S 21 EG 13/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
21
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 21 EG 13/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 EG 9/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist der Abzug einer Beitragssatzpauschale für die Kranken- und Pflegeversicherung von dem vorgeburtlichen Einkommen zur Berechnung des der Klägerin zustehenden Elterngeldes streitig.

Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 07.08.2013 Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihres 2013 geborenen Sohnes (1. Lebensmonat: 0 Euro; 2. Lebensmonat: 191,69 Euro; 3. bis 12. Lebensmonat: 1.485,55 Euro). Bei der Berechnung des Elterngeldes brachte der Beklagte von dem im zwölfmonatigen Bemessungszeitraum (April 2012 bis März 2013) ermittelten Einkommen eine Beitragssatzpauschale in Höhe von neun Prozent für die Kranken- und Pflegeversicherung in Abzug. Hiergegen legte die Klägerin am 08.08.2013 Widerspruch ein mit der Begründung, dass sie seit dem 01.01.2013 freiwillig gesetzlich kranken- und pflegeversichert sei und die freiwilligen Beiträge auch während des Elterngeldbezugs zu entrichten habe. Dies müsse bei der Berechnung des Elterngeldes Berücksichtigung finden, da sie sonst gegenüber anderen Elterngeldberechtigten unangemessen benachteiligt werde.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2013 mit der Begründung zurückgewiesen, dass in der überwiegenden Anzahl der Monate des Bemessungszeitraums eine gesetzliche Pflichtversicherung vorgelegen habe, was nach den gesetzlichen Vorschriften entscheidend sei. Der Abzug der Beitragssatzpauschale sei vorzunehmen.

Die Klägerin hat, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 01.10.2013 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie zusätzlich zum Vorbringen im Widerspruchsverfahren aus, dass das Bestehen einer freiwilligen Krankenversicherung kein Abzugsmerkmal im Sinne des Gesetzes sei und der Beklagte das Recht daher falsch angewandt habe.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 07.08.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2013 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei der Berechnung des Elterngeldes der Klägerin keine Abzüge für die Kranken- und Pflegeversicherung vorzunehmen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die von ihm getroffene Entscheidung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 19.06.2015 gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid vom 07.08.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2013 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von Elterngeld ohne den Abzug der Beitragssatzpauschale für die Kranken- und Pflegeversicherung vom vorgeburtlichen bei der Elterngeldberechnung zugrunde zu legenden Einkommen. Nach § 2 Absatz 1 Satz 1 i.V.m. Absatz 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) wird das Elterngeld im vorliegenden Fall in Höhe von 65 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Nach § 2 Absatz 1 Satz 3 BEEG errechnet sich das Einkommen aus Erwerbstätigkeit nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommenssteuergesetzes (Nummer 1), Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommenssteuergesetzes (Nummer 2), die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in den Monaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

Nach § 2f Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 BEEG ist eine Beitragssatzpauschale in Höhe von neun Prozent für die Kranken- und Pflegeversicherung von dem vorgeburtlichen Einkommen abzuziehen, wenn die berechtigte Person in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 bis 12 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) versicherungspflichtig gewesen ist. In § 2c Absatz 3 Satz 1 und 2 BEEG ist bestimmt, dass die erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben den Angaben in der für den letzten Monat des Bemessungszeitraums ausgestellten Lohn- und Gehaltsbescheinigung zu entnehmen sind, es sei denn eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal hat sich – wie im vorliegenden Fall - in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums geändert. In einem solchen Fall ist dann die Angabe zu einem Abzugsmerkmal maßgeblich, die in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten hat (Satz 2).

Die Klägerin ist nur in den drei letzten Monaten des Bemessungszeitraums freiwillig gesetzlich krankenversichert gewesen, in den neun Monaten davor und damit in der überwiegenden Anzahl der Monate des zwölfmonatigen Bemessungszeitraums bestand Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 5 Absatz 1 Nummer 1 SGB V. Folglich ist die Beitragssatzpauschale für die Kranken- und Pflegeversicherung auch richtigerweise durch den Beklagten vom vorgeburtlichen Einkommen der Klägerin abgezogen worden.

Das Vorbringen der Klägerseite, § 2c Absatz 3 BEEG sei vorliegend nicht anwendbar, weil im letzten Monat des Bemessungszeitraums eine freiwillige Versicherung vorgelegen habe und es daher an einem Abzugsmerkmal fehle, überzeugt nicht. Abzugsmerkmale im Sinne des Gesetzes sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung (zu den Sozialabgaben). Aus den Entgeltabrechnungen der Monate Januar, Februar und März 2013 ergibt sich eindeutig, dass Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung abgeführt wurden und keine Pflichtbeiträge vom Einkommen abgezogen wurden. Diese Angaben sind ausreichend, um das erforderliche Abzugsmerkmal festzustellen.

Hinsichtlich des Abzugs der Beitragspauschale für die Kranken- und Pflegeversicherung trotz Bestehens einer freiwilligen Versicherung in einem Teil des Bemessungszeitraums und im gesamten Bezugszeitraum des Elterngeldes hat das Gericht auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Gesetzgeber insbesondere im Sozialrecht bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.06.2004 – 1 BvL 3/98). Dass § 2c Absatz 3 Satz 2 BEEG bei der Ermittlung der Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben auf die Angaben in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen abstellt, die in der überwiegenden Anzahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten haben, soll nach dem Willen des Gesetzgebers zwei legitimen Zielen, nämlich der Verwaltungsvereinfachung und der Nachvollziehbarkeit der Elterngeldberechnung, dienen (vgl. hierzu BT-Drucks. 17/9841, S. 22). Ferner kommt diese Regelung der Zweckrichtung des Elterngeldes entgegen, in dem das Einkommen bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt wird, dass der elterngeldberechtigten Person im Bemessungszeitraum tatsächlich monatlich zur Verfügung gestanden hat und das wegen der Kinderbetreuung wegfällt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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