Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 KR 408/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 27.04.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2017 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 09.04.2016 bis 18.04.2016 Krankengeld nach weiterer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 09.04.2016 bis 18.04.2016.
Der 1973 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Zum streitgegenständlichen Zeitraum bestand ein Arbeitsverhältnis bei der S. M. GmbH.
Seit dem 08.01.2016 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit geschah gegenüber der Beklagten über das Muster 1 a (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Ausfertigung zur Vorlage bei der Krankenkasse). Nachdem eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zunächst am 24.03.2016 bis zum 08.04.2016 von dem behandelnden Allgemeinmedizinern Dres. C./X. ausgestellt worden war, erstellten diese am 08.04.2016 eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 22.04.2016. Diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde, dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, von den behandelnden Ärzten direkt mit einem sogenannten Freiumschlag der Beklagten an das Scan-Zentrum der Beklagten in Essen versandt. Der Import der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in das System der Beklagten erfolgte ausweislich der Notiz in der Verwaltungsakte sowie ausweislich des in dem Gerichtsverfahren übersandten Scan-Protokolls am 19.04.2016. Dem Scan-Protokoll ist weiter zu entnehmen, dass am 19.04.2016 eine sehr hohe Anzahl von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Gemeinschaftspraxis Dres. C./X. digitalisiert worden ist. Unmittelbar vor und hinter der streitgegenständlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers wurden weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Gemeinschaftspraxis mit unterschiedlichen Ausstellungsdaten gescannt.
Mit Bescheid vom 27.04.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Krankengeld für den Zeitraum vom 19.04. bis 30.04.2016 bewilligt werde. Für den Zeitraum vom 09.04. bis 18.04.2016 ruhe der Anspruch auf Krankengeld, da die erneute Attestierung der Arbeitsunfähigkeit erst am 19.04.2016 bei der Beklagten und damit nicht innerhalb einer Woche nach ärztlicher Feststellung bei der Beklagten angezeigt worden ist.
Mit Schreiben vom 12.05.2016 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2016 ein. Es sei insbesondere mit dem behandelnden Arzt vereinbart worden, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zeitnah von dem behandelnden Arzt an die Beklagte gesandt werde. Soweit möglicherweise von der Arztpraxis die Bescheinigung nicht nach Ablauf der gesetzlichen Frist eingetroffen sei, so sei dies nicht von dem Kläger zu vertreten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 27.04.2016 zurück. Bei verspäteter Meldung sei die Gewährung von Krankengeld auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegen seien und den Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtszeitigen Zugang der Meldung treffe. Insoweit werde auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes verwiesen (insbesondere Urteil vom 08.11.2005, Az. B 1 KR 30/04 ER). Zudem werde darauf hingewiesen, dass ein etwaiges Fehlverhalten der Ärzte, z. B. der verspätete Versand der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, den Krankenversicherungen nicht anzulasten sei. Eine Zurechnungsnorm gebe das Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung- (SGB V) nicht her. Ärzte seien weder Erfüllungsgehilfen noch Verrichtungsgehilfen der Krankenkassen, so dass eine Zurechnung eines etwaigen Verschuldens des Arztes über zivilrechtliche Normen ebenfalls nicht in Betracht komme. Auch das Bundessozialgericht habe bereits entschieden, dass das Fehlverhalten eines Arztes zwar Schadensersatzansprüche der Versicherten gegen diesen auslösen könne, nicht aber gegenüber der Krankenkasse. Entsprechend habe der Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 09.04.2016 bis 18.04.2016 zu Recht geruht.
Mit der am 10.04.2017 bei dem hiesigen Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren fort. Der Kläger sei zunächst grundsätzlich verpflichtet gewesen, die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Beklagten zukommen zu lassen. Es verhalten vorliegend jedoch so, dass der Kläger auf den Versand keinen Einfluss gehabt habe, da er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen selber nicht empfangen und die Beklagte sich auf den Vermittlungsweg ausdrücklich durch die Zurverfügungstellung von Freiumschlägen an die Ärzte eingelassen habe. Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27.04.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2017 zu verurteilen, dem Kläger auch für den Zeitraum vom 09.04.2016 bis 18.04.2016 Krankengeld nach weiterer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist insbesondere auf das Vorbringen in dem Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass es bezüglich der Freiumschläge keine vertragsärztliche Vereinbarung gäbe, die den Ärzten die grundsätzlich den Versicherten obliegende Versendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen an die Krankenkasse auferlege. Es habe hierzu zu keiner Zeit eine anderweitige Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Ärzten gegeben, insbesondere nicht, dass die Ärzte den Versicherten die diesen grundsätzlich obliegende Übersendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen abnehmen sollten. Vielmehr stelle es einen ärztlichen Service für die Patienten dar, wenn Ärzte für die Versicherten die Übersendung der Bescheinigung übernehmen. Dieser ärztliche Service erfolge weder im Auftrag noch auf Veranlassung der Beklagten, sondern wurde von den Ärzten angeboten und eigenverantwortlich durchgeführt. Ein etwaiges Fehlverhalten der Ärzte, insbesondere der verspätete Versand der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, sei der Beklagten nicht anzulasten. In dem besonderen Fall werde darauf hingewiesen, dass die Scan-Straße belege, dass die behandelnde Gemeinschaftspraxis offensichtlich zeitgleich viele Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen per Post versandt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte, die das Gericht beigezogen hat.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger wird durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 27.04.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2017 in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt, da die Beklagte zu Unrecht das Ruhen des Krankengeldanspruch für die Zeit vom 09.04.2016 bis 18.04.2016 festgestellt und die Zahlung von Krankengeld für diesen Zeitraum versagt hat.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Krankengeld sind die §§ 44 ff. SGB V. Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen nach Maßgabe des § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Hierbei bleibt der Anspruch auf Krankengeld jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage. Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krankengeld die vorherige ärztliche Feststellung voraus.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt war. Diese Arbeitsunfähigkeit wurde am 08.04.2016 durch die behandelnden Ärzte persönlich festgestellt. Im Übrigen erhielt der Kläger auch danach Krankengeld.
Dem geltend gemachten Anspruch des Klägers steht auch nicht § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V entgegen. Danach ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Die Meldepflicht soll gewährleisten, dass die Krankenkasse möglichst frühzeitig über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit informiert und in die Lage versetzt wird, vor der Entscheidung über den Krankengeldanspruch und ggf. auch während des nachfolgenden Leistungsbezugs den Gesundheitszustand des Versicherten durch den Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen um Zweifel an der ärztlichen Beurteilung zu beseitigen und ggf. Maßnahmen zur Sicherung des Heilerfolgs und zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder rechtzeitigen Meldung sind deshalb zunächst grundsätzlich von dem Versicherten zu tragen. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung nach ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Leitungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben waren und die Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft (Bundessozialgericht (BSG) Urteile vom 08.02.2000, Az.: B 1 KR 11/99 R; Urteil vom 10.05.2012, Az.: B 1 KR 19/11 R u. 20/11R).
Vorliegend ist unstreitig die Wochenfrist gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nicht eingehalten. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 08.04.2016 für den Zeitraum vom 08.04.2016 bis 22.04.2016 ist erst am 19.04.2016 bei der Beklagten in den Scanzentrum in Essen eingegangen.
In engen Ausnahmefällen hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit jedoch Ausnahmen anerkannt, wenn die ärztliche Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert worden sind, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallen (BSG, Urteil 28.10.1981, Az.: 3 RK 59/80; Urteil vom 08.11.2005, Az.: B 1 KR 30/4 R): Hat der Versicherte alles in seiner Macht stehende und ihm zumutbare getan, um seine Ansprüche zu während, wurde er daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretenden Fehleinschätzung gehindert und macht er seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich geltend, kann er sich auf den Mangel auch zu einem späteren Zeitpunkt berufen und ggf. rückwirkend Krankengeld beanspruchen. Eine Krankenkasse kann sich auch nicht auf den späteren Zugang der Meldung berufen, wenn dieser auf von ihr zu vertretenen Organisationsmängeln beruht und der Versicherte hiervon weder wusste noch wissen musste (BSG, Urteil vom 28.10.1981, Az.: 3 RK 59/80).
Nach Überzeugung des Gerichtes liegt eine derartige Ausnahmesituation vorliegend vor. Die Beklagte vorliegend durch ihr Verhalten die Verantwortung für die verspätete Meldung auf sich gezogen: Die Beklagte hat an die Vertragsärzte unstreitig Freiumschläge, die vorfrankiert und mit der Adresse des Essener Scancentrums beschriftet waren an ihre Vertragsärzte verteilt, damit diese unter Nutzung der Freiumschläge die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der bei der Beklagten Versicherten an die Beklagte übersenden. Dieses Vorgehen wird von der Beklagten nicht abgestritten; zudem liegt dem Gericht eine Vielzahl weiterer ähnlich gelagerter Fälle vor. Die Kammer verweist zudem auf die offensichtlich ähnlich gelagerten Fälle, die das Sozialgericht Aachen vorliegen hatte/hat (siehe hierzu des SG Aachen vom 31.01.2017, Az.: S 13 KR 318/16). Der Kläger hat nachvollziehbar und glaubhaft geschildert, dass er zu keinem Zeitpunkt den Durchschlag der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Krankenkasse von seinem Arzt erhalten habe, sondern dass dieser immer, Freiumschläge der Beklagten nutzend, den Durchschlag eigens an die Beklagte versandt hat. Diesen Vortrag bestätigt zudem der Ablauf der Scanstraße am 19.04.2016.
Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte die Vertragsärzte nicht zu einer solchen Nutzung der Freiumschläge verpflichtet hat; dies dürfte auch rechtlich nicht möglich sein. Jedoch hat die Beklagte mit der Verteilung der Freiumschläge an ihre Vertragsärzte eine Möglichkeit der Übersendung durch den behandelnden Arzt eröffnet. Durch die Eröffnung dieser Versandmöglichkeit unmittelbar durch den Vertragsarzt per Freiumschläge an die Beklagte hat diese, soweit der Versandweg gewählt wird, die Verantwortung für Fehler in der Organisation auf sich gezogen. Wenn es auf dem von der Beklagten eröffneten Versandweg nunmehr zwischen Arzt und Krankenkasse aufgrund von Fehlern im Bereich des Arztes, der Post oder der Krankenkasse zu einer verspäteten Meldung kommt, muss sich die Beklagte, die diese Verfahrensmöglichkeit zur Meldung der Arbeitsunfähigkeit eröffnet hat, dies auch zurechnen lassen (siehe auch SG Aachen, Urteil vom 31.01.2017, a.a.O.) Es erscheint der Kammer lebensfremd, von dem Kläger zu verlangen, sich dem Vorschlag seiner behandelnden Ärztin, die Vertragsärztin ist und von der Beklagten die Freiumschläge erhalten hat, sozusagen zu widersetzen und darauf zu bestehen, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung selber zu versenden. Es darf dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, dass er seiner Krankenkasse bzw. der für sie handelnden vertragsärztlichen Leistungserbringen vertraut hat und sich nach deren Information richtet. Der Kläger hat entsprechend alles in seiner Macht stehende getan, um seinen Pflichten, derer er sich bewusst war, zu erfüllen (s. hierzu auch BSG, Urteil vom 11.05.2017, Az.: B 3 KR 22/15 R).
Keinesfalls ist der vorliegende Fall gleichzusetzen mit der Fallkonstellation, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf dem Postweg verlorengeht, soweit der Kläger diese versendet. Die Kammer verkennt nicht, dass der Kläger für den rechtzeitigen Zugang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grundsätzlich verantwortlich ist. Diese Verantwortung wurde ihm jedoch durch die Beklagten in Zusammenwirken mit dem Vertragsarzt abgenommen. Die Ausführungen des Bundessozialgerichtes in seinem Urteil vom 10.05.2012 (Az.: B 1 KR 19/11 R) verfangen hier nicht. Hier hat das Bundessozialgericht ausgeführt, dass die von Krankenkassen nicht veranlassten, unzutreffenden rechtlichen Ratschläge von zur Behandlung versicherter zugelassen Ärzten zwar ggf. Schadensersatzansprüche gegen die Ärzte, die aber Krankengeldansprüche gegen die Krankenkassen auslösen können. Der dort vorliegende Fall ist mit dem hiesigen nicht vergleichbar. Vorliegend hat die Beklagte gerade das genutzte Postversandverfahren durch die Freiumschläge veranlasst; dass dies lediglich freiwillig geschehen konnte, ändert an der oben dargestellten Sach- und Rechtslage nichts.
Eine weitere Obliegenheit des Klägers, bei der Beklagten nachzufragen, ob die von dem Vertragsarzt versandte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch angekommen sei, sieht die Kammer nicht. Dieses würde die Obliegenheit des Versicherten weit überspannen.
Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die hier vorliegende Rechtsfrage, ob die Beklagte durch ihr Verwaltungsverfahren die Verantwortung für den rechtzeitigen Versand der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf sich gezogen hat, ist eine Frage der grundsätzlichen Bedeutung. Sie ist bisher nicht geklärt und liegt im allgemeinen Interesse, was das Gericht bereits daran erkennt, dass eine Vielzahl von Fällen bei dem hiesigen Gericht zur Entscheidung anstehen/anstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 09.04.2016 bis 18.04.2016.
Der 1973 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Zum streitgegenständlichen Zeitraum bestand ein Arbeitsverhältnis bei der S. M. GmbH.
Seit dem 08.01.2016 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit geschah gegenüber der Beklagten über das Muster 1 a (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Ausfertigung zur Vorlage bei der Krankenkasse). Nachdem eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zunächst am 24.03.2016 bis zum 08.04.2016 von dem behandelnden Allgemeinmedizinern Dres. C./X. ausgestellt worden war, erstellten diese am 08.04.2016 eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 22.04.2016. Diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde, dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, von den behandelnden Ärzten direkt mit einem sogenannten Freiumschlag der Beklagten an das Scan-Zentrum der Beklagten in Essen versandt. Der Import der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in das System der Beklagten erfolgte ausweislich der Notiz in der Verwaltungsakte sowie ausweislich des in dem Gerichtsverfahren übersandten Scan-Protokolls am 19.04.2016. Dem Scan-Protokoll ist weiter zu entnehmen, dass am 19.04.2016 eine sehr hohe Anzahl von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Gemeinschaftspraxis Dres. C./X. digitalisiert worden ist. Unmittelbar vor und hinter der streitgegenständlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers wurden weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Gemeinschaftspraxis mit unterschiedlichen Ausstellungsdaten gescannt.
Mit Bescheid vom 27.04.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Krankengeld für den Zeitraum vom 19.04. bis 30.04.2016 bewilligt werde. Für den Zeitraum vom 09.04. bis 18.04.2016 ruhe der Anspruch auf Krankengeld, da die erneute Attestierung der Arbeitsunfähigkeit erst am 19.04.2016 bei der Beklagten und damit nicht innerhalb einer Woche nach ärztlicher Feststellung bei der Beklagten angezeigt worden ist.
Mit Schreiben vom 12.05.2016 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2016 ein. Es sei insbesondere mit dem behandelnden Arzt vereinbart worden, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zeitnah von dem behandelnden Arzt an die Beklagte gesandt werde. Soweit möglicherweise von der Arztpraxis die Bescheinigung nicht nach Ablauf der gesetzlichen Frist eingetroffen sei, so sei dies nicht von dem Kläger zu vertreten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 27.04.2016 zurück. Bei verspäteter Meldung sei die Gewährung von Krankengeld auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegen seien und den Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtszeitigen Zugang der Meldung treffe. Insoweit werde auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes verwiesen (insbesondere Urteil vom 08.11.2005, Az. B 1 KR 30/04 ER). Zudem werde darauf hingewiesen, dass ein etwaiges Fehlverhalten der Ärzte, z. B. der verspätete Versand der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, den Krankenversicherungen nicht anzulasten sei. Eine Zurechnungsnorm gebe das Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung- (SGB V) nicht her. Ärzte seien weder Erfüllungsgehilfen noch Verrichtungsgehilfen der Krankenkassen, so dass eine Zurechnung eines etwaigen Verschuldens des Arztes über zivilrechtliche Normen ebenfalls nicht in Betracht komme. Auch das Bundessozialgericht habe bereits entschieden, dass das Fehlverhalten eines Arztes zwar Schadensersatzansprüche der Versicherten gegen diesen auslösen könne, nicht aber gegenüber der Krankenkasse. Entsprechend habe der Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 09.04.2016 bis 18.04.2016 zu Recht geruht.
Mit der am 10.04.2017 bei dem hiesigen Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren fort. Der Kläger sei zunächst grundsätzlich verpflichtet gewesen, die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Beklagten zukommen zu lassen. Es verhalten vorliegend jedoch so, dass der Kläger auf den Versand keinen Einfluss gehabt habe, da er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen selber nicht empfangen und die Beklagte sich auf den Vermittlungsweg ausdrücklich durch die Zurverfügungstellung von Freiumschlägen an die Ärzte eingelassen habe. Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27.04.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2017 zu verurteilen, dem Kläger auch für den Zeitraum vom 09.04.2016 bis 18.04.2016 Krankengeld nach weiterer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist insbesondere auf das Vorbringen in dem Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass es bezüglich der Freiumschläge keine vertragsärztliche Vereinbarung gäbe, die den Ärzten die grundsätzlich den Versicherten obliegende Versendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen an die Krankenkasse auferlege. Es habe hierzu zu keiner Zeit eine anderweitige Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Ärzten gegeben, insbesondere nicht, dass die Ärzte den Versicherten die diesen grundsätzlich obliegende Übersendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen abnehmen sollten. Vielmehr stelle es einen ärztlichen Service für die Patienten dar, wenn Ärzte für die Versicherten die Übersendung der Bescheinigung übernehmen. Dieser ärztliche Service erfolge weder im Auftrag noch auf Veranlassung der Beklagten, sondern wurde von den Ärzten angeboten und eigenverantwortlich durchgeführt. Ein etwaiges Fehlverhalten der Ärzte, insbesondere der verspätete Versand der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, sei der Beklagten nicht anzulasten. In dem besonderen Fall werde darauf hingewiesen, dass die Scan-Straße belege, dass die behandelnde Gemeinschaftspraxis offensichtlich zeitgleich viele Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen per Post versandt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte, die das Gericht beigezogen hat.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger wird durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 27.04.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2017 in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt, da die Beklagte zu Unrecht das Ruhen des Krankengeldanspruch für die Zeit vom 09.04.2016 bis 18.04.2016 festgestellt und die Zahlung von Krankengeld für diesen Zeitraum versagt hat.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Krankengeld sind die §§ 44 ff. SGB V. Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen nach Maßgabe des § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Hierbei bleibt der Anspruch auf Krankengeld jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage. Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krankengeld die vorherige ärztliche Feststellung voraus.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt war. Diese Arbeitsunfähigkeit wurde am 08.04.2016 durch die behandelnden Ärzte persönlich festgestellt. Im Übrigen erhielt der Kläger auch danach Krankengeld.
Dem geltend gemachten Anspruch des Klägers steht auch nicht § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V entgegen. Danach ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Die Meldepflicht soll gewährleisten, dass die Krankenkasse möglichst frühzeitig über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit informiert und in die Lage versetzt wird, vor der Entscheidung über den Krankengeldanspruch und ggf. auch während des nachfolgenden Leistungsbezugs den Gesundheitszustand des Versicherten durch den Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen um Zweifel an der ärztlichen Beurteilung zu beseitigen und ggf. Maßnahmen zur Sicherung des Heilerfolgs und zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder rechtzeitigen Meldung sind deshalb zunächst grundsätzlich von dem Versicherten zu tragen. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung nach ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Leitungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben waren und die Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft (Bundessozialgericht (BSG) Urteile vom 08.02.2000, Az.: B 1 KR 11/99 R; Urteil vom 10.05.2012, Az.: B 1 KR 19/11 R u. 20/11R).
Vorliegend ist unstreitig die Wochenfrist gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nicht eingehalten. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 08.04.2016 für den Zeitraum vom 08.04.2016 bis 22.04.2016 ist erst am 19.04.2016 bei der Beklagten in den Scanzentrum in Essen eingegangen.
In engen Ausnahmefällen hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit jedoch Ausnahmen anerkannt, wenn die ärztliche Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert worden sind, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallen (BSG, Urteil 28.10.1981, Az.: 3 RK 59/80; Urteil vom 08.11.2005, Az.: B 1 KR 30/4 R): Hat der Versicherte alles in seiner Macht stehende und ihm zumutbare getan, um seine Ansprüche zu während, wurde er daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretenden Fehleinschätzung gehindert und macht er seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich geltend, kann er sich auf den Mangel auch zu einem späteren Zeitpunkt berufen und ggf. rückwirkend Krankengeld beanspruchen. Eine Krankenkasse kann sich auch nicht auf den späteren Zugang der Meldung berufen, wenn dieser auf von ihr zu vertretenen Organisationsmängeln beruht und der Versicherte hiervon weder wusste noch wissen musste (BSG, Urteil vom 28.10.1981, Az.: 3 RK 59/80).
Nach Überzeugung des Gerichtes liegt eine derartige Ausnahmesituation vorliegend vor. Die Beklagte vorliegend durch ihr Verhalten die Verantwortung für die verspätete Meldung auf sich gezogen: Die Beklagte hat an die Vertragsärzte unstreitig Freiumschläge, die vorfrankiert und mit der Adresse des Essener Scancentrums beschriftet waren an ihre Vertragsärzte verteilt, damit diese unter Nutzung der Freiumschläge die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der bei der Beklagten Versicherten an die Beklagte übersenden. Dieses Vorgehen wird von der Beklagten nicht abgestritten; zudem liegt dem Gericht eine Vielzahl weiterer ähnlich gelagerter Fälle vor. Die Kammer verweist zudem auf die offensichtlich ähnlich gelagerten Fälle, die das Sozialgericht Aachen vorliegen hatte/hat (siehe hierzu des SG Aachen vom 31.01.2017, Az.: S 13 KR 318/16). Der Kläger hat nachvollziehbar und glaubhaft geschildert, dass er zu keinem Zeitpunkt den Durchschlag der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Krankenkasse von seinem Arzt erhalten habe, sondern dass dieser immer, Freiumschläge der Beklagten nutzend, den Durchschlag eigens an die Beklagte versandt hat. Diesen Vortrag bestätigt zudem der Ablauf der Scanstraße am 19.04.2016.
Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte die Vertragsärzte nicht zu einer solchen Nutzung der Freiumschläge verpflichtet hat; dies dürfte auch rechtlich nicht möglich sein. Jedoch hat die Beklagte mit der Verteilung der Freiumschläge an ihre Vertragsärzte eine Möglichkeit der Übersendung durch den behandelnden Arzt eröffnet. Durch die Eröffnung dieser Versandmöglichkeit unmittelbar durch den Vertragsarzt per Freiumschläge an die Beklagte hat diese, soweit der Versandweg gewählt wird, die Verantwortung für Fehler in der Organisation auf sich gezogen. Wenn es auf dem von der Beklagten eröffneten Versandweg nunmehr zwischen Arzt und Krankenkasse aufgrund von Fehlern im Bereich des Arztes, der Post oder der Krankenkasse zu einer verspäteten Meldung kommt, muss sich die Beklagte, die diese Verfahrensmöglichkeit zur Meldung der Arbeitsunfähigkeit eröffnet hat, dies auch zurechnen lassen (siehe auch SG Aachen, Urteil vom 31.01.2017, a.a.O.) Es erscheint der Kammer lebensfremd, von dem Kläger zu verlangen, sich dem Vorschlag seiner behandelnden Ärztin, die Vertragsärztin ist und von der Beklagten die Freiumschläge erhalten hat, sozusagen zu widersetzen und darauf zu bestehen, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung selber zu versenden. Es darf dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, dass er seiner Krankenkasse bzw. der für sie handelnden vertragsärztlichen Leistungserbringen vertraut hat und sich nach deren Information richtet. Der Kläger hat entsprechend alles in seiner Macht stehende getan, um seinen Pflichten, derer er sich bewusst war, zu erfüllen (s. hierzu auch BSG, Urteil vom 11.05.2017, Az.: B 3 KR 22/15 R).
Keinesfalls ist der vorliegende Fall gleichzusetzen mit der Fallkonstellation, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf dem Postweg verlorengeht, soweit der Kläger diese versendet. Die Kammer verkennt nicht, dass der Kläger für den rechtzeitigen Zugang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grundsätzlich verantwortlich ist. Diese Verantwortung wurde ihm jedoch durch die Beklagten in Zusammenwirken mit dem Vertragsarzt abgenommen. Die Ausführungen des Bundessozialgerichtes in seinem Urteil vom 10.05.2012 (Az.: B 1 KR 19/11 R) verfangen hier nicht. Hier hat das Bundessozialgericht ausgeführt, dass die von Krankenkassen nicht veranlassten, unzutreffenden rechtlichen Ratschläge von zur Behandlung versicherter zugelassen Ärzten zwar ggf. Schadensersatzansprüche gegen die Ärzte, die aber Krankengeldansprüche gegen die Krankenkassen auslösen können. Der dort vorliegende Fall ist mit dem hiesigen nicht vergleichbar. Vorliegend hat die Beklagte gerade das genutzte Postversandverfahren durch die Freiumschläge veranlasst; dass dies lediglich freiwillig geschehen konnte, ändert an der oben dargestellten Sach- und Rechtslage nichts.
Eine weitere Obliegenheit des Klägers, bei der Beklagten nachzufragen, ob die von dem Vertragsarzt versandte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch angekommen sei, sieht die Kammer nicht. Dieses würde die Obliegenheit des Versicherten weit überspannen.
Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die hier vorliegende Rechtsfrage, ob die Beklagte durch ihr Verwaltungsverfahren die Verantwortung für den rechtzeitigen Versand der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf sich gezogen hat, ist eine Frage der grundsätzlichen Bedeutung. Sie ist bisher nicht geklärt und liegt im allgemeinen Interesse, was das Gericht bereits daran erkennt, dass eine Vielzahl von Fällen bei dem hiesigen Gericht zur Entscheidung anstehen/anstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved