Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 37 AS 1897/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 1306/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.07.2018 wird zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.07.2018 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vollumfänglich abgelehnt. Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sind nicht zu erstatten. Der Antrag der Antragsteller zu 2) und 3) auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe i.H.v. 150 EUR wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerden sind zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Das Sozialgericht hat dem auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) gerichteten Antrag zu Unrecht teilweise entsprochen. Der Beschluss des Sozialgerichts war deshalb insoweit aufzuheben. Die auf eine weitergehende vorläufige Leistungsverpflichtung gerichtete Beschwerde der Antragsteller war als unbegründet zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II. Buch (SGB II) an die Antragsteller liegen nicht vor, weswegen das einstweilige Rechtsschutzgesuch insgesamt erfolglos bleiben musste.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt somit voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (Anordnungsanspruch), und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (Anordnungsgrund). Eilbedürftigkeit besteht, wenn dem Betroffenen ohne eine schnelle Entscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte unmittelbar droht, die durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Rn. 23 bei juris). Der gemäß Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) von den Gerichten zu gewährende effektive Rechtsschutz erfordert auch Rechtsschutzerlangung innerhalb angemessener Zeit. Daraus folgt, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren so weit wie möglich der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich eine Maßnahme bei (endgültiger) richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, jedenfalls nicht mehr vollständig rückgängig gemacht werden können (BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995, 1 BvR 1087/91, Rn. 28 bei juris).
Der geltend gemachte (Anordnungs-) Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung -ZPO-). Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zur Überzeugung des Gerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, Rn. 5 bei juris).
Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Rn. 24 f. bei juris). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag abzulehnen. Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit eine gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Kann bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vielfach nur möglichen summarischen Prüfung die Erfolgsaussicht nicht abschließend beurteilt werden, muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung unter umfassender Berücksichtigung grundrechtlicher Belange entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Rn. 26 bei juris; vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 29a). Je schwerwiegender ein durch ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens endgültig eintretender Schaden ausfiele, desto geringere Anforderungen sind im Rahmen der Folgenabwägung an die Überzeugung des Gerichts vom Bestehen eines Anordnungsanspruchs zu richten. Damit verbunden ist jedoch nicht eine Reduzierung der Bemühungen, die nach Lage des konkreten Einzelfalles vom Rechtsschutzsuchenden zur Glaubhaftmachung des von ihm geltend gemachten Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu verlangen sind. Wer geltend macht, ohne eine schnelle gerichtliche Entscheidung von schweren und unzumutbaren Nachteilen unmittelbar bedroht zu sein, von dem ist zu erwarten, dass er alles ihm Mögliche sowie nach den konkreten Umständen des Einzelfalls Zumutbare unternimmt, um die ihm drohenden Nachteile nicht eintreten zu lassen. Fehlt es ersichtlich an derartigen Bemühungen, können im Einzelfall erhebliche Zweifel, insbesondere am Vorliegen des Anordnungsgrundes, aber auch des Anordnungsanspruchs gerechtfertigt sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II im Streit ist. Wird geltend gemacht, auf die Gewährung existenzsichernder Leistungen dringend angewiesen zu sein, dann muss vom Antragsteller erwartet werden, dass er alles in seiner Macht Stehende unternimmt, diese Mittel möglichst schnell zur Überwindung der behaupteten finanziellen oder sonstigen Notlage zu erhalten.
Unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten Rechtsgrundsätze konnte das Verfahren für die Antragsteller auch nach Anstellung einer Folgenabwägung keinen Erfolg haben. Es ist nicht glaubhaft, dass die Antragsteller die Voraussetzungen für einen Leistungsbezug erfüllen. Es bestehen sehr erhebliche Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes, denn es ist nicht glaubhaft, dass die Antragsteller hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II sind. Hilfebedürftig ist danach, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe auch nicht von anderen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind das Einkommen und Vermögen des Partners ebenfalls zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 SGB II).
Abweichend vom Sozialgericht geht der Senat davon aus, dass die Antragsteller eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne einer Einstands- und Wirtschaftsgemeinschaft bilden. Die Antragsteller wohnen trotz vollzogener Scheidung über einen langen Zeitraum weiterhin zusammen in relativ beengten Verhältnissen. Bei der Wohnungsbesichtigung konnte zwar festgestellt werden, dass sich außerhalb des Schlafzimmers noch eine Schlafcouch befand, für diese existierte jedoch keine bezogene Bettwäsche und es konnten auch keine bei einer täglichen Benutzung zu erwartenden Abnutzungen an der Couch und in deren Bereich am Teppichboden festgestellt werden. Entscheidend für den Senat war aber, dass sich aufgrund der vorgelegten Kontoauszüge eindeutige Hinweise auf ein gemeinschaftliches Wirtschaften ergeben. Während die Kosten des täglichen Bedarfs (für Lebensmitteleinkäufe etc.) fast ausschließlich von der Antragstellerin getragen werden, erfolgen Zahlungen für Haushaltsenergie, Internet bzw. Kabelfernsehen oder auch Versicherungen vom Konto des Antragstellers. Dies gilt auch für Arztrechnungen, die vom Antragsteller weiterhin für seine geschiedene Ehefrau bezahlt werden. Gegenüber diesen tatsächlichen Verhältnissen in der Gegenwart tritt der Umstand, dass der Antragsteller Vater eines im April 2016 außerehelich geborenen Kindes ist, bei der wertenden Prüfung des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft zurück.
Eine Bedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft vermochte der Senat nicht festzustellen. Das sich nach Auswertung der vorgelegten Kontoauszüge und sonstigen Unterlagen ergebende Gesamtbild spricht gegen eine finanzielle Notlage, die eine vorläufige Regelung zu Gunsten der Antragsteller im Sinne des Vorliegens eines Anordnungsgrundes erfordern könnte.
In Bezug auf die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers zu 1) macht sich der Senat die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Beschluss zu eigen. Der Senat geht zudem davon aus, dass der Antragsteller nach wie vor über bis zu drei Fahrzeuge verfügt. Ausweislich seines Kontos bei der Sparkasse waren im März bzw. April 2018 noch drei Kfz-Steuer-Vorgänge zu verzeichnen. Dabei handelt es sich um Fahrzeuge mit den Kennzeichen XXX, XXX und XXX. Unabhängig davon, dass schon aufgrund dieser Fahrzeuge vom Vorhandensein von verwertbarem Vermögen auszugehen ist, hat der Antragsteller nach eigenen Angaben seit Januar 2018 auch ca. 5000 EUR aus dem Verkauf von Autoteilen privat eingenommen. Dabei handelt es sich um verfügbare Mittel, die jedenfalls im vorläufigen Rechtsschutzverfahren einem Erfolg entgegenstehen, weil sie zur Existenzsicherung eingesetzt werden können. Gleiches gilt für das Kautionssparbuch mit einem Guthaben von ca. 800 EUR. Es ist bereits wenig überzeugend, wenn der Antragsteller vorträgt, er habe dieses Sparbuch bislang im Verfahren nicht angegeben, weil er es vergessen habe. Wer sich in einer finanziellen Notlage befindet, der klärt zunächst in der Regel seine finanziellen Verhältnisse, um in einer solchen Notsituation auf Reserven zurückgreifen zu können. Seine Einlassung, es handle sich bei diesem Sparbuch um der Firma L zustehendes Geld, vermag nicht zu überzeugen, denn das Sparbuch weist den Antragsteller als Kontoinhaber aus.
Insgesamt ist darauf hinzuweisen, dass die finanziellen Verhältnisse insbesondere des Antragstellers zu 1) als weitestgehend ungeklärt anzusehen sind und schon deshalb keine Glaubhaftmachung der geltend gemachten finanziellen Notsituation erfolgt ist. Bereits die über sein PayPal-Konto abgewickelten Transaktionen sind überwiegend ungeklärt oder sprechen sogar ausdrücklich gegen Bedürftigkeit. Beispielsweise wurden nach Anbringung des einstweiligen Rechtsschutzgesuchs bei Gericht vom Antragsteller noch Käufe getätigt, die offensichtlich weit über das hinausgehen, was zur Sicherstellung des Existenzminimums erforderlich ist. Am 28.05.2018 hat der Antragsteller bei "HiFi Extra" in einer eBay-Auktion für 579 EUR einen Kauf getätigt. Ausweislich seines handschriftlichen Vermerks dazu handelt sich um ein Handy. Völlig ungeklärt und sicherlich nicht zur Aufrechterhaltung des Existenzminimums erforderlich dürften auch Käufe bei "A Automotive" i.H.v. 924 EUR am 18.06.2018 sowie weitere Einkäufe im Juni 2018 (beispielsweise TV-Box) sein. Die vom Antragsteller jetzt im Beschwerdeverfahren eingereichten Darlehensverträge aus der Zeit seit Januar 2018 führen zu keiner anderen Betrachtung. Für den Senat liegt die dringende Vermutung nahe, dass es sich dabei um Scheinverträge handelt. Es ist bereits nicht nachvollziehbar, dass die Verträge, obwohl angeblich erstmals geschlossen am 15.01.2018, erst im Beschwerdeverfahren vorgelegt wurden. Auch hätte im Januar 2018 nicht die Notwendigkeit, sich zur Existenzsicherung Geld zu leihen, bestehen dürfen, weil die Antragsteller bis einschließlich Januar 2018 Leistungen in Höhe von zuletzt 2102,74 EUR erhalten haben. Ebenfalls im Februar und März 2018 ist keine Notwendigkeit zur Aufnahme eines Privatdarlehens ersichtlich, denn im Februar 2018 erfolgte eine Nachzahlung des Antragsgegners an die Antragsteller in Höhe von etwa 3000 EUR. Es erscheint insgesamt auch nicht abwegig anzunehmen, dass der Antragsteller zu 1) deutlich mehr Einnahmen als von ihm zugestanden aus dem Gebrauchtwagenhandel erlangt. Obwohl ein Verkauf der Firma L durch den Antragsteller an seinen Cousin im Februar 2015 erfolgte, ist er als Prokurist weiterhin über das Geschäftskonto (mit einem Guthaben iHv über 24.000 EUR im April 2018) verfügungsberechtigt. Bei der im Handelsregister eingetragenen Firmenanschrift handelt sich nach wie vor um die Privatanschrift der Antragsteller. Dieses ist besonders bemerkenswert, weil für den Betrieb auch gesondert angemietete Büroräume nach Angaben der Antragsteller existieren. Bei dieser Sachlage ist nicht überzeugend, wenn der Antragsteller zunächst angibt, er beziehe aus seiner Tätigkeit als Prokurist für die Firma keinerlei Einkünfte, im Verlauf des Verfahrens dann ein zum 01.07.2018 geschlossener Arbeitsvertrag mit einem Einkommen von 600 EUR monatlich vorgelegt wird, obwohl eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Antragstellers nicht ersichtlich ist. Dies spricht dafür, dass der Antragsteller deutlich enger als von ihm zugestanden mit der GmbH verbunden ist. Aufgrund der vorstehend beschriebenen Gesamtsituation sind auch die Angaben der Antragstellerin zum Umfang der Einkünfte der von ihr betriebenen Selbstständigkeit nicht geeignet, zur Glaubhaftmachung von Bedürftigkeit beizutragen. Es ist für eine Vielzahl der von dem Geschäftskonto der Antragstellerin vorgenommenen Überweisungen und Barauszahlungen schon nicht ersichtlich, dass diese zu betrieblich erforderlichen Aufwendungen erfolgten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Mangels hinreichender Aussichten auf Erfolg war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen, § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m § 114 Satz 1 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerden sind zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Das Sozialgericht hat dem auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) gerichteten Antrag zu Unrecht teilweise entsprochen. Der Beschluss des Sozialgerichts war deshalb insoweit aufzuheben. Die auf eine weitergehende vorläufige Leistungsverpflichtung gerichtete Beschwerde der Antragsteller war als unbegründet zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II. Buch (SGB II) an die Antragsteller liegen nicht vor, weswegen das einstweilige Rechtsschutzgesuch insgesamt erfolglos bleiben musste.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt somit voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (Anordnungsanspruch), und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (Anordnungsgrund). Eilbedürftigkeit besteht, wenn dem Betroffenen ohne eine schnelle Entscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte unmittelbar droht, die durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Rn. 23 bei juris). Der gemäß Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) von den Gerichten zu gewährende effektive Rechtsschutz erfordert auch Rechtsschutzerlangung innerhalb angemessener Zeit. Daraus folgt, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren so weit wie möglich der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich eine Maßnahme bei (endgültiger) richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, jedenfalls nicht mehr vollständig rückgängig gemacht werden können (BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995, 1 BvR 1087/91, Rn. 28 bei juris).
Der geltend gemachte (Anordnungs-) Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung -ZPO-). Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zur Überzeugung des Gerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, Rn. 5 bei juris).
Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Rn. 24 f. bei juris). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag abzulehnen. Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit eine gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Kann bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vielfach nur möglichen summarischen Prüfung die Erfolgsaussicht nicht abschließend beurteilt werden, muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung unter umfassender Berücksichtigung grundrechtlicher Belange entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Rn. 26 bei juris; vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 29a). Je schwerwiegender ein durch ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens endgültig eintretender Schaden ausfiele, desto geringere Anforderungen sind im Rahmen der Folgenabwägung an die Überzeugung des Gerichts vom Bestehen eines Anordnungsanspruchs zu richten. Damit verbunden ist jedoch nicht eine Reduzierung der Bemühungen, die nach Lage des konkreten Einzelfalles vom Rechtsschutzsuchenden zur Glaubhaftmachung des von ihm geltend gemachten Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu verlangen sind. Wer geltend macht, ohne eine schnelle gerichtliche Entscheidung von schweren und unzumutbaren Nachteilen unmittelbar bedroht zu sein, von dem ist zu erwarten, dass er alles ihm Mögliche sowie nach den konkreten Umständen des Einzelfalls Zumutbare unternimmt, um die ihm drohenden Nachteile nicht eintreten zu lassen. Fehlt es ersichtlich an derartigen Bemühungen, können im Einzelfall erhebliche Zweifel, insbesondere am Vorliegen des Anordnungsgrundes, aber auch des Anordnungsanspruchs gerechtfertigt sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II im Streit ist. Wird geltend gemacht, auf die Gewährung existenzsichernder Leistungen dringend angewiesen zu sein, dann muss vom Antragsteller erwartet werden, dass er alles in seiner Macht Stehende unternimmt, diese Mittel möglichst schnell zur Überwindung der behaupteten finanziellen oder sonstigen Notlage zu erhalten.
Unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten Rechtsgrundsätze konnte das Verfahren für die Antragsteller auch nach Anstellung einer Folgenabwägung keinen Erfolg haben. Es ist nicht glaubhaft, dass die Antragsteller die Voraussetzungen für einen Leistungsbezug erfüllen. Es bestehen sehr erhebliche Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes, denn es ist nicht glaubhaft, dass die Antragsteller hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II sind. Hilfebedürftig ist danach, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe auch nicht von anderen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind das Einkommen und Vermögen des Partners ebenfalls zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 SGB II).
Abweichend vom Sozialgericht geht der Senat davon aus, dass die Antragsteller eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne einer Einstands- und Wirtschaftsgemeinschaft bilden. Die Antragsteller wohnen trotz vollzogener Scheidung über einen langen Zeitraum weiterhin zusammen in relativ beengten Verhältnissen. Bei der Wohnungsbesichtigung konnte zwar festgestellt werden, dass sich außerhalb des Schlafzimmers noch eine Schlafcouch befand, für diese existierte jedoch keine bezogene Bettwäsche und es konnten auch keine bei einer täglichen Benutzung zu erwartenden Abnutzungen an der Couch und in deren Bereich am Teppichboden festgestellt werden. Entscheidend für den Senat war aber, dass sich aufgrund der vorgelegten Kontoauszüge eindeutige Hinweise auf ein gemeinschaftliches Wirtschaften ergeben. Während die Kosten des täglichen Bedarfs (für Lebensmitteleinkäufe etc.) fast ausschließlich von der Antragstellerin getragen werden, erfolgen Zahlungen für Haushaltsenergie, Internet bzw. Kabelfernsehen oder auch Versicherungen vom Konto des Antragstellers. Dies gilt auch für Arztrechnungen, die vom Antragsteller weiterhin für seine geschiedene Ehefrau bezahlt werden. Gegenüber diesen tatsächlichen Verhältnissen in der Gegenwart tritt der Umstand, dass der Antragsteller Vater eines im April 2016 außerehelich geborenen Kindes ist, bei der wertenden Prüfung des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft zurück.
Eine Bedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft vermochte der Senat nicht festzustellen. Das sich nach Auswertung der vorgelegten Kontoauszüge und sonstigen Unterlagen ergebende Gesamtbild spricht gegen eine finanzielle Notlage, die eine vorläufige Regelung zu Gunsten der Antragsteller im Sinne des Vorliegens eines Anordnungsgrundes erfordern könnte.
In Bezug auf die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers zu 1) macht sich der Senat die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Beschluss zu eigen. Der Senat geht zudem davon aus, dass der Antragsteller nach wie vor über bis zu drei Fahrzeuge verfügt. Ausweislich seines Kontos bei der Sparkasse waren im März bzw. April 2018 noch drei Kfz-Steuer-Vorgänge zu verzeichnen. Dabei handelt es sich um Fahrzeuge mit den Kennzeichen XXX, XXX und XXX. Unabhängig davon, dass schon aufgrund dieser Fahrzeuge vom Vorhandensein von verwertbarem Vermögen auszugehen ist, hat der Antragsteller nach eigenen Angaben seit Januar 2018 auch ca. 5000 EUR aus dem Verkauf von Autoteilen privat eingenommen. Dabei handelt es sich um verfügbare Mittel, die jedenfalls im vorläufigen Rechtsschutzverfahren einem Erfolg entgegenstehen, weil sie zur Existenzsicherung eingesetzt werden können. Gleiches gilt für das Kautionssparbuch mit einem Guthaben von ca. 800 EUR. Es ist bereits wenig überzeugend, wenn der Antragsteller vorträgt, er habe dieses Sparbuch bislang im Verfahren nicht angegeben, weil er es vergessen habe. Wer sich in einer finanziellen Notlage befindet, der klärt zunächst in der Regel seine finanziellen Verhältnisse, um in einer solchen Notsituation auf Reserven zurückgreifen zu können. Seine Einlassung, es handle sich bei diesem Sparbuch um der Firma L zustehendes Geld, vermag nicht zu überzeugen, denn das Sparbuch weist den Antragsteller als Kontoinhaber aus.
Insgesamt ist darauf hinzuweisen, dass die finanziellen Verhältnisse insbesondere des Antragstellers zu 1) als weitestgehend ungeklärt anzusehen sind und schon deshalb keine Glaubhaftmachung der geltend gemachten finanziellen Notsituation erfolgt ist. Bereits die über sein PayPal-Konto abgewickelten Transaktionen sind überwiegend ungeklärt oder sprechen sogar ausdrücklich gegen Bedürftigkeit. Beispielsweise wurden nach Anbringung des einstweiligen Rechtsschutzgesuchs bei Gericht vom Antragsteller noch Käufe getätigt, die offensichtlich weit über das hinausgehen, was zur Sicherstellung des Existenzminimums erforderlich ist. Am 28.05.2018 hat der Antragsteller bei "HiFi Extra" in einer eBay-Auktion für 579 EUR einen Kauf getätigt. Ausweislich seines handschriftlichen Vermerks dazu handelt sich um ein Handy. Völlig ungeklärt und sicherlich nicht zur Aufrechterhaltung des Existenzminimums erforderlich dürften auch Käufe bei "A Automotive" i.H.v. 924 EUR am 18.06.2018 sowie weitere Einkäufe im Juni 2018 (beispielsweise TV-Box) sein. Die vom Antragsteller jetzt im Beschwerdeverfahren eingereichten Darlehensverträge aus der Zeit seit Januar 2018 führen zu keiner anderen Betrachtung. Für den Senat liegt die dringende Vermutung nahe, dass es sich dabei um Scheinverträge handelt. Es ist bereits nicht nachvollziehbar, dass die Verträge, obwohl angeblich erstmals geschlossen am 15.01.2018, erst im Beschwerdeverfahren vorgelegt wurden. Auch hätte im Januar 2018 nicht die Notwendigkeit, sich zur Existenzsicherung Geld zu leihen, bestehen dürfen, weil die Antragsteller bis einschließlich Januar 2018 Leistungen in Höhe von zuletzt 2102,74 EUR erhalten haben. Ebenfalls im Februar und März 2018 ist keine Notwendigkeit zur Aufnahme eines Privatdarlehens ersichtlich, denn im Februar 2018 erfolgte eine Nachzahlung des Antragsgegners an die Antragsteller in Höhe von etwa 3000 EUR. Es erscheint insgesamt auch nicht abwegig anzunehmen, dass der Antragsteller zu 1) deutlich mehr Einnahmen als von ihm zugestanden aus dem Gebrauchtwagenhandel erlangt. Obwohl ein Verkauf der Firma L durch den Antragsteller an seinen Cousin im Februar 2015 erfolgte, ist er als Prokurist weiterhin über das Geschäftskonto (mit einem Guthaben iHv über 24.000 EUR im April 2018) verfügungsberechtigt. Bei der im Handelsregister eingetragenen Firmenanschrift handelt sich nach wie vor um die Privatanschrift der Antragsteller. Dieses ist besonders bemerkenswert, weil für den Betrieb auch gesondert angemietete Büroräume nach Angaben der Antragsteller existieren. Bei dieser Sachlage ist nicht überzeugend, wenn der Antragsteller zunächst angibt, er beziehe aus seiner Tätigkeit als Prokurist für die Firma keinerlei Einkünfte, im Verlauf des Verfahrens dann ein zum 01.07.2018 geschlossener Arbeitsvertrag mit einem Einkommen von 600 EUR monatlich vorgelegt wird, obwohl eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Antragstellers nicht ersichtlich ist. Dies spricht dafür, dass der Antragsteller deutlich enger als von ihm zugestanden mit der GmbH verbunden ist. Aufgrund der vorstehend beschriebenen Gesamtsituation sind auch die Angaben der Antragstellerin zum Umfang der Einkünfte der von ihr betriebenen Selbstständigkeit nicht geeignet, zur Glaubhaftmachung von Bedürftigkeit beizutragen. Es ist für eine Vielzahl der von dem Geschäftskonto der Antragstellerin vorgenommenen Überweisungen und Barauszahlungen schon nicht ersichtlich, dass diese zu betrieblich erforderlichen Aufwendungen erfolgten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Mangels hinreichender Aussichten auf Erfolg war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen, § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m § 114 Satz 1 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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