Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 17 U 6267/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 418/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Verlassen Versicherte den direkten Weg zur Arbeitsstätte, befinden sie sich auf einem Abweg.
2. Den Nachteil aus der tatsächlichen Unaufklärbarkeit anspruchsbegründender Tatsachen wie Umstände, die ausnahmsweise den Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung auf einem Abweg erhalten, haben nach den Regeln der objektiven Beweislast die Versicherten zu tragen.
2. Den Nachteil aus der tatsächlichen Unaufklärbarkeit anspruchsbegründender Tatsachen wie Umstände, die ausnahmsweise den Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung auf einem Abweg erhalten, haben nach den Regeln der objektiven Beweislast die Versicherten zu tragen.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Januar 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob das Ereignis vom 27. März 2015 als Arbeitsunfall festzustellen ist.
Der 1969 geborene Kläger wohnt in einem abgetrennten Wohnbereich im Elternhaus im S. 1. in M. im O.-Kreis. Er arbeitete seit August 1986 als Industriemechaniker in der Instandhaltung und Mechanik bei der S. Technologies AG & Co KG in L. (im Folgenden: Arbeitgeberin). Seine langjährige Lebensgefährtin M. J. G., welche mittlerweile seine Betreuerin ist, wohnt in den R ... in E. und war als Sachbearbeiterin im Büro derselben Abteilung wie der Kläger tätig.
Am 27. März 2015 fuhr dieser gegen 12:40 Uhr mit seinem Rennrad der Marke Scott Roadster S1 und ohne Helm aus Richtung M. kommend auf der W.-Straße. Beim Überqueren der Bundesstraße (B) 3, welche in Nord-Süd-Richtung von L. nach E. verläuft, kollidierte er mit M. H., einem damaligen Polizeibeamten in Ausbildung, welcher einen Ford Ka lenkte und trotz Vollbremsung einen Aufprall nicht verhindern konnte. Die Spuren und Beschädigungen an den Fahrzeugen deuteten nach dem polizeilichen Abschlussbericht von Polizeihauptmeister H. auf eine Kollision mittig vor dem Personenkraftwagen (Pkw) hin. Die Endlage des Klägers auf dem linken Fahrstreifen wies auf eine nicht geringe Eigengeschwindigkeit hin. Die Rückrechnung der Ausgangsgeschwindigkeit des Pkw ergab 73 km/h, bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Nach den Vernehmungen der Zeugen F. und M., welche zum Zeitpunkt des Unfallereignisses im Bereich der Einmündung der W.-Straße zur B 3 standen, sowie S. und K., welche zu dieser Zeit gemeinsam mit einem Kraftfahrzeug in Richtung L. unterwegs waren, ergab sich, dass der Kläger an der B 3 nicht anhielt sowie sich nach dem Unfall Ohrhörer und eine Sonnenbrille auf dem Boden befanden.
Der Verkehrsunfall wurde um 12:43 Uhr fernmündlich dem Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums O. gemeldet. Der Kläger wurde mit dem Rettungshubschrauber in die Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums F. verbracht, wo in einem Schockraum zunächst eine Rippenserienfraktur links und ein Hämatopneumothorax links mittels Thoraxdrainage versorgt wurden. Nachdem die Analgosedierung abgesetzt wurde, erwachte er nur verzögert. In der erneuten Bildgebung zeigten sich ausgedehnte Ischämien im Bereich des Kleinhirns beidseits und okzipital links. Am 30. März 2015 war bei fehlenden Schutzreflexen eine erneute Intubation nötig. Die daraufhin durchgeführte kraniale Computertomographie zeigte neben den Kleinhirninfarkten zusätzlich einen rechtsseitigen Ponsinfarkt sowie bithalamische und bilaterale Posteriorinfarkte. In der Zusammenschau mit der computertomographischen Angiographie wurde am ehesten eine transiente Basilaristhrombose in Folge einer rechtsseitigen Vertebralisdissektion gesehen. Elektrophysiologisch wurde zusätzlich der Hinweis auf eine linksbetonte Hirnstammschädigung erkannt, während bildmorphologisch der Ponsinfarkt eher rechts zur Darstellung kam. Die kraniale Computertomographie wies zunehmend eine beginnende untere Einklemmung durch die raumfordernden Kleinhirninfarkte aus, sodass die Indikation zur Anlage einer externen Ventrikeldrainage und zur anschließenden operativen okzipitalen Dekompression gesehen wurde. Nach dem Eingriff war der Kläger weiterhin inadäquat, nicht kontaktierbar und ohne Aufforderungsmotorik. Als Komplikation kam es im Bereich der Resektionshöhle zu einer Infektion. Im Liquor wurde am 6. April 2015 ein Kolibakterium nachgewiesen, welches antibiotisch versorgt wurde. Erstmalig wurde der Kläger am 30. April 2015 in der Klinik für Neurologische Rehabilitation der B.-Klinik E. zur Frührehabilitation aufgenommen. Klinisch zeigte er sich wach und kontaktierbar. Am Abend stieg die Körpertemperatur auf 39° Celsius. Eine deutliche Nackensteifigkeit trat auf, sodass der Verdacht auf eine Meningitis geäußert wurde. Nachdem er in die Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums F. verbracht worden war, wurde er am 4. Mai 2015 erneut zur neurologischen Frührehabilitation aufgenommen. Bis Mitte Juni 2015 konnten hingegen die Maßnahmen aufgrund mehrerer Infekte des Hirnwassers und der Lunge mit jeweils erforderlicher antibiotischer Behandlung nur sehr eingeschränkt durchgeführt werden. Die Beantwortung von Fragen mit Ja und Nein war nur teilweise möglich.
Die Arbeitgeberin zeigte der Beklagten den Unfall im April 2015 an. Der Kläger sei mit seinem Fahrrad auf einem Radweg neben der B 3 zur Arbeit unterwegs gewesen. Die Arbeitsschicht habe um 14 Uhr begonnen und um 22 Uhr geendet. Kurz vor M. habe er die B 3 überqueren wollen. Er sei unter der Adresse seiner Eltern gemeldet gewesen, habe aber bei seiner Lebensgefährtin in E. gewohnt.
Ein Mitarbeiter der Beklagten nahm Mitte April 2015 im Universitätsklinikum F. Kontakt zu ihr auf. Er reagiere auf Ansprache und bewege die Gliedmaßen. Abwechselnd hielten sie sich bei ihm in seinem Elternhaus und bei ihr auf. Sie vermute, er habe früher zur Spätschicht fahren wollen. Die weitere Post könne an seine Adresse gerichtet werden.
Die Lebensgefährtin des Klägers teilte der Beklagten Anfang Mai 2015 mit, der Unfall habe sich gegen 12:45 Uhr ereignet. Er habe Spätschicht gehabt, jedoch aufgrund eines privaten Abendtermins eher beginnen wollen, um etwas früher Feierabend machen zu können. Aufgrund des Zeitpunkts des Unfalls und der Tatsache, dass sich im Rucksack sein Schlüssel für den Kleiderspind an der Arbeitsstätte befunden habe, gehe sie davon aus, dass er auf direktem Weg von ihrer Wohnung in E. nach L. zur Arbeit gewesen sei. Genauere Angaben könne nur der Kläger machen, sobald er gesundheitlich hierzu in der Lage sei.
Im Zwischenbericht vom 4. August 2015 berichtete Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der B.-Klinik E., Klinik für Neurologische Rehabilitation, über den stationären Aufenthalt am 30. April 2015 und ab 4. Mai 2015, als Freizeitbeschäftigung seien die Mitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr sowie Fahrradfahren und Gartenarbeit angegeben worden.
Mit Bescheid vom 27. August 2015 lehnte es die Beklagte ab, das Ereignis vom 27. März 2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Ein Anspruch auf Leistungen bestehe nicht. Grundsätzlich sei zwar auch der Weg von der Wohnung der Lebensgefährtin aus zur Arbeitsstätte ein versicherter Weg. Es sei jedoch unklar, warum er sich in entgegengesetzter Richtung befunden habe. Ungewiss sei zudem, ob er privat unterwegs gewesen sei oder den Weg zum Ort der Tätigkeit bereits aufgenommen habe und wegen eines vergessenen Gegenstandes umgekehrt sei. Die finale Handlungstendenz zum Unfallzeitpunkt sei somit nicht auf die Aufnahme der beruflichen Tätigkeit gerichtet gewesen.
Im Widerspruchsverfahren begehrte der Kläger neben der Feststellung des Ereignisses vom 27. März 2015 als Arbeitsunfall die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere eine Verletztenrente. Er trug, vertreten durch den Rentenberater F., vor, er sei mit seinem Fahrrad von seiner "Eigentumswohnung" aus losgefahren. Zunächst habe er noch Unterlagen, welche er für die Berufsausübung benötigt habe, von der Wohnung seiner Lebensgefährtin holen wollen. Von dort aus habe er beabsichtigt, zur Arbeitsstätte nach L. zu fahren. In seinem mitgeführten Rucksack habe sich unter anderem ein Vesper befunden, welches er generell zur Arbeitsstätte mitnehme. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2015 zurückgewiesen. Es stehe weiter nicht fest, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls auf einem versicherten Weg befunden habe. Unterstellt, eine betriebliche Handlungstendenz beim Befahren der W.-Straße in Richtung E. habe vorgelegen, müsse beim Überqueren der B 3 in östlicher Richtung eine entscheidungserhebliche und objektivierbare Änderung dieser Tendenz angenommen werden. Der Ablauf des Geschehens belege zweifelsohne, dass er nicht den naheliegenden Weg nach E. entlang der B 3 habe fortsetzen wollen.
Hiergegen hat der Kläger, vertreten durch den Rentenberater F., am 23. Dezember 2015 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und ergänzend vorgetragen, die Tatsache, dass er an der B 3 nicht direkt nach rechts auf den Fahrradweg Richtung E. abgebogen sei, lasse sich mit den örtlichen Gegebenheiten erklären. Auf beiden Seiten befinde sich ein Radweg. Die geplante Wegführung habe den Vorteil, dass die Verkehrsbelastung günstiger sei. Eine bessere Absicherung sei gewährleistet. Er habe am 25. März 2015 einen Auftrag zur Reparatur einer defekten Schleifspindel erhalten, was sich aus dem Schichtbuch ergebe. Die hierfür benötigten Daten hätten sich offensichtlich auf einem Speichermedium befunden, welches in der Wohnung seiner Lebensgefährtin hinterlegt gewesen sei. Der Auftrag sei schließlich wegen des Unfalls durch einen Arbeitskollegen zu Ende geführt worden.
In der nichtöffentlichen Sitzung beim SG am 8. Juni 2016 ist die Lebensgefährtin des Klägers gehört worden. Er habe sie am Unfalltag um die Mittagszeit, etwa gegen 11:30 Uhr, von seinem Handy aus im Betrieb angerufen. Er habe geäußert, zu versuchen, eher mit der Schicht zu beginnen, damit er auch früher wieder zu Hause sei und mit ihr gemeinsam zu der Verabredung am Abend gehen könne. Sie gehe davon aus, dass er sie von seiner Wohnung aus angerufen habe. Am Unfalltag habe sie ihn morgens nicht gesehen. Er sei mit einer Fahrradkleidung, also einer kurzen Fahrradhose, einem T-Shirt und einer Windjacke, bekleidet gewesen. Er habe auch einen Rucksack mit sich geführt, in welchem sich verschiedene Gegenstände befunden hätten. Nach der von ihr im Termin vorgelegten und von D. F., der Schwester des Klägers, unterschriebenen Empfangsbescheinigung vom 30. März 2015 sind dieser auf dem Polizeipräsidium O. eine Brille, ein Handy der Marke Samsung, ein Geschwindigkeitsmesser der Marke VDO, eine Stirnlampe, ein Schlüsselbund mit sieben Schlüsseln, ein schwarzer Geldbeutel, ein Führerschein, eine Bankkarte, eine Kreditkarte, ein Bundespersonalausweis und ein paar Handschuhe ausgehändigt worden. Handschriftlich sind das Wort "MP3-Player" durch "Headset" ersetzt und zwei Tüten Vesper ergänzt worden. Die Lebensgefährtin des Klägers hat im Termin ergänzend vorgetragen, Letztere habe sie nachtragen lassen, wobei sie jetzt nicht mehr wisse, ob sie der Polizist oder Frau F. notiert hätten. Bei dem Kläger handele es sich um einen sportlichen Freizeitradfahrer, welcher ein Rennrad und ein Mountainbike besitze. Er und sein Freundeskreis hätten schon oft größere Fahrradtouren unternommen, auch über die Alpen und in die italienische Schweiz. Bei dem Fahrrad, mit dem er verunglückt sei, habe es sich um ein hochwertiges Rennrad gehandelt. Normalerweise wäre er mit hoher Wahrscheinlichkeit um diese Jahreszeit mit dem Auto zur Spätschicht gefahren. Dies sei aber deshalb nicht gegangen, weil er es am Montag zuvor verkauft und noch kein neues gehabt habe. Insgesamt sei er ein sportlicher Radfahrer gewesen, der öfters auch zu Trainingszwecken einfach so herumgefahren sei. Sie habe bereits früher die Vermutung geäußert, dass er vor Schichtbeginn zunächst noch bei ihr habe vorbeifahren wollen. Ihre beiden Wohnungen benützten sie gemeinsam, beispielsweise sei sein Laptop bei ihr. Sie nehme daher an, dass er zunächst zu ihrer Wohnung habe fahren wollen, um dort noch etwas zu holen, was er benötigt habe. Er habe einen Schlüssel zu ihrer Wohnung gehabt. Der Weg dorthin sei für ihn letztlich ein Umweg von etwa zehn Minuten gewesen. Sie habe oft darüber nachgedacht, weshalb er wohl Richtung E. unterwegs gewesen sei. Als eine Möglichkeit sei ihr noch eingefallen, dass er Reparaturunterlagen für eine von ihm betreute Maschine, welche in den Tagen zuvor defekt gewesen sei, auf seinem Laptop gespeichert habe. Sie könne sich gut vorstellen, dass er diese Unterlagen zur Spätschicht habe mitnehmen wollen. In E. wohne zwar noch ein Fahrradfreund, der jedoch am Unfalltag gearbeitet habe.
Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. Januar 2018 abgewiesen. Die Klage sei in Bezug auf die verfolgten Leistungen, insbesondere eine Rente, unzulässig, weil hierüber keine Verwaltungsentscheidung getroffen worden sei. Im Übrigen sei sie zwar zulässig, aber nicht begründet. Das Zurücklegen des Weges zum Ort der versicherten Tätigkeit setze eine auf das Erreichen des Zieles gerichtete Handlungstendenz voraus. Ein unversicherter Abweg beginne, wenn eine nicht versicherte Zielrichtung eingeschlagen werde. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf einem solchen Abweg befunden. Beim Überqueren der B 3 am Unfallort habe er sich in einer dem Arbeitsort in L. entgegengesetzten Fahrtrichtung befunden. Dass er für die Arbeit benötigte Unterlagen in der Wohnung seiner Lebensgefährtin in E. habe holen wollen, stelle sich durchaus als möglich dar. Diese Möglichkeit sei aber nur theoretisch. Es gebe keine tatsächlichen Anhaltspunkte, welche dies als überwiegend wahrscheinlich erscheinen ließen. Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung seien dem Kläger daher nicht zu erbringen.
Hiergegen hat der Kläger, vertreten durch Rentenberater F., der nunmehr als Rechtsbeistand für Sozial- und Rentenrecht aufgetreten ist, am 31. Januar 2018 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Mit Beschluss des Senats vom 6. April 2018 ist dieser als Bevollmächtigter zurückgewiesen worden. Seine Beschwerde und Anhörungsrüge sind im Verfahren L 6 U 1510/18 RG mit Beschluss des Senats vom 3. Mai 2018 als unzulässig verworfen worden. Hiergegen hat er Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingelegt (Az. 1 BvR 1054/18). Das Befangenheitsgesuch des Klägers gegen den Berichterstatter ist im Verfahren L 6 SF 2074/18 AB mit Beschluss des Senats vom 27. Juni 2018 als unbegründet zurückgewiesen worden.
Der Kläger trägt, nunmehr vertreten durch eine Rechtsanwältin, im Wesentlichen vor, eine Änderung der Handlungstendenz in Richtung auf eine unversicherte private Tätigkeit liege nur vor, wenn diese einen klaren und damit objektivierbaren Ausdruck gefunden habe. Hierfür trage die Beklagte die objektive Beweislast. Sei eine versicherte Tätigkeit als anspruchsbegründende Voraussetzung für einen Arbeitsunfall nachgewiesen, handele sich bei einer Unterbrechung um eine anspruchshindernde Tatsache, deren Nichterweislichkeit in Abweichung von der üblichen Beweislastverteilung zu Lasten der Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung gehe. Seine Handlungstendenz sei eindeutig gewesen, seine Arbeitstätigkeit zu dem von der Arbeitgeberin angeordneten Zeitpunkt aufzunehmen. Sein Fahrweg am Unfalltag passe genau in den zeitlichen Rahmen, um von seiner Wohnung über diejenige seiner Lebensgefährtin zur Arbeitsstätte zu kommen. Ein privater Besuch bei ihr könne ausgeschlossen werden. Der Grund der Abweichung müsse daher dienstlicher Natur gewesen sein. Hierzu passe die Angabe seiner Lebensgefährtin, dass sich sein Laptop in ihrer Wohnung befunden habe. Hierauf seien Daten und Programme gespeichert gewesen, welche er für die Spätschicht benötigt habe, um eine Reparatur ausführen zu können. Es handele sich nicht nur um eine vage, theoretische Möglichkeit, sondern unter Berücksichtigung aller Umstände um eine überwiegend als wahrscheinlich anzunehmende Rekonstruktion seiner Beweggründe, den Umweg in Kauf zu nehmen. Ohnehin seien in beweisrechtlicher Hinsicht geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu stellen, insbesondere sei wegen des unfallbedingten Erinnerungsverlustes ein Beweisnotstand eingetreten. Entsprechend habe das Hessische LSG am 14. Juli 2015 im Verfahren L 3 U 118/13 geurteilt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Januar 2018 und den Bescheid vom 27. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2015 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, das Ereignis vom 27. März 2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen sowie ihm deswegen Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere eine Verletztenrente, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, seine Begehren führten nicht zum Erfolg.
Der Kläger hat sein Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung am 21. September 2018 erteilt, die Beklagte vier Tage später.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, einschließlich der Akten L 6 U 1510/18 RG und L 6 SF 2074/18 AB, sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 i. V. m. § 105 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Halbsatz 1 SGG) sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet.
Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 19. Januar 2018, mit dem die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) sowie kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) erhobene Klage, mit welcher der Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 27. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2015 (§ 95 SGG) die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Ereignisses vom 27. März 2015 als Arbeitsunfall sowie deren Verurteilung zur Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere einer Verletztenrente, begehrte, abgewiesen wurde. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34), welche beim LSG Baden-Württemberg am 27. September 2018 stattfand.
Das Verfahren war im Hinblick auf die von Rentenberater F. gegen den ihn als Bevollmächtigten zurückweisenden Beschluss des Senats vom 6. April 2018 beim BVerfG erhobene Verfassungsbeschwerde mangels Rechtsverhältnis, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist (§ 114 Abs. 2 Satz 1 SGG), nicht auszusetzen (vgl. Keller, a. a. O., § 114 Rz. 5c). Nach sachgerechter Ermessensausübung, insbesondere vor dem Hintergrund der nunmehrigen Prozessvertretung durch eine Rechtsanwältin, sprachen überdies keine ganz überwiegenden Gründe für eine entsprechende Anwendung der Norm.
Die auf die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere einer Verletztenrente, gerichtete Klage ist, wovon das SG zutreffend ausging, unzulässig und die Berufung insoweit unbegründet, da die Ausgangsbehörde mit dem Bescheid vom 27. August 2015 hierüber nicht entschied. Die Widerspruchsstelle war bereits funktional und sachlich nicht zuständig, an deren Stelle über das erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemachte Recht zu befinden (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R -, juris, Rz. 14). Damit liegen die Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht vor. Der Kläger ist, bezogen auf die gegen eine solche Verwaltungsentscheidung gerichtete Anfechtungsklage, nicht klagebefugt im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Es reicht zwar aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und Rechtsschutzsuchende die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstreben, von der sie behaupten, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 9/9a SB 2/06 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An der Klagebefugnis fehlt es demgegenüber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 19/01 R -, BSGE 90, 127 (130)), weil hinsichtlich des Klagebegehrens keine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung vorliegt (BSG, Urteil vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R -, juris, Rz. 12). Solange die zuständige Verwaltungsträgerin nicht über einen Anspruch auf eine konkrete Leistung, etwa eine Verletztenrente, entschieden hat, können Betroffene, außer bei rechtswidriger Untätigkeit der Behörde (§ 88 SGG), welche vorliegend mangels eines entsprechenden Begehrens im Ausgangsverwaltungsverfahren nicht ersichtlich ist, kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung haben. Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage zieht diejenige der mit ihr kombinierten Leistungsklage nach sich.
Die Klage, mit welcher der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des streitgegenständlichen Ereignisses als Arbeitsunfall verfolgt, ist demgegenüber zulässig, insbesondere statthaft. Die Versicherten haben in Bezug auf die Anerkennung eines Versicherungsfalls (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII) ein Wahlrecht zwischen der Feststellungs- und der vom Kläger erhobenen Verpflichtungsklage (vgl. BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 8/11 R -, BSGE 111, 37 (38 f.) m. w. N.; Urteil des Senats vom 9. März 2017 - L 6 U 2131/16 -, juris, Rz. 36).
Die Klage ist indes nicht begründet und die Berufung damit insgesamt unbegründet, da der Kläger gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf behördliche Feststellung des Ereignisses vom 27. März 2015 als Arbeitsunfall hat. Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Versicherte können von der zuständigen Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 102 SGB VII die Feststellung eines Versicherungsfalls, hier eines Arbeitsunfalls, beanspruchen, wenn ein solcher eingetreten ist (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R -, SozR 4-2700 § 11 Nr. 1, Rz. 15 f.).
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Betroffenen durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben und deshalb "Versicherte" sind. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 5/15 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 35, Rz. 13 m. w. N.). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R -, BSGE 103, 45 (47) und vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 43, Rz. 17).
Die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung haben Schutz gegen Gefahren zu gewähren, die sich durch die ihre Verbandszuständigkeit, den Versicherungsschutz und das Versichertsein der Verletzten begründenden Verrichtungen von im jeweiligen Versicherungstatbestand konkret umschriebenen Tätigkeiten realisieren können. Ihre Einstandspflicht besteht nur dann, wenn sich durch eine Handlung der Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung allgemein, sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Die Zurechnung des Schadens von Versicherten zu den Versicherungsträgerinnen erfordert daher zweistufig die Erfüllung erstens tatsächlicher und zweitens darauf aufbauender rechtlicher Voraussetzungen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder - vorliegend nicht von Bedeutung - den Tod sowohl objektiv als auch rechtlich wesentlich verursacht haben.
Auf der ersten Stufe setzt die Zurechnung voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit)verursacht wurde. Für Einbußen der Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolgs gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele ("conditio-sine-qua-non"). In der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne dieser "Conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolgs war, darüber hinaus zunächst in einer besonderen tatsächlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolgs gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012 - B 2 U 19/11 R -, BSGE 112, 177 (183 f.)). Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und dadurch für den Gesundheitserstschaden – oder den Tod – war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (BSGE 177 (184)). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der (Wirk-)Ursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die Wirkung, also vorliegend die Einwirkung, rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der Wesentlichkeit der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Eine Rechtsvermutung dafür, dass die versicherte Verrichtung wegen ihrer objektiven Mitverursachung der Einwirkung auch rechtlich wesentlich war, besteht nicht. Die Wesentlichkeit der (Wirk-)Ursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzweckes der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (BSG, a. a. O.).
Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geht es nicht um die Zurechnung eines Erfolgs zu einer verursachenden Person, sondern um die Begründung einer versicherungsrechtlichen Einstandspflicht einer Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung für einen tatbestandlichen Schaden, den ein anderes Rechtssubjekt, die oder der Verletzte, unter eigener Mitwirkung erlitten hat. Diese Einstandspflicht setzt voraus, dass die Rechtsgutsverletzung in persönlicher und sachlicher Hinsicht in den jeweiligen Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Der persönliche Schutzbereich ist eröffnet, wenn, solange und soweit die Verletzten vor dem Unfall durch eine eigene Verrichtung den Tatbestand einer aufgrund der § 2, § 3, § 6 oder auch § 8 Abs. 2 SGB VII versicherten Tätigkeit erfüllt und dadurch den Versicherungsschutz bei der für diesen Tatbestand zuständigen Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung begründet haben im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. In § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII kennzeichnet die Formulierung "des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges" den sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlich versicherten Tätigkeit. Dieser besteht, wenn der Weg wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung im typischen Fall die eigene Unterkunft zu erreichen. Maßgebend für die Beurteilung, ob eine konkrete Verrichtung der grundsätzlich versicherten Fortbewegung dient, ist die Handlungstendenz der Versicherten. Das Handeln muss subjektiv zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen Tätigkeit ausgerichtet sein. Darüber hinaus muss sich die subjektive Handlungstendenz als von den Instanzgerichten festzustellende Tatsache im äußeren Verhalten der Handelnden, ihrer Verrichtung, so wie es objektiv beobachtbar ist, widerspiegeln (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 16/15 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 60, Rz. 15 m. w. N.). Der sachliche Schutzbereich greift ein, wenn sich mit dem durch die versicherte Verrichtung mitverursachten tatbestandlichen Schaden eine Gefahr verwirklicht hat, gegen die der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Für Schäden, die außerhalb des Schutzzweckes der Norm liegen, muss die jeweils zuständige Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einstehen. In der Sache läuft diese Voraussetzung der Einstandspflicht darauf hinaus, dass entschieden werden muss, ob der begründete Versicherungsschutz den Sinn und Zweck hat, gegen Schäden der konkret eingetretenen Art zu schützen. Deshalb wirkt der Schutzzweck der Norm in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht haftungslimitierend, sondern pflichtbegründend (BSGE 177 (185)). Der Schutzzweck der jeweils begründeten Versicherung ist nach den anerkannten juristischen Methoden unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber festgelegten Sinnes und Zweckes des Gesetzes zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 -, BVerfGE 128, 193 (206, 210 f.) m. w. N.). Dabei kann der historischen Auslegung besonderes Gewicht zukommen. Im Wege der Subsumtion eines konkreten Lebenssachverhaltes unter den durch Auslegung nach den juristisch anerkannten Methoden bestimmten Schutzbereich der jeweils begründeten Versicherung ist daher festzustellen, ob die versicherte Verrichtung ein Risiko verwirklicht hat, das unter diesen Schutzbereich fällt (vgl. BSGE 177 (185 f.)).
Die Einstandspflicht einer Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung wird nur begründet, wenn der durch die versicherte Verrichtung objektiv mitverursachte Unfall, vorliegend die Einwirkung auf den Kläger, eine Gefahr mitverwirklicht hat, gegen welche die begründete Versicherung schützen soll. Diese Voraussetzung wird zumeist erfüllt sein, bedarf aber stets der Entscheidung. Denn nur wenn der Schutzzweck der Norm den durch die versicherte Handlung mitbewirkten Schaden überhaupt umgreift, kommt es rechtlich darauf an, ob neben der versicherten (Wirk-)Ursache auch andere unversicherte Mitursachen bestehen. Diese können die Einstandspflicht nie begründen, aber gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten (Wirk-)Ursachen das Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass sie die versicherte (Wirk-)Ursache verdrängen, so dass der Schaden im Wesentlichen rechtlich nicht mehr dem Schutzbereich des jeweiligen Versicherungstatbestandes unterfällt (vgl. BSGE 177 (186)). Bei dieser Subsumtion sind die versicherten und die auf der ersten Zurechnungsstufe festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen und ihre Mitwirkungsanteile in einer rechtlichen Gesamtbeurteilung anhand des zuvor festgestellten Schutzzweckes des Versicherungstatbestandes zu bewerten. Unter Berücksichtigung der Auffassung des praktischen Lebens ist abzuwägen, ob der Schaden den versicherten oder den unversicherten (Wirk-)Ursachen zuzurechnen ist (vgl. BSG, a. a. O., m. w. N.).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Kläger erlitt zwar bei dem Aufprall auf den Pkw eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf seinen Körper und damit einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Dieser führte zu einem seine körperliche Unversehrtheit verletzenden Gesundheitserstschaden in Form eines Polytraumas mit unter anderem Kleinhirninfarkten, einem rechtsseitigen Ponsinfarkt, bithalamischen und bilateralen Posteriorinfarkten sowie einer linksbetonten Hirnstammschädigung. Der Kläger war zudem als Beschäftigter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Seine Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses stand jedoch nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit dem allein als versicherte Tätigkeit in Betracht kommenden Zurücklegen des unmittelbaren Weges von seiner Wohnung im S ... in M. zu seiner Arbeitsstätte in L ...
Der Kläger bewegte sich nach dem Verlassen seiner sich in seinem Elternhaus befindenden Wohnung mit der Handlungstendenz fort, seine Arbeitsstätte zu erreichen und dort seine Beschäftigung aufzunehmen. Hiervon geht der Senat aufgrund der Einlassung seiner Lebensgefährtin in der nichtöffentlichen Sitzung beim SG im Juni 2016 aus, welche sich aus dem im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Protokoll ergibt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO). Der Kläger meldete sich am Unfalltag gegen 11:30 Uhr von seinem Mobiltelefon aus bei ihr, um ihr mitzuteilen, mit der Arbeitsschicht bereits um 13:30 Uhr statt um 14 Uhr beginnen zu wollen, um einen privaten Termin am Abend gemeinsam mit ihr wahrnehmen zu können. Diese Angaben machte sie bereits gegenüber der Beklagten im Mai 2015. Dem Vermerk der Beklagten über die Unterredung eines ihrer Mitarbeiter mit ihr im Universitätsklinikum F. einen Monat zuvor misst der Senat demgegenüber keine weitere Bedeutung bei. Danach wurde sie mit der bloßen Vermutung, der Kläger habe früher zur Spätschicht fahren wollen, ersichtlich unzutreffend wiedergegeben. Hinzu kommt, dass er wie auch sonst üblich eine Pausenmahlzeit mit sich führte, die sich in seinem von ihm zum Unfallzeitpunkt mitgeführten Rucksack befand, wie seine Lebensgefährtin später gegenüber dem Polizeihauptmeister H. angab und in einer der Schwester des Klägers ausgehändigten Bescheinigung über den Empfang von am Unfallort aufgefundenen Gegenständen, die er bei sich geführt hatte, aufgenommen wurde. Er übernachtete vom 26. auf den 27. März 2015 in seiner eigenen Wohnung und nicht bei seiner Lebensgefährtin, was der Senat daraus schließt, dass sie ihn am Morgen nicht sah. Ihre Kenntnis über seine Kleidung am Unfalltag stammte ersichtlich von ihrem Kontakt mit ihm in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums F., wohin er mit dem Rettungshubschrauber gebracht wurde. Die Handlungstendenz des Klägers, seine Arbeitsstätte zu erreichen und dort seine Beschäftigung aufzunehmen, was zeitlich möglich gewesen wäre, änderte sich nicht und bestand auch unmittelbar vor dem Unfall fort.
Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt des Unfallereignisses indes auf einem unversicherten so genannten "Abweg", da er den direkten Weg zur Arbeitsstätte verlassen hatte. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII legt als End- oder Ausgangspunkt des Weges den Ort der versicherten Tätigkeit fest. Der Ort, von dem aus ein versicherter Weg zur Arbeitsstätte angetreten wird, kann auch ein anderer Ort als die Wohnung, ein so genannter "dritter Ort", sein, wenn sich Versicherte dort mindestens zwei Stunden aufgehalten haben (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 16/14 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 58, Rz. 23 ff. m. w. N.). Wie sich aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII und dem dort verwendeten Begriff "unmittelbar" ergibt, steht grundsätzlich nur das Zurücklegen des direkten Weges nach und von der versicherten Tätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Allerdings berühren geringfügige Unterbrechungen, die auf einer Verrichtung beruhen, welche bei natürlicher Betrachtung zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen ist, und gleichsam "im Vorbeigehen" oder "ganz nebenher" erledigt werden kann, den Versicherungsschutz nicht (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 19 m. w. N.). Bewegen sich Versicherte dagegen nicht auf direktem Weg in Richtung ihrer Arbeitsstätte oder Wohnung, sondern in entgegengesetzter Richtung von diesem Ziel fort, befinden sie sich auf einem Abweg. Wird ein solcher bei einer mehr als geringfügigen Unterbrechung des direkten Weges zurückgelegt, besteht, sobald der direkte Weg verlassen und der Abweg begonnen wird, kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Erst wenn sich die Versicherten wieder auf dem direkten Weg befinden und der Abweg beendet ist, besteht erneut Versicherungsschutz (vgl. BSG, a. a. O.).
Als der Kläger die W.-Straße in M. befuhr und dabei war, die B 3 zu überqueren, befand er sich nicht in nördlicher Richtung auf dem von seiner Wohnung im Elternhaus aus üblichen Weg zur Arbeitsstätte nach L., sondern in der entgegengesetzten und hatte die südliche Stadtgrenze seines Wohnortes bereits passiert. Damit war eine mehr als geringfügige Unterbrechung eingetreten. Der Ort des Unfallereignisses war zudem kein dritter Ort, von dem aus an Stelle der Wohnung der Weg zur Arbeitsstätte angetreten worden war. Denn die Unterbrechung dauerte nicht mindestens zwei Stunden. Der Kläger hatte mit seiner Lebensgefährtin gegen 11:30 Uhr telefoniert, um ihr mitzuteilen, zu versuchen, eher mit der Arbeitsschicht zu beginnen. Diese vermutete ihn zu Hause, jedenfalls war er noch nicht losgefahren. Der Unfall ereignete sich nicht nach 12:43 Uhr, als bereits das Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums O. hierüber verständigt wurde. Der Kläger befand sich somit nicht an einem dritten Ort, sondern auf einem Abweg, der zum Zeitpunkt des Unfalls noch nicht beendet war. Seine üblicherweise genutzte direkte Wegstrecke zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte hatte er noch nicht wieder erreicht.
Umstände, die ausnahmsweise den Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung auch auf einem solchen Abweg begründen können, sind nicht feststellbar. Nicht jedes Abweichen vom direkten Weg führt zu einer Lösung des inneren Zusammenhanges mit der versicherten Tätigkeit und damit zum Verlust des Versicherungsschutzes. Dieser kann ausnahmsweise auch auf einem Abweg bestehen, wenn dieser im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 1998 - B 2 U 4/97 R -, SozR 3-2200 § 550 Nr. 17, S. 68 f.). In Betracht kommt, dass sich Versicherte aus betriebsbedingten Gründen fortbewegen, etwa um einen Gegenstand zu holen, den sie für die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit benötigen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 1982 - 2 RU 52/81 -, juris, Rz. 17 f.). Dies steht indes nicht fest. Der Kläger selbst hat wegen der unfallbedingten Hirnverletzungen keine Erinnerung mehr an seinen Beweggrund für die Fahrt auf der W.-Straße und das beabsichtigte Überqueren der B 3. Seine Lebensgefährtin vermutete lediglich, dass er aus ihrer Wohnung in E., wohin er möglicherweise gelangen wollte, seinen Laptop holen wollte. Hierauf sollen Daten gespeichert gewesen sein, welche er für die Erledigung eines zwei Tage zuvor erhaltenen Reparaturauftrages für eine defekte Spindel benötigt habe. Dem steht bereits entgegen, dass die Arbeit ohne Rückgriff auf diese konkreten Informationen durch einen Arbeitskollegen zu Ende geführt worden war. Gegenteiliges wurde nicht vorgetragen. Hierauf ging der Kläger auch nicht bei dem Telefonat mit seiner Lebensgefährtin am Unfalltag kurz vor Mittag ein, was nicht zuletzt deshalb zu erwarten gewesen wäre, da es bei dem Gespräch darum ging, mittels eines früheren Schichtbeginns den privaten Termin am Abend gemeinsam wahrnehmen zu können. Der Abweg nach E. hätte indes die Hinfahrt, wenn auch nur um zehn Minuten, wie die Lebensgefährtin des Klägers schätzte, verlängert, weshalb er sicher thematisiert worden wäre. Ferner liegt es nahe, dass der Kläger, den seine Lebensgefährtin in der nichtöffentlichen Sitzung beim SG als sportlichen Radfahrer beschrieb, welcher ausgedehnte Fahrradtouren unternahm, etwa über die Alpen und in die italienische Schweiz, und öfters zu Trainingszwecken einfach so herumfuhr, den Weg über die W.-Straße zur B 3 zur körperlichen Ertüchtigung und damit aus einem eigenwirtschaftlichen Zweck zurücklegte. Hierauf deutet hin, dass er am Unfalltag Ende März 2015 statt sein Mountainbike zu benutzen auf sein Rennrad zurückgriff und er nicht mit einer den Witterungsverhältnissen entsprechenden Kleidung, sondern mit einer kurzen Fahrradhose, einem T-Shirt und einer Windjacke bekleidet war, wie seine Lebensgefährtin in der nichtöffentlichen Sitzung beim SG bekundete. Sie führte weiter aus, dass er normalerweise um diese Jahreszeit mit dem Auto zur Spätschicht fuhr, welches er jedoch ein paar Tage zuvor veräußert hatte. Fahrradfahren als Hobby des Klägers wurde fremdanamnestisch auch gegenüber Prof. Dr. W. angegeben. Letztendlich stehen die maßgebenden Umstände für das Einschlagen der entgegengesetzten Fahrtrichtung jedoch nicht fest.
Diese Nichterweislichkeit geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislastverteilung zu Lasten des Klägers. Den Nachteil aus der tatsächlichen Unaufklärbarkeit anspruchsbegründender Tatsachen wie Umstände, die ausnahmsweise den Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung auf einem Abweg erhalten, also eine versicherte Verrichtung im Zeitpunkt des Unfallereignisses, haben nach den Regeln der objektiven Beweislast die sich auf deren Vorliegen berufenden Versicherten zu tragen, was er verkennt. Dies gilt auch, wenn nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten die Nichterweislichkeit, wie vorliegend, darauf beruht, dass Versicherte keine Erinnerung an das zum Unfall führende Geschehen haben (vgl. BSG, Urteile vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 8/14 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 55, Rz. 24 f. m. w. N. und 20. Dezember 2016 - B 2 U 16/15 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 60, Rz. 23). Mit der jüngeren Entscheidung hat das BSG das Urteil des Hessischen LSG, welches der Kläger zur Untermauerung seines Vortrages anführte, in beweisrechtlicher Hinsicht seien geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu stellen, da wegen des unfallbedingten Erinnerungsverlustes ein Beweisnotstand eingetreten sei (L 3 U 118/13 -, juris, Rz. 21), aufgehoben und die Klage des dortigen Versicherten abgewiesen.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob das Ereignis vom 27. März 2015 als Arbeitsunfall festzustellen ist.
Der 1969 geborene Kläger wohnt in einem abgetrennten Wohnbereich im Elternhaus im S. 1. in M. im O.-Kreis. Er arbeitete seit August 1986 als Industriemechaniker in der Instandhaltung und Mechanik bei der S. Technologies AG & Co KG in L. (im Folgenden: Arbeitgeberin). Seine langjährige Lebensgefährtin M. J. G., welche mittlerweile seine Betreuerin ist, wohnt in den R ... in E. und war als Sachbearbeiterin im Büro derselben Abteilung wie der Kläger tätig.
Am 27. März 2015 fuhr dieser gegen 12:40 Uhr mit seinem Rennrad der Marke Scott Roadster S1 und ohne Helm aus Richtung M. kommend auf der W.-Straße. Beim Überqueren der Bundesstraße (B) 3, welche in Nord-Süd-Richtung von L. nach E. verläuft, kollidierte er mit M. H., einem damaligen Polizeibeamten in Ausbildung, welcher einen Ford Ka lenkte und trotz Vollbremsung einen Aufprall nicht verhindern konnte. Die Spuren und Beschädigungen an den Fahrzeugen deuteten nach dem polizeilichen Abschlussbericht von Polizeihauptmeister H. auf eine Kollision mittig vor dem Personenkraftwagen (Pkw) hin. Die Endlage des Klägers auf dem linken Fahrstreifen wies auf eine nicht geringe Eigengeschwindigkeit hin. Die Rückrechnung der Ausgangsgeschwindigkeit des Pkw ergab 73 km/h, bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Nach den Vernehmungen der Zeugen F. und M., welche zum Zeitpunkt des Unfallereignisses im Bereich der Einmündung der W.-Straße zur B 3 standen, sowie S. und K., welche zu dieser Zeit gemeinsam mit einem Kraftfahrzeug in Richtung L. unterwegs waren, ergab sich, dass der Kläger an der B 3 nicht anhielt sowie sich nach dem Unfall Ohrhörer und eine Sonnenbrille auf dem Boden befanden.
Der Verkehrsunfall wurde um 12:43 Uhr fernmündlich dem Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums O. gemeldet. Der Kläger wurde mit dem Rettungshubschrauber in die Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums F. verbracht, wo in einem Schockraum zunächst eine Rippenserienfraktur links und ein Hämatopneumothorax links mittels Thoraxdrainage versorgt wurden. Nachdem die Analgosedierung abgesetzt wurde, erwachte er nur verzögert. In der erneuten Bildgebung zeigten sich ausgedehnte Ischämien im Bereich des Kleinhirns beidseits und okzipital links. Am 30. März 2015 war bei fehlenden Schutzreflexen eine erneute Intubation nötig. Die daraufhin durchgeführte kraniale Computertomographie zeigte neben den Kleinhirninfarkten zusätzlich einen rechtsseitigen Ponsinfarkt sowie bithalamische und bilaterale Posteriorinfarkte. In der Zusammenschau mit der computertomographischen Angiographie wurde am ehesten eine transiente Basilaristhrombose in Folge einer rechtsseitigen Vertebralisdissektion gesehen. Elektrophysiologisch wurde zusätzlich der Hinweis auf eine linksbetonte Hirnstammschädigung erkannt, während bildmorphologisch der Ponsinfarkt eher rechts zur Darstellung kam. Die kraniale Computertomographie wies zunehmend eine beginnende untere Einklemmung durch die raumfordernden Kleinhirninfarkte aus, sodass die Indikation zur Anlage einer externen Ventrikeldrainage und zur anschließenden operativen okzipitalen Dekompression gesehen wurde. Nach dem Eingriff war der Kläger weiterhin inadäquat, nicht kontaktierbar und ohne Aufforderungsmotorik. Als Komplikation kam es im Bereich der Resektionshöhle zu einer Infektion. Im Liquor wurde am 6. April 2015 ein Kolibakterium nachgewiesen, welches antibiotisch versorgt wurde. Erstmalig wurde der Kläger am 30. April 2015 in der Klinik für Neurologische Rehabilitation der B.-Klinik E. zur Frührehabilitation aufgenommen. Klinisch zeigte er sich wach und kontaktierbar. Am Abend stieg die Körpertemperatur auf 39° Celsius. Eine deutliche Nackensteifigkeit trat auf, sodass der Verdacht auf eine Meningitis geäußert wurde. Nachdem er in die Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums F. verbracht worden war, wurde er am 4. Mai 2015 erneut zur neurologischen Frührehabilitation aufgenommen. Bis Mitte Juni 2015 konnten hingegen die Maßnahmen aufgrund mehrerer Infekte des Hirnwassers und der Lunge mit jeweils erforderlicher antibiotischer Behandlung nur sehr eingeschränkt durchgeführt werden. Die Beantwortung von Fragen mit Ja und Nein war nur teilweise möglich.
Die Arbeitgeberin zeigte der Beklagten den Unfall im April 2015 an. Der Kläger sei mit seinem Fahrrad auf einem Radweg neben der B 3 zur Arbeit unterwegs gewesen. Die Arbeitsschicht habe um 14 Uhr begonnen und um 22 Uhr geendet. Kurz vor M. habe er die B 3 überqueren wollen. Er sei unter der Adresse seiner Eltern gemeldet gewesen, habe aber bei seiner Lebensgefährtin in E. gewohnt.
Ein Mitarbeiter der Beklagten nahm Mitte April 2015 im Universitätsklinikum F. Kontakt zu ihr auf. Er reagiere auf Ansprache und bewege die Gliedmaßen. Abwechselnd hielten sie sich bei ihm in seinem Elternhaus und bei ihr auf. Sie vermute, er habe früher zur Spätschicht fahren wollen. Die weitere Post könne an seine Adresse gerichtet werden.
Die Lebensgefährtin des Klägers teilte der Beklagten Anfang Mai 2015 mit, der Unfall habe sich gegen 12:45 Uhr ereignet. Er habe Spätschicht gehabt, jedoch aufgrund eines privaten Abendtermins eher beginnen wollen, um etwas früher Feierabend machen zu können. Aufgrund des Zeitpunkts des Unfalls und der Tatsache, dass sich im Rucksack sein Schlüssel für den Kleiderspind an der Arbeitsstätte befunden habe, gehe sie davon aus, dass er auf direktem Weg von ihrer Wohnung in E. nach L. zur Arbeit gewesen sei. Genauere Angaben könne nur der Kläger machen, sobald er gesundheitlich hierzu in der Lage sei.
Im Zwischenbericht vom 4. August 2015 berichtete Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der B.-Klinik E., Klinik für Neurologische Rehabilitation, über den stationären Aufenthalt am 30. April 2015 und ab 4. Mai 2015, als Freizeitbeschäftigung seien die Mitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr sowie Fahrradfahren und Gartenarbeit angegeben worden.
Mit Bescheid vom 27. August 2015 lehnte es die Beklagte ab, das Ereignis vom 27. März 2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Ein Anspruch auf Leistungen bestehe nicht. Grundsätzlich sei zwar auch der Weg von der Wohnung der Lebensgefährtin aus zur Arbeitsstätte ein versicherter Weg. Es sei jedoch unklar, warum er sich in entgegengesetzter Richtung befunden habe. Ungewiss sei zudem, ob er privat unterwegs gewesen sei oder den Weg zum Ort der Tätigkeit bereits aufgenommen habe und wegen eines vergessenen Gegenstandes umgekehrt sei. Die finale Handlungstendenz zum Unfallzeitpunkt sei somit nicht auf die Aufnahme der beruflichen Tätigkeit gerichtet gewesen.
Im Widerspruchsverfahren begehrte der Kläger neben der Feststellung des Ereignisses vom 27. März 2015 als Arbeitsunfall die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere eine Verletztenrente. Er trug, vertreten durch den Rentenberater F., vor, er sei mit seinem Fahrrad von seiner "Eigentumswohnung" aus losgefahren. Zunächst habe er noch Unterlagen, welche er für die Berufsausübung benötigt habe, von der Wohnung seiner Lebensgefährtin holen wollen. Von dort aus habe er beabsichtigt, zur Arbeitsstätte nach L. zu fahren. In seinem mitgeführten Rucksack habe sich unter anderem ein Vesper befunden, welches er generell zur Arbeitsstätte mitnehme. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2015 zurückgewiesen. Es stehe weiter nicht fest, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls auf einem versicherten Weg befunden habe. Unterstellt, eine betriebliche Handlungstendenz beim Befahren der W.-Straße in Richtung E. habe vorgelegen, müsse beim Überqueren der B 3 in östlicher Richtung eine entscheidungserhebliche und objektivierbare Änderung dieser Tendenz angenommen werden. Der Ablauf des Geschehens belege zweifelsohne, dass er nicht den naheliegenden Weg nach E. entlang der B 3 habe fortsetzen wollen.
Hiergegen hat der Kläger, vertreten durch den Rentenberater F., am 23. Dezember 2015 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und ergänzend vorgetragen, die Tatsache, dass er an der B 3 nicht direkt nach rechts auf den Fahrradweg Richtung E. abgebogen sei, lasse sich mit den örtlichen Gegebenheiten erklären. Auf beiden Seiten befinde sich ein Radweg. Die geplante Wegführung habe den Vorteil, dass die Verkehrsbelastung günstiger sei. Eine bessere Absicherung sei gewährleistet. Er habe am 25. März 2015 einen Auftrag zur Reparatur einer defekten Schleifspindel erhalten, was sich aus dem Schichtbuch ergebe. Die hierfür benötigten Daten hätten sich offensichtlich auf einem Speichermedium befunden, welches in der Wohnung seiner Lebensgefährtin hinterlegt gewesen sei. Der Auftrag sei schließlich wegen des Unfalls durch einen Arbeitskollegen zu Ende geführt worden.
In der nichtöffentlichen Sitzung beim SG am 8. Juni 2016 ist die Lebensgefährtin des Klägers gehört worden. Er habe sie am Unfalltag um die Mittagszeit, etwa gegen 11:30 Uhr, von seinem Handy aus im Betrieb angerufen. Er habe geäußert, zu versuchen, eher mit der Schicht zu beginnen, damit er auch früher wieder zu Hause sei und mit ihr gemeinsam zu der Verabredung am Abend gehen könne. Sie gehe davon aus, dass er sie von seiner Wohnung aus angerufen habe. Am Unfalltag habe sie ihn morgens nicht gesehen. Er sei mit einer Fahrradkleidung, also einer kurzen Fahrradhose, einem T-Shirt und einer Windjacke, bekleidet gewesen. Er habe auch einen Rucksack mit sich geführt, in welchem sich verschiedene Gegenstände befunden hätten. Nach der von ihr im Termin vorgelegten und von D. F., der Schwester des Klägers, unterschriebenen Empfangsbescheinigung vom 30. März 2015 sind dieser auf dem Polizeipräsidium O. eine Brille, ein Handy der Marke Samsung, ein Geschwindigkeitsmesser der Marke VDO, eine Stirnlampe, ein Schlüsselbund mit sieben Schlüsseln, ein schwarzer Geldbeutel, ein Führerschein, eine Bankkarte, eine Kreditkarte, ein Bundespersonalausweis und ein paar Handschuhe ausgehändigt worden. Handschriftlich sind das Wort "MP3-Player" durch "Headset" ersetzt und zwei Tüten Vesper ergänzt worden. Die Lebensgefährtin des Klägers hat im Termin ergänzend vorgetragen, Letztere habe sie nachtragen lassen, wobei sie jetzt nicht mehr wisse, ob sie der Polizist oder Frau F. notiert hätten. Bei dem Kläger handele es sich um einen sportlichen Freizeitradfahrer, welcher ein Rennrad und ein Mountainbike besitze. Er und sein Freundeskreis hätten schon oft größere Fahrradtouren unternommen, auch über die Alpen und in die italienische Schweiz. Bei dem Fahrrad, mit dem er verunglückt sei, habe es sich um ein hochwertiges Rennrad gehandelt. Normalerweise wäre er mit hoher Wahrscheinlichkeit um diese Jahreszeit mit dem Auto zur Spätschicht gefahren. Dies sei aber deshalb nicht gegangen, weil er es am Montag zuvor verkauft und noch kein neues gehabt habe. Insgesamt sei er ein sportlicher Radfahrer gewesen, der öfters auch zu Trainingszwecken einfach so herumgefahren sei. Sie habe bereits früher die Vermutung geäußert, dass er vor Schichtbeginn zunächst noch bei ihr habe vorbeifahren wollen. Ihre beiden Wohnungen benützten sie gemeinsam, beispielsweise sei sein Laptop bei ihr. Sie nehme daher an, dass er zunächst zu ihrer Wohnung habe fahren wollen, um dort noch etwas zu holen, was er benötigt habe. Er habe einen Schlüssel zu ihrer Wohnung gehabt. Der Weg dorthin sei für ihn letztlich ein Umweg von etwa zehn Minuten gewesen. Sie habe oft darüber nachgedacht, weshalb er wohl Richtung E. unterwegs gewesen sei. Als eine Möglichkeit sei ihr noch eingefallen, dass er Reparaturunterlagen für eine von ihm betreute Maschine, welche in den Tagen zuvor defekt gewesen sei, auf seinem Laptop gespeichert habe. Sie könne sich gut vorstellen, dass er diese Unterlagen zur Spätschicht habe mitnehmen wollen. In E. wohne zwar noch ein Fahrradfreund, der jedoch am Unfalltag gearbeitet habe.
Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. Januar 2018 abgewiesen. Die Klage sei in Bezug auf die verfolgten Leistungen, insbesondere eine Rente, unzulässig, weil hierüber keine Verwaltungsentscheidung getroffen worden sei. Im Übrigen sei sie zwar zulässig, aber nicht begründet. Das Zurücklegen des Weges zum Ort der versicherten Tätigkeit setze eine auf das Erreichen des Zieles gerichtete Handlungstendenz voraus. Ein unversicherter Abweg beginne, wenn eine nicht versicherte Zielrichtung eingeschlagen werde. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf einem solchen Abweg befunden. Beim Überqueren der B 3 am Unfallort habe er sich in einer dem Arbeitsort in L. entgegengesetzten Fahrtrichtung befunden. Dass er für die Arbeit benötigte Unterlagen in der Wohnung seiner Lebensgefährtin in E. habe holen wollen, stelle sich durchaus als möglich dar. Diese Möglichkeit sei aber nur theoretisch. Es gebe keine tatsächlichen Anhaltspunkte, welche dies als überwiegend wahrscheinlich erscheinen ließen. Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung seien dem Kläger daher nicht zu erbringen.
Hiergegen hat der Kläger, vertreten durch Rentenberater F., der nunmehr als Rechtsbeistand für Sozial- und Rentenrecht aufgetreten ist, am 31. Januar 2018 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Mit Beschluss des Senats vom 6. April 2018 ist dieser als Bevollmächtigter zurückgewiesen worden. Seine Beschwerde und Anhörungsrüge sind im Verfahren L 6 U 1510/18 RG mit Beschluss des Senats vom 3. Mai 2018 als unzulässig verworfen worden. Hiergegen hat er Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingelegt (Az. 1 BvR 1054/18). Das Befangenheitsgesuch des Klägers gegen den Berichterstatter ist im Verfahren L 6 SF 2074/18 AB mit Beschluss des Senats vom 27. Juni 2018 als unbegründet zurückgewiesen worden.
Der Kläger trägt, nunmehr vertreten durch eine Rechtsanwältin, im Wesentlichen vor, eine Änderung der Handlungstendenz in Richtung auf eine unversicherte private Tätigkeit liege nur vor, wenn diese einen klaren und damit objektivierbaren Ausdruck gefunden habe. Hierfür trage die Beklagte die objektive Beweislast. Sei eine versicherte Tätigkeit als anspruchsbegründende Voraussetzung für einen Arbeitsunfall nachgewiesen, handele sich bei einer Unterbrechung um eine anspruchshindernde Tatsache, deren Nichterweislichkeit in Abweichung von der üblichen Beweislastverteilung zu Lasten der Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung gehe. Seine Handlungstendenz sei eindeutig gewesen, seine Arbeitstätigkeit zu dem von der Arbeitgeberin angeordneten Zeitpunkt aufzunehmen. Sein Fahrweg am Unfalltag passe genau in den zeitlichen Rahmen, um von seiner Wohnung über diejenige seiner Lebensgefährtin zur Arbeitsstätte zu kommen. Ein privater Besuch bei ihr könne ausgeschlossen werden. Der Grund der Abweichung müsse daher dienstlicher Natur gewesen sein. Hierzu passe die Angabe seiner Lebensgefährtin, dass sich sein Laptop in ihrer Wohnung befunden habe. Hierauf seien Daten und Programme gespeichert gewesen, welche er für die Spätschicht benötigt habe, um eine Reparatur ausführen zu können. Es handele sich nicht nur um eine vage, theoretische Möglichkeit, sondern unter Berücksichtigung aller Umstände um eine überwiegend als wahrscheinlich anzunehmende Rekonstruktion seiner Beweggründe, den Umweg in Kauf zu nehmen. Ohnehin seien in beweisrechtlicher Hinsicht geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu stellen, insbesondere sei wegen des unfallbedingten Erinnerungsverlustes ein Beweisnotstand eingetreten. Entsprechend habe das Hessische LSG am 14. Juli 2015 im Verfahren L 3 U 118/13 geurteilt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Januar 2018 und den Bescheid vom 27. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2015 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, das Ereignis vom 27. März 2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen sowie ihm deswegen Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere eine Verletztenrente, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, seine Begehren führten nicht zum Erfolg.
Der Kläger hat sein Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung am 21. September 2018 erteilt, die Beklagte vier Tage später.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, einschließlich der Akten L 6 U 1510/18 RG und L 6 SF 2074/18 AB, sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 i. V. m. § 105 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Halbsatz 1 SGG) sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet.
Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 19. Januar 2018, mit dem die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) sowie kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) erhobene Klage, mit welcher der Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 27. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2015 (§ 95 SGG) die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Ereignisses vom 27. März 2015 als Arbeitsunfall sowie deren Verurteilung zur Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere einer Verletztenrente, begehrte, abgewiesen wurde. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34), welche beim LSG Baden-Württemberg am 27. September 2018 stattfand.
Das Verfahren war im Hinblick auf die von Rentenberater F. gegen den ihn als Bevollmächtigten zurückweisenden Beschluss des Senats vom 6. April 2018 beim BVerfG erhobene Verfassungsbeschwerde mangels Rechtsverhältnis, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist (§ 114 Abs. 2 Satz 1 SGG), nicht auszusetzen (vgl. Keller, a. a. O., § 114 Rz. 5c). Nach sachgerechter Ermessensausübung, insbesondere vor dem Hintergrund der nunmehrigen Prozessvertretung durch eine Rechtsanwältin, sprachen überdies keine ganz überwiegenden Gründe für eine entsprechende Anwendung der Norm.
Die auf die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere einer Verletztenrente, gerichtete Klage ist, wovon das SG zutreffend ausging, unzulässig und die Berufung insoweit unbegründet, da die Ausgangsbehörde mit dem Bescheid vom 27. August 2015 hierüber nicht entschied. Die Widerspruchsstelle war bereits funktional und sachlich nicht zuständig, an deren Stelle über das erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemachte Recht zu befinden (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R -, juris, Rz. 14). Damit liegen die Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht vor. Der Kläger ist, bezogen auf die gegen eine solche Verwaltungsentscheidung gerichtete Anfechtungsklage, nicht klagebefugt im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Es reicht zwar aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und Rechtsschutzsuchende die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstreben, von der sie behaupten, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 9/9a SB 2/06 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An der Klagebefugnis fehlt es demgegenüber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 19/01 R -, BSGE 90, 127 (130)), weil hinsichtlich des Klagebegehrens keine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung vorliegt (BSG, Urteil vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R -, juris, Rz. 12). Solange die zuständige Verwaltungsträgerin nicht über einen Anspruch auf eine konkrete Leistung, etwa eine Verletztenrente, entschieden hat, können Betroffene, außer bei rechtswidriger Untätigkeit der Behörde (§ 88 SGG), welche vorliegend mangels eines entsprechenden Begehrens im Ausgangsverwaltungsverfahren nicht ersichtlich ist, kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung haben. Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage zieht diejenige der mit ihr kombinierten Leistungsklage nach sich.
Die Klage, mit welcher der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des streitgegenständlichen Ereignisses als Arbeitsunfall verfolgt, ist demgegenüber zulässig, insbesondere statthaft. Die Versicherten haben in Bezug auf die Anerkennung eines Versicherungsfalls (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII) ein Wahlrecht zwischen der Feststellungs- und der vom Kläger erhobenen Verpflichtungsklage (vgl. BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 8/11 R -, BSGE 111, 37 (38 f.) m. w. N.; Urteil des Senats vom 9. März 2017 - L 6 U 2131/16 -, juris, Rz. 36).
Die Klage ist indes nicht begründet und die Berufung damit insgesamt unbegründet, da der Kläger gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf behördliche Feststellung des Ereignisses vom 27. März 2015 als Arbeitsunfall hat. Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Versicherte können von der zuständigen Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 102 SGB VII die Feststellung eines Versicherungsfalls, hier eines Arbeitsunfalls, beanspruchen, wenn ein solcher eingetreten ist (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R -, SozR 4-2700 § 11 Nr. 1, Rz. 15 f.).
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Betroffenen durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben und deshalb "Versicherte" sind. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 5/15 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 35, Rz. 13 m. w. N.). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R -, BSGE 103, 45 (47) und vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 43, Rz. 17).
Die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung haben Schutz gegen Gefahren zu gewähren, die sich durch die ihre Verbandszuständigkeit, den Versicherungsschutz und das Versichertsein der Verletzten begründenden Verrichtungen von im jeweiligen Versicherungstatbestand konkret umschriebenen Tätigkeiten realisieren können. Ihre Einstandspflicht besteht nur dann, wenn sich durch eine Handlung der Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung allgemein, sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Die Zurechnung des Schadens von Versicherten zu den Versicherungsträgerinnen erfordert daher zweistufig die Erfüllung erstens tatsächlicher und zweitens darauf aufbauender rechtlicher Voraussetzungen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder - vorliegend nicht von Bedeutung - den Tod sowohl objektiv als auch rechtlich wesentlich verursacht haben.
Auf der ersten Stufe setzt die Zurechnung voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit)verursacht wurde. Für Einbußen der Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolgs gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele ("conditio-sine-qua-non"). In der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne dieser "Conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolgs war, darüber hinaus zunächst in einer besonderen tatsächlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolgs gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012 - B 2 U 19/11 R -, BSGE 112, 177 (183 f.)). Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und dadurch für den Gesundheitserstschaden – oder den Tod – war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (BSGE 177 (184)). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der (Wirk-)Ursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die Wirkung, also vorliegend die Einwirkung, rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der Wesentlichkeit der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Eine Rechtsvermutung dafür, dass die versicherte Verrichtung wegen ihrer objektiven Mitverursachung der Einwirkung auch rechtlich wesentlich war, besteht nicht. Die Wesentlichkeit der (Wirk-)Ursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzweckes der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (BSG, a. a. O.).
Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geht es nicht um die Zurechnung eines Erfolgs zu einer verursachenden Person, sondern um die Begründung einer versicherungsrechtlichen Einstandspflicht einer Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung für einen tatbestandlichen Schaden, den ein anderes Rechtssubjekt, die oder der Verletzte, unter eigener Mitwirkung erlitten hat. Diese Einstandspflicht setzt voraus, dass die Rechtsgutsverletzung in persönlicher und sachlicher Hinsicht in den jeweiligen Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Der persönliche Schutzbereich ist eröffnet, wenn, solange und soweit die Verletzten vor dem Unfall durch eine eigene Verrichtung den Tatbestand einer aufgrund der § 2, § 3, § 6 oder auch § 8 Abs. 2 SGB VII versicherten Tätigkeit erfüllt und dadurch den Versicherungsschutz bei der für diesen Tatbestand zuständigen Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung begründet haben im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. In § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII kennzeichnet die Formulierung "des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges" den sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlich versicherten Tätigkeit. Dieser besteht, wenn der Weg wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung im typischen Fall die eigene Unterkunft zu erreichen. Maßgebend für die Beurteilung, ob eine konkrete Verrichtung der grundsätzlich versicherten Fortbewegung dient, ist die Handlungstendenz der Versicherten. Das Handeln muss subjektiv zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen Tätigkeit ausgerichtet sein. Darüber hinaus muss sich die subjektive Handlungstendenz als von den Instanzgerichten festzustellende Tatsache im äußeren Verhalten der Handelnden, ihrer Verrichtung, so wie es objektiv beobachtbar ist, widerspiegeln (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 16/15 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 60, Rz. 15 m. w. N.). Der sachliche Schutzbereich greift ein, wenn sich mit dem durch die versicherte Verrichtung mitverursachten tatbestandlichen Schaden eine Gefahr verwirklicht hat, gegen die der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Für Schäden, die außerhalb des Schutzzweckes der Norm liegen, muss die jeweils zuständige Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einstehen. In der Sache läuft diese Voraussetzung der Einstandspflicht darauf hinaus, dass entschieden werden muss, ob der begründete Versicherungsschutz den Sinn und Zweck hat, gegen Schäden der konkret eingetretenen Art zu schützen. Deshalb wirkt der Schutzzweck der Norm in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht haftungslimitierend, sondern pflichtbegründend (BSGE 177 (185)). Der Schutzzweck der jeweils begründeten Versicherung ist nach den anerkannten juristischen Methoden unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber festgelegten Sinnes und Zweckes des Gesetzes zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 -, BVerfGE 128, 193 (206, 210 f.) m. w. N.). Dabei kann der historischen Auslegung besonderes Gewicht zukommen. Im Wege der Subsumtion eines konkreten Lebenssachverhaltes unter den durch Auslegung nach den juristisch anerkannten Methoden bestimmten Schutzbereich der jeweils begründeten Versicherung ist daher festzustellen, ob die versicherte Verrichtung ein Risiko verwirklicht hat, das unter diesen Schutzbereich fällt (vgl. BSGE 177 (185 f.)).
Die Einstandspflicht einer Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung wird nur begründet, wenn der durch die versicherte Verrichtung objektiv mitverursachte Unfall, vorliegend die Einwirkung auf den Kläger, eine Gefahr mitverwirklicht hat, gegen welche die begründete Versicherung schützen soll. Diese Voraussetzung wird zumeist erfüllt sein, bedarf aber stets der Entscheidung. Denn nur wenn der Schutzzweck der Norm den durch die versicherte Handlung mitbewirkten Schaden überhaupt umgreift, kommt es rechtlich darauf an, ob neben der versicherten (Wirk-)Ursache auch andere unversicherte Mitursachen bestehen. Diese können die Einstandspflicht nie begründen, aber gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten (Wirk-)Ursachen das Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass sie die versicherte (Wirk-)Ursache verdrängen, so dass der Schaden im Wesentlichen rechtlich nicht mehr dem Schutzbereich des jeweiligen Versicherungstatbestandes unterfällt (vgl. BSGE 177 (186)). Bei dieser Subsumtion sind die versicherten und die auf der ersten Zurechnungsstufe festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen und ihre Mitwirkungsanteile in einer rechtlichen Gesamtbeurteilung anhand des zuvor festgestellten Schutzzweckes des Versicherungstatbestandes zu bewerten. Unter Berücksichtigung der Auffassung des praktischen Lebens ist abzuwägen, ob der Schaden den versicherten oder den unversicherten (Wirk-)Ursachen zuzurechnen ist (vgl. BSG, a. a. O., m. w. N.).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Kläger erlitt zwar bei dem Aufprall auf den Pkw eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf seinen Körper und damit einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Dieser führte zu einem seine körperliche Unversehrtheit verletzenden Gesundheitserstschaden in Form eines Polytraumas mit unter anderem Kleinhirninfarkten, einem rechtsseitigen Ponsinfarkt, bithalamischen und bilateralen Posteriorinfarkten sowie einer linksbetonten Hirnstammschädigung. Der Kläger war zudem als Beschäftigter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Seine Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses stand jedoch nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit dem allein als versicherte Tätigkeit in Betracht kommenden Zurücklegen des unmittelbaren Weges von seiner Wohnung im S ... in M. zu seiner Arbeitsstätte in L ...
Der Kläger bewegte sich nach dem Verlassen seiner sich in seinem Elternhaus befindenden Wohnung mit der Handlungstendenz fort, seine Arbeitsstätte zu erreichen und dort seine Beschäftigung aufzunehmen. Hiervon geht der Senat aufgrund der Einlassung seiner Lebensgefährtin in der nichtöffentlichen Sitzung beim SG im Juni 2016 aus, welche sich aus dem im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Protokoll ergibt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO). Der Kläger meldete sich am Unfalltag gegen 11:30 Uhr von seinem Mobiltelefon aus bei ihr, um ihr mitzuteilen, mit der Arbeitsschicht bereits um 13:30 Uhr statt um 14 Uhr beginnen zu wollen, um einen privaten Termin am Abend gemeinsam mit ihr wahrnehmen zu können. Diese Angaben machte sie bereits gegenüber der Beklagten im Mai 2015. Dem Vermerk der Beklagten über die Unterredung eines ihrer Mitarbeiter mit ihr im Universitätsklinikum F. einen Monat zuvor misst der Senat demgegenüber keine weitere Bedeutung bei. Danach wurde sie mit der bloßen Vermutung, der Kläger habe früher zur Spätschicht fahren wollen, ersichtlich unzutreffend wiedergegeben. Hinzu kommt, dass er wie auch sonst üblich eine Pausenmahlzeit mit sich führte, die sich in seinem von ihm zum Unfallzeitpunkt mitgeführten Rucksack befand, wie seine Lebensgefährtin später gegenüber dem Polizeihauptmeister H. angab und in einer der Schwester des Klägers ausgehändigten Bescheinigung über den Empfang von am Unfallort aufgefundenen Gegenständen, die er bei sich geführt hatte, aufgenommen wurde. Er übernachtete vom 26. auf den 27. März 2015 in seiner eigenen Wohnung und nicht bei seiner Lebensgefährtin, was der Senat daraus schließt, dass sie ihn am Morgen nicht sah. Ihre Kenntnis über seine Kleidung am Unfalltag stammte ersichtlich von ihrem Kontakt mit ihm in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums F., wohin er mit dem Rettungshubschrauber gebracht wurde. Die Handlungstendenz des Klägers, seine Arbeitsstätte zu erreichen und dort seine Beschäftigung aufzunehmen, was zeitlich möglich gewesen wäre, änderte sich nicht und bestand auch unmittelbar vor dem Unfall fort.
Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt des Unfallereignisses indes auf einem unversicherten so genannten "Abweg", da er den direkten Weg zur Arbeitsstätte verlassen hatte. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII legt als End- oder Ausgangspunkt des Weges den Ort der versicherten Tätigkeit fest. Der Ort, von dem aus ein versicherter Weg zur Arbeitsstätte angetreten wird, kann auch ein anderer Ort als die Wohnung, ein so genannter "dritter Ort", sein, wenn sich Versicherte dort mindestens zwei Stunden aufgehalten haben (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 16/14 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 58, Rz. 23 ff. m. w. N.). Wie sich aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII und dem dort verwendeten Begriff "unmittelbar" ergibt, steht grundsätzlich nur das Zurücklegen des direkten Weges nach und von der versicherten Tätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Allerdings berühren geringfügige Unterbrechungen, die auf einer Verrichtung beruhen, welche bei natürlicher Betrachtung zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen ist, und gleichsam "im Vorbeigehen" oder "ganz nebenher" erledigt werden kann, den Versicherungsschutz nicht (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 19 m. w. N.). Bewegen sich Versicherte dagegen nicht auf direktem Weg in Richtung ihrer Arbeitsstätte oder Wohnung, sondern in entgegengesetzter Richtung von diesem Ziel fort, befinden sie sich auf einem Abweg. Wird ein solcher bei einer mehr als geringfügigen Unterbrechung des direkten Weges zurückgelegt, besteht, sobald der direkte Weg verlassen und der Abweg begonnen wird, kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Erst wenn sich die Versicherten wieder auf dem direkten Weg befinden und der Abweg beendet ist, besteht erneut Versicherungsschutz (vgl. BSG, a. a. O.).
Als der Kläger die W.-Straße in M. befuhr und dabei war, die B 3 zu überqueren, befand er sich nicht in nördlicher Richtung auf dem von seiner Wohnung im Elternhaus aus üblichen Weg zur Arbeitsstätte nach L., sondern in der entgegengesetzten und hatte die südliche Stadtgrenze seines Wohnortes bereits passiert. Damit war eine mehr als geringfügige Unterbrechung eingetreten. Der Ort des Unfallereignisses war zudem kein dritter Ort, von dem aus an Stelle der Wohnung der Weg zur Arbeitsstätte angetreten worden war. Denn die Unterbrechung dauerte nicht mindestens zwei Stunden. Der Kläger hatte mit seiner Lebensgefährtin gegen 11:30 Uhr telefoniert, um ihr mitzuteilen, zu versuchen, eher mit der Arbeitsschicht zu beginnen. Diese vermutete ihn zu Hause, jedenfalls war er noch nicht losgefahren. Der Unfall ereignete sich nicht nach 12:43 Uhr, als bereits das Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums O. hierüber verständigt wurde. Der Kläger befand sich somit nicht an einem dritten Ort, sondern auf einem Abweg, der zum Zeitpunkt des Unfalls noch nicht beendet war. Seine üblicherweise genutzte direkte Wegstrecke zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte hatte er noch nicht wieder erreicht.
Umstände, die ausnahmsweise den Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung auch auf einem solchen Abweg begründen können, sind nicht feststellbar. Nicht jedes Abweichen vom direkten Weg führt zu einer Lösung des inneren Zusammenhanges mit der versicherten Tätigkeit und damit zum Verlust des Versicherungsschutzes. Dieser kann ausnahmsweise auch auf einem Abweg bestehen, wenn dieser im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 1998 - B 2 U 4/97 R -, SozR 3-2200 § 550 Nr. 17, S. 68 f.). In Betracht kommt, dass sich Versicherte aus betriebsbedingten Gründen fortbewegen, etwa um einen Gegenstand zu holen, den sie für die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit benötigen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 1982 - 2 RU 52/81 -, juris, Rz. 17 f.). Dies steht indes nicht fest. Der Kläger selbst hat wegen der unfallbedingten Hirnverletzungen keine Erinnerung mehr an seinen Beweggrund für die Fahrt auf der W.-Straße und das beabsichtigte Überqueren der B 3. Seine Lebensgefährtin vermutete lediglich, dass er aus ihrer Wohnung in E., wohin er möglicherweise gelangen wollte, seinen Laptop holen wollte. Hierauf sollen Daten gespeichert gewesen sein, welche er für die Erledigung eines zwei Tage zuvor erhaltenen Reparaturauftrages für eine defekte Spindel benötigt habe. Dem steht bereits entgegen, dass die Arbeit ohne Rückgriff auf diese konkreten Informationen durch einen Arbeitskollegen zu Ende geführt worden war. Gegenteiliges wurde nicht vorgetragen. Hierauf ging der Kläger auch nicht bei dem Telefonat mit seiner Lebensgefährtin am Unfalltag kurz vor Mittag ein, was nicht zuletzt deshalb zu erwarten gewesen wäre, da es bei dem Gespräch darum ging, mittels eines früheren Schichtbeginns den privaten Termin am Abend gemeinsam wahrnehmen zu können. Der Abweg nach E. hätte indes die Hinfahrt, wenn auch nur um zehn Minuten, wie die Lebensgefährtin des Klägers schätzte, verlängert, weshalb er sicher thematisiert worden wäre. Ferner liegt es nahe, dass der Kläger, den seine Lebensgefährtin in der nichtöffentlichen Sitzung beim SG als sportlichen Radfahrer beschrieb, welcher ausgedehnte Fahrradtouren unternahm, etwa über die Alpen und in die italienische Schweiz, und öfters zu Trainingszwecken einfach so herumfuhr, den Weg über die W.-Straße zur B 3 zur körperlichen Ertüchtigung und damit aus einem eigenwirtschaftlichen Zweck zurücklegte. Hierauf deutet hin, dass er am Unfalltag Ende März 2015 statt sein Mountainbike zu benutzen auf sein Rennrad zurückgriff und er nicht mit einer den Witterungsverhältnissen entsprechenden Kleidung, sondern mit einer kurzen Fahrradhose, einem T-Shirt und einer Windjacke bekleidet war, wie seine Lebensgefährtin in der nichtöffentlichen Sitzung beim SG bekundete. Sie führte weiter aus, dass er normalerweise um diese Jahreszeit mit dem Auto zur Spätschicht fuhr, welches er jedoch ein paar Tage zuvor veräußert hatte. Fahrradfahren als Hobby des Klägers wurde fremdanamnestisch auch gegenüber Prof. Dr. W. angegeben. Letztendlich stehen die maßgebenden Umstände für das Einschlagen der entgegengesetzten Fahrtrichtung jedoch nicht fest.
Diese Nichterweislichkeit geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislastverteilung zu Lasten des Klägers. Den Nachteil aus der tatsächlichen Unaufklärbarkeit anspruchsbegründender Tatsachen wie Umstände, die ausnahmsweise den Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung auf einem Abweg erhalten, also eine versicherte Verrichtung im Zeitpunkt des Unfallereignisses, haben nach den Regeln der objektiven Beweislast die sich auf deren Vorliegen berufenden Versicherten zu tragen, was er verkennt. Dies gilt auch, wenn nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten die Nichterweislichkeit, wie vorliegend, darauf beruht, dass Versicherte keine Erinnerung an das zum Unfall führende Geschehen haben (vgl. BSG, Urteile vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 8/14 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 55, Rz. 24 f. m. w. N. und 20. Dezember 2016 - B 2 U 16/15 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 60, Rz. 23). Mit der jüngeren Entscheidung hat das BSG das Urteil des Hessischen LSG, welches der Kläger zur Untermauerung seines Vortrages anführte, in beweisrechtlicher Hinsicht seien geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu stellen, da wegen des unfallbedingten Erinnerungsverlustes ein Beweisnotstand eingetreten sei (L 3 U 118/13 -, juris, Rz. 21), aufgehoben und die Klage des dortigen Versicherten abgewiesen.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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