L 8 R 2171/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 4066/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 2171/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
für Recht erkannt: Tenor: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 17.05.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höhere Erwerbsminderungsrente ab einem früheren Zeitpunkt.

Der 1962 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich rentenversichert. Die Beklagte führte ein Kontenklärungsverfahren durch und stellte mit Bescheid vom 16.11.2005 gemäß § 149 Absatz 5 SGB VI die Zeiten bis 31.12.1998 verbindlich fest.

Mit Schreiben vom 15.11.2011 leitete die Beklagte ein weiteres Kontenklärungsverfahren ein und übersandte dem Kläger einen Versicherungsverlauf, in dem die Zeit vom 11.04.1979 bis 25.07.1979 als Zeit der Fachschulausbildung vermerkt war und die Zeit ab 01.08.1979 als Pflichtbeitragszeit für berufliche Ausbildung. Hierzu machte der Kläger geltend, dass das Berufsvorbereitungsjahr und die Berufsschulzeit von 1978 bis 1979 nicht berücksichtigt seien.

Die Beklagte wies mit Schreiben vom 01.12.2011 darauf hin, dass Ausbildungszeiten nur ab der Vollendung des 17. Lebensjahres berücksichtigt werden könnten, dem Schreiben wurde ein Duplikat des Bescheides vom 16.11.2005 beigefügt. Mit Bescheid vom 15.12.2011 wurden die Zeiten bis 31.12.2004, soweit sie nicht früher festgestellt wurden, gemäß § 149 Absatz 5 SGB VI festgestellt.

Hinsichtlich des als Duplikat übersandten Bescheides erhob der Kläger am 06.12.2011 Widerspruch und machte geltend, dass es nicht sein könne, dass die Post sechs Jahre unterwegs sei, den Bescheid vom 16.11.2005 habe er nie erhalten.

Am 07.11.2013 (Blatt 5 VA) beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Mit Bescheid vom 18.03.2014 (Blatt 24 VA) stellte die Beklagte gemäß § 149 Absatz 5 SGB VI die Zeiten bis 31.12.2007 verbindlich fest und führte ergänzend aus, dass die Zeiten des Berufsvorbereitungsjahres, der einjährigen Berufsfachschule, der Beschäftigung bei der Firma B. und der Arbeitslosigkeit bereits im Versicherungskonto enthalten seien. Die nunmehr vorgelegten Unterlagen würden daher keinen neuen Sachverhalt erbringen.

Am 17.04.2014 (Blatt 32 VA) beantragte der Kläger die Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Mit Bescheid vom 07.05.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab. Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 16.05.2014 Widerspruch.

Am 03.06.2014 (Blatt 31 VA) erhob der Kläger Widerspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Hierzu führte die Beklagte mit Schreiben vom 27.08.2014 (Blatt 32 VA) aus, dass über den Widerspruch bezüglich der Rente wegen Erwerbsminderung demnächst entschieden werde. Bezüglich der Zeit vom 21.08.1977 bis 01.07.1978 und vom 01.08.1978 bis 25.07.1979 sei die Angelegenheit nochmals geprüft worden. Gemäß § 58 Absatz 1 Nr. 4 SGB VI könnten berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen nur als Anrechnungszeit vorgemerkt werden, wenn sie nach Vollendung des 17. Lebensjahres und damit nach dem 10.04.1979 liegen würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.05.2014 zurück.

Am 03.11.2014 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Heilbronn (S 13 R 3734/14) und begehrte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. In dem Verfahren wurde in der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2017 folgender Vergleich geschlossen:

1. Die Beklagte gewährt dem Kläger die Durchführung einer stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation auf dem Fachgebiet der Orthopädie. 2. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. 3. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Maßnahme wurde in der Zeit vom 01.06.2017 bis 22.06.2017 durchgeführt. Mit Schreiben vom 11.07.2017 teilte die Beklagte mit, dass die Maßnahmen nicht die erhofften Verbesserungen erbracht hätten, die Leistungsfähigkeit sei erheblich gemindert. Ob eine Rente wegen Erwerbsminderung gezahlt werden könne, müsse in einem Rentenverfahren geprüft werden, sodass um Stellung eines formellen Rentenantrages gebeten werde.

Dem am 18.07.2017 (Blatt 45 VA) gestellten Antrag auf Versichertenrente legte der Kläger unter anderem einen Versicherungsverlauf vom 07.08.2006 bei, wonach die Zeit vom 21.08.1977 bis 10.04.1978 sowie vom 11.04.1978 bis 01.07.1978 als Zeiten der Schulausbildung vorgemerkt worden seien und die Zeit vom 01.08.1979 bis 10.04.1979 als Zeit der Fachschulausbildung.

Mit Bescheid vom 11.08.2017 gewährte die Beklagte Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.07.2017 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (31.12.2028) und stellte einen monatlichen Zahlungsanspruch von 1.050,65 EUR brutto und 934,03 EUR netto fest.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 21.08.2017 Widerspruch und machte geltend, dass Zeiten, die im Versicherungsverlauf vom 07.08.2006 noch enthalten gewesen seien, fehlen würden.

Mit Schreiben vom 25.08.2017 teilte die Beklagte mit, dass Schulzeiten aufgrund einer Rechtsänderung erst ab dem 17. Lebensjahr berücksichtigt werden könnten. Ein Bescheid über die Aufhebung der Zeit vom 21.08.1977 bis 10.04.1979 sei am 15.12.2011 erstellt und an den Kläger verschickt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2017 wies die Beklagte den Widerspruch vom 06.12.2011 gegen den Bescheid vom 16.11.2005, den Widerspruch vom 03.06.2014 gegen den Bescheid vom 22.05.2014 und den Widerspruch vom 21.08.2017 gegen den Bescheid vom 11.08.2017 zurück und führte zur Begründung aus, dass mit dem Bescheid vom 16.11.2005 mitgeteilt worden sei, dass Zeiten schulischer Ausbildung nur ab Vollendung des 17. Lebensjahres berücksichtigt werden könnten. Ein fristgerecht erhobener Widerspruch gegen diesen Bescheid bzw. ein Antrag auf Nachzahlung freiwilliger Beiträge sei nicht aktenkundig, erst mit Schreiben vom 06.12.2011 sei Widerspruch mit der Begründung eingelegt worden, dass der Kläger den Bescheid nicht erhalten habe. Der Kläger habe den im Rahmen einer Renteninformationsmitteilung erstellten Versicherungsverlauf vom 07.08.2006 erhalten, in diesem seien die Zeiten der Schulausbildung vorgemerkt. Mit Bescheid vom 15.12.2011 seien die im Versicherungsverlauf gespeicherten Daten bis 31.12.2004 verbindlich festgestellt worden, die Vormerkung für die vor dem 17. Lebensjahr liegenden Zeiten der Schulausbildung vom 21.08.1977 bis 10.04.1979 sei abgelehnt worden, da aufgrund einer Rechtsänderung die Voraussetzungen hierfür nicht mehr vorliegen würden. Der bisherige Bescheid sei insoweit mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben worden. Ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.12.2011 sei nicht aktenkundig. Im Rentenantrag vom 17.10.2013 sei erneut die Anerkennung der Ausbildungszeiten beansprucht worden. Mit Bescheid vom 18.03.2014 seien die Daten bis 31.12.2007 verbindlich festgestellt worden. Mit Bescheid vom 22.05.2014 sei der Antrag auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen abgelehnt worden, zwischenzeitlich sei ab 11.08.2017 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt worden. Der Rente würden Zeiten ab dem 11.04.1979 zu Grunde liegen. Maßgebend für die Anrechnung von Zeiten der Schulausbildung sei gemäß § 300 Absatz 1 SGB VI das Recht, das zum Zeitpunkt des Rentenbeginns maßgebend sei, die Rente wegen voller Erwerbsminderung beginne am 01.07.2017. Der Kläger habe am 10.04.1979 das 17. Lebensjahr vollendet, sodass eine Anrechnung von Zeiten erst ab dem 11.04.1979 in Betracht komme. Mittels Feststellungsbescheid nach § 149 Absatz 1 SGB VI würden Sozialdaten vorgemerkt, abgelehnt oder aufgrund von Rechtsänderungen korrigiert. Der Feststellungsbescheid enthalte keine bindenden Feststellungen über die Anrechnung und Bewertung der Sozialdaten, da hierüber erst im Leistungsfall entschieden werde (§ 149 Absatz 5 Satz 3 SGB VI).

Am 14.12.2017 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) und machte geltend, dass die Zeiten der Schulausbildung vor dem 17. Lebensjahr nicht im Versicherungsverlauf berücksichtigt seien und dort auch nicht vermerkt sei, dass er einen Grad der Behinderung von 70 habe und das Merkzeichen G festgestellt sei.

Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 17.05.2018 beantragte der Kläger,

den Bescheid der Beklagten vom 11.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2017 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger höhere Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung der Zeiten der Schulausbildung vor dem 17. Lebensjahr zu gewähren.

Mit Urteil vom 17.05.2018 wies das SG die Klage ab, da der Kläger keine höhere Rente unter Berücksichtigung der Fachschulausbildung für Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres beanspruchen könne. Zur Begründung führte es aus, dass im Bescheid vom 07.08.2006 keine Entscheidung über die Anrechnung und Bewertung von Zeiten der Schulausbildung vor dem 17. Lebensjahr getroffen worden sei, eine solche sei von Gesetzes wegen ausdrücklich ausgeschlossen. Die Vormerkung sei im Übrigen mit Bescheid vom 15.12.2011, der dem Kläger jedenfalls im Widerspruchsverfahren bekannt gegeben worden sei, aufgehoben worden. Zu dieser Aufhebung sei die Beklagte gemäß § 149 Absatz 5 Satz 2 SGB VI berechtigt gewesen. Um den entstehenden Verwaltungsaufwand gering zu halten, dürfe die Änderung noch im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgen. Diesem Erfordernis werde selbst dann noch genüge getan, wenn die Regelung während eines laufenden Widerspruchsverfahrens gegen den Rentenbescheid oder im Widerspruchsbescheid selbst geschehe bzw. in einem gesonderten Bescheid getroffen werde. Die Aufhebung der Vormerkung der Schulausbildungszeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres bzw. deren fehlende Berücksichtigung bei der Berechnung der Rentenhöhe sei auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 58 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI seien Zeiten des Besuchs einer Schule, Fachschule oder Hochschule oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme erst für Zeiten nach dem vollendeten 17. Lebensjahr als Anrechnungszeiten zu berücksichtigen. Die Regelung erweise sich als verfassungsgemäß (Verweis auf BSG, Urteil vom 13.11.2008 – B 13 R 43/07 R).

Gegen das ihm am 25.05.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.06.2018 Berufung zum Landessozialgericht Baden- Württemberg eingelegt und geltend gemacht, dass die Lehrzeiten bzw. die Zeiten der Schulausbildung nicht angerechnet worden seien, die Schwerbehinderung zu 70% und das Merkzeichen G nicht berücksichtigt worden seien und er den Antrag auf Rente bereits im Jahr 2013 gestellt habe und nicht erst 2017.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 11.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2017 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm höhere Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung der Zeiten der Schulausbildung vor dem 17. Lebensjahr seines Grades der Behinderung von 70 sowie des Merkzeichens "G" und bereits aufgrund des Rentenantrages vom 07.11.2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Mit Beschluss vom 06.09.2018 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Senat entscheiden können, denn der ordnungsgemäß geladene Kläger war in der Terminsladung des Vorsitzenden vom 06.09.2018 auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 S. 2 SGG).

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG nur teilweise zulässig und im zulässigen Umfang unbegründet.

Unzulässig ist die Berufung, soweit der Kläger die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ab einem früheren Zeitpunkt begehrt. In der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 17.05.2018 vor dem SG ist der Klageantrag ordnungsgemäß (vorgelesen und genehmigt – v.u.g. –) mit Beweiskraft (§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 165 ZPO) protokolliert werden. Danach hatte der Kläger allein die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung höherer Erwerbsminderungsrente beantragt. Der Senat konnte daher feststellen, dass der Kläger den Bescheid vom 11.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 nur hinsichtlich des monatlichen Zahlbetrages der Rente angegriffen hat und auch nur hierüber hat das SG entschieden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) enthalten Rentenbescheide vier Verfügungssätze nämlich die Zuerkennung des Rechts auf Rente, die Festsetzung des Rentenbeginns, die Dauer der Gewährung und die Rentenhöhe (vgl. BSG, Vorlagebeschluss vom 30.03.2004 - B 4 RA 24/02 R, juris RdNr. 21; BSG, Urteil vom 09.04.2002 – B 4 RA 58/01 R, juris RdNr. 13), die einer getrennten Überprüfung zugänglich sind.

Der Kläger hat sich sowohl im Widerspruchsverfahren, wie auch im Klageverfahren, nur gegen die Nichtberücksichtigung von Zeiten gewandt und damit sinngemäß die Rentenhöhe angegriffen. Dementsprechend hat der Kläger beim SG die Abänderung der Bescheide und die Gewährung einer höheren Rente beantragt. Der Zeitpunkt des Rentenbeginns ist weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren thematisiert worden, sodass der Rentenbescheid insoweit bestandskräftig geworden ist. Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren im Wege der Klageerweiterung einen früheren Rentenbeginn im Jahr 2013 beansprucht, ist die Berufung unzulässig.

Im Übrigen dürfte die Berufung hinsichtlich des Rentenbeginns 2013 unbegründet sein, da über den Rentenantrag aus 2013 mit Bescheid vom 07.05.2014 und Widerspruchsbescheid vom 15.10.2014 entschieden und das hiergegen gerichtete Klageverfahren S 13 R 3734/14 im Termin zur mündlichen Verhandlung für erledigt erklärt wurde, sodass die Rentenablehnung bestandskräftig geworden ist, mithin also kein offener Antrag vorliegt. Dementsprechend kommt es nicht darauf an, dass die Ermittlungen aus dem Klageverfahren nicht für einen Leistungsfall 2013 sprechen.

Aus dem vor dem SG am 04.04.2017 geschlossenen Vergleich ergibt sich nichts anderes, da diesem Vergleich keine Regelung zu einer Fortgeltung des Rentenantrages zu entnehmen ist, sondern vielmehr nur die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitation geregelt und das Verfahren für erledigt erklärt wird. Insbesondere hat sich die Beklagte in dem Vergleich nicht verpflichtet, über den ursprünglichen Rentenantrag nach Abschluss der Reha-Maßnahme erneut zu entscheiden.

Nachdem der Rentenbeginn somit nicht Streitgegenstand des Verfahrens ist, hatte der Senat nicht zu prüfen, ob die Beklagte den Leistungsfall und den Rentenbeginn im Jahr 2017 zutreffend bestimmt und die Rente zu Recht erst ab dem 01.07.2017 gewährt hat.

Hinsichtlich der Rentenhöhe ist die Berufung zwar zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.

Soweit der Kläger die Nichtberücksichtigung seines Grades der Behinderung sowie die Zuerkennung des Merkzeichens rügt, kommt es hierauf nicht an, da weder der Grad der Behinderung, noch das zuerkannte Merkzeichen, relevante Anknüpfungspunkte für die Gewährung bzw. die Berechnung der Erwerbsminderungsrente sind. Auf den festgestellten Grad der Behinderung kann es lediglich für die Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236a SGB VI) ankommen, die der 1962 geborene Kläger, aufgrund der Anpassung der Altersgrenzen, jedoch frühestens mit 61 Jahren und 8 Monaten vorzeitig in Anspruch nehmen kann (§ 236a Absatz 2 Satz 2 SGB VI), sofern die Schwerbehinderung zu diesem Zeitpunkt noch besteht und die sonstigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Dementsprechend hat die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit Bescheid vom 22.05.2014 zutreffend abgelehnt, nachdem der Kläger die Altersgrenze bei weitem nicht erreicht.

Letztlich ist die Nichtberücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Zeiten nicht zu beanstanden. § 58 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI bestimmt nämlich, dass Anrechnungszeiten Zeiten sind, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren. Nachdem der Kläger am 10.04.1962 geboren ist, hat dieser mit Ablauf des 10.04.1979 das 17. Lebensjahr vollendet, sodass Ausbildungszeiten ab dem 11.04.1979 als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden können, wie sie die Beklagte der Berechnung zu Grunde gelegt hat.

Entgegen der Auffassung des Klägers folgt keine andere Beurteilung daraus, dass die Zeiten vom 21.08.1977 bis 10.04.1978 und vom 11.04.1978 bis 01.07.1978 als "Schulausbildung vorgemerkt" bzw. vom 01.08.1978 bis 10.04.1979 als "Fachschulausbildung vorgemerkt" in früheren Versicherungsverläufen enthalten sind. Selbst der von dem Kläger mehrfach vorgelegte Versicherungsverlauf vom 07.08.2006 (Blatt 54 VA) enthält den ausdrücklichen Hinweis, dass die als "vorgemerkt" gekennzeichneten Zeiten nach derzeitiger Rechtslage nicht als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden können. Dementsprechend weist der Versicherungsverlauf für die Zeiten vor dem 17. Lebensjahr keine anzurechnenden Zeiten aus, während sich für die Zeit vom 11.04.1979 bis 25.07.1979 der Eintrag "4 Mon." findet, die nach dem 17. Lebensjahr liegende Zeit somit Berücksichtigung gefunden hat. Zwar umfasst die Vormerkung der Daten die Feststellung, dass ein bestimmter Tatbestand für die jeweiligen Bezugsmuster verbindlich vorliegt, mit der Folge, dass diese im Leistungsfall grundsätzlich zu berücksichtigen sind (Polster in: KassKomm, SGB VI, § 149 RdNr. 15), jedoch kann dem Versicherungsverlauf gerade keine Feststellung dahingehend entnommen werden, dass hinsichtlich der Zeiten vor dem 17. Lebensjahr ein rentenrechtlich relevanter Sachverhalt vorliegt.

Nach § 149 Absatz 5 Satz 2 SGB VI ist darüber hinaus bei Änderungen der dem Feststellungsbescheid zugrundeliegenden Vorschriften der Feststellungsbescheid durch einen neuen Feststellungsbescheid oder im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben, wobei die §§ 24, 48 des Zehnten Buches nicht anzuwenden sind. Eine solche Rechtsänderung liegt hinsichtlich der Ausbildungszeiten vor dem 17. Lebensjahr hier vor, sodass die Beklagte zu einer Änderung der Feststellungsbescheide berechtigt gewesen ist.

Der Senat konnte feststellen, dass die Beklagte bereits im Bescheid vom 16.11.2005 dargelegt hat, dass erst im Leistungsfall zu entscheiden ist, in welchem Umfang die Zeiten einer schulischen Ausbildung als Anrechnungszeiten anerkannt werden, wobei grundsätzlich Ausbildungszeiten nur ab Vollendung des 17. Lebensjahres berücksichtigt werden können. Bereits hieraus lässt sich ersehen, dass die Beklagte den Zeiten keine rentenrechtliche Relevanz mehr beigemessen hat, was aus dem Versicherungsverlauf, ebenso wie aus dem Versicherungsverlauf von 2006, dadurch deutlich wird, dass für die Zeiten vor dem 11.04.1979 keine zu berücksichtigenden Monate vermerkt sind. Die somit erfolgten Hinweise im Rahmen der regelmäßigen Unterrichtung über die in dem Versicherungskonto gespeicherten Daten (Polster, aaO., RdNr. 16) dürfte sich bereits als ausreichend erweisen, um die Ausbildungszeiten vor dem 17. Lebensjahr bei der Rentenberechnung nicht berücksichtigen zu müssen.

Unabhängig davon hat die Beklagte jedenfalls mit Bescheid vom 15.12.2011 die Vormerkung der Zeiten vom 21.08.1977 bis 10.04.1979 gemäß § 149 Absatz 5 SGB VI ausdrücklich aufgehoben, wobei der Senat feststellen konnte, dass dieser Bescheid, wie auch das SG ausgeführt hat, jedenfalls im Widerspruchsverfahren bekanntgegeben worden ist.

Darauf, dass sich die Vormerkungsbescheide im Übrigen durch den Rentenbescheid erledigt haben dürften, kommt es nicht entscheidungserheblich an.

Die Beklagte hat § 58 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 SGB zutreffend angewandt, verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschriften bestehen nicht. Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz des Artikel 14 GG für Rentenanwartschaften schließt deren Umgestaltung durch eine Änderung des Rentenversicherungsrechts nicht schlechthin aus. Insbesondere lässt die Eigentumsgarantie eine Anpassung an veränderte Bedingungen und im Zuge einer solchen Umgestaltung auch eine wertmäßige Verminderung von Anwartschaften zu. Eine Unabänderlichkeit der bei ihrer Begründung bestehenden Bedingungen widerspricht dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern im Wesentlichen auch auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht. Eingriffe in rentenrechtliche Anwartschaften müssen einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sein. Dabei verengt sich die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in dem Maße, in dem Rentenanwartschaften durch den personalen Anteil eigener Leistungen der Versicherten geprägt sind. Die eigene Leistung findet dabei vor allen in einkommensbezogenen Beitragszahlungen Ausdruck. Sie rechtfertigt es, dass der durch sie begründeten rechtenrechtlichen Rechtsposition ein höherer Schutz gegen staatliche Eingriffe zuerkannt wird als einer Anwartschaft, soweit sie nicht auf Beitragsleistungen beruht. Knüpft der Gesetzgeber an ein bereits bestehendes Versicherungsverhältnis an und verändert er die in dessen Rahmen begründete Anwartschaft zum Nachteil des Versicherten, so ist darüber hinaus ein solcher Eingriff am rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu messen, der für die vermögenswerten Güter und damit auch für die rentenrechtliche Anwartschaft in Artikel 14 GG eine eigene Ausprägung erfahren hat. Vor diesem Hintergrund dient auch die Verschiebung des Beginns der Anrechnungszeit auf die Vollendung des 17. Lebensjahres einem Gemeinwohlzweck und ist verhältnismäßig (BSG, Urteil vom 13.11.2008 – B 13 R 43/07 R, juris RdNr. 19 ff.).

Nachdem der Kläger eine höhere Rente wegen Erwerbsminderung somit nicht beanspruchen kann, konnte die Berufung keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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