L 10 U 5280/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 890/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 5280/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.12.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren die Feststellung, dass ein Suizid am 13.12.2012 Folge eines Arbeitsunfalls war.

Die Klägerin zu 1 ist die Witwe, die Kläger zu 2 und 3 sind die Söhne des im Jahre 1963 geborenen und bei der Beklagten versicherten R. N. (im Folgenden: Versicherter). Der Versicherte war Diplomingenieur für Maschinenbauproduktionstechnik und ab 1989 bei der Firma R. B. GmbH (nachfolgend Firma B. ) tätig (Bl. 349 Anlagenband Personalakte der Firma B. zur LSG-Akte). Ab 01.01.2010 war er Projektleiter für das Projekt Wertstrommanagement (Bl. 123 Anlagenband zur LSG-Akte). In einem Mitarbeitergespräch im Juni 2010 erfolgte die Kompetenzeinschätzung nach acht Kriterien, wovon er in fünf Kriterien die Bewertung gut und in drei Kriterien die Bewertung befriedigend erhielt (Bl. 8 Anlagenband zur LSG-Akte). In einem weiteren Mitarbeitergespräch am 02.04.2012 wurde seine Kompetenz in sechs von den acht Kriterien mit gut, in einem mit sehr gut und in einem weiteren mit befriedigend bewertet (Bl. 1 Anlagenband LSG-Akte). Hinsichtlich der Einzelheiten der Bewertungen wird auf die angegebenen Aktenteile verwiesen. Zum 01.05.2012 wurde er Gruppenleiter der Abteilung Fertigungsbereich Reinigungssysteme - Planung/Fertigung Wischanlagen/Wischdirektbetrieb (Schreiben vom 19.03.2012, Bl. 117 Anlagenband zur LSG-Akte).

Nach den Angaben der Klägerin zu 1 (Bl. 1-4 Rückseite VA) geriet der Versicherte ab August 2012 beruflich immer mehr unter Druck. Er litt unter Schlaflosigkeit und vielfältigen depressiven Symptomen (hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bericht des Dr. H. , Oberarzt der A. für Psychosomatik und Psychotherapie B. - nachfolgend A. - vom 07.12.2012, Bl. 40 ff. LSG-Akte, und jenen des Prof. Dr. E. , Ärztlicher Direktor dieser Klinik, vom 14.12.2012, Bl. 43 ff. LSG-Akte verwiesen). Zuvor war er - jedenfalls seit 1997 - nie wegen psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig gemeldet (Auskunft der B. BKK, Bl. 47 LSG-Akte). Wegen dieser psychischen Beschwerden suchte der Versicherte am 23.11.2012 den Werksarzt und Facharzt für Innere Medizin Dr. S. (damals mit Namen S. ) auf, der eine Krankschreibung durch den Hausarzt Dr. K. empfahl, die dann entsprechend ab 23.11.2012 für vier Wochen unter der Annahme eines Burn-out-Syndroms erfolgte (Bl. 37 LSG-Akte). Am 27.11.2012 empfahl Dr. S. in einem gemeinsamen Gespräch mit der Mitarbeiterin vom Sozialdienst und dem Kläger eine Behandlung in der A. (Bl. 33 LSG-Akte). Nach ambulanter Vorstellung bei nun diagnostizierter mittelgradiger depressiver Episode und Anpassungsstörung (Bericht des Dr. H. , a.a.O.) wurde der Versicherte am 11.12.2012 zur stationären Behandlung in die A. aufgenommen. Es wurde eine medikamentöse Behandlung mit Mirtazepin begonnen und der Versicherte nahm an empfohlenen Therapien teil (konzentrative Bewegungstherapie, Gestaltungstherapie). Am 13.12.2012 gegen 06.30 Uhr schied der Versicherte durch einen Fenstersturz aus dem Leben (Bl. 43 LSG-Akte). Ursache waren raptusartig einschießende Suizidimpulse im Morgentief nach dem Aufwachen auf dem Boden einer schweren depressiven Episode (Gutachten des Prof. Dr. E. , Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums F. im Rechtsstreit zwischen den Klägern und der H. Lebensversicherung AG vor dem Landgericht B. , 3 O 103/13, Bl. 22-2 ff. VA). Vorherige Anzeichen für eine solche Krise gab es nicht (Bericht des Prof. Dr. E. , a.a.O.).

Mit der Begründung, die psychische Erkrankung, die letztendlich zum Tod geführt habe, sei durch erheblichen Druck am Arbeitsplatz verursacht worden, machten die Kläger den Suizid als Arbeitsunfall geltend. Mit getrennten Bescheiden vom 27.08.2013 (Bl. 13-1, 14-1, 15-1 VA) lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Der Suizid sei insbesondere nicht Folge eines Arbeitsunfalls. Berufliche Belastungen, die über einen längeren als eine Arbeitsschicht umfassenden Zeitraum bestünden, stellten keinen Arbeitsunfall dar. Die Widersprüche wies sie mit wiederum getrennten Widerspruchsbescheiden vom 12.12.2014 zurück. In den beigefügten Rechtsmittelbelehrungen wies sie auf die Möglichkeit hin, binnen drei Monaten Klage beim Sozialgericht Karlsruhe zu erheben.

Am 16.03.2015 (Montag) haben die Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben und die Auffassung vertreten, dass der Versicherte an einem Arbeitsunfall verstorben sei. Die Herabstufung vom Projektleiter zum Gruppenleiter mit Schreiben vom 19.03.2012 sei ausschlaggebend dafür gewesen, dass die beruflich bedingten Gesundheitsstörungen aufgetreten seien (Bl. 49 f. SG-Akte). Mit Urteil vom 08.12.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, dass es hier an einem auf eine Arbeitsschicht begrenzten Geschehen fehle.

Hiergegen haben die Kläger am 23.12.2015 Berufung eingelegt. Sie sind der Auffassung, dass es eine kausale Betriebsbezogenheit des Suizids gegeben habe. Wegen Schwierigkeiten an einem Großprojekt, an dem dann nicht mehr festgehalten worden sei, sei es ab Juli/August 2012 zu einer wesentlichen Wesensveränderung des Versicherten gekommen. Durch die Rückstufung vom Projektleiter zum Gruppenleiter mit Schreiben vom 19.03.2012 habe die bis dahin bemerkenswerte Karriere des Versicherten einen Knick erfahren. Nach Hinweis darauf, dass ein Arbeitsunfall eine zeitlich begrenzte Einwirkung voraussetze, haben die Kläger die empfohlene stationäre Behandlung und die damit verbundene Einwirkung als ein solches Ereignis benannt (Bl. 67 LSG-Akte).

Die Kläger beantragen (Schriftsatz vom 20.09.2018),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.12.2015 abzuändern sowie die Bescheide der Beklagten vom 27.08.2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12.12.2014 aufzuheben und den Suizid vom 13.12.2012 als Folge eines Arbeitsunfalls festzustellen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend.

Der Senat hat die erwähnte Auskunft der B. B. eingeholt und Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt sowie die Patientenkartei der Fachärztin für Innere Medizin Dr. A. , Praxisnachfolgerin des Dr. K. , für die Zeit ab August 2012 (vgl. Bl. 32 ff. LSG-Akte), die Personalakten des Versicherten bei der Firma B. (Anlagenband zur LSG-Akte) und die Akten des Landgerichts B. im Rechtsstreit 3 O 103/13 beigezogen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide der Beklagten vom 27.08.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12.12.2014, mit denen die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls mit schließlich tödlicher Folge ablehnte. Soweit die Kläger im erstinstanzlichen Verfahren und anfangs der Berufung auch einen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung geltend gemacht haben, haben sie dies nicht weiterverfolgt (vgl. Aufklärungsschreiben des Senats vom 08.11.2016, Bl. 69 LSG-Akte und die Reaktion der Kläger Bl. 71 LSG-Akte, mit der nur noch am Feststellungsantrag, nicht mehr am Leistungsantrag festgehalten worden ist). Gleiches gilt in Bezug auf die im Berufungsverfahren zunächst auch zur Feststellung begehrte depressive Episode (vgl. den letzten Schriftwechsel).

Damit begehren die Kläger im Rahmen der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage neben der Aufhebung der ergangenen Bescheide nur noch die Feststellung, dass es sich bei dem Suizid um die Folge eines Arbeitsunfalls handelt und damit sinngemäß auch die Feststellung eines Arbeitsunfalls, was die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden ablehnte.

Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist statthaft. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehren die Kläger die Aufhebung der die Feststellung eines Arbeitsunfalls mit tödlicher Folge ablehnenden Verwaltungsentscheidungen. Rechtsgrundlage für das Feststellungsbegehren in Bezug auf den Arbeitsunfall ist § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Danach kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, hier zwischen den Klägern und der Beklagten als zuständigem Unfallversicherungsträger auf Grund eines grundsätzlich entschädigungspflichtigen Arbeitsunfalles (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3). Dies ermöglicht es dem Versicherten, das Vorliegen eines Arbeitsunfalles als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab klären zu lassen (BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 30/07 R). Weil die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ablehnt, liegt ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung vor.

Die Anfechtungsklage ist fristgerecht erhoben. Insbesondere haben die Kläger die Klagefrist eingehalten. Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Nach § 66 Abs. 1 SGG beginnt die Frist für ein Rechtsmittel jedoch nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, § 66 Abs. 2 SGG. So verhält es sich hier. Die Beklagte wies die Kläger in der Rechtsmittelbelehrung darauf hin, dass sie binnen drei Monaten Klage erheben könnten. Diese Frist gilt bei Bekanntgabe im Ausland, § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG. Eine Bekanntgabe ins Ausland fand jedoch nicht statt (Wohnsitz der Kläger: Lichtenau, Landkreis Rastatt, Sitz des Prozessbevollmächtigten: B. ). Selbst ausgehend von einer Aufgabe der Widerspruchsbescheide zur Post noch am Tag ihres Datums (14.12.2014) und unter Zugrundelegung des § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) haben die Kläger die von der Beklagten angegebene dreimonatige Frist und erst recht die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG gewahrt.

Die Klagen sind jedoch nicht begründet, so dass die Berufungen zurückzuweisen sind. Der Suizid des Versicherten war weder Folge eines Arbeitsunfalles noch selbst ein Arbeitsunfall.

Der Senat ist auf Grund des Berichts des Dr. H. zwar der Überzeugung, dass jedenfalls Ende November 2012 beim Versicherten eine depressive Episode vorlag, die sich - so der Bericht des Prof. Dr. E. und das Gutachten des Prof. Dr. E. - zu einem schweren Stadium entwickelte. Der Senat hat auf der Grundlage des Gutachtens des Prof. Dr. E. auch keinen Zweifel daran, dass diese schwere depressive Episode zum Suizid führte. Prof. Dr. E. legte in seinem Gutachten anhand seiner ärztlichen Erfahrungen nachvollziehbar dar, dass beim Versicherten am Morgen des 13.12.2012 im Rahmen des Morgentiefs raptusartig einschießende Suizidimpulse auftraten. Überlebende eines vergleichbaren Suizidversuchs am frühen Morgen berichteten - so der Sachverständige weiter - von ausgeprägter Verzweiflung am Morgen, auch wenn es ihnen am Abend vorher noch gut gegangen sei, mit sich aufdrängenden Selbsttötungsgedanken und -impulsen bei zunehmender Einengung des Denkens, die zunehmend handlungsbestimmend würden. Jedoch erfüllen die von den Klägern anfangs in den Vordergrund gerückten zunehmenden Belastungen ab Juli/August 2012 ebenso wenig die Voraussetzungen eines versicherten Arbeitsunfalls wie die stationäre Behandlung mit ihren Einwirkungen, die die Kläger zuletzt und als Reaktion auf die Anforderungen eines Arbeitsunfalles als maßgebliches Ereignis angeführt haben (Bl. 67 LSG-Akte).

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforder¬lich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).

Dem Begriff des Unfalls immanent ist die zeitliche Begrenzung des Ereignisses. Dieses Tatbestandsmerkmal ist dann erfüllt, wenn das Ereignis einen relativ kurzen, etwa einer Arbeitsschicht vergleichbaren Zeitraum andauert. Hiervon zu unterscheiden sind Schädigungen, die durch eine Häufung kleinerer Einwirkungen, die jedoch nicht auf eine Arbeitsschicht begrenzt sind, hervorgerufen werden, sodass erst durch ihre Summierung der Schaden entsteht (BSG, Urteil vom 30.05.1985, 2 RU 17/84 SozR 2200 § 548 Nr. 71, in juris Rdnr. 14). In Abgrenzung zum Berufskrankheitenrecht erfüllen länger anhaltende Einwirkungen, welche sich über mehrere Arbeitsschichten erstrecken, grundsätzlich nicht den Unfallbegriff des § 8 SGB VII. Eine von mehreren, nacheinander in verschiedenen Arbeitsschichten insgesamt den Versicherten treffende Einwirkungen, die zu der Schädigung führten, ist nur dann als wesentliche Bedingung für die Schädigung zu werten, wenn sie sich aus der Gesamtheit der Einwirkungen derart hervorhebt, dass sie nicht nur eine mehrerer gleichwertiger Einwirkungen bildet (BSG, a.a.O.).

Der Tod ist dann Folge eines Arbeitsunfalles, wenn ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. einer durch den Unfall verursachten Gesundheitsstörung und dem Todeseintritt besteht. Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen unter anderem die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und das unmittelbar zum Tode führende Leiden (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993, 9/9a RV 1/92 in SozR 3-3100 § 38 Nr. 2) gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein, während zur Anerkennung des Todes als Unfallfolge die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs ausreichend, aber auch erforderlich ist. Das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11). Auch eine Selbsttötung, die grundsätzlich als absichtliche Eigenverletzung kein Arbeitsunfall ist, begründet einen Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls, wenn die Folgen eines Arbeitsunfalles den Entschluss zur Selbsttötung wesentlich mitbedingt haben. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Arbeitsunfallfolgen die alleinige Ursache für den Entschluss zur Selbsttötung gewesen sind. Auch bei einer wesentlichen Mitverursachung ist die Willensbestimmung des Versicherten, der aus dem Leben scheiden will, durch die Folgen des Arbeitsunfalles entscheidend geprägt (vgl. BSG, Urteil vom 18.01.1990, 8 RKnU 1/89 in SozR 3-2200 § 553 Nr. 1).

Zwar stand der Versicherte als Angestellter bei der Firma B. nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Indessen erfüllen weder die im Verwaltungs- und im erstinstanzlichen Verfahren genannten, zu einer depressiven Erkrankung und schließlich zum Tod führenden Umstände noch die im Berufungsverfahren in den Vordergrund gerückten Ereignisse im Rahmen dieser Tätigkeit die übrigen Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls in diesem Sinne.

Nach den anhand der Personalakten der Firma B. und insbesondere den Berichten aus der A. für den Senat nachvollziehbaren Ausführungen der Kläger, die der Senat daher als wahr unterstellt, führten Probleme bei der Umsetzung und schließlich Beendigung eines Großprojektes im Jahr 2012 zu massiv erhöhtem Druck auf den Versicherten (er arbeite als Abteilungsleiter und sei wegen eines schwierigen Projekts massiv unter Druck geraten und massiv belastet, so weitgehend übereinstimmend Dr. H. und Prof. Dr. E. in der Anamnese ihre Berichte), was schließlich die psychischen Beschwerden auslöste (von den Klägern als Wesensveränderung ab Juli/August 2012 bezeichnet). Hinweise auf herausgehobene Ereignisse, welche eine besondere Stresssituation beim Versicherten in einer Arbeitsschicht vor dem 13.12.2012 verursacht haben könnten, sind für den Senat nicht erkennbar und sind von den Klägern auch nicht beschrieben worden. Die von den Klägern vorgetragene allgemeine Stresssituation des Versicherten ist nicht geeignet, das Tatbestandsmerkmal eines Unfallereignisses zu erfüllen, sondern stellte schon nach dem Vortrag der Kläger einen über viele Arbeitsschichten andauernden Prozess ohne herausgehobene Einzelereignisse dar. Insgesamt ergeben sich weder aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen noch aus den Personalakten - und auch aus dem klägerischen Vortrag nicht - Hinweise auf ein einschneidendes Erlebnis mit dadurch verursachter besonderer Betroffenheit des Versicherten. Dies gilt insbesondere für den beschriebenen Karriereknick in Form der - so formulierten - Herabstufung vom Projektleiter zum Gruppenleiter als Ursache der psychischen Probleme (so ausdrücklich Bl. 49 f. SG-Akte). In dem in diesem Zusammenhang von den Klägern erwähnten Brief vom 19.03.2012 (Bl. 117 Anlageband zur LSG-Akte) ist ausgeführt, dass die Übertragung der neuen Aufgabe zuvor vereinbart worden sei ("wie vereinbart"). Dann aber traf dieses Schreiben den Versicherten gerade nicht überraschend, sondern die Änderung seiner Aufgaben war ihm bereits bekannt. War aber - so die Wertung der Kläger - die Herabstufung bereits vor dem 19.03.2012 vereinbart, ohne dass hierzu eine erkennbare Reaktion des Versicherten nachgewiesen oder auch nur behauptet wäre, erschließt sich nicht, aus welchen Gründen ab Juli/August 2012 - so die Angaben der Klägerin zu 1 (Bl. 1-4 Rückseite VA) - also vier bis fünf Monate später dadurch eine psychische Symptomatik (Wesensveränderung) ausgelöst worden sein soll. Im Übrigen erwähnte der Versicherte zu keinem Zeitpunkt eine besondere Belastung gerade durch diese Änderung seines Aufgabenbereiches oder des Schreibens von 19.03.2012, weder gegenüber Dr. S. noch gegenüber den Ärzten der A ... Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass auch dem letzten Mitarbeitergespräch im April 2012 keine besondere Bedeutung in Bezug auf die psychische Belastung zugemessen werden kann. Der Kläger wurde vielmehr sogar besser bewertet, als zwei Jahre zuvor, und auch dieses Gespräch erwähnte der Versicherte gegenüber Dr. S. und den Ärzten der A. nicht als Belastungsfaktor. Auf die Frage, ob darüber hinaus auch privater Stress für die schwere Depression des Versicherten eine Rolle spielte, kommt es deshalb vorliegend nicht an.

Im Grunde machen die Kläger auch nicht mehr geltend, dass besondere Ereignisse im Verlauf der Tätigkeit des Versicherten mit einschneidendem Charakter auftraten. In Kenntnis der Anforderungen an einen Arbeitsunfall haben sie vielmehr die stationäre Behandlung in der A. und die damit verbundene Einwirkung auf den Versicherten benannt.

Indessen fehlt es insoweit an einem Versicherungsschutz vermittelnden Tatbestand.

Soweit - so oben - Versicherungsschutz als Beschäftigter in Rede steht, gehörte der stationäre Aufenthalt in der A. weder zu den arbeitsrechtlichen Pflichten des Versicherten noch ist feststellbar, dass er eine solche (dann ohnehin unrichtige) Handlungstendenz hatte. Allein die Tatsache, dass - so die Sicht der Kläger - der arbeitgeberseitige Druck schließlich zum stationären Aufenthalt führte, macht diesen Aufenthalt nicht zur arbeitsrechtlichen Pflicht des Arbeitnehmers.

Auch ansonsten stand der Versicherte - in Bezug auf den Suizid - während des stationären Aufenthaltes nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, so dass der Suizid als solcher ebenfalls keinen Arbeitsunfall darstellt.

Zwar sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 Buchstabe a SGB VII Personen versichert, die auf Kosten u.a. einer Krankenkasse u.a. stationäre Behandlung erhalten, wie dies hier beim Versicherten der Fall war. Dabei sind jedoch mit der Entwicklung und dem Verlauf der die stationäre Behandlung bedingenden Krankheit - hier die depressive Erkrankung - selbst verbundene Risiken ebenso wenig Gegenstand des Unfallversicherungsschutzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 Buchstabe a SGB VII, wie die ärztliche Behandlung. Das gilt auch, wenn sie zu einem Unfall führten (BSG, Urteil vom 30.09.1980, 2 RU 13/80, SozR 2200 § 539 Nr. 71, in juris Rdnr. 20, vom 01.02.1979, 2 RU 85/78, SozR 2200 § 539 Nr. 56 in juris, Rdnr. 22, zu dem mit dem vorliegenden Rechtsstreit vergleichbaren Fall eines Fenstersturzes aus suizidaler Absicht bei depressiver Erkrankung). Der Suizid des Versicherten war Folge der in der A. zu behandelnden schweren Depression, wie Prof. Dr. E. in seinem Gutachten für das Landgericht und Prof. Dr. E. im Entlassungsbericht vom 14.12.2012 übereinstimmend ausgeführt haben. Dabei war am Vortag bis zur Nachtruhe des Versicherten nicht erkennbar, dass mit einer Verschlechterung der psychischen Verfassung des Versicherten zu rechnen war (zur Bedeutung s. BSG, Urteil vom 01.02.1979, a.a.O., Rdnrn. 22 f.). Vielmehr beschrieb der Chefarzt der A. Prof. Dr. E. , dass - trotz zielgerichteter Exploration - zu keinem Zeitpunkt ein Anhalt für Eigen- oder Fremdgefährdung vorlag, der Versicherte vielmehr am Tag vor dem Suizid von einem seit langer Zeit besseren Schlaf berichtete und sich zuversichtlich zeigte. Auch Prof. Dr. E. führte den Suizid nicht auf eine schleichende und möglicherweise erkennbare Verschlimmerung der Depression bis hin zu suizidalen Absichten, sondern auf ein Augenblicksereignis in Form von raptusartig einschießenden Suizidimpulsen im Morgentief nach dem Aufwachen auf dem Boden der schweren depressiven Episode zurück. Damit unterfällt dieses Geschehen nicht dem Schutzzweck des § 2 Abs. 1 Nr. 15 Buchstabe a SGB VII (BSG, a.a.O., Rdnr. 23). Ein Arbeitsunfall ist deshalb auch insoweit nicht festzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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