Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 33 U 172/14
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 106/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. August 2016 und der Bescheid der Beklagten vom 13. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2014 werden aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass das Ereignis am 16. August 2013 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen und das Vorverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger bei einem Unfall am 16. August 2013 eine versicherte Tätigkeit verrichtet hat.
Nach dem Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. Dr. H. vom 19. August 2013 ist der Kläger am 16. August 2013 um 10.00 Uhr beim Absaugen des zu pflegenden Vaters (im Weiteren Pflegebedürftiger) gewesen, als es geklingelt habe. Auf dem Weg zur Tür sei er dann gestolpert und auf die linke Schulter und den linken Ellbogen gefallen. Seither habe er anhaltende Schmerzen. Die Ärzte diagnostizierten eine Ellbogen- und Schulterprellung links. Am 27. August 2013 schilderte der Kläger telefonisch gegenüber seiner Krankenkasse den Vorfall ähnlich. Als Zeitpunkt des Unfalls wurde nun aber 17.00 Uhr angegeben.
Unter dem 28. September 2013 gab der Kläger an, er sei die eingetragene Pflegeperson. Bei der Pflege seines Vaters (Ableitung von Lungenflüssigkeit mit einem Katheter) habe es an der Tür geklingelt. Nach einem weiteren Klingeln habe er die Wunde bei seinem Vater steril abgedeckt und sei zur Tür geeilt. Dabei sei er gestürzt und auf die linke Hand, Ellbogen und Schulter gefallen. Geklingelt habe ein Mitarbeiter des Sanitätshauses ("Termin, Bestellung Pflegehilfsmittel für meinen Vati"). Im Weiteren gab die Pflegekasse des Pflegebedürftigen an, dieser habe seit Juli 2013 Anspruch Pflegegeld nach der Pflegestufe III. Der Kläger und die Ehefrau des Pflegebedürftigen teilten sich die 24stündige Pflege, die in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen stattfinde. Der Kläger sei hier seit dem 12. April 2013 mit regelmäßig 14 h pro Woche rentenversicherungspflichtig tätig. Er wohne in der gleichen Straße wie der Pflegebedürftige, aber in einem anderen Haus.
Mit Bescheid vom 13. März 2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab und führte zur Begründung aus, nicht jede Tätigkeit der Pflegeperson, die dem Pflegebedürftigen zu Gute komme, sei versichert. Um Tätigkeiten der Pflege in häuslicher Umgebung von allgemeinen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten abzugrenzen und damit die versicherten Pflegetätigkeiten zu konkretisieren, werde auf die in § 14 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) aufgeführten Pflegetätigkeiten Bezug genommen. Bei den enumerativ aufgezählten Pflegetätigkeiten handele es sich um Verrichtungen, die der Gesetzgeber als regelmäßig wiederkehrend ansehe. Sie begrenzten den Umfang des Versicherungsschutzes. Tätigkeiten in der hauswirtschaftlichen Versorgung fielen nur dann unter den Versicherungsschutz, wenn sie überwiegend dem Pflegebedürftigen zu dienen bestimmt seien. Auszugehen sei von der Zielsetzung bzw. dem Anlass der Tätigkeit. Nicht versichert seien Tätigkeiten, die überwiegend der gesamten Wohngemeinschaft, gleichzeitig aber auch dem Pflegebedürftigen nutzten. Die Ableitung der Lungenflüssigkeit sei zu dem Zeitpunkt des Sturzes unterbrochen gewesen, so dass im Moment des Sturzes keine pflegerische Tätigkeit mehr verrichtet worden sei. Auch eine Versicherung gemäß § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) komme nicht in Betracht, da es sich hier um eine Gefälligkeitsleistung für den Pflegebedürftigen gehandelt habe.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte aus, es sei logisch, dass er die Tür öffnen müsse, wenn das Sanitätshaus für die Pflegeperson komme. Auf Nachfrage gab der Kläger an, das Sanitätshaus habe sich für Mittag bis späten Nachmittag angekündigt. Bis zum Unfalltag sei die Versorgung durch ein anderes Sanitätshaus erfolgt. Es seien Formalitäten besprochen worden.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und betonte, auch das Öffnen der Tür falle nicht in den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung.
Hiergegen hat der Kläger am 10. November 2014 Klage erhoben und ausgeführt, das Gehen zur Tür sei durch die vorherige Absprache mit dem Sanitätshaus bedingt gewesen. Er habe gewusst, dass der Sanitätsdienst im besprochenen Zeitraum erscheinen werde und sei deshalb beim Klingeln zur Tür gegangen, um sie zu öffnen. Es habe ein Gang zu einem Einkauf vorgelegen.
Mit Urteil vom 18. August 2016 hat das Sozialgericht Halle die Klage auf Feststellung des Ereignisses als Arbeitsunfall abgewiesen und zur Begründung darauf hingewiesen, es beständen erhebliche Zweifel, ob der Kläger tatsächlich mit dem Besuch eines Mitarbeiters des Sanitätshauses gerechnet habe. Denn nach den Mitteilungen des D-Arztes habe sich der Unfall um 10:00 Uhr morgens ereignet. Das Sanitätshaus habe sich aber erst für Mittag bzw. späten Nachmittag angekündigt. Das Zurücklegen von Wegen stelle in aller Regel keine Ausübung der versicherten Tätigkeit selbst dar, sondern eine der versicherten Tätigkeit vor- oder nachgelagerte Tätigkeit. Versicherungsschutz beginne erst im öffentlichen Raum. Ein Einkaufsgespräch habe zum Zeitpunkt des Unfalls ebenfalls nicht stattgefunden.
Gegen das ihm am 19. September 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. Oktober 2016 Berufung eingelegt und seinen bisherigen Vortrag vertieft. Er sei bei dem Klingeln davon ausgegangen, dass es sich nur um einen Mitarbeiter des Sanitätshauses handeln könne. Er hätte nicht die Erwartung gehabt, dass eine andere Person vor der Tür stehen könne.
Auf Nachfrage des Senates hat der Kläger weitere Unterlagen vorgelegt: eine "Anlage 2 zum Vertrag über die Versorgung der Versicherten mit zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel", die einen Versorgungszeitraum bis zum 31. August 2013 betraf, eine Kündigung des vorgenannten Versorgungsvertrages durch den Kläger vom 14. August 2013 bei einem anderen Sanitätshaus, eine Bestätigung der vorgenannten Kündigung durch das andere Sanitätshaus vom 15. August 2013, eine "Anlage 4 zum Vertrag über die Versorgung der Versicherten mit zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel", die der Kläger am 16. August 2013 unterzeichnet hatte, ein Schreiben des Klägers an das neu beauftragte Sanitätshaus vom 18. August 2013, in dem er ausführte, dass dieses den Originalvertrag am 16. August 2013 vergessen habe und er diesen nun übersende. Weiter füge er schon einmal per Fax die Kündigungsbestätigung des Vorgängers bei.
Der Kläger beantragt wörtlich,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. August 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Schadensereignis vom 16. August 2013 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Der Kläger habe nicht wissen können, wer an der Tür gestanden habe. Es hätte auch eine andere Person (zum Beispiel ein Nachbar oder ein Post- oder Paketdienst) sein können.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgemäß eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Denn der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung des Unfallereignisses vom 16. August 2013 als Arbeitsunfall.
Der Senat legt den Antrag des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten, den Vorfall als Arbeitsunfall anzuerkennen, als Feststellungsklage aus. Denn so lautete bereits ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung der Antrag des Klägers vor dem Sozialgericht. Es besteht kein Anhaltspunkt, dass der Kläger im Berufungsverfahren von seinem erstinstanzlich gestellten Antrag abgehen wollte und eine Klageänderung anstrebt.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
Ein Unfall im Sinne des § 8 SGB VII liegt mit dem Sturz auf den Ellenbogen und einer dabei erlittenen Prellung vor; dies bezweifelt die Beklagte auch nicht.
Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung der Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zum Unfallereignis geführt und letzteres einen Gesundheitsschaden (haftungsbegründende Kausalität) verursacht hat. Der sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist bei allen nach den §§ 2, 3 und 6 SGB VII versicherten Personen wertend zu ermitteln, in dem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (st. Rspr, z. B. BSG, 26.06.2001, 2 RU 25/00 R, SozR 3-2200 § 548 Nr. 42). Ob die unfallbringende Tätigkeit in den Bereich der grundsätzlich versicherten Tätigkeit fällt, richtet sich nach dem Schutzzweck der Norm, die für den Versicherten die Zugehörigkeit zum Kreis der nach § 2, 3 oder 6 versicherten Personen begründet.
Der Versicherungstatbestand ergibt sich vorliegend aus § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII in der Fassung des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1254). Denn der Unfall ereignete sich im Rahmen einer der Pflege des Pflegebedürftigen dienenden Tätigkeit. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII sind Pflegepersonen i. S. des § 19 SGB XI (in der Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung vom 23. Oktober 2012, BGBl. I S. 2246) versichert bei der Pflege eines Pflegebedürftigen i. S. des § 14 Halbsatz 1 SGB XI (in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014, im Weiteren a.F.). Die versicherte Tätigkeit umfasst Pflegetätigkeiten im Bereich der Körperpflege und - soweit diese Tätigkeiten überwiegend Pflegebedürftigen zu Gute kommen - Pflegetätigkeiten in den Bereichen der Ernährung, der Mobilität sowie ausdrücklich auch der hauswirtschaftlichen Versorgung (Halbsatz 2 der Vorschrift). Diese Voraussetzungen sind vorliegend insoweit erfüllt, als der Pflegebedürftige zum Unfallzeitpunkt pflegebedürftig gewesen ist und der Kläger, da er diesen nicht erwerbsmäßig in dessen häuslicher Umgebung pflegte, Pflegeperson i. S. des § 19 SGB XI war.
Versichert nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII sind Pflegepersonen aber nur "bei der Pflege". Im Moment des Unfallereignisses ist der Kläger zur Überzeugung des Senats einer versicherten Pflegetätigkeit nachgegangen.
Versicherte Pflegetätigkeiten sind Tätigkeiten, die unabhängig von der jeweiligen Pflegestufe als Pflegeleistungen zu qualifizieren sind, weil sie wegen eines Hilfebedarfs des Pflegebedürftigen bei einer der in § 14 Abs. 4 SGB XI bezeichneten Verrichtungen erbracht werden. § 14 Abs. 4 SGB XI knüpft an Abs. 1 der Vorschrift an, wonach pflegebedürftig im Sinne dieses Buches Personen sind, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Die Einbeziehung der Pflegetätigkeit i. S. des § 14 Abs. 4 SGB XI setzt zunächst voraus, dass die konkrete Hilfeleistung mit dem Wortlaut bzw. dem Begriff der betreffenden Katalogverrichtung des § 14 Abs. 4 SGB XI jedenfalls bei weiter Auslegung vereinbar ist, es also einen "sachlichen Zusammenhang" gibt (vgl. BSG, 27.8.1998, B 10 KR 4/97 R, SozR 3-3300 § 14 Nr. 7; BSG, 12.11.2003, B 3 P 5/02 R, SozR 4-3300 § 14 Nr. 3, Rn. 17; Urteil des Senats vom 5.8.2010, L 6 U 52/09, Rn. 17, juris).
Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen nennt Abs. 4 der Vorschrift u.a. in der Nr. 4 "im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen". Bei einer solchen Tätigkeit ereignete sich der Sturz des Klägers (vgl. zur Abgrenzung zwischen Wegeunfall und Betriebsweg BSG, 18.6.2013, B 2 U 7/12 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 48, Rn. 18). Beim Einkaufen ist eine Ware auszusuchen bzw. zu bestellen, entgegen zu nehmen und zu bezahlen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes steht diese gesamte Verrichtung "Einkaufen" nach § 14 Abs. 4 SGB XI unter Versicherungsschutz. Wenn der Kläger von der Wohnung seines Vaters in das Sanitätshaus gefahren wäre, hätte durchgehend Versicherungsschutz bestanden. Insoweit besteht eine vergleichbare Situation wie bei einem Beschäftigten, der für das Unternehmen eine Ware abholen und in das betriebliche Lager bringen soll. Unerheblich ist, ob bisher mit dem Sanitätshaus bereits Lieferungen vereinbart wurden. Auch der erstmalige Weg zu einem Geschäft, um dort einzukaufen, steht unter Versicherungsschutz. Es kann nicht zu Lasten des Klägers gehen, dass er sich Pflegehilfsmittel liefern ließ und nicht selbst im Sanitätshaus geholt hat.
Der Senat kann offen lassen, wie weit solche Besuche bei einem Pflegebedürftigen üblich sind, um den Bedarf an Pflegemitteln konkret vor Ort feststellen zu können. Tatsache ist, dass hier ein Mitarbeiter des Sanitätshauses konkret vor Ort tätig war. Dies wird durch die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Schreiben untermauert; insoweit erhebt die Beklagte auch keine Einwände. Welchen anderen Sinn als die Vorbereitung eines Kaufs dies haben könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen und wird auch von der Beklagten nicht dargelegt. Den aktuell bestehenden Bedarf bestätigen auch die vom Kläger vorgelegte Kündigung des Versorgungsvertrags mit einem anderen Sanitätshaus am 14. August 2013 sowie der Antrag bei der Pflegekasse auf Kostenübernahme vom 16. August 2013. Wie sich aus dem vom Kläger vorgelegten Schreiben ergibt, ist dieser Vertrag auch tatsächlich am 16. August 2013 unterzeichnet worden. Unerheblich ist insoweit entgegen der Annahme der Beklagten, dass es sich hierbei streng genommen um einen Antrag bei der Pflegekasse handelte. Der Senat hat keinen Zweifel, dass an diesem Tag der Vertrag geschlossen wurde, wie auch aus dem Schreiben des Klägers vom 18. August 2013 folgt.
Dieser Mitarbeiter des neu beauftragten Sanitätshauses konnte aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes des Pflegebedürftigen (Pflegebedürftigkeit 24 h/Tag) davon ausgehen, dass jederzeit eine Pflegeperson anwesend war. Der Kläger hat ausdrücklich vorgetragen, er sei davon ausgegangen, dass ein Mitarbeiter des Sanitätshauses klingele. Dem steht auch nicht entgegen, dass ein weiträumiger Termin zwischen der Mittagszeit und dem frühen Nachmittag vereinbart worden war. Entscheidend ist die subjektive Handlungstendenz. Hier hat der Kläger durchgehend vorgetragen, er sei ausschließlich davon ausgegangen, dass ein Mitarbeiter des Sanitätshauses geklingelt habe. Angesichts des Umstandes, dass es sich tatsächlich um einen Mitarbeiter des Sanitätshauses handelte, ist der Senat auch von der Richtigkeit der Angaben des Klägers überzeugt. Sofern sich der Unfall um 17.00 Uhr ereignet hätte (wie es der Kläger gegenüber der Krankenkasse telefonisch angegeben hat), so entfiele auch das Argument, der Kläger könne einen Mitarbeiter des Sanitätshauses zu diesem Zeitpunkt nicht erwartet haben. Im Gegenteil wäre dies verhältnismäßig kurz vor dem üblichen Feierabend sogar naheliegend. Der Umstand, dass der Kläger seine Pflegetätigkeit mit der zusätzlichen Verrichtung des sterilen Abdecken unterbrach, deutet zusätzlich darauf hin, dass er jedenfalls nicht von einem beliebigen Klingeln ausging. Vielmehr maß er dem Vorgang eine Bedeutung zu, die ihn von der Vollendung des Absaugen abhielt. Dafür ist jedenfalls die Erwartung notwendiger Absprachen zur Beschaffung von Hilfsmitteln eine plausible Erklärung.
Im Übrigen würde der Unfallversicherungsschutz des Klägers nicht erlöschen, wenn er die Möglichkeit realisiert hätte, dass jemand anders geklingelt haben könnte. Denn dann läge eine gespaltene Handlungstendenz vor (dazu BSG, 9.11.2010, B 2 U 14/10 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 39 Rn. 23; BSG, 18.6.2013, B 2 U 7/12 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 48 Rn. 14). Diese erfüllt dann den Tatbestand der versicherten Tätigkeit, wenn das konkrete Geschehen hypothetisch auch ohne die private Motivation des Handelns vorgenommen worden wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der versicherten Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenz, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (so BSG, 26.6.2014, B 2 U 4/13 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 52, Rn. 20; Keller in Hauck, SGB VII; § 8 SGB, Rn. 25). Hier wäre der Gang zur Tür erst recht vorgenommen worden, wenn eine private Motivation (Öffnen der Tür für einen Bettler oder Postboten) entfallen wäre (vgl. BSG a.a.O.; Krasney in Krasney/Becker/Burchardt, SGB VII, Stand: 2/2015, § 8 Rn. 48b). Es gibt keinen überzeugenden Hinweis, dass der Kläger überwiegend private Motive gehabt hätte.
Das von der Beklagten angeführte Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg (1.7.2011, L 8 U 4065/10, juris) betraf keine Tätigkeit des Einkaufens. Dies bedarf keiner weiteren Abgrenzung, da auch nach Auffassung des Senats die Pflegeversicherung keine vollständige Absicherung des Pflegerisikos bewirkt und daher Pflegepersonen i. S. des § 19 SGB XI nicht bei allen Pflegemaßnahmen, sondern nur bei den in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgezählten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens unfallversichert sind (siehe zum Öffnen einer Tür auch Urteil des Senats vom 5.8.2010, L 6 U 52/09, Rn. 17, juris).
Schließlich stände nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII auch das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung unter Versicherungsschutz, wenn dies auf Veranlassung des Unternehmers erfolgt. Auch dies würde hier vorliegen, sofern man nicht von der versicherten Tätigkeit "Einkaufen" ausgehen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Es wird festgestellt, dass das Ereignis am 16. August 2013 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen und das Vorverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger bei einem Unfall am 16. August 2013 eine versicherte Tätigkeit verrichtet hat.
Nach dem Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. Dr. H. vom 19. August 2013 ist der Kläger am 16. August 2013 um 10.00 Uhr beim Absaugen des zu pflegenden Vaters (im Weiteren Pflegebedürftiger) gewesen, als es geklingelt habe. Auf dem Weg zur Tür sei er dann gestolpert und auf die linke Schulter und den linken Ellbogen gefallen. Seither habe er anhaltende Schmerzen. Die Ärzte diagnostizierten eine Ellbogen- und Schulterprellung links. Am 27. August 2013 schilderte der Kläger telefonisch gegenüber seiner Krankenkasse den Vorfall ähnlich. Als Zeitpunkt des Unfalls wurde nun aber 17.00 Uhr angegeben.
Unter dem 28. September 2013 gab der Kläger an, er sei die eingetragene Pflegeperson. Bei der Pflege seines Vaters (Ableitung von Lungenflüssigkeit mit einem Katheter) habe es an der Tür geklingelt. Nach einem weiteren Klingeln habe er die Wunde bei seinem Vater steril abgedeckt und sei zur Tür geeilt. Dabei sei er gestürzt und auf die linke Hand, Ellbogen und Schulter gefallen. Geklingelt habe ein Mitarbeiter des Sanitätshauses ("Termin, Bestellung Pflegehilfsmittel für meinen Vati"). Im Weiteren gab die Pflegekasse des Pflegebedürftigen an, dieser habe seit Juli 2013 Anspruch Pflegegeld nach der Pflegestufe III. Der Kläger und die Ehefrau des Pflegebedürftigen teilten sich die 24stündige Pflege, die in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen stattfinde. Der Kläger sei hier seit dem 12. April 2013 mit regelmäßig 14 h pro Woche rentenversicherungspflichtig tätig. Er wohne in der gleichen Straße wie der Pflegebedürftige, aber in einem anderen Haus.
Mit Bescheid vom 13. März 2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab und führte zur Begründung aus, nicht jede Tätigkeit der Pflegeperson, die dem Pflegebedürftigen zu Gute komme, sei versichert. Um Tätigkeiten der Pflege in häuslicher Umgebung von allgemeinen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten abzugrenzen und damit die versicherten Pflegetätigkeiten zu konkretisieren, werde auf die in § 14 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) aufgeführten Pflegetätigkeiten Bezug genommen. Bei den enumerativ aufgezählten Pflegetätigkeiten handele es sich um Verrichtungen, die der Gesetzgeber als regelmäßig wiederkehrend ansehe. Sie begrenzten den Umfang des Versicherungsschutzes. Tätigkeiten in der hauswirtschaftlichen Versorgung fielen nur dann unter den Versicherungsschutz, wenn sie überwiegend dem Pflegebedürftigen zu dienen bestimmt seien. Auszugehen sei von der Zielsetzung bzw. dem Anlass der Tätigkeit. Nicht versichert seien Tätigkeiten, die überwiegend der gesamten Wohngemeinschaft, gleichzeitig aber auch dem Pflegebedürftigen nutzten. Die Ableitung der Lungenflüssigkeit sei zu dem Zeitpunkt des Sturzes unterbrochen gewesen, so dass im Moment des Sturzes keine pflegerische Tätigkeit mehr verrichtet worden sei. Auch eine Versicherung gemäß § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) komme nicht in Betracht, da es sich hier um eine Gefälligkeitsleistung für den Pflegebedürftigen gehandelt habe.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte aus, es sei logisch, dass er die Tür öffnen müsse, wenn das Sanitätshaus für die Pflegeperson komme. Auf Nachfrage gab der Kläger an, das Sanitätshaus habe sich für Mittag bis späten Nachmittag angekündigt. Bis zum Unfalltag sei die Versorgung durch ein anderes Sanitätshaus erfolgt. Es seien Formalitäten besprochen worden.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und betonte, auch das Öffnen der Tür falle nicht in den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung.
Hiergegen hat der Kläger am 10. November 2014 Klage erhoben und ausgeführt, das Gehen zur Tür sei durch die vorherige Absprache mit dem Sanitätshaus bedingt gewesen. Er habe gewusst, dass der Sanitätsdienst im besprochenen Zeitraum erscheinen werde und sei deshalb beim Klingeln zur Tür gegangen, um sie zu öffnen. Es habe ein Gang zu einem Einkauf vorgelegen.
Mit Urteil vom 18. August 2016 hat das Sozialgericht Halle die Klage auf Feststellung des Ereignisses als Arbeitsunfall abgewiesen und zur Begründung darauf hingewiesen, es beständen erhebliche Zweifel, ob der Kläger tatsächlich mit dem Besuch eines Mitarbeiters des Sanitätshauses gerechnet habe. Denn nach den Mitteilungen des D-Arztes habe sich der Unfall um 10:00 Uhr morgens ereignet. Das Sanitätshaus habe sich aber erst für Mittag bzw. späten Nachmittag angekündigt. Das Zurücklegen von Wegen stelle in aller Regel keine Ausübung der versicherten Tätigkeit selbst dar, sondern eine der versicherten Tätigkeit vor- oder nachgelagerte Tätigkeit. Versicherungsschutz beginne erst im öffentlichen Raum. Ein Einkaufsgespräch habe zum Zeitpunkt des Unfalls ebenfalls nicht stattgefunden.
Gegen das ihm am 19. September 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. Oktober 2016 Berufung eingelegt und seinen bisherigen Vortrag vertieft. Er sei bei dem Klingeln davon ausgegangen, dass es sich nur um einen Mitarbeiter des Sanitätshauses handeln könne. Er hätte nicht die Erwartung gehabt, dass eine andere Person vor der Tür stehen könne.
Auf Nachfrage des Senates hat der Kläger weitere Unterlagen vorgelegt: eine "Anlage 2 zum Vertrag über die Versorgung der Versicherten mit zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel", die einen Versorgungszeitraum bis zum 31. August 2013 betraf, eine Kündigung des vorgenannten Versorgungsvertrages durch den Kläger vom 14. August 2013 bei einem anderen Sanitätshaus, eine Bestätigung der vorgenannten Kündigung durch das andere Sanitätshaus vom 15. August 2013, eine "Anlage 4 zum Vertrag über die Versorgung der Versicherten mit zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel", die der Kläger am 16. August 2013 unterzeichnet hatte, ein Schreiben des Klägers an das neu beauftragte Sanitätshaus vom 18. August 2013, in dem er ausführte, dass dieses den Originalvertrag am 16. August 2013 vergessen habe und er diesen nun übersende. Weiter füge er schon einmal per Fax die Kündigungsbestätigung des Vorgängers bei.
Der Kläger beantragt wörtlich,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. August 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Schadensereignis vom 16. August 2013 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Der Kläger habe nicht wissen können, wer an der Tür gestanden habe. Es hätte auch eine andere Person (zum Beispiel ein Nachbar oder ein Post- oder Paketdienst) sein können.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgemäß eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Denn der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung des Unfallereignisses vom 16. August 2013 als Arbeitsunfall.
Der Senat legt den Antrag des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten, den Vorfall als Arbeitsunfall anzuerkennen, als Feststellungsklage aus. Denn so lautete bereits ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung der Antrag des Klägers vor dem Sozialgericht. Es besteht kein Anhaltspunkt, dass der Kläger im Berufungsverfahren von seinem erstinstanzlich gestellten Antrag abgehen wollte und eine Klageänderung anstrebt.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
Ein Unfall im Sinne des § 8 SGB VII liegt mit dem Sturz auf den Ellenbogen und einer dabei erlittenen Prellung vor; dies bezweifelt die Beklagte auch nicht.
Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung der Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zum Unfallereignis geführt und letzteres einen Gesundheitsschaden (haftungsbegründende Kausalität) verursacht hat. Der sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist bei allen nach den §§ 2, 3 und 6 SGB VII versicherten Personen wertend zu ermitteln, in dem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (st. Rspr, z. B. BSG, 26.06.2001, 2 RU 25/00 R, SozR 3-2200 § 548 Nr. 42). Ob die unfallbringende Tätigkeit in den Bereich der grundsätzlich versicherten Tätigkeit fällt, richtet sich nach dem Schutzzweck der Norm, die für den Versicherten die Zugehörigkeit zum Kreis der nach § 2, 3 oder 6 versicherten Personen begründet.
Der Versicherungstatbestand ergibt sich vorliegend aus § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII in der Fassung des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1254). Denn der Unfall ereignete sich im Rahmen einer der Pflege des Pflegebedürftigen dienenden Tätigkeit. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII sind Pflegepersonen i. S. des § 19 SGB XI (in der Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung vom 23. Oktober 2012, BGBl. I S. 2246) versichert bei der Pflege eines Pflegebedürftigen i. S. des § 14 Halbsatz 1 SGB XI (in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014, im Weiteren a.F.). Die versicherte Tätigkeit umfasst Pflegetätigkeiten im Bereich der Körperpflege und - soweit diese Tätigkeiten überwiegend Pflegebedürftigen zu Gute kommen - Pflegetätigkeiten in den Bereichen der Ernährung, der Mobilität sowie ausdrücklich auch der hauswirtschaftlichen Versorgung (Halbsatz 2 der Vorschrift). Diese Voraussetzungen sind vorliegend insoweit erfüllt, als der Pflegebedürftige zum Unfallzeitpunkt pflegebedürftig gewesen ist und der Kläger, da er diesen nicht erwerbsmäßig in dessen häuslicher Umgebung pflegte, Pflegeperson i. S. des § 19 SGB XI war.
Versichert nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII sind Pflegepersonen aber nur "bei der Pflege". Im Moment des Unfallereignisses ist der Kläger zur Überzeugung des Senats einer versicherten Pflegetätigkeit nachgegangen.
Versicherte Pflegetätigkeiten sind Tätigkeiten, die unabhängig von der jeweiligen Pflegestufe als Pflegeleistungen zu qualifizieren sind, weil sie wegen eines Hilfebedarfs des Pflegebedürftigen bei einer der in § 14 Abs. 4 SGB XI bezeichneten Verrichtungen erbracht werden. § 14 Abs. 4 SGB XI knüpft an Abs. 1 der Vorschrift an, wonach pflegebedürftig im Sinne dieses Buches Personen sind, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Die Einbeziehung der Pflegetätigkeit i. S. des § 14 Abs. 4 SGB XI setzt zunächst voraus, dass die konkrete Hilfeleistung mit dem Wortlaut bzw. dem Begriff der betreffenden Katalogverrichtung des § 14 Abs. 4 SGB XI jedenfalls bei weiter Auslegung vereinbar ist, es also einen "sachlichen Zusammenhang" gibt (vgl. BSG, 27.8.1998, B 10 KR 4/97 R, SozR 3-3300 § 14 Nr. 7; BSG, 12.11.2003, B 3 P 5/02 R, SozR 4-3300 § 14 Nr. 3, Rn. 17; Urteil des Senats vom 5.8.2010, L 6 U 52/09, Rn. 17, juris).
Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen nennt Abs. 4 der Vorschrift u.a. in der Nr. 4 "im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen". Bei einer solchen Tätigkeit ereignete sich der Sturz des Klägers (vgl. zur Abgrenzung zwischen Wegeunfall und Betriebsweg BSG, 18.6.2013, B 2 U 7/12 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 48, Rn. 18). Beim Einkaufen ist eine Ware auszusuchen bzw. zu bestellen, entgegen zu nehmen und zu bezahlen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes steht diese gesamte Verrichtung "Einkaufen" nach § 14 Abs. 4 SGB XI unter Versicherungsschutz. Wenn der Kläger von der Wohnung seines Vaters in das Sanitätshaus gefahren wäre, hätte durchgehend Versicherungsschutz bestanden. Insoweit besteht eine vergleichbare Situation wie bei einem Beschäftigten, der für das Unternehmen eine Ware abholen und in das betriebliche Lager bringen soll. Unerheblich ist, ob bisher mit dem Sanitätshaus bereits Lieferungen vereinbart wurden. Auch der erstmalige Weg zu einem Geschäft, um dort einzukaufen, steht unter Versicherungsschutz. Es kann nicht zu Lasten des Klägers gehen, dass er sich Pflegehilfsmittel liefern ließ und nicht selbst im Sanitätshaus geholt hat.
Der Senat kann offen lassen, wie weit solche Besuche bei einem Pflegebedürftigen üblich sind, um den Bedarf an Pflegemitteln konkret vor Ort feststellen zu können. Tatsache ist, dass hier ein Mitarbeiter des Sanitätshauses konkret vor Ort tätig war. Dies wird durch die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Schreiben untermauert; insoweit erhebt die Beklagte auch keine Einwände. Welchen anderen Sinn als die Vorbereitung eines Kaufs dies haben könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen und wird auch von der Beklagten nicht dargelegt. Den aktuell bestehenden Bedarf bestätigen auch die vom Kläger vorgelegte Kündigung des Versorgungsvertrags mit einem anderen Sanitätshaus am 14. August 2013 sowie der Antrag bei der Pflegekasse auf Kostenübernahme vom 16. August 2013. Wie sich aus dem vom Kläger vorgelegten Schreiben ergibt, ist dieser Vertrag auch tatsächlich am 16. August 2013 unterzeichnet worden. Unerheblich ist insoweit entgegen der Annahme der Beklagten, dass es sich hierbei streng genommen um einen Antrag bei der Pflegekasse handelte. Der Senat hat keinen Zweifel, dass an diesem Tag der Vertrag geschlossen wurde, wie auch aus dem Schreiben des Klägers vom 18. August 2013 folgt.
Dieser Mitarbeiter des neu beauftragten Sanitätshauses konnte aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes des Pflegebedürftigen (Pflegebedürftigkeit 24 h/Tag) davon ausgehen, dass jederzeit eine Pflegeperson anwesend war. Der Kläger hat ausdrücklich vorgetragen, er sei davon ausgegangen, dass ein Mitarbeiter des Sanitätshauses klingele. Dem steht auch nicht entgegen, dass ein weiträumiger Termin zwischen der Mittagszeit und dem frühen Nachmittag vereinbart worden war. Entscheidend ist die subjektive Handlungstendenz. Hier hat der Kläger durchgehend vorgetragen, er sei ausschließlich davon ausgegangen, dass ein Mitarbeiter des Sanitätshauses geklingelt habe. Angesichts des Umstandes, dass es sich tatsächlich um einen Mitarbeiter des Sanitätshauses handelte, ist der Senat auch von der Richtigkeit der Angaben des Klägers überzeugt. Sofern sich der Unfall um 17.00 Uhr ereignet hätte (wie es der Kläger gegenüber der Krankenkasse telefonisch angegeben hat), so entfiele auch das Argument, der Kläger könne einen Mitarbeiter des Sanitätshauses zu diesem Zeitpunkt nicht erwartet haben. Im Gegenteil wäre dies verhältnismäßig kurz vor dem üblichen Feierabend sogar naheliegend. Der Umstand, dass der Kläger seine Pflegetätigkeit mit der zusätzlichen Verrichtung des sterilen Abdecken unterbrach, deutet zusätzlich darauf hin, dass er jedenfalls nicht von einem beliebigen Klingeln ausging. Vielmehr maß er dem Vorgang eine Bedeutung zu, die ihn von der Vollendung des Absaugen abhielt. Dafür ist jedenfalls die Erwartung notwendiger Absprachen zur Beschaffung von Hilfsmitteln eine plausible Erklärung.
Im Übrigen würde der Unfallversicherungsschutz des Klägers nicht erlöschen, wenn er die Möglichkeit realisiert hätte, dass jemand anders geklingelt haben könnte. Denn dann läge eine gespaltene Handlungstendenz vor (dazu BSG, 9.11.2010, B 2 U 14/10 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 39 Rn. 23; BSG, 18.6.2013, B 2 U 7/12 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 48 Rn. 14). Diese erfüllt dann den Tatbestand der versicherten Tätigkeit, wenn das konkrete Geschehen hypothetisch auch ohne die private Motivation des Handelns vorgenommen worden wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der versicherten Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenz, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (so BSG, 26.6.2014, B 2 U 4/13 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 52, Rn. 20; Keller in Hauck, SGB VII; § 8 SGB, Rn. 25). Hier wäre der Gang zur Tür erst recht vorgenommen worden, wenn eine private Motivation (Öffnen der Tür für einen Bettler oder Postboten) entfallen wäre (vgl. BSG a.a.O.; Krasney in Krasney/Becker/Burchardt, SGB VII, Stand: 2/2015, § 8 Rn. 48b). Es gibt keinen überzeugenden Hinweis, dass der Kläger überwiegend private Motive gehabt hätte.
Das von der Beklagten angeführte Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg (1.7.2011, L 8 U 4065/10, juris) betraf keine Tätigkeit des Einkaufens. Dies bedarf keiner weiteren Abgrenzung, da auch nach Auffassung des Senats die Pflegeversicherung keine vollständige Absicherung des Pflegerisikos bewirkt und daher Pflegepersonen i. S. des § 19 SGB XI nicht bei allen Pflegemaßnahmen, sondern nur bei den in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgezählten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens unfallversichert sind (siehe zum Öffnen einer Tür auch Urteil des Senats vom 5.8.2010, L 6 U 52/09, Rn. 17, juris).
Schließlich stände nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII auch das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung unter Versicherungsschutz, wenn dies auf Veranlassung des Unternehmers erfolgt. Auch dies würde hier vorliegen, sofern man nicht von der versicherten Tätigkeit "Einkaufen" ausgehen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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