L 1 SF 252/16 B

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 40 SF 3839/14 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 SF 252/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 2. Februar 2016 (S 40 SF 3839/14 E) wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für ein Verfahren beim Sozialgericht Gotha (SG), in dem die Beschwerdeführer den Kläger zu 1. und 4. und die Klägerinnen zu 2. und 3. vertraten. Mit der am 3. März 2010 erhobenen Klage (S 40 AS 1641/10) begehrten die Kläger die Aufhebung bzw. Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 12. November 2009 (Überprüfungsantrag bezüglich des Bewilligungsbescheides der Beklagten vom 18. Oktober 2005 - Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2010 und die Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II. Die Klage richte sich gegen die erklärte Aufrechnung, weil es hierfür an einer Rechtsgrundlage fehle. Nach § 22 Abs. 1 SGB II würden laufende und einmalige Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit sie angemessen sind. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG sei ein Abzug der Kosten der Warmwasserbereitung nur in Höhe des tatsächlich bereits in der Regelleistung enthaltenen Regelanteils zulässig. Der Widerspruch richte sich rein vorsorglich auch gegen die abgesenkte Regelleistung für Kinder unter 14 Jahre. Der angegriffene Bescheid sei bereits wegen des Verstoßes gegen die Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II rechtswidrig. Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2011 erklärten die Beschwerdeführer, von einer Bezifferung der Klageanträge werde im Vorfeld insbesondere wegen der (grundlosen) Unterstellung von Prozessbetrug abgesehen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei eine Bezifferung des Antrages nicht erforderlich. Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2011 erklärten sie, jede Überprüfungsentscheidung müsse im Falle ihrer Rechtswidrigkeit eigenständig mit einem Widerspruch angegriffen werden, um zu verhindern, dass Rechtskraft entstehe. Mit Beschluss vom 18. Dezember 2012 bewilligte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwältin W. ohne Kostenbeteiligung. Nach Hinweis der Kammervorsitzenden vom 19. Dezember 2012 erklärten die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 25. Februar 2013 den Rechtsstreit für erledigt und beantragten der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1/6 aufzuerlegen. Hierzu erklärte sich die Beklagte dem Grunde nach bereit. Die Beschwerdeführer nahmen das Teilanerkenntnis der Beklagten an.

Unter dem 8. Oktober 2013 beantragten die Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 153,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistung 20,00 EUR Zwischensumme 543,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 103,17 EUR Gesamtbetrag 646,17 EUR

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 23. Juni 2014 die zu zahlende Vergütung auf 231,26 EUR (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 56,67 EUR, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG drei weitere Auftraggeber 51,00 EUR, Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 66,67 EUR, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 36,92 EUR) fest. Die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG sei in Höhe von 1/3 der Mittelgebühr angemessen. Die fiktive Terminsgebühr sei entstanden, weil das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis beendet wurde. Diese sei in Anlehnung an die Verfahrensgebühr in Höhe von 1/3 der Mittelgebühr angemessen.

Hiergegen haben die Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und geltend gemacht, hinsichtlich der Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG sei die Mittelgebühr angemessen. Auch wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger unterdurchschnittlich seien, recht-fertige dies für sich genommen nicht, die Mittelgebühr zu unterschreiten. Auch erweise sich die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger als überdurchschnittlich, weil Leistungen des soziokulturellen Existenzminimums streitig waren. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei zumindest durchschnittlich gewesen. Die Terminsgebühr sei entsprechend anzupassen. Der Beschwerdegegner hat ebenfalls Erinnerung eingelegt und die Berücksichtigung einer fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 66,67 EUR beanstandet. Diese sei vorliegend nicht entstanden. Insbesondere sei das Verfahren nicht durch Anerkenntnis beendet worden, vielmehr sei aufgrund richterlichen Hinweises die Erledigung der Hauptsache erklärt worden.

Mit Beschluss vom 2. Februar 2016, zugestellt am 10. Februar 2016, hat das SG auf die Anschlusserinnerung des Beschwerdegegners den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23. Juni 2014 aufgehoben und die aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung auf 215,99 EUR festgesetzt. Im Übrigen hat es die Erinnerungen zurückgewiesen. Ausgehend von einem Gebührenrahmen zwischen 20 EUR und 320 EUR (Mittelgebühr 170,00 EUR) sei bezüglich der Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG die halbe Mittelgebühr (=85,00 EUR) angemessen und billig. Den Schriftsätzen hätten im Wesentlichen Formulierungen und Zitate zu Grunde gelegen, welche in einer Vielzahl von weiteren am selben Tag erhobenen Klagen der Kläger (S 40 AS 1647/10, S 40 AS 1646/10, S 40 1645/10, S 40 AS 1644/10, S 40 AS 1643/10, S 40 AS 1642/10, S 40 AS 1640/10 und S 40 AS 1639/10) Verwendung fanden. Somit seien Synergieeffekte zu berücksichtigen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit habe unter dem Durchschnitt gelegen. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei als unterdurchschnittlich einzuordnen. Angesichts einer Aufrechnungsrüge, der Rüge des korrekten Warmwasserabzuges im Rahmen der Unterkunftskosten ohne konkrete Berechnung, der Kritik an der fehlenden Rundung der Endzahlungsbeträge und des einfachen Hinweises auf die beim Bundesverfassungsgericht anhängige Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelleistungsbeträge lasse sich eine durchschnittliche Schwierigkeit nicht erkennen. Die Bedeutung der Angelegenheit sei für die Kläger ebenfalls unterdurchschnittlich gewesen. Die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG bemesse sich für drei weitere Kläger mit 76,50 EUR. Da Leistungen in gesetzlicher Höhe begehrt wurden, keine Anhaltspunkte bezüglich der konkreten Höhe der Klagebegehren der Gerichtsakte zu entnehmen seien, scheide eine durchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit aus. Eine (fiktive) Terminsgebühr sei nicht festzusetzen, weil der Rechtsstreit nicht durch angenommenes Anerkenntnis, sondern durch eine Klagerücknahme geendet habe. Eine Erledigungsgebühr sei ebenfalls nicht festzusetzen.

Hiergegen haben die Beschwerdeführer am 16. Februar 2016 Beschwerde eingelegt und ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt. Ergänzend haben sie ausgeführt, die Beklagte habe im Verfahren mit Schriftsatz vom 13. Juni 2013 ein Anerkenntnis abgegeben. Dieses Anerkenntnis habe geprüft werden müssen und es sei eine schriftliche vollumfängliche Erledigungserklärung abgegeben worden. Somit seien Absetzungen in dem vorliegenden Verfahren nicht gerechtfertigt.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 22. Februar 2016) und die Akten dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Senat hat die im erstinstanzlichen Beschluss genannten weiteren Gerichtsakten beigezogen.

II.

Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thürin-ger Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats.

Anzuwenden ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der Fassung bis 31. Juli 2013 (a.F.), denn die Beiordnung der Beschwerdeführer im Sinne des § 15 RVG ist vor diesem Zeitpunkt erfolgt (§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (ständige Rechtsprechung des 6. Senats des Thüringer Landessozialgerichts, vgl. u.a. Beschluss vom 15. März 2011 - L 6 SF 975/10 B) und zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer 200,00 EUR.

Die Beschwerde der Beschwerdeführer ist unbegründet. Der Senat nimmt in entsprechender Anwendung des § 142 Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die Gründe II des erstinstanzlichen Beschlusses vom 2. Februar 2016 Bezug. Anhaltspunkte dafür, dass die Vergütung höher festzusetzen wäre, liegen nicht vor. Im Hinblick auf das Vorbringen der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren weist der Senat nochmals darauf hin, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache durch Klagerücknahme am 27. Februar 2013 erledigt wurde. Entscheidend ist allein die Erledigung in der Hauptsache (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Januar 2015 - L 1 SF 51/16 B m.w.N., nach juris). Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 12. Juni 2013 - nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache - lediglich bereit erklärt, einen Teil der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu übernehmen.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
Saved