Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 725/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 38/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wird in einer Anlage eines Altersrentenbescheids ausdrücklich das Thema Versorgungsausgleich behandelt und musste der Rentenbezieher um das Vorhandensein eines zu seinen Lasten durchgeführten Versorgungsausgleiches wissen, so musste er beim Lesen des Altersrentenbescheides auch erkennen, dass ein Zuschlag an Entgeltpunkten in diesem Fall ausgeschlossen sein muss.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.12.2017 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der Altersrente und die Frage, ob die Beklagte zu Recht vom Kläger die Erstattung überzahlter Altersrente in Höhe von 9.172,25 EUR verlangen kann.
Der 1948 geborene Kläger beantragte am 17.12.2007 bei der Beklagten die Gewährung von Altersrente wegen Schwerbehinderung, alternativ als Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit oder Altersrente nach Altersteilzeit und Vollendung des 60.Lebensjahres ab dem 01.04.2008. Im Antrag gab der Kläger an, dass ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden sei. Weitere Antragsunterlagen hierzu finden sich nicht in der Rentenakte.
Mit Bescheid vom 13.02.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit ab dem 01.04.2008 in Höhe von monatlich 1.131,59 EUR. In der mit der Überschrift "Auswirkungen des Versorgungsausgleichs" (in Fettdruck) versehenen Anlage 5 des Bescheids war folgendes ausgeführt:
"Der zu Gunsten des Versicherungskontos durchgeführte Versorgungsausgleich ergibt einen Zuschlag an Entgeltpunkten. Hierfür werden die für Rentenanwartschaften ermittelten Werteinheiten in Entgeltpunkte umgerechnet. Für die Ehezeit vom 01.02.1969 bis 31.08.1982 sind zu Gunsten des Versicherungskontos Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen worden. Die übertragene Rentenanwartschaft ist festgestellt auf monatlich 352,55 DM. Daraus ergeben sich 11,7034 Punkte"
In Anlage 6 des Bescheids (Persönliche Entgeltpunkte) waren an Entgeltpunkten aufgelistet:
"- Entgeltpunkte für Beitragszeiten 45,3546 Punkte
- Entgeltpunkte für beitragsfreie Zeiten + 0,6503 Punkte
- Zusätzliche Entgeltpunkte für beitragsminderte Zeiten + 0,1223 Punkte
Insgesamt = 46,1272 Punkte
Zuschlag aus einem Versorgungsausgleich für die Ehezeit vom 01.02.1969 bis 31.08.1982 + 11,7034 Punkte
Insgesamt 57,8306 Punkte
Zuschlag für Arbeitsentgelt aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung + 0,1823 Punkte
Summe aller Entgeltpunkte 58,0129 Punkte"
Zur Vermeidung des Eintritts der Bestandskraft des Bescheids wurde vom damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers Widerspruch eingelegt, da zunächst die Möglichkeit einer Altersrente bei BU/EU geprüft werden sollte. Nach Prüfung der medizinischen Befundunterlagen wurde von der Beklagten ein entsprechender Anspruch verneint. Gegen diesen Bescheid vom 29.09.2008 legten die Prozessbevollmächtigten des Klägers ebenfalls Widerspruch ein und teilten außerdem mit, dass dem Kläger zwischenzeitlich ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 zuerkannt worden sei und deshalb der Anspruch auf eine Altersrente wegen Schwerbehinderung zu prüfen sei. Nachdem die Beklagte eine diesbezügliche Probeberechnung durchgeführt und dem Kläger die Möglichkeit aufgezeigt hatte, die ab dem 01.04.2008 bezogene Altersrente zurückzuzahlen und ab dem 01.12.2008 Altersrente wegen Schwerbehinderung zu beziehen, wurden die beiden Widersprüche zurückgenommen.
Am 13.12.2012 erfolgte im Versicherungskonto des Klägers eine Fehlermeldung, nachdem die ehemalige Ehefrau des Klägers bei der Deutschen Rentenversicherung - DRV - Nordbayern ihrerseits Altersrente beantragt hatte. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die DRV Nordbayern mit, dass im Rentenkonto der Ehefrau des Klägers ebenfalls eine Begünstigung aus dem Versorgungsausgleich gespeichert sei, nämlich in Höhe von 106,20 DM. Vorgelegt wurde hierzu das Scheidungsurteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 21.06.1983 (Az XXX), wonach zugunsten des Rentenkontos der Ehefrau C. A. Rentenanwartschaften in Höhe von 106,20 DM bezogen auf den 31.08.1982 übertragen werden. Das Urteil war seit dem 06.08.1983 rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 23.01.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die gespeicherten Daten über den gesetzlichen Versorgungsausgleich für die Ehezeit vom 01.02.1969 bis 31.08.1982 berichtigt worden seien. Statt bisher ein Zuschlag in Höhe von 11,7034 Punkten sei ein Abschlag in Höhe von 3,5255 Punkten zu berücksichtigen, insgesamt seien der Altersrentenberechnung nur noch 42,7841 Punkte zu Grunde zu legen.
Mit Schreiben vom 04.02.2013 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Aufhebung des Bescheids vom 13.02.2008 an. Mit Wirkung ab dem 01.03.2013 würde die laufende Rente nur noch in Höhe von 883,84 EUR gezahlt werden. Für die Vergangenheit ergebe sich für die Zeit vom 01.04.2008 bis 28.02.2013 eine Überzahlung in Höhe von 18.030,25 EUR, die nach § 50 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - zu erstatten sei. Hierzu wies der Kläger darauf hin, dass er die Fehlerhaftigkeit des Bescheides nicht hätte erkennen können. Er habe zudem die Leistungen verbraucht. Eine arglistige Täuschung sei nicht erfolgt. Weiter teilte der Kläger mit, dass er im Jahr 2002 aufgrund seiner Altersplanung bei der Beklagten vorstellig gewesen sei. Dort sei ihm die Probeberechnung vom 04.12.2002 ausgehändigt und mit ihm besprochen worden. Aufgrund dieser Berechnung habe der Kläger dann mit seinem Arbeitgeber Altersteilzeit vereinbart. Er sei bei seinem Arbeitgeber (H.) als Betriebsrat in ungekündigter Stellung beschäftigt gewesen. 2002 habe er sich noch ein Eigenheim gebaut. Ihm sei im Servicezentrum B-Stadt eine Rente in Höhe von 1.272,94 EUR bestätigt worden. Er habe auf die Rentenauskünfte sowie den Rentenbescheid vom 13.02.2008 vertraut. Er habe keine falschen Angaben gemacht und sei auch nicht in der Lage gewesen, die Unrichtigkeit des Rentenbescheids zu erkennen.
Die Beklagte hob daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 03.04.2013 den Bescheid vom 13.02.2008 ab Rentenbeginn nach § 45 SGB X auf. Ab dem 01.04.2013 werde die Altersrente laufend in Höhe von 883,84 EUR gezahlt. Für die Zeit vom 01.04.2008 bis 31.03.2013 ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 18.030,25 EUR. Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens der Beklagten habe der Kläger 9.172,25 EUR zu erstatten. In Anlage 10 des Bescheides führte die Beklagte aus, dass die vom Kläger in der Anhörung vorgetragenen Gründe zwar nicht geeignet seien, Vertrauensschutz zu begründen, sie seien aber im Rahmen der der Beklagten obliegenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen. Der Kläger hätte die Rechtswidrigkeit des Rentenbescheides erkennen können, weil er hätte wissen müssen, dass die von der Beklagten in den Beratungen gegebenen Informationen fehlerhaft gewesen seien. Er hätte gewusst, dass infolge des Scheidungsurteils Rentenanwartschaften auf das Versicherungskonto der geschiedenen Ehefrau zu übertragen gewesen wären. In Anlage 5 und 6 des Rentenbescheides vom 13.02.2008 wären die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs dargestellt gewesen. Der Kläger hätte erkennen können, dass eine Gutschrift statt einer Belastung der Rentenanwartschaften erfolgt sei. Das Mitverschulden der Beklagten werde aber zur Hälfte gewertet.
Zur Begründung des hiergegen am 12.04.2013 beim Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) eingelegten Widerspruchs, der am 15.04.2013 an die Beklagte weitergeleitet wurde, wiesen die damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers darauf hin, dass der Kläger aufgrund der vorhergehenden Beratungsgespräche mit der Beklagten eine konkrete Vorstellung über die zu erwartende Rentenhöhe gehabt habe, die auch durch die jährlich erteilten Renteninformationen bestätigt worden sei. Als er dann den Rentenbescheid vom 13.02.2008 erhalten habe, habe er in der Höhe seinen Erwartungen entsprochen. Natürlich hätte der Kläger aus Anlage 5 des Bescheids erkennen können, dass der Versorgungsausgleich zu seinen Gunsten berücksichtigt worden sei. Er habe aber keine Veranlassung gehabt, den Rentenbescheid im Detail zu prüfen, weil sich ihm die Fehlerhaftigkeit des Bescheides nicht habe aufdrängen müssen. Wenn die Rente annähernd identisch mit dem Betrag sei, den die Beklagte ihm mit den Rentenauskünften jeweils mitgeteilt habe, könne von ihm nicht verlangt werden, den Bescheid auf etwaige Unstimmigkeiten zu prüfen. Eine Rückforderung könne nur bei grober Verletzung der erforderlichen Sorgfalt erfolgen, die aber hier gerade nicht vorliege. In der Verwaltungsakte habe sich sicherlich eine Kopie des Scheidungsurteils befunden, so dass den Mitarbeitern der Beklagten der Fehler hätte auffallen müssen. Eine Rücknahme des Bescheids vom 13.02.2008 sei nach § 45 SGB X deshalb nicht möglich. Zulässig sei allenfalls ein "Einfrieren" der Rente im Sinne des § 48 Abs 3 SGB X. Die Rente sei deshalb in unveränderter Höhe weiter zu zahlen und der Bescheid vom 03.04.2013 aufzuheben.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2013 als unbegründet zurück.
Zur Begründung der hiergegen am 24.09.2013 zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat die jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 28.11.2013 darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht bösgläubig gewesen sei und auch nicht habe erkennen können, dass er angeblich zu Unrecht Leistungen bezogen habe. Die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - B-Stadt liege mittlerweile 33 Jahre zurück. Die Fehlerhaftigkeit aufgrund des Scheidungsverfahrens sei ihm nicht bewusst gewesen. Er sei auch aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht in der Lage gewesen, die Rechtswidrigkeit des Bescheids zu erkennen. Der Kläger sei Laie und müsse den Zusammenhang zwischen der 1983 erfolgten Scheidung und seinem Rentenbescheid nicht kennen. Im Übrigen wäre eine Rückforderung auch grob unbillig. Der Kläger sei berentet. Er habe ca. 100.000,00 EUR Schulden, die er monatlich mit 650,00 EUR bediene. Der Kläger habe die Rentenleistung für den Lebensunterhalt verbraucht. Die Beklagte habe wiederholt fehlerhafte Auskünfte im Hinblick auf die Scheidung erteilt, ohne dass dies für den Kläger erkennbar gewesen sei. Die Beklagte verlange vom Kläger, was sie selbst über Jahre nicht entdeckt habe und unterstelle ihm insoweit Bösgläubigkeit. Vorsorglich werde die Einrede der Verjährung erhoben.
Das SG hat sodann mit Gerichtsbescheid vom 11.12.2017 die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht den Rentenbescheid vom 13.02.2008 nach § 45 SGB X aufgehoben. Der Kläger habe infolge grober Fahrlässigkeit die Fehlerhaftigkeit des Bescheides nicht erkannt. Der im Rentenbescheid enthaltene Fehler, einen Zuschlag anstelle eines Abschlages für den durchgeführten Versorgungsausgleich vorzusehen und hierbei auch noch statt einer Höhe von 106,20 DM 352,55 DM anzunehmen und somit hierdurch eine höhere Rente zu bewirken, springe auch dem rechtsunkundigen Leser ohne Weiteres ins Auge. Insbesondere die Angabe, es ergebe sich aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich ein Zuschlag an Entgeltpunkten, könne vom Rentenempfänger nicht falsch verstanden werden. Auch ohne Rechtskenntnisse und ohne intensive Befassung mit allen Details des Bescheides sei erkennbar, dass hiermit ein rentensteigernder Vorteil verbunden sei. Die Beklagte habe auch die relevanten Fristen nach § 45 SGB X eingehalten, da sie erst aufgrund der Fehlermeldung am 13.12.2012 Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Rentenbescheides erlangt habe. Die Ermessensentscheidung der Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die vom Kläger getroffenen Vermögensdispositionen seien alle vor Erlass des Rentenbescheides erfolgt, so dass dieser nicht ursächlich für die getroffenen Dispositionen gewesen sei. Die Beklagte habe ihr Mitverschulden angemessen berücksichtigt. Die dem Kläger erteilten Rentenauskünfte seien keine Verwaltungsakte oder Zusicherungen im Sinne des § 34 SGB X, sondern kraft Gesetzes nach § 109 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unverbindlich. Dies sei zuletzt vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 27.02.2007, 1 BvL 10/00, bestätigt worden. Die Forderung sei auch nicht verjährt, die Verjährungsfrist betrage nach § 52 Abs 2 SGB X 30 Jahre.
Hiergegen hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 16.01.2018 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt, im Wesentlichen unter Wiederholung der bereits vorgetragenen Gesichtspunkte. Der Kläger habe in den beim SG durchgeführten Erörterungsterminen vom 10.09.2015 und 23.10.2017 immer wieder glaubhaft und glaubwürdig dem Gericht versichert, dass für ihn keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich gewesen seien, dass der Rentenbescheid falsch gewesen sei. Der Fehler sei für ihn nicht erkennbar gewesen und er verstehe bis heute den Fehler auch nicht. Es werde ausdrücklich nochmals der Einwand der Entreicherung und die Einrede der Verjährung erhoben. Die Beklagte habe sich - entgegen der Auffassung des SG - auch mit der Disposition des Klägers in arbeitsrechtlicher Hinsicht, vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden und in den Vorruhestand zu gehen, auseinander zu setzen. Der Kläger habe im Übrigen gegenüber der Beklagten auch den Differenzbetrag aus der früheren Rente im Wege des sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruchs und als Schadensersatz wegen Aufklärungsverschuldens außergerichtlich geltend gemacht.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.12.2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 03.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.12.2017 zurückzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG-), jedoch unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht mit streitgegenständlichem Bescheid vom 03.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2013 den Rentenbescheid vom 13.02.2008 nach § 45 SGB X aufgehoben, weil dieser von Anfang an rechtswidrig war und der Kläger sich auf ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Bescheids nicht berufen kann.
Gemäß § 45 Abs 1 SGB X darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der Bescheid vom 13.02.2008 war von Anfang an rechtswidrig, da bei der Berechnung der dem Kläger ab dem 01.04.2008 bewilligten Altersrente nach Altersteilzeit ein Abzug aus Versorgungsausgleich bezüglich der ersten Ehe des Klägers nicht berücksichtigt worden ist. Statt eines Abzugs von Entgeltpunkten wurden dem Kläger zusätzliche Entgeltpunkte aus Versorgungsausgleich in Höhe von 11,7034 zuerkannt und unter Zugrundelegung dieser Entgeltpunkte Altersrente nach Altersteilzeit gewährt.
Der Kläger kann sich auch nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand dieses Bescheids nach § 45 Abs 2 S 1 und 2 SGB X berufen, da der Kläger infolge grober Fahrlässigkeit die Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht erkannt hat und damit ein Vertrauensschutz nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X nicht in Betracht kommt. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der gesetzlichen Umschreibung in § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 2. Hs SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Grob fahrlässige Unkenntnis in diesem Sinne liegt bereits dann vor, wenn der Adressat, hätte er den Bewilligungsbescheid gelesen und zur Kenntnis genommen, aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen sicher hätte erkennen können, dass der zuerkannte Anspruch nicht oder jedenfalls so nicht besteht (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG vom 26.08.1987, Az B 11a RA 30/86; BSG vom 08.02.2011, Az B 11 AL 21/00 R, veröffentlicht bei juris; Schütze in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., 2014, § 45 Rdnr 56 m.w.N.).
Das SG hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger ohne weiteres die Fehlerhaftigkeit des Bescheids vom 13.02.2008 hätte erkennen können. Bereits die Gestaltung der Anlage 5, die in Fettdruck mit der Überschrift "Auswirkungen des Versorgungsausgleichs" versehen ist, macht unmissverständlich deutlich, dass es sich hier um Auswirkungen auf die Rentenanwartschaften durch den Versorgungsausgleich aus der konkreten Ehezeit des Klägers handelt. Es ist eindeutig ersichtlich, dass hier Anwartschaften zugunsten des Klägers berücksichtigt wurden. Aus Anlage 6 ist ersichtlich, dass die in Anlage 5 genannten zusätzlichen Entgeltpunkte aus der Ehezeit den weiteren Entgeltpunkten des Klägers hinzugerechnet werden und insgesamt zu einer höheren Entgeltpunktezahl führen, die seiner Rentenberechnung zugrunde gelegt wurden. Der Kläger wusste sicherlich, dass im Scheidungsurteil der Versorgungsausgleich, d.h. die während der Ehezeit von beiden Ehegatten erworbenen Rentenanwartschaften, zu seinen Lasten und nicht zu seinen Gunsten durchgeführt wurde, er also an seine geschiedene Ehefrau Rentenanwartschaften zu übertragen hatte. Dem Kläger ist einzuräumen, dass ein juristischer Laie keine Kenntnisse über die genauen rechtlichen Wirkungen eines familienrechtlichen Versorgungsausgleichsverfahrens und seiner Auswirkungen auf die Rentenberechnung haben muss. Er musste aber beim bloßen Lesen des Bescheids erkennen, dass ein Zuschlag an Entgeltpunkten in diesem Fall ausgeschlossen sein muss (Bayer. LSG, Urteil vom 30.04.2014, L 20 R 1040/12; Urteil vom 05.04.2018, L 19 R 136/17, veröffentlicht bei juris). Bei Anstellung einfachster Überlegungen hätte dem Kläger klar sein müssen, dass die ihm von der Beklagten zuerkannte Altersrente jedenfalls nicht in dieser Höhe zustehen konnte. Zumindest hätte er sich veranlasst sehen müssen, bei der Beklagten deswegen nachzufragen, was er aber nicht getan hat.
Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass er den Bescheid überhaupt nicht gelesen hätte, wäre bereits dieses Verhalten als grob fahrlässig im Sinne des § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X zu bewerten.
Der Kläger ist auch nicht von der rechtlichen Verpflichtung zum Lesen eines Bewilligungsbescheids entbunden, weil er zuvor Rentenberechnungen bei der Beklagten hat durchführen lassen, er Beratungstermine in Anspruch genommen und im Folgenden wohl auch Renteninformationen von der Beklagten erhalten hatte. Das SG hat insoweit bereits auf die Unverbindlichkeit der Rentenauskünfte nach § 109 SGB VI hingewiesen. Selbst wenn die Rentenhöhe im Bewilligungsbescheid vom 13.02.2008 vergleichbar mit den gegebenen Informationen gewesen wäre, wäre der Kläger trotzdem zumindest zum Lesen und zur Kenntnisnahme des erstmals Rente bewilligenden Bescheides verpflichtet gewesen. Wie oben ausgeführt, hätte er dann die Fehlerhaftigkeit des Bescheides erkennen müssen. Dies gilt umso mehr als der Kläger den Rentenbescheid vom 13.02.2008 eben gerade nicht ungelesen in eine Schublade abgelegt hatte, sondern zusammen mit seinen damaligen Prozessbevollmächtigten eine Überprüfung des Bescheides in Hinblick auf eine Optimierung der Rentenhöhe durchgeführt hatte, erst hinsichtlich einer Altersrente bei Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit und anschließend einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach Zuerkennung eines GdB von 50 durch das Versorgungsamt. Ein solches Vorgehen verlangt zwingend das Lesen des Bescheides und die Kenntnisnahme von den wesentlichen Berechnungsgrundlagen, die dem Bescheid zugrunde liegen.
Die Beklagte hat auch die in § 45 Abs 3 und 4 SGB X genannten Rücknahmefristen eingehalten. Dies hat das SG ebenfalls bereits zutreffend ausgeführt. Die Jahresfrist nach § 45 Abs 4 SGB X hat die Beklagte unzweifelhaft eingehalten, weil sie erst aufgrund der Fehlermeldung der DRV Nordbayern, ausgelöst durch die Rentenantragstellung der geschiedenen Ehefrau des Klägers, überhaupt positive Kenntnis von dem bei ihr unterlaufenen Fehler erlangt hat und den Kläger zu der möglichen Überzahlung anhören konnte. Die Fehlermeldung erfolgte am 13.12.2012, der hier streitige Rücknahmebescheid wurde am 03.04.2013 erlassen.
Das SG hat zu Recht auch festgestellt, dass die von der Beklagten durchgeführte Ermessensausübung rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Beklagte hat hierbei in ausreichendem Maße berücksichtigt, dass bei ihr der entscheidende Fehler bei der Verarbeitung des Versorgungsausgleichs aus dem Scheidungsurteil von 1983 lag, dass aber der Kläger bei Wahrung der erforderlichen Sorgfalt die eingetretene Überzahlung hätte vermeiden können. Ein vom Gericht zu beanstandender Ermessensnicht- oder -fehlgebrauch liegt nicht vor.
Auf Entreicherung kann sich der Kläger wegen des fehlenden Vertrauensschutzes nach § 45 Abs 2 SGB X nicht berufen. Die Vorschriften der §§ 812 ff. Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - finden in diesem Sozialrechtsverhältnis keine Anwendung.
Die Rückforderung ist auch nicht verjährt. Zwar zitiert das SG fehlerhaft § 52 Abs 2 SGB X, der auf diesen Fall nicht anwendbar ist. Eine Verjährung der Erstattungsforderung kommt nicht aufgrund bloßen Zeitablaufs in Betracht, sondern wird erst durch Erlass des Aufhebungsbescheids, der die Bestandskraft des Rentenbescheids vom 13.02.2008 hier in zulässiger Weise nach § 45 SGB X durchbricht, in Lauf gesetzt. Die Erstattungsforderung verjährt nach § 50 Abs 4 SGB X 4 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt, mit dem die Erstattung festgesetzt wurde, bestandskräftig geworden ist. Dies ist bislang aufgrund des laufenden Rechtstreits noch nicht der Fall.
Nach alledem war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 11.12.2017 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der Altersrente und die Frage, ob die Beklagte zu Recht vom Kläger die Erstattung überzahlter Altersrente in Höhe von 9.172,25 EUR verlangen kann.
Der 1948 geborene Kläger beantragte am 17.12.2007 bei der Beklagten die Gewährung von Altersrente wegen Schwerbehinderung, alternativ als Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit oder Altersrente nach Altersteilzeit und Vollendung des 60.Lebensjahres ab dem 01.04.2008. Im Antrag gab der Kläger an, dass ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden sei. Weitere Antragsunterlagen hierzu finden sich nicht in der Rentenakte.
Mit Bescheid vom 13.02.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit ab dem 01.04.2008 in Höhe von monatlich 1.131,59 EUR. In der mit der Überschrift "Auswirkungen des Versorgungsausgleichs" (in Fettdruck) versehenen Anlage 5 des Bescheids war folgendes ausgeführt:
"Der zu Gunsten des Versicherungskontos durchgeführte Versorgungsausgleich ergibt einen Zuschlag an Entgeltpunkten. Hierfür werden die für Rentenanwartschaften ermittelten Werteinheiten in Entgeltpunkte umgerechnet. Für die Ehezeit vom 01.02.1969 bis 31.08.1982 sind zu Gunsten des Versicherungskontos Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen worden. Die übertragene Rentenanwartschaft ist festgestellt auf monatlich 352,55 DM. Daraus ergeben sich 11,7034 Punkte"
In Anlage 6 des Bescheids (Persönliche Entgeltpunkte) waren an Entgeltpunkten aufgelistet:
"- Entgeltpunkte für Beitragszeiten 45,3546 Punkte
- Entgeltpunkte für beitragsfreie Zeiten + 0,6503 Punkte
- Zusätzliche Entgeltpunkte für beitragsminderte Zeiten + 0,1223 Punkte
Insgesamt = 46,1272 Punkte
Zuschlag aus einem Versorgungsausgleich für die Ehezeit vom 01.02.1969 bis 31.08.1982 + 11,7034 Punkte
Insgesamt 57,8306 Punkte
Zuschlag für Arbeitsentgelt aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung + 0,1823 Punkte
Summe aller Entgeltpunkte 58,0129 Punkte"
Zur Vermeidung des Eintritts der Bestandskraft des Bescheids wurde vom damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers Widerspruch eingelegt, da zunächst die Möglichkeit einer Altersrente bei BU/EU geprüft werden sollte. Nach Prüfung der medizinischen Befundunterlagen wurde von der Beklagten ein entsprechender Anspruch verneint. Gegen diesen Bescheid vom 29.09.2008 legten die Prozessbevollmächtigten des Klägers ebenfalls Widerspruch ein und teilten außerdem mit, dass dem Kläger zwischenzeitlich ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 zuerkannt worden sei und deshalb der Anspruch auf eine Altersrente wegen Schwerbehinderung zu prüfen sei. Nachdem die Beklagte eine diesbezügliche Probeberechnung durchgeführt und dem Kläger die Möglichkeit aufgezeigt hatte, die ab dem 01.04.2008 bezogene Altersrente zurückzuzahlen und ab dem 01.12.2008 Altersrente wegen Schwerbehinderung zu beziehen, wurden die beiden Widersprüche zurückgenommen.
Am 13.12.2012 erfolgte im Versicherungskonto des Klägers eine Fehlermeldung, nachdem die ehemalige Ehefrau des Klägers bei der Deutschen Rentenversicherung - DRV - Nordbayern ihrerseits Altersrente beantragt hatte. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die DRV Nordbayern mit, dass im Rentenkonto der Ehefrau des Klägers ebenfalls eine Begünstigung aus dem Versorgungsausgleich gespeichert sei, nämlich in Höhe von 106,20 DM. Vorgelegt wurde hierzu das Scheidungsurteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 21.06.1983 (Az XXX), wonach zugunsten des Rentenkontos der Ehefrau C. A. Rentenanwartschaften in Höhe von 106,20 DM bezogen auf den 31.08.1982 übertragen werden. Das Urteil war seit dem 06.08.1983 rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 23.01.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die gespeicherten Daten über den gesetzlichen Versorgungsausgleich für die Ehezeit vom 01.02.1969 bis 31.08.1982 berichtigt worden seien. Statt bisher ein Zuschlag in Höhe von 11,7034 Punkten sei ein Abschlag in Höhe von 3,5255 Punkten zu berücksichtigen, insgesamt seien der Altersrentenberechnung nur noch 42,7841 Punkte zu Grunde zu legen.
Mit Schreiben vom 04.02.2013 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Aufhebung des Bescheids vom 13.02.2008 an. Mit Wirkung ab dem 01.03.2013 würde die laufende Rente nur noch in Höhe von 883,84 EUR gezahlt werden. Für die Vergangenheit ergebe sich für die Zeit vom 01.04.2008 bis 28.02.2013 eine Überzahlung in Höhe von 18.030,25 EUR, die nach § 50 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - zu erstatten sei. Hierzu wies der Kläger darauf hin, dass er die Fehlerhaftigkeit des Bescheides nicht hätte erkennen können. Er habe zudem die Leistungen verbraucht. Eine arglistige Täuschung sei nicht erfolgt. Weiter teilte der Kläger mit, dass er im Jahr 2002 aufgrund seiner Altersplanung bei der Beklagten vorstellig gewesen sei. Dort sei ihm die Probeberechnung vom 04.12.2002 ausgehändigt und mit ihm besprochen worden. Aufgrund dieser Berechnung habe der Kläger dann mit seinem Arbeitgeber Altersteilzeit vereinbart. Er sei bei seinem Arbeitgeber (H.) als Betriebsrat in ungekündigter Stellung beschäftigt gewesen. 2002 habe er sich noch ein Eigenheim gebaut. Ihm sei im Servicezentrum B-Stadt eine Rente in Höhe von 1.272,94 EUR bestätigt worden. Er habe auf die Rentenauskünfte sowie den Rentenbescheid vom 13.02.2008 vertraut. Er habe keine falschen Angaben gemacht und sei auch nicht in der Lage gewesen, die Unrichtigkeit des Rentenbescheids zu erkennen.
Die Beklagte hob daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 03.04.2013 den Bescheid vom 13.02.2008 ab Rentenbeginn nach § 45 SGB X auf. Ab dem 01.04.2013 werde die Altersrente laufend in Höhe von 883,84 EUR gezahlt. Für die Zeit vom 01.04.2008 bis 31.03.2013 ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 18.030,25 EUR. Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens der Beklagten habe der Kläger 9.172,25 EUR zu erstatten. In Anlage 10 des Bescheides führte die Beklagte aus, dass die vom Kläger in der Anhörung vorgetragenen Gründe zwar nicht geeignet seien, Vertrauensschutz zu begründen, sie seien aber im Rahmen der der Beklagten obliegenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen. Der Kläger hätte die Rechtswidrigkeit des Rentenbescheides erkennen können, weil er hätte wissen müssen, dass die von der Beklagten in den Beratungen gegebenen Informationen fehlerhaft gewesen seien. Er hätte gewusst, dass infolge des Scheidungsurteils Rentenanwartschaften auf das Versicherungskonto der geschiedenen Ehefrau zu übertragen gewesen wären. In Anlage 5 und 6 des Rentenbescheides vom 13.02.2008 wären die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs dargestellt gewesen. Der Kläger hätte erkennen können, dass eine Gutschrift statt einer Belastung der Rentenanwartschaften erfolgt sei. Das Mitverschulden der Beklagten werde aber zur Hälfte gewertet.
Zur Begründung des hiergegen am 12.04.2013 beim Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) eingelegten Widerspruchs, der am 15.04.2013 an die Beklagte weitergeleitet wurde, wiesen die damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers darauf hin, dass der Kläger aufgrund der vorhergehenden Beratungsgespräche mit der Beklagten eine konkrete Vorstellung über die zu erwartende Rentenhöhe gehabt habe, die auch durch die jährlich erteilten Renteninformationen bestätigt worden sei. Als er dann den Rentenbescheid vom 13.02.2008 erhalten habe, habe er in der Höhe seinen Erwartungen entsprochen. Natürlich hätte der Kläger aus Anlage 5 des Bescheids erkennen können, dass der Versorgungsausgleich zu seinen Gunsten berücksichtigt worden sei. Er habe aber keine Veranlassung gehabt, den Rentenbescheid im Detail zu prüfen, weil sich ihm die Fehlerhaftigkeit des Bescheides nicht habe aufdrängen müssen. Wenn die Rente annähernd identisch mit dem Betrag sei, den die Beklagte ihm mit den Rentenauskünften jeweils mitgeteilt habe, könne von ihm nicht verlangt werden, den Bescheid auf etwaige Unstimmigkeiten zu prüfen. Eine Rückforderung könne nur bei grober Verletzung der erforderlichen Sorgfalt erfolgen, die aber hier gerade nicht vorliege. In der Verwaltungsakte habe sich sicherlich eine Kopie des Scheidungsurteils befunden, so dass den Mitarbeitern der Beklagten der Fehler hätte auffallen müssen. Eine Rücknahme des Bescheids vom 13.02.2008 sei nach § 45 SGB X deshalb nicht möglich. Zulässig sei allenfalls ein "Einfrieren" der Rente im Sinne des § 48 Abs 3 SGB X. Die Rente sei deshalb in unveränderter Höhe weiter zu zahlen und der Bescheid vom 03.04.2013 aufzuheben.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2013 als unbegründet zurück.
Zur Begründung der hiergegen am 24.09.2013 zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat die jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 28.11.2013 darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht bösgläubig gewesen sei und auch nicht habe erkennen können, dass er angeblich zu Unrecht Leistungen bezogen habe. Die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - B-Stadt liege mittlerweile 33 Jahre zurück. Die Fehlerhaftigkeit aufgrund des Scheidungsverfahrens sei ihm nicht bewusst gewesen. Er sei auch aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht in der Lage gewesen, die Rechtswidrigkeit des Bescheids zu erkennen. Der Kläger sei Laie und müsse den Zusammenhang zwischen der 1983 erfolgten Scheidung und seinem Rentenbescheid nicht kennen. Im Übrigen wäre eine Rückforderung auch grob unbillig. Der Kläger sei berentet. Er habe ca. 100.000,00 EUR Schulden, die er monatlich mit 650,00 EUR bediene. Der Kläger habe die Rentenleistung für den Lebensunterhalt verbraucht. Die Beklagte habe wiederholt fehlerhafte Auskünfte im Hinblick auf die Scheidung erteilt, ohne dass dies für den Kläger erkennbar gewesen sei. Die Beklagte verlange vom Kläger, was sie selbst über Jahre nicht entdeckt habe und unterstelle ihm insoweit Bösgläubigkeit. Vorsorglich werde die Einrede der Verjährung erhoben.
Das SG hat sodann mit Gerichtsbescheid vom 11.12.2017 die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht den Rentenbescheid vom 13.02.2008 nach § 45 SGB X aufgehoben. Der Kläger habe infolge grober Fahrlässigkeit die Fehlerhaftigkeit des Bescheides nicht erkannt. Der im Rentenbescheid enthaltene Fehler, einen Zuschlag anstelle eines Abschlages für den durchgeführten Versorgungsausgleich vorzusehen und hierbei auch noch statt einer Höhe von 106,20 DM 352,55 DM anzunehmen und somit hierdurch eine höhere Rente zu bewirken, springe auch dem rechtsunkundigen Leser ohne Weiteres ins Auge. Insbesondere die Angabe, es ergebe sich aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich ein Zuschlag an Entgeltpunkten, könne vom Rentenempfänger nicht falsch verstanden werden. Auch ohne Rechtskenntnisse und ohne intensive Befassung mit allen Details des Bescheides sei erkennbar, dass hiermit ein rentensteigernder Vorteil verbunden sei. Die Beklagte habe auch die relevanten Fristen nach § 45 SGB X eingehalten, da sie erst aufgrund der Fehlermeldung am 13.12.2012 Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Rentenbescheides erlangt habe. Die Ermessensentscheidung der Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die vom Kläger getroffenen Vermögensdispositionen seien alle vor Erlass des Rentenbescheides erfolgt, so dass dieser nicht ursächlich für die getroffenen Dispositionen gewesen sei. Die Beklagte habe ihr Mitverschulden angemessen berücksichtigt. Die dem Kläger erteilten Rentenauskünfte seien keine Verwaltungsakte oder Zusicherungen im Sinne des § 34 SGB X, sondern kraft Gesetzes nach § 109 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unverbindlich. Dies sei zuletzt vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 27.02.2007, 1 BvL 10/00, bestätigt worden. Die Forderung sei auch nicht verjährt, die Verjährungsfrist betrage nach § 52 Abs 2 SGB X 30 Jahre.
Hiergegen hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 16.01.2018 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt, im Wesentlichen unter Wiederholung der bereits vorgetragenen Gesichtspunkte. Der Kläger habe in den beim SG durchgeführten Erörterungsterminen vom 10.09.2015 und 23.10.2017 immer wieder glaubhaft und glaubwürdig dem Gericht versichert, dass für ihn keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich gewesen seien, dass der Rentenbescheid falsch gewesen sei. Der Fehler sei für ihn nicht erkennbar gewesen und er verstehe bis heute den Fehler auch nicht. Es werde ausdrücklich nochmals der Einwand der Entreicherung und die Einrede der Verjährung erhoben. Die Beklagte habe sich - entgegen der Auffassung des SG - auch mit der Disposition des Klägers in arbeitsrechtlicher Hinsicht, vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden und in den Vorruhestand zu gehen, auseinander zu setzen. Der Kläger habe im Übrigen gegenüber der Beklagten auch den Differenzbetrag aus der früheren Rente im Wege des sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruchs und als Schadensersatz wegen Aufklärungsverschuldens außergerichtlich geltend gemacht.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.12.2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 03.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.12.2017 zurückzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG-), jedoch unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht mit streitgegenständlichem Bescheid vom 03.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2013 den Rentenbescheid vom 13.02.2008 nach § 45 SGB X aufgehoben, weil dieser von Anfang an rechtswidrig war und der Kläger sich auf ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Bescheids nicht berufen kann.
Gemäß § 45 Abs 1 SGB X darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der Bescheid vom 13.02.2008 war von Anfang an rechtswidrig, da bei der Berechnung der dem Kläger ab dem 01.04.2008 bewilligten Altersrente nach Altersteilzeit ein Abzug aus Versorgungsausgleich bezüglich der ersten Ehe des Klägers nicht berücksichtigt worden ist. Statt eines Abzugs von Entgeltpunkten wurden dem Kläger zusätzliche Entgeltpunkte aus Versorgungsausgleich in Höhe von 11,7034 zuerkannt und unter Zugrundelegung dieser Entgeltpunkte Altersrente nach Altersteilzeit gewährt.
Der Kläger kann sich auch nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand dieses Bescheids nach § 45 Abs 2 S 1 und 2 SGB X berufen, da der Kläger infolge grober Fahrlässigkeit die Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht erkannt hat und damit ein Vertrauensschutz nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X nicht in Betracht kommt. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der gesetzlichen Umschreibung in § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 2. Hs SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Grob fahrlässige Unkenntnis in diesem Sinne liegt bereits dann vor, wenn der Adressat, hätte er den Bewilligungsbescheid gelesen und zur Kenntnis genommen, aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen sicher hätte erkennen können, dass der zuerkannte Anspruch nicht oder jedenfalls so nicht besteht (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG vom 26.08.1987, Az B 11a RA 30/86; BSG vom 08.02.2011, Az B 11 AL 21/00 R, veröffentlicht bei juris; Schütze in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., 2014, § 45 Rdnr 56 m.w.N.).
Das SG hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger ohne weiteres die Fehlerhaftigkeit des Bescheids vom 13.02.2008 hätte erkennen können. Bereits die Gestaltung der Anlage 5, die in Fettdruck mit der Überschrift "Auswirkungen des Versorgungsausgleichs" versehen ist, macht unmissverständlich deutlich, dass es sich hier um Auswirkungen auf die Rentenanwartschaften durch den Versorgungsausgleich aus der konkreten Ehezeit des Klägers handelt. Es ist eindeutig ersichtlich, dass hier Anwartschaften zugunsten des Klägers berücksichtigt wurden. Aus Anlage 6 ist ersichtlich, dass die in Anlage 5 genannten zusätzlichen Entgeltpunkte aus der Ehezeit den weiteren Entgeltpunkten des Klägers hinzugerechnet werden und insgesamt zu einer höheren Entgeltpunktezahl führen, die seiner Rentenberechnung zugrunde gelegt wurden. Der Kläger wusste sicherlich, dass im Scheidungsurteil der Versorgungsausgleich, d.h. die während der Ehezeit von beiden Ehegatten erworbenen Rentenanwartschaften, zu seinen Lasten und nicht zu seinen Gunsten durchgeführt wurde, er also an seine geschiedene Ehefrau Rentenanwartschaften zu übertragen hatte. Dem Kläger ist einzuräumen, dass ein juristischer Laie keine Kenntnisse über die genauen rechtlichen Wirkungen eines familienrechtlichen Versorgungsausgleichsverfahrens und seiner Auswirkungen auf die Rentenberechnung haben muss. Er musste aber beim bloßen Lesen des Bescheids erkennen, dass ein Zuschlag an Entgeltpunkten in diesem Fall ausgeschlossen sein muss (Bayer. LSG, Urteil vom 30.04.2014, L 20 R 1040/12; Urteil vom 05.04.2018, L 19 R 136/17, veröffentlicht bei juris). Bei Anstellung einfachster Überlegungen hätte dem Kläger klar sein müssen, dass die ihm von der Beklagten zuerkannte Altersrente jedenfalls nicht in dieser Höhe zustehen konnte. Zumindest hätte er sich veranlasst sehen müssen, bei der Beklagten deswegen nachzufragen, was er aber nicht getan hat.
Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass er den Bescheid überhaupt nicht gelesen hätte, wäre bereits dieses Verhalten als grob fahrlässig im Sinne des § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X zu bewerten.
Der Kläger ist auch nicht von der rechtlichen Verpflichtung zum Lesen eines Bewilligungsbescheids entbunden, weil er zuvor Rentenberechnungen bei der Beklagten hat durchführen lassen, er Beratungstermine in Anspruch genommen und im Folgenden wohl auch Renteninformationen von der Beklagten erhalten hatte. Das SG hat insoweit bereits auf die Unverbindlichkeit der Rentenauskünfte nach § 109 SGB VI hingewiesen. Selbst wenn die Rentenhöhe im Bewilligungsbescheid vom 13.02.2008 vergleichbar mit den gegebenen Informationen gewesen wäre, wäre der Kläger trotzdem zumindest zum Lesen und zur Kenntnisnahme des erstmals Rente bewilligenden Bescheides verpflichtet gewesen. Wie oben ausgeführt, hätte er dann die Fehlerhaftigkeit des Bescheides erkennen müssen. Dies gilt umso mehr als der Kläger den Rentenbescheid vom 13.02.2008 eben gerade nicht ungelesen in eine Schublade abgelegt hatte, sondern zusammen mit seinen damaligen Prozessbevollmächtigten eine Überprüfung des Bescheides in Hinblick auf eine Optimierung der Rentenhöhe durchgeführt hatte, erst hinsichtlich einer Altersrente bei Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit und anschließend einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach Zuerkennung eines GdB von 50 durch das Versorgungsamt. Ein solches Vorgehen verlangt zwingend das Lesen des Bescheides und die Kenntnisnahme von den wesentlichen Berechnungsgrundlagen, die dem Bescheid zugrunde liegen.
Die Beklagte hat auch die in § 45 Abs 3 und 4 SGB X genannten Rücknahmefristen eingehalten. Dies hat das SG ebenfalls bereits zutreffend ausgeführt. Die Jahresfrist nach § 45 Abs 4 SGB X hat die Beklagte unzweifelhaft eingehalten, weil sie erst aufgrund der Fehlermeldung der DRV Nordbayern, ausgelöst durch die Rentenantragstellung der geschiedenen Ehefrau des Klägers, überhaupt positive Kenntnis von dem bei ihr unterlaufenen Fehler erlangt hat und den Kläger zu der möglichen Überzahlung anhören konnte. Die Fehlermeldung erfolgte am 13.12.2012, der hier streitige Rücknahmebescheid wurde am 03.04.2013 erlassen.
Das SG hat zu Recht auch festgestellt, dass die von der Beklagten durchgeführte Ermessensausübung rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Beklagte hat hierbei in ausreichendem Maße berücksichtigt, dass bei ihr der entscheidende Fehler bei der Verarbeitung des Versorgungsausgleichs aus dem Scheidungsurteil von 1983 lag, dass aber der Kläger bei Wahrung der erforderlichen Sorgfalt die eingetretene Überzahlung hätte vermeiden können. Ein vom Gericht zu beanstandender Ermessensnicht- oder -fehlgebrauch liegt nicht vor.
Auf Entreicherung kann sich der Kläger wegen des fehlenden Vertrauensschutzes nach § 45 Abs 2 SGB X nicht berufen. Die Vorschriften der §§ 812 ff. Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - finden in diesem Sozialrechtsverhältnis keine Anwendung.
Die Rückforderung ist auch nicht verjährt. Zwar zitiert das SG fehlerhaft § 52 Abs 2 SGB X, der auf diesen Fall nicht anwendbar ist. Eine Verjährung der Erstattungsforderung kommt nicht aufgrund bloßen Zeitablaufs in Betracht, sondern wird erst durch Erlass des Aufhebungsbescheids, der die Bestandskraft des Rentenbescheids vom 13.02.2008 hier in zulässiger Weise nach § 45 SGB X durchbricht, in Lauf gesetzt. Die Erstattungsforderung verjährt nach § 50 Abs 4 SGB X 4 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt, mit dem die Erstattung festgesetzt wurde, bestandskräftig geworden ist. Dies ist bislang aufgrund des laufenden Rechtstreits noch nicht der Fall.
Nach alledem war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 11.12.2017 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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