L 10 R 4457/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 2425/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4457/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 06.11.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung streitig.

Der am 1965 geborene Kläger erlernte keinen Beruf. Von Februar 1983 bis Juli 1992 war er als Maschinenführer und nachfolgend bis Dezember 1997 in einem von seiner Ehefrau geführten Imbiss als Verkäufer versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war er im Zeitraum von November 1999 bis Dezember 2002 zeitweise geringfügig beschäftigt, zeitweise arbeitslos sowie im November 2002 kurzeitig versicherungspflichtig beschäftigt und von September 2003 bis April 2005 wiederum arbeitslos. Seit Mai 2005 bezieht er - unterbrochen durch den Bezug von Rente wegen Erwerbsminderung von November 2008 bis Februar 2009 - Arbeitslosengeld II (vgl. Versicherungsverlauf vom 25.08.2016, Bl. 18 ff. SG-Akte).

Im April 2008 wurde beim Kläger ein Rektumkarzinom diagnostiziert, das operativ und chemotherapeutisch mit Erfolg behandelt wurde und zu dem erwähnten Rentenbezug führte.

Ein nachfolgend im Mai 2010 gestellter Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung blieb erfolglos, gleichermaßen der dann im Mai 2013 gestellte weitere Antrag auf Erwerbsminderungsrente (Bescheid vom 13.06.2013, Widerspruchsbescheid vom 14.03.2014). Auf Empfehlung des im Widerspruchsverfahren (nochmals) mit einer gutachtlichen Untersuchung des Klägers befassten und wiederum ein vollschichtiges Leistungsvermögen annehmenden Internisten Dr. Barton bewilligte die Beklagte dem Kläger eine onkologisch-gastroenterologische Rehabilitationsmaßnahme, die der Kläger schließlich vom 22.05. bis 12.06.2014 in der A. S. -Klinik in Bad S. durchführte (Diagnosen: Rektumkarzinom, Z.n. tiefer anteriorer Rectumresektion und adjuvanter Radiochemotherapie, belastungsabhängige Lumbalgien bei Verschleiß und altem Bandscheibenvorfall, leichtgradiges Impingement-Syndrom linke Schulter, leichte depressive Episode; leichte Tätigkeiten ohne häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 8 kg, ohne ständige Rumpfzwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft seien sechs Stunden und mehr zumutbar).

Den nachfolgend im Juli 2014 gestellten weiteren Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung wies die Beklagte mit Bescheid vom 14.08.2014 und Widerspruchsbescheid vom 25.11.2014 zurück. In dem dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) geführten Klageverfahren S 5 R 4234/14 holte das SG ein internistisches Gutachten bei Prof. Dr. C. , Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie, Hämato-Onkologie, Diabetologie und Infektiologie im Klinikum L. , ein, der den Kläger im Juni 2015 untersuchte und von einem zumindest sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten ausging. Im Hinblick auf die chronischen Stuhlunregelmäßigkeiten, insbesondere den rezidivierenden imperativen Stuhldrang mit partieller Stuhlinkontinenz hielt er es für erforderlich, dass sich in unmittelbarere Nähe zum Arbeitsplatz des Klägers eine Toilette befindet. Im Übrigen schloss er Tätigkeiten aus, die eine ständige Präsenz erfordern (bspw. Fließbandarbeit), Tätigkeiten mit Publikumsverkehr, Tätigkeiten die das Tragen einer Schutzausrüstung erfordern, deren Ablegen länger als eine Minute dauert, Schichttätigkeiten sowie Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 6 kg. In der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2015 nahm der Kläger seine Klage zurück.

Ausgangspunkt des vorliegenden Rechtsstreits ist der weitere Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung vom 10.03.2016, den der Kläger (wiederum) mit seiner Karzinomerkrankung ("CA/Darm") begründete, wobei er sich seit 2008 für erwerbsgemindert hielt. Die Beklagte veranlasste ein Gutachten bei dem Internisten/Rheumatologen und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin Dr. J. , der den Kläger im April 2016 untersuchte. Der Gutachter ging diagnostisch von Stuhlunregelmäßigkeiten nach Radiochemotherapie und operativer Resektion eines Rektumkarzinoms 2008, zeitweiligen Nacken- und lumbalen Schmerzen bei degenerativen Veränderungen mit Bewegungseinschränkung der HWS (ohne dermatombezogenes sensomotorisches Defizit), Kopfschmerzen bei Verdacht auf somatoforme Störung, einer Missempfindung der linken Hand bei blandem Sulcus ulnaris-Syndrom (ohne wesentliche Funktionseinschränkung), einem Impingement-Syndrom der linken Schulter (geringe Funktionseinschränkung), einem Tinnitus beidseits sowie einem Zustand nach ischämischer Colotis 2/2016 aus und erachtete den Kläger für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr zu verrichten. Zu vermeiden seien häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufige Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten von mehr als 10 kg körperfern, Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Sensorik der linken Hand sowie häufige Lärmexposition. Im Übrigen sollte eine Toilette für den Kläger zeitnah erreichbar sein. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 12.05.2016 und Widerspruchsbescheid vom 21.07.2016 ab.

Am 02.08.2016 hat der Kläger dagegen beim SG Klage erhoben und geltend gemacht, nach Abschluss des Rechtsstreits S 5 R 4234714 habe sich sein Gesundheitszustand verschlechtert, wobei es im Februar 2016 zu einer erneuten Darmblutung gekommen sei. Dies habe sich negativ auf die Durchfallerkrankung ausgewirkt, vor allem auf die Stuhlfrequenz, wobei es vor allem nachts zu vermehrten Durchfällen komme, was sich auf das Durchschlafvermögen auswirke. Hinzugetreten sei ein Kopfschmerzsyndrom bei somatoformer Schmerzstörung. Im Laufe des Verfahrens hat er geltend gemacht, dass seine Ehefrau am 29.12.2016 verstorben sei und sich sein Gesundheitszustand danach weiter verschlechtert habe.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. hat von einer depressiven Störung mit Schlafstörungen und chronischem somatoformem Schmerzsyndrom mit Lumboischialgien, Schulterschmerzen, Kopfschmerzen, Tinnitus, Missempfindungen im Gesicht und Stuhlinkontinenzproblemen nach Rektumkarzinom-Operation, Chemotherapie und Radatio sowie chronischen Magenschleimhautproblemen berichtet; im Übrigen sei der Kläger auch durch seine kranke Ehefrau belastet. Dr. H. hat die Ausübung leichter körperlicher Tätigkeiten ohne körperliche und psychische Stressoren im Umfang von drei bis sechs Stunden täglich für vorstellbar erachtet. Der Facharzt für Allgemeinmedizin W. hat von den bekannten Gesundheitsstörungen berichtet und das Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf Grund der chronischen Schmerzen und der therapierefraktären Diarrhoe auf weniger als drei Stunden täglich eingeschätzt. Das SG hat die Akte des Rechtsstreits S 4 SB 1213/15 zu dem Verfahren beigezogen; Gegenstand dessen ist das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Facharztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. gewesen, der auf Grund seiner Untersuchung vom März 2016 keinen Anhalt für eine Erkrankung von Seiten des psychiatrischen Fachgebietes gesehen hat. Das SG hat darüber hinaus das Gutachten des Prof. Dr. R. , Ärztlicher Direktor der S. R. Kliniken in Bad S. , auf Grund Untersuchung des Klägers im Mai 2017 eingeholt. Der Sachverständige hat eine seit sechs Monaten bestehende mittelgradige depressive Episode, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine leichte Schädigung des Plexus zervicobrachialis links diagnostiziert und die Ausübung einer leichten körperlichen Tätigkeit zumindest sechs Stunden täglich für möglich erachtet hat. Zu vermeiden seien Akkord- oder Fließbandtätigkeiten, Zwangshaltungen der Wirbelsäule, wie beispielsweise beim Bücken oder bei knienden Tätigkeiten, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Überkopfarbeiten mit dem linken Arm, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, Arbeiten unter Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe, Nachtschicht, mehr als gelegentlich Publikumsverkehr sowie besondere geistige Beanspruchung mit hoher oder erhöhter Verantwortung.

Mit Gerichtsbescheid vom 06.11.2017 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten des Dr. J. und des Dr. S. sowie des Sachverständigen Prof. Dr. R. abgewiesen. Der Kläger könne zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben und sei daher nicht erwerbsgemindert. Soweit der Kläger auf chronische Darmbeschwerden als Folge der Rektumkarzinom-Erkrankung hingewiesen habe, seien diese zwar nachvollziehbar, jedoch lasse sich hieraus bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens herleiten.

Am 24.11.2017 hat der Kläger dagegen beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt und unter Hinweis auf das im Klageverfahren vorgelegte Attest des Allgemeinmediziners W. vom 06.09.2017 geltend gemacht, als Folge des Rektumkarzinoms unter erheblichen chronischen Darmbeschwerden zu leiden. Im Hinblick darauf sei die Einholung eines internistischen Gutachtens angezeigt gewesen. Den Ausführungen des Dr. J. , der lediglich von Stuhlunregelmäßigkeiten ausgehe, die keine quantitative Leistungsminderung begründeten, zumal keine Inkontinenz bestehe und keine medizinische Behandlung erfolge, stünde der Bericht des Allgemeinmediziners W. entgegen, wonach er durch die chronischen Darmbeschwerden in seinem Alltag erheblich eingeschränkt sei. Auch die psychischen Beeinträchtigungen seien nicht ausreichend berücksichtigt. Er hat das weitere ärztliche Attest des Allgemeinmediziners W. vom 26.01.2018 und den Arztbrief des Dr. H. vom 22.11.2017 sowie in der mündlichen Verhandlung den Befundbericht des psychologischen Psychotherapeuten Kaufmann vom 11.10.2018, den Befund der Fachärztin für Radiologie Dr. L. vom 25.09.2018 (MRT rechte Schulter) und den Notfallbericht der F.-S.-Klinik B. vom 28.07.2017 über die Vorstellung vom selben Tag vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 06.11.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2016 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 12.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weshalb ihm weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zusteht.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger dieses Voraussetzungen trotz der bei Ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erfüllt, weil er unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (keine Akkord- oder Fließbandtätigkeiten, kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, keine Zwangshaltungen der Wirbelsäule, keine Überkopfarbeiten mit dem linken Arm, keine Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, keine Arbeiten unter Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe, keine besondere geistige Beanspruchung oder Tätigkeiten mit hoher oder erhöhter Verantwortung sowie der Möglichkeit, zeitnah eine Toilette aufzusuchen) leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen zumindest noch sechs Stunden täglich zumutbar verrichten kann und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung des Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Zu ergänzen sind die qualitativen Einschränkungen um die weiteren von Prof. Dr. R. aufgeführten Tätigkeiten (Nachtschicht, mehr als gelegentlich Publikumsverkehr). Darüber hinaus geht der Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit auch die weiteren von Dr. J. und Prof Dr. C. beschriebenen Tätigkeiten (häufiges Bücken, Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Sensorik der linken Hand, häufige Lärmexposition, Tätigkeiten die das Tragen einer Schutzausrüstung erfordern, deren Ablegen länger als eine Minute dauert, Schichttätigkeiten) nicht mehr leidensgerecht sind, das Heben und Tragen von Lasten nicht auf 10 kg, sondern auf 6 kg zu begrenzen ist und Überkopfarbeiten nicht nur linksseitig, sondern beidseits ausgeschlossen sind.

Soweit der Kläger sich im Berufungsverfahren wiederum auf die Einschätzung des Facharztes für Allgemeinmedizin W. berufen hat, ist darauf hinzuweisen, dass bereits das SG zutreffend dargelegt hat, dass sich aus dessen Ausführungen keine rentenrelevante Leistungsminderung ableiten lässt. So enthalten seine Darlegungen keine Befunde, aus denen eine entsprechende Leistungsbeurteilung hergeleitet werden könnte und darüber hinaus auch keine Analyse der vom Kläger noch verrichtbaren Alltagsaktivitäten, die das von ihm angenommene Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden täglich nachvollziehbar erscheinen lassen könnte. Entsprechendes lässt sich auch dem vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten weiteren Attest des Allgemeinmediziners W. vom 26.01.2018 nicht entnehmen. Darin werden inhaltsgleich mit dem im Klageverfahren vorgelegten Attest vom 06.09.2017 wiederum chronische Darmbeschwerden beschrieben, die sich in Form von Durchfall im Wechsel mit Verstopfung und Völlegefühl äußerten. Derartige Stuhlunregelmäßigkeiten, insbesondere das Auftreten von Durchfällen haben Prof. Dr. C. , Dr. S. und Dr. J. berücksichtigt, ohne daraus eine quantitative Leistungsminderung abzuleiten. So dokumentierte Prof. Dr. C. einen Wechsel von Obstipations- und Diarrhöephasen, die vier bzw. drei Tage andauern, wobei der Kläger in der Diarrhöephase täglich vier- bis sechsmal und nachts zwei- bis dreimal die Toilette aufsuchen müsse. Dr. S. beschrieb auf Grund der Angaben des Klägers einen Wechsel von Durchfall und Verstopfung sowie nachts ca. zwei Toilettengänge (Wasserlassen und auch Stuhlgang) und Dr. J. dokumentierte einen fast flüssigen Stuhl mit imperativem Stuhldrang ca. dreimal wöchentlich mit einer Frequenz von zweimal täglich, ohne dass eine Inkontinenz bestehe. Schließlich hat der Kläger auch gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. R. von einem Wechsel zwischen Verstopfung und Durchfall berichtet. Im Hinblick auf diese Beschwerden ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit die Möglichkeit haben muss, zeitnah eine Toilette zu erreichen und darüber hinaus Fließband- und Akkordarbeiten ausgeschlossen sind, weil bei diesen Tätigkeiten Arbeitsunterbrechungen für Toilettengänge nicht frei bestimmt werden können. Entsprechendes gilt im Hinblick auf Tätigkeiten mit Publikumsverkehr. Ferner sind die von Prof. Dr. C. genannten Tätigkeiten, die das Tragen einer Schutzausrüstung erfordern, deren Ablegen länger als eine Minute dauert sowie im Übrigen Schichttätigkeiten nicht mehr leidensgerecht, letztere um eine medikamentöse und diätische Stuhlregulation zu erleichtern.

Soweit der Kläger geltend macht, im Gegensatz zu der Einschätzung des Dr. J. ergebe sich aus dem Arztbericht des Allgemeinmediziners W. , dass er durch die chronischen Darmbeschwerden "in seinem Alltag erheblich eingeschränkt" sei, so trifft dies nicht zu. Von einer erheblichen Einschränkung im Alltag hat dieser weder in seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge berichtet noch in den vom Kläger vorgelegten Attesten vom 06.09.2017 und 26.01.2018, sondern lediglich von einer therapierefraktären Diarrhöe (vgl. Bl. 35 SG-Akte) bzw. von "Durchfall im Wechsel mit Verstopfung und Völlegefühl" (vgl. Bl. 105 SG-Akte und Bl. 18 Senatsakte). Wenn auch ohne weiteres nachvollziehbar ist, dass der Kläger hierdurch in seinem Wohlbefinden beeinträchtigt ist und seine Alltagsgestaltung in Phasen von Diarrhöen so anpassen muss, das eine Toilette erreichbar ist, so lässt sich hieraus gleichwohl keine quantitative Leistungsminderung herleiten.

Der Senat sieht sich auch nicht zur Durchführung weiterer medizinischer Ermittlungen gedrängt, insbesondere - entsprechend der Anregung des Klägers - nicht zur Einholung eines internistischen Gutachtens. Vielmehr ist der medizinische Sachverhalt durch die vorliegenden Gutachten und die Auskünfte der behandelnden Ärzte hinreichend aufgeklärt. Für den Senat sind insbesondere auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass im Hinblick auf die Stuhlunregelmäßigkeiten, die Prof. Dr. C. in seinem in dem Verfahren S 5 R 4234/14 erstatteten internistischen Gutachten ausführlich erhob und bewertete, relevante Änderungen eingetreten sind, die es erforderlich machen würden, ein neuerliches internistisches Gutachten einzuholen. Hinweise auf eine Verschlechterung der Situation sind insbesondere dem Gutachten des Dr. J. gerade nicht zu entnehmen (u.a. eher eine Besserung der Stuhlfrequenz) und auch der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, weshalb die Darmbeschwerden nunmehr der Ausübung einer leidensgerechten Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich entgegenstehen sollen.

Soweit der Kläger im Hinblick auf die Ausführungen des Prof. Dr. C. zuletzt geltend gemacht hat, Prof Dr. C. habe nicht berücksichtigt, dass er unter dauerhaften chronischen Schmerzen leidet, trifft dies nicht zu. Vielmehr dokumentierte Prof. Dr. C. in seinem Gutachten in der Anamnese zunächst einen sowohl in den Obstipations- als auch den Diarrhöephasen vorhandenen rezidivierenden ziehenden, teils auch brennenden Mittelbauchschmerz (vgl. Bl. 55 der SG-Akte S 5 R 4234/14) und sodann nachfolgend in Bezug auf das Verhalten des Klägers am Untersuchungstag, dass der bekannte Bauchschmerz auch am Untersuchungstag vorhanden war und sich im Laufe der Untersuchung zudem ein Schmerz am After entwickelte (vgl. Bl. 58 der SG-Akte S 5 R 4234/14). Prof. Dr. C. schlug im Rahmen seiner Ausführungen deshalb den Einsatz eines Sitzrings vor, um Schmerzen im Afterbereich nach längerem Sitzen zu vermeiden. Im Rahmen seiner Leistungsbeurteilung berücksichtigte Prof. Dr. C. zudem - ebenso wie Prof. Dr. R. - ein chronisches Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, so dass nicht ersichtlich ist, dass in seinem Gutachten die chronischen Schmerzen des Klägers unberücksichtigt geblieben sein sollen. Soweit der Kläger darüber hinaus auf einen Narbenbruch und eine Inkontinenz hinweist, wurden diese Beeinträchtigungen von Prof. Dr. C. gleichermaßen berücksichtigt, und zwar insoweit als er u.a. mit dem Narbenbruch und "der eventuellen Verstärkung einer Inkontinenz" begründete, dass dem Kläger zur Vermeidung eines intraabdominellen Drucks das Heben und Tragen von Gegenständen über 6 kg nicht mehr zugemutet werden kann. Eine Stuhlinkontinenz im Sinne einer regelmäßigen Unfähigkeit, den Stuhl zurückzuhalten, ist in den medizinischen Unterlagen im Übrigen nicht dokumentiert. Insoweit gab der Kläger gegenüber Prof. Dr. C. an, den Stuhldrang tagsüber immer rechtzeitig und sicher zu registrieren und ausreichend Zeit zu haben, eine Toilette aufzusuchen, allerdings registriere er nachts den Stuhldrang nur unsicher, weshalb er dann Vorlagen verwende. Demgegenüber beschrieb der Kläger gegenüber Dr. J. keine Inkontinenzprobleme und berichtete lediglich, dass er Vorlagen sicherheitshalber im Auto mit sich führe. Ausgehend hiervon sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger an einer ausgeprägten, der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit entgegenstehenden Stuhlinkontinenz leidet, zumal gerade auch der Allgemeinmediziner W. in seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge keine Inkontinenz erwähnt hat, obwohl der Kläger seiner Auskunft zufolge bereits seit Juli 2013 bei ihm in Behandlung steht und sich ca. zweimal pro Monat vorstellt, so dass zu erwarten wäre, dass der Kläger ihm gegenüber ihn wesentlich beeinträchtigende Inkontinenzprobleme zumindest erwähnt hätte.

Soweit der Kläger schließlich auf eine Bewegungseinschränkung hingewiesen und geltend gemacht hat, auch seine orthopädischen Einschränkungen seien unberücksichtigt geblieben, sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger Gesundheitsstörungen von orthopädischer Seite vorliegen, die sich im Rahmen des oben beschriebenen Leistungsbildes zusätzlich nachteilig auswirken. So steht der Kläger nicht einmal in fachorthopädischer Behandlung, was nicht auf das Vorliegen schwerwiegender orthopädischer Gesundheitsstörungen schließen lässt. Soweit der Kläger Schmerzen in verschiedenen Körperregionen beklagt, hat der Sachverständige Prof. Dr. R. diese im Rahmen einer somatoformen Schmerzstörung berücksichtigt und bewertet.

Letztlich lässt sich auch aus dem vom Kläger im Berufungsverfahren zuletzt vorgelegten Arztbrief des Dr. H. vom 22.11.2017 keine abweichende Beurteilung herleiten. Insbesondere ergeben sich aus dem von Dr. H. anlässlich seiner seinerzeitigen Untersuchung erhobenen Befund (bewusstseinsklar, Orientierung voll, Stimmungslage depressiv, Psychomotorik ruhig, Antrieb reduziert, Grübele viel, Wahrnehmungs- und Ich-Erleben klar, Suizidalität keine akute, Schlaf schlecht) keine Hinweise darauf, dass sich seit der gutachtlichen Untersuchung durch Prof. Dr. R. eine Verschlechterung von neurologisch-psychiatrischer Seite ergeben haben könnte. Entsprechendes lässt sich auch nicht dem Befundbericht des psychologischen Psychotherapeuten Kaufmann vom 11.10.2018 entnehmen, in dem dieser die anamnestischen Angaben des Klägers für den Zeitpunkt des Behandlungsbeginns im September 2017 dokumentiert hat. Seinerzeit hat der Kläger von den psychischen Belastungen durch den Tod der Ehefrau und den körperlichen und psychischen Belastungen durch die erlittene Darmkrebserkrankung berichtet, woraus der psychologische Psychotherapeut Kaufmann die Diagnose einer Anpassungsstörung abgeleitet hat, also eine Erkrankung, die nicht mehr die Schwere der noch von Prof. Dr. R. diagnostizierten mittelgradigen depressiven Episode erreicht. Soweit in dem Befund der Fachärztin für Radiologie Dr. L. vom 25.09.2018 im Bereich der rechten Schulter eine Tendinopathie der Supraspinatus- und Subscapularissehne, mehrere kleine Zysten im Tubeculum minus und majus in Höhe der Sehnenansätze sowie ein entzündlicher Reizzustand des Schultergelenks mit Erguss beschrieben ist, wird dem hieraus resultierenden Schulter-Arm-Syndrom mit erschwerter Abduktion und Retroversion im Rahmen der oben dargelegten qualitativen Einschränkungen, wonach Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Gewichten über 6 kg und Überkopfarbeiten ausgeschlossen sind, hinreichend Rechnung getragen. In dem vorgelegten Notfallbericht der F.-Stirum-Klinik B. wird schließlich über die Notfallaufnahme am 28.07.2017 wegen abdominellen Schmerzen im Bereich der Narbe mit Obstipationsgefühl berichtet, wobei die durchgeführten Untersuchungen im Wesentlichen unauffällige Befunde gezeigt haben und der Kläger die ihm angebotene stationäre Aufnahme zum Abführen nicht gewünscht hat und stattdessen einen ambulanten Therapieversuch hat unternehmen wollen. Eine überdauernde Leistungsminderung lässt sich aus dieser Akutsituation nicht herleiten.

Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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