S 20 EG 20/14

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
20
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 20 EG 20/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 EG 11/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Elterngeld für einen Bezugszeitraum von zwölf Monaten für das Kind C.

Der Kläger ist Vater der 2014 geborenen Zwillinge C. und D. Am 21. April 2014 beantragte er mit seiner Ehefrau beim Beklagten die Gewährung von Elterngeld. Der Kläger beantragte Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat der Tochter C. und für den 13. und 14. Lebensmonat der Tochter D. Seine Ehefrau beantragte Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat der Tochter D. und den 13. und 14. Lebensmonat der Tochter C.

Mit Bescheid vom 25. April 2014 gewährte der Beklagte dem Kläger für das Kind D. Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat in Höhe von je 2.209,08 EUR. Außerdem gewährte der Beklagte dem Kläger für das Kind C. mit Bescheid vom 16. Mai 2014 Elterngeld für 7 Lebensmonate in Höhe von monatlich 2.209,08 EUR.

Der Ehefrau des Klägers gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Mai 2014 Elterngeld für das Kind C. und zwar für den 1. bis 4. Lebensmonat 0 EUR, für den 5. Lebensmonat 1.972,04 EUR und für den 13. und 14. Lebensmonat je 2.112,84 EUR. Mit einem weiteren an die Ehefrau des Klägers gerichteten Bescheid vom 16. Mai 2014 gewährte der Beklagte ihr für das Kind D. Elterngeld und zwar für den 1. bis 4. Lebensmonat 0 EUR, für den 5. Lebensmonat 600 EUR und für den 6. bis 12. Lebensmonat je 2.112,84 EUR.

Die gegen die drei Bescheide vom 16. Mai 2014 eingelegten Widersprüche des Klägers und seiner Ehefrau wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 5. bzw. 6. August 2014 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 3 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sei bei der Berechnung des Elterngeldes das gezahlte Mutterschaftsgeld anzurechnen. Die Anrechnung erfolge, da es sich hier um eine zweckgleiche Leistung, in Form einer Lohnersatzleistung handele. Das Mutterschaftsgeld sei bis zum 25. Juni 2014 gezahlt worden und werde auf den Tag genau auf das Elterngeld angerechnet. Die Monate, in denen Mutterschaftsgeld gezahlt werde, gälten als verbraucht und seien daher gemäß § 4 Abs. 3 BEEG bei der Berechnung des Elterngeldes für den Ehepartner auch als verbrauchte Monate anzusehen.

Der Kläger und seine Ehefrau haben gegen die drei Widerspruchsbescheide am 27. August 2014 Klage erhoben. Mit Beschluss vom 24. November 2014 hat das Gericht die Klagen der Ehefrau des Klägers abgetrennt und unter dem Az.: S 20 EG 25/14 (C.) und S 20 EG 26/14 (D.) fortgeführt.

Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, er habe Elterngeld für die Lebensmonate 1 bis 12 seiner Tochter C. beantragt. Wenn seine Ehefrau keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld oder vergleichbare Bezüge gehabt hätte, hätte seinem Antrag voll umfänglich entsprochen werden müssen. Es hätte sich dann ein Anspruch auf Elterngeld in Höhe von insgesamt 60.506,88 EUR ergeben. Seine Ehefrau habe in der Zeit des Mutterschutzes vom 24. Februar bis 25. Juni 2014 jedoch beamtenrechtliche Bezüge erhalten, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 BEEG auf das Elterngeld anzurechnen seien. Nach § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG habe der Beklagte deshalb bei der Berechnung des Elterngeldes den Zeitraum des Mutterschutzes als Elterngeld-Bezugszeitraum für beide Zwillinge angesehen. Auf dieser Grundlage sei ein Elterngeld für beide Kinder von insgesamt 41.469,32 EUR festgesetzt worden. Im Vergleich zu Eltern ohne Anspruch auf Mutterschaftsgeld oder eben vergleichbarer Leistungen seien der Kläger und seine Ehefrau um 19.037,56 EUR schlechter gestellt. Nach Abzug der beamtenrechtlichen Bezüge seiner Ehefrau während des Mutterschutzes in Höhe von 11.202,87 EUR verbleibe eine Differenz von 7.834,69 EUR. Diese Schlechterstellung von Mehrlingseltern mit Anspruch auf Mutterschaftsgeld oder vergleichbare Leistungen gegenüber Mehrlingseltern ohne einen solchen Anspruch sei aus Sicht des Klägers mit dem Gleichheitssatz gemäß Art. 3 des Grundgesetzes nicht vereinbar. Deshalb rügt er die Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 3 S. 2 BEEG bei Mehrlingsgeburten. Es gäbe keinen sachlichen Grund, dass bei Mehrlingsgeburten der Bezugszeitraum des Mutterschaftsgeldes bzw. von vergleichbaren Leistungen zu einem Verbrauch von Elterngeldmonaten bei allen Mehrlingskindern führen solle, weil die Bezüge unabhängig von der Anzahl der Kinder bei der Geburt seien. Der Kläger ist der Auffassung, dass bei einer verfassungskonformen Auslegung des § 4 Abs. 3 S. 2 BEEG bei Mehrlingsgeburten diese Vorschrift nur bedeuten könne, dass es ausreichend sei, wenn der betreffende Elternteil wenigstens für eines der Kinder Elterngeld beziehe. Für die weiteren Kinder müsse den Eltern weiterhin die freie Entscheidung bleiben, wie sie die Elterngeldmonate untereinander aufteilen möchten.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Elterngeld vollumfänglich in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.

Er macht geltend, mit den Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. Juni 2013 sei bei Zwillingsgeburten ein eigenständiger Elterngeldanspruch für jeden Elternteil festgestellt worden, somit doppeltes Elterngeld bei Zwillingen. Bei der Berechnung des kindbezogenen Elterngeldanspruchs seien die Rechtsvorschriften des BEEG folglich bei jedem Zwilling in gleicher Weise anzuwenden. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BEEG seien die Dienstbezüge nach beamtenrechtlichen Vorschriften von Geburt bis zum Ablauf der Mutterschutzfrist am 25. Juni 2014 auf das Elterngeld anzurechnen, da die fortlaufende Zahlung der Besoldung demselben Zweck wie das Elterngeld diene. In der Zeit des Mutterschutzes im Monat Mai 2014 habe das Nettoeinkommen der Ehefrau des Klägers 2.888,09 EUR betragen, sodass sich ein kalendertäglicher Betrag von 93,16 EUR ergebe. Da dieser Betrag höher sei als das zustehende Elterngeld, lasse sich bis zum Ablauf der Mutterschutzfrist kein Leistungsbetrag errechnen. Im 5. Lebensmonat sei dann noch eine Anrechnung der Dienstbezüge für 2 Tage erfolgt. Nach § 4 Abs. 3 S. 2 BEEG würden Monate des Bezugs von Mutterschaftsgeld oder beamtenrechtlichen Bezügen als verbrauchte Monate des Gesamtanspruches eines Elternteils gelten. Bis zu den o.g. Entscheidungen des BSG habe nur ein einheitlicher Elterngeldanspruch bei Zwillingsgeburten bestanden, sodass die Anwendung dieser Rechtsvorschriften bei jedem Zwillingskind gerechtfertigt und nachvollziehbar erscheine.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Elterngeld über den Bewilligungszeitraum von sieben Monaten hinaus. Gemäß § 1 Abs. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr. 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr. 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr. 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr. 4). Diese grundsätzlichen Voraussetzungen für den Bezug von Elterngeld lagen beim Kläger während der ersten 14 Lebensmonate seiner Zwillingskinder vor.

Der Bezugszeitraum des Elterngeldes umfasst gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 BEEG die Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes. Gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG (in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung -a.F.-) kann ein Elternteil mindestens für zwei und höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen. Dementsprechend beantragte der Kläger für das Kind C. Elterngeld für die Zeit vom 1. bis 12. Lebensmonat und für das Kind D. für den 13. und 14. Lebensmonat.

Elterngeld für die Tochter D. gewährte der Beklagte dem Kläger antragsgemäß für den 13. und 14. Lebensmonat. Zutreffend erfolgte auch die Gewährung des Elterngeldes für die Tochter C. nur für 7 Monate, da die übrigen 5 Monate nach den gesetzlichen Bestimmungen der Ehefrau des Klägers zuzurechnen sind. Dies folgt aus § 4 Abs. 3 S. 2 BEEG a.F., nachdem Lebensmonate des Kindes, in denen ein Elternteil nach § 3 Abs. 1 Nr. 1-3 BEEG anzurechnende Einnahmen zustehen, als Monate gelten, für die dieser Elternteil Elterngeld bezieht. Diese Monate sind daher der freien Aufteilung nach § 4 Abs. 2 Satz 4 BEEG entzogen.

Im vorliegenden Fall hat die Ehefrau des Klägers bis zum 25. Juni 2014 beamtenrechtliche Bezüge bezogen und damit gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 BEEG anzurechnende Bezüge gehabt. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BEEG wird Mutterschaftsgeld auf das zustehende Elterngeld angerechnet. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 BEEG gilt dies auch für Dienst- und Anwärterbezüge sowie Zuschüsse, die der berechtigten Person nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften für die Zeit eines Beschäftigungsverbots ab dem Tag der Geburt des Kindes zustehen. Damit sind diese Leistungen kraft Gesetzes nach § 3 Abs. 1 BEEG zwingend auf den der Berechtigten zustehenden Elterngeldanspruch nach § 2 BEEG anzurechnen. Die Anrechnungsvorschrift des § 4 Abs. 3 S. 2 BEEG a.F. i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 3 BEEG dient der Ausgestaltung des Systems familienrechtlicher Förderleistungen. Aufgrund der Vielfalt familienrechtlicher Leistungen bedarf das Verhältnis dieser Leistungen zueinander bzw. die Anrechnung verschiedener zweckidentischer Leistungen einer ausdifferenzierten Regelung, insbesondere deshalb, um Doppelleistungen zu vermeiden. In der Begründung zum Entwurf des § 3 BEEG heißt es ausdrücklich (vgl. BT-Drucks 16/1889, S. 22):

"Absatz 1 betrifft das Verhältnis von Elterngeld und Mutterschaftsleistungen Diese Leistungen und das Elterngeld dienen insoweit dem gleichen Zweck, als sie für den gleichen Leistungszeitraum aus demselben Anlass, nämlich der Geburt des Kindes, dieselben Einkommenseinbußen ganz oder teilweise ersetzen oder ausgleichen. Sie können deshalb nicht nebeneinander gewährt werden. Der Zweck des Elterngeldes, Eltern individuell bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sie nach einer Geburt die Betreuung ihres Kindes übernehmen, ist im Falle gezahlter Mutterschaftsleistungen bereits erfüllt. Die in den Sätzen 1 und 2 genannten Leistungen sind für den beschränkten Zeitraum und den eingeschränkten Berechtigtenkreis auch wegen des grundsätzlich weitergehenden Umfangs als vorrangige Leistung gegenüber dem Elterngeld anzusehen und deshalb auf das Elterngeld anzurechnen."

Die Gesetzesmaterialien zu § 4 Abs. 3 S. 2 BEEG a.F. machen deutlich, dass sich die Anrechnung der Zeiten des Bezuges von Leistungen nach § 3 Abs. 1 BEEG auch auf den Bezugszeitraum des Elterngeldes auswirkt, mit der Folge, dass die betreffenden Monate "als verbraucht gelten". Die Anrechnungsregelung dient dazu, zweckidentische Doppelleitungen für zeitlich kongruente Bezugszeiträume zu vermeiden. Denn beim Mutterschaftsgeld, wie auch bei den entsprechenden beamtenrechtlichen Leistungen handelt es sich um Erwerbs(ersatz)einkommen nach § 18a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 SGB IV. Mit der Anrechnung verdrängen die vorrangigen Leistungen das Elterngeld, soweit sie für denselben Bezugszeitraum zu erbringen sind. Eine zeitgleiche Zahlung von Elterngeld und Mutterschaftsgeld bzw. vergleichbaren Leistungen wollte der Gesetzgeber eindeutig ausschließen (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2012, B 10 EG 19/11 R –, m.w.N., in juris).

Auch wenn der sechswöchige Anspruchszeitrum des Mutterschaftsgeldes (bzw. wie hier, vergleichbarer Leistungen) vor der Geburt wegen vorzeitiger Entbindung nicht ausgeschöpft werden konnte und sich dadurch der Anspruchszeitraum nach der Geburt wie bei der Ehefrau des Klägers – entsprechend verlängert, gilt die Anrechnungsvorschrift (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 2014, – B 10 EG 2/13 R –, in juris). Die Anrechnung von Mutterschaftsgeld (bzw. vergleichbaren Leistungen) erfolgt unabhängig davon, ob die Geburt zum oder vor dem errechneten Termin erfolgte. Von der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes ist der Erhöhungsbetrag für ältere Geschwister (§ 2a Abs. 1 BEEG) bzw. Mehrlinge (§ 2a Abs. 4 BEEG) nicht ausgenommen (BSG, Urteil vom 26. März 2014, a.a.O.). Denn § 3 Abs. 1 S. 1 BEEG regelt dem unmissverständlichen Wortlaut nach das Verhältnis von Elterngeld und Mutterschaftsleistungen umfassend. Mutterschaftsleistungen und Elterngeld dienen dem gleichen Zweck, sie sollen aus demselben Anlass, nämlich der Geburt des Kindes, dieselben Einkommenseinbußen ganz oder teilweise ersetzen oder ausgleichen. Deshalb können sie nicht nebeneinander gewährt werden. An dieser Zielsetzung des Elterngeldes ändert sich nichts wesentlich dadurch, dass das Elterngeld bei Mehrlingsgeburt die damit verbundene besondere Belastung der Eltern mit einem Erhöhungsbetrag berücksichtigt. Das BSG hat in der Entscheidung vom 26. März 2014 (a.a.O.) ausdrücklich erklärt, in Bezug auf den Erhöhungsbetrag bei Mehrlingsgeburt (§ 2a Abs. 4 BEEG) an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten. Anrechnungsfreibeträge seien weder durch Gleichheitssätze des Grundgesetzes oder unionsrechtlicher Diskriminierungsverbote noch durch das grundgesetzliche Gebot zur Förderung der Familie geboten (BSG, m.w.N.).

Die gesetzliche Anrechnungsregelung gilt auch im Fall von Zwillingsgeburten. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits in der Entscheidung vom 27. Juni 2013 (B 10 EG 8/12 R, in juris, Rdn. 62) entschieden. Auch in diesem Fall hat der Vater für eins der Zwillingskinder für den 13. und 14. Lebensmonat Elterngeld bezogen und konnte für das andere Zwillingskind höchstens neun Monatsbeträge erhalten, weil seiner Ehefrau gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG a.F. bereits fünf Monatsbeträge zwingend zuzurechnen waren, da ihr in den ersten fünf Lebensmonaten der Kinder nach beamtenrechtlichen Vorschriften für die Zeit des Beschäftigungsverbotes Dienstbezüge zugestanden haben. Dabei komme es im Rahmen des § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG a.F. nicht darauf an, ob die Ehefrau für die betreffenden Lebensmonate des Kindes tatsächlich Elterngeld beansprucht habe, vielmehr reiche die insoweit bestehende Anspruchsberechtigung aus. Die im Fall des BSG entschiedene Situation ist vergleichbar mit dem hier zu entscheidenden Fall. Nach § 3 Abs. 1 S. 4 BEEG erfolgt zwar eine taggenaue Anrechnung der Leistungen bei Mutterschaft auf das Elterngeld, die Zuordnung von Monaten nach § 4 Abs. 3 S. 2 BEEG a.F. richtet sich jedoch nach dem Lebensmonatsprinzip, betrifft also ganze Lebensmonate des Kindes, sodass der Beklagte zutreffend die ersten fünf Lebensmonate bei der Ehefrau des Klägers berücksichtigt hat. Das BSG hat im Urteil vom 27. Juni 2013 ausdrücklich ausgeführt, dass der Gesetzgeber für Mehrlinge insoweit keine abweichende Regelung getroffen habe.

Soweit der Kläger die Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG a.F. bei Mehrlingsgeburten in Frage stellt und eine Schlechterstellung gegenüber Mehrlingseltern ohne Anspruch auf Mutterschaftsgeld oder vergleichbare Leistungen rügt, vermag er auch mit diesem Einwand nicht durchzudringen. Insbesondere ist das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) seit BVerfGE 55, 72, 88). Umgekehrt verbietet Art. 3 Abs. 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung verbieten. Dabei legt das BVerfG je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl. zusammenfassend BVerfGE 88,87, 96 f.). Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Gerade im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im Abschnitt 1 des BEEG gehören, hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2012, – B 10 EG 19/11 R –, in juris), von dem hier Gebrauch gemacht worden ist.

Soweit vom Kläger geltend gemacht wird, es läge eine Schlechterstellung gegenüber Mehrlingseltern ohne Anspruch auf Mutterschaftsgeld oder vergleichbare Leistungen vor, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Unterschied durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt ist. Er beruht darauf, dass der Gesetzgeber durch die Anrechnung von Leistungen nach § 3 Abs. 1 S. 1 und 3 BEEG – unabhängig von den daneben bestehenden Unterschieden in der Zwecksetzung von Mutterschafts- und Elterngeldleistungen – einen Bezug von zweckidentischen Doppelleistungen für zeitlich kongruente Bezugszeiträume und damit eine Überversorgung der Elterngeldberechtigten vermeiden wollte. Dies gilt sowohl bei der Geburt von Einzelkindern, wie auch bei Mehrlingskindern. Ein Abweichen von der gesetzlichen Regelung ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten.

Die Ausgestaltung des Elterngeldes und die damit regelmäßig verbundene Ungleichbehandlung von Anspruchsberechtigten mit unterschiedlichen Einkommenssituationen liegt im Rahmen des dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit zustehenden weiten Gestaltungsspielraums. Die Anrechnung von Bezugsmonaten mit Mutterschaftsleistungen gilt für alle Berechtigten und hinsichtlich aller Kinder gleichermaßen. Eine besondere Regelung bei Zwillingen, durch Unterscheidung der Kinder und Freilassung der Anrechnung von Mutterschaftsleistungen beim zweiten Kind im Fall der Elterngeldbeantragung durch Mutter und Vater, würde eine andere Vergleichsgruppe benachteiligen, nämlich die der alleinerziehenden Mütter. Insoweit hat das BSG nämlich bereits entschieden (Urteil vom 26. März 2014, a.a.O.), dass auch der Geschwister- bzw. Mehrlingserhöhungsbetrag auf die Mutterschaftsleistung anzurechnen ist und diesbezüglich weder ein Verstoß gegen Gleichheitssätze des Grundgesetzes oder unionsrechtliche Diskriminierungsverbote noch gegen das grundgesetzliche Gebot zur Förderung der Familie vorliegt. Werden hier jedoch Mutterschaftsleistungen bei zwei Kindern angerechnet, kann im Fall der Elterngeldbeantragung durch beide Elternteile nichts anderes gelten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
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