Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 26 U 2397/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1968/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.04.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2108 (im Folgenden: BK 2108) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der am 1982 geborene Kläger erlernte von August 1998 bis 2001 bei der Firma Gebrüder F. Bau-Hochbau in S. (nachfolgend: Firma F. ) den Beruf des Beton-/Stahlbetonbauers und war nachfolgend bis März 2005 in seinem Ausbildungsbetrieb als Geselle und Vorarbeiter tätig, wobei er von Februar 2004 bis Februar 2005 die Meisterschule besuchte. Ab dem zweiten Lehrjahr übte er dabei die typischen Arbeiten eines Beton-/Stahlbetonbauers im Industrie-, Wohnungs- und zum Teil auch im Kläranlagenbau aus, schwerpunktmäßig zu 50% Einschalarbeiten (davon 50% Wände, 40% Decken und 10% Fundamente), 30% Bewehrungsarbeiten und 20% Betonierarbeiten; während des Besuchs der Meisterschule übte er keine mit Heben bzw. Tragen schwerer Lasten verbundene Tätigkeiten aus, allerdings half der Kläger an den Samstagen auf den Baustellen der Firma F. aus. Von April 2005 bis November 2008 arbeitete der Kläger bei verschiedenen Baufirmen in E. als Vorarbeiter, wobei er - so seine Angaben gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten - bei Schalungsarbeiten auf dem L. Flughafen, beim Bau einer Pferderennbahn-Tribüne und im Wohnungsbau aufsichtS. ührend bei Schalungsarbeiten tätig gewesen sei und keine wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten ausgeführt habe. Nachfolgend war der Kläger von Dezember 2008 bis Januar 2010 bei der ZeitarbeitS. irma K. Bau in den N. tätig, die ihn - so wiederum seine Angaben gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten - an eine Baufirma vermittelte, wo er im Schalungsbau, ebenfalls aufsichtS. ührend, tätig gewesen und gleichermaßen keine wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeführt habe. Nach einer kurzen Zeit der Arbeitslosigkeit war der Kläger ab März 2010 bei der Firma R. S. -Bau GmbH & Co. KG in S. (nachfolgend: Firma R. ) beschäftigt, wo er als Vorarbeiter auf verschiedenen Hochbaustellen tätig war und die typischen Tätigkeiten eines Beton-/Stahlbetonbauers im Hochbau ausübte, und zwar schwerpunktmäßig zu 70% Einschalarbeiten (davon 50% Wände, 40% Decken und 10% Fundamente), 20% Betonierarbeiten und 10% andere Arbeiten, wie bspw. Verfüll- und Verdichtungsarbeiten (vgl. Angaben des Klägers bzw. der I. , Bl. 11, 28/29 VerwA sowie insbesondere die Angaben des Klägers gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten vom 14.06.2013, Bl. 59 ff. VerwA).
Am 13.09.2012 trat beim Kläger wegen einer Lumboischialgie Arbeitsunfähigkeit ein, wobei wegen eines sequestrierenden Bandscheibenvorfalls in Höhe der Lendenwirbelkörper (LWK) 4/5 am 12.10.2012 im Klinikum S. eine Sequestrektomie und Dekompression durchgeführt wurde (Bericht vom 16.10.2012, Bl. 55 ff. VerwA). Anfang Dezember 2014 wurden Bandscheibenprothesen im Bereich von L4/5 und L5/S1 implantiert (Entlassungsbericht der Orthopädischen Klinik M. vom 08.12.2014, Bl. 44/45 Senatsakte). Seine Tätigkeit nahm der Kläger nachfolgend nicht mehr auf.
Im April 2013 zeigte die Krankenkasse des Klägers, die I. , bei der Beklagte den Verdacht auf eine BK an. Im Rahmen der sodann eingeleiteten Ermittlungen gab der Kläger im Fragebogen der Beklagten u.a. an, seine Lendenwirbel(LWS)beschwerden seien erstmals ca. 2002 aufgetreten. Im Rahmen der veranlassten Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition ermittelte der Präventionsdienst der Beklagten auf Grund der Angaben des Klägers anlässlich des mit ihm im Juni 2013 geführten Gesprächs (s.o.) unter Zugrundelegung der Erfahrungen und den Erkenntnissen aus Beobachtungen an Vergleichsarbeitsplätzen und unter Heranziehung des sog. Mainz-Dortmunder Dosismodells (MDD) für die Beschäftigungen bei der Firma F. (August 1999 bis Februar 2004) und der Firma R. (März 2010 bis September 2012) eine berufliche Gesamtbelastungsdosis in Höhe von 7,0 x 106 Nh, mithin 28% des Orientierungswertes von 25 x 106 Nh für Männer und führte weiter aus, hierdurch werde der hälftige Orientierungswert nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) von 12,5 x 106 Nh unterschritten.
Mit Bescheid vom 26.06.2013 lehnte es die Beklagte ab, eine BK 2108 anzuerkennen und führte zur Begründung aus, der Kläger erfülle nicht die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung dieser BK. Der Kläger überschreite nicht den Richtwert zur Mindestexposition für Männer von 12,5 x 106 Nh, d.h. den Wert ab dessen Überschreitung die beruflichen Voraussetzungen einer BK 2108 als erfüllt betrachtet würden. Beim Kläger liege die Gesamtdosis deutlich unter diesem Wert, weshalb die erfolgten Einwirkungen nicht geeignet seien, eine BK zu verursachen. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten u.a. geltend, dass nicht sämtliche Zeiten einer wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit berücksichtigt worden seien; so fehlten die Zeit seiner Tätigkeit als Bauhelfer in den Schulferien in den beiden Jahren vor Beginn seiner Ausbildung, die Zeit seiner Arbeit während des ersten Lehrjahrs an Samstagen und in den Berufsschulferien, die Zeit seiner Arbeit an Samstagen während des Besuchs der Meisterschule sowie die Zeit seiner Auslandstätigkeiten, während der er "nicht (nur) aufsichtsführend", sondern als Vorarbeiter bzw. Fachkraft tätig gewesen sei. So sei er während der Tätigkeit am L. Flughafen und der Pferderennbahn zu 100% als Fachkraft ohne aufsichtsführende Funktion tätig gewesen und in seiner Tätigkeit im Wohnungsbau seien maximal 5 bis 10% der Arbeitszeit auf Aufsichtstätigkeiten entfallen; diese hätten sich im Wesentlichen darauf beschränkt, die Mitarbeiter in der Kolonne kurz in die Tätigkeiten einzuweisen, die am jeweiligen Arbeitstag durchzuführen waren. Entsprechend sei die Tätigkeit auch jeweils als "Carpenter" bezeichnet worden. Dass er als Bauleiter/Polier etc. tätig gewesen sei, habe er nie behauptet. Hierzu legte er verschiedene Arbeitsverträge/Zeugnisse vor. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2014 zurückgewiesen. Es bestehe kein Anlass zu der Annahme, dass insbesondere die auf der Grundlage der persönlichen Angaben des Klägers ermittelte Gesamtbelastung um ca. 80% zu niedrig ermittelt worden sei.
Am 16.04.2014 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt. Im weiteren Verlauf hat er zum Nachweis seiner ausländischen Beschäftigungszeiten zahlreiche Unterlagen, insbesondere Lohnabrechnungen und Bestätigungen vorgelegt, wonach er regelmäßig als "Carpenter" bzw. Facharbeiter bei den genannten Bauprojekten eingesetzt gewesen sei und die durchgeführten Tätigkeiten im Hoch- bzw. Tiefbau mit "erheblichen körperlichen Einwirkungen auf die Bandscheibe" verbunden gewesen seien.
Das SG hat bei der I. ein Vorerkrankungsverzeichnis beigezogen und ein Gutachten bei Prof. Dr. K. , Chefarzt im Zentrum für Operative Medizin des R. -Krankenhauses in S., eingeholt, der das Vorliegen einer BK 2108 verneint hat, weil der Kläger die Mindestexpositionsdosis nicht erreicht habe; auch die Tätigkeit als Jugendlicher führe nicht zu einer wesentlichen Expositionserhöhung. Im Übrigen zeigten die nativradiologischen Aufnahmen keine Begleitspondylose und in den vorliegenden MRT-Aufnahmen der LWS würden keine "black discs" in weiteren Etagen dargestellt, weshalb mehr gegen als für eine berufliche Ursache der LWS-Erkrankung spreche. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat er auch unter Einbeziehung des Vorbringens des Klägers, wonach auch die Tätigkeiten in E. (März 2005 bis November 2007 sowie Februar bis November 2008) und den N. (Dezember 2008 bis Januar 2010) mit "erheblichen körperlichen Einwirkungen auf die Bandscheibe" verbunden gewesen seien, an seiner Auffassung festgehalten und ausgeführt, dass auch unter Berücksichtigung dieser Zeiten und bei Annahme, dass ähnliche Beschäftigungen ausgeübt wurden wie zuvor, der hälftige Orientierungswert allenfalls knapp erreicht werde. Zudem liege - worauf bereits hingewiesen worden sei - kein belastungskonformes Krankheitsbild vor (Fehlen einer Begleitspondylose sowie "Black discs" in weiteren Etagen), weshalb eine BK 2108 zu verneinen sei.
Mit Urteil vom 12.04.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK 2108 dahinstehen könne, da jedenfalls die medizinischen Voraussetzungen für diese BK nicht erfüllt seien. Denn es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Einwirkungen der beruflichen Tätigkeit zu der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers geführt haben. Unter Annahme einer ausreichenden Exposition könne unter Anwendung der sog. Konsensempfehlungen zwar bei den Konstellationen B1 und B2 ein ursächlicher Zusammenhang bejaht werden, hingegen lägen deren Voraussetzungen nicht vor (Konstellation B1 mangels Begleitspondylose; Konstellation B2 mangels "black discs" bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall), weshalb die Konstellation B3 zu bejahen sei, hinsichtlich derer jedoch kein Konsens bestehe und ein ursächlicher Zusammenhang daher zu verneinen sei.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 28.04.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.05.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG habe zu Unrecht die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die geltend gemachte BK nicht festgestellt bzw. falls es dies anzweifle zu Unrecht keine diesbezüglichen Ermittlungen angestellt. Im Übrigen seien auch die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung dieser BK erfüllt. So habe der Sachverständige Prof. Dr. K. eine "nicht erosive Osteochondrose" festgestellt, die für einen ursächlichen Zusammenhang spreche und er sei einer ungewöhnlich intensiven Belastung ausgesetzt gewesen, nachdem der Richtwert für die Lebensdosis (12,5 MNh) bereits nach knapp mehr als zehn Jahren erreicht worden sei. Zudem leide er nicht unter einer alternativen pathologischen Erkrankung, die zu einer Degeneration des Wirbelsäulenapparates führen könne und das Ausmaß seines Bandscheibenvorfalls sei ungewöhnlich groß gewesen, weshalb künstliche Implantate hätten eingesetzt werden müssen. Zu seinen Gunsten sei daher der Maßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit zwischen der beruflichen Einwirkung und seiner Erkrankung zu bejahen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.04.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2014 zu verurteilen, eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der BKV anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme bei Prof. Dr. K. eingeholt, der ausgeführt hat, dass beim Kläger eine sechsgliedrige LWS bzw. ein lumbalisierter erster Sakralwirbel vorliege, weshalb die gängigen Maßstäbe zur Beurteilung einer fünfgliedrigen Wirbelsäule nicht mit letzter Sicherheit anzuwenden seien. Beim Kläger seien zwei Segmente von Degenerationen betroffen und operativ mittels Bandscheibenprothesen versorgt worden. Der im September 2012 operierte sequestrierte Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 sei meist als L4/5 bezeichnet worden. Auch die Bandscheibe S1/S2 bzw. L6/S1 habe seinerzeit eine diskrete Vorwölbung und einen möglichen Wurzelkontakt im Rezessus gezeigt und die Bandscheibenhöhe sei - wie in aller Regel bei Übergangssegmenten - deutlich niedriger gewesen als in den darüber liegenden Segmenten. Angesichts der Normvariante könne das Vorliegen der Konstellation B2 nicht mit letzter Sicherheit bejaht werden. Bandscheiben oberhalb des Übergangswirbels neigten signifikant häufiger zu Degenerationen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.
Die Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung der streitigen BK ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Anerkennung der streitigen BK ablehnenden Verwaltungsentscheidungen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles und damit auf eine Berufskrankheit übertragbar BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 20).
Allerdings hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 26.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es ablehnte, die Erkrankung des Klägers als BK 2108 anzuerkennen. Denn das Vorliegen einer solchen BK ist beim Kläger nicht festzustellen.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer der den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Erkrankungen als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII).
Eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII i. V. m. Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV ist eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Anerkennung und Entschädigung einer Erkrankung nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Bei dem Versicherten muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegen, die durch langjähriges berufsbedingtes Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige berufsbedingte Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (so genannte arbeitstechnische Voraussetzungen) entstanden ist. Die Erkrankung muss den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben, und als Konsequenz aus diesem Zwang muss die Aufgabe dieser Tätigkeiten tatsächlich erfolgt sein.
Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung - hier also eine bandscheibenbedingte Erkrankung - erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Der Senat hat bereits durchschlagende Zweifel, ob der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzzungen für die BK 2108 erfüllt.
Das so genannte und hier von der Beklagten der Beurteilung zu Grunde gelegte MDD ist ein Verfahren zur Bewertung der beim Einzelnen auftretenden tatsächlichen Belastung im Hinblick auf die in der BK 2108 aufgeführten Kriterien (langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten bzw. langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung), also zur Beurteilung, ob die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegen (s. im Einzelnen: BK-Report Wirbelsäulenerkrankungen 2/03, herausgegeben vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften). Hintergrund des MDD ist die Erkenntnis, dass insbesondere bei Beschäftigten in Pflegeberufen, Betonbauern und Hafenarbeitern nach epidemiologischen Studien von einem signifikant erhöhten Risiko in Bezug auf die Entwicklung bandscheibenbedingter Erkrankungen der LWS auszugehen ist und dass weniger häufig auftretende hohe Kompressionskräfte eine höhere Schädigungswirkung besitzen als häufige Belastungen mit niedriger Höhe. Letzteres führt zum so genannten quadratischen Ansatz, bei dem die überproportionale Wichtung der auf das Wirbelsäulesegment einwirkenden Kompressionskraft (hervorgerufen insbes. durch das zu bewältigende Gewicht) durch eine Quadrierung der Expositionshöhe erfolgt.
Bei der Beurteilung der Belastung der genannten Berufsgruppen wurde zur Abgrenzung zwischen (für die BK 2108 relevanten) schweren und (unerheblichen) allgemeinen Hebe- und Tragetätigkeiten eine so genannte Druckkraftschwelle ermittelt, die für Männer 3,2 Kilo-Newton (kN) und für Frauen 2,5 kN beträgt. Grundlage ist die Annahme, dass bei Männern ab 40 Jahren ab 20 Kilogramm, bei Frauen ab 40 Jahren ab 10 Kilogramm von einer schweren Last zu sprechen sei und die biomechanischen Messungen und Berechnungen beim langsamen Heben einer solchen Last vom Boden auf Taillenhöhe diese Werte am Übergang der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein ergeben.
Auf diesen Grundlagen wurde die Belastung der genannten Berufsgruppen ermittelt und für eine Acht-Stunden-Schicht aufaddiert. Für die Beschäftigten in Pflegeberufen - insoweit bezogen sich die Studien fast ausschließlich auf Frauen - ergab sich eine kumulierte LWS-Belastungsdosis von knapp 4000 Newton-Stunden (Nh), für Betonbauer bzw. Hafenarbeiter - fast ausschließlich männliche Beschäftigte - eine solche von bis über 6000 bzw. über 13.000 Nh je Schicht. Davon abgeleitet geht das MDD von einer erforderlichen Mindestexposition i. S. einer kritischen Dosis je Schicht für Frauen von 3500 Nh (= 3,5 kNh) und für Männer von 5500 Nh (= 5,5 kNh) bzw. für das gesamte Berufsleben von 17 Mega-Newton-Stunden (MNh) für Frauen bzw. 25 MNh für Männer aus. Werden diese Werte erreicht, sind die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK als erfüllt anzusehen, das heißt, der Versicherte war einer Belastung ausgesetzt, die ein erhöhtes Risiko für eine bandscheibenbedingte Erkrankung im Sinne der BK 2108 darstellte.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.03.2003, B 2 U 13/02 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 1) dient das MDD letztendlich der Konkretisierung der in der BK 2108 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe. Es ist als Zusammenfassung wissenschaftlicher Erfahrungstatsachen ein geeignetes Modell, die kritische Belastungsdosis eines Versicherten zu ermitteln und in Beziehung zu seinem Erkrankungsrisiko zu setzen. Dabei ist zu beachten, dass die Schwellen- oder Dosiswerte des MDD keine festen Grenzwerte, sondern allenfalls Orientierungswerte sind, die eine Hilfe bei der Beurteilung des medizinischen Zusammenhangs zwischen versicherter Einwirkung und Erkrankung darstellen.
An diesem Berechnungsmodell ist - so das BSG im Urteil vom 30.10.2007 (B 2 U 4/06 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5) - derzeit trotz diverser Schwächen des MDD in modifizierter Form als Grundlage für die Konkretisierung der im Text der BK 2108 zur Kennzeichnung der beruflichen Einwirkungen verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe festzuhalten, weil aktuell kein den wissenschaftlichen Erkenntnisstand besser abbildendes Alternativmodell zur Verfügung steht. Allerdings kann das Erreichen einer bestimmten Mindesttagesdosis, wie nach dem MDD gefordert, nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht mehr verlangt werden, sodass bei der Berechnung auch die Tage mit Tagesdosen, die unterhalb der Mindesttagesdosis liegen, zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf die bestehenden Unsicherheiten sind die Richtwerte des MDD für die Gesamtbelastungsdosis zu halbieren, so dass von einem langjährigen Heben und Tragen schwerer Lasten bzw. einer langjährigen Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung auszugehen ist, wenn mindestens die Hälfte des nach dem MDD ermittelten Wert für die Gesamtbelastungsdosis erreicht oder überschritten wird. Wird der so ermittelte Grenzwert (so ausdrücklich das BSG, a.a.O.) unterschritten, ist ein rechtlich wesentlicher Kausalzusammenhang zwischen Exposition und Erkrankung ausgeschlossen, sodass es keiner weiteren Feststellungen zum Krankheitsbild und zum medizinischen Kausalzusammenhang im Einzelfall bedarf (BSG, a.a.O. und Urteil vom 18.11.2008, B 2 U 14/08 R).
Vorliegend erreicht der Kläger den genannten Grenzwert von 12,5 x 106 Nh mit der vom Präventionsdienst der Beklagten auf der Grundlage der persönlichen Angaben des Klägers am 14.06.2013 ermittelten Gesamtbelastungsdosis von 7 x 106 Nh bei weitem nicht, sodass nach der oben dargelegten Rechtsprechung des BSG die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2108 mit den vom Kläger ausgeübten und der Berechnung zu Grunde gelegten Tätigkeiten bei der Firma F. und der Firma R. nicht erfüllt sind. Zu den von ihm verrichteten Tätigkeiten gab der Kläger anlässlich seiner seinerzeitigen persönlichen Befragung an, dass er bei den genannten Firmen die typischen Arbeiten eines Beton-/Stahlbetonbauers verrichtet habe, er hingegen bei seinen Tätigkeiten in E. und den N. aufsichtsführend tätig gewesen sei und keine wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten ausgeführt habe. Entsprechend legte der Präventionsdienst der Beklagte ihrer Berechnung auch nur die Hebebelastungen der im Inland verrichteten Tätigkeiten bei der Firma F. und der Firma R. zu Grunde.
Soweit der Kläger durch seinen Bevollmächtigten seit dem Widerspruchsverfahren im Gegensatz zu seinen persönlichen früheren Angaben gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten geltend macht, wirbelsäulenbelastend insbesondere auch bei seinen Tätigkeiten in E. und den N. tätig gewesen zu sein, bedarf es keiner weiteren Ermittlungen, insbesondere auch nicht der Vernehmung der vom Kläger genannten Zeugen. Denn selbst wenn man zu Grunde legt, dass der Kläger, ebenso wie im Rahmen seiner Tätigkeiten bei der Firma F. und der Firma R. (insgesamt 86 Monate), auch während seiner Auslandstätigkeiten (insgesamt 58 Monate) die typischen Arbeiten eines Beton-/Stahlbetonbauers verrichtete und dementsprechend die von der Beklagten ermittelte Gesamtbelastungsdosis von 7 x 106 Nh für 86 Monate anteilsmäßig für weitere 58 Monate, mithin um ca. 67% erhöhen würde, wodurch sich eine zusätzliche Belastungsdosis von ca. 4,7 x 106 Nh errechnen würde, wäre mit dann insgesamt ca. 11,7 x 106 Nh der erforderliche Grenzwert von 12,5 x 106 Nh nicht erreicht.
Soweit der Kläger behauptet, schon zwei Jahre vor seiner Ausbildung, also ab 1996, in den Schulferien (Ostern, Pfingsten, Sommer) als Bauhelfer tätig gewesen zu sein, vermag der Senat dies nicht als belastende Tätigkeit zu Grunde zu legen. Der Kläger hat bereits keine konkreten Zeiträume der Tätigkeit dargelegt, sondern im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vor dem SG eingeräumt, dann nicht gearbeitet zu haben, wenn er mit seinen Eltern in den Ferien weggefahren ist. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, welche belastenden Tätigkeiten er verrichtet haben will. Die von der Beklagten der Berechnung für die Tätigkeiten bei der Firma F. und der Firma R. zu Grunde gelegte Tätigkeit als Beton-/Stahlbauer mit den damit verbundenen Belastungen konnten es schon deshalb nicht gewesen sein, weil der Kläger damals noch keine entsprechende Ausbildung hatte und nach seinen eigenen Angaben nur als Bauhelfer tätig war. Deshalb lehnt der Senat auch den Antrag auf Vernehmung des damaligen Firmeninhabers Joachim F. ab, weil nicht erkennbar ist, welche konkreten entscheidungsrelevanten Tatsachen der Zeuge bekunden soll. Gleiches gilt, soweit der Kläger behauptet, während des ersten Lehrjahres, in dem er nach seinen Erstangaben gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten ausschließlich die Berufsschule besuchte, auch an Samstagen und in den Schulferien gearbeitet zu haben. Auch insoweit behauptet er lediglich eine Tätigkeit auf dem Bau, ohne dies hinsichtlich der Art der Tätigkeit substanziiert darzulegen und auch insoweit bleiben angesichts der Angaben im Erörterungstermin die tatsächlichen Zeiten der Tätigkeit unklar. Soweit der Kläger für die Zeit des Besuchs der Meisterschule ebenfalls - wiederum ohne Konkretisierung, insbesondere hinsichtlich der Art - Tätigkeiten samstags behauptet, beziehen sich die gestellten Beweisanträge hierauf nicht. Für anderweitige Ermittlungen von Amts wegen sieht der Senat keinen Ansatz. Der Kläger hat im Erörterungstermin selbst angegeben, dass die Firma F. nicht mehr existiert. Damit lassen sich von dort auch keine firmeninternen Unterlagen mehr beschaffen.
Aber selbst wenn der Kläger den maßgeblichen Grenzwert mit einer Gesamtbelastungsdosis von 12,5 x 106 Nh erreicht hätte und damit die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2108 erfüllen würde, lägen die Voraussetzungen zur Anerkennung der begehrten BK 2108 nicht vor.
Der Kläger leidet an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS. Unter bandscheibenbedingten Erkrankungen sind Bandscheibendegeneration (Diskose), Instabilität im Bewegungssegment, Bandscheibenvorfall (Prolaps), degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten (Osteochondrose), knöcherne Ausziehungen an den vorderen seitlichen Randleisten der Wirbelkörper (Spondylose), degenerative Veränderungen der Wirbelgelenke (Spondylarthrose) mit den durch derartige Befunde bedingten Beschwerden und Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule zu verstehen (BSG, Urteil vom 31.05.2005, B 2 U 12/04 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 unter Verweis auf die Begründung in BR-Drucks. 773/92 S. 8 zur Zweiten Änderungsverordnung, durch welche die BK 2108 in die Berufskrankheitenliste aufgenommen worden ist). Dies bedeutet, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung neben den beschriebenen röntgenologisch feststellbaren Veränderungen auch ein Krankheitsbild erfordert, das über einen längeren Zeitraum andauert, also chronisch oder zumindest chronisch wiederkehrend ist, und zu Funktionseinschränkungen führt, die eine Fortsetzung der Tätigkeit unmöglich macht (BSG, a.a.O.).
Nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. K. liegt beim Kläger als bandscheibenbedingte Erkrankung ein sequestrierter Bandscheibenfall im Segment L5/S1 vor, wobei dieses Segment in den medizinischen Unterlagen angesichts der beim Kläger vorliegenden sechsgliedrigen LWS meist als L4/5 bezeichnet ist. Insoweit wurde im Oktober 2012 eine Sequestrektomie und Dekompression durchgeführt. Bei fortbestehenden Beschwerden erfolgte im Dezember 2014 eine Bandscheibenprothesenimplantation in diesem und im Folgesegment, mithin im Bereich von L5/S1 und S1/2 (bzw. L4/5 und L6/S1).
Diese bandscheibenbedingte Erkrankung steht hingegen nicht in einem wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang mit den beruflichen Belastungen des Klägers.
Angesichts der multifaktoriellen Entstehung von bandscheibenbedingten Erkrankungen, der Dauer der zu berücksichtigenden Zeiträume und des Fehlens eines eindeutig abgrenzbaren Krankheitsbildes, das für Belastungen durch Heben und Tragen oder Arbeit in Rumpfbeugehaltung typisch ist, stellt sich letztlich entscheidend nur die Frage nach einer wesentlichen Mitverursachung der LWS-Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen (BSG, Urteil vom 27.06.2006, B 2 U 13/05 R in SozR 4-2700 § 9 Nr. 9 m.w.N.). Aus diesen Gründen ist auch § 9 Abs. 3 SGB VII, unabhängig von seinem Inkrafttreten erst am 01.01.1997, bei der BK Nr. 2108 nach heutigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht anwendbar (BSG, a.a.O.).
Die Frage, welche Voraussetzungen zur Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung einer BK vorliegen müssen, ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu beantworten (BSG, a.a.O. m.w.N.). Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also, von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht. In Übereinstimmung mit den Standardwerken von Mehrtens/Brandenburg (Berufskrankheiten-Verordnung, M 2108 Anm. 5 ff.), Schönberger/Mehrtens/Valentin (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage, 2017, S. 505 ff.) und den Konsensempfehlungen (von der auf Anregung des HVBG eingerichteten, interdisziplinären Arbeitsgruppe erarbeitete "Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" in Trauma und Berufskrankheit 2005, 211 ff.) sind folgende Kriterien zu Grunde zu legen (BSG, a.a.O.): Die belastenden Einwirkungen, das Krankheitsbild, insbesondere ob ein altersuntypischer Befund und ein belastungskonformes Schadensbild vorliegen, eine zeitliche Korrelation zwischen den Einwirkungen und dem Erkrankungsverlauf, das Vorliegen von konkurrierenden Ursachen wie z.B. Schadensanlagen. Dabei stellen die Konsensempfehlungen für den Senat eine für die Beurteilung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS relevante Grundlage dar, indem sie den derzeit aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse auf diesem Gebiet wiedergeben.
Auf der Grundlage der Konsensempfehlungen liegt beim Kläger keine Konstellation vor, die den ursächlichen Zusammenhang zwischen den belastenden Einwirkungen der beruflichen Tätigkeit des Klägers und seiner LWS-Erkrankung als wahrscheinlich erscheinen lassen. Zu Recht hat das SG das Vorliegen der Konstellationen B1 und B2, unter deren Voraussetzungen die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der bandscheibenbedingten Erkrankung zu bejahen ist, mangels Vorliegen einer Begleitspondylose (Konstellation B1) verneint und gleichermaßen die Konstellation B2, weil auch keines der statt dessen geforderten weiteren Kriterien (Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben, bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/L1 oder L4/5 "black disc" im Magnetresonanztomogramm - MRT- in mindestens zwei angrenzenden Segmenten; besonders intensive Belastung; besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen) erfüllt ist. Insoweit sieht der Senat deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren im Hinblick auf das Fehlen einer Begleitspondylose geltend gemacht hat, der Sachverständige Prof. Dr. K. habe gleichwohl eine "nicht erosive Osteochondrose" als solche Begleiterscheinung festgestellt, ist darauf hinzuweisen, dass die Konsensempfehlungen für die Bejahung der Konstellation B1 eine Begleitspondylose verlangen, mithin (Konsensempfehlungen a.a.O., S. 215) knöcherne Ausziehungen an den vorderen seitlichen Randleisten der Wirbelkörper, nicht jedoch beliebige andere degenerative Veränderungen, wie die vom Kläger angeführte Osteochondrose, bei der es sich um degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten handelt. Auch der Einwand im Hinblick auf Konstellation B2, wonach der Kläger einer ungewöhnlich intensiven Belastung ausgesetzt gewesen sei, weil er den Richtwert für die Lebensdosis von 12,5 x 106 Nh in einem Zeitraum von gerade einmal knapp mehr als zehn Jahren erreicht habe, trifft nicht zu. Selbst wenn die vom Kläger behaupteten weiteren Tätigkeiten ab 1996 zu Grunde gelegt würden, wäre von einem Zeitraum (bis September 2012) von 16 Jahren auszugehen, eine Zeitspanne, die die genannten zehn Jahre deutlich (und nicht knapp) überschreitet. Für eine ungewöhnlich intensive Belastung bestehen keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte.
Schließlich rechtfertigt auch die vom Senat im Berufungsverfahren eingeholte ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. K. keine abweichende Beurteilung. Zwar hat der Sachverständige klargestellt, dass durch die operative Behandlung im Dezember 2014 zwei Segmente mittels Bandscheibenprothesen versorgt worden sind und auch zwei Segmente von Degenerationen betroffen waren, weshalb in Betracht zu ziehen ist, dass beim Kläger im Rahmen der Konstellation B2 - anders als vom Sachverständigen im Rahmen seines Gutachtens angenommen - nicht von einem monosegmentalen Vorfall (bzw. Chondrose) im Sinne der zweiten Alternative auszugehen ist (was zusätzlich in zwei angrenzenden Segmenten "black discs" erfordert, die beim Kläger allerdings nicht vorliegen), sondern im Sinne der ersten Alternative eine "Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben" vorliegt, wodurch der in Rede stehende Ursachenzusammenhang wahrscheinlich wäre. Allerdings hat der Sachverständige deutlich gemacht, dass beim Kläger eine anatomische Normvariante in Form einer sechsgliedrigen LWS vorhanden ist bzw. ein lumbalisierter erster Sakralwirbel vorliegt und lediglich das Bandscheibenfach L5/S1 einen ausgeprägten sequestrierten Bandscheibenvorfall mit deutlicher Höhenminderung und Komprimierung der beidseits austretenden Nervenwurzel S1 zeigte, während bei der darunter liegenden Bandscheibe S1/S2 bzw. L6/S1 lediglich eine diskrete Vorwölbung bestand, wenn auch die Bandscheibenhöhe deutlich niedriger war als in den darüber liegenden Segmenten. Insoweit hat der Sachverständige weiter ausgeführt, dass diese Höhenminderung keinesfalls verwundert, da die Bandscheibe von Übergangssegmenten in aller Regel signifikant niedriger ist. Geht man insoweit davon aus, dass die beim Kläger festgestellte Höhenminderung im Bereich der Bandscheibe S1/S2 bzw. L6/S1 angesichts der beim Kläger insoweit vorhandenen Normvariante jedoch typisch und damit bei dieser Normvariante als regelhaft anzusehen ist, so lässt sich im Sinne der in Rede stehenden ersten Alternative der Konstellation B2 ein regelwidriger Zustand zwar im Bereich des Bandscheibenfaches L5/S1 konstatieren, nicht jedoch in dem darunterliegenden Segment, auch wenn dieses in die Prothesenversorgung einbezogen wurde. Im Sinne der Konstellation B2 wäre dann von einem monosegmentalen Vorfall im Sinne der zweiten Alternative auszugehen, wodurch es dabei bleibt, dass mangels zusätzlichen "black discs" in zwei angrenzenden Segmenten ein Zusammenhang zwischen den beruflichen Einwirkungen und der LWS-Erkrankung des Klägers nicht wahrscheinlich ist. Geht man davon aus, dass die festgestellte Höhenminderung S1/S2 bzw. L6/S1 das Kriterium einer Höhenminderung i.S. der Konstellation B2 erfüllt, wäre ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den beruflichen Einwirkungen und der LWS-Erkrankung gleichwohl zu verneinen. Denn Voraussetzung dieser Konstellation ist auch, dass wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht erkennbar sind. Prof. Dr. K. hat aber in seiner ergänzenden Stellungnahme unter Hinweis auf wissenschaftliche Studienergebnisse dargelegt, dass Bandscheiben oberhalb des Übergangswirbels signifikant häufiger zu Degenerationen neigen, sodass eine anlagebedingte konkurrierende Ursache vorliegt. Gerade dieser Bereich war beim Kläger mit dem ausgeprägten sequestrierten Bandscheibenvorfall am stärksten betroffen. Dabei ist nicht erforderlich, dass es sich um eine - so die Formulierung des Klägers - "alternative pathologische Erkrankung" handelt, es genügt jede bk-unabhängige Ursache. Im Ergebnis überzeugt es den Senat daher, wenn der Sachverständige die Konstellation B2 nicht bejaht.
Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2108 (im Folgenden: BK 2108) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der am 1982 geborene Kläger erlernte von August 1998 bis 2001 bei der Firma Gebrüder F. Bau-Hochbau in S. (nachfolgend: Firma F. ) den Beruf des Beton-/Stahlbetonbauers und war nachfolgend bis März 2005 in seinem Ausbildungsbetrieb als Geselle und Vorarbeiter tätig, wobei er von Februar 2004 bis Februar 2005 die Meisterschule besuchte. Ab dem zweiten Lehrjahr übte er dabei die typischen Arbeiten eines Beton-/Stahlbetonbauers im Industrie-, Wohnungs- und zum Teil auch im Kläranlagenbau aus, schwerpunktmäßig zu 50% Einschalarbeiten (davon 50% Wände, 40% Decken und 10% Fundamente), 30% Bewehrungsarbeiten und 20% Betonierarbeiten; während des Besuchs der Meisterschule übte er keine mit Heben bzw. Tragen schwerer Lasten verbundene Tätigkeiten aus, allerdings half der Kläger an den Samstagen auf den Baustellen der Firma F. aus. Von April 2005 bis November 2008 arbeitete der Kläger bei verschiedenen Baufirmen in E. als Vorarbeiter, wobei er - so seine Angaben gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten - bei Schalungsarbeiten auf dem L. Flughafen, beim Bau einer Pferderennbahn-Tribüne und im Wohnungsbau aufsichtS. ührend bei Schalungsarbeiten tätig gewesen sei und keine wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten ausgeführt habe. Nachfolgend war der Kläger von Dezember 2008 bis Januar 2010 bei der ZeitarbeitS. irma K. Bau in den N. tätig, die ihn - so wiederum seine Angaben gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten - an eine Baufirma vermittelte, wo er im Schalungsbau, ebenfalls aufsichtS. ührend, tätig gewesen und gleichermaßen keine wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeführt habe. Nach einer kurzen Zeit der Arbeitslosigkeit war der Kläger ab März 2010 bei der Firma R. S. -Bau GmbH & Co. KG in S. (nachfolgend: Firma R. ) beschäftigt, wo er als Vorarbeiter auf verschiedenen Hochbaustellen tätig war und die typischen Tätigkeiten eines Beton-/Stahlbetonbauers im Hochbau ausübte, und zwar schwerpunktmäßig zu 70% Einschalarbeiten (davon 50% Wände, 40% Decken und 10% Fundamente), 20% Betonierarbeiten und 10% andere Arbeiten, wie bspw. Verfüll- und Verdichtungsarbeiten (vgl. Angaben des Klägers bzw. der I. , Bl. 11, 28/29 VerwA sowie insbesondere die Angaben des Klägers gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten vom 14.06.2013, Bl. 59 ff. VerwA).
Am 13.09.2012 trat beim Kläger wegen einer Lumboischialgie Arbeitsunfähigkeit ein, wobei wegen eines sequestrierenden Bandscheibenvorfalls in Höhe der Lendenwirbelkörper (LWK) 4/5 am 12.10.2012 im Klinikum S. eine Sequestrektomie und Dekompression durchgeführt wurde (Bericht vom 16.10.2012, Bl. 55 ff. VerwA). Anfang Dezember 2014 wurden Bandscheibenprothesen im Bereich von L4/5 und L5/S1 implantiert (Entlassungsbericht der Orthopädischen Klinik M. vom 08.12.2014, Bl. 44/45 Senatsakte). Seine Tätigkeit nahm der Kläger nachfolgend nicht mehr auf.
Im April 2013 zeigte die Krankenkasse des Klägers, die I. , bei der Beklagte den Verdacht auf eine BK an. Im Rahmen der sodann eingeleiteten Ermittlungen gab der Kläger im Fragebogen der Beklagten u.a. an, seine Lendenwirbel(LWS)beschwerden seien erstmals ca. 2002 aufgetreten. Im Rahmen der veranlassten Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition ermittelte der Präventionsdienst der Beklagten auf Grund der Angaben des Klägers anlässlich des mit ihm im Juni 2013 geführten Gesprächs (s.o.) unter Zugrundelegung der Erfahrungen und den Erkenntnissen aus Beobachtungen an Vergleichsarbeitsplätzen und unter Heranziehung des sog. Mainz-Dortmunder Dosismodells (MDD) für die Beschäftigungen bei der Firma F. (August 1999 bis Februar 2004) und der Firma R. (März 2010 bis September 2012) eine berufliche Gesamtbelastungsdosis in Höhe von 7,0 x 106 Nh, mithin 28% des Orientierungswertes von 25 x 106 Nh für Männer und führte weiter aus, hierdurch werde der hälftige Orientierungswert nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) von 12,5 x 106 Nh unterschritten.
Mit Bescheid vom 26.06.2013 lehnte es die Beklagte ab, eine BK 2108 anzuerkennen und führte zur Begründung aus, der Kläger erfülle nicht die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung dieser BK. Der Kläger überschreite nicht den Richtwert zur Mindestexposition für Männer von 12,5 x 106 Nh, d.h. den Wert ab dessen Überschreitung die beruflichen Voraussetzungen einer BK 2108 als erfüllt betrachtet würden. Beim Kläger liege die Gesamtdosis deutlich unter diesem Wert, weshalb die erfolgten Einwirkungen nicht geeignet seien, eine BK zu verursachen. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten u.a. geltend, dass nicht sämtliche Zeiten einer wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit berücksichtigt worden seien; so fehlten die Zeit seiner Tätigkeit als Bauhelfer in den Schulferien in den beiden Jahren vor Beginn seiner Ausbildung, die Zeit seiner Arbeit während des ersten Lehrjahrs an Samstagen und in den Berufsschulferien, die Zeit seiner Arbeit an Samstagen während des Besuchs der Meisterschule sowie die Zeit seiner Auslandstätigkeiten, während der er "nicht (nur) aufsichtsführend", sondern als Vorarbeiter bzw. Fachkraft tätig gewesen sei. So sei er während der Tätigkeit am L. Flughafen und der Pferderennbahn zu 100% als Fachkraft ohne aufsichtsführende Funktion tätig gewesen und in seiner Tätigkeit im Wohnungsbau seien maximal 5 bis 10% der Arbeitszeit auf Aufsichtstätigkeiten entfallen; diese hätten sich im Wesentlichen darauf beschränkt, die Mitarbeiter in der Kolonne kurz in die Tätigkeiten einzuweisen, die am jeweiligen Arbeitstag durchzuführen waren. Entsprechend sei die Tätigkeit auch jeweils als "Carpenter" bezeichnet worden. Dass er als Bauleiter/Polier etc. tätig gewesen sei, habe er nie behauptet. Hierzu legte er verschiedene Arbeitsverträge/Zeugnisse vor. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2014 zurückgewiesen. Es bestehe kein Anlass zu der Annahme, dass insbesondere die auf der Grundlage der persönlichen Angaben des Klägers ermittelte Gesamtbelastung um ca. 80% zu niedrig ermittelt worden sei.
Am 16.04.2014 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt. Im weiteren Verlauf hat er zum Nachweis seiner ausländischen Beschäftigungszeiten zahlreiche Unterlagen, insbesondere Lohnabrechnungen und Bestätigungen vorgelegt, wonach er regelmäßig als "Carpenter" bzw. Facharbeiter bei den genannten Bauprojekten eingesetzt gewesen sei und die durchgeführten Tätigkeiten im Hoch- bzw. Tiefbau mit "erheblichen körperlichen Einwirkungen auf die Bandscheibe" verbunden gewesen seien.
Das SG hat bei der I. ein Vorerkrankungsverzeichnis beigezogen und ein Gutachten bei Prof. Dr. K. , Chefarzt im Zentrum für Operative Medizin des R. -Krankenhauses in S., eingeholt, der das Vorliegen einer BK 2108 verneint hat, weil der Kläger die Mindestexpositionsdosis nicht erreicht habe; auch die Tätigkeit als Jugendlicher führe nicht zu einer wesentlichen Expositionserhöhung. Im Übrigen zeigten die nativradiologischen Aufnahmen keine Begleitspondylose und in den vorliegenden MRT-Aufnahmen der LWS würden keine "black discs" in weiteren Etagen dargestellt, weshalb mehr gegen als für eine berufliche Ursache der LWS-Erkrankung spreche. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat er auch unter Einbeziehung des Vorbringens des Klägers, wonach auch die Tätigkeiten in E. (März 2005 bis November 2007 sowie Februar bis November 2008) und den N. (Dezember 2008 bis Januar 2010) mit "erheblichen körperlichen Einwirkungen auf die Bandscheibe" verbunden gewesen seien, an seiner Auffassung festgehalten und ausgeführt, dass auch unter Berücksichtigung dieser Zeiten und bei Annahme, dass ähnliche Beschäftigungen ausgeübt wurden wie zuvor, der hälftige Orientierungswert allenfalls knapp erreicht werde. Zudem liege - worauf bereits hingewiesen worden sei - kein belastungskonformes Krankheitsbild vor (Fehlen einer Begleitspondylose sowie "Black discs" in weiteren Etagen), weshalb eine BK 2108 zu verneinen sei.
Mit Urteil vom 12.04.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK 2108 dahinstehen könne, da jedenfalls die medizinischen Voraussetzungen für diese BK nicht erfüllt seien. Denn es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Einwirkungen der beruflichen Tätigkeit zu der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers geführt haben. Unter Annahme einer ausreichenden Exposition könne unter Anwendung der sog. Konsensempfehlungen zwar bei den Konstellationen B1 und B2 ein ursächlicher Zusammenhang bejaht werden, hingegen lägen deren Voraussetzungen nicht vor (Konstellation B1 mangels Begleitspondylose; Konstellation B2 mangels "black discs" bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall), weshalb die Konstellation B3 zu bejahen sei, hinsichtlich derer jedoch kein Konsens bestehe und ein ursächlicher Zusammenhang daher zu verneinen sei.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 28.04.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.05.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG habe zu Unrecht die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die geltend gemachte BK nicht festgestellt bzw. falls es dies anzweifle zu Unrecht keine diesbezüglichen Ermittlungen angestellt. Im Übrigen seien auch die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung dieser BK erfüllt. So habe der Sachverständige Prof. Dr. K. eine "nicht erosive Osteochondrose" festgestellt, die für einen ursächlichen Zusammenhang spreche und er sei einer ungewöhnlich intensiven Belastung ausgesetzt gewesen, nachdem der Richtwert für die Lebensdosis (12,5 MNh) bereits nach knapp mehr als zehn Jahren erreicht worden sei. Zudem leide er nicht unter einer alternativen pathologischen Erkrankung, die zu einer Degeneration des Wirbelsäulenapparates führen könne und das Ausmaß seines Bandscheibenvorfalls sei ungewöhnlich groß gewesen, weshalb künstliche Implantate hätten eingesetzt werden müssen. Zu seinen Gunsten sei daher der Maßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit zwischen der beruflichen Einwirkung und seiner Erkrankung zu bejahen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.04.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2014 zu verurteilen, eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der BKV anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme bei Prof. Dr. K. eingeholt, der ausgeführt hat, dass beim Kläger eine sechsgliedrige LWS bzw. ein lumbalisierter erster Sakralwirbel vorliege, weshalb die gängigen Maßstäbe zur Beurteilung einer fünfgliedrigen Wirbelsäule nicht mit letzter Sicherheit anzuwenden seien. Beim Kläger seien zwei Segmente von Degenerationen betroffen und operativ mittels Bandscheibenprothesen versorgt worden. Der im September 2012 operierte sequestrierte Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 sei meist als L4/5 bezeichnet worden. Auch die Bandscheibe S1/S2 bzw. L6/S1 habe seinerzeit eine diskrete Vorwölbung und einen möglichen Wurzelkontakt im Rezessus gezeigt und die Bandscheibenhöhe sei - wie in aller Regel bei Übergangssegmenten - deutlich niedriger gewesen als in den darüber liegenden Segmenten. Angesichts der Normvariante könne das Vorliegen der Konstellation B2 nicht mit letzter Sicherheit bejaht werden. Bandscheiben oberhalb des Übergangswirbels neigten signifikant häufiger zu Degenerationen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.
Die Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung der streitigen BK ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Anerkennung der streitigen BK ablehnenden Verwaltungsentscheidungen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles und damit auf eine Berufskrankheit übertragbar BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 20).
Allerdings hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 26.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es ablehnte, die Erkrankung des Klägers als BK 2108 anzuerkennen. Denn das Vorliegen einer solchen BK ist beim Kläger nicht festzustellen.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer der den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Erkrankungen als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII).
Eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII i. V. m. Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV ist eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Anerkennung und Entschädigung einer Erkrankung nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Bei dem Versicherten muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegen, die durch langjähriges berufsbedingtes Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige berufsbedingte Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (so genannte arbeitstechnische Voraussetzungen) entstanden ist. Die Erkrankung muss den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben, und als Konsequenz aus diesem Zwang muss die Aufgabe dieser Tätigkeiten tatsächlich erfolgt sein.
Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung - hier also eine bandscheibenbedingte Erkrankung - erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Der Senat hat bereits durchschlagende Zweifel, ob der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzzungen für die BK 2108 erfüllt.
Das so genannte und hier von der Beklagten der Beurteilung zu Grunde gelegte MDD ist ein Verfahren zur Bewertung der beim Einzelnen auftretenden tatsächlichen Belastung im Hinblick auf die in der BK 2108 aufgeführten Kriterien (langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten bzw. langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung), also zur Beurteilung, ob die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegen (s. im Einzelnen: BK-Report Wirbelsäulenerkrankungen 2/03, herausgegeben vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften). Hintergrund des MDD ist die Erkenntnis, dass insbesondere bei Beschäftigten in Pflegeberufen, Betonbauern und Hafenarbeitern nach epidemiologischen Studien von einem signifikant erhöhten Risiko in Bezug auf die Entwicklung bandscheibenbedingter Erkrankungen der LWS auszugehen ist und dass weniger häufig auftretende hohe Kompressionskräfte eine höhere Schädigungswirkung besitzen als häufige Belastungen mit niedriger Höhe. Letzteres führt zum so genannten quadratischen Ansatz, bei dem die überproportionale Wichtung der auf das Wirbelsäulesegment einwirkenden Kompressionskraft (hervorgerufen insbes. durch das zu bewältigende Gewicht) durch eine Quadrierung der Expositionshöhe erfolgt.
Bei der Beurteilung der Belastung der genannten Berufsgruppen wurde zur Abgrenzung zwischen (für die BK 2108 relevanten) schweren und (unerheblichen) allgemeinen Hebe- und Tragetätigkeiten eine so genannte Druckkraftschwelle ermittelt, die für Männer 3,2 Kilo-Newton (kN) und für Frauen 2,5 kN beträgt. Grundlage ist die Annahme, dass bei Männern ab 40 Jahren ab 20 Kilogramm, bei Frauen ab 40 Jahren ab 10 Kilogramm von einer schweren Last zu sprechen sei und die biomechanischen Messungen und Berechnungen beim langsamen Heben einer solchen Last vom Boden auf Taillenhöhe diese Werte am Übergang der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein ergeben.
Auf diesen Grundlagen wurde die Belastung der genannten Berufsgruppen ermittelt und für eine Acht-Stunden-Schicht aufaddiert. Für die Beschäftigten in Pflegeberufen - insoweit bezogen sich die Studien fast ausschließlich auf Frauen - ergab sich eine kumulierte LWS-Belastungsdosis von knapp 4000 Newton-Stunden (Nh), für Betonbauer bzw. Hafenarbeiter - fast ausschließlich männliche Beschäftigte - eine solche von bis über 6000 bzw. über 13.000 Nh je Schicht. Davon abgeleitet geht das MDD von einer erforderlichen Mindestexposition i. S. einer kritischen Dosis je Schicht für Frauen von 3500 Nh (= 3,5 kNh) und für Männer von 5500 Nh (= 5,5 kNh) bzw. für das gesamte Berufsleben von 17 Mega-Newton-Stunden (MNh) für Frauen bzw. 25 MNh für Männer aus. Werden diese Werte erreicht, sind die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK als erfüllt anzusehen, das heißt, der Versicherte war einer Belastung ausgesetzt, die ein erhöhtes Risiko für eine bandscheibenbedingte Erkrankung im Sinne der BK 2108 darstellte.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.03.2003, B 2 U 13/02 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 1) dient das MDD letztendlich der Konkretisierung der in der BK 2108 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe. Es ist als Zusammenfassung wissenschaftlicher Erfahrungstatsachen ein geeignetes Modell, die kritische Belastungsdosis eines Versicherten zu ermitteln und in Beziehung zu seinem Erkrankungsrisiko zu setzen. Dabei ist zu beachten, dass die Schwellen- oder Dosiswerte des MDD keine festen Grenzwerte, sondern allenfalls Orientierungswerte sind, die eine Hilfe bei der Beurteilung des medizinischen Zusammenhangs zwischen versicherter Einwirkung und Erkrankung darstellen.
An diesem Berechnungsmodell ist - so das BSG im Urteil vom 30.10.2007 (B 2 U 4/06 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5) - derzeit trotz diverser Schwächen des MDD in modifizierter Form als Grundlage für die Konkretisierung der im Text der BK 2108 zur Kennzeichnung der beruflichen Einwirkungen verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe festzuhalten, weil aktuell kein den wissenschaftlichen Erkenntnisstand besser abbildendes Alternativmodell zur Verfügung steht. Allerdings kann das Erreichen einer bestimmten Mindesttagesdosis, wie nach dem MDD gefordert, nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht mehr verlangt werden, sodass bei der Berechnung auch die Tage mit Tagesdosen, die unterhalb der Mindesttagesdosis liegen, zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf die bestehenden Unsicherheiten sind die Richtwerte des MDD für die Gesamtbelastungsdosis zu halbieren, so dass von einem langjährigen Heben und Tragen schwerer Lasten bzw. einer langjährigen Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung auszugehen ist, wenn mindestens die Hälfte des nach dem MDD ermittelten Wert für die Gesamtbelastungsdosis erreicht oder überschritten wird. Wird der so ermittelte Grenzwert (so ausdrücklich das BSG, a.a.O.) unterschritten, ist ein rechtlich wesentlicher Kausalzusammenhang zwischen Exposition und Erkrankung ausgeschlossen, sodass es keiner weiteren Feststellungen zum Krankheitsbild und zum medizinischen Kausalzusammenhang im Einzelfall bedarf (BSG, a.a.O. und Urteil vom 18.11.2008, B 2 U 14/08 R).
Vorliegend erreicht der Kläger den genannten Grenzwert von 12,5 x 106 Nh mit der vom Präventionsdienst der Beklagten auf der Grundlage der persönlichen Angaben des Klägers am 14.06.2013 ermittelten Gesamtbelastungsdosis von 7 x 106 Nh bei weitem nicht, sodass nach der oben dargelegten Rechtsprechung des BSG die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2108 mit den vom Kläger ausgeübten und der Berechnung zu Grunde gelegten Tätigkeiten bei der Firma F. und der Firma R. nicht erfüllt sind. Zu den von ihm verrichteten Tätigkeiten gab der Kläger anlässlich seiner seinerzeitigen persönlichen Befragung an, dass er bei den genannten Firmen die typischen Arbeiten eines Beton-/Stahlbetonbauers verrichtet habe, er hingegen bei seinen Tätigkeiten in E. und den N. aufsichtsführend tätig gewesen sei und keine wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten ausgeführt habe. Entsprechend legte der Präventionsdienst der Beklagte ihrer Berechnung auch nur die Hebebelastungen der im Inland verrichteten Tätigkeiten bei der Firma F. und der Firma R. zu Grunde.
Soweit der Kläger durch seinen Bevollmächtigten seit dem Widerspruchsverfahren im Gegensatz zu seinen persönlichen früheren Angaben gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten geltend macht, wirbelsäulenbelastend insbesondere auch bei seinen Tätigkeiten in E. und den N. tätig gewesen zu sein, bedarf es keiner weiteren Ermittlungen, insbesondere auch nicht der Vernehmung der vom Kläger genannten Zeugen. Denn selbst wenn man zu Grunde legt, dass der Kläger, ebenso wie im Rahmen seiner Tätigkeiten bei der Firma F. und der Firma R. (insgesamt 86 Monate), auch während seiner Auslandstätigkeiten (insgesamt 58 Monate) die typischen Arbeiten eines Beton-/Stahlbetonbauers verrichtete und dementsprechend die von der Beklagten ermittelte Gesamtbelastungsdosis von 7 x 106 Nh für 86 Monate anteilsmäßig für weitere 58 Monate, mithin um ca. 67% erhöhen würde, wodurch sich eine zusätzliche Belastungsdosis von ca. 4,7 x 106 Nh errechnen würde, wäre mit dann insgesamt ca. 11,7 x 106 Nh der erforderliche Grenzwert von 12,5 x 106 Nh nicht erreicht.
Soweit der Kläger behauptet, schon zwei Jahre vor seiner Ausbildung, also ab 1996, in den Schulferien (Ostern, Pfingsten, Sommer) als Bauhelfer tätig gewesen zu sein, vermag der Senat dies nicht als belastende Tätigkeit zu Grunde zu legen. Der Kläger hat bereits keine konkreten Zeiträume der Tätigkeit dargelegt, sondern im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vor dem SG eingeräumt, dann nicht gearbeitet zu haben, wenn er mit seinen Eltern in den Ferien weggefahren ist. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, welche belastenden Tätigkeiten er verrichtet haben will. Die von der Beklagten der Berechnung für die Tätigkeiten bei der Firma F. und der Firma R. zu Grunde gelegte Tätigkeit als Beton-/Stahlbauer mit den damit verbundenen Belastungen konnten es schon deshalb nicht gewesen sein, weil der Kläger damals noch keine entsprechende Ausbildung hatte und nach seinen eigenen Angaben nur als Bauhelfer tätig war. Deshalb lehnt der Senat auch den Antrag auf Vernehmung des damaligen Firmeninhabers Joachim F. ab, weil nicht erkennbar ist, welche konkreten entscheidungsrelevanten Tatsachen der Zeuge bekunden soll. Gleiches gilt, soweit der Kläger behauptet, während des ersten Lehrjahres, in dem er nach seinen Erstangaben gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten ausschließlich die Berufsschule besuchte, auch an Samstagen und in den Schulferien gearbeitet zu haben. Auch insoweit behauptet er lediglich eine Tätigkeit auf dem Bau, ohne dies hinsichtlich der Art der Tätigkeit substanziiert darzulegen und auch insoweit bleiben angesichts der Angaben im Erörterungstermin die tatsächlichen Zeiten der Tätigkeit unklar. Soweit der Kläger für die Zeit des Besuchs der Meisterschule ebenfalls - wiederum ohne Konkretisierung, insbesondere hinsichtlich der Art - Tätigkeiten samstags behauptet, beziehen sich die gestellten Beweisanträge hierauf nicht. Für anderweitige Ermittlungen von Amts wegen sieht der Senat keinen Ansatz. Der Kläger hat im Erörterungstermin selbst angegeben, dass die Firma F. nicht mehr existiert. Damit lassen sich von dort auch keine firmeninternen Unterlagen mehr beschaffen.
Aber selbst wenn der Kläger den maßgeblichen Grenzwert mit einer Gesamtbelastungsdosis von 12,5 x 106 Nh erreicht hätte und damit die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2108 erfüllen würde, lägen die Voraussetzungen zur Anerkennung der begehrten BK 2108 nicht vor.
Der Kläger leidet an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS. Unter bandscheibenbedingten Erkrankungen sind Bandscheibendegeneration (Diskose), Instabilität im Bewegungssegment, Bandscheibenvorfall (Prolaps), degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten (Osteochondrose), knöcherne Ausziehungen an den vorderen seitlichen Randleisten der Wirbelkörper (Spondylose), degenerative Veränderungen der Wirbelgelenke (Spondylarthrose) mit den durch derartige Befunde bedingten Beschwerden und Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule zu verstehen (BSG, Urteil vom 31.05.2005, B 2 U 12/04 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 unter Verweis auf die Begründung in BR-Drucks. 773/92 S. 8 zur Zweiten Änderungsverordnung, durch welche die BK 2108 in die Berufskrankheitenliste aufgenommen worden ist). Dies bedeutet, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung neben den beschriebenen röntgenologisch feststellbaren Veränderungen auch ein Krankheitsbild erfordert, das über einen längeren Zeitraum andauert, also chronisch oder zumindest chronisch wiederkehrend ist, und zu Funktionseinschränkungen führt, die eine Fortsetzung der Tätigkeit unmöglich macht (BSG, a.a.O.).
Nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. K. liegt beim Kläger als bandscheibenbedingte Erkrankung ein sequestrierter Bandscheibenfall im Segment L5/S1 vor, wobei dieses Segment in den medizinischen Unterlagen angesichts der beim Kläger vorliegenden sechsgliedrigen LWS meist als L4/5 bezeichnet ist. Insoweit wurde im Oktober 2012 eine Sequestrektomie und Dekompression durchgeführt. Bei fortbestehenden Beschwerden erfolgte im Dezember 2014 eine Bandscheibenprothesenimplantation in diesem und im Folgesegment, mithin im Bereich von L5/S1 und S1/2 (bzw. L4/5 und L6/S1).
Diese bandscheibenbedingte Erkrankung steht hingegen nicht in einem wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang mit den beruflichen Belastungen des Klägers.
Angesichts der multifaktoriellen Entstehung von bandscheibenbedingten Erkrankungen, der Dauer der zu berücksichtigenden Zeiträume und des Fehlens eines eindeutig abgrenzbaren Krankheitsbildes, das für Belastungen durch Heben und Tragen oder Arbeit in Rumpfbeugehaltung typisch ist, stellt sich letztlich entscheidend nur die Frage nach einer wesentlichen Mitverursachung der LWS-Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen (BSG, Urteil vom 27.06.2006, B 2 U 13/05 R in SozR 4-2700 § 9 Nr. 9 m.w.N.). Aus diesen Gründen ist auch § 9 Abs. 3 SGB VII, unabhängig von seinem Inkrafttreten erst am 01.01.1997, bei der BK Nr. 2108 nach heutigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht anwendbar (BSG, a.a.O.).
Die Frage, welche Voraussetzungen zur Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung einer BK vorliegen müssen, ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu beantworten (BSG, a.a.O. m.w.N.). Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also, von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht. In Übereinstimmung mit den Standardwerken von Mehrtens/Brandenburg (Berufskrankheiten-Verordnung, M 2108 Anm. 5 ff.), Schönberger/Mehrtens/Valentin (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage, 2017, S. 505 ff.) und den Konsensempfehlungen (von der auf Anregung des HVBG eingerichteten, interdisziplinären Arbeitsgruppe erarbeitete "Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" in Trauma und Berufskrankheit 2005, 211 ff.) sind folgende Kriterien zu Grunde zu legen (BSG, a.a.O.): Die belastenden Einwirkungen, das Krankheitsbild, insbesondere ob ein altersuntypischer Befund und ein belastungskonformes Schadensbild vorliegen, eine zeitliche Korrelation zwischen den Einwirkungen und dem Erkrankungsverlauf, das Vorliegen von konkurrierenden Ursachen wie z.B. Schadensanlagen. Dabei stellen die Konsensempfehlungen für den Senat eine für die Beurteilung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS relevante Grundlage dar, indem sie den derzeit aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse auf diesem Gebiet wiedergeben.
Auf der Grundlage der Konsensempfehlungen liegt beim Kläger keine Konstellation vor, die den ursächlichen Zusammenhang zwischen den belastenden Einwirkungen der beruflichen Tätigkeit des Klägers und seiner LWS-Erkrankung als wahrscheinlich erscheinen lassen. Zu Recht hat das SG das Vorliegen der Konstellationen B1 und B2, unter deren Voraussetzungen die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der bandscheibenbedingten Erkrankung zu bejahen ist, mangels Vorliegen einer Begleitspondylose (Konstellation B1) verneint und gleichermaßen die Konstellation B2, weil auch keines der statt dessen geforderten weiteren Kriterien (Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben, bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/L1 oder L4/5 "black disc" im Magnetresonanztomogramm - MRT- in mindestens zwei angrenzenden Segmenten; besonders intensive Belastung; besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen) erfüllt ist. Insoweit sieht der Senat deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren im Hinblick auf das Fehlen einer Begleitspondylose geltend gemacht hat, der Sachverständige Prof. Dr. K. habe gleichwohl eine "nicht erosive Osteochondrose" als solche Begleiterscheinung festgestellt, ist darauf hinzuweisen, dass die Konsensempfehlungen für die Bejahung der Konstellation B1 eine Begleitspondylose verlangen, mithin (Konsensempfehlungen a.a.O., S. 215) knöcherne Ausziehungen an den vorderen seitlichen Randleisten der Wirbelkörper, nicht jedoch beliebige andere degenerative Veränderungen, wie die vom Kläger angeführte Osteochondrose, bei der es sich um degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten handelt. Auch der Einwand im Hinblick auf Konstellation B2, wonach der Kläger einer ungewöhnlich intensiven Belastung ausgesetzt gewesen sei, weil er den Richtwert für die Lebensdosis von 12,5 x 106 Nh in einem Zeitraum von gerade einmal knapp mehr als zehn Jahren erreicht habe, trifft nicht zu. Selbst wenn die vom Kläger behaupteten weiteren Tätigkeiten ab 1996 zu Grunde gelegt würden, wäre von einem Zeitraum (bis September 2012) von 16 Jahren auszugehen, eine Zeitspanne, die die genannten zehn Jahre deutlich (und nicht knapp) überschreitet. Für eine ungewöhnlich intensive Belastung bestehen keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte.
Schließlich rechtfertigt auch die vom Senat im Berufungsverfahren eingeholte ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. K. keine abweichende Beurteilung. Zwar hat der Sachverständige klargestellt, dass durch die operative Behandlung im Dezember 2014 zwei Segmente mittels Bandscheibenprothesen versorgt worden sind und auch zwei Segmente von Degenerationen betroffen waren, weshalb in Betracht zu ziehen ist, dass beim Kläger im Rahmen der Konstellation B2 - anders als vom Sachverständigen im Rahmen seines Gutachtens angenommen - nicht von einem monosegmentalen Vorfall (bzw. Chondrose) im Sinne der zweiten Alternative auszugehen ist (was zusätzlich in zwei angrenzenden Segmenten "black discs" erfordert, die beim Kläger allerdings nicht vorliegen), sondern im Sinne der ersten Alternative eine "Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben" vorliegt, wodurch der in Rede stehende Ursachenzusammenhang wahrscheinlich wäre. Allerdings hat der Sachverständige deutlich gemacht, dass beim Kläger eine anatomische Normvariante in Form einer sechsgliedrigen LWS vorhanden ist bzw. ein lumbalisierter erster Sakralwirbel vorliegt und lediglich das Bandscheibenfach L5/S1 einen ausgeprägten sequestrierten Bandscheibenvorfall mit deutlicher Höhenminderung und Komprimierung der beidseits austretenden Nervenwurzel S1 zeigte, während bei der darunter liegenden Bandscheibe S1/S2 bzw. L6/S1 lediglich eine diskrete Vorwölbung bestand, wenn auch die Bandscheibenhöhe deutlich niedriger war als in den darüber liegenden Segmenten. Insoweit hat der Sachverständige weiter ausgeführt, dass diese Höhenminderung keinesfalls verwundert, da die Bandscheibe von Übergangssegmenten in aller Regel signifikant niedriger ist. Geht man insoweit davon aus, dass die beim Kläger festgestellte Höhenminderung im Bereich der Bandscheibe S1/S2 bzw. L6/S1 angesichts der beim Kläger insoweit vorhandenen Normvariante jedoch typisch und damit bei dieser Normvariante als regelhaft anzusehen ist, so lässt sich im Sinne der in Rede stehenden ersten Alternative der Konstellation B2 ein regelwidriger Zustand zwar im Bereich des Bandscheibenfaches L5/S1 konstatieren, nicht jedoch in dem darunterliegenden Segment, auch wenn dieses in die Prothesenversorgung einbezogen wurde. Im Sinne der Konstellation B2 wäre dann von einem monosegmentalen Vorfall im Sinne der zweiten Alternative auszugehen, wodurch es dabei bleibt, dass mangels zusätzlichen "black discs" in zwei angrenzenden Segmenten ein Zusammenhang zwischen den beruflichen Einwirkungen und der LWS-Erkrankung des Klägers nicht wahrscheinlich ist. Geht man davon aus, dass die festgestellte Höhenminderung S1/S2 bzw. L6/S1 das Kriterium einer Höhenminderung i.S. der Konstellation B2 erfüllt, wäre ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den beruflichen Einwirkungen und der LWS-Erkrankung gleichwohl zu verneinen. Denn Voraussetzung dieser Konstellation ist auch, dass wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht erkennbar sind. Prof. Dr. K. hat aber in seiner ergänzenden Stellungnahme unter Hinweis auf wissenschaftliche Studienergebnisse dargelegt, dass Bandscheiben oberhalb des Übergangswirbels signifikant häufiger zu Degenerationen neigen, sodass eine anlagebedingte konkurrierende Ursache vorliegt. Gerade dieser Bereich war beim Kläger mit dem ausgeprägten sequestrierten Bandscheibenvorfall am stärksten betroffen. Dabei ist nicht erforderlich, dass es sich um eine - so die Formulierung des Klägers - "alternative pathologische Erkrankung" handelt, es genügt jede bk-unabhängige Ursache. Im Ergebnis überzeugt es den Senat daher, wenn der Sachverständige die Konstellation B2 nicht bejaht.
Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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