Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 2108/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 1132/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.02.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die 1962 geborene Klägerin beantragte bei der Beklagten am 18.06.2015 (Blatt 57 VA) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte zog Befundunterlagen der behandelnden Ärzte bei, zu denen der Facharzt für Innere Medizin Dr. L. die sozialmedizinische Stellungnahme vom 22.09.2015 (Blatt 53 med.Teil VA) erstattete und ausführte, dass eine Tachykardie bestehe und sonst kein richtungsweisender signifikant pathologischer Befund. Die Blutdruckkontrolle habe 150/90 mmHg ergeben.
Weiterhin holte die Beklagte das ärztliche Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung der Fachärztin für Chirurgie Dr. L. vom 28.09.2015 (Blatt 57 med.Teil VA) ein, die zu der Einschätzung eines vollschichtigen Leistungsvermögens gelangte und darauf hinwies, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sinnvoll sein könnten.
Den Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.09.2015 (Blatt 3 RMG-VA) ab, da ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestehe.
Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 14.10.2015 (Blatt 7 RMG-VA) Widerspruch und machte geltend, dass sie sich außerstande sehe, eine berufliche Reha-Maßnahme zu absolvieren, da sie dauerhaft erwerbsgemindert sei. Es bestünden starke arthrotische Veränderungen in beiden Schultergelenken, daneben bestünden Bandscheibenvorfälle in der HWS in mehreren Segmenten. Sie leide unter Beschwerden der linken Hand und Beschwerden im Kniegelenk seit Jahrzehnten, die Beschwerden auf psychiatrischem Gebiet bestünden ununterbrochen seit mindestens 2009. Die sozialmedizinische Beurteilung vom 22.09.2015 sei derart ignorant, dass diese unbrauchbar sei. Die letzte Reha-Maßnahme 2013 habe die Situation verschlimmert, seit 27.07.2015 werde eine Psychotherapie durchgeführt. Ergänzend legte sie den Bescheid des Versorgungsamtes R. vom 18.08.2015 über die Feststellung eines GdB von 50 seit dem 30.06.2015 vor.
Die Beklagte holte das ärztliche Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung der Fachärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Laboratoriumsmedizin und Sozialmedizin Dr. D. vom 29.03.2016 (Blatt 85 med. Teil VA) ein, die ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr sah.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2016 (Blatt 35 RMG-VA) zurück.
Am 24.06.2016 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Das SG holte die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. C. vom 10.10.2016 (Orthopädie – Klägerin in der Praxis nicht bekannt, Blatt 50 SG-Akte), des Dr. G. vom 13.10.2016 (Neurologie und Psychiatrie – einmalige Vorstellung am 06.07.2015, Angabe von Angstzuständen, Blatt 51/53 SG-Akte), der Dr. S. vom 14.10.2016 (psychologische Psychotherapeutin – Diagnosen rezidivierende depressive Störung, Dysthymia, Agoraphobie, Blatt 54/55 SG-Akte), der Dr. K. vom 18.10.2016 (Innere Medizin - Ganzkörperschmerzen, Blatt 56/60 SG-Akte) und der Dr. K. vom 21.11.2016 (Orthopädie – letzte Vorstellung 02.07.2015, daher keine Beurteilung möglich, Blatt 62/69 SG-Akte) ein. Zu den sachverständigen Zeugenauskünften und vorgelegten Befundberichten legte die Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. N. vom 09.01.2017 (Blatt 72 SG-Akte) vor.
Weiterhin holte das SG die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. Schw. vom 02.03.2017 (Orthopädie – einmalige Vorstellung, Beantwortung der Beweisfragen nicht möglich, Blatt 86 SG-Akte) und der Dr. C. vom 13.04.2017 (Allgemeinmedizin – keine Vermittelbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, Blatt 88/94 SG-Akte) sowie das Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. N. vom 31.08.2017 (Blatt 101/136 SG-Akte) ein.
Die Klage wies das SG aufgrund mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 21.02.2018 ab und führte zur Begründung aus, dass die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht einschränke. Dr. N. habe überzeugend eine hinreichende Fähigkeit zur Strukturierung des Tagesablaufs beschrieben und während der Exploration keine das quantitative Leistungsvermögen beeinträchtigenden Störungen des Aufmerksamkeits- oder Auffassungsvermögens festgestellt. Die orthopädischen Beeinträchtigungen führten ebenfalls nur zu qualitativen Leistungseinschränkungen, wobei eine regelmäßige fachärztliche Behandlung nicht stattfinde.
Gegen das ihr am 27.02.2018 (Blatt 171a SG-Akte) zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.03.2018 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie macht geltend, dass sich das SG nicht auf das Gutachten des Dr. N. habe stützen dürfen, da diesem entgegengetreten worden sei. Sie leide seit Jahren an Migräne, wobei die Attacken unterschiedlich stark seien, einen strukturierten Tagesablauf habe sie nicht. Bereits vor Jahren sei die Diagnose einer Fibromyalgie gestellt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.02.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung seit Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die sachverständigen Zeugenauskünfte der Fachärztin für Psychiatrie Dr. S. vom 16.05.2018 (Blatt 21 Senatsakte) sowie des Orthopäden Dr. B. vom 15.05.2018 (Blatt 22/24 Senatsakte) eingeholt und mit Beschluss vom 31.08.2018 den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 27 und 28 der Senatsakte).
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht ihren Rechten. Die Klägerin kann die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht beanspruchen. Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich – bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche - ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Auf orthopädischem Fachgebiet entnimmt der Senat dem Reha-Entlassungsbericht der Rehaklinik S. vom 05.06.2013 eine Beweglichkeit des linken Schultergelenks für Ab-/Adduktion von 150-0-40°, Ante-/Retroflexion von 170-0-40°, Außen-/Innenrotation 40-0-80°, das Zeichen nach Schober lag bei 10/14 cm, der Finger-Boden-Abstand bei 10 cm, die Seitneigung der Wirbelsäule wird rechts/links mit 15-0-15° angegeben, die Rotation rechts/links mit 30-0-30°. Dr. L. beschreibt in ihrem Gutachten vom 21.09.2015 (Blatt 57 med.Teil VA) keinen wesentlichen Beckenschiefstand, keine wesentliche Seitverbiegung der Rumpfwirbelsäule, eine eher abgeflachte Lordose der LWS bei vermehrt aufgerichtetem Becken sowie die Angabe von Druck- und Klopfschmerzen über den Dornfortsätzen der unteren HWS bis in den Bereich der oberen BWS. Die Bewegungsprüfung der HWS ergab eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit in fast allen Ebenen, für die Rumpfwirbelsäule ergab die Untersuchung eine Beweglichkeit im unteren Normbereich mit leichten Einschränkungen für die thorakale und lumbale Entfaltung bei der Inklination sowie eine leicht eingeschränkte Seitneigung. Das Zeichen nach Ott wird mit 29/30/31 cm und das Zeichen nach Schober mit 9/10/13,5 cm bei einem Finger-Boden-Abstand von 6 cm angegeben. Im Bereich der Schultern war die Armhebung rechts nicht ganz bis zur Horizontalen möglich, links etwas höher. Es erfolgten diffuse Druckschmerzangaben im Bereich der Oberarme ohne Bezug zu bestimmten anatomischen Strukturen. An den Gelenken der oberen Extremitäten zeigten sich keine Rötungen, Schwellungen oder Deformierungen, die Greifformen konnten mit beiden Händen ohne Einschränkungen durchgeführt werden, bezüglich der Muskulatur waren keine Auffälligkeiten klinisch eruierbar. Im Bereich der unteren Gliedmaßen zeigte sich kein Druckschmerz bei Palpation der Hüftgelenke, die Beweglichkeit beider Hüften war frei und nicht schmerzhaft, die Kniegelenke waren äußerlich unauffällig. Die Bewegungsprüfung zeigte beidseits eine freie Beweglichkeit, hinsichtlich der angegebenen Schmerzen weist die Gutachterin darauf hin, dass die Klägerin die Kniegelenke spontan vollständig beugte, ohne, dass dies erforderlich gewesen wäre. Die Sprunggelenke waren ebenfalls unauffällig und frei beweglich, dass Gangbild wird zu ebener Erde als nicht behindert beschrieben.
Unter Berücksichtigung der erhobenen Befunde konnte der Senat feststellen, dass lediglich Gesundheitsstörungen vorliegen, die qualitative Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit begründen, wie diese im dem Gutachten Dr. L. beschrieben sind. Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen ergeben sich hieraus indessen, in Übereinstimmung mit Dr. L. , nicht. Im Übrigen lässt sich eine nachhaltige Behandlung der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet nicht erkennen. Der von der Klägerin benannte Dr. C. (sachverständige Zeugenauskunft vom 10.10.2016, Blatt 50 SG-Akte) hat mitgeteilt, die Klägerin nicht zu kennen, Dr. K. (sachverständige Zeugenauskunft vom 21.11.2016, Blatt 62/69), dass sich die Klägerin letztmals am 02.07.2015, und damit vor der Untersuchung Dr. L. , vorgestellt hat. Letztlich hat Dr. Schw. (sachverständige Zeugenauskunft vom 02.03.2017, Blatt 86 SG-Akte) die Klägerin nur einmalig untersucht.
Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens lässt sich schließlich aus den Befunden, die Dr. B. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 15.05.2018 (Blatt 22/24 Senatsakte) mitgeteilt hat, nicht begründen. Dieser hat eine Beweglichkeit der linken Schulter von 110-0-120° bei möglicher Innen-/Außenrotation von 90° bei intakter Motorik und Sensibilität beschrieben sowie den MRT-Befund vom 29.07.2015, der bereits Dr. L. vorlag, beigefügt. Unabhängig davon kommt es nicht entscheidungserheblich auf radiologische Befunde, sondern auf die Bewegungseinschränkungen an, die durch die klinischen Untersuchungen festzustellen sind, nicht aber durch radiologische Aufnahmen.
Im Übrigen lässt sich eine über sechs Monate andauernde rentenrechtlich relevante Minderung des Leistungsvermögens nicht dadurch belegen, dass die Klägerin fortlaufend weitere Ärzte als behandelnd angibt, bei denen sie sich, wenn überhaupt (vgl. Auskunft des Dr. C. , der angegeben hat, die Klägerin nicht zu kennen), nur sporadisch vorgestellt hat.
Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet entnimmt der Senat dem Gutachten der Dr. D. vom 21.03.2016 (Blatt 85 med. Teil VA) die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung sowie einer leichten depressiven Verstimmung. Dr. D. führt aus, dass die depressive Entwicklung keinen Ausprägungsgrad hat, der die ICD-10 Kriterien für eine leichte depressive Episode erfüllt. Die Sachverständige verneint die ICD-10 Kriterien für eine spezifische Angststörung und diejenigen für eine posttraumatische Belastungsstörung aufgrund des von der Klägerin berichteten sexuell grenzüberschreitenden Verhaltens des Vaters. Als auffällig wird beschrieben, dass sich die Klägerin in der Untersuchung als sehr defizitär und klagsam darstellte, was mit den belegten Kompetenzen auf kognitiver, emotionaler, sozialer und Körperverhaltensebene nicht vereinbar war. Die Klägerin konnte an der Untersuchung mit gutem Umstellungs-, Anpassungs- und Reaktionsvermögen aufmerksam und konzentriert mit ungestörtem Durchhaltevermögen mitwirken. Die von der Gutachterin benannten Einschränkungen dahingehend, dass keine Tätigkeiten in Nachtschicht und mit erhöhten Anforderungen an das Umstellungs-, Anpassungs- und Reaktionsvermögen möglich sind, wirken sich nur auf das qualitative, nicht aber auf das quantitative Leistungsvermögen aus. Nichts anderes folgt aus dem Sachverständigengutachten des Dr. N. , der ebenfalls nur qualitative Leistungseinschränkungen beschreibt und ergänzend darauf hinweist, dass eine stationäre Behandlung auf psychiatrischem Fachgebiet eine weitere Besserung erwarten lässt.
In der Untersuchung des Sachverständigen Dr. N. zeigte sich kein Kalottenklopfschmerz und kein Meningismus. Über den Dornfortsätzen der HWS bestand ein deutlicher Klopfschmerz, die BWS war unauffällig, die LWS ohne wesentliche Funktionsstörungen, das Zeichen nach Lasègue beidseits negativ, der Finger-Boden-Abstand wird mit 30 cm angegeben. Das Geruchs- und Geschmacksvermögen war ungestört, das Gesichtsfeld fingerperimetrisch unauffällig. Es zeigten sich keine Atrophien und keine Paresen bei unauffälligem Muskeltonus. Die Muskeleigenreflexe der oberen- und unteren Extremitäten waren seitengleich mittellebhaft auslösbar, Pyramidenbahnzeichen und pathologische Reflexe bestanden nicht. Störungen der Oberflächen- oder Tiefensensibilität zeigten sich nicht, das Lage- und Vibrationsempfinden war regelrecht. In der Koordinationsprüfung war der Gang unauffällig, der Einbeinstand möglich und der Strichgang sowie der Romberg- und Unterberg’sche Tretversuch sicher. Aphasische und apraktische Störungen bestanden nicht. Zum psychiatrischen Befund konnte der Senat feststellen, dass Dr. N. die Klägerin als wach, bewusstseinsklar und allseitig orientiert beschrieben hat. Kognitiv zeigten sich keine Aufmerksamkeits-, Konzentrations- oder Auffassungsstörungen. Der formale Gedankengang war geordnet, es bestanden keine inhaltlichen Denkstörungen und keine Wahn-, Wahrnehmungs- oder Ichstörungen. Affektiv kam es themenabhängig zu einer depressiven Stimmungsauslenkung mit vermehrter Weinerlichkeit und Affektlabilität und Hinweisen auf eine Selbstwertstörung. Zeichen einer hirnorganischen, Sucht-, Panik- oder Essstörung ergaben sich nicht, anamnestisch wurden Ängste angegeben, die Wohnung zu verlassen. Zusammenfassend beschreibt der Sachverständige für den Senat überzeugend das Bestehen einer auffälligen Schmerzfixierung sowie eine depressiv ängstliche Stimmungsauslenkung mit Affektlabilität und vermehrten Weinausbrüchen bei Thematisierung von Belastungen und sieht qualitative Leistungseinschränkungen dahingehend, dass Arbeiten unter Zeitdruck und Stressbelastungen wie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nacharbeiten sowie Arbeiten bei ständigem Publikumsverkehr und unter nervlicher Belastung nicht mehr verrichtet werden können. Für körperlich leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeit sieht der Sachverständige aufgrund fehlender Anzeichen für eine wesentliche Einschränkung der Durchhaltefähigkeit ebenso überzeugend keine zeitlichen Leistungseinschränkungen. Ergänzend weist er darauf hin, dass eine Besserung der Leistungsfähigkeit insofern erwartet werden kann, als die letzte stationäre Maßnahme 2013 auf orthopädischem Fachgebiet erfolgt sei, es aber einer Behandlung auf psychosomatischem Fachgebiet bedürfe. Letztlich hat der Sachverständige plausibel dargelegt, dass der Leistungseinschätzung der Hausärztin Dr. C. deshalb nicht gefolgt werden kann, da diese keine Befunde mitteilt, die eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens begründen können. Ebenso hat die psychologische Psychotherapeutin Dr. S. (sachverständige Zeugenauskunft vom 14.10.2016, Blatt 54/55 SG-Akte) nur die Beschwerdeangaben der Klägerin und Diagnosen referiert, jedoch keine Befunde mitgeteilt, die neue Anknüpfungstatsachen gegenüber dem Rentengutachten liefern würden, worauf Dr. N. (sozialmedizinische Stellungnahme vom 09.01.2017, Blatt 72 SG-Akte) überzeugend hingewiesen hat.
Das Bestehen einer Fibromyalgie hat die Klägerin sowohl gegenüber Dr. D. (Blatt 87 med.Teil VA) und Dr. N. (Blatt 104 SG-Akte) wie auch gegenüber Dr. L. (Blatt 59 med.Teil VA) angegeben, sodass sowohl den neurologisch-psychiatrischen sowie auch der chirurgischen Untersuchung die Diagnose zu Grunde lag, gleichwohl haben sich keine Funktionseinschränkungen ergeben, die dem entsprechenden Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entgegenstehen. Auf die Funktionseinschränkungen, nicht aber auf die Diagnose, kommt es indessen entscheidungserheblich an.
Die Einwände gegen das Sachverständigengutachten Dr. N. überzeugen nicht. Zum einen hat der Sachverständige zu Recht der Tochter die Anwesenheit bei der Untersuchung nicht gestattet, zum anderen hat er lediglich darauf verwiesen, dass 2013 eine orthopädisch ausgerichtete Rehabilitation durchgeführt wurde und die letzte stationäre Behandlung mit psychiatrischem Schwerpunkt im Jahr 2011 erfolgt ist, was nach Aktenlage zutrifft. Mit der Frage belastender Ereignisse hat sich bereits Dr. D. hinreichend und mit überzeugendem Ergebnis auseinandergesetzt.
Der Vortrag, dass sich die Klägerin bei Dr. S. in psychiatrischer Behandlung befindet (Schriftsatz vom 20.10.2017 und Berufungsbegründung) hat sich nicht bestätigt, vielmehr hat Dr. S. in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft vom 16.05.2018 nur zwei Behandlungstermine, nämlich am 23.05.2017 und 27.03.2018, mitteilen können, was bei einem Intervall der Arztbesuche von 10 Monaten mit einer Behandlung nicht gleichgesetzt werden kann, und sie hat keine Veränderung in der Erkrankungssituation beschrieben.
Einschränkungen der Wegefähigkeit konnte der Senat, gestützt auf das Sachverständigengutachten des Dr. N. , nicht feststellen. Gegenüber dem Sachverständigen hat die Klägerin selbst angegeben, in der Lage zu sein, kurze Strecken mit dem PKW zurückzulegen und ergänzend weist der Sachverständige darauf hin, dass sich den Angaben der Psychotherapeutin auch entnehmen lässt, dass Verhaltensmuster erlernt werden konnten, um die agrophobischen Ängste zu reduzieren, sodass er auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für zumutbar erachtet.
Eine schwere spezifische Leistungseinschränkung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen konnte der Senat nicht feststellen, sodass es der Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht bedurfte.
Nachdem die Klägerin somit sechs Stunden und mehr täglich leistungsfähig ist, kommt auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht in Betracht. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufungsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) scheidet schon aufgrund des Geburtsjahres der Klägerin aus.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die 1962 geborene Klägerin beantragte bei der Beklagten am 18.06.2015 (Blatt 57 VA) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte zog Befundunterlagen der behandelnden Ärzte bei, zu denen der Facharzt für Innere Medizin Dr. L. die sozialmedizinische Stellungnahme vom 22.09.2015 (Blatt 53 med.Teil VA) erstattete und ausführte, dass eine Tachykardie bestehe und sonst kein richtungsweisender signifikant pathologischer Befund. Die Blutdruckkontrolle habe 150/90 mmHg ergeben.
Weiterhin holte die Beklagte das ärztliche Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung der Fachärztin für Chirurgie Dr. L. vom 28.09.2015 (Blatt 57 med.Teil VA) ein, die zu der Einschätzung eines vollschichtigen Leistungsvermögens gelangte und darauf hinwies, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sinnvoll sein könnten.
Den Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.09.2015 (Blatt 3 RMG-VA) ab, da ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestehe.
Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 14.10.2015 (Blatt 7 RMG-VA) Widerspruch und machte geltend, dass sie sich außerstande sehe, eine berufliche Reha-Maßnahme zu absolvieren, da sie dauerhaft erwerbsgemindert sei. Es bestünden starke arthrotische Veränderungen in beiden Schultergelenken, daneben bestünden Bandscheibenvorfälle in der HWS in mehreren Segmenten. Sie leide unter Beschwerden der linken Hand und Beschwerden im Kniegelenk seit Jahrzehnten, die Beschwerden auf psychiatrischem Gebiet bestünden ununterbrochen seit mindestens 2009. Die sozialmedizinische Beurteilung vom 22.09.2015 sei derart ignorant, dass diese unbrauchbar sei. Die letzte Reha-Maßnahme 2013 habe die Situation verschlimmert, seit 27.07.2015 werde eine Psychotherapie durchgeführt. Ergänzend legte sie den Bescheid des Versorgungsamtes R. vom 18.08.2015 über die Feststellung eines GdB von 50 seit dem 30.06.2015 vor.
Die Beklagte holte das ärztliche Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung der Fachärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Laboratoriumsmedizin und Sozialmedizin Dr. D. vom 29.03.2016 (Blatt 85 med. Teil VA) ein, die ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr sah.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2016 (Blatt 35 RMG-VA) zurück.
Am 24.06.2016 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Das SG holte die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. C. vom 10.10.2016 (Orthopädie – Klägerin in der Praxis nicht bekannt, Blatt 50 SG-Akte), des Dr. G. vom 13.10.2016 (Neurologie und Psychiatrie – einmalige Vorstellung am 06.07.2015, Angabe von Angstzuständen, Blatt 51/53 SG-Akte), der Dr. S. vom 14.10.2016 (psychologische Psychotherapeutin – Diagnosen rezidivierende depressive Störung, Dysthymia, Agoraphobie, Blatt 54/55 SG-Akte), der Dr. K. vom 18.10.2016 (Innere Medizin - Ganzkörperschmerzen, Blatt 56/60 SG-Akte) und der Dr. K. vom 21.11.2016 (Orthopädie – letzte Vorstellung 02.07.2015, daher keine Beurteilung möglich, Blatt 62/69 SG-Akte) ein. Zu den sachverständigen Zeugenauskünften und vorgelegten Befundberichten legte die Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. N. vom 09.01.2017 (Blatt 72 SG-Akte) vor.
Weiterhin holte das SG die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. Schw. vom 02.03.2017 (Orthopädie – einmalige Vorstellung, Beantwortung der Beweisfragen nicht möglich, Blatt 86 SG-Akte) und der Dr. C. vom 13.04.2017 (Allgemeinmedizin – keine Vermittelbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, Blatt 88/94 SG-Akte) sowie das Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. N. vom 31.08.2017 (Blatt 101/136 SG-Akte) ein.
Die Klage wies das SG aufgrund mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 21.02.2018 ab und führte zur Begründung aus, dass die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht einschränke. Dr. N. habe überzeugend eine hinreichende Fähigkeit zur Strukturierung des Tagesablaufs beschrieben und während der Exploration keine das quantitative Leistungsvermögen beeinträchtigenden Störungen des Aufmerksamkeits- oder Auffassungsvermögens festgestellt. Die orthopädischen Beeinträchtigungen führten ebenfalls nur zu qualitativen Leistungseinschränkungen, wobei eine regelmäßige fachärztliche Behandlung nicht stattfinde.
Gegen das ihr am 27.02.2018 (Blatt 171a SG-Akte) zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.03.2018 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie macht geltend, dass sich das SG nicht auf das Gutachten des Dr. N. habe stützen dürfen, da diesem entgegengetreten worden sei. Sie leide seit Jahren an Migräne, wobei die Attacken unterschiedlich stark seien, einen strukturierten Tagesablauf habe sie nicht. Bereits vor Jahren sei die Diagnose einer Fibromyalgie gestellt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.02.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung seit Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die sachverständigen Zeugenauskünfte der Fachärztin für Psychiatrie Dr. S. vom 16.05.2018 (Blatt 21 Senatsakte) sowie des Orthopäden Dr. B. vom 15.05.2018 (Blatt 22/24 Senatsakte) eingeholt und mit Beschluss vom 31.08.2018 den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 27 und 28 der Senatsakte).
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht ihren Rechten. Die Klägerin kann die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht beanspruchen. Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich – bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche - ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Auf orthopädischem Fachgebiet entnimmt der Senat dem Reha-Entlassungsbericht der Rehaklinik S. vom 05.06.2013 eine Beweglichkeit des linken Schultergelenks für Ab-/Adduktion von 150-0-40°, Ante-/Retroflexion von 170-0-40°, Außen-/Innenrotation 40-0-80°, das Zeichen nach Schober lag bei 10/14 cm, der Finger-Boden-Abstand bei 10 cm, die Seitneigung der Wirbelsäule wird rechts/links mit 15-0-15° angegeben, die Rotation rechts/links mit 30-0-30°. Dr. L. beschreibt in ihrem Gutachten vom 21.09.2015 (Blatt 57 med.Teil VA) keinen wesentlichen Beckenschiefstand, keine wesentliche Seitverbiegung der Rumpfwirbelsäule, eine eher abgeflachte Lordose der LWS bei vermehrt aufgerichtetem Becken sowie die Angabe von Druck- und Klopfschmerzen über den Dornfortsätzen der unteren HWS bis in den Bereich der oberen BWS. Die Bewegungsprüfung der HWS ergab eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit in fast allen Ebenen, für die Rumpfwirbelsäule ergab die Untersuchung eine Beweglichkeit im unteren Normbereich mit leichten Einschränkungen für die thorakale und lumbale Entfaltung bei der Inklination sowie eine leicht eingeschränkte Seitneigung. Das Zeichen nach Ott wird mit 29/30/31 cm und das Zeichen nach Schober mit 9/10/13,5 cm bei einem Finger-Boden-Abstand von 6 cm angegeben. Im Bereich der Schultern war die Armhebung rechts nicht ganz bis zur Horizontalen möglich, links etwas höher. Es erfolgten diffuse Druckschmerzangaben im Bereich der Oberarme ohne Bezug zu bestimmten anatomischen Strukturen. An den Gelenken der oberen Extremitäten zeigten sich keine Rötungen, Schwellungen oder Deformierungen, die Greifformen konnten mit beiden Händen ohne Einschränkungen durchgeführt werden, bezüglich der Muskulatur waren keine Auffälligkeiten klinisch eruierbar. Im Bereich der unteren Gliedmaßen zeigte sich kein Druckschmerz bei Palpation der Hüftgelenke, die Beweglichkeit beider Hüften war frei und nicht schmerzhaft, die Kniegelenke waren äußerlich unauffällig. Die Bewegungsprüfung zeigte beidseits eine freie Beweglichkeit, hinsichtlich der angegebenen Schmerzen weist die Gutachterin darauf hin, dass die Klägerin die Kniegelenke spontan vollständig beugte, ohne, dass dies erforderlich gewesen wäre. Die Sprunggelenke waren ebenfalls unauffällig und frei beweglich, dass Gangbild wird zu ebener Erde als nicht behindert beschrieben.
Unter Berücksichtigung der erhobenen Befunde konnte der Senat feststellen, dass lediglich Gesundheitsstörungen vorliegen, die qualitative Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit begründen, wie diese im dem Gutachten Dr. L. beschrieben sind. Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen ergeben sich hieraus indessen, in Übereinstimmung mit Dr. L. , nicht. Im Übrigen lässt sich eine nachhaltige Behandlung der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet nicht erkennen. Der von der Klägerin benannte Dr. C. (sachverständige Zeugenauskunft vom 10.10.2016, Blatt 50 SG-Akte) hat mitgeteilt, die Klägerin nicht zu kennen, Dr. K. (sachverständige Zeugenauskunft vom 21.11.2016, Blatt 62/69), dass sich die Klägerin letztmals am 02.07.2015, und damit vor der Untersuchung Dr. L. , vorgestellt hat. Letztlich hat Dr. Schw. (sachverständige Zeugenauskunft vom 02.03.2017, Blatt 86 SG-Akte) die Klägerin nur einmalig untersucht.
Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens lässt sich schließlich aus den Befunden, die Dr. B. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 15.05.2018 (Blatt 22/24 Senatsakte) mitgeteilt hat, nicht begründen. Dieser hat eine Beweglichkeit der linken Schulter von 110-0-120° bei möglicher Innen-/Außenrotation von 90° bei intakter Motorik und Sensibilität beschrieben sowie den MRT-Befund vom 29.07.2015, der bereits Dr. L. vorlag, beigefügt. Unabhängig davon kommt es nicht entscheidungserheblich auf radiologische Befunde, sondern auf die Bewegungseinschränkungen an, die durch die klinischen Untersuchungen festzustellen sind, nicht aber durch radiologische Aufnahmen.
Im Übrigen lässt sich eine über sechs Monate andauernde rentenrechtlich relevante Minderung des Leistungsvermögens nicht dadurch belegen, dass die Klägerin fortlaufend weitere Ärzte als behandelnd angibt, bei denen sie sich, wenn überhaupt (vgl. Auskunft des Dr. C. , der angegeben hat, die Klägerin nicht zu kennen), nur sporadisch vorgestellt hat.
Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet entnimmt der Senat dem Gutachten der Dr. D. vom 21.03.2016 (Blatt 85 med. Teil VA) die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung sowie einer leichten depressiven Verstimmung. Dr. D. führt aus, dass die depressive Entwicklung keinen Ausprägungsgrad hat, der die ICD-10 Kriterien für eine leichte depressive Episode erfüllt. Die Sachverständige verneint die ICD-10 Kriterien für eine spezifische Angststörung und diejenigen für eine posttraumatische Belastungsstörung aufgrund des von der Klägerin berichteten sexuell grenzüberschreitenden Verhaltens des Vaters. Als auffällig wird beschrieben, dass sich die Klägerin in der Untersuchung als sehr defizitär und klagsam darstellte, was mit den belegten Kompetenzen auf kognitiver, emotionaler, sozialer und Körperverhaltensebene nicht vereinbar war. Die Klägerin konnte an der Untersuchung mit gutem Umstellungs-, Anpassungs- und Reaktionsvermögen aufmerksam und konzentriert mit ungestörtem Durchhaltevermögen mitwirken. Die von der Gutachterin benannten Einschränkungen dahingehend, dass keine Tätigkeiten in Nachtschicht und mit erhöhten Anforderungen an das Umstellungs-, Anpassungs- und Reaktionsvermögen möglich sind, wirken sich nur auf das qualitative, nicht aber auf das quantitative Leistungsvermögen aus. Nichts anderes folgt aus dem Sachverständigengutachten des Dr. N. , der ebenfalls nur qualitative Leistungseinschränkungen beschreibt und ergänzend darauf hinweist, dass eine stationäre Behandlung auf psychiatrischem Fachgebiet eine weitere Besserung erwarten lässt.
In der Untersuchung des Sachverständigen Dr. N. zeigte sich kein Kalottenklopfschmerz und kein Meningismus. Über den Dornfortsätzen der HWS bestand ein deutlicher Klopfschmerz, die BWS war unauffällig, die LWS ohne wesentliche Funktionsstörungen, das Zeichen nach Lasègue beidseits negativ, der Finger-Boden-Abstand wird mit 30 cm angegeben. Das Geruchs- und Geschmacksvermögen war ungestört, das Gesichtsfeld fingerperimetrisch unauffällig. Es zeigten sich keine Atrophien und keine Paresen bei unauffälligem Muskeltonus. Die Muskeleigenreflexe der oberen- und unteren Extremitäten waren seitengleich mittellebhaft auslösbar, Pyramidenbahnzeichen und pathologische Reflexe bestanden nicht. Störungen der Oberflächen- oder Tiefensensibilität zeigten sich nicht, das Lage- und Vibrationsempfinden war regelrecht. In der Koordinationsprüfung war der Gang unauffällig, der Einbeinstand möglich und der Strichgang sowie der Romberg- und Unterberg’sche Tretversuch sicher. Aphasische und apraktische Störungen bestanden nicht. Zum psychiatrischen Befund konnte der Senat feststellen, dass Dr. N. die Klägerin als wach, bewusstseinsklar und allseitig orientiert beschrieben hat. Kognitiv zeigten sich keine Aufmerksamkeits-, Konzentrations- oder Auffassungsstörungen. Der formale Gedankengang war geordnet, es bestanden keine inhaltlichen Denkstörungen und keine Wahn-, Wahrnehmungs- oder Ichstörungen. Affektiv kam es themenabhängig zu einer depressiven Stimmungsauslenkung mit vermehrter Weinerlichkeit und Affektlabilität und Hinweisen auf eine Selbstwertstörung. Zeichen einer hirnorganischen, Sucht-, Panik- oder Essstörung ergaben sich nicht, anamnestisch wurden Ängste angegeben, die Wohnung zu verlassen. Zusammenfassend beschreibt der Sachverständige für den Senat überzeugend das Bestehen einer auffälligen Schmerzfixierung sowie eine depressiv ängstliche Stimmungsauslenkung mit Affektlabilität und vermehrten Weinausbrüchen bei Thematisierung von Belastungen und sieht qualitative Leistungseinschränkungen dahingehend, dass Arbeiten unter Zeitdruck und Stressbelastungen wie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nacharbeiten sowie Arbeiten bei ständigem Publikumsverkehr und unter nervlicher Belastung nicht mehr verrichtet werden können. Für körperlich leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeit sieht der Sachverständige aufgrund fehlender Anzeichen für eine wesentliche Einschränkung der Durchhaltefähigkeit ebenso überzeugend keine zeitlichen Leistungseinschränkungen. Ergänzend weist er darauf hin, dass eine Besserung der Leistungsfähigkeit insofern erwartet werden kann, als die letzte stationäre Maßnahme 2013 auf orthopädischem Fachgebiet erfolgt sei, es aber einer Behandlung auf psychosomatischem Fachgebiet bedürfe. Letztlich hat der Sachverständige plausibel dargelegt, dass der Leistungseinschätzung der Hausärztin Dr. C. deshalb nicht gefolgt werden kann, da diese keine Befunde mitteilt, die eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens begründen können. Ebenso hat die psychologische Psychotherapeutin Dr. S. (sachverständige Zeugenauskunft vom 14.10.2016, Blatt 54/55 SG-Akte) nur die Beschwerdeangaben der Klägerin und Diagnosen referiert, jedoch keine Befunde mitgeteilt, die neue Anknüpfungstatsachen gegenüber dem Rentengutachten liefern würden, worauf Dr. N. (sozialmedizinische Stellungnahme vom 09.01.2017, Blatt 72 SG-Akte) überzeugend hingewiesen hat.
Das Bestehen einer Fibromyalgie hat die Klägerin sowohl gegenüber Dr. D. (Blatt 87 med.Teil VA) und Dr. N. (Blatt 104 SG-Akte) wie auch gegenüber Dr. L. (Blatt 59 med.Teil VA) angegeben, sodass sowohl den neurologisch-psychiatrischen sowie auch der chirurgischen Untersuchung die Diagnose zu Grunde lag, gleichwohl haben sich keine Funktionseinschränkungen ergeben, die dem entsprechenden Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entgegenstehen. Auf die Funktionseinschränkungen, nicht aber auf die Diagnose, kommt es indessen entscheidungserheblich an.
Die Einwände gegen das Sachverständigengutachten Dr. N. überzeugen nicht. Zum einen hat der Sachverständige zu Recht der Tochter die Anwesenheit bei der Untersuchung nicht gestattet, zum anderen hat er lediglich darauf verwiesen, dass 2013 eine orthopädisch ausgerichtete Rehabilitation durchgeführt wurde und die letzte stationäre Behandlung mit psychiatrischem Schwerpunkt im Jahr 2011 erfolgt ist, was nach Aktenlage zutrifft. Mit der Frage belastender Ereignisse hat sich bereits Dr. D. hinreichend und mit überzeugendem Ergebnis auseinandergesetzt.
Der Vortrag, dass sich die Klägerin bei Dr. S. in psychiatrischer Behandlung befindet (Schriftsatz vom 20.10.2017 und Berufungsbegründung) hat sich nicht bestätigt, vielmehr hat Dr. S. in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft vom 16.05.2018 nur zwei Behandlungstermine, nämlich am 23.05.2017 und 27.03.2018, mitteilen können, was bei einem Intervall der Arztbesuche von 10 Monaten mit einer Behandlung nicht gleichgesetzt werden kann, und sie hat keine Veränderung in der Erkrankungssituation beschrieben.
Einschränkungen der Wegefähigkeit konnte der Senat, gestützt auf das Sachverständigengutachten des Dr. N. , nicht feststellen. Gegenüber dem Sachverständigen hat die Klägerin selbst angegeben, in der Lage zu sein, kurze Strecken mit dem PKW zurückzulegen und ergänzend weist der Sachverständige darauf hin, dass sich den Angaben der Psychotherapeutin auch entnehmen lässt, dass Verhaltensmuster erlernt werden konnten, um die agrophobischen Ängste zu reduzieren, sodass er auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für zumutbar erachtet.
Eine schwere spezifische Leistungseinschränkung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen konnte der Senat nicht feststellen, sodass es der Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht bedurfte.
Nachdem die Klägerin somit sechs Stunden und mehr täglich leistungsfähig ist, kommt auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht in Betracht. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufungsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) scheidet schon aufgrund des Geburtsjahres der Klägerin aus.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
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