L 10 R 691/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 4754/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 691/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 07.02.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Erstattung von (bzw. Freistellung von einer Forderung über) Kosten und Gebühren aus einem Vorverfahren.

Die am 1952 geborene Klägerin hatte unter Bevollmächtigung ihres Rentenberaters und jetzigen Prozessbevollmächtigten am 19.04.2013 bei der Beklagten eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung sowie eine Altersrente für Frauen beantragt.

Mit Bescheid vom 02.11.2013 lehnte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsminderung zunächst ab. Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 11.12.2013 Widerspruch und wies darauf hin, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ohne Berücksichtigung des bereits im Ausgangsverfahren vorgelegten Berichtes des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie und Umweltmedizin Dr. S. , nach dem bei der Klägerin eine mittelgradige chronische Lungenerkrankung bestehe, geprüft worden sei. Zusätzlich seien ein rheumatischer Befundbericht bzw. ein lungenfachärztlicher Befundbericht anzufordern (Bl. 114 VwA). Nachdem die Beklagte Befundberichte beim Allgemeinmediziner und Hausarzt Dr. F. und der Fachärztin für Orthopädie Dr. K. eingeholt hatte, schätzte die Beratungsärztin E. ohne den von der Klägerin angekündigten Befundbericht des behandelnden Rheumatologen abzuwarten (Bl. 169, 189 VwA), das Leistungsvermögen der Klägerin sowohl in der zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit als auch für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit unter drei Stunden täglich ein, so dass die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin abhalf und mit Bescheid vom 19.05.2014 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.05.2013 befristet bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (30.06.2018) bewilligte. Gleichzeitig erkannte sie eine Kostenerstattungspflicht für den hinzugezogenen Bevollmächtigten dem Grunde nach an (Bl. 246 Rücks. VwA).

Unabhängig hiervon hatte die Beklagte wegen der beantragten Altersrente für schwerbehinderte Menschen die Klägerin (über den Bevollmächtigten) um Vorlage eines Nachweises über die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft gebeten. Im April 2014 teilte der Prozessbevollmächtigte - unter Vorlage von Schriftsätzen aus dem Berufungsverfahren beim LSG Baden-Württemberg (L 3 SB 93/14) - mit, dass die Schwerbehinderteneigenschaft im Vergleichsweg nunmehr rückwirkend ab Dezember 2010 zuerkannt worden und damit der Weg für die Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.07.2013 frei sei (Bl. 141 ff. VwA).

Hierauf beantragte die Klägerin für das die Rente wegen Erwerbsminderung betreffende Widerspruchsverfahren eine Kostenerstattung in Höhe von 1.499,40 EUR (Rechnungsnr. 00027114) unter Ansatz einer Geschäftsgebühr i. H. v. 620,00 EUR, einer Erledigungsgebühr i. H. v. 620,00 EUR, einer Post- und Telekommunikationspauschale i. H. v. 20,00 EUR sowie Umsatzsteuer i. H. v. 239,40 EUR (Bl. 313 f. VwA). Mit Bescheid vom 23.06.2014 (Bl. 318 VwA) setzte die Beklagte die Kosten für das Widerspruchsverfahren auf lediglich 556,92 EUR fest (Geschäftsgebühr i. H. v. 448,00 EUR, eine Post- und Telekommunikationspauschale i. H. V. 20,00 EUR sowie Umsatzsteuer i. H. v. 88,92 EUR). Die Kürzung der Geschäftsgebühr begründete sie damit, dass es sich bei dem Widerspruchsverfahren hinsichtlich einer Rente wegen voller Erwerbsminderung um ein leicht überdurchschnittliches Verfahren handle, das eine Erhöhung der Mittelgebühr auf 70% der Höchstgebühr, nicht jedoch die geltend gemachte Höchstgebühr rechtfertige. Diese sei unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers unbillig. Auch sei eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 i. V. m. Nr. 1002 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) nicht angefallen. Eine solche entstehe nur bei einer besonderen, nicht nur unwesentlichen und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichteten Tätigkeiten des Bevollmächtigten und erfordere insbesondere ein gezielt auf die einvernehmliche Beilegung des Streites gerichtetes Tätigwerden. Die vom Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen hätten jedoch ausschließlich das parallel geführte Verwaltungsverfahren (Altersrente für schwerbehinderte Menschen) betroffen und seien nicht für das Verfahren über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung beschafft oder erstellt worden. Den hiergegen erhobenen, von der Klägerin nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2014 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 14.10.2014 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und weitere Kostenerstattung i. H. v. 942,48 EUR begehrt. Sie hat ausgeführt, dass sich die Festsetzung der Geschäftsgebühr nach der Höchstgebühr mit der überdurchschnittlichen Bedeutung des Verfahrens wegen fehlender anderweitiger Einkünfte rechtfertige. Auch habe der Prozessbevollmächtigte durch die Vorlage von Unterlagen aus anderen Streitverfahren einen besonderen Aufwand betrieben, um eine möglichst unstreitige Entscheidung bei der Beklagten herbeizuführen. Im Ergebnis habe auch ein Gerichtsverfahren über die Rente wegen voller Erwerbsminderung verhindert werden können, was die Erledigungsgebühr rechtfertige.

Mit Gerichtsbescheid vom 07.02.2017 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die Ausführungen der Beklagten in ihrem ablehnenden Bescheid gemäß § 136 Abs. 3 SGG umfassend Bezug genommen.

Hiergegen hat die Klägerin am 22.02.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und ausgeführt, dass sich die nach dem Höchstrahmen angesetzte Geschäftsgebühr aus dem Umstand rechtfertige, dass es bei ihr insgesamt um Rentenansprüche gegangen sei. Sie habe keinerlei weitere Einkünfte gehabt. In der Folge seien mehrere Stunden andauernde Besprechungen mit ihrem Prozessbevollmächtigten erforderlich gewesen. Auch sei älterer Rechtsprechung zu entnehmen, dass vormals bei Erwerbsminderungsrentenangelegenheiten pauschal von der Höchstgebühr ausgegangen worden sei. De facto habe damit in den letzten 30 Jahren keine Gebührenanhebung stattgefunden, so dass die Rechtsprechung dazu aufgerufen sei, die möglichen Gebührenrahmen korrekt zur Anwendung zu bringen und genauestens zu prüfen. Für die Geltendmachung der Erledigungsgebühr sei maßgebend, dass die Übersendung der Unterlagen aus dem Schwerbehindertenverfahren eine katalytische Wirkung für die unstreitige außergerichtliche Erledigung des Verfahrens wegen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gehabt habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07.02.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2014 zu verurteilen, Kosten und Gebühren gemäß der eingereichten Kostennote in Höhe von 1.499,40 EUR abzüglich des Betrages von 556,92 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist einzig die Frage, in welcher Höhe die von der Beklagten zu erstattenden Kosten der Klägerin für das erfolgreiche Widerspruchsverfahren - die Rente wegen voller Erwerbsminderung betreffend - festzusetzen sind. Eine positive Kostengrundentscheidung traf die Beklagte im Rahmen ihrer Abhilfeentscheidung.

Das SG hat die Klage wegen der Höhe der zu erstattenden Kosten zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 23.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf eine über den Betrag von 556,92 EUR hinausgehende Kostenerstattung.

Nach § 63 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - hat der Rechtsträger, dessen Behörde die angefochtene Entscheidung erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, wenn der Widerspruch erfolgreich ist. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts sind erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war (§ 63 Abs. 2 SGB X). Gebühren und Auslagen im Sinne des § 63 Abs. 2 SGB X sind nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die sich nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) bemessen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RVG), das nach § 4 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz für die Vergütung von Rentenberatern entsprechend gilt. In sozialrechtlichen Angelegenheiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, für die - wie vorliegend - bei Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden wäre, entstehen Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs. 1, Abs. 2 RVG), die sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG bestimmen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RVG). Sie umfassen nach Nr. 2302 in der seit 01.08.2013 geltenden Fassung (2. Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 23.07.2013, BGBl. I 2586), die vorliegend über § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG zur Anwendung kommt, da der Widerspruch nach Inkrafttreten der Änderung erhoben wurde (am 11.12.2013), eine Geschäftsgebühr u.a. für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (Vorbemerkung 2.3 VV RVG). Diese ist nach der seit 01.08.2013 anzuwendenden Fassung aus dem Betragsrahmen von 50,00 bis 640,00 EUR zu bemessen, wobei eine Gebühr von mehr als 300,00 EUR (sogenannte Schwellengebühr) nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist. Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) unter Berücksichtigung auch des Haftungsrisikos (§ 14 Abs. 1 Satz 3 RVG). Der Gesetzgeber hat dem Bevollmächtigten damit ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, das mit der Pflicht zur Berücksichtigung der o.g. Kriterien verbunden ist. Die Literatur und ihr folgend die Rechtsprechung gesteht dem Rechtsanwalt darüber hinaus einen Spielraum von 20 % (Toleranzgrenze) zu, der von dem Dritten wie auch von den Gerichten zu beachten ist (BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R in SozR 4-1935 § 14 Nr. 2). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG).

Für die Bestimmung der konkreten Gebühr ist in einem ersten Schritt die Gebühr ausgehend von der Mittelgebühr zu bestimmen und diese, sofern sie über der Schwellengebühr liegt, in einem zweiten Schritt bis zur Schwellengebühr zu kappen, wenn der Umfang und/oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit nicht mehr als durchschnittlich sind. Eine gesonderte Bedeutung kommt dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit damit allein für die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus zu. Der Umfang oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit müssen daher über dem Durchschnitt liegen, um im Ergebnis eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr zu erreichen (BSG a.a.O.). Erst wenn dies der Fall ist, findet § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG Anwendung, wobei die dort aufgeführten Bemessungskriterien nicht abschließend sind, so dass weitere, unbenannte Kriterien einbezogen werden können, wobei sämtliche heranzuziehenden Kriterien selbständig und gleichwertig nebeneinanderstehen (BSG, a.a.O.).

In Anwendung dieser Vorgaben hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung (oder Freistellung von) einer Geschäftsgebühr über den von der Beklagten festgesetzten Betrag i. H. v. 448,00 EUR hinaus. Die Klägerin verkennt, dass die Überschreitung der Schwellengebühr nicht möglich ist, weil die Tätigkeit ihres Bevollmächtigten weder ihrem Umfang noch ihrer Schwierigkeit nach überdurchschnittlich war.

Der geltend gemachte überdurchschnittliche Umfang ist weder durch die Widerspruchsbegründung noch durch den im Einzelnen nicht näher dargelegten Beratungsaufwand belegt. Soweit die Klägerin behauptet, es habe mehrere Stunden dauernde Besprechungen gegeben, ist nicht erkennbar, dass diese Besprechungen gerade im Zusammenhang mit dem Widerspruch gegen die Ablehnung von Rente wegen Erwerbsminderung anfielen. Sie trägt vielmehr vor, dass es um "die Rente insgesamt" gegangen sei. Die knapp einseitige Widerspruchsbegründung stellte das sozialmedizinisch festgestellte Leistungsvermögen in Frage und forderte ohne konkrete Benennung der behandelnden Fachärzte weitere medizinische Ermittlungen (rheumatisch und lungenfachärztlich). Es erfolgte weder ein neuer konkreter Sachvortrag zu den Erkrankungen der Klägerin noch wurden neue Befunde vorgelegt. Vielmehr wird die weitere Sachverhaltsermittlung von der Beklagten eingefordert, die wegen der ausstehenden rheumatischen Befunde letztlich die Klägerin direkt kontaktierte, da Anfragen über den Rentenberater unbeantwortet geblieben waren.

Auch besondere rechtliche Schwierigkeiten wies das durchgeführte Widerspruchsverfahren selbst nicht auf. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit. Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Dies beinhaltet aber auch, dass hierfür spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten in eingeschränktem Umfang erforderlich sein können. Überdurchschnittlich schwierig ist die Tätigkeit beispielsweise dann, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten (BSG a.a.O). Diese können sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich liegen. Vorliegend sind derartige Probleme nicht ersichtlich, zumal die weitere medizinische Sachverhaltsaufklärung ausschließlich von der Beklagten veranlasst wurde und die Klägerin die Beklagte persönlich (telefonisch) ohne Einschaltung des Rentenberaters über die noch ausstehende Untersuchung beim behandelnden Rheumatologen informierte.

Auch der Umstand, dass die Klägerin parallel zum Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung weitere Rentenanträge (mit jeweils anderen persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen) stellte, belegt keinen überdurchschnittlichen Umfang oder eine überdurchschnittliche Schwierigkeit, weil es insoweit um andere Verfahrensgegenstände ging, die mit dem Widerspruch gegen die Ablehnung der Rente wegen Erwerbsminderung nichts zu tun hatten.

Schließlich führt der Verweis der Klägerin auf die ältere Rechtsprechung zur Ausschöpfung des Gebührenrahmens unter Geltung der früheren Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte nicht zu einer abweichenden Beurteilung, da nach dem seit 01.07.2004 geltenden und vorliegend ausschließlich anzuwendenden RVG sozialrechtliche Angelegenheiten nach den bereits umfassend dargestellten Rechtsgrundlagen zu vergüten sind. Auch verbietet sich unter Beachtung von Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz - Bindung der Judikative an Recht und Gesetz - jegliche Korrektur der nach Auffassung des Bevollmächtigten unzureichenden Gebührenhöhe durch die gesetzeswidrige Ausschöpfung der Höchstgrenze.

Die Beklagte hat darüber hinaus auch zu Recht die Erstattung einer Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG abgelehnt. Diese Gebührenposition verlangt im Widerspruchsverfahren regelmäßig eine Tätigkeit des Rechtsanwaltes, die über die bloße Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgeht (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 1 KR 13/06 R, in juris). Eine anwaltliche Mitwirkung im Sinne von Nr. 1005 VV RVG verlangt vielmehr eine besondere, nicht nur unwesentliche und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit des Anwalts. Hierfür reicht die sofortige Abhilfe der Behörde, ohne dass diese auf eine besondere anwaltliche Aktivität zurückzuführen ist, nicht aus. Die anwaltliche Tätigkeit muss vielmehr gerade kausal für die Erledigung der Rechtssache gewesen sein. Eine derartige Tätigkeit entfaltete der Bevollmächtigte der Klägerin aber nicht. Seine Tätigkeit beschränkte sich auf die Einlegung des Widerspruchs und die pauschale Forderung, weitere Sachverhaltsaufklärung durch die Einholung lungenärztlicher und rheumatologischer Befunde zu betreiben. Die Beklagte selbst holte dann von Amts wegen aktuelle Befundberichte des behandelnden Hausarztes sowie der behandelnden Orthopädin ein und versuchte vergeblich, über den Prozessbevollmächtigten aktuelle rheumatologische Befunde vom Nachfolger des zuvor behandelnden Lungenfacharztes beizuziehen. Der Bevollmächtigte der Klägerin selbst reagierte auf schriftliche Nachfragen der Beklagten nicht.

Auch soweit der Bevollmächtigte vorträgt, die Vorlage von Unterlagen aus einem parallel laufenden Schwerbehindertenverfahren habe eine katalytische Wirkung für das Erwerbsminderungsrentenverfahren entfaltet, begründet dies keine Erledigungsgebühr, da die anwaltliche Mitwirkung im konkreten Verfahren stattfinden muss und ein Tätigwerden in einem anderen Verfahren regelmäßig nicht ausreicht (BSG, Urteil vom 05.05.2010, B 11 AL 14/09 R, in juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2011, L 10 U 902/11). Der Prozessbevollmächtigte legte die Unterlagen aus dem Schwerbehindertenverfahren nur im Kontext der parallel beantragten Altersrente für schwerbehinderte Menschen vor (Bl. 141 VwA) und reagierte damit auf ein konkretes Anforderungsschreiben der Beklagten (Bl. 109 VwA) für dieses Rentenverfahren, so dass es an der notwendigen Kausalität des Tätigwerdens des Bevollmächtigten im Hinblick auf die unstreitige Erledigung fehlt. Überdies ist nicht ersichtlich, welche katalytische Wirkung das Ergebnis des Schwerbehindertenrechtsstreits für das Erwerbsminderungsverfahren entfaltet haben soll, da der Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987, 5b RJ 156/87, in juris) zukommt, weil sich die Voraussetzungen für die Beurteilung des Grades der Behinderung (vgl. § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch: Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft) von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. z.B. § 43 Abs. 3 SGB VI: Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten) maßgeblich unterscheiden.

Da die Beklagte antragsgemäß die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVO in Höhe von 20,00 EUR sowie die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVO i. H. v. 88,92 EUR (19% von 468,00 EUR). Ansetzte, stehen der Klägerin keine weitergehenden Ansprüche zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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