Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 2835/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 230/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.12.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Der am 1963 geborene Kläger war nach eigenen Angaben nach Abbruch einer Lehre zum Heizungs- und Lüftungsbauer in den Jahren 1980 bis 1988 zunächst als Transportarbeiter und Kolonnenführer bei einem Speditionsunternehmen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er absolvierte von Oktober 1988 bis Januar 1991 eine Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft und war sodann - mit Unterbrechungen - als Kraftfahrer tätig. Dem schloss sich eine Ausbildung zum Versicherungsfachmann (März 1993 bis Februar 1995) und sodann - ebenfalls mit Unterbrechungen - eine selbstständige Tätigkeit als freier Handelsvertreter (Zeitraum März 1995 bis März 1998) an. In der Folgezeit absolvierte der Kläger eine Software-Weiterbildungsmaßnahme und war mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - teilweise geringfügig - als Sozialberater, als Hausmeister, in der Gastronomie, als Schaufenstergestalter und wiederum (von Mai bis November 2006 und von Juli 2007 bis Oktober 2008) als Kraftfahrer beschäftigt. In der Zeit von September 2009 bis Juli 2010 durchlief er auf Kosten der Beklagten eine Weiterbildung zum Facility Management Agent (September 2009 bis Juli 2010). Seitdem ist er ohne Beschäftigung und arbeitsuchend bzw. arbeitsunfähig. Wegen der weiteren Einzelheiten des beruflichen Werdegangs wird auf den Lebenslauf des Klägers (Bl. 16c f. Ärztlicher Teil Reha-VerwA Bd. II), im Übrigen auf die im Versichertenkonto des Klägers hinterlegten Versicherungszeiten verwiesen (s. Aufstellung Bl. 14 Renten-VerwA).
In der Zeit von Ende August bis Ende September 2011 nahm der Kläger auf Kosten der Beklagten an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik G. in G. teil, aus der er ausweislich des Entlassungsberichtes (Diagnosen: rezidivierende depressive Störung, Verdacht auf narzisstische Persönlichkeitsstörung, Nikotinabusus, rezidivierende Lumbago, Zustand nach Kreuzbandruptur rechts) arbeitsfähig und mit einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich für mittelschwere Tätigkeiten (qualitative Einschränkungen: keine Arbeiten mit erhöhten Anforderungen an die Frustrationstoleranz, mit besonderen Anforderungen an die Teamfähigkeit bzw. an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit respektive an das Wechseln der Perspektive) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen wurde.
Am 10.03.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, wobei er psychische Leiden und Schmerzen zur Begründung anführte. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen bei, holte das Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutin Dr. L. (Diagnosen: impulsive und narzisstische Persönlichkeitsstruktur, anamnestisch depressive Phasen - derzeit Vollremission -, Verdacht auf Alkoholmissbrauch; mittelschwere körperliche Arbeiten bei engmaschiger Führung ohne übermäßige kognitive und konzentrative Anforderungen mehr als sechs Stunden täglich möglich) sowie das Gutachten des Orthopäden Dr. W. (Diagnosen: Zustand nach vorderer Kreuzbandruptur bei stattgehabter Operation rechts 1995 mit einwandfreiem Operationsergebnis, Zustand nach Schnappfinger-Operation links mit einwandfreiem Ergebnis, leichtes degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne wesentliche Funktionseinschränkung, klinisch beginnende Hüftgelenksarthrose ohne radiologische Veränderungen, mäßige Retropatellararthrose rechts und beginnend links; leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten ohne häufiges Bücken, Knien, Hocken, Heben und Tragen von Lasten über 5 bis 10 kg mehr als sechs Stunden täglich möglich) ein und lehnte den Rentenantrag gestützt auf die Gutachten mit Bescheid vom 03.06.2013 und Widerspruchsbescheid vom 16.04.2014 ab. Der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei im Sinne der gesetzlichen Regelungen daher nicht erwerbsgemindert.
Hiergegen hat der Kläger am 14.05.2014 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) mit dem Begehren einer Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung Klage erhoben. Er hat unter Hinweis auf seinen Grad der Behinderung (GdB) von 50 insbesondere geltend gemacht, dass seine psychosomatische Erkrankung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei und dass ihm ein adäquater Arbeitsplatz, der seinem Gesundheitszustand entspreche, nicht zur Verfügung stehe. Deswegen sei ihm eine volle "Erwerbsunfähigkeitsrente" zu gewähren.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Allgemein-, Sport und Umweltmediziner M. , der Hausarzt des Klägers, hat bekundet, dass das maßgebliche Leiden des Klägers auf psychiatrischem Gebiet liege. Eine leichte berufliche Tätigkeit sei dem Kläger bis unter drei Stunden möglich (ohne schweres Heben und Tragen, ohne Knien und längerem Stehen, ohne besondere Anforderungen an die Team-, Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit sowie an das Wechseln der Perspektive). Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapeut U. hat für die Zeit nach Rentenantragstellung von zwei Untersuchungsterminen im Mai 2014 und Juni 2013 sowie von einer rezidivierenden Depression mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung berichtet. Der Kläger werde an einem Arbeitsplatz, an dem er sich ein- oder unterordnen müsse, nicht "klarkommen". Orthopäde und Unfallchirurg Dr. S. hat sich der Diagnostik des Dr. W. in dessen Gutachten angeschlossen und ist von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für jedenfalls leichte körperliche Tätigkeiten ohne Einnahme von Zwangshaltungen und ohne Heben schwerer Lasten ausgegangen. Das SG hat sodann von Amts wegen das psychiatrisch-psychologische Sachverständigengutachten des Psychiaters, Psychotherapeuten, Rehabilitations-, Verkehrs- und Suchtmediziners Dr. Dipl.-Psych. F. (Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Klinik N. ) eingeholt, der auf Grund Untersuchung des Klägers eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, schizoiden und paranoid-querulatorischen Persönlichkeitsanteilen, eine Dysthymia, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine Tabakabhängigkeit und einen schädlichen Gebrauch von Alkohol diagnostiziert hat. Es bestünden beim Kläger qualitative Leistungseinschränkungen (keine schweren Arbeiten, keine Arbeiten mit häufigen Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg ohne technische Hilfsmittel, kein überwiegendes Gehen, Stehen und Sitzen bzw. Möglichkeit eines flexiblen Wechsels der Körperpositionen, keine Zwangshaltungen respektive gleichförmige Körperhaltungen, keine Arbeiten mit häufigem Bücken, mit besonderen Anforderungen an Regeln und Routinen, an die geistige bzw. psychische Belastbarkeit in Form des Anpassungs-, Umstellungs-, Konzentrations- und Anpassungsvermögens sowie an die Kritikfähigkeit, keine Nacht- und Wechselschicht, keine Tätigkeiten mit Publikumsverkehr, keine pädagogischen, sozialen oder therapeutischen Tätigkeiten, keine Gruppen- oder Teamarbeit, keine Arbeiten unter Zeitdruck, namentlich keine Akkord- und Fließbandarbeiten), nicht jedoch eine zeitliche Leistungseinschränkung. Es bestehe vielmehr noch ein vollschichtiges (acht Stunden und mehr täglich) Leistungsvermögen, wobei von einer eingeschränkten Durchhaltefähigkeit mit erhöhtem Pausenbedürfnis auszugehen sei.
Nach Stellungnahme der Beteiligten (vgl. Bl. 141, 142 f. SG-Akte) hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12.12.2016 abgewiesen. Es hat sich dabei im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. F. sowie auf das Verwaltungsgutachten des Dr. W. gestützt und sich deren Leistungsbeurteilungen angeschlossen, wobei es einen betriebsunüblichen Pausenbedarf als objektiv nicht ersichtlich verneint hat. Der Einschätzung des Allgemeinarztes M. sei nicht zu folgen, die Auskunft des Facharztes U. rechtfertige keine andere Beurteilung.
Gegen den ihm am 15.12.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.01.2017 beim SG Berufung eingelegt. Mit seinem Rechtsmittel hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, dass er auf Grund seiner gesundheitlichen Einschränkungen und seines Alters nur schwer vermittelbar sei, dass bei ihm nur ein teilzeiterlaubendes Erwerbsvermögen (nicht mehr als vier Stunden am Tag) mit mehrfachen Leistungseinschränkungen vorliege und dass er mangels Durchhaltevermögens mehrere größere Pausen benötige.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.12.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2014 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat bei Dr. Dipl.-Psych. F. (zwischenzeitlich Chefarzt der B. -Klinik Fachklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Psychiatrie A. ) eine ergänzende Stellungnahme (Bl. 19 ff. Senats-Akte) eingeholt, in der er u.a. klargestellt hat, dass der Kläger einer vollschichtigen Tätigkeit nachgehen könne und sich die von ihm in seinem Gutachten empfohlenen Pausen im Rahmen des üblichen arbeitstäglichen Maßes bewegten sowie dass aus psychiatrischer bzw. psychologisch-psychotherapeutischer Sicht eine Notwendigkeit regelmäßiger betriebsunüblicher Pausen beim Kläger nicht bestehe.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 03.06.2013 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht erwerbsgemindert, weshalb ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zusteht.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung ist § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie - u.a. - voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn der Kläger ist in dem dargelegten Sinne nicht erwerbsgemindert. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr täglich ausüben kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Soweit das SG nicht alle der von Dr. W. und Dr. Dipl.-Psych. F. aufgeführten qualitativen Einschränkungen angeführt hat, sind seine Ausführungen zu ergänzen. Zugunsten des Klägers legt der Senat alle von Dr. W. und Dr. Dipl.-Psych. F. aufgeführten und im Tatbestand wiedergegebenen qualitativen Einschränkungen zu Grunde, auch jene, die auf den subjektiven Empfindungen des Klägers (vgl. z.B. Bl. 133 SG-Akte: "subjektiv empfundene ... Störung ... der Aufmerksamkeit", "subjektiv beschriebene mangelhafte Affektkontrolle") beruhen.
Soweit der Kläger wegen fehlendem Durchhaltevermögen einen erhöhten Pausenbedarf geltend macht, verneint der Senat - wie auch bereits das SG - die Notwendigkeit besonderer Pausen. Zwar kann ein Erfordernis betriebsunüblicher Pausen die Einsatzfähigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließen (BSG, Urteil vom 19.10.2011, B 13 R 78/09 R in SozR 4-2600 § 43 Nr. 16; s. u.a. auch Senatsurteile vom 23.12.2016, L 10 R 1339/16, vom 17.11.2016, L 10 R 4560/14 und vom 20.10.2016, L 10 R 4150/14, alle n.v.). Indes hat der Sachverständige Dr. Dipl.-Psych. F. in seiner im Berufungsverfahren abgegebenen ergänzenden Stellungnahme dargelegt, dass mit der von ihm in seinem Gutachten beschriebenen Pauseneinhaltung zwecks Ausübung eines Gesundheitsverhaltens (Wechsel der Position, Entspannungsübungen, Spazierengehen usw.) und Vermeidung von interpersonalen Eskalationen bei dem Kläger möglicher vollschichtiger Tätigkeit die empfohlenen Pausen im Rahmen des üblichen arbeitstäglichen Maßes (30 Minuten bzw. zweimal 15 Minuten) gemeint sind und dass eine Notwendigkeit regelmäßiger betriebsunüblicher Pausen aus psychiatrischer bzw. psychotherapeutischer Sicht beim Kläger nicht gegeben ist, sondern vielmehr die arbeitsmarktüblichen Verteilzeiten (für Zigarettenpause, Toilettengang, Durchschnaufen usw.) ausreichen.
In § 4 Satz 1 und 2 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) sind Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr sechs Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden vorgesehen, wobei die Ruhepausen in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden können. Dies bedeutet zwar, dass bei bis zu sechs Stunden Arbeit eine Ruhepause nicht vorgeschrieben ist. Allerdings geht der Gesetzgeber wie selbstverständlich davon aus, dass dringende persönliche Bedürfnisse während der Arbeitszeit verrichtet werden. Solche zusätzlichen Möglichkeiten der Arbeitsunterbrechung für Erholung und persönliche Bedürfnisse über die Arbeitszeitregelungen hinaus sind in betriebsüblichen Arbeitszeitregelungen nach Maßgabe tarifvertraglicher Vereinbarungen vorgesehen, so dass für den Fall der Erforderlichkeit jederzeit und kurzfristig kleine Pausen von nicht mehr als fünf bis sieben Minuten, z.B. zur Einnahme einer kleinen Zwischenmahlzeit, für persönliche Verrichtungen, Toilettengänge, Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der Pausen, möglich sind (Senatsurteile vom 23.12.2016, L 10 R 1339/16 und vom 17.11.2016, L 10 R 4560/14; s. auch BSG, Beschluss vom 16.06.2016, B 13 R 119/14 B, in juris Rdnr. 15: weniger als 15 Minuten im öffentlichen Dienst).
Unter Zugrundelegung dessen besteht damit keine Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen, zumal der Kläger ausweislich des Gutachtens des Dr. Dipl.-Psych. F. bei der Exploration auch erst nach ca. 1,5 Stunden um eine Zigarettenpause gebeten hat, diese nach zwei Stunden durchgeführt und ein weiterer Pausenbedarf während der über dreieinhalbstündigen Untersuchung von ihm nicht geltend gemacht worden ist.
Soweit sich der Kläger auf die Einschätzung seines Hausarztes M. in dessen Auskunft an das SG beruft, hat dieses in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt, dass der Leistungseinschätzung des Allgemeinmediziners M. - da nicht weiter begründet - nicht gefolgt werden kann. Hinzu kommt, dass er das maßgebliche Leiden des Klägers auf psychiatrischem Gebiet sieht und bei ihm eine bestehende besondere Kompetenz hierfür nicht ersichtlich ist.
Soweit der Kläger auf die Auskunft des Facharztes U. gegenüber dem SG verweist, ergibt sich aus dieser keine quantitative Leistungseinschränkung. Unabhängig davon, dass der Facharzt den Kläger lediglich zwei Mal seit Rentenantragstellung (davor auch nur zweimal im Oktober und Dezember 2011) behandelt hat, führen die von ihm angegebenen Ein- und Unterordnungsschwierigkeiten respektive die Arbeitsplatzkonflikte des Klägers zu qualitativen (keine Arbeiten mit besonderen Anforderungen an Regeln und Routinen, an die geistige bzw. psychische Belastbarkeit in Form des Anpassungs-, Umstellungs- und Anpassungsvermögens sowie an die Kritikfähigkeit, keine Tätigkeiten mit Publikumsverkehr, keine pädagogischen, sozialen oder therapeutischen Tätigkeiten, keine Gruppen- oder Teamarbeit), nicht jedoch zu quantitativen Einschränkungen, was Dr. Dipl.-Psych. F. in seinem Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme ausführlich dargelegt hat. Facharzt U. hat sich ohnehin nicht zum zeitlichen Leistungsumfang geäußert.
Soweit der Kläger seine Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 anführt, rechtfertigt dies ebenfalls keine andere Beurteilung, denn der Schwerbehinderteneigenschaft eines Versicherten kommt keinerlei Aussagekraft hinsichtlich seiner zumutbaren beruflichen Einsetzbarkeit zu (BSG, Beschluss vom 17.09.2015, B 13 R 290/15 B in juris Rdnr. 5).
Soweit der Kläger schließlich seine mangelnde Vermittelbarkeit auf einen leidensgerechten Arbeitsmarkt in den Vordergrund rückt, ist dies bereits deshalb unerheblich, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist und damit die Vermittelbarkeit auf einen zumutbaren Arbeitsplatz nicht dem Verantwortungsbereich der Beklagten, sondern dem der Arbeitsverwaltung unterliegt (vgl. BSG, Beschluss vom 19.12.1996, GS 2/95 in SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 Rdnrn. 40 f.).
Nach alledem und in Ermangelung einer erkennbaren Verschlechterung des klägerischen Gesundheitszustands seit den Untersuchungen durch den Sachverständigen Dr. Dipl.-Psych. F. ist der Kläger auch zur Überzeugung des Senats noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der oben näher dargelegten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Hierzu hat das SG zu Recht dargelegt, dass trotz qualitativer Einschränkungen der Arbeitsmarkt angesichts der bisherigen Tätigkeiten sowie Aus- und Fortbildungen, die der Kläger trotz der im Vordergrund stehenden Persönlichkeitsstörung ausüben bzw. absolvieren konnte, nicht verschlossen ist. Auf diesen Aspekt (jahrzehntelange Tätigkeit trotz Persönlichkeitsstörung) hat insbesondere der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie B. in seinen Stellungnahmen für die Beklagte (Bl. 84 ff., 101 SG-Akte) hingewiesen. Auch soweit das SG beispielhaft eine vom Kläger früher schon ausgeübte Tätigkeit in der Auslieferung ("Essen auf Rädern", vgl. die Dokumentation des gerichtlichen Sachverständigen Bl. 115 SG-Akte) angeführt hat, ist dies zutreffend. Der Kläger ist daher nicht erwerbsgemindert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Der am 1963 geborene Kläger war nach eigenen Angaben nach Abbruch einer Lehre zum Heizungs- und Lüftungsbauer in den Jahren 1980 bis 1988 zunächst als Transportarbeiter und Kolonnenführer bei einem Speditionsunternehmen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er absolvierte von Oktober 1988 bis Januar 1991 eine Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft und war sodann - mit Unterbrechungen - als Kraftfahrer tätig. Dem schloss sich eine Ausbildung zum Versicherungsfachmann (März 1993 bis Februar 1995) und sodann - ebenfalls mit Unterbrechungen - eine selbstständige Tätigkeit als freier Handelsvertreter (Zeitraum März 1995 bis März 1998) an. In der Folgezeit absolvierte der Kläger eine Software-Weiterbildungsmaßnahme und war mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - teilweise geringfügig - als Sozialberater, als Hausmeister, in der Gastronomie, als Schaufenstergestalter und wiederum (von Mai bis November 2006 und von Juli 2007 bis Oktober 2008) als Kraftfahrer beschäftigt. In der Zeit von September 2009 bis Juli 2010 durchlief er auf Kosten der Beklagten eine Weiterbildung zum Facility Management Agent (September 2009 bis Juli 2010). Seitdem ist er ohne Beschäftigung und arbeitsuchend bzw. arbeitsunfähig. Wegen der weiteren Einzelheiten des beruflichen Werdegangs wird auf den Lebenslauf des Klägers (Bl. 16c f. Ärztlicher Teil Reha-VerwA Bd. II), im Übrigen auf die im Versichertenkonto des Klägers hinterlegten Versicherungszeiten verwiesen (s. Aufstellung Bl. 14 Renten-VerwA).
In der Zeit von Ende August bis Ende September 2011 nahm der Kläger auf Kosten der Beklagten an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik G. in G. teil, aus der er ausweislich des Entlassungsberichtes (Diagnosen: rezidivierende depressive Störung, Verdacht auf narzisstische Persönlichkeitsstörung, Nikotinabusus, rezidivierende Lumbago, Zustand nach Kreuzbandruptur rechts) arbeitsfähig und mit einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich für mittelschwere Tätigkeiten (qualitative Einschränkungen: keine Arbeiten mit erhöhten Anforderungen an die Frustrationstoleranz, mit besonderen Anforderungen an die Teamfähigkeit bzw. an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit respektive an das Wechseln der Perspektive) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen wurde.
Am 10.03.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, wobei er psychische Leiden und Schmerzen zur Begründung anführte. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen bei, holte das Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutin Dr. L. (Diagnosen: impulsive und narzisstische Persönlichkeitsstruktur, anamnestisch depressive Phasen - derzeit Vollremission -, Verdacht auf Alkoholmissbrauch; mittelschwere körperliche Arbeiten bei engmaschiger Führung ohne übermäßige kognitive und konzentrative Anforderungen mehr als sechs Stunden täglich möglich) sowie das Gutachten des Orthopäden Dr. W. (Diagnosen: Zustand nach vorderer Kreuzbandruptur bei stattgehabter Operation rechts 1995 mit einwandfreiem Operationsergebnis, Zustand nach Schnappfinger-Operation links mit einwandfreiem Ergebnis, leichtes degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne wesentliche Funktionseinschränkung, klinisch beginnende Hüftgelenksarthrose ohne radiologische Veränderungen, mäßige Retropatellararthrose rechts und beginnend links; leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten ohne häufiges Bücken, Knien, Hocken, Heben und Tragen von Lasten über 5 bis 10 kg mehr als sechs Stunden täglich möglich) ein und lehnte den Rentenantrag gestützt auf die Gutachten mit Bescheid vom 03.06.2013 und Widerspruchsbescheid vom 16.04.2014 ab. Der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei im Sinne der gesetzlichen Regelungen daher nicht erwerbsgemindert.
Hiergegen hat der Kläger am 14.05.2014 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) mit dem Begehren einer Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung Klage erhoben. Er hat unter Hinweis auf seinen Grad der Behinderung (GdB) von 50 insbesondere geltend gemacht, dass seine psychosomatische Erkrankung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei und dass ihm ein adäquater Arbeitsplatz, der seinem Gesundheitszustand entspreche, nicht zur Verfügung stehe. Deswegen sei ihm eine volle "Erwerbsunfähigkeitsrente" zu gewähren.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Allgemein-, Sport und Umweltmediziner M. , der Hausarzt des Klägers, hat bekundet, dass das maßgebliche Leiden des Klägers auf psychiatrischem Gebiet liege. Eine leichte berufliche Tätigkeit sei dem Kläger bis unter drei Stunden möglich (ohne schweres Heben und Tragen, ohne Knien und längerem Stehen, ohne besondere Anforderungen an die Team-, Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit sowie an das Wechseln der Perspektive). Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapeut U. hat für die Zeit nach Rentenantragstellung von zwei Untersuchungsterminen im Mai 2014 und Juni 2013 sowie von einer rezidivierenden Depression mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung berichtet. Der Kläger werde an einem Arbeitsplatz, an dem er sich ein- oder unterordnen müsse, nicht "klarkommen". Orthopäde und Unfallchirurg Dr. S. hat sich der Diagnostik des Dr. W. in dessen Gutachten angeschlossen und ist von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für jedenfalls leichte körperliche Tätigkeiten ohne Einnahme von Zwangshaltungen und ohne Heben schwerer Lasten ausgegangen. Das SG hat sodann von Amts wegen das psychiatrisch-psychologische Sachverständigengutachten des Psychiaters, Psychotherapeuten, Rehabilitations-, Verkehrs- und Suchtmediziners Dr. Dipl.-Psych. F. (Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Klinik N. ) eingeholt, der auf Grund Untersuchung des Klägers eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, schizoiden und paranoid-querulatorischen Persönlichkeitsanteilen, eine Dysthymia, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine Tabakabhängigkeit und einen schädlichen Gebrauch von Alkohol diagnostiziert hat. Es bestünden beim Kläger qualitative Leistungseinschränkungen (keine schweren Arbeiten, keine Arbeiten mit häufigen Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg ohne technische Hilfsmittel, kein überwiegendes Gehen, Stehen und Sitzen bzw. Möglichkeit eines flexiblen Wechsels der Körperpositionen, keine Zwangshaltungen respektive gleichförmige Körperhaltungen, keine Arbeiten mit häufigem Bücken, mit besonderen Anforderungen an Regeln und Routinen, an die geistige bzw. psychische Belastbarkeit in Form des Anpassungs-, Umstellungs-, Konzentrations- und Anpassungsvermögens sowie an die Kritikfähigkeit, keine Nacht- und Wechselschicht, keine Tätigkeiten mit Publikumsverkehr, keine pädagogischen, sozialen oder therapeutischen Tätigkeiten, keine Gruppen- oder Teamarbeit, keine Arbeiten unter Zeitdruck, namentlich keine Akkord- und Fließbandarbeiten), nicht jedoch eine zeitliche Leistungseinschränkung. Es bestehe vielmehr noch ein vollschichtiges (acht Stunden und mehr täglich) Leistungsvermögen, wobei von einer eingeschränkten Durchhaltefähigkeit mit erhöhtem Pausenbedürfnis auszugehen sei.
Nach Stellungnahme der Beteiligten (vgl. Bl. 141, 142 f. SG-Akte) hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12.12.2016 abgewiesen. Es hat sich dabei im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. F. sowie auf das Verwaltungsgutachten des Dr. W. gestützt und sich deren Leistungsbeurteilungen angeschlossen, wobei es einen betriebsunüblichen Pausenbedarf als objektiv nicht ersichtlich verneint hat. Der Einschätzung des Allgemeinarztes M. sei nicht zu folgen, die Auskunft des Facharztes U. rechtfertige keine andere Beurteilung.
Gegen den ihm am 15.12.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.01.2017 beim SG Berufung eingelegt. Mit seinem Rechtsmittel hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, dass er auf Grund seiner gesundheitlichen Einschränkungen und seines Alters nur schwer vermittelbar sei, dass bei ihm nur ein teilzeiterlaubendes Erwerbsvermögen (nicht mehr als vier Stunden am Tag) mit mehrfachen Leistungseinschränkungen vorliege und dass er mangels Durchhaltevermögens mehrere größere Pausen benötige.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.12.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2014 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat bei Dr. Dipl.-Psych. F. (zwischenzeitlich Chefarzt der B. -Klinik Fachklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Psychiatrie A. ) eine ergänzende Stellungnahme (Bl. 19 ff. Senats-Akte) eingeholt, in der er u.a. klargestellt hat, dass der Kläger einer vollschichtigen Tätigkeit nachgehen könne und sich die von ihm in seinem Gutachten empfohlenen Pausen im Rahmen des üblichen arbeitstäglichen Maßes bewegten sowie dass aus psychiatrischer bzw. psychologisch-psychotherapeutischer Sicht eine Notwendigkeit regelmäßiger betriebsunüblicher Pausen beim Kläger nicht bestehe.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 03.06.2013 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht erwerbsgemindert, weshalb ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zusteht.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung ist § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie - u.a. - voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn der Kläger ist in dem dargelegten Sinne nicht erwerbsgemindert. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr täglich ausüben kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Soweit das SG nicht alle der von Dr. W. und Dr. Dipl.-Psych. F. aufgeführten qualitativen Einschränkungen angeführt hat, sind seine Ausführungen zu ergänzen. Zugunsten des Klägers legt der Senat alle von Dr. W. und Dr. Dipl.-Psych. F. aufgeführten und im Tatbestand wiedergegebenen qualitativen Einschränkungen zu Grunde, auch jene, die auf den subjektiven Empfindungen des Klägers (vgl. z.B. Bl. 133 SG-Akte: "subjektiv empfundene ... Störung ... der Aufmerksamkeit", "subjektiv beschriebene mangelhafte Affektkontrolle") beruhen.
Soweit der Kläger wegen fehlendem Durchhaltevermögen einen erhöhten Pausenbedarf geltend macht, verneint der Senat - wie auch bereits das SG - die Notwendigkeit besonderer Pausen. Zwar kann ein Erfordernis betriebsunüblicher Pausen die Einsatzfähigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließen (BSG, Urteil vom 19.10.2011, B 13 R 78/09 R in SozR 4-2600 § 43 Nr. 16; s. u.a. auch Senatsurteile vom 23.12.2016, L 10 R 1339/16, vom 17.11.2016, L 10 R 4560/14 und vom 20.10.2016, L 10 R 4150/14, alle n.v.). Indes hat der Sachverständige Dr. Dipl.-Psych. F. in seiner im Berufungsverfahren abgegebenen ergänzenden Stellungnahme dargelegt, dass mit der von ihm in seinem Gutachten beschriebenen Pauseneinhaltung zwecks Ausübung eines Gesundheitsverhaltens (Wechsel der Position, Entspannungsübungen, Spazierengehen usw.) und Vermeidung von interpersonalen Eskalationen bei dem Kläger möglicher vollschichtiger Tätigkeit die empfohlenen Pausen im Rahmen des üblichen arbeitstäglichen Maßes (30 Minuten bzw. zweimal 15 Minuten) gemeint sind und dass eine Notwendigkeit regelmäßiger betriebsunüblicher Pausen aus psychiatrischer bzw. psychotherapeutischer Sicht beim Kläger nicht gegeben ist, sondern vielmehr die arbeitsmarktüblichen Verteilzeiten (für Zigarettenpause, Toilettengang, Durchschnaufen usw.) ausreichen.
In § 4 Satz 1 und 2 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) sind Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr sechs Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden vorgesehen, wobei die Ruhepausen in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden können. Dies bedeutet zwar, dass bei bis zu sechs Stunden Arbeit eine Ruhepause nicht vorgeschrieben ist. Allerdings geht der Gesetzgeber wie selbstverständlich davon aus, dass dringende persönliche Bedürfnisse während der Arbeitszeit verrichtet werden. Solche zusätzlichen Möglichkeiten der Arbeitsunterbrechung für Erholung und persönliche Bedürfnisse über die Arbeitszeitregelungen hinaus sind in betriebsüblichen Arbeitszeitregelungen nach Maßgabe tarifvertraglicher Vereinbarungen vorgesehen, so dass für den Fall der Erforderlichkeit jederzeit und kurzfristig kleine Pausen von nicht mehr als fünf bis sieben Minuten, z.B. zur Einnahme einer kleinen Zwischenmahlzeit, für persönliche Verrichtungen, Toilettengänge, Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der Pausen, möglich sind (Senatsurteile vom 23.12.2016, L 10 R 1339/16 und vom 17.11.2016, L 10 R 4560/14; s. auch BSG, Beschluss vom 16.06.2016, B 13 R 119/14 B, in juris Rdnr. 15: weniger als 15 Minuten im öffentlichen Dienst).
Unter Zugrundelegung dessen besteht damit keine Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen, zumal der Kläger ausweislich des Gutachtens des Dr. Dipl.-Psych. F. bei der Exploration auch erst nach ca. 1,5 Stunden um eine Zigarettenpause gebeten hat, diese nach zwei Stunden durchgeführt und ein weiterer Pausenbedarf während der über dreieinhalbstündigen Untersuchung von ihm nicht geltend gemacht worden ist.
Soweit sich der Kläger auf die Einschätzung seines Hausarztes M. in dessen Auskunft an das SG beruft, hat dieses in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt, dass der Leistungseinschätzung des Allgemeinmediziners M. - da nicht weiter begründet - nicht gefolgt werden kann. Hinzu kommt, dass er das maßgebliche Leiden des Klägers auf psychiatrischem Gebiet sieht und bei ihm eine bestehende besondere Kompetenz hierfür nicht ersichtlich ist.
Soweit der Kläger auf die Auskunft des Facharztes U. gegenüber dem SG verweist, ergibt sich aus dieser keine quantitative Leistungseinschränkung. Unabhängig davon, dass der Facharzt den Kläger lediglich zwei Mal seit Rentenantragstellung (davor auch nur zweimal im Oktober und Dezember 2011) behandelt hat, führen die von ihm angegebenen Ein- und Unterordnungsschwierigkeiten respektive die Arbeitsplatzkonflikte des Klägers zu qualitativen (keine Arbeiten mit besonderen Anforderungen an Regeln und Routinen, an die geistige bzw. psychische Belastbarkeit in Form des Anpassungs-, Umstellungs- und Anpassungsvermögens sowie an die Kritikfähigkeit, keine Tätigkeiten mit Publikumsverkehr, keine pädagogischen, sozialen oder therapeutischen Tätigkeiten, keine Gruppen- oder Teamarbeit), nicht jedoch zu quantitativen Einschränkungen, was Dr. Dipl.-Psych. F. in seinem Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme ausführlich dargelegt hat. Facharzt U. hat sich ohnehin nicht zum zeitlichen Leistungsumfang geäußert.
Soweit der Kläger seine Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 anführt, rechtfertigt dies ebenfalls keine andere Beurteilung, denn der Schwerbehinderteneigenschaft eines Versicherten kommt keinerlei Aussagekraft hinsichtlich seiner zumutbaren beruflichen Einsetzbarkeit zu (BSG, Beschluss vom 17.09.2015, B 13 R 290/15 B in juris Rdnr. 5).
Soweit der Kläger schließlich seine mangelnde Vermittelbarkeit auf einen leidensgerechten Arbeitsmarkt in den Vordergrund rückt, ist dies bereits deshalb unerheblich, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist und damit die Vermittelbarkeit auf einen zumutbaren Arbeitsplatz nicht dem Verantwortungsbereich der Beklagten, sondern dem der Arbeitsverwaltung unterliegt (vgl. BSG, Beschluss vom 19.12.1996, GS 2/95 in SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 Rdnrn. 40 f.).
Nach alledem und in Ermangelung einer erkennbaren Verschlechterung des klägerischen Gesundheitszustands seit den Untersuchungen durch den Sachverständigen Dr. Dipl.-Psych. F. ist der Kläger auch zur Überzeugung des Senats noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der oben näher dargelegten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Hierzu hat das SG zu Recht dargelegt, dass trotz qualitativer Einschränkungen der Arbeitsmarkt angesichts der bisherigen Tätigkeiten sowie Aus- und Fortbildungen, die der Kläger trotz der im Vordergrund stehenden Persönlichkeitsstörung ausüben bzw. absolvieren konnte, nicht verschlossen ist. Auf diesen Aspekt (jahrzehntelange Tätigkeit trotz Persönlichkeitsstörung) hat insbesondere der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie B. in seinen Stellungnahmen für die Beklagte (Bl. 84 ff., 101 SG-Akte) hingewiesen. Auch soweit das SG beispielhaft eine vom Kläger früher schon ausgeübte Tätigkeit in der Auslieferung ("Essen auf Rädern", vgl. die Dokumentation des gerichtlichen Sachverständigen Bl. 115 SG-Akte) angeführt hat, ist dies zutreffend. Der Kläger ist daher nicht erwerbsgemindert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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