Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 27 SB 3020/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2846/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.06.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Neu-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; mindestens 50 statt 40) seit 26.01.2016 zusteht.
Bei dem 1964 geborenen Kläger, türkischer Staatsangehöriger, stellte das Landratsamt R. (LRA) mit Bescheid vom 20.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten, Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – vom 29.08.2011 den GdB seit 12.10.2010 mit 40 fest (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose (GdB 20); Schwerhörigkeit (GdB 30); zur versorgungsärztlichen Stellungnahme vgl. Blatt 35/36 der Beklagtenakte).
Am 26.01.2016 beantragte der Kläger beim LRA erneut die höhere (Neu-)Feststellung des GdB. Zu diesem Antrag verwies der Kläger auf Arthrose und Armbeschwerden.
Das LRA zog vom Facharzt für Orthopädie Dr. J. eine Befundbeschreibung bei, in der eine Ellbogengelenksarthrose rechts dargestellt ist.
Die Versorgungsärztin Dr. F. schätzte in ihrer Stellungnahme vom 09.03.2016 den GdB auf 40 (zugrundliegende Funktionsbehinderungen: Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (GdB 30), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose (GdB 20), Funktionsbehinderung des rechten Ellenbogengelenks (GdB 10)).
Das LRA lehnte mit Bescheid vom 14.03.2016 die höhere (Neu-)Feststellung des GdB ab.
Mit seinem Widerspruch vom 17.03.2016 machte der Kläger geltend, der GdB sei zu niedrig. Er legte die Arztbriefe - des Facharztes für Orthopädie Dr. T. vom 15.06.2015, - des Facharztes für Chirurgie S. vom 07.05.2015, - des Dr. J. vom 20.04.2015, - der chirurgischen Abteilung des F. Krankenhauses L. vom 16.09.2014, - des Facharztes für Radiologie Dr. B. vom 02.07.2014 über eine Kernspintomografie (MRT) der HWS, - des Facharztes für Allgemeinmedizin T.-B. vom 06.02.2014, - der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten des Klinikums S. vom 04.06.2012, - des Facharztes für Neurologie Dr. B. vom 22.03.2012, - des Facharztes für Radiologie Dr. T. vom 17.02.2011, - des Facharztes für Neurochirurgie G. vom 18.08.2010 sowie - ein ärztliches Attest des Dr. B. vom 10.08.2010 und - den Zwischenbericht der BG für Transport und Verkehrswirtschaft BV M. vom 26.05.2014 vor.
Der Versorgungsarzt Dr. S. schätzte den GdB weiterhin auf 40 (Stellungnahme vom 12.04.2016); er führte aus, die Hochtonschwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen sei geringgradig und an der oberen Grenze des Ermessensspielraumes bewertet worden.
Der Beklagte wies den Widerspruch durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt - zurück (Widerspruchsbescheid vom 04.05.2016).
Hiergegen hat der Kläger am 27.05.2016 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart Klage erhoben und u.a. nochmals die im Widerspruchsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen sowie zusätzlich den Arztbrief von Dr. B. vom 17.12.2009 vorgelegt.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen und Bei Dr. T.-B. die krankenunterlagen beigezogen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 49/50, 51, 53/55, 56/57, 58/62 und 65/69 der SG-Akte Bezug genommen. Der Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. J. dem SG am 31.08.2016 geschrieben, der Kläger sei letztmals am 09.09.2015 in Behandlung gewesen, die Beweglichkeit des rechten Ellbogengelenks sei nur marginal eingeschränkt gewesen, allerdings habe sich ein Belastungsschmerz über dem lateralen Anteil gezeigt sowie auch eine Schmerzangabe bei Kraftentfaltung. Im Bereich der HWS habe sich eine beginnende Degeneration bei Rotationsmöglichkeit von 70-0-75ogezeigt ohne Hinweise auf eine radikuläre Störung. Der Facharzt für Neurologie Dr. B. hat mitgeteilt (Schreiben vom 01.09.2016), dass der Kläger zuletzt am 12.02.2013 in Behandlung gewesen sei. Der Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. R. im Schreiben vom 19.09.2016 angegeben, der Kläger sei seit Juli 2012 nicht mehr in Behandlung gewesen. Es habe eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit und ein gering bis mittelgradiger Tinnitus beidseits ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen vorgelegen. Er teile die Einschätzung des Versorgungsarztes. Dr. T. , Facharzt für Orthopädie, Facharzt für Unfallchirurgie, hat mit undatiertem Schreiben mitgeteilt, der Kläger sei zuletzt am 21.05.2015 in Behandlung gewesen. Es bestehe ein mittelgradiger Wirbelsäulenschaden in der LWS sowie ein schwerer Wirbelsäulenschaden in der HWS, die Beeinträchtigungen des Ellenbogens seien geringgradig.
Der Versorgungsarzt Dr. W. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.01.2017 darauf hingewiesen, dass in der Auskunft von Dr. J. seitens der HWS deutlich bessere Bewegungsmaße angegeben worden seien, sodass die Angaben von Dr. T. damit nicht ausreichten, um den GdB für die Wirbelsäule zu erhöhen.
Auf erneute Befragung hin hat Dr. S. mit Schreiben vom 25.01.2017 mitgeteilt, seit Januar 2016 keine neuen Befunde erhoben zu haben. Er teile die Einschätzung des Versorgungsarztes. Die Einschränkungen des Ellenbogens seien geringgradig, bezüglich der Epicondylitis sollte eine Verbesserung herbeigeführt werden können. Die HWS sei relativ unauffällig gewesen bei Protrusion C6/7.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 30.06.2017 die Klage abgewiesen.
Gegen den ihm am 04.07.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.07.2017 beim SG Berufung eingelegt (Eingang beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 20.07.2017). Die Aussagen stimmten nicht, er wolle zu seinem Recht kommen. Er habe kein Geld um nach Stuttgart zu fahren und Unterlagen vorzulegen (Blatt 19 der Senatsakte), man solle die Akte des Jobcenters beiziehen, es laufe auch ein Verfahren beim BSG.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.06.2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.05.2016 zu verurteilen, bei ihm seit 26.01.2016 einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Nach Anhörung der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 17.04.2018 die Berufung den Berichterstatter übertragen.
In der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2018 hat der Kläger eine Tüte mit Unterlagen übergeben. Der Senat hat beschlossen, den Kläger bei Dr. H. , Chefarzt am Klinikum W. (ZfP W. ), neurologich-psychiatrisch begutachten zu lassen. Der Kläger hat – trotz Aufforderung zur Mitwirkung und Hinweisen auf die Folgen fehlender Mitwirkung - an der Begutachtung nicht teilgenommen, weshalb der Senat den Gutachtensauftrag aufgehoben hat. Am 13.08.2018 hat der Kläger seine Unterlagen wieder abgeholt.
In der mündlichen Verhandlung vom 08.10.2018 hat der Kläger u.a. angegeben, er wolle weiterarbeiten und die Gerichte manipulierten, auch Landesgerichte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht erfolgreich.
Über die Berufung konnte der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, nachdem das SG mit Gerichtsbescheid vom 30.06.2017 entschieden hatte und die Berufung dem Berichterstatter durch Beschluss des Senates nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen worden war. Der Senat hat keine Gründe feststellen können, die eine Entscheidung durch den ganzen Senat erforderlich machen, solche waren auch nicht in der Anhörung von den Beteiligten mitgeteilt worden. Auch in den mündlichen Verhandlungen haben die Beteiligten keine Anhaltspunkte dafür mitgeteilt, die eine Rückübertragung auf den Senat und eine Entscheidung durch diesen Senat erforderlich machten.
Soweit der Kläger vorträgt, der Senat habe ihm überlassene Unterlagen verloren, bedeutet dies nicht, dass der Senat nicht zur Entscheidung berufen wäre. Der Kläger hatte in der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2018 eine Tüte voller Unterlagen übergeben, von denen der Bericht des ZfP W. vom 06.12.2017 in Kopie zur Akte genommen wurde. Sämtliche Unterlagen wurden dem Gutachter überlassen, der die Unterlagen nach Aufhebung des Gutachtensauftrages wieder zurückgegeben hatte. Die vom Gutachter zurückgegebenen Unterlagen wurden dem Kläger ausgehändigt. Welche Unterlagen konkret fehlen und dass diese überhaupt unter den übergebenen Unterlagen waren, hat der Kläger aber nicht konkret darlegen können.
Soweit der Kläger vorträgt, Gerichte, auch Landesgerichte manipulierten, führt dieser unsubstantiierte Vorwurf nicht dazu, dass der Senat nicht zur Entscheidung berufen ist. Denn der Kläger hat diese Behauptung im Zusammenhang mit dem Vorwurf, es seien Unterlagen verloren gegangen vorgebracht und ausgeführt der Richter in einem anderen Verfahren habe dort etwas Anderes gesagt, als in dem dortigen Gutachten gestanden wäre. Aus dem Hinweis, dass jedes Gericht manipuliere, und dem Vortrag, im Rentenverfahren habe ein Richter etwas Anderes gesagt, als er im Gutachten gelesen habe, entnimmt der Senat hinreichend deutlich, dass der Kläger nicht den vorliegend befassten Richtern entgegenhält, dass Besorgnis der Befangenheit bestehe. Denn er zielt mit seiner allgemeinen Angabe auf alle Richter des Landes, was kein zulässiges Befangenheitsgesuch ist.
Auch konnte das Verfahren mit dem Kläger persönlich durchgeführt werden, denn der Kläger stand weder zum Zeitpunkt des Klageverfahrens noch der Berufungseinlegung bzw. der vorliegenden Entscheidung unter rechtlicher Betreuung. Soweit vom Februar 2018 bis zum August 2018 eine Betreuung durch den Betreuer P. angeordnet war, ist diese wieder beendet, wie Herr P. mitgeteilt hat (Blatt 74 der Senatsakte). Dass der Kläger aber prozessunfähig ist und deshalb eines Betreuers bedurft hätte, konnte der Senat nicht feststellen.
Der angefochtene Bescheid des LRA Bescheids vom 14.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.05.2016 ist nicht rechtswidrig, der Kläger wird dadurch nicht in seinen Rechten verletzt. Er hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40. Der Senat konnte damit nicht feststellen, dass in den Verhältnissen, die dem Bescheid des LRA vom 20.10.2010, der beim Kläger einen GdB von 40 festgestellt hatte, zugrunde gelegen hatten, eine GdB-relevante wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten ist. Der Senat konnte feststellen, dass die behinderungsbedingten Beeinträchtigungen der Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) keinen GdB von mehr als 40 rechtfertigen. Die Berufung des Klägers ist daher unbegründet.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 ff.). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel- oder Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss damit durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Rechtsgrundlage für die GdB- Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (Vers-MedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen, sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 40 nicht rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen. Nach B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulen-abschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Der Senat konnte in diesem Funktionssystem beim Kläger anhand der vorliegenden Unterlagen der behandelnden Ärzte relevante Gesundheitsstörungen an der HWS feststellen. Jedoch war trotz Degeneration und engem Spinalkanal, Retrospondylophyten sowie einer begleitenden Protrusion mit Myelonkomprimierung, die Beweglichkeit im Normbereich (vgl. Dr. J. und Dr. S. ). Soweit Dr. T. zeitgleich deutlich schlechtere Werte angibt, überzeugt dies nicht. Im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen auf die Arme und Hände mit Hypästhesien und feinmotoirischen Einschränkungen entsprechen die funktionellen Beeinträchtigungen Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt. Damit ist der GdB mit 20 ausreichend bewertet.
Auch zur LWS hat Dr. T. eine Beeinträchtigung angegeben. Dr. T. hat hier radiologisch eine breitfächrige Protrusion der Bandscheiben L5/S1 sowie Osteochoindrosen mit Spondylosis deformans L1/L2, Osteochondrosen L4/L5 und L5/S1 sowie einen flachen mediorechtslateralen Bandscheibenvorfall L1/L2 mitgeteilt. Gegenüber dem SG hat Dr. T. ein Zeichen nach Schober von 10-12 cm angegeben, was einer etwas eingeschränkten Beweglichkeit entspricht, jedoch im Hinblick auf den dort demonstrierten Finger-Boden-Abstand von 12 cm nicht so aussagekräftig ist. Die Gangfähigkeit ist nicht eingeschränkt. Mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen der LWS sind damit nicht objektiviert.
Insgesamt konnte der Senat im Hinblick auf die von den behandelnden Ärzten an der LWS und der HWS mitgeteilten Funktionsbehinderungen feststellen, dass beim Kläger ein Zustand vorliegt, der Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt entsprechen. Damit war der Einzel-GdB in diesem Funktionssystem mit 20 zu bewerten.
Soweit der Kläger angibt, nicht wegen des Alkoholkonsums, sondern wegen der Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule nicht mehr fahrtauglich zu sein, konnte der Senat daraus keine stärkere funktionelle Beeinträchtigung entnehmen. Denn mit der Annahme von Gesundheitsstörungen mittelschwerer Ausprägung an der HWS hat der Senat gerade die dortigen Funktionsbehinderungen besonders berücksichtigt. Demgegenüber erhöhen die Funktionsbehinderungen der LWS den Einzel-GdB im Funktionssystem nicht.
Im Funktionssystem der Arme ist der GdB mit 10 zu bewerten (B Nr. 18.13 VG). Hier besteht ein Druckschmerz am Ellbogen rechts sowie über dem Radiusköpfchen, wobei die grobe Kraft im Wesentlichen erhalten ist. Es treten Schmerzen bei Kraftentfaltung des rechten Armes auf, aber kein wesentlicher Schmerz bei Umwendbewegung im Bereich des Unterarmes. Die Beweglichkeit des rechten Ellenbogengelenkes ist nur gering eingeschränkt bei Extension/Flexion 0-0-110° und Supination/Pronation von 70-0-60°. An der Schulter ist eine Bewegungseinschränkung für die Armhebung auf nur bis zu 120° bzw. 90o nicht festzustellen gewesen, ebenso wenig Instabilitäten und Arthrosen. Der Bericht des ZfP W. vom 06.12.2017 (Blatt 63/64 der Senatsakte) teilt mit, dass Auffällig war, dass der Kläger in der nicht-expliziten Untersuchungssituation seinen Arm besser bewegen konnte. Soweit an den Händen mögliche Funktionsbeeinträchtigungen bestehen, sind diese Auswirkungen der (HWS-)Wirbelsäulenerkrankung und nicht Folgen eines Carpaltunnelsyndroms, was der Senat dem Bericht des Dr. B. entnimmt. Damit sind diese Störungen bereits bei der HWS-Erkrankung im Funktionssystem des Rumpfes mitberücksichtigt und haben dort zum GdB von 20 geführt. Insgesamt konnte der Senat im Funktionssystem der Arme damit keine Gesundheitsstörungen bzw. funktionelle Beeinträchtigungen feststellen, die einzeln und auch zusammenfassend mit einem Einzel-GdB von mehr als 10 zu bewerten wären.
Im Funktionssystem der Ohren ist der GdB mit 30 anzunehmen (B Nr. 5.2.2, 5.2.4, 5.3 VG). Nach den Tabellenwerten der VG ergeben sich aus den vorliegenden Tonaudiogrammen für beide Seiten Hörverluste zwischen 20 und 30 %, was nach B, Nr. 5.2.4 VG einen GdB von 15 rechtfertigt. Der Arztbrief der Klink für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten vom 04.06.2012 beschriebt eine beidseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit in den Hochtonfrequenzen bis auf 90 dB bei 4kHz rechts und 90 dB bei 6 kHz links. Das bedingt jedoch nach B Nr. 5 VG keinen höheren GdB. Darüber hinaus wird der beidseitige Tinnitus von Dr. R. als gering bis mittelgradig beschrieben. Konkrete Angaben zu psychischen Begleiterscheinungen finden sich in keinen ärztlichen Unterlagen, dagegen hat Dr. R. angegeben, der Tinnitus bestehe ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen. Auch hat der Kläger hat keine solchen Begleiterscheinungen angegeben. Damit konnte der Senat in diesem Funktionssystem keinen GdB feststellen, der über dem vom Beklagten angenommenen GdB von 30 liegt. Vielmehr ist der vom Beklagten angenommene GdB von 30 nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig zu niedrig.
Im Funktionssystem des Stoffwechsels/innere Sekretion ist ein Einzel-GdB nicht anzunehmen (vgl. B Nr. 15.1, 15.6 VG). Zwar hat Dr. T.-B. einen nicht primär insulinabhängigen Diabetes mellitus beschrieben. Jedoch ist nach den Bewertungsvorgaben der VG für diese Erkrankung kein GdB festzustellen, denn die aktuelle Therapie kann eine Hypoglykämie regelhaft keine auslösen und beeinträchtigt den Kläger nicht in seiner Lebensführung. Im Übrigen besteht eine Hypothyreose, Organkomplikationen oder funktionelle Beeinträchtigungen bestehen nicht. Die Hypercholesterinämie hat ebenfalls keine Folgebeeinträchtigungen oder teilhaberelevante Funktionsbeeinträchtigungen verursacht. Ein Einzel-GdB ist daher in diesem Funktionssystem nicht anzunehmen.
Im Funktionssystem der Verdauung ist ebenfalls kein Einzel-GdB (vgl. B Nr. 10.1. VG) anzunehmen. Die beim Kläger bestehende gastroösophageale Refluxkrankheit ohne Ösophagitis hat keine Auswirkungen auf Nachbarorgane, anhaltende Beschwerden oder anhaltendes Auftreten sind nicht objektiviert. Funktionsbehinderungen und teilhaberelevante Funktionsbeeinträchtigungen sind nicht festzustellen, sodass ein Einzel-GdB nicht anzunehmen war.
Auch im Funktionssystem des Herz/Kreislauf ist kein Einzel-GdB anzunehmen (vgl. B Nr. 9.1.1, 9.3 VG). Eine Herzleistungsminderung konnte der Senat nicht feststellen. Im Übrigen besteht beim Kläger zwar eine Hypertonie i.S. einer benignen essentiellen Hypertonie ohne Angabe einer hypertensiven Krise. Organbeteiligungen und Funktionsbeeinträchtigungen sind nicht dokumentiert und konnten vom Senat nicht festgestellt werden. Damit erreichen die vorhandenen Gesundheitsstörungen und Teilhabebeeinträchtigungen einzeln und in ihrer Zusammenschau in diesem Funktionssystem nicht den für GdB-Werte von mindestens 10 vorgesehenen Umfang.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche konnte der Senat den GdB lediglich mit 10 feststellen.
Nach B Nr. 3.7 VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40, schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und solche mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bi s100 zu bewerten.
Vorliegend konnte der Senat beim Kläger allenfalls eine Anpassungsstörung und den Verdacht auf eine Konversionsstörung dem Bericht des ZfP W. vom 06.12.2017 entnehmen und als Gesundheitsstörung feststellen. Eine weitergehende Feststellung von Gesundheitsstörungen hat der Kläger dadurch vereitelt, dass er sich der vom Senat auf Grundlage des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2018 angeordneten neurologisch-psychiatrischen Begutachtung bei Dr. H. , Chefarzt im ZfP W. , nicht gestellt hat. Der Kläger war vom Senat darauf hingewiesen worden, dass die Begutachtung der Feststellung seines Anspruchs dient und aufgefordert worden, an der Begutachtung mitzuwirken. Dennoch ist er zur Begutachtung nicht erschienen, hat vielmehr ausgeführt, sich nur in der Türkei von seinen eigenen Ärzten begutachten zu lassen. Eine solche Beweisaufnahme kann der Senat weder von Amts wegen noch nach § 109 SGG durchführen. Damit musste der Senat seine Bewertung des GdB auf die vorliegenden medizinischen Unterlagen stützen. Aus den vom Kläger im Termin am 07.05.2018 vorgelegten Unterlagen war hinsichtlich der Psyche nur der Bericht des ZfP W. vom 06.12.2017 (Blatt 63/64 der Senatsakte) einschlägig, der über eine Anpassungsstörung und den Verdacht auf eine Konversionsstörung (körperliche Störungen durch Psyche ausgelöst) berichtet. Dort war der Kläger aber als formalgedanklich etwas weitschweifig dennoch geordnet, eingeengt auf das Thema Ungerechtigkeit, ohne Anhalt für paranoid-halluzinatorische Symptomatik ohne. akute Eigen- oder Fremdgefährdung, die durch eine psychiatrische Erkrankung zu erklären wäre, und im Kontakt als freundlich beschrieben worden. Aus diesen Darstellungen des ZfP W. kann der Senat keine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ableiten, auch nicht eine stärker behindernde Störung. Ebensowenig lassen sich aus diesem Bericht keine teilhaberelevanten Funktionsbehinderungen ableiten, die einen GdB von mehr als 10 rechtfertigen. Die "bloße" Gefährlichkeit des Klägers – er hatte auf dem Bürgeramt gedroht, mit einem LKW in Menschen zu fahren -, die zur stationären Aufnahme im ZfP W. im Dezember 2017 veranlasst hatte, ist keine gesundheitliche Störung oder funktionelle Behinderung, die zu einem höheren GdB führt.
Soweit der Facharzt für Allgemeinmedizin T.-B. ein Angst-Syndrom, eine Depression und eine mittelgradige depressive Episode angegeben hat, hat nur eine ganz kurzfristige Behandlung stattgefunden, sodass sich der Senat auch im Hinblick auf die Ausführungen des ZfP W. nicht von einer längerandauernden Erkrankung überzeugen konnte. Weitere Befunde zu Gesundheitsstörungen, die das Funktionssystem Gehirn einschließlich der Psyche betreffen, liegen nicht vor. Auch erfolgt und erfolgte keine spezifische Behandlung, selbst beim Hausarzt nicht. Auch der HNO-Arzt Dr. R. hat mitgeteilt, der Tinnitus – der im Funktionssystem der Ohren zu bewerten ist – habe nur geringe psychovegetative Begleiterscheinungen, sodass auch daraus keine Funktionsbeeinträchtigungen zu entnehmen sind, die einen höheren GdB als 10 im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche rechtfertigen.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Ein Antrag nach § 109 SGG war seitens des Klägers im Berufungsverfahren nicht gestellt worden. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO); an einer weitergehenden Beweisaufnahme durch Einholung des Gutachtens bei Dr. H. auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet hat der Kläger, trotz entsprechender Bitten und Hinweise, nicht mitgewirkt, sodass eine weitergehende Begutachtung auch nicht stattfinden konnte. Der aufgrund der vorliegenden ärztlichen Befunde medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule), - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Arme, - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Ohren, - 0 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Stoffwechsels/innere Sekretion, - 0 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Verdauung, - 0 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs und - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche. Ausgehend von höchsten Einzel-GdB-Werten von einmal 30 und einmal 20 Einzel-GdB konnte der Senat weder zum Zeitpunkt der Entscheidung noch zu einem Zeitpunkt seit Antragstellung einen Gesamt-GdB i.S.d. § 152 Abs. 1 SGB IX (bzw. zuvor: § 69 Abs. 1 SGB IX) von mehr als 40 feststellen, zumal auch kein Fall vorliegt, in denen ausnahmsweise GdB-Werte von 10 erhöhend wirken.
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der beim Kläger insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 50 bzw. die Schwerbehinderteneigenschaft vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger nicht entsprechend schwer funktionell in seiner Teilhabe im Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. Weder bedingen die bestehenden Gesundheitsstörungen und Funktionsbehinderungen einzeln noch in ihrem Zusammenwirken eine solche schwere Teilhabebeeinträchtigung.
Damit konnte der Senat nicht feststellen, dass im Verhältnis zu der früheren Feststellung des GdB mit 40 eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten wäre. Damit hat der Kläger keinen Anspruch auf höhere Feststellung ihres GdB. Die Berufung war daher zurückzuweisen
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Neu-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; mindestens 50 statt 40) seit 26.01.2016 zusteht.
Bei dem 1964 geborenen Kläger, türkischer Staatsangehöriger, stellte das Landratsamt R. (LRA) mit Bescheid vom 20.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten, Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – vom 29.08.2011 den GdB seit 12.10.2010 mit 40 fest (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose (GdB 20); Schwerhörigkeit (GdB 30); zur versorgungsärztlichen Stellungnahme vgl. Blatt 35/36 der Beklagtenakte).
Am 26.01.2016 beantragte der Kläger beim LRA erneut die höhere (Neu-)Feststellung des GdB. Zu diesem Antrag verwies der Kläger auf Arthrose und Armbeschwerden.
Das LRA zog vom Facharzt für Orthopädie Dr. J. eine Befundbeschreibung bei, in der eine Ellbogengelenksarthrose rechts dargestellt ist.
Die Versorgungsärztin Dr. F. schätzte in ihrer Stellungnahme vom 09.03.2016 den GdB auf 40 (zugrundliegende Funktionsbehinderungen: Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (GdB 30), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose (GdB 20), Funktionsbehinderung des rechten Ellenbogengelenks (GdB 10)).
Das LRA lehnte mit Bescheid vom 14.03.2016 die höhere (Neu-)Feststellung des GdB ab.
Mit seinem Widerspruch vom 17.03.2016 machte der Kläger geltend, der GdB sei zu niedrig. Er legte die Arztbriefe - des Facharztes für Orthopädie Dr. T. vom 15.06.2015, - des Facharztes für Chirurgie S. vom 07.05.2015, - des Dr. J. vom 20.04.2015, - der chirurgischen Abteilung des F. Krankenhauses L. vom 16.09.2014, - des Facharztes für Radiologie Dr. B. vom 02.07.2014 über eine Kernspintomografie (MRT) der HWS, - des Facharztes für Allgemeinmedizin T.-B. vom 06.02.2014, - der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten des Klinikums S. vom 04.06.2012, - des Facharztes für Neurologie Dr. B. vom 22.03.2012, - des Facharztes für Radiologie Dr. T. vom 17.02.2011, - des Facharztes für Neurochirurgie G. vom 18.08.2010 sowie - ein ärztliches Attest des Dr. B. vom 10.08.2010 und - den Zwischenbericht der BG für Transport und Verkehrswirtschaft BV M. vom 26.05.2014 vor.
Der Versorgungsarzt Dr. S. schätzte den GdB weiterhin auf 40 (Stellungnahme vom 12.04.2016); er führte aus, die Hochtonschwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen sei geringgradig und an der oberen Grenze des Ermessensspielraumes bewertet worden.
Der Beklagte wies den Widerspruch durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt - zurück (Widerspruchsbescheid vom 04.05.2016).
Hiergegen hat der Kläger am 27.05.2016 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart Klage erhoben und u.a. nochmals die im Widerspruchsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen sowie zusätzlich den Arztbrief von Dr. B. vom 17.12.2009 vorgelegt.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen und Bei Dr. T.-B. die krankenunterlagen beigezogen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 49/50, 51, 53/55, 56/57, 58/62 und 65/69 der SG-Akte Bezug genommen. Der Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. J. dem SG am 31.08.2016 geschrieben, der Kläger sei letztmals am 09.09.2015 in Behandlung gewesen, die Beweglichkeit des rechten Ellbogengelenks sei nur marginal eingeschränkt gewesen, allerdings habe sich ein Belastungsschmerz über dem lateralen Anteil gezeigt sowie auch eine Schmerzangabe bei Kraftentfaltung. Im Bereich der HWS habe sich eine beginnende Degeneration bei Rotationsmöglichkeit von 70-0-75ogezeigt ohne Hinweise auf eine radikuläre Störung. Der Facharzt für Neurologie Dr. B. hat mitgeteilt (Schreiben vom 01.09.2016), dass der Kläger zuletzt am 12.02.2013 in Behandlung gewesen sei. Der Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. R. im Schreiben vom 19.09.2016 angegeben, der Kläger sei seit Juli 2012 nicht mehr in Behandlung gewesen. Es habe eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit und ein gering bis mittelgradiger Tinnitus beidseits ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen vorgelegen. Er teile die Einschätzung des Versorgungsarztes. Dr. T. , Facharzt für Orthopädie, Facharzt für Unfallchirurgie, hat mit undatiertem Schreiben mitgeteilt, der Kläger sei zuletzt am 21.05.2015 in Behandlung gewesen. Es bestehe ein mittelgradiger Wirbelsäulenschaden in der LWS sowie ein schwerer Wirbelsäulenschaden in der HWS, die Beeinträchtigungen des Ellenbogens seien geringgradig.
Der Versorgungsarzt Dr. W. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.01.2017 darauf hingewiesen, dass in der Auskunft von Dr. J. seitens der HWS deutlich bessere Bewegungsmaße angegeben worden seien, sodass die Angaben von Dr. T. damit nicht ausreichten, um den GdB für die Wirbelsäule zu erhöhen.
Auf erneute Befragung hin hat Dr. S. mit Schreiben vom 25.01.2017 mitgeteilt, seit Januar 2016 keine neuen Befunde erhoben zu haben. Er teile die Einschätzung des Versorgungsarztes. Die Einschränkungen des Ellenbogens seien geringgradig, bezüglich der Epicondylitis sollte eine Verbesserung herbeigeführt werden können. Die HWS sei relativ unauffällig gewesen bei Protrusion C6/7.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 30.06.2017 die Klage abgewiesen.
Gegen den ihm am 04.07.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.07.2017 beim SG Berufung eingelegt (Eingang beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 20.07.2017). Die Aussagen stimmten nicht, er wolle zu seinem Recht kommen. Er habe kein Geld um nach Stuttgart zu fahren und Unterlagen vorzulegen (Blatt 19 der Senatsakte), man solle die Akte des Jobcenters beiziehen, es laufe auch ein Verfahren beim BSG.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.06.2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.05.2016 zu verurteilen, bei ihm seit 26.01.2016 einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Nach Anhörung der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 17.04.2018 die Berufung den Berichterstatter übertragen.
In der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2018 hat der Kläger eine Tüte mit Unterlagen übergeben. Der Senat hat beschlossen, den Kläger bei Dr. H. , Chefarzt am Klinikum W. (ZfP W. ), neurologich-psychiatrisch begutachten zu lassen. Der Kläger hat – trotz Aufforderung zur Mitwirkung und Hinweisen auf die Folgen fehlender Mitwirkung - an der Begutachtung nicht teilgenommen, weshalb der Senat den Gutachtensauftrag aufgehoben hat. Am 13.08.2018 hat der Kläger seine Unterlagen wieder abgeholt.
In der mündlichen Verhandlung vom 08.10.2018 hat der Kläger u.a. angegeben, er wolle weiterarbeiten und die Gerichte manipulierten, auch Landesgerichte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht erfolgreich.
Über die Berufung konnte der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, nachdem das SG mit Gerichtsbescheid vom 30.06.2017 entschieden hatte und die Berufung dem Berichterstatter durch Beschluss des Senates nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen worden war. Der Senat hat keine Gründe feststellen können, die eine Entscheidung durch den ganzen Senat erforderlich machen, solche waren auch nicht in der Anhörung von den Beteiligten mitgeteilt worden. Auch in den mündlichen Verhandlungen haben die Beteiligten keine Anhaltspunkte dafür mitgeteilt, die eine Rückübertragung auf den Senat und eine Entscheidung durch diesen Senat erforderlich machten.
Soweit der Kläger vorträgt, der Senat habe ihm überlassene Unterlagen verloren, bedeutet dies nicht, dass der Senat nicht zur Entscheidung berufen wäre. Der Kläger hatte in der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2018 eine Tüte voller Unterlagen übergeben, von denen der Bericht des ZfP W. vom 06.12.2017 in Kopie zur Akte genommen wurde. Sämtliche Unterlagen wurden dem Gutachter überlassen, der die Unterlagen nach Aufhebung des Gutachtensauftrages wieder zurückgegeben hatte. Die vom Gutachter zurückgegebenen Unterlagen wurden dem Kläger ausgehändigt. Welche Unterlagen konkret fehlen und dass diese überhaupt unter den übergebenen Unterlagen waren, hat der Kläger aber nicht konkret darlegen können.
Soweit der Kläger vorträgt, Gerichte, auch Landesgerichte manipulierten, führt dieser unsubstantiierte Vorwurf nicht dazu, dass der Senat nicht zur Entscheidung berufen ist. Denn der Kläger hat diese Behauptung im Zusammenhang mit dem Vorwurf, es seien Unterlagen verloren gegangen vorgebracht und ausgeführt der Richter in einem anderen Verfahren habe dort etwas Anderes gesagt, als in dem dortigen Gutachten gestanden wäre. Aus dem Hinweis, dass jedes Gericht manipuliere, und dem Vortrag, im Rentenverfahren habe ein Richter etwas Anderes gesagt, als er im Gutachten gelesen habe, entnimmt der Senat hinreichend deutlich, dass der Kläger nicht den vorliegend befassten Richtern entgegenhält, dass Besorgnis der Befangenheit bestehe. Denn er zielt mit seiner allgemeinen Angabe auf alle Richter des Landes, was kein zulässiges Befangenheitsgesuch ist.
Auch konnte das Verfahren mit dem Kläger persönlich durchgeführt werden, denn der Kläger stand weder zum Zeitpunkt des Klageverfahrens noch der Berufungseinlegung bzw. der vorliegenden Entscheidung unter rechtlicher Betreuung. Soweit vom Februar 2018 bis zum August 2018 eine Betreuung durch den Betreuer P. angeordnet war, ist diese wieder beendet, wie Herr P. mitgeteilt hat (Blatt 74 der Senatsakte). Dass der Kläger aber prozessunfähig ist und deshalb eines Betreuers bedurft hätte, konnte der Senat nicht feststellen.
Der angefochtene Bescheid des LRA Bescheids vom 14.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.05.2016 ist nicht rechtswidrig, der Kläger wird dadurch nicht in seinen Rechten verletzt. Er hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40. Der Senat konnte damit nicht feststellen, dass in den Verhältnissen, die dem Bescheid des LRA vom 20.10.2010, der beim Kläger einen GdB von 40 festgestellt hatte, zugrunde gelegen hatten, eine GdB-relevante wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten ist. Der Senat konnte feststellen, dass die behinderungsbedingten Beeinträchtigungen der Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) keinen GdB von mehr als 40 rechtfertigen. Die Berufung des Klägers ist daher unbegründet.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 ff.). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel- oder Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss damit durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Rechtsgrundlage für die GdB- Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (Vers-MedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen, sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 40 nicht rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen. Nach B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulen-abschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Der Senat konnte in diesem Funktionssystem beim Kläger anhand der vorliegenden Unterlagen der behandelnden Ärzte relevante Gesundheitsstörungen an der HWS feststellen. Jedoch war trotz Degeneration und engem Spinalkanal, Retrospondylophyten sowie einer begleitenden Protrusion mit Myelonkomprimierung, die Beweglichkeit im Normbereich (vgl. Dr. J. und Dr. S. ). Soweit Dr. T. zeitgleich deutlich schlechtere Werte angibt, überzeugt dies nicht. Im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen auf die Arme und Hände mit Hypästhesien und feinmotoirischen Einschränkungen entsprechen die funktionellen Beeinträchtigungen Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt. Damit ist der GdB mit 20 ausreichend bewertet.
Auch zur LWS hat Dr. T. eine Beeinträchtigung angegeben. Dr. T. hat hier radiologisch eine breitfächrige Protrusion der Bandscheiben L5/S1 sowie Osteochoindrosen mit Spondylosis deformans L1/L2, Osteochondrosen L4/L5 und L5/S1 sowie einen flachen mediorechtslateralen Bandscheibenvorfall L1/L2 mitgeteilt. Gegenüber dem SG hat Dr. T. ein Zeichen nach Schober von 10-12 cm angegeben, was einer etwas eingeschränkten Beweglichkeit entspricht, jedoch im Hinblick auf den dort demonstrierten Finger-Boden-Abstand von 12 cm nicht so aussagekräftig ist. Die Gangfähigkeit ist nicht eingeschränkt. Mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen der LWS sind damit nicht objektiviert.
Insgesamt konnte der Senat im Hinblick auf die von den behandelnden Ärzten an der LWS und der HWS mitgeteilten Funktionsbehinderungen feststellen, dass beim Kläger ein Zustand vorliegt, der Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt entsprechen. Damit war der Einzel-GdB in diesem Funktionssystem mit 20 zu bewerten.
Soweit der Kläger angibt, nicht wegen des Alkoholkonsums, sondern wegen der Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule nicht mehr fahrtauglich zu sein, konnte der Senat daraus keine stärkere funktionelle Beeinträchtigung entnehmen. Denn mit der Annahme von Gesundheitsstörungen mittelschwerer Ausprägung an der HWS hat der Senat gerade die dortigen Funktionsbehinderungen besonders berücksichtigt. Demgegenüber erhöhen die Funktionsbehinderungen der LWS den Einzel-GdB im Funktionssystem nicht.
Im Funktionssystem der Arme ist der GdB mit 10 zu bewerten (B Nr. 18.13 VG). Hier besteht ein Druckschmerz am Ellbogen rechts sowie über dem Radiusköpfchen, wobei die grobe Kraft im Wesentlichen erhalten ist. Es treten Schmerzen bei Kraftentfaltung des rechten Armes auf, aber kein wesentlicher Schmerz bei Umwendbewegung im Bereich des Unterarmes. Die Beweglichkeit des rechten Ellenbogengelenkes ist nur gering eingeschränkt bei Extension/Flexion 0-0-110° und Supination/Pronation von 70-0-60°. An der Schulter ist eine Bewegungseinschränkung für die Armhebung auf nur bis zu 120° bzw. 90o nicht festzustellen gewesen, ebenso wenig Instabilitäten und Arthrosen. Der Bericht des ZfP W. vom 06.12.2017 (Blatt 63/64 der Senatsakte) teilt mit, dass Auffällig war, dass der Kläger in der nicht-expliziten Untersuchungssituation seinen Arm besser bewegen konnte. Soweit an den Händen mögliche Funktionsbeeinträchtigungen bestehen, sind diese Auswirkungen der (HWS-)Wirbelsäulenerkrankung und nicht Folgen eines Carpaltunnelsyndroms, was der Senat dem Bericht des Dr. B. entnimmt. Damit sind diese Störungen bereits bei der HWS-Erkrankung im Funktionssystem des Rumpfes mitberücksichtigt und haben dort zum GdB von 20 geführt. Insgesamt konnte der Senat im Funktionssystem der Arme damit keine Gesundheitsstörungen bzw. funktionelle Beeinträchtigungen feststellen, die einzeln und auch zusammenfassend mit einem Einzel-GdB von mehr als 10 zu bewerten wären.
Im Funktionssystem der Ohren ist der GdB mit 30 anzunehmen (B Nr. 5.2.2, 5.2.4, 5.3 VG). Nach den Tabellenwerten der VG ergeben sich aus den vorliegenden Tonaudiogrammen für beide Seiten Hörverluste zwischen 20 und 30 %, was nach B, Nr. 5.2.4 VG einen GdB von 15 rechtfertigt. Der Arztbrief der Klink für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten vom 04.06.2012 beschriebt eine beidseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit in den Hochtonfrequenzen bis auf 90 dB bei 4kHz rechts und 90 dB bei 6 kHz links. Das bedingt jedoch nach B Nr. 5 VG keinen höheren GdB. Darüber hinaus wird der beidseitige Tinnitus von Dr. R. als gering bis mittelgradig beschrieben. Konkrete Angaben zu psychischen Begleiterscheinungen finden sich in keinen ärztlichen Unterlagen, dagegen hat Dr. R. angegeben, der Tinnitus bestehe ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen. Auch hat der Kläger hat keine solchen Begleiterscheinungen angegeben. Damit konnte der Senat in diesem Funktionssystem keinen GdB feststellen, der über dem vom Beklagten angenommenen GdB von 30 liegt. Vielmehr ist der vom Beklagten angenommene GdB von 30 nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig zu niedrig.
Im Funktionssystem des Stoffwechsels/innere Sekretion ist ein Einzel-GdB nicht anzunehmen (vgl. B Nr. 15.1, 15.6 VG). Zwar hat Dr. T.-B. einen nicht primär insulinabhängigen Diabetes mellitus beschrieben. Jedoch ist nach den Bewertungsvorgaben der VG für diese Erkrankung kein GdB festzustellen, denn die aktuelle Therapie kann eine Hypoglykämie regelhaft keine auslösen und beeinträchtigt den Kläger nicht in seiner Lebensführung. Im Übrigen besteht eine Hypothyreose, Organkomplikationen oder funktionelle Beeinträchtigungen bestehen nicht. Die Hypercholesterinämie hat ebenfalls keine Folgebeeinträchtigungen oder teilhaberelevante Funktionsbeeinträchtigungen verursacht. Ein Einzel-GdB ist daher in diesem Funktionssystem nicht anzunehmen.
Im Funktionssystem der Verdauung ist ebenfalls kein Einzel-GdB (vgl. B Nr. 10.1. VG) anzunehmen. Die beim Kläger bestehende gastroösophageale Refluxkrankheit ohne Ösophagitis hat keine Auswirkungen auf Nachbarorgane, anhaltende Beschwerden oder anhaltendes Auftreten sind nicht objektiviert. Funktionsbehinderungen und teilhaberelevante Funktionsbeeinträchtigungen sind nicht festzustellen, sodass ein Einzel-GdB nicht anzunehmen war.
Auch im Funktionssystem des Herz/Kreislauf ist kein Einzel-GdB anzunehmen (vgl. B Nr. 9.1.1, 9.3 VG). Eine Herzleistungsminderung konnte der Senat nicht feststellen. Im Übrigen besteht beim Kläger zwar eine Hypertonie i.S. einer benignen essentiellen Hypertonie ohne Angabe einer hypertensiven Krise. Organbeteiligungen und Funktionsbeeinträchtigungen sind nicht dokumentiert und konnten vom Senat nicht festgestellt werden. Damit erreichen die vorhandenen Gesundheitsstörungen und Teilhabebeeinträchtigungen einzeln und in ihrer Zusammenschau in diesem Funktionssystem nicht den für GdB-Werte von mindestens 10 vorgesehenen Umfang.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche konnte der Senat den GdB lediglich mit 10 feststellen.
Nach B Nr. 3.7 VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40, schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und solche mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bi s100 zu bewerten.
Vorliegend konnte der Senat beim Kläger allenfalls eine Anpassungsstörung und den Verdacht auf eine Konversionsstörung dem Bericht des ZfP W. vom 06.12.2017 entnehmen und als Gesundheitsstörung feststellen. Eine weitergehende Feststellung von Gesundheitsstörungen hat der Kläger dadurch vereitelt, dass er sich der vom Senat auf Grundlage des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2018 angeordneten neurologisch-psychiatrischen Begutachtung bei Dr. H. , Chefarzt im ZfP W. , nicht gestellt hat. Der Kläger war vom Senat darauf hingewiesen worden, dass die Begutachtung der Feststellung seines Anspruchs dient und aufgefordert worden, an der Begutachtung mitzuwirken. Dennoch ist er zur Begutachtung nicht erschienen, hat vielmehr ausgeführt, sich nur in der Türkei von seinen eigenen Ärzten begutachten zu lassen. Eine solche Beweisaufnahme kann der Senat weder von Amts wegen noch nach § 109 SGG durchführen. Damit musste der Senat seine Bewertung des GdB auf die vorliegenden medizinischen Unterlagen stützen. Aus den vom Kläger im Termin am 07.05.2018 vorgelegten Unterlagen war hinsichtlich der Psyche nur der Bericht des ZfP W. vom 06.12.2017 (Blatt 63/64 der Senatsakte) einschlägig, der über eine Anpassungsstörung und den Verdacht auf eine Konversionsstörung (körperliche Störungen durch Psyche ausgelöst) berichtet. Dort war der Kläger aber als formalgedanklich etwas weitschweifig dennoch geordnet, eingeengt auf das Thema Ungerechtigkeit, ohne Anhalt für paranoid-halluzinatorische Symptomatik ohne. akute Eigen- oder Fremdgefährdung, die durch eine psychiatrische Erkrankung zu erklären wäre, und im Kontakt als freundlich beschrieben worden. Aus diesen Darstellungen des ZfP W. kann der Senat keine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ableiten, auch nicht eine stärker behindernde Störung. Ebensowenig lassen sich aus diesem Bericht keine teilhaberelevanten Funktionsbehinderungen ableiten, die einen GdB von mehr als 10 rechtfertigen. Die "bloße" Gefährlichkeit des Klägers – er hatte auf dem Bürgeramt gedroht, mit einem LKW in Menschen zu fahren -, die zur stationären Aufnahme im ZfP W. im Dezember 2017 veranlasst hatte, ist keine gesundheitliche Störung oder funktionelle Behinderung, die zu einem höheren GdB führt.
Soweit der Facharzt für Allgemeinmedizin T.-B. ein Angst-Syndrom, eine Depression und eine mittelgradige depressive Episode angegeben hat, hat nur eine ganz kurzfristige Behandlung stattgefunden, sodass sich der Senat auch im Hinblick auf die Ausführungen des ZfP W. nicht von einer längerandauernden Erkrankung überzeugen konnte. Weitere Befunde zu Gesundheitsstörungen, die das Funktionssystem Gehirn einschließlich der Psyche betreffen, liegen nicht vor. Auch erfolgt und erfolgte keine spezifische Behandlung, selbst beim Hausarzt nicht. Auch der HNO-Arzt Dr. R. hat mitgeteilt, der Tinnitus – der im Funktionssystem der Ohren zu bewerten ist – habe nur geringe psychovegetative Begleiterscheinungen, sodass auch daraus keine Funktionsbeeinträchtigungen zu entnehmen sind, die einen höheren GdB als 10 im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche rechtfertigen.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Ein Antrag nach § 109 SGG war seitens des Klägers im Berufungsverfahren nicht gestellt worden. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO); an einer weitergehenden Beweisaufnahme durch Einholung des Gutachtens bei Dr. H. auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet hat der Kläger, trotz entsprechender Bitten und Hinweise, nicht mitgewirkt, sodass eine weitergehende Begutachtung auch nicht stattfinden konnte. Der aufgrund der vorliegenden ärztlichen Befunde medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule), - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Arme, - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Ohren, - 0 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Stoffwechsels/innere Sekretion, - 0 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Verdauung, - 0 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs und - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche. Ausgehend von höchsten Einzel-GdB-Werten von einmal 30 und einmal 20 Einzel-GdB konnte der Senat weder zum Zeitpunkt der Entscheidung noch zu einem Zeitpunkt seit Antragstellung einen Gesamt-GdB i.S.d. § 152 Abs. 1 SGB IX (bzw. zuvor: § 69 Abs. 1 SGB IX) von mehr als 40 feststellen, zumal auch kein Fall vorliegt, in denen ausnahmsweise GdB-Werte von 10 erhöhend wirken.
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der beim Kläger insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 50 bzw. die Schwerbehinderteneigenschaft vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger nicht entsprechend schwer funktionell in seiner Teilhabe im Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. Weder bedingen die bestehenden Gesundheitsstörungen und Funktionsbehinderungen einzeln noch in ihrem Zusammenwirken eine solche schwere Teilhabebeeinträchtigung.
Damit konnte der Senat nicht feststellen, dass im Verhältnis zu der früheren Feststellung des GdB mit 40 eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten wäre. Damit hat der Kläger keinen Anspruch auf höhere Feststellung ihres GdB. Die Berufung war daher zurückzuweisen
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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