Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 17 U 904/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 537/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 07.07.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall und die Bewilligung von Entschädigungsleistungen.
Der 1978 geborene Kläger war am 28.03.2012 als Montagehelfer bei der Firma O mit Dachblechverlegungen auf einem Dach in G tätig. An dieses Dach grenzte ein Nachbardach, auf dem Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens Arbeiten verrichteten. Der Kläger stürzte durch dieses angrenzende und nicht durchsturzgesicherte Nachbardach ca. 7,40 Meter tief und zog sich hierbei schwere Verletzungen zu.
Die Aufsichtsperson des Präventionsdienstes der Beklagten, U M, besichtigte im April 2012 die Unfallstelle. Herr M berichtete, bei dem Unfallort handele es sich um Lagerstätten der G GmbH (X), die nach Kauf ertüchtigt werden sollten. Da im Zuge dieser Ertüchtigungen auf den Dachflächen Solaranlagen montiert werden sollten, hätten die vorhandenen asbesthaltigen Faserzementplatten mit Skobalit-Lichtbändern zunächst durch Metalltrapezblechprofile ersetzt werden müssen. Die Gesamttätigkeiten seien getaktet abgelaufen: Entsorgung, Neueindeckung, Solaranlagenmontage. Am Unfalltag habe eine dreischiffige Halle zur Bearbeitung angestanden. Bei dem vorderen Hallenschiff sei die Asbestplattenentsorgung durch die Firma C bereits abgeschlossen gewesen. Diese Halle sei äußerlich eingerüstet und nach innen mit Netzen gegen Absturz gesichert gewesen. Die Firma C sei zum Unfallzeitpunkt an der Dachflächenentsorgung des mittleren Hallenschiffes tätig gewesen, welches, entsprechend der getakteten Tätigkeit, nur ca. auf halber Länge mit Netzen gegen Absturz nach innen gesichert gewesen sei. Die Firma O sei am Unfalltag erst den ersten Tag auf der Baustelle gewesen und habe den Auftrag gehabt, das vordere Hallenschiff mit Trapezblechen einzudecken. Während dieser Tätigkeit, ausgeführt durch den Vorarbeiter I K, den Kläger und seine Kollegen T D und J M, sei ein Mitarbeiter der Firma C auf dem mittleren Hallenschiff durch die Dachhaut eingebrochen und im gesicherten Bereich in das Netz gefallen. Als der Kläger dies gesehen habe, habe er sich auf die mittlere Dachfläche in Richtung Einbruchstelle begeben und sei kurz vor ihr durch eine Skobalit-Lichtbandplatte im ungesicherten Bereich eingebrochen. So sei er etwa sieben Meter tief auf den Betonboden der Halle gestürzt. Der Mitarbeiter der Firma C sei zum Unfallzeitpunkt eigenständig aus dem Netz wieder auf die Dachfläche hochgelangt. Er habe den Kläger noch warnen wollen, doch der Warnruf habe diesen nicht mehr erreicht. Ob der Kläger helfen oder nur neugierig schauen wollte, sei trotz Befragung der Mitarbeiter unklar geblieben. Insbesondere durch die Aussagen des Mitarbeiters T D habe ermittelt werden können, dass die Mitarbeiter der Firma O am Unfalltag die Baustelle einrichten und vorbereitende Tätigkeiten ausführen sollten, während der Vorarbeiter K noch Montagematerialien besorgt habe. Während dieser Tätigkeiten habe sich der Kläger aus nicht nachvollziehbaren Gründen bereits gegen 8:30 Uhr schon einmal auf die Dachfläche des mittleren Hallenschiffes begeben und sei selbst durch die Dachfläche gebrochen. Er habe sich jedoch mit den Ellenbogen an der Unterkonstruktion abgefangen und sei selbstständig wieder aufgestiegen. Daraufhin habe der Vorarbeiter I K nach seiner Rückkehr zur Baustelle alle Mitarbeiter nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass sie auf dem mittleren Hallendach nichts zu suchen haben.
Nach der Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 08.04.2012 betrat der Kläger das Nebendach auf eigene Faust.
Der Kläger selbst berichtete am 16.07.2012 Folgendes zum Unfallhergang: "Ich arbeitete auf einem Flachdach. Auf Anweisung meines Vorgesetzten betrat ich das unmittelbar angrenzende Flachdach des Nebenhauses, um Verpackungsreste von uns dort einzusammeln (Holzbretter). Das Dach des Nebenhauses ist durchgebrochen". Dies könnten der Vorarbeiter I K und die Mitarbeiter T D und ein Russe, dessen Name ihm nicht bekannt sei, bezeugen.
Die Beklagte zog die Akten der Staatsanwaltschaft E (Az.: xxx) bei. Dem Tatortbefundbericht der Kriminaloberkommissarin C1 vom 28.03.2012, der unmittelbar nach dem Unfall erstellt worden war, ist zu entnehmen, dass es sich bei der Ereignisörtlichkeit um zwei ca. 60 x 25 Meter große Lagerhallen, die direkt nebeneinander liegen, handelte. Bei der ersten Lagerhalle sei das Dach komplett abgedeckt gewesen. Auf den Dachträgern hätten Wellblechdachteile bereit gelegen, die nur noch hätten montiert werden müssen. In diesem Bereich sei der gesamte Hallenbereich unterhalb des Daches mit einem Netz gesichert gewesen. Auf dem Dach der zweiten Halle hätten sich noch alte Wellblechdachplatten aus Asbest befunden. Hier sei die Halle nur zur Hälfte mit einem Sicherungsnetz gesichert gewesen. Oberhalb dieses Netzes sei ein ca. 1 Meter großes Loch festgestellt worden. Unterhalb dieses Loches seien Teile des Wellblechdaches im Netz liegend vorgefunden worden. Rechts neben dem Netz habe sich ebenfalls ein Loch im Dach befunden. Dieses sei ca. 2 x 2 Meter groß gewesen. Unter diesem Loch habe sich kein Netz mehr befunden. Direkt unter dem Loch sei auf dem Boden eine Blutlache gewesen. Hierbei habe es sich augenscheinlich um die Sturzörtlichkeit gehandelt. Nach Angaben des T D habe dieser zusammen mit dem Kläger auf dem Dach der ersten Halle gearbeitet. Ihre Aufgabe sei es gewesen, die Wellblechdächer auf dem Dach der Halle zu montieren. Das Dach der zweiten Halle sei Aufgabe der anderen Firma gewesen. Diese sei dafür zuständig gewesen, die alten Wellblechdächer zu entfernen und zu entsorgen. Sie selbst hätten auf diesem Dach "gar nichts zu suchen" gehabt. Während T D und der Kläger auf dem Dach der ersten Halle arbeiteten, hätten sie bemerkt, dass ein Arbeiter der anderen Firma durch das Dach eingebrochen und in die Tiefe gefallen sei. Daraufhin sei der Kläger über das Dach der anderen Halle gelaufen. T D habe angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger helfen oder nur gucken wollte. Als dieser über den Bereich des Hallendaches gegangen sei, der durch das Netz nicht gesichert war, sei er eingebrochen und in die Tiefe gestürzt. I K habe angegeben, er habe noch vor Arbeitsbeginn alle Mitarbeiter darauf aufmerksam gemacht, dass sie auf dem Dach der zweiten Halle nichts zu suchen haben, da ein Betreten zu gefährlich sei. Er habe lediglich mitbekommen, dass der Kläger auf einmal über das Dach gegangen und durchgebrochen sei. Der Bauherr für die Baumaßnahmen, Herr L, habe angegeben, dass die Firma O nur damit beauftragt gewesen sei, die neuen Dachplatten auf die Träger der ersten Halle zu befestigen. Es sei für alle Mitarbeiter der Firma O klar gewesen, dass sie das Dach der zweiten Halle nicht zu betreten hatten. Am 08.05.2012 berichtete der Kriminalhauptkommissar L, er habe mit dem Kläger fernmündlich zum Unfallgeschehen Rücksprache genommen. Der Kläger habe erklärt, dass er auf einem Teildachbereich mit der Montage der neuen Dachhaut, Aufbringen von Trapezblechen, beschäftigt gewesen war. Die Bleche seien dabei in Holzkartonagen auf das Dach gebracht worden. Nach Entnahme der Trapezbleche habe er die Holzkartonagen auf dem alten Dachbereich abgestellt. Die Abbruchfirma auf dem Nebendach sei mit dem Abtragen der alten Dachhaut beschäftigt gewesen und die Arbeiter hätten hierzu die entsprechenden Schrauben der Eternitplatten lösen müssen. Dies sei ihm auch bewusst gewesen. Seitens seiner Firma sei er auch darauf hingewiesen worden, den alten Dachbereich, also den Bereich, auf dem die Dachhaut entfernt wurde, nicht zu betreten. Letztlich habe er diesen Bereich jedoch betreten, da er die leeren Holzkartonagen vom Dach entfernen wollte und sei dabei auf ein von Schrauben gelöstes transparentes Blech getreten und anschließend zu Boden gestürzt. Er sei nicht von einer anderen Person geschubst oder gestoßen worden.
Auf Befragen der Beklagten gab der Vorarbeiter I K am 31.07.2012 an, er sei zur Zeit des Unfalls im Gespräch mit dem Bauleiter Herrn L gewesen und wisse nur aus den Aussagen seiner Kollegen, wie sich der Unfall ereignet hat. Er selbst habe ihn nicht gesehen. Der Mitarbeiter der Firma O J M (der Russe, den der Kläger als Augenzeugen benannt hatte) teilte am 14.08.2012 gegenüber der Beklagten mit, er habe sich zur Zeit des Unfalls auf dem Dach befunden. Über den Zweck der Tätigkeit des Klägers zur Zeit des Unfalls sei ihm nichts bekannt.
Mit Bescheid vom 04.06.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses vom 28.03.2012 ab. Zur Begründung führte sie aus, bei dem Ereignis habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt, da sich der Kläger mit dem Verlassen seines Arbeitsplatzes auf dem vorderen Dach von seiner versicherten Tätigkeit gelöst habe. Die Handlungstendenz zu diesem Zeitpunkt sei objektiv nicht dazu bestimmt gewesen, dem versicherten Tätigkeitsbereich zu dienen. Verschiedene Zeugen hätten keine betriebsbedingte Handlungstendenz erkennen können. Auch hätten die Zeugen nicht angeben können, ob der Kläger dem Mitarbeiter der Firma C zur Hilfe kommen wollte.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er erklärte, ihm sei nicht mehr erinnerlich, wie es zu dem Sturz gekommen sei. Er könne sich allerdings nicht vorstellen, freiwillig das andere Hallendach betreten zu haben, zumal ihm die Gefahr des Betretens bekannt gewesen sei. Auf dem anderen Hallendach seien Kartonagen gelagert gewesen. Er könne sich vorstellen, dass er beim Herüberreichen der Kartonagen ins Stolpern geraten und dann durch das Dach gefallen sei. Selbst wenn er verbotswidrig das mittlere Hallendach betreten haben sollte, schließe dieses verbotswidrige Handeln das Vorliegen eines Arbeitsunfalles nicht aus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Ermittlungen zum Geschehensablauf durch ihren Präventionsdienst sowie der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft hätten keinerlei Hinweis darauf gegeben, aus welchen Gründen der Kläger sich auf der Stelle des Daches befunden habe, von wo aus er durchgebrochen und abgestürzt sei. Auch die Zeugenaussagen hätten insoweit keine Erkenntnisse erbracht. Soweit der Kläger bestreite, sich freiwillig an die spätere Absturzstelle begeben zu haben, überzeuge dies nicht, denn nachweislich sei er schon am selben Tag zuvor einmal beinahe gerade von dort aus abgestürzt, habe sich aber noch halten können. Allein die Vorstellung eines bestimmten Geschehensablaufs durch den Kläger reiche nicht für die Eintrittspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung aus. Die Gewährung von Leistungen setze nämlich voraus, dass die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses, das Unfallereignis selbst sowie der entstandene Gesundheitserstschaden und die Unfallfolgen mit Gewissheit bewiesen seien.
Hiergegen hat der Kläger am 11.11.2013 vor dem Sozialgericht Dortmund (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Ihm sei erinnerlich, dass Kartonagen auf dem mittleren Hallendach gelagert wurden, da das vordere Hallendach selbst eingedeckt worden sei. Es sei mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er beim Herüberreichen der Kartonagen ins Stolpern gekommen und dadurch auf das mittlere Hallendach geraten sei. Er habe auch keine Anweisung von I K erhalten, dass er das alte Dach nicht betreten dürfe. Im Übrigen sei auch keine Sicherung des Arbeitsplatzes erfolgt, insbesondere habe es keine Absperrungen zum Nachbardach hin gegeben.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 04.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2013 (xxx) Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses, von dem er am 28.03.2012 im Unternehmen O Ltd. Bev. O C, U-Str. 00, E, betroffen wurde, zu gewähren und den Unfall vom 28.03.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig gehalten.
Das SG hat den Kläger am 14.08.2014 informatorisch gehört und am 19.02.2016 und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen I K, T D und J M.
Der Kläger hat erklärt, es habe ein altes Dach und das neue Dach, auf dem er beschäftigt gewesen sei, gegeben. Das neue Dach habe etwa 30 cm über dem alten Dach gelegen. Er sei schon vorher einmal auf das alte Dach gegangen und wäre dort fast eingebrochen. I K habe ihm daraufhin gesagt, er sei doch wohl doof, was er denn dort machen würde. Auf dem alten Dach hätten aber noch Materialien gelegen. Es habe sich um eine Art Holzverpackungen für die Pakete mit den Dachlatten gehandelt und die hätten irgendwann mal runter gemusst. Er habe die Möglichkeit gesehen, diese vom alten Dach herüberzuziehen auf das neue Dach. Der Abstand habe auch nur etwa 40 cm betragen. Dabei sei er dann wohl in das alte Dach eingebrochen. An Einzelheiten könne er sich nicht erinnern. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.08.2014 verwiesen.
Der Zeuge I K hat erklärt, er könne sich nicht erinnern, dass auf dem alten Dach Materialien gelagert gewesen seien, er könne es aber auch nicht ausschließen. Auf dem alten Dach sei eine Abbruchfirma zugange gewesen, von denen auch einer hinuntergefallen, allerdings von einem Netz aufgefangen worden sei. Nach dem Unfall sei darüber geredet worden, dass der Kläger vielleicht versucht habe, dieser Person zu helfen. Er selbst könne dazu aber nichts sagen. Die Durchbruchstelle, durch die der Kläger gefallen sei, sei nach seiner Erinnerung etwa fünf bis sechs Meter, vielleicht auch acht Meter, von dem Übergang zwischen dem neuen und dem alten Dach entfernt gewesen. Der Kläger sei nach seiner Erinnerung durch einen Lichtschacht gefallen. Im Übergangsbereich zwischen dem alten Dach und dem neuen Dach hätten sich überhaupt keine Lichtschächte befunden. Der Zeuge T D hat erklärt, er sei zu dem Zeitpunkt des Unfalls selbst auch auf dem neuen Dach gewesen, er und der Kläger seien dabei gewesen, auf dem Dach zu verschrauben. Dies sei eine Anweisung von Herrn K gewesen. Der Kläger sei dann runtergeknallt. Er habe ihn zu diesem Zeitpunkt nicht im Auge gehabt. Warum der Kläger auf dem alten Dach gewesen sei, könne er sich nicht erklären, da sie dort nichts zu suchen hatten. Der Vorarbeiter habe ihnen morgens gesagt, dass sie das alte Dach nicht betreten sollten. Der Abstand zwischen den Übergängen der beiden Dächer und der Absturzstelle sei etwa fünf bis sieben Meter gewesen. Er könne nicht mit Sicherheit sagen, ob der Kläger dabei gewesen sei, als der Vorarbeiter morgens gesagt habe, sie sollten das alte Dach nicht betreten. Ob der Kläger vorher schon einmal im alten Dach eingebrochen sei, könne er nicht sagen. Die Anweisungen von Herrn K seien sicherlich auf Deutsch erfolgt. Der Zeuge J M hat ausgesagt, er habe zur Zeit des Unfalls auf dem neuen Dach mit dem Kläger verschraubt. Auf dem alten Dach sei eine andere Firma gewesen, dort sei jemand eingebrochen. Dieser sei allerdings in ein Netz gefallen. Der Kläger sei dann rübergegangen. Warum er rübergegangen sei, wisse er nicht. Vielleicht habe er gucken wollen. Er habe dann gesehen, dass der Kläger eingebrochen sei. Er sei auf eine alte Platte getreten. Diese alte Platte sei in der Mitte vom alten Dach gewesen.
Wegen der Einzelheiten bezüglich der Aussagen der Zeugen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.02.2016 verwiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 07.07.2016 - im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei dem Ereignis vom 28.03.2012 habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt, da sich der Kläger zum Zeitpunkt seines Einbruchs in das Nachbardach außerhalb der von ihm geschuldeten Arbeitsleistung bewegt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihm am 21.07.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.08.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er seinen Vortrag aus dem sozialgerichtlichen Verfahren. Ergänzend trägt er vor, gerade dass er schon vor dem Unfall die unangenehme Erfahrung gemacht habe, dass das mittlere Hallendach zum Betreten ungeeignet gewesen sei, schließe aus, dass er sich freiwillig noch einmal auf dieses Hallendach begeben habe. Letztlich sei der Sturz aus acht Metern Höhe auch nur denkbar, weil er aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen auf dem Dach gearbeitet habe. Dies bedeute, dass die enge Beziehung zwischen der Arbeitstätigkeit und dem Unfall direkt und auffällig sei, so dass das Vorliegen eines Arbeitsunfalles zu bejahen sei. Es sei mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er beim Herüberreichen der Kartonagen gestolpert und damit auf das mittlere Hallendach geraten sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 07.07.2016 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2013 zu verurteilen, den Unfall vom 28.03.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Ihre Inhalte sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, da dieser nicht rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Die Beklagte hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat, da es sich bei dem Ereignis vom 28.03.2012 nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.
Nach § 8 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; st. Rspr., vgl. zuletzt Urteil des BSG vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R -). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge hingegen genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 02.11.1999 -B 2 U 47/98 R-, 02.05.2001 -B 2 U 16/00 R-, 15.09.2011 -B 2 U 25/10-, 02.04.2009 - B 2 U 9/08- und 31.01.2012 - B 2 U/11 R-).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt das Ereignis vom 28.03.2012 keinen Arbeitsunfall dar. Der Kläger war zwar am Unfalltag bei der Firma O versicherungspflichtig beschäftigt. Bei dem Ereignis vom 28.03.2012 hat es sich auch um ein von außen auf den Körper einwirkendes Unfallereignis gehandelt, durch das der Kläger einen Gesundheitserstschaden erlitten hat.
Es hat sich jedoch nicht nachweisen lassen, dass es sich bei der konkreten Verrichtung, die der Kläger zur Zeit des Unfalls ausgeübt hat, um eine versicherte Tätigkeit gehandelt hat. Eine versicherte Tätigkeit liegt nur vor, wenn zwischen der konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem grundsätzlich versicherten Tätigkeitsbereich des Versicherten ein innerer Zusammenhang besteht. Ein derartiger Zusammenhang ist stets gegeben, wenn die Verrichtung Teil der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung des Beschäftigten ist. Ansonsten ist bei der Beurteilung, ob ein innerer Zusammenhang besteht, maßgebend, ob der Versicherte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und ob diese subjektive Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls gedeckt wird (siehe hierzu Bereiter-Hahn, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8, Rn. 5 f.). Nach dem Ergebnis der umfangreichen Ermittlungen im Verwaltungsverfahren, im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und im sozialgerichtlichen Verfahren hat sich jedoch ein innerer Zusammenhang zwischen der konkreten Verrichtung des Klägers und seinem versicherten Beschäftigungsverhältnis nicht feststellen lassen. Denn es hat sich nicht klären lassen, warum sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt auf dem Nachbardach befunden hat, auf dem sein Beschäftigungsbetrieb gar nicht tätig war.
Der Aufenthalt auf dem Nachbardach war jedenfalls an der Einsturzstelle nicht von seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen gedeckt. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers, die Firma O, war an dem Unfalltag damit beschäftigt, das vordere und mit Netzen gegen Absturz gesicherte Hallenschiff mit Trapezblechen, die schon auf den Dachträgern bereit lagen und nur noch montiert werden mussten, einzudecken, wohingegen die Arbeiten auf dem Nachbardach, durch das der Kläger gestürzt war, von einem anderen Betrieb, der Firma C, ausgeführt wurden. Die Arbeiten der Firma O erstreckten sich nicht auf das Nachbardach. Dementsprechend wurden die Mitarbeiter der Firma O auch von dem Vorarbeiter I K explizit darauf hingewiesen, dass sie auf dem Nachbardach nichts zu suchen hatten, da ein Betreten zu gefährlich sei. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der übereinstimmenden Ermittlungsergebnisse des Präventionsdienstes der Beklagten und der Staatsanwaltschaft E. Auch dem Kläger war bekannt, dass sich seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht auf Tätigkeiten auf dem Nachbardach erstreckten. Dies ergibt sich aus seiner im Rahmen des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens gegenüber dem Kriminalhauptkommissar L abgegebenen Erklärung, er sei seitens seiner Firma darauf hingewiesen worden, den alten Dachbereich, also den Bereich, auf dem die Dachhaut entfernt wurde, nicht zu betreten. Auch in dem Termin vom 19.02.2016 bei dem SG hat er erklärt, der Zeuge I K habe zu ihm, nachdem er morgens schon einmal im Nachbardach eingebrochen war, gesagt, er sei doch wohl doof, was er denn dort machen würde. Und schließlich hat er auch in der Widerspruchsbegründung angegeben, ihm sei die Gefahr des Betretens bekannt gewesen, er könne sich deshalb nicht vorstellen, das andere Hallendach freiwillig betreten zu haben. Soweit er im sozialgerichtlichen Verfahren schließlich bestritten hat, eine entsprechende Anweisung des Zeugen I K erhalten zu haben, ist dies im Hinblick auf seine bisherigen Aussagen nicht glaubwürdig. Der Vortrag des Klägers, er habe das unmittelbar angrenzende Flachdach der Nachbarhalle auf Anweisung seines Vorgesetzten betreten, um Verpackungsreste einzusammeln, die im Abstand von etwa 40 cm auf dem Nachbardach gelegen hätten, ist nicht bewiesen. In den Berichten über die Ortsbesichtigung am Unfalltag durch den Präventionsdienst der Beklagten und der Polizei ist trotz ansonsten detaillierter Beschreibungen der Unfallörtlichkeit keine Rede von Verpackungsresten auf dem Nachbardach. Der Zeuge I K konnte auf ausdrückliches Befragen vor dem SG nicht bestätigen, dass Verpackungsreste auf dem Nachbardach lagen. Übereinstimmend mit den Zeugen T D und J M konnte er auch keine Angaben darüber machen, warum sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt auf dem Nachbardach aufgehalten hat. Abgesehen davon ist dieser Vortrag des Klägers aber auch nicht relevant. Denn er erklärt nicht, warum der Kläger nicht in der Nähe des Übergangs der beiden Dächer, sondern, wie sich aus den bei der Ortsbesichtigung angefertigten Lichtbildern der Polizei und den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen I K und T D ergibt, eher in der Mitte des Nachbardaches durchgebrochen ist (fünf bis acht Meter vom Übergang entfernt).
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger an dem konkreten Unfallort (Durchsturzstelle) zum Unfallzeitpunkt eine nicht von seinen arbeitsvertraglichen Pflichten umfasste aber gleichwohl seinem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte, sind überhaupt nicht ersichtlich. Die unterschiedlichen und teils widersprüchlichen Angaben des Klägers selbst führen allesamt schon deshalb nicht weiter, da diese lediglich einen Absturz am Übergang der beiden Dächer erklären könnten. Auch die Zeugen haben übereinstimmend erklärt, sie könnten nicht sagen, was der Kläger auf dem Nachbardach gemacht hat. Abgesehen davon gibt es auch keinerlei objektive Umstände, die eine betrieblichen Zwecken dienende Handlungstendenz belegen könnten.
Die Auffassung des Klägers, selbst verbotswidriges Handeln schließe das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nicht aus, ist zwar grundsätzlich zutreffend. Dies gilt aber nur, wenn die Verrichtung, die zum Unfall geführt hat, grundsätzlich von den arbeitsvertraglichen Pflichten oder von der subjektiven Handlungstendenz, betrieblichen Zwecken zu dienen, gedeckt und durch objektive Umstände bestätigt wird. Diese Voraussetzungen liegen, wie bereits ausgeführt, im Falle des Klägers aber nicht vor.
Schließlich konnte auch eine versicherungspflichtige Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB VII nicht nachgewiesen werden. Nach dieser Vorschrift sind Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher Gefahr für seine Gesundheit retten, kraft Gesetzes in der Unfallversicherung versichert. Der Kläger selbst hat zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, er habe dem durch das Nachbardach gestürzten Mitarbeiter der Firma C zu Hilfe eilen wollen. Ob der Kläger helfen wollte, konnte weder bei den Ermittlungen durch den Präventionsdienst noch bei den Beweisaufnahmen durch das SG geklärt werden. Diese Frage ist letztlich offen geblieben, da die Mitarbeiter und Zeugen hierzu keine Angaben machen konnten.
Weitere Ermittlungsmöglichkeiten sieht der Senat nicht. Die objektive Beweislast trägt der Kläger (siehe hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 118, Rn. 6).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall und die Bewilligung von Entschädigungsleistungen.
Der 1978 geborene Kläger war am 28.03.2012 als Montagehelfer bei der Firma O mit Dachblechverlegungen auf einem Dach in G tätig. An dieses Dach grenzte ein Nachbardach, auf dem Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens Arbeiten verrichteten. Der Kläger stürzte durch dieses angrenzende und nicht durchsturzgesicherte Nachbardach ca. 7,40 Meter tief und zog sich hierbei schwere Verletzungen zu.
Die Aufsichtsperson des Präventionsdienstes der Beklagten, U M, besichtigte im April 2012 die Unfallstelle. Herr M berichtete, bei dem Unfallort handele es sich um Lagerstätten der G GmbH (X), die nach Kauf ertüchtigt werden sollten. Da im Zuge dieser Ertüchtigungen auf den Dachflächen Solaranlagen montiert werden sollten, hätten die vorhandenen asbesthaltigen Faserzementplatten mit Skobalit-Lichtbändern zunächst durch Metalltrapezblechprofile ersetzt werden müssen. Die Gesamttätigkeiten seien getaktet abgelaufen: Entsorgung, Neueindeckung, Solaranlagenmontage. Am Unfalltag habe eine dreischiffige Halle zur Bearbeitung angestanden. Bei dem vorderen Hallenschiff sei die Asbestplattenentsorgung durch die Firma C bereits abgeschlossen gewesen. Diese Halle sei äußerlich eingerüstet und nach innen mit Netzen gegen Absturz gesichert gewesen. Die Firma C sei zum Unfallzeitpunkt an der Dachflächenentsorgung des mittleren Hallenschiffes tätig gewesen, welches, entsprechend der getakteten Tätigkeit, nur ca. auf halber Länge mit Netzen gegen Absturz nach innen gesichert gewesen sei. Die Firma O sei am Unfalltag erst den ersten Tag auf der Baustelle gewesen und habe den Auftrag gehabt, das vordere Hallenschiff mit Trapezblechen einzudecken. Während dieser Tätigkeit, ausgeführt durch den Vorarbeiter I K, den Kläger und seine Kollegen T D und J M, sei ein Mitarbeiter der Firma C auf dem mittleren Hallenschiff durch die Dachhaut eingebrochen und im gesicherten Bereich in das Netz gefallen. Als der Kläger dies gesehen habe, habe er sich auf die mittlere Dachfläche in Richtung Einbruchstelle begeben und sei kurz vor ihr durch eine Skobalit-Lichtbandplatte im ungesicherten Bereich eingebrochen. So sei er etwa sieben Meter tief auf den Betonboden der Halle gestürzt. Der Mitarbeiter der Firma C sei zum Unfallzeitpunkt eigenständig aus dem Netz wieder auf die Dachfläche hochgelangt. Er habe den Kläger noch warnen wollen, doch der Warnruf habe diesen nicht mehr erreicht. Ob der Kläger helfen oder nur neugierig schauen wollte, sei trotz Befragung der Mitarbeiter unklar geblieben. Insbesondere durch die Aussagen des Mitarbeiters T D habe ermittelt werden können, dass die Mitarbeiter der Firma O am Unfalltag die Baustelle einrichten und vorbereitende Tätigkeiten ausführen sollten, während der Vorarbeiter K noch Montagematerialien besorgt habe. Während dieser Tätigkeiten habe sich der Kläger aus nicht nachvollziehbaren Gründen bereits gegen 8:30 Uhr schon einmal auf die Dachfläche des mittleren Hallenschiffes begeben und sei selbst durch die Dachfläche gebrochen. Er habe sich jedoch mit den Ellenbogen an der Unterkonstruktion abgefangen und sei selbstständig wieder aufgestiegen. Daraufhin habe der Vorarbeiter I K nach seiner Rückkehr zur Baustelle alle Mitarbeiter nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass sie auf dem mittleren Hallendach nichts zu suchen haben.
Nach der Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 08.04.2012 betrat der Kläger das Nebendach auf eigene Faust.
Der Kläger selbst berichtete am 16.07.2012 Folgendes zum Unfallhergang: "Ich arbeitete auf einem Flachdach. Auf Anweisung meines Vorgesetzten betrat ich das unmittelbar angrenzende Flachdach des Nebenhauses, um Verpackungsreste von uns dort einzusammeln (Holzbretter). Das Dach des Nebenhauses ist durchgebrochen". Dies könnten der Vorarbeiter I K und die Mitarbeiter T D und ein Russe, dessen Name ihm nicht bekannt sei, bezeugen.
Die Beklagte zog die Akten der Staatsanwaltschaft E (Az.: xxx) bei. Dem Tatortbefundbericht der Kriminaloberkommissarin C1 vom 28.03.2012, der unmittelbar nach dem Unfall erstellt worden war, ist zu entnehmen, dass es sich bei der Ereignisörtlichkeit um zwei ca. 60 x 25 Meter große Lagerhallen, die direkt nebeneinander liegen, handelte. Bei der ersten Lagerhalle sei das Dach komplett abgedeckt gewesen. Auf den Dachträgern hätten Wellblechdachteile bereit gelegen, die nur noch hätten montiert werden müssen. In diesem Bereich sei der gesamte Hallenbereich unterhalb des Daches mit einem Netz gesichert gewesen. Auf dem Dach der zweiten Halle hätten sich noch alte Wellblechdachplatten aus Asbest befunden. Hier sei die Halle nur zur Hälfte mit einem Sicherungsnetz gesichert gewesen. Oberhalb dieses Netzes sei ein ca. 1 Meter großes Loch festgestellt worden. Unterhalb dieses Loches seien Teile des Wellblechdaches im Netz liegend vorgefunden worden. Rechts neben dem Netz habe sich ebenfalls ein Loch im Dach befunden. Dieses sei ca. 2 x 2 Meter groß gewesen. Unter diesem Loch habe sich kein Netz mehr befunden. Direkt unter dem Loch sei auf dem Boden eine Blutlache gewesen. Hierbei habe es sich augenscheinlich um die Sturzörtlichkeit gehandelt. Nach Angaben des T D habe dieser zusammen mit dem Kläger auf dem Dach der ersten Halle gearbeitet. Ihre Aufgabe sei es gewesen, die Wellblechdächer auf dem Dach der Halle zu montieren. Das Dach der zweiten Halle sei Aufgabe der anderen Firma gewesen. Diese sei dafür zuständig gewesen, die alten Wellblechdächer zu entfernen und zu entsorgen. Sie selbst hätten auf diesem Dach "gar nichts zu suchen" gehabt. Während T D und der Kläger auf dem Dach der ersten Halle arbeiteten, hätten sie bemerkt, dass ein Arbeiter der anderen Firma durch das Dach eingebrochen und in die Tiefe gefallen sei. Daraufhin sei der Kläger über das Dach der anderen Halle gelaufen. T D habe angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger helfen oder nur gucken wollte. Als dieser über den Bereich des Hallendaches gegangen sei, der durch das Netz nicht gesichert war, sei er eingebrochen und in die Tiefe gestürzt. I K habe angegeben, er habe noch vor Arbeitsbeginn alle Mitarbeiter darauf aufmerksam gemacht, dass sie auf dem Dach der zweiten Halle nichts zu suchen haben, da ein Betreten zu gefährlich sei. Er habe lediglich mitbekommen, dass der Kläger auf einmal über das Dach gegangen und durchgebrochen sei. Der Bauherr für die Baumaßnahmen, Herr L, habe angegeben, dass die Firma O nur damit beauftragt gewesen sei, die neuen Dachplatten auf die Träger der ersten Halle zu befestigen. Es sei für alle Mitarbeiter der Firma O klar gewesen, dass sie das Dach der zweiten Halle nicht zu betreten hatten. Am 08.05.2012 berichtete der Kriminalhauptkommissar L, er habe mit dem Kläger fernmündlich zum Unfallgeschehen Rücksprache genommen. Der Kläger habe erklärt, dass er auf einem Teildachbereich mit der Montage der neuen Dachhaut, Aufbringen von Trapezblechen, beschäftigt gewesen war. Die Bleche seien dabei in Holzkartonagen auf das Dach gebracht worden. Nach Entnahme der Trapezbleche habe er die Holzkartonagen auf dem alten Dachbereich abgestellt. Die Abbruchfirma auf dem Nebendach sei mit dem Abtragen der alten Dachhaut beschäftigt gewesen und die Arbeiter hätten hierzu die entsprechenden Schrauben der Eternitplatten lösen müssen. Dies sei ihm auch bewusst gewesen. Seitens seiner Firma sei er auch darauf hingewiesen worden, den alten Dachbereich, also den Bereich, auf dem die Dachhaut entfernt wurde, nicht zu betreten. Letztlich habe er diesen Bereich jedoch betreten, da er die leeren Holzkartonagen vom Dach entfernen wollte und sei dabei auf ein von Schrauben gelöstes transparentes Blech getreten und anschließend zu Boden gestürzt. Er sei nicht von einer anderen Person geschubst oder gestoßen worden.
Auf Befragen der Beklagten gab der Vorarbeiter I K am 31.07.2012 an, er sei zur Zeit des Unfalls im Gespräch mit dem Bauleiter Herrn L gewesen und wisse nur aus den Aussagen seiner Kollegen, wie sich der Unfall ereignet hat. Er selbst habe ihn nicht gesehen. Der Mitarbeiter der Firma O J M (der Russe, den der Kläger als Augenzeugen benannt hatte) teilte am 14.08.2012 gegenüber der Beklagten mit, er habe sich zur Zeit des Unfalls auf dem Dach befunden. Über den Zweck der Tätigkeit des Klägers zur Zeit des Unfalls sei ihm nichts bekannt.
Mit Bescheid vom 04.06.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses vom 28.03.2012 ab. Zur Begründung führte sie aus, bei dem Ereignis habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt, da sich der Kläger mit dem Verlassen seines Arbeitsplatzes auf dem vorderen Dach von seiner versicherten Tätigkeit gelöst habe. Die Handlungstendenz zu diesem Zeitpunkt sei objektiv nicht dazu bestimmt gewesen, dem versicherten Tätigkeitsbereich zu dienen. Verschiedene Zeugen hätten keine betriebsbedingte Handlungstendenz erkennen können. Auch hätten die Zeugen nicht angeben können, ob der Kläger dem Mitarbeiter der Firma C zur Hilfe kommen wollte.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er erklärte, ihm sei nicht mehr erinnerlich, wie es zu dem Sturz gekommen sei. Er könne sich allerdings nicht vorstellen, freiwillig das andere Hallendach betreten zu haben, zumal ihm die Gefahr des Betretens bekannt gewesen sei. Auf dem anderen Hallendach seien Kartonagen gelagert gewesen. Er könne sich vorstellen, dass er beim Herüberreichen der Kartonagen ins Stolpern geraten und dann durch das Dach gefallen sei. Selbst wenn er verbotswidrig das mittlere Hallendach betreten haben sollte, schließe dieses verbotswidrige Handeln das Vorliegen eines Arbeitsunfalles nicht aus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Ermittlungen zum Geschehensablauf durch ihren Präventionsdienst sowie der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft hätten keinerlei Hinweis darauf gegeben, aus welchen Gründen der Kläger sich auf der Stelle des Daches befunden habe, von wo aus er durchgebrochen und abgestürzt sei. Auch die Zeugenaussagen hätten insoweit keine Erkenntnisse erbracht. Soweit der Kläger bestreite, sich freiwillig an die spätere Absturzstelle begeben zu haben, überzeuge dies nicht, denn nachweislich sei er schon am selben Tag zuvor einmal beinahe gerade von dort aus abgestürzt, habe sich aber noch halten können. Allein die Vorstellung eines bestimmten Geschehensablaufs durch den Kläger reiche nicht für die Eintrittspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung aus. Die Gewährung von Leistungen setze nämlich voraus, dass die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses, das Unfallereignis selbst sowie der entstandene Gesundheitserstschaden und die Unfallfolgen mit Gewissheit bewiesen seien.
Hiergegen hat der Kläger am 11.11.2013 vor dem Sozialgericht Dortmund (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Ihm sei erinnerlich, dass Kartonagen auf dem mittleren Hallendach gelagert wurden, da das vordere Hallendach selbst eingedeckt worden sei. Es sei mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er beim Herüberreichen der Kartonagen ins Stolpern gekommen und dadurch auf das mittlere Hallendach geraten sei. Er habe auch keine Anweisung von I K erhalten, dass er das alte Dach nicht betreten dürfe. Im Übrigen sei auch keine Sicherung des Arbeitsplatzes erfolgt, insbesondere habe es keine Absperrungen zum Nachbardach hin gegeben.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 04.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2013 (xxx) Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses, von dem er am 28.03.2012 im Unternehmen O Ltd. Bev. O C, U-Str. 00, E, betroffen wurde, zu gewähren und den Unfall vom 28.03.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig gehalten.
Das SG hat den Kläger am 14.08.2014 informatorisch gehört und am 19.02.2016 und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen I K, T D und J M.
Der Kläger hat erklärt, es habe ein altes Dach und das neue Dach, auf dem er beschäftigt gewesen sei, gegeben. Das neue Dach habe etwa 30 cm über dem alten Dach gelegen. Er sei schon vorher einmal auf das alte Dach gegangen und wäre dort fast eingebrochen. I K habe ihm daraufhin gesagt, er sei doch wohl doof, was er denn dort machen würde. Auf dem alten Dach hätten aber noch Materialien gelegen. Es habe sich um eine Art Holzverpackungen für die Pakete mit den Dachlatten gehandelt und die hätten irgendwann mal runter gemusst. Er habe die Möglichkeit gesehen, diese vom alten Dach herüberzuziehen auf das neue Dach. Der Abstand habe auch nur etwa 40 cm betragen. Dabei sei er dann wohl in das alte Dach eingebrochen. An Einzelheiten könne er sich nicht erinnern. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.08.2014 verwiesen.
Der Zeuge I K hat erklärt, er könne sich nicht erinnern, dass auf dem alten Dach Materialien gelagert gewesen seien, er könne es aber auch nicht ausschließen. Auf dem alten Dach sei eine Abbruchfirma zugange gewesen, von denen auch einer hinuntergefallen, allerdings von einem Netz aufgefangen worden sei. Nach dem Unfall sei darüber geredet worden, dass der Kläger vielleicht versucht habe, dieser Person zu helfen. Er selbst könne dazu aber nichts sagen. Die Durchbruchstelle, durch die der Kläger gefallen sei, sei nach seiner Erinnerung etwa fünf bis sechs Meter, vielleicht auch acht Meter, von dem Übergang zwischen dem neuen und dem alten Dach entfernt gewesen. Der Kläger sei nach seiner Erinnerung durch einen Lichtschacht gefallen. Im Übergangsbereich zwischen dem alten Dach und dem neuen Dach hätten sich überhaupt keine Lichtschächte befunden. Der Zeuge T D hat erklärt, er sei zu dem Zeitpunkt des Unfalls selbst auch auf dem neuen Dach gewesen, er und der Kläger seien dabei gewesen, auf dem Dach zu verschrauben. Dies sei eine Anweisung von Herrn K gewesen. Der Kläger sei dann runtergeknallt. Er habe ihn zu diesem Zeitpunkt nicht im Auge gehabt. Warum der Kläger auf dem alten Dach gewesen sei, könne er sich nicht erklären, da sie dort nichts zu suchen hatten. Der Vorarbeiter habe ihnen morgens gesagt, dass sie das alte Dach nicht betreten sollten. Der Abstand zwischen den Übergängen der beiden Dächer und der Absturzstelle sei etwa fünf bis sieben Meter gewesen. Er könne nicht mit Sicherheit sagen, ob der Kläger dabei gewesen sei, als der Vorarbeiter morgens gesagt habe, sie sollten das alte Dach nicht betreten. Ob der Kläger vorher schon einmal im alten Dach eingebrochen sei, könne er nicht sagen. Die Anweisungen von Herrn K seien sicherlich auf Deutsch erfolgt. Der Zeuge J M hat ausgesagt, er habe zur Zeit des Unfalls auf dem neuen Dach mit dem Kläger verschraubt. Auf dem alten Dach sei eine andere Firma gewesen, dort sei jemand eingebrochen. Dieser sei allerdings in ein Netz gefallen. Der Kläger sei dann rübergegangen. Warum er rübergegangen sei, wisse er nicht. Vielleicht habe er gucken wollen. Er habe dann gesehen, dass der Kläger eingebrochen sei. Er sei auf eine alte Platte getreten. Diese alte Platte sei in der Mitte vom alten Dach gewesen.
Wegen der Einzelheiten bezüglich der Aussagen der Zeugen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.02.2016 verwiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 07.07.2016 - im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei dem Ereignis vom 28.03.2012 habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt, da sich der Kläger zum Zeitpunkt seines Einbruchs in das Nachbardach außerhalb der von ihm geschuldeten Arbeitsleistung bewegt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihm am 21.07.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.08.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er seinen Vortrag aus dem sozialgerichtlichen Verfahren. Ergänzend trägt er vor, gerade dass er schon vor dem Unfall die unangenehme Erfahrung gemacht habe, dass das mittlere Hallendach zum Betreten ungeeignet gewesen sei, schließe aus, dass er sich freiwillig noch einmal auf dieses Hallendach begeben habe. Letztlich sei der Sturz aus acht Metern Höhe auch nur denkbar, weil er aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen auf dem Dach gearbeitet habe. Dies bedeute, dass die enge Beziehung zwischen der Arbeitstätigkeit und dem Unfall direkt und auffällig sei, so dass das Vorliegen eines Arbeitsunfalles zu bejahen sei. Es sei mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er beim Herüberreichen der Kartonagen gestolpert und damit auf das mittlere Hallendach geraten sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 07.07.2016 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2013 zu verurteilen, den Unfall vom 28.03.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Ihre Inhalte sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, da dieser nicht rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Die Beklagte hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat, da es sich bei dem Ereignis vom 28.03.2012 nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.
Nach § 8 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; st. Rspr., vgl. zuletzt Urteil des BSG vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R -). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge hingegen genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 02.11.1999 -B 2 U 47/98 R-, 02.05.2001 -B 2 U 16/00 R-, 15.09.2011 -B 2 U 25/10-, 02.04.2009 - B 2 U 9/08- und 31.01.2012 - B 2 U/11 R-).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt das Ereignis vom 28.03.2012 keinen Arbeitsunfall dar. Der Kläger war zwar am Unfalltag bei der Firma O versicherungspflichtig beschäftigt. Bei dem Ereignis vom 28.03.2012 hat es sich auch um ein von außen auf den Körper einwirkendes Unfallereignis gehandelt, durch das der Kläger einen Gesundheitserstschaden erlitten hat.
Es hat sich jedoch nicht nachweisen lassen, dass es sich bei der konkreten Verrichtung, die der Kläger zur Zeit des Unfalls ausgeübt hat, um eine versicherte Tätigkeit gehandelt hat. Eine versicherte Tätigkeit liegt nur vor, wenn zwischen der konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem grundsätzlich versicherten Tätigkeitsbereich des Versicherten ein innerer Zusammenhang besteht. Ein derartiger Zusammenhang ist stets gegeben, wenn die Verrichtung Teil der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung des Beschäftigten ist. Ansonsten ist bei der Beurteilung, ob ein innerer Zusammenhang besteht, maßgebend, ob der Versicherte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und ob diese subjektive Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls gedeckt wird (siehe hierzu Bereiter-Hahn, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8, Rn. 5 f.). Nach dem Ergebnis der umfangreichen Ermittlungen im Verwaltungsverfahren, im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und im sozialgerichtlichen Verfahren hat sich jedoch ein innerer Zusammenhang zwischen der konkreten Verrichtung des Klägers und seinem versicherten Beschäftigungsverhältnis nicht feststellen lassen. Denn es hat sich nicht klären lassen, warum sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt auf dem Nachbardach befunden hat, auf dem sein Beschäftigungsbetrieb gar nicht tätig war.
Der Aufenthalt auf dem Nachbardach war jedenfalls an der Einsturzstelle nicht von seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen gedeckt. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers, die Firma O, war an dem Unfalltag damit beschäftigt, das vordere und mit Netzen gegen Absturz gesicherte Hallenschiff mit Trapezblechen, die schon auf den Dachträgern bereit lagen und nur noch montiert werden mussten, einzudecken, wohingegen die Arbeiten auf dem Nachbardach, durch das der Kläger gestürzt war, von einem anderen Betrieb, der Firma C, ausgeführt wurden. Die Arbeiten der Firma O erstreckten sich nicht auf das Nachbardach. Dementsprechend wurden die Mitarbeiter der Firma O auch von dem Vorarbeiter I K explizit darauf hingewiesen, dass sie auf dem Nachbardach nichts zu suchen hatten, da ein Betreten zu gefährlich sei. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der übereinstimmenden Ermittlungsergebnisse des Präventionsdienstes der Beklagten und der Staatsanwaltschaft E. Auch dem Kläger war bekannt, dass sich seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht auf Tätigkeiten auf dem Nachbardach erstreckten. Dies ergibt sich aus seiner im Rahmen des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens gegenüber dem Kriminalhauptkommissar L abgegebenen Erklärung, er sei seitens seiner Firma darauf hingewiesen worden, den alten Dachbereich, also den Bereich, auf dem die Dachhaut entfernt wurde, nicht zu betreten. Auch in dem Termin vom 19.02.2016 bei dem SG hat er erklärt, der Zeuge I K habe zu ihm, nachdem er morgens schon einmal im Nachbardach eingebrochen war, gesagt, er sei doch wohl doof, was er denn dort machen würde. Und schließlich hat er auch in der Widerspruchsbegründung angegeben, ihm sei die Gefahr des Betretens bekannt gewesen, er könne sich deshalb nicht vorstellen, das andere Hallendach freiwillig betreten zu haben. Soweit er im sozialgerichtlichen Verfahren schließlich bestritten hat, eine entsprechende Anweisung des Zeugen I K erhalten zu haben, ist dies im Hinblick auf seine bisherigen Aussagen nicht glaubwürdig. Der Vortrag des Klägers, er habe das unmittelbar angrenzende Flachdach der Nachbarhalle auf Anweisung seines Vorgesetzten betreten, um Verpackungsreste einzusammeln, die im Abstand von etwa 40 cm auf dem Nachbardach gelegen hätten, ist nicht bewiesen. In den Berichten über die Ortsbesichtigung am Unfalltag durch den Präventionsdienst der Beklagten und der Polizei ist trotz ansonsten detaillierter Beschreibungen der Unfallörtlichkeit keine Rede von Verpackungsresten auf dem Nachbardach. Der Zeuge I K konnte auf ausdrückliches Befragen vor dem SG nicht bestätigen, dass Verpackungsreste auf dem Nachbardach lagen. Übereinstimmend mit den Zeugen T D und J M konnte er auch keine Angaben darüber machen, warum sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt auf dem Nachbardach aufgehalten hat. Abgesehen davon ist dieser Vortrag des Klägers aber auch nicht relevant. Denn er erklärt nicht, warum der Kläger nicht in der Nähe des Übergangs der beiden Dächer, sondern, wie sich aus den bei der Ortsbesichtigung angefertigten Lichtbildern der Polizei und den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen I K und T D ergibt, eher in der Mitte des Nachbardaches durchgebrochen ist (fünf bis acht Meter vom Übergang entfernt).
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger an dem konkreten Unfallort (Durchsturzstelle) zum Unfallzeitpunkt eine nicht von seinen arbeitsvertraglichen Pflichten umfasste aber gleichwohl seinem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte, sind überhaupt nicht ersichtlich. Die unterschiedlichen und teils widersprüchlichen Angaben des Klägers selbst führen allesamt schon deshalb nicht weiter, da diese lediglich einen Absturz am Übergang der beiden Dächer erklären könnten. Auch die Zeugen haben übereinstimmend erklärt, sie könnten nicht sagen, was der Kläger auf dem Nachbardach gemacht hat. Abgesehen davon gibt es auch keinerlei objektive Umstände, die eine betrieblichen Zwecken dienende Handlungstendenz belegen könnten.
Die Auffassung des Klägers, selbst verbotswidriges Handeln schließe das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nicht aus, ist zwar grundsätzlich zutreffend. Dies gilt aber nur, wenn die Verrichtung, die zum Unfall geführt hat, grundsätzlich von den arbeitsvertraglichen Pflichten oder von der subjektiven Handlungstendenz, betrieblichen Zwecken zu dienen, gedeckt und durch objektive Umstände bestätigt wird. Diese Voraussetzungen liegen, wie bereits ausgeführt, im Falle des Klägers aber nicht vor.
Schließlich konnte auch eine versicherungspflichtige Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB VII nicht nachgewiesen werden. Nach dieser Vorschrift sind Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher Gefahr für seine Gesundheit retten, kraft Gesetzes in der Unfallversicherung versichert. Der Kläger selbst hat zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, er habe dem durch das Nachbardach gestürzten Mitarbeiter der Firma C zu Hilfe eilen wollen. Ob der Kläger helfen wollte, konnte weder bei den Ermittlungen durch den Präventionsdienst noch bei den Beweisaufnahmen durch das SG geklärt werden. Diese Frage ist letztlich offen geblieben, da die Mitarbeiter und Zeugen hierzu keine Angaben machen konnten.
Weitere Ermittlungsmöglichkeiten sieht der Senat nicht. Die objektive Beweislast trägt der Kläger (siehe hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 118, Rn. 6).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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