass derartige Beschwerden anlässlich von Bagatelltraumen erstmalig auftreten und sogar persistieren.
Gegen eine frische Rotatorenmanschettenruptur spricht, dass der Unfallmechanismus nicht geeignet war, eine solche Ruptur überhaupt auszulösen. Bei der Frage, ob ein Unfallhergang dazu geeignet ist, einen bestimmten Gesundheitserstschaden zu verursachen, ist zu prüfen, ob es einen anerkannten wissenschaftlichen Erfahrungssatz über den Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, also die Frage der "generellen Eignung" zwischen der konkreten Einwirkung und dem tatsächlichen Gesundheitserstschaden, gibt. Im vorliegenden Fall muss daher die – als Anknüpfungstatsache im Vollbeweis nachzuweisende – konkrete Einwirkung ihrer Intensität nach geeignet sein, zu einer traumatischen Zusammenhangstrennung der Rotatorenmanschette zu führen (vgl. BSG, Urteile vom 09.05.2006 und vom 24.07.2012, a.a.O.). Dr. K. hat in seinem Gutachten unter Hinweis auf unfallmedizinische Fachliteratur dargelegt, dass der Geschehensablauf prinzipiell nicht mit einer Ruptur der Supraspinatussehne in Übereinstimmung gebracht werden kann. Verletzungen der Supraspinatussehne durch Unfälle setzen nach Dr. K. grundsätzlich eine Zug- oder Scherbelastung der Sehne voraus. Bei einer aktiven Schulterbewegung, wie sie im Falle des Klägers unstreitig stattgefunden hat, treten Translationsbewegungen des Humeruskopfes gegenüber dem Glenoid aufgrund der stabilisierenden und zentrierenden Wirkung der Rotatorenmanschette kaum auf. Erst bei passiv forcierter Zunahme der Translation kann es zu unphysiologischen Belastungen der Rotatorenmanschette kommen. Besonders hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer Läsion der Rotatorenmanschette demnach bei Schultergelenkverrenkungen. Gewaltsame Zerreißungen der Sehne sind möglich, aber selten.
Die Ausführungen des Dr. K. zum ungeeigneten Unfallmechanismus sieht der Senat unter Berücksichtigung der einschlägigen Fachliteratur bestätigt. Danach sind folgende wissenschaftliche Grundsätze als aktueller Kenntnisstand zu berücksichtigen (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl., S. 429 ff. m. w. N.; Loew, Zur traumatischen Entstehung der Rotatorenmanschettenläsion, Der Orthopäde 2000, S. 881 ff.): Aus kinematischer Sicht (Bewegungslehre) ergeben sich zwei unterschiedliche Schädigungsabläufe, die zu einem Riss der Rotatorenmanschette führen können: 1. Die ungeplante, überfallartige, exentrische, d.h. außerhalb des Mittelpunkts liegende Belastung von durch aktive Muskelkontraktion angespannten Anteilen der Rotatorenmanschette, die bei Überschreiten des physiologischen Dehnungsvermögens zum Zerreißen der Sehne in ihrer "kritischen Zone" führt. 2. Das Abscheren der Rotationsmanschette von innen, wenn der maximal zulässige Rotationswinkel des Schultergelenks überschritten wird und dabei die Ansätze der Sehnen mit dem Pfannenrand in Konflikt geraten (inneres Impingement). Nach diesen Erkenntnissen können neben Stürzen auch abrupte und passiv erzwungene Bewegungen des Armes zu einer Schädigung der Rotatorenmanschette führen. Dabei muss &61485; das Schultergelenk unter Einsatz der Rotatorenmanschette unmittelbar vor der Einwirkung muskulär fixiert gewesen sein und &61485; eine plötzliche passive Bewegung hinzukommen, die überfallartig eine Zugbelastung der Sehnen der Rotatorenmanschette bewirkt. Potenziell geeignete Verletzungsmechanismen sind nach Schönberger/Mehrtens/Valentin (a.a.O., Seite 432 ff.): &61485; massives plötzliches Rückwärtsreißen oder Heranführen des Arms, wenn dieser zuvor fixiert war, z.B. beim Rückschlag einer Maschine, beim Hängenbleiben mit dem Arm bei erheblicher Beschleunigung des Körpers; stehender Fahrgast, der sich mit nach oben gestrecktem Arm in einem fahrenden Fahrzeug festhält, bei abruptem Geschwindigkeitsverlust oder massiver Beschleunigung des Fahrzeugs; &61485; Sturz aus der Höhe nach vorn und Festhalten mit der Hand oder Treppensturz mit Festhalten mit der Hand am Geländer, sodass der Arm nach hinten gerissen wird; &61485; ungeplantes Auffangen eines schweren stürzenden Gegenstandes; &61485; Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm mit Aufprall auf Hand oder Ellenbogen. Ungeeignete Hergänge sind u.a. die direkte Krafteinwirkung auf die Schulter (Sturz, Prellung, Schlag), der Sturz auf den ausgestreckten Arm oder angewinkelten Ellenbogen, die fortgeleitete Krafteinwirkung bei seitlicher oder vorwärtsgeführter Armhaltung, aktive Tätigkeiten, die zu einer abrupten, aber planmäßigen Muskelkontraktion führen (Heben, Halten, Werfen) sowie plötzliche Muskelanspannungen. Die aktive Schulterbewegung und das gezielte Führen eines Hammers stellt zur Überzeugung des Senats lediglich eine planmäßige Muskelkontraktion ohne weitere Einwirkung von außen, so dass ein geeigneter Unfallmechanismus nicht vorliegt. Eine Zugbeanspruchung mit unnatürlicher Längendehnung der Sehne des Musculus supraspinatus ist, wie Dr. K. überzeugend darlegt, durch den – unstreitigen – Ablauf biomechanisch nicht nachvollziehbar.
Insgesamt hält es der Senat daher nicht für hinreichend und überwiegend wahrscheinlich, dass durch das angeschuldigte Ereignis eine traumatische (Teil-)Ruptur der Supraspinatussehne eingetreten ist, dies ist allenfalls möglich.
Im Ergebnis konnte sich der Senat schon nicht vom Vollbeweis eines Erstschadens überzeugen. Die Feststellung eines Arbeitsunfalles scheidet daher bereits aus diesem Grund aus, ohne dass es auf die haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfall und Gesundheitserstschaden im Sinne der Wesentlichkeitstheorie unter Würdigung rechtlich wesentlicher (Mit-)Ursachen, wie der degenerativen Vorschädigung der rechten Schulter, ankommt.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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