Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 22 AL 65/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 B 52/07 AL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23.10.2007 geändert. Der Klägerin wird für das Verfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe ab dem 26.10.2007 bewilligt und Rechtsanwalt I beigeordnet. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde vom 14.11.2007, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 15.01.2008), ist begründet.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) liegen vor. Die im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe regelmäßig zugrunde zu legende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt eine hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung, mit der die Klägerin die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe begehrt. Es sind vom Sozialgericht noch weitere Ermittlungen zur Klärung des Sachverhaltes durchzuführen, bevor darüber entschieden werden kann, ob ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe zumindest als Vorausleistung besteht.
Die Förderungsfähigkeit der von der Klägerin durchgeführten Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten scheidet entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht bereits auf Grund der beiden in der Vergangenheit abgebrochenen Ausbildungen aus. Zwar darf nach der vorzeitigen Lösung eines Ausbildungsverhältnisses eine erneute berufliche Ausbildung nur erneut gefördert werden, wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand (§ 60 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Dieser Ausschluss bezieht sich allerdings schon seinem Wortlaut nach ("erneut gefördert") nur auf Ausbildungen, die ihrerseits bereits gefördert wurden (Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Aufl., § 60 Rn. 13; BSG, Urt. v. 23.06.1981, Az. 7 Rar 6/80, zur vergleichbaren Situation im Arbeitsförderungsgesetz - AFG vgl. auch Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III, Loseblatt, Stand Mai 2008, § 60 Rn. 59). Eine Förderung ist bei den vorausgegangenen Ausbildungen der Klägerin aber soweit ersichtlich nicht erfolgt, so dass der die damaligen Ausbildungsabbrüche der jetzigen Förderungsfähigkeit nicht entgegenstehen. Es sind auch keine sonstigen Umstände ersichtlich, die der Förderungsfähigkeit der beruflichen Ausbildung entgegenstünden. Zunächst handelt es sich bei der angestrebten Ausbildung um eine erstmalige Ausbildung im Sinne von § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB III, weil die Klägerin in der Vergangenheit bereits zwei Ausbildungen abgebrochen hat. Für die Frage, ob es sich um eine erstmalige Ausbildung handelt, ist darauf abzustellen, ob ein Berufsabschluss erworben wurde, für den eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist (Stratmann in Niesel, a.a.O., § 60, Rn. 13). Einen solchen Abschluss hat die Klägerin nicht erworben. Da die nochmalige berufliche Ausbildung auch in einem anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und der Ausbildungsvertrag abgeschlossen wurde (§ 60 Abs. 1 SGB III), ist sie damit grundsätzlich als förderungsfähig anzusehen.
Der Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe scheidet auch nicht von vornherein dadurch aus, dass - nach den von der Klägerin nicht beanstandeten Berechnungen der Beklagten - das gemäß § 71 Abs. 1 SGB III anzurechnende Einkommen der Eltern der Klägerin den offenen Bedarf der Klägerin übersteigt. Damit besteht zwar dem Grundsatz nach gemäß § 69 Nr. 3 SGB III ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe nicht, weil dieser Anspruch voraussetzt, dass dem Auszubildenden die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten, die sonstigen Aufwendungen und die Lehrgangskosten nicht anderweitig zur Verfügung stehen.
Allerdings hat die Klägerin im Verfahren wiederholt vorgetragen, dass sie gegenüber ihren Eltern keinen Unterhaltsanspruch mehr habe, weil ihren Eltern weitere Unterhaltszahlung nach den bereits von diesen mitfinanzierten vorausgegangenen Ausbildungen nicht mehr zuzumuten sei und ihre Eltern tatsächlich auch keinen weiteren Unterhaltsleistungen mehr erbringen würden. Sollte dies zutreffen, führte dies zwar nicht automatisch dazu, dass die Beklagte das Einkommen der Eltern bei der Bedarfsberechnung nicht mehr berücksichtigen dürfte. Denn Einwände gegen das Bestehen des Unterhaltsanspruch des Auszubildenden nach bürgerlichem Recht sind im Rahmen des Bewilligungsverfahrens nach § 59 SGB III nicht zu berücksichtigen, sondern die Entscheidung über Bestand und Umfang des Unterhaltsanspruchs bleibt insoweit den Zivilgerichten vorbehalten (BSG, Urt. v. 23.06.1981, Az. 7 Rar 6/80 zur Vorgängervorschrift § 40 AFG).
Das Vorbringen der Klägerin ist aber beachtlich für die Frage, ob der Klägerin möglicherweise Berufsausbildungsbeihilfe als Vorausleistung zu gewähren ist. Gemäß § 72 Abs. 1 SGB III kann dem Auszubildenden die Berufsausbildungsbeihilfe auch als Vorausleistung ohne Berücksichtigung von Unterhaltsmitteln der Eltern gewährt werden, wenn sich diese weigern, den angerechneten Unterhaltsbetrag zu leisten. Es handelt sich bei dieser Leistung nicht um einen Vorschuss, sondern um eine endgültige Leistung an den Auszubildenden bei der es gemäß 72 Abs. 2 SGB III zum gesetzlichen Anspruchsübergang des Unterhaltsanspruchs des Auszubildenden auf die Agentur für Arbeit kommt (Buser in Eicher/ Schlegel, SGB III, § 72 Rn. 1).
Die Möglichkeit einer Vorausleistung von Berufsausbildungsbeihilfe hat die Beklagte trotz des wiederholten Vorbringens der Klägerin nicht geprüft. Hierzu wäre sie jedoch verpflichtet gewesen, weil der allgemeine Förderungsantrag auch die Förderung durch Vorausleistungen umfasst (Stratmann in Niesel, a.a.O., § 72 Rn. 4). Das Sozialgericht wird daher nach Anhörung der Eltern gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB III unter anderem noch zu prüfen haben, ob die Eltern der Klägerin ihren Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der Klägerin seit Beginn der Ausbildung nachgekommen sind.
Die Klägerin ist auch wirtschaftlich nicht in der Lage, die Kosten der Rechtsverfolgung zu tragen. Da die Unterlagen zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen von der Klägerin erst am 26.10.2007 vorgelegt wurden, wird der Beginn der Prozesskostenhilfebewilligung auf diesen Termin festgesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde vom 14.11.2007, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 15.01.2008), ist begründet.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) liegen vor. Die im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe regelmäßig zugrunde zu legende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt eine hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung, mit der die Klägerin die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe begehrt. Es sind vom Sozialgericht noch weitere Ermittlungen zur Klärung des Sachverhaltes durchzuführen, bevor darüber entschieden werden kann, ob ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe zumindest als Vorausleistung besteht.
Die Förderungsfähigkeit der von der Klägerin durchgeführten Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten scheidet entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht bereits auf Grund der beiden in der Vergangenheit abgebrochenen Ausbildungen aus. Zwar darf nach der vorzeitigen Lösung eines Ausbildungsverhältnisses eine erneute berufliche Ausbildung nur erneut gefördert werden, wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand (§ 60 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Dieser Ausschluss bezieht sich allerdings schon seinem Wortlaut nach ("erneut gefördert") nur auf Ausbildungen, die ihrerseits bereits gefördert wurden (Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Aufl., § 60 Rn. 13; BSG, Urt. v. 23.06.1981, Az. 7 Rar 6/80, zur vergleichbaren Situation im Arbeitsförderungsgesetz - AFG vgl. auch Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III, Loseblatt, Stand Mai 2008, § 60 Rn. 59). Eine Förderung ist bei den vorausgegangenen Ausbildungen der Klägerin aber soweit ersichtlich nicht erfolgt, so dass der die damaligen Ausbildungsabbrüche der jetzigen Förderungsfähigkeit nicht entgegenstehen. Es sind auch keine sonstigen Umstände ersichtlich, die der Förderungsfähigkeit der beruflichen Ausbildung entgegenstünden. Zunächst handelt es sich bei der angestrebten Ausbildung um eine erstmalige Ausbildung im Sinne von § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB III, weil die Klägerin in der Vergangenheit bereits zwei Ausbildungen abgebrochen hat. Für die Frage, ob es sich um eine erstmalige Ausbildung handelt, ist darauf abzustellen, ob ein Berufsabschluss erworben wurde, für den eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist (Stratmann in Niesel, a.a.O., § 60, Rn. 13). Einen solchen Abschluss hat die Klägerin nicht erworben. Da die nochmalige berufliche Ausbildung auch in einem anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und der Ausbildungsvertrag abgeschlossen wurde (§ 60 Abs. 1 SGB III), ist sie damit grundsätzlich als förderungsfähig anzusehen.
Der Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe scheidet auch nicht von vornherein dadurch aus, dass - nach den von der Klägerin nicht beanstandeten Berechnungen der Beklagten - das gemäß § 71 Abs. 1 SGB III anzurechnende Einkommen der Eltern der Klägerin den offenen Bedarf der Klägerin übersteigt. Damit besteht zwar dem Grundsatz nach gemäß § 69 Nr. 3 SGB III ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe nicht, weil dieser Anspruch voraussetzt, dass dem Auszubildenden die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten, die sonstigen Aufwendungen und die Lehrgangskosten nicht anderweitig zur Verfügung stehen.
Allerdings hat die Klägerin im Verfahren wiederholt vorgetragen, dass sie gegenüber ihren Eltern keinen Unterhaltsanspruch mehr habe, weil ihren Eltern weitere Unterhaltszahlung nach den bereits von diesen mitfinanzierten vorausgegangenen Ausbildungen nicht mehr zuzumuten sei und ihre Eltern tatsächlich auch keinen weiteren Unterhaltsleistungen mehr erbringen würden. Sollte dies zutreffen, führte dies zwar nicht automatisch dazu, dass die Beklagte das Einkommen der Eltern bei der Bedarfsberechnung nicht mehr berücksichtigen dürfte. Denn Einwände gegen das Bestehen des Unterhaltsanspruch des Auszubildenden nach bürgerlichem Recht sind im Rahmen des Bewilligungsverfahrens nach § 59 SGB III nicht zu berücksichtigen, sondern die Entscheidung über Bestand und Umfang des Unterhaltsanspruchs bleibt insoweit den Zivilgerichten vorbehalten (BSG, Urt. v. 23.06.1981, Az. 7 Rar 6/80 zur Vorgängervorschrift § 40 AFG).
Das Vorbringen der Klägerin ist aber beachtlich für die Frage, ob der Klägerin möglicherweise Berufsausbildungsbeihilfe als Vorausleistung zu gewähren ist. Gemäß § 72 Abs. 1 SGB III kann dem Auszubildenden die Berufsausbildungsbeihilfe auch als Vorausleistung ohne Berücksichtigung von Unterhaltsmitteln der Eltern gewährt werden, wenn sich diese weigern, den angerechneten Unterhaltsbetrag zu leisten. Es handelt sich bei dieser Leistung nicht um einen Vorschuss, sondern um eine endgültige Leistung an den Auszubildenden bei der es gemäß 72 Abs. 2 SGB III zum gesetzlichen Anspruchsübergang des Unterhaltsanspruchs des Auszubildenden auf die Agentur für Arbeit kommt (Buser in Eicher/ Schlegel, SGB III, § 72 Rn. 1).
Die Möglichkeit einer Vorausleistung von Berufsausbildungsbeihilfe hat die Beklagte trotz des wiederholten Vorbringens der Klägerin nicht geprüft. Hierzu wäre sie jedoch verpflichtet gewesen, weil der allgemeine Förderungsantrag auch die Förderung durch Vorausleistungen umfasst (Stratmann in Niesel, a.a.O., § 72 Rn. 4). Das Sozialgericht wird daher nach Anhörung der Eltern gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB III unter anderem noch zu prüfen haben, ob die Eltern der Klägerin ihren Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der Klägerin seit Beginn der Ausbildung nachgekommen sind.
Die Klägerin ist auch wirtschaftlich nicht in der Lage, die Kosten der Rechtsverfolgung zu tragen. Da die Unterlagen zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen von der Klägerin erst am 26.10.2007 vorgelegt wurden, wird der Beginn der Prozesskostenhilfebewilligung auf diesen Termin festgesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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