L 5 KR 4242/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 677/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4242/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der Berechnung der Höhe von Krankengeld nach § 47 SGB V sind Überstunden dann zu berücksichtigen, wenn sie regelmäßig geleistet werden. Dies ist anhand einer Betrachtung der letzten drei Monate (13 Wochen) zu beurteilen. Bestand das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit noch nicht für diesen Beobachtungszeitraum, ist die Regelmäßigkeit der Ableistung von Überstunden anhand objektiver Kriterien abzuschätzen. Hierbei kann insb. ein erhöhter Einarbeitungaufwand maßgeblich dazu führen, dass in der ersten Phase der Tätigkeit vermehrte Überstunden anfallen, die im weiteren Fortgang der Tätigkeit nicht mehr zu erwarten stehen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.08.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welcher Höhe dem Kläger vom 12.10.2013 - 04.05.2014 Krankengeld zu gewähren ist.

Der im Jahr 1969 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Auf Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 25.07.2013 war der Kläger ab dem 01.08.2013 als Kraftfahrer für die H., Bad F., tätig. Ab dem 18.09.2013 war der Kläger wegen einer Erkrankung des Kniegelenks bzw. Vorhofflimmern bis einschließlich dem 04.05.2014 arbeitsunfähig erkrankt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete nach einer arbeitgeberseitigen Kündigung vom 26.09.2013 mit dem 11.10.2013. Bis zu diesem Zeitpunkt erhielt der Kläger sein Gehalt unter Entgeltfortzahlungsgrundsätzen.

Im Rahmen einer Entgeltbescheinigung des Steuerbüros der H. vom 13.11.2013 wurde seitens der H. ausgeführt, dass sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers auf 45 Stunden pro Woche belaufen habe. Im zuletzt abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum vom 01. - 31.08.2013 habe der Kläger ein Bruttoarbeitsentgelt i.H.v. 3.146,- EUR (2.236,06 EUR netto) erzielt. Dieses Bruttoarbeitsentgelt sei in insg. 286 Stunden erzielt worden.

Mit Bescheid vom 15.11.2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger Krankengeld ab dem 12.10.2013 i.H.v. 45,22 EUR brutto (39,81 EUR netto) täglich.

Gegen den nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 10.03.2014 Widerspruch, mit dem er die Gewährung von Krankengeld i.H.v. 64,99 EUR täglich (netto) geltend machte. Unter Vorlage von Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungen für die Monate August und September 2013 führte der Kläger begründend aus, er habe ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt i.H.v. 3.250,- EUR (2.468,- EUR netto) erzielt. Hieraus errechne sich ein Bruttokrankengeldanspruch i.H.v. 75,83 EUR (64,99 EUR netto). Dies gründe darin, dass die ihm gewährte Mehrarbeitsvergütung bei der Berechnung des Regelentgelts zu berücksichtigen sei, da er diese Mehrarbeit fortlaufend während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses bei der H. geleistet habe.

Nachdem die Beteiligten ihre jeweiligen Krankengeldberechnungen im Widerspruchsverfahren erläutert und bekräftigt hatten, half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2016 teilweise ab und berücksichtigte bei der Krankengeldberechnung für die Zeit vom 12.10.2013 - 04.05.2014 zusätzlich drei Überstunden pro Woche. Im Übrigen wies sie den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Höhe und die Berechnung des Krankengeldes ergäben sich aus § 47 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Hiernach seien Mehrarbeitsstunden zu berücksichtigen, wenn sie regelmäßig während der letzten abgerechneten drei Monate bzw. 13 Wochen geleistet und vergütet worden seien. Sofern der Versicherte noch keine drei Monate im Betrieb beschäftigt gewesen sei, seien bei der Ermittlung der zu berücksichtigenden Mehrarbeitsstunden die Verhältnisse zugrunde zu legen, die unter normalen Umständen vorgelegen hätten. Zwar habe der Kläger im August 2013 insgesamt 91 Überstunden geleistet, dies führe jedoch nicht, wie klägerseits geltend gemacht, dazu, dass der Krankengeldberechnung eine wöchentliche Arbeitszeit von 67,75 Stunden zugrunde zu legen sei. Nach § 3 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) dürfe die werktägliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers acht Stunden täglich nicht überschreiten, sie könne auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten würden. Durch die geltend gemachte wöchentliche Arbeitszeit von 67,75 Stunden sei die diesbezügliche Zehnstundengrenze rechtswidriger Weise überschritten worden, weswegen ein Anspruch auf Krankengeld hieraus nicht hergeleitet werden könne. Die klägerseits geltend gemachte Berücksichtigung würde dazu führen, dass der arbeitsunfähige Versicherte für einen potentiellen Leistungszeitraum von 78 Wochen ein höheres Einkommen generieren würde, als es für einen arbeitsfähigen Arbeitnehmer kraft Gesetz erlaubt gewesen wäre. Entsprechend der gesetzlichen Regelung des ArbZG sei eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden vorgegeben, entsprechend dieser Regelung seien Überstunden zu berücksichtigen. Die wöchentliche Arbeitszeit sei daher mit 48 Stunden anzusetzen. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, d.h. einer wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden, errechne sich eine Höhe des Krankengeldes i.H.v. 48,23 EUR brutto (42,46 EUR netto).

Hiergegen erhob der Kläger am 29.02.2016 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Zu deren Begründung brachte er vor, aus der Entgeltbescheinigung vom 13.11.2013 ergebe sich, dass er im Abrechnungszeitraum August 2013 nicht lediglich 195 Arbeitsstunden (45 wöchentliche Arbeitsstunden x 13 / 3), sondern 286 Arbeitsstunden geleistet habe. Die hierin beinhalteten 91 Überstunden seien bei der Berechnung des Krankengeldanspruches zu berücksichtigen, da es sich um regelmäßig zu leistende Überstunden gehandelt habe. Hieraus resultiere, so der Kläger weiter, ein Bruttokrankengeldanspruch i.H.v. 68,07 EUR täglich. Der Umstand, dass die gemäß § 3 ArbZG geltenden Höchstarbeitszeiten von ihm überschritten worden seien, führe nicht dazu, dass die hierüber liegende Arbeitszeit nicht zu berücksichtigen sei. Zweck des ArbZG sei es, die Sicherheit und Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen. Ein Verstoß gegen die Regelungen des ArbZG führe daher ausschließlich zu Sanktionen gegen den Arbeitgeber, nicht jedoch dazu, dass geleistete Arbeitsstunden nicht zu vergüten seien. Im Übrigen liege auch kein Verstoß gegen die Höchstarbeitsgrenzen vor, da nach § 21a Abs. 3 Nr. 3 ArbZG die Zeit, die ein Fahrer als Beifahrer ohne das Fahrzeug zu lenken, in einem Fahrzeug verbringe, keine Arbeitszeit sei. Die Regelmäßigkeit der abgeleisteten Überstunden werde im Besonderen dadurch bestätigt, dass er auch im September 2013 bis zu seiner Erkrankung 241 Arbeitsstunden und damit Überstunden in erheblichem Umfang geleistet habe.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie betonte, dass die vom Kläger im August 2013 geleisteten 91 Überstunden die gesetzlich zulässige Zehn-Stunden-Grenze überschritten hätten. Die Überstunden seien daher nur nach Maßgabe des § 3 ArbZG zu berücksichtigen, was dazu führe, dass von einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden auszugehen sei.

Das SG holte bei der H. eine schriftliche Auskunft ein. Herr N. teilte hierzu unter dem 24.10.2016 mit, dass die H. im Jahr 2013 in Abwicklung und zum 31.12.2013 erloschen sei. Der Kläger habe sich in den Monaten August und September 2013 in der Einarbeitung befunden. Das Fahrzeug, in dem der Kläger tätig gewesen sei, sei im Fernverkehr mit zwei Fahrern besetzt gewesen. Der Kläger sei auch für die Zeit, in der er keine Fahrertätigkeit ausgeübt habe, sondern sich nur im Fahrzeug befand, vergütet worden. Andere Fahrer hätten nicht so viele Überstunden aufzuweisen gehabt, da sie allein das Fahrzeug bewegten.

Im Rahmen eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 07.02.2017 gab der Kläger an, dass mit dem Arbeitgeber eine tägliche Arbeitszeit von minds. zwölf Stunden vereinbart gewesen sei, in der auch die Pausen beinhaltet gewesen seien. Diese sollten, nach einer Vereinbarung mit dem "Chef" der H., gleichfalls vergütet werden.

Mit Urteil vom 25.08.2017 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, die Berechnung des dem Kläger bewilligten Krankengeldes entspreche den gesetzlichen Berechnungsvorschriften des § 47 SGB V. Entgegen der Einschätzung des Klägers seien die im August 2013 geleisteten 91 Überstunden nicht zusätzlich und in vollem Umfang zu berücksichtigen. Unter dem Begriff der "regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden" i.S.d. § 47 SGB V sei die Arbeitszeit zu verstehen, die sich aus dem Inhalt des individuellen Arbeitsverhältnisses des Versicherten und dessen tatsächlicher Gestaltung ergebe. Für die Frage der Regelmäßigkeit der Arbeitsstunden sei mindestens auf einen Zeitraum der letzten 13 abgerechneten Wochen bzw. drei Monate abzustellen. Wenn die Beschäftigung, wie im Falle des Klägers, nicht ausreichend lange angedauert habe, sei die Zahl der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu schätzen, hilfsweise seien die Verhältnisse eines im Betrieb tätigen gleichartigen Beschäftigten zu berücksichtigen. Nach dieser Vorgabe sei davon auszugehen, dass die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers 45 Stunden betragen habe. Dies gründe in den vertraglichen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger regelmäßig Überstunden in einem Umfang von ca. 90 Stunden monatlich zu leisten gehabt habe, seien nicht greifbar. Dies gelte insb. deswegen, als der Arbeitgeber mitgeteilt habe, die Überstunden im August und September 2013 gründeten darin, dass sich der Kläger in der Einarbeitungsphase befunden habe und zur Einarbeitung und zum Kennenlernen der zu fahrenden Routen andere Fahrer begleitet habe. Hieraus ergebe sich, dass die im August angefallenen Überstunden gerade nicht regelmäßig anfallen sollten, sondern mit Fortschreiten der Einarbeitung zeitlich zurückgeführt werden sollten, um so die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 45 Stunden zu erreichen. Dies werde durch die weitere Angabe des ehemaligen Arbeitgebers gestützt, dass ein weiterer eingesetzter Fahrer gerade nicht die erhebliche Anzahl von Überstunden aufzuweisen gehabt habe. Soweit die Beklagte im Widerspruchsbescheid noch regelmäßig anfallende Überstunden im Umfang von drei Stunden pro Woche berücksichtigt habe, sei dies, da keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass tatsächlich von deren Anfall auszugehen sei, möglicherweise rechtswidrig, verletze den Kläger jedoch nicht in dessen Rechten.

Gegen das am 13.10.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.11.2017 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt er vor, das SG habe zwar zutreffend festgestellt, dass bei der Frage, welche Arbeitsstunden regelmäßig geleistet worden seien, auf einen Beobachtungszeitraum von 13 Wochen bzw. drei Monaten abzustellen sei. Ferner sei vom SG zutreffend zu Grunde gelegt worden, dass, soweit dies nicht möglich sei, die regelmäßige Arbeitszeit zu schätzen bzw. an den Verhältnissen eines im Betrieb tätigen gleichartig beschäftigten Arbeitnehmers zu beurteilen sei, jedoch seien, anders als vom SG unternommen, nur die Verhältnisse bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zu Grunde zu legen. Die Einschätzung, dass beabsichtigt gewesen sei, die anfallenden Überstunden zeitlich zurückzufahren, stelle daher eine unzulässige hypothetische Betrachtung dar. Auch ergebe sich aus der Stellungnahme der H. gerade nicht, dass die geleisteten Überstunden nur deswegen angefallen seien, weil er sich in der Einarbeitungsphase befunden habe. Grund für die Besetzung des Fahrzeuges mit zwei Mitarbeitern sei vielmehr gewesen, dass das Fahrzeug im Fernverkehr eingesetzt worden sei. Auch sei der Stellungnahme zu entnehmen, dass der zweite Fahrer seinen Lohn gleichfalls für die Zeit erhalten habe, in denen er lediglich als Beifahrer im Fahrzeug anwesend gewesen sei. Hiernach sei im Rahmen der Schätzung der regelmäßigen Arbeitszeit davon auszugehen, dass regelmäßig Überstunden im Umfang von ca. 90 Stunden geleistet worden seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.08.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2016 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 12.10.2013 - 04.05.2014 Krankengeld in Höhe von 68,07 EUR kalendertäglich (brutto) zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zu deren Begründung bringt sie vor, dass die Interpretation der Auskunft des Arbeitgebers durch den Kläger nicht schlüssig sei. Dieser habe angegeben, dass der andere Fahrer nicht so viele Überstunden aufzuweisen hatte, wie der Kläger, weil er das Fahrzeug allein bewegt habe.

Mit Schriftsätzen jeweils vom 23.05.2018 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführte Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft (vgl. § 143 Abs. 1 SGG), der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,- EUR wird bei einer streitigen Differenz des Bruttokrankengeldes von 19,84 EUR täglich und einem streitbefangenen Zeitraum von 205 Tagen mit einem Wert von 4.067,20 EUR überschritten, und auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung führt jedoch inhaltlich für den Kläger nicht zum Erfolg.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 15.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihm für die Zeit vom 12.10.2013 - 04.05.2014 Krankengeld i.H.v. 68.07 EUR täglich (brutto) zu gewähren ist.

Versicherte haben gemäß § 44 Abs. 1 SGB V Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Unstreitig steht dem Kläger aufgrund einer Versicherung als Beschäftigter (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) und festgestellter Arbeitsunfähigkeit dem Grunde nach ein Anspruch auf Krankengeld gegen die Beklagte vom 12.11.2013 - 04.05.2014 zu.

Die - einzig streitige - Höhe des zu gewährenden Krankengeldes beurteilt sich anhand der Regelung des § 47 SGB V. Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V beträgt das Krankengeld 70 v.H. des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsbemessung zugrunde liegt (Regelentgelt). Das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld darf 90 v.H. des bei entsprechender Anwendung des Abs. 2 berechneten Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen. Für die Berechnung ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen, für die es gezahlt wurde. Das Ergebnis ist mit der Zahl der sich aus dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu vervielfachen und durch sieben zu teilen (§ 47 Abs. 2 Satz 2 SGB V).

Unter Zugrundelegung der Angaben in der Entgeltbescheinigung ist hierbei, wie von der Beklagten unternommen, das im zuletzt abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, dem August 2013, erzielte Arbeitsentgelt von 3.146,- EUR (brutto) zu Grunde zu legen. Ferner hat die Beklagte zutreffend berücksichtigt, dass dieses Entgelt in 286 Stunden erarbeitet worden ist. Hieraus folgt ein bei der Krankengeldberechnung zu berücksichtigender Geldfaktor von 11,- EUR (3.146,- EUR / 286).

Auch bei der Berechnung des Zeitfaktors, der Division der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit durch sieben, ist die Beklagte, jedenfalls nicht zu Ungunsten des Klägers, fehlerhaft vorgegangen. Sie ist hierbei im Widerspruchsbescheid vom 03.02.2016 von einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden ausgegangen, wobei sie regelmäßige Überstunden im Umfang von 3 Stunden pro Woche berücksichtigt hat. Die klägerseits geltend gemachte Berücksichtigung von monatlich 91 Überstunden (22,75 Stunden pro Woche), die zu einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 67,75 Stunden führten, ist zu Recht unterblieben.

Die zu berücksichtigenden regelmäßigen Arbeitsstunden ergeben sich nach dem Gesetzeswortlaut ("Inhalt des Arbeitsverhältnisses") aus dem Inhalt des individuellen Arbeitsverhältnisses des Versicherten und dessen tatsächlicher Gestaltung (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 23.01.1973 - 3 RK 22/70 -, in juris). Es kommt mithin nicht auf die betriebsübliche Arbeitszeit an. Zu Grunde zu legen sind hierbei nur die Verhältnisse bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, nicht jedoch hypothetische Entwicklungen für sich anschließende Zeiten. Bei der Prüfung der Frage, welche Arbeitsstunden "regelmäßig" geleistet worden sind, sind, um ein sicheres Urteil zu ermöglichen und Zufallsergebnisse zu vermeiden, als Beobachtungszeitraum minds. die letzten abgerechneten 13 Wochen oder drei Monate zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 28.11.1971 - 3 RK 103/89 -, Urteil vom 23.01.1973, a.a.O.; Urteil vom 01.06.1994 - 7 RAr 40/93 -, beide in juris). Überstunden sind hiernach dann in die Berechnung der regelmäßigen Arbeitszeit einzustellen, wenn sie mindestens während der letzten abgerechneten drei Monate (13 Wochen) ohne längere Unterbrechungen geleistet worden sind. Durch den Beobachtungszeitraum soll an ein möglichst aktuelles, den tatsächlichen Verhältnissen Nahe kommendes, von Zufälligkeiten bereinigtes und einfach feststellbares Lohnniveau angeknüpft werden (BSG, Urteil vom 30.05.2006 - B 1 KR 19/05 R -, in juris). Hat die Beschäftigung wie die hier beim Kläger vorliegende, nicht ausreichend lange angedauert, so ist die Zahl der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu schätzen, hilfsweise nach den Verhältnissen eines im Betrieb tätigen gleichartigen Beschäftigten zu beurteilen (Schifferdecker in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, § 47 SGB V, Rn. 48). In die hiernach anzustellende objektivierte Schätzung sind die individuellen Verhältnisse des Versicherten und eine Hochrechnung anhand der die Arbeitszeit beeinflussenden Faktoren einzustellen. Anhand dieser Vorgaben führt die vorzunehmende Schätzung nicht dazu, dass der Kläger regelmäßig Überstunden im Umfang von 22,75 Stunden pro Woche abzuleisten gehabt hätte. In die Schätzung fließt vielmehr maßgeblich ein, dass infolge der Neuaufnahme der Beschäftigung durch den Kläger ab dem 01.08.2013 ein erhöhter Einarbeitungsbedarf bestand. I.d.S. wurde durch Hr. N. von der H. gegenüber dem SG mitgeteilt, dass der Kläger seinen Stundenlohn auch für Zeiten erhielt, in denen er keine Fahrertätigkeit ausgeübt hat, sich vielmehr lediglich im Fahrzeug befand. Dies wiederum erfolgte nach dem Gesamtkontext der Aussage, wie vom SG zutreffend angenommen, aus Einarbeitungsgesichtspunkten. Soweit dies klägerseits in Abrede gestellt wird und geltend gemacht wird, Grund für die Besetzung des Fahrzeuges mit zwei Mitarbeitern sei vielmehr gewesen, dass das Fahrzeug im Fernverkehr eingesetzt worden sei, verkennt dies, dass Hr. N. im Hinblick auf den anderen Fahrer mitgeteilt hat, dass dieser nicht so viele Überstunden gehabt habe, weil er das Fahrzeug alleine bewegt habe. Träfe die klägerische Annahme zu, so hätte der andere Fahrer denknotwendigerweise minds. die gleiche Anzahl an Überstunden aufzuweisen.

Auch die Angaben des Klägers im Rahmen des Erörterungstermins vor dem SG am 07.02.2017, dass eine tägliche Arbeitszeit von minds. zwölf Stunden vereinbart worden sei, kann zur Überzeugung des Senats nicht zur Grundlage der anzustellenden Schätzung gemacht werden, da dies in Widerspruch zum Arbeitsvertrag und zur Entgeltbescheinigung steht, in denen eine wöchentliche Arbeitszeit von 45 Stunden niedergelegt ist.

Mithin führt die Schätzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit dazu, dass jedenfalls nicht mehr als die von der Beklagten berücksichtigten drei wöchentlichen Überstunden bei der Berechnung des Krankengeldes einzustellen sind.

Bei der Berechnung des Zeitfaktors, der Division der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit durch sieben, ist mithin, wie von der Beklagten im Widerspruchsbescheid unternommen, von einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden auszugehen. Der sich aus der Division mit sieben ergebende Wert von 6,86 ist mit dem Geldfaktor von 11,- EUR zu multiplizieren, woraus sich ein Betrag von 75,43 EUR errechnet. 70 v.H. hieraus ergeben einen Anspruch auf Krankengeld i.H.v. 52,80 EUR täglich. Dieser Betrag ist jedoch nach § 47 Abs. 1 Satz 2 SGB V auf 90 v.H. des bei entsprechender Anwendung des § 47 Abs. 2 SGB V berechneten Nettoarbeitsentgelts begrenzt, woraus sich ein (Brutto-) Krankengeldanspruch i.H.v. 48,23 EUR täglich errechnet (Nettoarbeitsentgelt im Entgeltabrechnungszeitraum August 2013: 2.235,06 EUR / 286 tatsächliche Arbeitsstunden x regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden / 7) x 90 v.H.

Hieraus errechnet sich für den Zeitraum vom 12.10.2013 - 04.05.2014 ein Anspruch auf Krankengeld i.H.v. 48,23 EUR brutto täglich. Diesen Betrag hat die Beklagte dem Kläger bewilligt.

Mithin ist der Bescheid der Beklagten vom 15.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2016 nicht zu beanstanden; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Berufung ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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