Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 4957/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1131/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung von Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für Mai bis Juli 2012 und die Erstattung eines Betrages von 1.371,54 Euro.
Der Kläger ist in 1945 geboren. Er zahlte im streitgegenständlichen Zeitraum eine Gesamtmiete (einschließlich Neben- und Heizungskosten) in Höhe von monatlich 320,00 Euro sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von monatlich 150,77 Euro. Außerdem bezog er eine monatliche Altersrente in Höhe von 206,25 Euro bzw. ab 1. Juli 2012 in Höhe von 210,75 Euro.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 11. Januar 2012 Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. August 2012 und zwar ab Januar 2012 in Höhe von monatlich 617,45 Euro und ab April 2012 in Höhe von monatlich 609,45 Euro. Er berücksichtigte auf der Bedarfsseite einen Regelbedarf von 374,00 Euro, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 158,77 Euro (Januar bis März 2012) bzw. 150,77 Euro (ab April 2012), eine Grundmiete in Höhe von 260,00 Euro, Nebenkosten in Höhe von 20,00 Euro sowie Heizkosten in Höhe von 10,93 Euro (tatsächliche Kosten in Höhe von 40,00 Euro abzüglich Kochfeuerungspauschale in Höhe von 29,07 Euro). Anspruchsmindernd berücksichtigte sie die Altersrente des Klägers in Höhe von 206,25 Euro.
Der Kläger war vom 1. April bis 30. Juni 2012 versicherungspflichtig beschäftigt und erzielte hieraus einen Nettoverdienst für April und Mai 2012 in Höhe von jeweils 1.255,11 Euro (brutto 1.470,00 Euro) sowie für Juni 2012 in Höhe von 1.553,98 Euro (brutto 1.936,68 Euro). Der Arbeitgeber überwies die Löhne dem Kläger jeweils im Folgemonat (24. Mai 2012, 6. Juni 2012 bzw. 9. Juli 2012).
Im August 2012 erlangte der Beklagte durch eine Information der DAK Kenntnis von der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers und führte Ermittlungen zur Höhe und zum Zuflusszeitpunkt durch. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2012 gab der Beklagte dem Kläger Gelegenheit zur Äußerung zur geplanten Leistungsaufhebung für Mai bis Juli 2012. Laut Kontoauszügen sei ihm der Lohn für April bis Juni 2012 jeweils im Folgemonat zugeflossen. Es seien deshalb insgesamt zu Unrecht Sozialleistungen in Höhe von 1.371,54 Euro erbracht worden.
Nach dem der Kläger sich nicht geäußert hatte, hob der Beklagte mit Bescheid vom 18. April 2013 seinen Bescheid vom 11. Januar 2012 für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Juli 2012 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X vollständig auf und forderte für Mai bis Juli 2012 erbrachte Leistungen in Höhe von insgesamt 1.371,54 Euro zurück. Angesichts des erzielten Einkommens habe auch unter Berücksichtigung des Freibetrages für Erwerbstätigkeit kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII bestanden. Da die finanziellen Mittel für die Sozialleistungen aus allgemeinen Steuermitteln aufgewendet werden müssten, bestehe grundsätzlich ein allgemeines fiskalisches Interesse an der Vermeidung nicht gerechtfertigter Sozialleistungen. Der Sozialleistungsträger habe daher, soweit kein atypischer Sachverhalt vorliege, bei Änderung der Verhältnisse die Bewilligungsbescheide aufzuheben und die zu Unrecht gewährten Leistungen zurückzufordern. Es handele sich um eine gebundene Entscheidung ohne Ermessensausübung. Ein atypischer Sachverhalt sei erkennbar nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 15. Mai 2013 Widerspruch. Es handele sich um einen atypischen Sachverhalt. Er legte eine 31 Seiten nebst umfangreichen Anlagen umfassende Widerspruchsbegründung vor und begründete seinen Widerspruch darin mit einem Bauvorhaben Ende der 1970iger bzw. Anfang der 1980er Jahre einschließlich eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hierzu. Er sei als früherer Nachbar an einem 1980 durchgeführten Baugenehmigungsverfahren in B. K. beteiligt gewesen. In diesem Zusammenhang sei es zu Differenzen mit verschiedenen Personen und Institutionen gekommen. Deshalb habe er noch einen Anspruch gegen den Beklagten.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 30. September 2013 zurück. Dem Kläger seien auf Grund seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung am 24. Mai 2012 1.255,11 Euro, am 6. Juni 2012 1.255,11 Euro sowie am 9. Juli 2012 1.553,98 Euro zugeflossen. Dieses Einkommen sei in Unkenntnis des tatsächlich erfolgten Zuflusses bei der Berechnung der Grundsicherungsleistung nicht als Einkommen berücksichtigt worden. Hierdurch sei im Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Juli 2012 eine Überzahlung in Höhe von 1.371,54 Euro eingetreten. Bei Erlass des Bescheides vom 11. Januar 2012 habe der Kläger die Arbeit noch nicht aufgenommen gehabt. Der Bescheid sei daher bei Erlass rechtmäßig gewesen. Die Aufnahme der Beschäftigung sowie die damit verbundene Erzielung von Einkommen stelle eine in § 48 Abs. 1 SGB X genannte Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dar. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X sei eine Sollvorschrift. Ein atypischer Fall liege hier nicht vor. Insbesondere rechtfertige die Stellungnahme im Widerspruchsverfahren keine andere Handhabung. Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem mehr als 30 Jahre zurückliegenden Baugenehmigungsverfahren und der Sozialhilfeangelegenheit sei nicht erkennen. Er deute den Vortrag des Klägers dahin, dass er bewusst die Aufnahme der Beschäftigung nicht mitgeteilt habe, weil er geglaubt habe, so seine vermeintlichen Ansprüche aufrechnen zu können. Auch der Umstand, dass der Kläger das verdiente Geld bereits ausgegeben habe, stelle keine atypische Fallkonstellation dar. Auch die Fristen seien eingehalten. Er habe am 6. August 2012 festgestellt, dass Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge durch die DAK erstattet worden seien. Die DAK habe am 13. August 2012 mitgeteilt, dass der Kläger eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen habe. Er habe somit erstmals am 13. August 2012 von der Beschäftigung des Klägers Kenntnis erlangt. Die für die Aufhebung notwendigen Lohnabrechnungen seien erst am 10. Oktober 2012 vorgelegt worden. Bereits am 18. April 2013 sei der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ergangen.
Hiergegen hat der Kläger am 30. Oktober 2013 am Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus dem Vorverfahren wiederholt und ergänzt und u.a. auf die Dissertation "Der Betrug im französischen Recht" des früheren Landrats Dr. S. hingewiesen und diese vorgelegt; deren Kenntnis sei zum Verständnis der Klagebegründung notwendig. Der Kläger hat zudem vier Leitzordner, die überwiegend Zeitungsausschnitte enthalten, vorgelegt.
Der Beklagte ist der Klage unter Hinweis auf den Widerspruchsbescheid entgegengetreten.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2016 unter Hinweis auf die Gründe des Widerspruchsbescheids abgewiesen. Es hat ergänzend ausgeführt, dass den vom Kläger umfänglich dargelegten Sachverhalten nichts entnommen werden könne, was geeignet wäre, die Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in Zweifel zu ziehen. Der diesem Bescheid zugrunde liegende und für ihn wesentliche Sachverhalt – die Erzielung von Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit im Aufhebungszeitraum – werde dagegen vom Kläger nicht in Abrede gestellt.
Gegen den ihm am 27. Februar 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23. März 2016 Berufung eingelegt. Die dem Sachverhalt zugrundeliegende Ungerechtigkeit sei schwer und unerträglich. Sie habe aber früher nicht bereinigt werden können, da sie von politischer Brisanz gewesen sei. Es habe aus politischen Gründen (absolute Mehrheit einer Partei zugleich im Bund [K.] und Land [S., später T.]) in der Folge keine Chance gehabt, seinen Anspruch rechtlich durchzusetzen. Der Gerichtsbescheid habe weder Volumen noch Substanz. Das SG sei ähnlich wie das Verwaltungsgericht im Baurechtsstreit 1980 vorgegangen. Er habe einen Wiedergutmachungsanspruch gegen den Beklagten. Er wolle das erlittene Unrecht nicht mit dem von zu Unrecht zu Haft Verurteilten, Zwangsarbeitern, ihres Eigentums beraubten Juden oder ehemaligen DDR-Bürgern gleichsetzen, doch seine Belastung durch den zugrundeliegenden Stil und Tenor der Unrechtsurteile sei systemgleich und daher in der Konsequenz auch schwer und unerträglich. Die Akten belegten, dass er es mit Kriminellen wie den Ministerpräsidenten S. (R. und Festspielhaus) und T. (Festspielhaus und F.) zu tun gehabt habe und erst nach deren Verschwinden Schadensersatz habe geltend machen können.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Februar 2016 sowie den Bescheid des Beklagten vom 18. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Akten des Beklagten und die vorgelegten Leitzordner des Klägers Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG, denn die Klage betrifft die Aufhebung und Rückforderung von Leistungen in Höhe von 1.371,54 Euro und damit eine Geldleistung bzw. einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt von mehr als 750,00 Euro. Der Senat konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
2. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 18. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2013 ist rechtmäßig. Die Bescheide finden ihre Grundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
a) Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X), der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X), soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Gemäß § 48 Abs. 4 SGB X gelten die § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 SGB X entsprechend, § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X jedoch nicht im Falle des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X.
b) Der Bescheid des Beklagten vom 18. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 2013 ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist der Kläger hinreichend im Sinne von § 24 Abs. 1 SGB X angehört worden. Mit den Anhörungsschreiben vom 30. Oktober 2012 hat der Beklagte die Umstände, auf denen der Bescheid vom 18. April 2013 beruht, dargelegt, nämlich insbesondere die Höhe des ermittelten Einkommens des Klägers.
c) Der Bescheid des Beklagten vom 18. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 2013 ist auch materiell rechtmäßig. Diese Voraussetzungen für die Aufhebung des Verwaltungsaktes vom 11. Januar 2012, soweit er die Monate Mai bis Juli 2012 betrifft, liegen vor.
aa) Es handelt sich bei dem genannten Bescheid um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung.
Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung liegt vor, wenn sich der Verwaltungsakt nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert. Dementsprechend hat Dauerwirkung der Verwaltungsakt, dessen rechtliche Wirkung sich über eine einmalige Gestaltung der Rechtslage hinaus auf eine gewisse zeitliche Dauer erstreckt (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 1994 – 1 RK 45/93 – juris Rdnr. 14 m.w.N.).
Dies ist hier der Fall, weil mit dem Bescheid vom 11. Januar 2012 Leistungen nach dem SGB XII für mehrere Monate, nämlich für Januar bis August 2012, bewilligt bzw. entsprechende Bewilligungen geändert worden sind.
bb) Nach Erlass des Verwaltungsaktes ist eine wesentliche Änderung eingetreten.
Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich – zugunsten oder zulasten des Betroffenen – auf den Grund oder die Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (BSG, Urteil vom 9. August 2001 – B 11 AL 17/01 R – juris Rdnr. 14 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, denn der Kläger hat nach Erlass der genannten Bescheide höheres Einkommen erzielt als den Bescheiden zugrunde gelegt war und war nicht mehr hilfebedürftig.
(1) Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
Gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII in der vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten.
Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach SGB XII, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Von dem Einkommen sind nach § 82 Abs. 2 SGB XII in der vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung abzusetzen (1.) auf das Einkommen entrichtete Steuern, (2.) Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung, (3.) Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und (4.) die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage 1 zu § 28 (§ 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung).
(2) Der monatliche Bedarf des Klägers setzte sich in den streitgegenständlichen Monaten zusammen aus dem Regelbedarf in Höhe von 374,00 Euro (§ 42 Nr. 1 SGB XII i.V.m. der Anlage zu § 28 SGB XII) sowie Unterkunftskosten in Höhe von maximal den tatsächlichen Aufwendungen in Höhe von 320,00 Euro (§ 42 Nr. 4 i.V.m. § 35 SGB XII). Der monatliche Bedarf betrug also insgesamt maximal 694,00 Euro, wobei die Altersrente des Klägers noch nicht berücksichtigt ist. Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die nicht bereits vom Lohn abgezogen worden sind, fielen in diesen Monaten aufgrund der Pflichtversicherung des Klägers aufgrund abhängiger Beschäftigung nicht an.
Dem stand allein Nettoeinkommen aus der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers in Höhe von jeweils 1.255,11 Euro im Mai und Juni 2012 und von 1.553,98 Euro im Juli 2012 gegenüber. Mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben hat der Kläger nicht geltend gemacht; sie sind auch nicht ersichtlich. Zieht man schließlich noch den nach § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XII maximal möglichen Betrag von 187,00 Euro (Erwerbstätigenfreibetrag) ab, verbleiben Beträge von 1.068,11 Euro bzw. 1.366,98 Euro, die den monatlichen Bedarf (erheblich) überschreiten.
cc) Der Beklagte durfte die Bewilligung der Leistungen auch für die Vergangenheit aufheben, weil die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gegeben sind. Der Kläger hat – im oben dargestellten Umfang – höheres Einkommen erzielt als den Bescheiden zugrunde gelegt; dies hat zum Wegfall seines Anspruches geführt.
dd) Der Beklagte hatte Ermessen nicht auszuüben. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X eröffnet Ermessen nur bei Vorliegen atypischer Verhältnisse (siehe nur Brandenburg in jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 48 Rdnr. 46). Solche liegen hier nicht vor. Vielmehr handelt es sich um eine geradezu typische Konstellation, in der der Leistungsempfänger nach Erlass eines Bewilligungsbescheides Einkommen erzielt, dieses aber gegenüber dem Leistungsträger nicht angibt.
ee) Auch die weiteren Voraussetzungen für die teilweise Aufhebung der Verwaltungsakte sind erfüllt. So hat die gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i. V. m. § 44 Abs. 3 SGB X zuständige Behörde gehandelt.
Der Beklagte hat durch den Bescheid vom 18. April 2013 auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Kenntnis davon, dass der Kläger nicht hilfebedürftig war, hatte der Beklagte frühestens durch die Mitteilung der DAK erhalten, die bei dem Beklagten im August 2012 einging. Auch die Zehnjahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i. V. m. § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X ist gewahrt.
ff) Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine für das vorliegende Verfahren relevante Gesichtspunkte. Sein umfangreicher Vortrag im Vorverfahren und im gerichtlichen Verfahren zu einem Baurechtsstreit in den 1980er Jahren liegt neben der Sache.
d) Die Rückforderung findet ihre Grundlage in § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit – wie hier – ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Der Rückforderungsbetrag ist vom Beklagten zutreffend berechnet worden. Er hat hierbei die ihm bereits von der DAK erstatteten Beiträge zu Gunsten des Klägers berücksichtigt; ebenso hat er zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass er mit dessen Einverständnis der aus der Rentenerhöhung zum 1. Juli 2012 resultierenden Anspruchsminderung um 4,50 Euro im Juli 2012 durch Verrechnung zum 1. Dezember 2012 bereits Rechnung getragen hat.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung von Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für Mai bis Juli 2012 und die Erstattung eines Betrages von 1.371,54 Euro.
Der Kläger ist in 1945 geboren. Er zahlte im streitgegenständlichen Zeitraum eine Gesamtmiete (einschließlich Neben- und Heizungskosten) in Höhe von monatlich 320,00 Euro sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von monatlich 150,77 Euro. Außerdem bezog er eine monatliche Altersrente in Höhe von 206,25 Euro bzw. ab 1. Juli 2012 in Höhe von 210,75 Euro.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 11. Januar 2012 Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. August 2012 und zwar ab Januar 2012 in Höhe von monatlich 617,45 Euro und ab April 2012 in Höhe von monatlich 609,45 Euro. Er berücksichtigte auf der Bedarfsseite einen Regelbedarf von 374,00 Euro, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 158,77 Euro (Januar bis März 2012) bzw. 150,77 Euro (ab April 2012), eine Grundmiete in Höhe von 260,00 Euro, Nebenkosten in Höhe von 20,00 Euro sowie Heizkosten in Höhe von 10,93 Euro (tatsächliche Kosten in Höhe von 40,00 Euro abzüglich Kochfeuerungspauschale in Höhe von 29,07 Euro). Anspruchsmindernd berücksichtigte sie die Altersrente des Klägers in Höhe von 206,25 Euro.
Der Kläger war vom 1. April bis 30. Juni 2012 versicherungspflichtig beschäftigt und erzielte hieraus einen Nettoverdienst für April und Mai 2012 in Höhe von jeweils 1.255,11 Euro (brutto 1.470,00 Euro) sowie für Juni 2012 in Höhe von 1.553,98 Euro (brutto 1.936,68 Euro). Der Arbeitgeber überwies die Löhne dem Kläger jeweils im Folgemonat (24. Mai 2012, 6. Juni 2012 bzw. 9. Juli 2012).
Im August 2012 erlangte der Beklagte durch eine Information der DAK Kenntnis von der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers und führte Ermittlungen zur Höhe und zum Zuflusszeitpunkt durch. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2012 gab der Beklagte dem Kläger Gelegenheit zur Äußerung zur geplanten Leistungsaufhebung für Mai bis Juli 2012. Laut Kontoauszügen sei ihm der Lohn für April bis Juni 2012 jeweils im Folgemonat zugeflossen. Es seien deshalb insgesamt zu Unrecht Sozialleistungen in Höhe von 1.371,54 Euro erbracht worden.
Nach dem der Kläger sich nicht geäußert hatte, hob der Beklagte mit Bescheid vom 18. April 2013 seinen Bescheid vom 11. Januar 2012 für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Juli 2012 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X vollständig auf und forderte für Mai bis Juli 2012 erbrachte Leistungen in Höhe von insgesamt 1.371,54 Euro zurück. Angesichts des erzielten Einkommens habe auch unter Berücksichtigung des Freibetrages für Erwerbstätigkeit kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII bestanden. Da die finanziellen Mittel für die Sozialleistungen aus allgemeinen Steuermitteln aufgewendet werden müssten, bestehe grundsätzlich ein allgemeines fiskalisches Interesse an der Vermeidung nicht gerechtfertigter Sozialleistungen. Der Sozialleistungsträger habe daher, soweit kein atypischer Sachverhalt vorliege, bei Änderung der Verhältnisse die Bewilligungsbescheide aufzuheben und die zu Unrecht gewährten Leistungen zurückzufordern. Es handele sich um eine gebundene Entscheidung ohne Ermessensausübung. Ein atypischer Sachverhalt sei erkennbar nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 15. Mai 2013 Widerspruch. Es handele sich um einen atypischen Sachverhalt. Er legte eine 31 Seiten nebst umfangreichen Anlagen umfassende Widerspruchsbegründung vor und begründete seinen Widerspruch darin mit einem Bauvorhaben Ende der 1970iger bzw. Anfang der 1980er Jahre einschließlich eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hierzu. Er sei als früherer Nachbar an einem 1980 durchgeführten Baugenehmigungsverfahren in B. K. beteiligt gewesen. In diesem Zusammenhang sei es zu Differenzen mit verschiedenen Personen und Institutionen gekommen. Deshalb habe er noch einen Anspruch gegen den Beklagten.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 30. September 2013 zurück. Dem Kläger seien auf Grund seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung am 24. Mai 2012 1.255,11 Euro, am 6. Juni 2012 1.255,11 Euro sowie am 9. Juli 2012 1.553,98 Euro zugeflossen. Dieses Einkommen sei in Unkenntnis des tatsächlich erfolgten Zuflusses bei der Berechnung der Grundsicherungsleistung nicht als Einkommen berücksichtigt worden. Hierdurch sei im Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Juli 2012 eine Überzahlung in Höhe von 1.371,54 Euro eingetreten. Bei Erlass des Bescheides vom 11. Januar 2012 habe der Kläger die Arbeit noch nicht aufgenommen gehabt. Der Bescheid sei daher bei Erlass rechtmäßig gewesen. Die Aufnahme der Beschäftigung sowie die damit verbundene Erzielung von Einkommen stelle eine in § 48 Abs. 1 SGB X genannte Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dar. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X sei eine Sollvorschrift. Ein atypischer Fall liege hier nicht vor. Insbesondere rechtfertige die Stellungnahme im Widerspruchsverfahren keine andere Handhabung. Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem mehr als 30 Jahre zurückliegenden Baugenehmigungsverfahren und der Sozialhilfeangelegenheit sei nicht erkennen. Er deute den Vortrag des Klägers dahin, dass er bewusst die Aufnahme der Beschäftigung nicht mitgeteilt habe, weil er geglaubt habe, so seine vermeintlichen Ansprüche aufrechnen zu können. Auch der Umstand, dass der Kläger das verdiente Geld bereits ausgegeben habe, stelle keine atypische Fallkonstellation dar. Auch die Fristen seien eingehalten. Er habe am 6. August 2012 festgestellt, dass Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge durch die DAK erstattet worden seien. Die DAK habe am 13. August 2012 mitgeteilt, dass der Kläger eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen habe. Er habe somit erstmals am 13. August 2012 von der Beschäftigung des Klägers Kenntnis erlangt. Die für die Aufhebung notwendigen Lohnabrechnungen seien erst am 10. Oktober 2012 vorgelegt worden. Bereits am 18. April 2013 sei der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ergangen.
Hiergegen hat der Kläger am 30. Oktober 2013 am Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus dem Vorverfahren wiederholt und ergänzt und u.a. auf die Dissertation "Der Betrug im französischen Recht" des früheren Landrats Dr. S. hingewiesen und diese vorgelegt; deren Kenntnis sei zum Verständnis der Klagebegründung notwendig. Der Kläger hat zudem vier Leitzordner, die überwiegend Zeitungsausschnitte enthalten, vorgelegt.
Der Beklagte ist der Klage unter Hinweis auf den Widerspruchsbescheid entgegengetreten.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2016 unter Hinweis auf die Gründe des Widerspruchsbescheids abgewiesen. Es hat ergänzend ausgeführt, dass den vom Kläger umfänglich dargelegten Sachverhalten nichts entnommen werden könne, was geeignet wäre, die Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in Zweifel zu ziehen. Der diesem Bescheid zugrunde liegende und für ihn wesentliche Sachverhalt – die Erzielung von Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit im Aufhebungszeitraum – werde dagegen vom Kläger nicht in Abrede gestellt.
Gegen den ihm am 27. Februar 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23. März 2016 Berufung eingelegt. Die dem Sachverhalt zugrundeliegende Ungerechtigkeit sei schwer und unerträglich. Sie habe aber früher nicht bereinigt werden können, da sie von politischer Brisanz gewesen sei. Es habe aus politischen Gründen (absolute Mehrheit einer Partei zugleich im Bund [K.] und Land [S., später T.]) in der Folge keine Chance gehabt, seinen Anspruch rechtlich durchzusetzen. Der Gerichtsbescheid habe weder Volumen noch Substanz. Das SG sei ähnlich wie das Verwaltungsgericht im Baurechtsstreit 1980 vorgegangen. Er habe einen Wiedergutmachungsanspruch gegen den Beklagten. Er wolle das erlittene Unrecht nicht mit dem von zu Unrecht zu Haft Verurteilten, Zwangsarbeitern, ihres Eigentums beraubten Juden oder ehemaligen DDR-Bürgern gleichsetzen, doch seine Belastung durch den zugrundeliegenden Stil und Tenor der Unrechtsurteile sei systemgleich und daher in der Konsequenz auch schwer und unerträglich. Die Akten belegten, dass er es mit Kriminellen wie den Ministerpräsidenten S. (R. und Festspielhaus) und T. (Festspielhaus und F.) zu tun gehabt habe und erst nach deren Verschwinden Schadensersatz habe geltend machen können.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Februar 2016 sowie den Bescheid des Beklagten vom 18. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Akten des Beklagten und die vorgelegten Leitzordner des Klägers Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG, denn die Klage betrifft die Aufhebung und Rückforderung von Leistungen in Höhe von 1.371,54 Euro und damit eine Geldleistung bzw. einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt von mehr als 750,00 Euro. Der Senat konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
2. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 18. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2013 ist rechtmäßig. Die Bescheide finden ihre Grundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
a) Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X), der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X), soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Gemäß § 48 Abs. 4 SGB X gelten die § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 SGB X entsprechend, § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X jedoch nicht im Falle des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X.
b) Der Bescheid des Beklagten vom 18. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 2013 ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist der Kläger hinreichend im Sinne von § 24 Abs. 1 SGB X angehört worden. Mit den Anhörungsschreiben vom 30. Oktober 2012 hat der Beklagte die Umstände, auf denen der Bescheid vom 18. April 2013 beruht, dargelegt, nämlich insbesondere die Höhe des ermittelten Einkommens des Klägers.
c) Der Bescheid des Beklagten vom 18. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 2013 ist auch materiell rechtmäßig. Diese Voraussetzungen für die Aufhebung des Verwaltungsaktes vom 11. Januar 2012, soweit er die Monate Mai bis Juli 2012 betrifft, liegen vor.
aa) Es handelt sich bei dem genannten Bescheid um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung.
Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung liegt vor, wenn sich der Verwaltungsakt nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert. Dementsprechend hat Dauerwirkung der Verwaltungsakt, dessen rechtliche Wirkung sich über eine einmalige Gestaltung der Rechtslage hinaus auf eine gewisse zeitliche Dauer erstreckt (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 1994 – 1 RK 45/93 – juris Rdnr. 14 m.w.N.).
Dies ist hier der Fall, weil mit dem Bescheid vom 11. Januar 2012 Leistungen nach dem SGB XII für mehrere Monate, nämlich für Januar bis August 2012, bewilligt bzw. entsprechende Bewilligungen geändert worden sind.
bb) Nach Erlass des Verwaltungsaktes ist eine wesentliche Änderung eingetreten.
Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich – zugunsten oder zulasten des Betroffenen – auf den Grund oder die Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (BSG, Urteil vom 9. August 2001 – B 11 AL 17/01 R – juris Rdnr. 14 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, denn der Kläger hat nach Erlass der genannten Bescheide höheres Einkommen erzielt als den Bescheiden zugrunde gelegt war und war nicht mehr hilfebedürftig.
(1) Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
Gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII in der vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten.
Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach SGB XII, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Von dem Einkommen sind nach § 82 Abs. 2 SGB XII in der vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung abzusetzen (1.) auf das Einkommen entrichtete Steuern, (2.) Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung, (3.) Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und (4.) die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage 1 zu § 28 (§ 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung).
(2) Der monatliche Bedarf des Klägers setzte sich in den streitgegenständlichen Monaten zusammen aus dem Regelbedarf in Höhe von 374,00 Euro (§ 42 Nr. 1 SGB XII i.V.m. der Anlage zu § 28 SGB XII) sowie Unterkunftskosten in Höhe von maximal den tatsächlichen Aufwendungen in Höhe von 320,00 Euro (§ 42 Nr. 4 i.V.m. § 35 SGB XII). Der monatliche Bedarf betrug also insgesamt maximal 694,00 Euro, wobei die Altersrente des Klägers noch nicht berücksichtigt ist. Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die nicht bereits vom Lohn abgezogen worden sind, fielen in diesen Monaten aufgrund der Pflichtversicherung des Klägers aufgrund abhängiger Beschäftigung nicht an.
Dem stand allein Nettoeinkommen aus der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers in Höhe von jeweils 1.255,11 Euro im Mai und Juni 2012 und von 1.553,98 Euro im Juli 2012 gegenüber. Mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben hat der Kläger nicht geltend gemacht; sie sind auch nicht ersichtlich. Zieht man schließlich noch den nach § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XII maximal möglichen Betrag von 187,00 Euro (Erwerbstätigenfreibetrag) ab, verbleiben Beträge von 1.068,11 Euro bzw. 1.366,98 Euro, die den monatlichen Bedarf (erheblich) überschreiten.
cc) Der Beklagte durfte die Bewilligung der Leistungen auch für die Vergangenheit aufheben, weil die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gegeben sind. Der Kläger hat – im oben dargestellten Umfang – höheres Einkommen erzielt als den Bescheiden zugrunde gelegt; dies hat zum Wegfall seines Anspruches geführt.
dd) Der Beklagte hatte Ermessen nicht auszuüben. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X eröffnet Ermessen nur bei Vorliegen atypischer Verhältnisse (siehe nur Brandenburg in jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 48 Rdnr. 46). Solche liegen hier nicht vor. Vielmehr handelt es sich um eine geradezu typische Konstellation, in der der Leistungsempfänger nach Erlass eines Bewilligungsbescheides Einkommen erzielt, dieses aber gegenüber dem Leistungsträger nicht angibt.
ee) Auch die weiteren Voraussetzungen für die teilweise Aufhebung der Verwaltungsakte sind erfüllt. So hat die gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i. V. m. § 44 Abs. 3 SGB X zuständige Behörde gehandelt.
Der Beklagte hat durch den Bescheid vom 18. April 2013 auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Kenntnis davon, dass der Kläger nicht hilfebedürftig war, hatte der Beklagte frühestens durch die Mitteilung der DAK erhalten, die bei dem Beklagten im August 2012 einging. Auch die Zehnjahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i. V. m. § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X ist gewahrt.
ff) Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine für das vorliegende Verfahren relevante Gesichtspunkte. Sein umfangreicher Vortrag im Vorverfahren und im gerichtlichen Verfahren zu einem Baurechtsstreit in den 1980er Jahren liegt neben der Sache.
d) Die Rückforderung findet ihre Grundlage in § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit – wie hier – ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Der Rückforderungsbetrag ist vom Beklagten zutreffend berechnet worden. Er hat hierbei die ihm bereits von der DAK erstatteten Beiträge zu Gunsten des Klägers berücksichtigt; ebenso hat er zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass er mit dessen Einverständnis der aus der Rentenerhöhung zum 1. Juli 2012 resultierenden Anspruchsminderung um 4,50 Euro im Juli 2012 durch Verrechnung zum 1. Dezember 2012 bereits Rechnung getragen hat.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
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