Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 48 SF 4738/15 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 SF 628/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Sozialrechtliche Streitigkeiten über typische Dauerleistungen, die den wesentlichen Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten sicherstellen, sind wegen der außergewöhnlichen Bedeutung der Sozialleistung grundsätzlich geeignet, eine über die Mittelgebühr liegende Verfahrensgebühr (bis zur Höchstgebühr) zu begründen. Eine Regelvermutung für das Entstehen der Höchstgebühr im Rentenverfahren besteht allerdings nicht (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 30. August 2002 - L 6 B 3/02 SF).
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 18. April 2017 (S 48 SF 4738/15 E) aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Beschwerdeführers für das Verfahren L 12 R 1457/12 auf 1.267,35 EUR festgesetzt.
Im Übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für das beim Thüringer Landessozialgericht (LSG) anhängig gewesene Berufungsverfahren (Az.: L 12 R 1457/12) in dem der Beschwerdeführer die Klägerin ab dem 23. Januar 2014 vertrat.
Mit Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2009 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab. Die 1982 geborene Klägerin erhob am 15. Dezember 2009 Klage (S 27 R 7308/09) vor dem Sozialgericht Gotha (SG). Das SG zog diverse Befundberichte mit medizinischen Anlagen bei und holte ein psychosomatisches Schmerzgutachten der Dr. G. vom 10. Dezember 2011 nebst ergänzender Stellungnahme vom 24. Juni 2012 bei. Mit Urteil vom 26. Juni 2012 wies das SG die Klage ab. Hiergegen legte die Klägerin unter dem 6. September 2012 beim Thüringer Landessozialgericht (LSG) Berufung ein, die die vormaligen Prozessbevollmächtigten begründeten. Das LSG zog diverse Befundberichte bei. Unter dem 23. Januar 2014 zeigte der Beschwerdeführer die Mandatsübernahme an und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH). Mit Schriftsatz vom 3. März 2014 überreichte er einen aktuellen Befundbericht des Dr. W. vom 7. Februar 2014; mit weiterem Schriftsatz beantragte er die Verlängerung der Frist zur Stellungnahme. Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2014 übersandte er drei Arztbriefe sowie den Bescheid des Landratsamtes S. vom 13. Februar 2014 (GdB 80 v.H.). Mit Beschluss vom 8. Juli 2014 bewilligte das LSG der Klägerin PKH ohne Ratenzahlungsbestimmung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Im Berufungsverfahren wurde ein orthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten des Dr. M. vom 21. Juli 2014 eingeholt, das 88 Seiten umfasste. Mit zwei weiteren Schriftsätzen beantragte der Beschwerdeführer jeweils die Verlängerung der Frist zur Stellungnahme und teilte mit, die Klägerin befinde sich zurzeit in einer Rehabilitationsbehandlung. Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2014 nahm er auf knapp drei Seiten zu dem Gutachten des Dr. M. Stellung, beantragte erneut Akteneinsicht sowie die Beiziehung weiterer medizinischer Unterlagen unter Überreichung des Rehabilitationsentlassungsberichtes des "Eisenmoorbad Bad Sch." vom 1. Oktober 2014. In der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015, die von 11:02 Uhr bis 11:28 Uhr dauerte, wies das Thüringer Landessozialgericht die Berufung der Klägerin zurück.
Am 16. März 2015 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Vergütung:
Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV RVG 680,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3205 VV RVG 510,00 EUR Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 45,00 EUR Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 25,00 EUR Pauschale und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 1.280,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 243,20 EUR Summe 1.523,20 EUR
Die (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 6. Juli 2015 die zu zahlende Vergütung auf 1.249,50 EUR (Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV-RVG: 680,00 EUR, Terminsgebühr Nr. 3205 VV-RVG 280,00 EUR, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 EUR, Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG 45,00 EUR, Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG 25,00 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 199,50 EUR) fest. Hinsichtlich der Terminsgebühr werde unter Berücksichtigung der Kriterien zu § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) die Mittelgebühr als angemessen erachtet. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit würden als noch durchschnittlich gewertet.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und zur Begründung auf den Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 11. November 2013 (L 6 SF 230/13 B) Bezug genommen. Der Beschwerdegegner hat ebenfalls Erinnerung eingelegt und die Höhe der festgesetzten Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV RVG sowie der Terminsgebühr Nr. 3205 VV RVG beanstandet. Gründe, die die Erstattung einer über die Mittelgebühr hinausgehenden Verfahrensgebühr rechtfertigten, seien nicht gegeben. In der Gesamtschau des Verfahrens seien Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit allenfalls als durchschnittlich zu werten. Die Terminsgebühr sei unterhalb der Mittelgebühr festzusetzen. Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. März 2015 würden als unterdurchschnittlich eingeschätzt. Hier komme es im Wesentlichen auf die Dauer des Termins an.
Mit Beschluss vom 18. April 2017 hat das SG beide Erinnerungen zurückgewiesen. Bei Streitigkeiten über eine Dauerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sei nach der Rechtsprechung des 6. Senats des Thüringer Landessozialgerichts im Regelfall die Höchstgebühr angemessen. Anhaltspunkte dafür, dass von diesem Regelfall abzuweichen sei, weil sonstige Kriterien des § 14 RVG weit unterdurchschnittlich zu berücksichtigen seien, seien nicht ersichtlich. Bei der eigenständig zu prüfenden Terminsgebühr sei die von dem Beschwerdeführer begehrte Gebühr in Höhe von 510,00 EUR deutlich zu hoch angesetzt. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei nicht überdurchschnittlich gewesen, weil sich der Beschwerdeführer nicht mit sechs Gutachten oder auch mit der Frage einer Rente wegen Berufsunfähigkeit auseinandersetzen musste (so in: Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 11. November 2013, a.a.O.).
Gegen den am 6. Mai 2017 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 16. Mai 2017 Beschwerde eingelegt. Er begehre weiterhin die Festsetzung der Terminsgebühr in Höhe der Höchstgebühr. Der Beschwerdegegner hat am 3. August 2017 ebenfalls Beschwerde erhoben und beantragt, die Vergütung des Beschwerdeführers auf 880,60 EUR festzusetzen. Die Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV RVG sei in Höhe der Mittelgebühr (=380,00 EUR) festzusetzen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit erweise sich allenfalls als durchschnittlich. Der Beschwerdeführer habe weitere Befundberichte und Unterlagen vorgelegt, mehrfach Fristverlängerungen beantragt und zu einem medizinischen Gutachten, das im Berufungsverfahren erstellt wurde, Stellung genommen. Eine erheblich überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin sei nicht ersichtlich. Eine Sozialleistung habe durch eine andere Sozialleistung ersetzt werden sollen. Hinsichtlich der Terminsgebühr sei zutreffend die Mittelgebühr festgesetzt worden.
Das SG hat die Akte dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats.
Anzuwenden ist das RVG in der Fassung ab 1. August 2013, denn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG ist offensichtlich nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1. August 2013 (§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG) erteilt. Die Beschwerden gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren sind nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und zulässig. Der Wert des jeweiligen Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro. Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist teilweise begründet. Die Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners ist im Ergebnis unbegründet. Die aus der Staatskasse im Rahmen der PKH zu zahlende Vergütung des Beschwerdeführers ist auf 1.267,35 EUR festzusetzen. Gegenstand der Überprüfung ist die gesamte Kostenfestsetzung (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 15. April 2015 - L 6 SF 331/15 B und vom 9. Dezember 2015 - L 6 SF 1286/15 B m.w.N., nach juris).
Vorab ist festzustellen, dass das SG die an den Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung nicht festgesetzt hat. Das SG hat lediglich die Erinnerungen zurückgewiesen. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG setzt die UdG die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung fest. Insofern hat das SG auf die Erinnerung(en) der Beteiligten die zu erstattende Vergütung festzusetzen (vgl. Senatsbeschluss vom 29. August 2018 - L 1 SF 855/16 B).
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das LSG hat der Klägerin mit Beschluss vom 8. Juli 2014 PKH gewährt und sie war kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 Satz 1 SGG. Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG (vgl. § 2 Abs. 2 RVG). Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 26. November 2014 - L 6 SF 1079/14 B m.w.N., nach juris). Auch zugunsten der Staatskasse, die nicht "Dritter" i.S.d. § 14 Abs.1 Satz 4 RVG, sondern Vergütungsschuldnerin ist, findet eine Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) statt (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt RVG, 23. Auflage 2012, § 55 Rn. 31). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers steht ihm die Verfahrensgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3204 VV-RVG in Höhe der um 1/2 erhöhten Mittelgebühr (= 555,00 EUR) zu. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Vergütung in Höhe von 680,00 EUR übersteigt den Toleranzrahmen. Die geforderte Höchstgebühr kommt dann in Betracht, wenn entweder alle Umstände für diese Erhöhung sprechen oder bestimmte Umstände (z.B. die Schwierigkeit) so erheblich sind, dass sie alle anderen Gesichtspunkte überwiegen (Kompensationstheorie). Sozialrechtliche Streitigkeiten über typische Dauerleistungen, die den wesentlichen Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten sicherstellen, sind wegen der außergewöhnlichen Bedeutung der Sozialleistung grundsätzlich geeignet, eine über die Mittelgebühr liegende Verfahrensgebühr (bis zu Höchstgebühr) zu begründen. Eine Regelvermutung für das Entstehen der Höchstgebühr im Rentenverfahren besteht allerdings nicht (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 30. August 2002 - L 6 B 3/02 SF, nach juris).
Allein die überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin rechtfertigt hier nicht die Festsetzung der Höchstgebühr. Eine solche Schlussfolgerung lässt sich auch nicht den Beschlüssen des Thüringer Landessozialgerichts vom 11. November 2013 und 14. März 2001 (L 6 SF 230/13 B und L 6 B 3/01 SF, nach juris) entnehmen, weil dort neben der Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit andere Gesichtspunkte überwog (vgl. Senatsbeschluss vom 3. September 2018 - L 1 SF 1200/17 B).
Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin war hier erheblich überdurchschnittlich. Abzustellen ist dabei auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris). Bei Streitigkeiten über eine Dauerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist immer eine erheblich überdurchschnittliche Bedeutung anzunehmen, wenn durch sie das Einkommen in der Hauptsache bestritten werden soll (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 10. April 2013 - L 6 SF 471/13 B m.w.N., nach juris). Die Klägerin bezog Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), so dass davon auszugehen ist, dass sie mit der begehrten Rente ihren wesentlichen Lebensunterhalt bestreiten wollte. Unter Gesamtschau der sonstigen Merkmale für die Festsetzung der Vergütung, dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, den Einkommensverhältnisse der Klägerin und des besonderen Haftungsrisikos hält der Senat hier, trotz der überragenden Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin, die Festsetzung der Höchstgebühr nicht für angemessen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war im Vergleich mit den übrigen sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 18. August 2011 - L 6 SF 872/11 B, nach juris) allenfalls durchschnittlich. Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 13. August 2015 - L 6 SF 515/15 B, nach juris), jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Zu berücksichtigen ist der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieb und objektiv verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, a.a.O., Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 18. März 2011 - L 6 SF 1418/10 B, nach juris). Der Beschwerdeführer vertrat die Klägerin im Berufungsverfahren ab dem 23. Januar 2014, die Begründung der Berufung war durch die vormaligen Prozessbevollmächtigten erfolgt. Einsicht in die Gerichts- und Verwaltungsakte hat er letztendlich nicht genommen, auch wenn er dies beantragt hatte. Nach der Anzeige der Mandatsübernahme erfolgten kürzere Schriftsätze, ohne weiteres Eingehen auf den Gegenstand der Klage. Soweit der Beschwerdeführer Arztbriefe übersandt hat, ist er hierauf in seinen Schriftsätzen nicht weiter eingegangen. Eine Stellungnahme zu den beigezogenen Befundberichten erfolgte nicht. Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2014 hat er im Ergebnis kurz zu dem Gutachten des Dr. M. Stellung genommen und die Einholung weiterer Gutachten sowie die Einholung eines aktuellen Befundberichtes beantragt. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit bewertet der Senat hier als überdurchschnittlich, insofern, als der Beschwerdeführer das ausführliche medizinische Gutachten des Dr. M. und den Rehabilitationsentlassungsbericht vom 1. Oktober 2014 berücksichtigen musste, andererseits aber durch ihn keine intensive Auseinandersetzung mit den vorliegenden medizinischen Unterlagen erfolgt ist. Er begründete die Aufrechterhaltung der Berufung im Wesentlichen damit, dass die Klägerin an weiteren Erkrankungen leide und deshalb weitere Gutachten eingeholt werden müssten. Fragen des Berufsschutzes waren bei der 1982 geborenen Klägerin nicht streitig; zu Rechtsproblemen war nicht Stellung zu nehmen war. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin waren weit unterdurchschnittlich, werden aber durch die erheblich überdurchschnittliche Bedeutung kompensiert. Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdeführers ist nicht ersichtlich.
Die Terminsgebühr Nr. 3205 VV-RVG ist in Höhe der um ½ erhöhten Mittelgebühr (= 420,00 EUR) festzusetzen. Die vom Beschwerdeführer begehrte Vergütung in Höhe von 510,00 EUR übersteigt den Toleranzrahmen Die Höhe der Terminsgebühr wird nicht nur durch den zeitlichen Umfang des wahrgenommenen Termins bestimmt, der hier mit 28 Minuten allerdings leicht unterdurchschnittlich war. Bezüglich der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin, der Einkommens- und Vermögensverhältnisse und des Haftungsrisikos wird auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr verwiesen.
Die Höhe der Pauschale Nr. 7000 VV-RVG, der Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG, des Tage- und Abwesenheitsgeldes Nr. 7005 VV-RVG, der sonstigen Auslagen Nr. 7006 VV-RVG und der Post-/ Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV-RVG ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Anhaltspunkte dafür, dass diese Gebühren höher oder niedriger festzusetzen wären, bestehen hier nicht.
Damit errechnet sich die Vergütung des Beschwerdegegners wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV RVG 555,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3205 VV RVG 420,00 EUR Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 45,00 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 25,00 EUR Zwischensumme 1.065, 00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 202,35 EUR Summe 1.267,35 EUR
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Im Übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für das beim Thüringer Landessozialgericht (LSG) anhängig gewesene Berufungsverfahren (Az.: L 12 R 1457/12) in dem der Beschwerdeführer die Klägerin ab dem 23. Januar 2014 vertrat.
Mit Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2009 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab. Die 1982 geborene Klägerin erhob am 15. Dezember 2009 Klage (S 27 R 7308/09) vor dem Sozialgericht Gotha (SG). Das SG zog diverse Befundberichte mit medizinischen Anlagen bei und holte ein psychosomatisches Schmerzgutachten der Dr. G. vom 10. Dezember 2011 nebst ergänzender Stellungnahme vom 24. Juni 2012 bei. Mit Urteil vom 26. Juni 2012 wies das SG die Klage ab. Hiergegen legte die Klägerin unter dem 6. September 2012 beim Thüringer Landessozialgericht (LSG) Berufung ein, die die vormaligen Prozessbevollmächtigten begründeten. Das LSG zog diverse Befundberichte bei. Unter dem 23. Januar 2014 zeigte der Beschwerdeführer die Mandatsübernahme an und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH). Mit Schriftsatz vom 3. März 2014 überreichte er einen aktuellen Befundbericht des Dr. W. vom 7. Februar 2014; mit weiterem Schriftsatz beantragte er die Verlängerung der Frist zur Stellungnahme. Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2014 übersandte er drei Arztbriefe sowie den Bescheid des Landratsamtes S. vom 13. Februar 2014 (GdB 80 v.H.). Mit Beschluss vom 8. Juli 2014 bewilligte das LSG der Klägerin PKH ohne Ratenzahlungsbestimmung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Im Berufungsverfahren wurde ein orthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten des Dr. M. vom 21. Juli 2014 eingeholt, das 88 Seiten umfasste. Mit zwei weiteren Schriftsätzen beantragte der Beschwerdeführer jeweils die Verlängerung der Frist zur Stellungnahme und teilte mit, die Klägerin befinde sich zurzeit in einer Rehabilitationsbehandlung. Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2014 nahm er auf knapp drei Seiten zu dem Gutachten des Dr. M. Stellung, beantragte erneut Akteneinsicht sowie die Beiziehung weiterer medizinischer Unterlagen unter Überreichung des Rehabilitationsentlassungsberichtes des "Eisenmoorbad Bad Sch." vom 1. Oktober 2014. In der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015, die von 11:02 Uhr bis 11:28 Uhr dauerte, wies das Thüringer Landessozialgericht die Berufung der Klägerin zurück.
Am 16. März 2015 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Vergütung:
Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV RVG 680,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3205 VV RVG 510,00 EUR Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 45,00 EUR Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 25,00 EUR Pauschale und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 1.280,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 243,20 EUR Summe 1.523,20 EUR
Die (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 6. Juli 2015 die zu zahlende Vergütung auf 1.249,50 EUR (Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV-RVG: 680,00 EUR, Terminsgebühr Nr. 3205 VV-RVG 280,00 EUR, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 EUR, Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG 45,00 EUR, Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG 25,00 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 199,50 EUR) fest. Hinsichtlich der Terminsgebühr werde unter Berücksichtigung der Kriterien zu § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) die Mittelgebühr als angemessen erachtet. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit würden als noch durchschnittlich gewertet.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und zur Begründung auf den Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 11. November 2013 (L 6 SF 230/13 B) Bezug genommen. Der Beschwerdegegner hat ebenfalls Erinnerung eingelegt und die Höhe der festgesetzten Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV RVG sowie der Terminsgebühr Nr. 3205 VV RVG beanstandet. Gründe, die die Erstattung einer über die Mittelgebühr hinausgehenden Verfahrensgebühr rechtfertigten, seien nicht gegeben. In der Gesamtschau des Verfahrens seien Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit allenfalls als durchschnittlich zu werten. Die Terminsgebühr sei unterhalb der Mittelgebühr festzusetzen. Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. März 2015 würden als unterdurchschnittlich eingeschätzt. Hier komme es im Wesentlichen auf die Dauer des Termins an.
Mit Beschluss vom 18. April 2017 hat das SG beide Erinnerungen zurückgewiesen. Bei Streitigkeiten über eine Dauerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sei nach der Rechtsprechung des 6. Senats des Thüringer Landessozialgerichts im Regelfall die Höchstgebühr angemessen. Anhaltspunkte dafür, dass von diesem Regelfall abzuweichen sei, weil sonstige Kriterien des § 14 RVG weit unterdurchschnittlich zu berücksichtigen seien, seien nicht ersichtlich. Bei der eigenständig zu prüfenden Terminsgebühr sei die von dem Beschwerdeführer begehrte Gebühr in Höhe von 510,00 EUR deutlich zu hoch angesetzt. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei nicht überdurchschnittlich gewesen, weil sich der Beschwerdeführer nicht mit sechs Gutachten oder auch mit der Frage einer Rente wegen Berufsunfähigkeit auseinandersetzen musste (so in: Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 11. November 2013, a.a.O.).
Gegen den am 6. Mai 2017 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 16. Mai 2017 Beschwerde eingelegt. Er begehre weiterhin die Festsetzung der Terminsgebühr in Höhe der Höchstgebühr. Der Beschwerdegegner hat am 3. August 2017 ebenfalls Beschwerde erhoben und beantragt, die Vergütung des Beschwerdeführers auf 880,60 EUR festzusetzen. Die Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV RVG sei in Höhe der Mittelgebühr (=380,00 EUR) festzusetzen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit erweise sich allenfalls als durchschnittlich. Der Beschwerdeführer habe weitere Befundberichte und Unterlagen vorgelegt, mehrfach Fristverlängerungen beantragt und zu einem medizinischen Gutachten, das im Berufungsverfahren erstellt wurde, Stellung genommen. Eine erheblich überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin sei nicht ersichtlich. Eine Sozialleistung habe durch eine andere Sozialleistung ersetzt werden sollen. Hinsichtlich der Terminsgebühr sei zutreffend die Mittelgebühr festgesetzt worden.
Das SG hat die Akte dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats.
Anzuwenden ist das RVG in der Fassung ab 1. August 2013, denn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG ist offensichtlich nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1. August 2013 (§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG) erteilt. Die Beschwerden gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren sind nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und zulässig. Der Wert des jeweiligen Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro. Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist teilweise begründet. Die Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners ist im Ergebnis unbegründet. Die aus der Staatskasse im Rahmen der PKH zu zahlende Vergütung des Beschwerdeführers ist auf 1.267,35 EUR festzusetzen. Gegenstand der Überprüfung ist die gesamte Kostenfestsetzung (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 15. April 2015 - L 6 SF 331/15 B und vom 9. Dezember 2015 - L 6 SF 1286/15 B m.w.N., nach juris).
Vorab ist festzustellen, dass das SG die an den Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung nicht festgesetzt hat. Das SG hat lediglich die Erinnerungen zurückgewiesen. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG setzt die UdG die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung fest. Insofern hat das SG auf die Erinnerung(en) der Beteiligten die zu erstattende Vergütung festzusetzen (vgl. Senatsbeschluss vom 29. August 2018 - L 1 SF 855/16 B).
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das LSG hat der Klägerin mit Beschluss vom 8. Juli 2014 PKH gewährt und sie war kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 Satz 1 SGG. Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG (vgl. § 2 Abs. 2 RVG). Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 26. November 2014 - L 6 SF 1079/14 B m.w.N., nach juris). Auch zugunsten der Staatskasse, die nicht "Dritter" i.S.d. § 14 Abs.1 Satz 4 RVG, sondern Vergütungsschuldnerin ist, findet eine Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) statt (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt RVG, 23. Auflage 2012, § 55 Rn. 31). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers steht ihm die Verfahrensgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3204 VV-RVG in Höhe der um 1/2 erhöhten Mittelgebühr (= 555,00 EUR) zu. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Vergütung in Höhe von 680,00 EUR übersteigt den Toleranzrahmen. Die geforderte Höchstgebühr kommt dann in Betracht, wenn entweder alle Umstände für diese Erhöhung sprechen oder bestimmte Umstände (z.B. die Schwierigkeit) so erheblich sind, dass sie alle anderen Gesichtspunkte überwiegen (Kompensationstheorie). Sozialrechtliche Streitigkeiten über typische Dauerleistungen, die den wesentlichen Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten sicherstellen, sind wegen der außergewöhnlichen Bedeutung der Sozialleistung grundsätzlich geeignet, eine über die Mittelgebühr liegende Verfahrensgebühr (bis zu Höchstgebühr) zu begründen. Eine Regelvermutung für das Entstehen der Höchstgebühr im Rentenverfahren besteht allerdings nicht (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 30. August 2002 - L 6 B 3/02 SF, nach juris).
Allein die überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin rechtfertigt hier nicht die Festsetzung der Höchstgebühr. Eine solche Schlussfolgerung lässt sich auch nicht den Beschlüssen des Thüringer Landessozialgerichts vom 11. November 2013 und 14. März 2001 (L 6 SF 230/13 B und L 6 B 3/01 SF, nach juris) entnehmen, weil dort neben der Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit andere Gesichtspunkte überwog (vgl. Senatsbeschluss vom 3. September 2018 - L 1 SF 1200/17 B).
Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin war hier erheblich überdurchschnittlich. Abzustellen ist dabei auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris). Bei Streitigkeiten über eine Dauerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist immer eine erheblich überdurchschnittliche Bedeutung anzunehmen, wenn durch sie das Einkommen in der Hauptsache bestritten werden soll (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 10. April 2013 - L 6 SF 471/13 B m.w.N., nach juris). Die Klägerin bezog Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), so dass davon auszugehen ist, dass sie mit der begehrten Rente ihren wesentlichen Lebensunterhalt bestreiten wollte. Unter Gesamtschau der sonstigen Merkmale für die Festsetzung der Vergütung, dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, den Einkommensverhältnisse der Klägerin und des besonderen Haftungsrisikos hält der Senat hier, trotz der überragenden Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin, die Festsetzung der Höchstgebühr nicht für angemessen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war im Vergleich mit den übrigen sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 18. August 2011 - L 6 SF 872/11 B, nach juris) allenfalls durchschnittlich. Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 13. August 2015 - L 6 SF 515/15 B, nach juris), jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Zu berücksichtigen ist der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieb und objektiv verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, a.a.O., Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 18. März 2011 - L 6 SF 1418/10 B, nach juris). Der Beschwerdeführer vertrat die Klägerin im Berufungsverfahren ab dem 23. Januar 2014, die Begründung der Berufung war durch die vormaligen Prozessbevollmächtigten erfolgt. Einsicht in die Gerichts- und Verwaltungsakte hat er letztendlich nicht genommen, auch wenn er dies beantragt hatte. Nach der Anzeige der Mandatsübernahme erfolgten kürzere Schriftsätze, ohne weiteres Eingehen auf den Gegenstand der Klage. Soweit der Beschwerdeführer Arztbriefe übersandt hat, ist er hierauf in seinen Schriftsätzen nicht weiter eingegangen. Eine Stellungnahme zu den beigezogenen Befundberichten erfolgte nicht. Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2014 hat er im Ergebnis kurz zu dem Gutachten des Dr. M. Stellung genommen und die Einholung weiterer Gutachten sowie die Einholung eines aktuellen Befundberichtes beantragt. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit bewertet der Senat hier als überdurchschnittlich, insofern, als der Beschwerdeführer das ausführliche medizinische Gutachten des Dr. M. und den Rehabilitationsentlassungsbericht vom 1. Oktober 2014 berücksichtigen musste, andererseits aber durch ihn keine intensive Auseinandersetzung mit den vorliegenden medizinischen Unterlagen erfolgt ist. Er begründete die Aufrechterhaltung der Berufung im Wesentlichen damit, dass die Klägerin an weiteren Erkrankungen leide und deshalb weitere Gutachten eingeholt werden müssten. Fragen des Berufsschutzes waren bei der 1982 geborenen Klägerin nicht streitig; zu Rechtsproblemen war nicht Stellung zu nehmen war. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin waren weit unterdurchschnittlich, werden aber durch die erheblich überdurchschnittliche Bedeutung kompensiert. Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdeführers ist nicht ersichtlich.
Die Terminsgebühr Nr. 3205 VV-RVG ist in Höhe der um ½ erhöhten Mittelgebühr (= 420,00 EUR) festzusetzen. Die vom Beschwerdeführer begehrte Vergütung in Höhe von 510,00 EUR übersteigt den Toleranzrahmen Die Höhe der Terminsgebühr wird nicht nur durch den zeitlichen Umfang des wahrgenommenen Termins bestimmt, der hier mit 28 Minuten allerdings leicht unterdurchschnittlich war. Bezüglich der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin, der Einkommens- und Vermögensverhältnisse und des Haftungsrisikos wird auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr verwiesen.
Die Höhe der Pauschale Nr. 7000 VV-RVG, der Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG, des Tage- und Abwesenheitsgeldes Nr. 7005 VV-RVG, der sonstigen Auslagen Nr. 7006 VV-RVG und der Post-/ Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV-RVG ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Anhaltspunkte dafür, dass diese Gebühren höher oder niedriger festzusetzen wären, bestehen hier nicht.
Damit errechnet sich die Vergütung des Beschwerdegegners wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV RVG 555,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3205 VV RVG 420,00 EUR Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 45,00 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 25,00 EUR Zwischensumme 1.065, 00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 202,35 EUR Summe 1.267,35 EUR
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
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