L 1 JVEG 59/18

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 JVEG 59/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Entschädigung der Erinnerungsgegnerin anlässlich der Begutachtung am 25. August 2017 wird auf 89,50 EUR festgesetzt. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

I.

Die Erinnerungsgegnerin begehrte im Hauptsacheverfahren L 12 R 467/16 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Mit Beweisanordnung vom 8. August 2017 verfügte die zuständige Berichterstatterin des 12. Senats eine Begutachtung durch Dr. F. in B. K ... Dieser bestätigte für den 25. August 2017 eine Untersuchung von 8:45 Uhr bis 12:30 Uhr. Zudem bejahte er die Erforderlichkeit einer Begleitperson aus gesundheitlichen Gründen.

In ihrem Antrag auf Erstattung der Fahrtkosten begehrte die Erinnerungsgegnerin einen Gesamtbetrag von 155,00 EUR. Sie machte eine Gesamtstrecke von 286 Kilometern, ein Tagegeld nach einem Zeitaufwand von 8,5 Stunden und die Kosten für eine Begleitperson geltend. Am 19. September 2017 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) eine Gesamtentschädigung in Höhe von 155,00 EUR fest.

Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Staatskasse. Aufgrund der Kostenminimierungspflicht sei nur die kürzeste Fahrstrecke vom Wohnort der Erinnerungsgegnerin bis nach B. K. erstattungsfähig. Die kürzeste Fahrstrecke betrage 246 Kilometer. Hinsichtlich der zugesprochenen Entschädigung für Zeitversäumnis sei eine Beendigung der Reise um 15:00 Uhr nicht plausibel. Erstattungsfähig sei nur eine Reisezeit von 6:45 Uhr bis 14:30 Uhr. Zeitversäumnis sei daher für 8 Stunden zu gewähren. Ein Anspruch auf Tagegeld bestehe nicht. Kosten einer Begleitperson könnten bereits deshalb nicht übernommen werden, weil die Erinnerungsgegnerin keine Angaben gemacht habe. Die Entschädigung der Erinnerungsgegnerin sei daher mit 89,50 EUR festzusetzen.

Der Erinnerungsführer beantragt,

die Entschädigung anlässlich des Begutachtungstermins am 25. August 2017 auf 89,50 EUR festzusetzen.

Die Erinnerungsgegnerin ist dem entgegengetreten. Sie habe die tatsächlich gefahrene Strecke über die Bundesautobahn A 71 angegeben. Eine zeitliche Differenz bestehe nicht. Es sei nur die Zeit angegeben worden, die tatsächlich gebraucht worden sei. Die UdG hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Senat vorgelegt.

II.

Zuständig für die Entscheidung ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung mit dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats der Berichterstatter des 1. Senats.

Auf die Erinnerung war die Entschädigung auf 89,50 EUR festzusetzen.

Nach § 4 Abs. 1 JVEG erfolgt die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Feststellung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält (Satz 1).

Nach § 191 Halbs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Zeugen erhalten nach § 19 Abs. 1 S. 1 JVEG als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), für sonstige Aufwendungen (§ 8 JVEG), für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG), für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie für Verdienstausfall (§ 22 JVEG). Soweit die Entschädigung nach Stunden zu bemessen ist, wird sie nach § 19 Abs. 2 JVEG für die gesamte Zeit der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, jedoch nicht mehr als zehn Stunden je Tag gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (Satz 2).

Bei der Entscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen worden sind. Bei der Festsetzung ist das Gericht weder an die Höhe der Einzelansätze noch an den Stundenansatz oder an die Gesamthöhe der Vergütung in der Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder den Antrag der Beteiligten gebunden; es kann nur nicht mehr festsetzen, als beantragt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Februar 2018 – L 1 JVEG 867/15, zitiert nach Juris). Das Verbot der "reformatio in peius" gilt nicht. Die Entschädigung der Erinnerungsgegnerin errechnet sich wie folgt:

Die Fahrtkosten sind in einer Höhe von 61,50 EUR zu erstatten. Nach § 191 Halbsatz 1 SGG i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG werden den Beteiligten bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs zur Abgeltung der Betriebskosten sowie der Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,25 EUR für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt zuzüglich der durch die Benutzung aus Anlass der Reise regelmäßig anfallenden baren Auslagen, insbesondere der Parkentgelte. Erstattet werden die Kosten der Reiseroute, durch die die Gesamtentschädigung am niedrigsten ausfällt. Nach dem Routenplaner Falk beträgt die kürzeste Route zwischen dem Wohnort der Erinnerungsgegnerin und dem Ort der Untersuchung 123 Kilometer. Damit errechnen sich eine Fahrstrecke von 246 Kilometer und ein Fahrtkostenersatz von 61,50 EUR. Anhaltspunkte dafür, dass - zum Beispiel verkehrsbedingt - eine längere Strecke zurückgelegt werden musste, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Hinzu kommt eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 20 JVEG in Höhe von 28,00 EUR (8 Stunden x 3,50 EUR pro Stunde).

Die Kosten einer notwendigen Begleitperson nach § 191 Halbsatz 1 SGG i. V. m. § 7 Abs. 1 JVEG können nicht übernommen werden. Zwar hat der Sachverständige in seiner Bescheinigung über die Untersuchungszeit vom 25. August 2017 eine Notwendigkeit einer Begleitperson aus gesundheitlichen Gründen bejaht. Hierfür fehlt es jedoch nicht nur an der nach dem Formular erforderlichen kurzen Begründung der Notwendigkeit, sondern diese Bescheinigung steht auch im Widerspruch zu den Ausführungen im Sachverständigengutachten von Dr. F. vom 19. September 2017. Nach diesem Gutachten kann die Erinnerungsgegnerin eigenständig ein Kraftfahrzeug führen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Sie ist ebenfalls in der Lage, in zumutbarer Zeit einen Fußweg von ca. 500 Meter täglich auch mehrmals ohne erhebliche Schmerzen zurückzulegen. Angesichts dessen liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Begleitperson vor. Im Übrigen hat die Erinnerungsgegnerin auch keine Unterlagen über entsprechend anfallende Kosten vorgelegt.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Die Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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