Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 19 R 543/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 180/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid vom 22.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 wird aufgehoben und festgestellt, dass zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Sozialversicherungsstatus der vom dem Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit als Aushilfskraftfahrer.
Der Beigeladene beantragte bei der Beklagten am 21.02.2014 die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status (Bl. 1 VA).
Im Antrag erklärte er, dass er für mehrere Auftraggeber tätig sei (Bl. 2 VA). Er teilte mit, dass er für die Klägerin als Aushilfsfahrer tätig sei (Bl. 5 VA). Ergab an, er sei als Aushilfsfahrer tätig. Es würden keine Vorgaben hinsichtlich der Auftragsausführung gemacht, ebenso keine Vorgaben hinsichtlich der Arbeitszeit mit Ausnahme der gesetzlichen Ruhe- und Lenkzeiten, ebenso bestünden keine Einschränkungen hinsichtlich des Tätigkeitsortes (Bl. 8 VA). Er sei nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert, die Abrechnung erfolge durch eigene Preisgestaltung. Er trete mit seiner eigenen Auftragsentschädigung in Vorleistung z. B. Übernachtungspauschale, Krankenkassenbeiträge, Sozialversicherung (Bl. 9 VA).
Der Beigeladene übersandte eine Gewerbeanmeldung. Aus der Gewerbeanmeldung ergibt sich, dass der Beigeladene ein Gewerbe als Aushilfskraftfahrer und für Kuriertransporte und Fahrzeugpflege anmeldete, es erfolgte eine Erweiterung der Tätigkeit zum 01.02.2013 (Bl. 10 VA).
Auf Anfrage der Beklagten teilte die Klägerin am 10.03.2014 mit, dass der Beigeladene seit 24.02.2014 für sie unbefristet tätig sei, je nach Auftragslage. Es sei eine Aushilfstätigkeit als Kraftfahrer für Urlaubs- und Krankheitsvertretung. Beginn und Ende der Arbeitszeit richte sich nach den gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten, somit Sache des Auftragnehmers. Die Einhaltung der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten obliege dem Auftragnehmer. Der Auftragnehmer setze teilweise eigenes Kapital ein, Verpflegungsgeld, Fahrzeugkosten für PKW des Auftragnehmers zum Erreichen des Arbeitsortes, laufende Betriebskosten. Der Auftragnehmer sei nicht der Transportführer. Der Auftragnehmer sei für mehrere Auftraggeber, ca. acht, tätig. Er führe den Auftrag sowie Lade- und Entladetätigkeiten selbständig aus. Den Inhalt der Tätigkeit lege der Auftraggeber fest, die Zeitpunkte der auszuübenden Tätigkeiten wechselten täglich und richteten sich ebenfalls nach den gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten. Die Transportaufträge würden üblicherweise vom Transportführer (von der Klägerin) abgerechnet. Die Rechnungsstellung des Auftragnehmers erfolge nach Tagessatz bzw. Stundenlohnbasis. Er kalkuliere seine Preise selbst. Aus dem beigefügten Dienstleistungs/Werkvertrag ergibt sich, dass der Auftragnehmer die Durchführung der Aufträge mit vom Auftraggeber gestellten Fahrzeugen durchführt. Die Vergütung des Auftrags erfolge auf Basis eines vereinbarten Tagessatzes. Dieser Vergütung liege eine tägliche Arbeitszeit von zehn Stunden zugrunde. In der Regel sichere der Auftragnehmer die Bereitschaft zu, diese auf elf Stunden ohne Mehrberechnung zu erweitern. Aus § 4 des Vertrages ergibt sich, dass der Auftragnehmer von der Haftung für entstandene oder bereits entstandene und bekannte Schäden am Fahrzeug oder an den transportierten Gütern grundsätzlich befreit ist. Hier gilt das unternehmerische Risiko des Spediteurs oder der Vermittlungsstelle. Diese haben einen entsprechenden Nachweis der Versicherung gegen solche Schäden zu erbringen. In § 7 des Vertrages ist festgehalten, dass der Auftragnehmer wöchentliche Rechnungen erstellt. § 8 beinhaltet ein Wettbewerbsverbot. Hier wird ausgeführt: "Der Auftragnehmer sichert einer Vermittlerstelle zu, nicht an den Erstauftraggeber (Spediteur) persönlich in geschäftlicher Hinsicht heranzutreten" (Bl. 18 bis 20 VA)
Der Beigeladene teilte auf Anfrage mit, dass er seit 22.02.2014 für die Klägerin tätig sei. Die Aufträge seien stets unbefristet, je nach Auftragslage suche er sich ständig neue Aufträge oder reagiere auf Anfragen. Er sei für mehrere Auftraggeber, ca. acht derzeit, tätig.
Mit Schreiben vom 14.04.2014 wurden die Klägerin und der Beigeladene durch die Beklagte angehört, diese teilte mit, dass sie beabsichtige einen Bescheid zu erlassen, in dem die abhängige Beschäftigung des Beigeladenen festgestellt werde (Bl. 32, 34 VA).
Die Klägerin nahm im Anhörungsverfahren Stellung und führte aus, dass nach ihrer Ansicht die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen sprächen.
Mit den Bescheiden vom 22.05.2014 stellt die Beklagte die abhängige Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin fest (Bl. 44, 48 VA).
Mit Schreiben vom 03.06.2014 legte die Klägerin Widerspruch ein (Bl. 52 VA), der damit begründet wurde, dass keine persönliche Abhängigkeit bestehe, denn diese zeichne sich durch die Weisungsgebundenheit und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation aus. Die Tatsache dass die Klägerin Art, Zeit und Umfang der Tätigkeit vorgebe, folge aus dem Umstand dass die Aufträge im Transportgewerbe durchgeführt würden. Diese Vorgaben würden weitergegeben. Der Beigeladene sei nur als Aushilfskraft bei Krankheits- und Urlaubsvertretung tätig. Auch die erfolgsunabhängige Vergütung spreche nicht für eine abhängige Beschäftigung. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene die Leistung auch durch Dritte erbringen könne. Der Beigeladene habe ein Gewerbe angemeldet, dies müsse berücksichtigt werden (Bl. 58 - 60 VA).
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2014 zurückgewiesen (Bl. 67 VA).
Die Klägerin erhob am 05.12.2014 Klage beim Sozialgericht.
Mit Beschluss vom 11.12.2014 wurde der Streitwert vorläufig auf 5.000,00 EUR festgesetzt (Bl. 49 GA).
Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass der Beigeladene eine selbständige Tätigkeit ausübe (Bl. 60 - 61 GA). Der Beigeladene sei in der Zeit vom 24.02.2014 bis 30.05.2014 für sie tätig gewesen und habe in der Zeit eine Vergütung von 7.614,00 EUR erzielt (Bl. 73 - 74 GA).
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin keiner Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig. Der Beigeladene habe eine erfolgsunabhängige Vergütung in Form von Tagessätzen erhalten. Dass der Beigeladene noch für andere Auftraggeber tätig gewesen sei, stünde einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Es käme auf die einzelne Tätigkeit an.
Der Beigeladene vertritt ebenfalls die Ansicht, dass er selbständig für die Klägerin tätig gewesen sei (Bl. 62 GA).
In der mündlichen Verhandlung wurde der Beigeladene zu seiner Tätigkeit für die Klägerin befragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Prozessakte, die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2017 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid vom 22.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Aus diesem Grund ist der angegriffene Bescheid aufzuheben.
Die von der Beklagten im angegriffenen Bescheid getroffene Statusfeststellung, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Aushilfsfahrer als abhängige Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV ausgeübt hat, ist rechtswidrig.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist als Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis anzusehen. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Für die Bestimmung, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ist auf das Gesamtbild der die tatsächlichen Verhältnisse prägenden Umstände abzustellen. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. (LSG Niedersachsen Bremen, Urteil vom 20.03.2013, Az.: L 2 R 372/12).
Nach Ansicht der Kammer überwiegen bei der Tätigkeit des Beigeladenen die Merkmale für eine selbständige Beschäftigung. Hierfür sprechen zum einen die Entlohnung des Beigeladenen, der selbständig Rechnungen an die Klägerin ausstellte und der nach für die Kammer plausiblen Angaben dargelegt hat, dass eine Aushandlung des Tagessatzes erfolgt sei. Der Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er vorliegend einen Tagessatz von 160,00 EUR netto für die Fahrten veranschlagt hat, dies sei darauf zurückzuführen, dass er die klägerische Firma kenne und man deswegen einen geringeren Tagessatz gewählt hat. Er hat des Weiteren darauf hingewiesen, dass die von ihm befahrenen Touren selten den Stundenumfang von zehn Stunden arbeitstäglich hatten.
Des Weiteren vertritt die Kammer die Ansicht, dass vorliegend nicht davon auszugehen ist, dass der Beigeladene sich in die Arbeitsorganisation der Klägerin vollumfänglich eingefügt hat. Zwar ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des Transportcharakters Fahrzeit und Fahrziel im Wesentlichen durch die Klägerin als Auftraggeberin bestimmt worden sind, allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Beigeladene die Fahrten nicht in Arbeitskleidung der Klägerin absolvierte und auch nicht als Fahrer der Klägerin gegenüber Dritten aufgetreten ist.
Für die selbständige Tätigkeit des Beigeladenen spricht des Weiteren, dass der Beigeladene frei war, Aufträge der Klägerin anzunehmen oder abzulehnen. Er führte aus, dass dies vorkam, wenn er genügend Aufträge von Autohäusern hatte und im Bereich der Fahrzeugaufbereitung tätig gewesen ist. Des Weiteren hat der Beigeladene nachvollziehbar dargelegt, dass er in dem streitgegenständlichen Zeitraum für weitere acht Auftraggeber tätig gewesen ist. Aus diesem Grund geht die Kammer nicht davon aus, dass der Kläger in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Klägerin gestanden hat.
Zwar spricht vorliegend für eine abhängige Beschäftigung der Umstand, dass der Beigeladene die Fahrten für die Klägerin in deren Fahrzeug ausführte und die Fahrt von der Haftpflichtversicherung und der Transportversicherung der Klägerin umfasst war. Jedoch in einer Gesamtabwägung überwiegen nach Ansicht der Kammer die Merkmale, die für eine selbständige Beschäftigung sprechen.
In diesem Zusammenhang wurde auch berücksichtigt, dass der Kläger im Fall von Erkrankung und Urlaub keine Vergütungsansprüche gegen die Klägerin hatte. Ein Vergütungsanspruch entstand lediglich dann, wenn er die Fahrten auch tatsächlich durchgeführt hat. Dies, und dass die Vergütung nur nach Vorlage von Rechnungen und nicht als Fixgehalt erfolgte, stellen weitere Kriterien für eine selbständige Tätigkeit dar. Diese Charakteristiken spiegeln sich auch in dem am 22.04.2014 geschlossenen Dienst- und Werkvertrag wieder, so dass die Kammer in einer Gesamtbetrachtung zum Ergebnis kommt, dass vorliegend die Tätigkeit als selbständige und nicht als abhängige Beschäftigung ausgeübt wurde.
Aus diesem Grund ist der angegriffene Bescheid rechtswidrig und insofern aufzuheben. Daher ist festzustellen, dass die vom Beigeladenen für die Klägerin ausgeführten Aufträge nicht im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeführt wurden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1, 2 GKG.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Sozialversicherungsstatus der vom dem Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit als Aushilfskraftfahrer.
Der Beigeladene beantragte bei der Beklagten am 21.02.2014 die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status (Bl. 1 VA).
Im Antrag erklärte er, dass er für mehrere Auftraggeber tätig sei (Bl. 2 VA). Er teilte mit, dass er für die Klägerin als Aushilfsfahrer tätig sei (Bl. 5 VA). Ergab an, er sei als Aushilfsfahrer tätig. Es würden keine Vorgaben hinsichtlich der Auftragsausführung gemacht, ebenso keine Vorgaben hinsichtlich der Arbeitszeit mit Ausnahme der gesetzlichen Ruhe- und Lenkzeiten, ebenso bestünden keine Einschränkungen hinsichtlich des Tätigkeitsortes (Bl. 8 VA). Er sei nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert, die Abrechnung erfolge durch eigene Preisgestaltung. Er trete mit seiner eigenen Auftragsentschädigung in Vorleistung z. B. Übernachtungspauschale, Krankenkassenbeiträge, Sozialversicherung (Bl. 9 VA).
Der Beigeladene übersandte eine Gewerbeanmeldung. Aus der Gewerbeanmeldung ergibt sich, dass der Beigeladene ein Gewerbe als Aushilfskraftfahrer und für Kuriertransporte und Fahrzeugpflege anmeldete, es erfolgte eine Erweiterung der Tätigkeit zum 01.02.2013 (Bl. 10 VA).
Auf Anfrage der Beklagten teilte die Klägerin am 10.03.2014 mit, dass der Beigeladene seit 24.02.2014 für sie unbefristet tätig sei, je nach Auftragslage. Es sei eine Aushilfstätigkeit als Kraftfahrer für Urlaubs- und Krankheitsvertretung. Beginn und Ende der Arbeitszeit richte sich nach den gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten, somit Sache des Auftragnehmers. Die Einhaltung der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten obliege dem Auftragnehmer. Der Auftragnehmer setze teilweise eigenes Kapital ein, Verpflegungsgeld, Fahrzeugkosten für PKW des Auftragnehmers zum Erreichen des Arbeitsortes, laufende Betriebskosten. Der Auftragnehmer sei nicht der Transportführer. Der Auftragnehmer sei für mehrere Auftraggeber, ca. acht, tätig. Er führe den Auftrag sowie Lade- und Entladetätigkeiten selbständig aus. Den Inhalt der Tätigkeit lege der Auftraggeber fest, die Zeitpunkte der auszuübenden Tätigkeiten wechselten täglich und richteten sich ebenfalls nach den gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten. Die Transportaufträge würden üblicherweise vom Transportführer (von der Klägerin) abgerechnet. Die Rechnungsstellung des Auftragnehmers erfolge nach Tagessatz bzw. Stundenlohnbasis. Er kalkuliere seine Preise selbst. Aus dem beigefügten Dienstleistungs/Werkvertrag ergibt sich, dass der Auftragnehmer die Durchführung der Aufträge mit vom Auftraggeber gestellten Fahrzeugen durchführt. Die Vergütung des Auftrags erfolge auf Basis eines vereinbarten Tagessatzes. Dieser Vergütung liege eine tägliche Arbeitszeit von zehn Stunden zugrunde. In der Regel sichere der Auftragnehmer die Bereitschaft zu, diese auf elf Stunden ohne Mehrberechnung zu erweitern. Aus § 4 des Vertrages ergibt sich, dass der Auftragnehmer von der Haftung für entstandene oder bereits entstandene und bekannte Schäden am Fahrzeug oder an den transportierten Gütern grundsätzlich befreit ist. Hier gilt das unternehmerische Risiko des Spediteurs oder der Vermittlungsstelle. Diese haben einen entsprechenden Nachweis der Versicherung gegen solche Schäden zu erbringen. In § 7 des Vertrages ist festgehalten, dass der Auftragnehmer wöchentliche Rechnungen erstellt. § 8 beinhaltet ein Wettbewerbsverbot. Hier wird ausgeführt: "Der Auftragnehmer sichert einer Vermittlerstelle zu, nicht an den Erstauftraggeber (Spediteur) persönlich in geschäftlicher Hinsicht heranzutreten" (Bl. 18 bis 20 VA)
Der Beigeladene teilte auf Anfrage mit, dass er seit 22.02.2014 für die Klägerin tätig sei. Die Aufträge seien stets unbefristet, je nach Auftragslage suche er sich ständig neue Aufträge oder reagiere auf Anfragen. Er sei für mehrere Auftraggeber, ca. acht derzeit, tätig.
Mit Schreiben vom 14.04.2014 wurden die Klägerin und der Beigeladene durch die Beklagte angehört, diese teilte mit, dass sie beabsichtige einen Bescheid zu erlassen, in dem die abhängige Beschäftigung des Beigeladenen festgestellt werde (Bl. 32, 34 VA).
Die Klägerin nahm im Anhörungsverfahren Stellung und führte aus, dass nach ihrer Ansicht die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen sprächen.
Mit den Bescheiden vom 22.05.2014 stellt die Beklagte die abhängige Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin fest (Bl. 44, 48 VA).
Mit Schreiben vom 03.06.2014 legte die Klägerin Widerspruch ein (Bl. 52 VA), der damit begründet wurde, dass keine persönliche Abhängigkeit bestehe, denn diese zeichne sich durch die Weisungsgebundenheit und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation aus. Die Tatsache dass die Klägerin Art, Zeit und Umfang der Tätigkeit vorgebe, folge aus dem Umstand dass die Aufträge im Transportgewerbe durchgeführt würden. Diese Vorgaben würden weitergegeben. Der Beigeladene sei nur als Aushilfskraft bei Krankheits- und Urlaubsvertretung tätig. Auch die erfolgsunabhängige Vergütung spreche nicht für eine abhängige Beschäftigung. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene die Leistung auch durch Dritte erbringen könne. Der Beigeladene habe ein Gewerbe angemeldet, dies müsse berücksichtigt werden (Bl. 58 - 60 VA).
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2014 zurückgewiesen (Bl. 67 VA).
Die Klägerin erhob am 05.12.2014 Klage beim Sozialgericht.
Mit Beschluss vom 11.12.2014 wurde der Streitwert vorläufig auf 5.000,00 EUR festgesetzt (Bl. 49 GA).
Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass der Beigeladene eine selbständige Tätigkeit ausübe (Bl. 60 - 61 GA). Der Beigeladene sei in der Zeit vom 24.02.2014 bis 30.05.2014 für sie tätig gewesen und habe in der Zeit eine Vergütung von 7.614,00 EUR erzielt (Bl. 73 - 74 GA).
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin keiner Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig. Der Beigeladene habe eine erfolgsunabhängige Vergütung in Form von Tagessätzen erhalten. Dass der Beigeladene noch für andere Auftraggeber tätig gewesen sei, stünde einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Es käme auf die einzelne Tätigkeit an.
Der Beigeladene vertritt ebenfalls die Ansicht, dass er selbständig für die Klägerin tätig gewesen sei (Bl. 62 GA).
In der mündlichen Verhandlung wurde der Beigeladene zu seiner Tätigkeit für die Klägerin befragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Prozessakte, die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2017 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid vom 22.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Aus diesem Grund ist der angegriffene Bescheid aufzuheben.
Die von der Beklagten im angegriffenen Bescheid getroffene Statusfeststellung, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Aushilfsfahrer als abhängige Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV ausgeübt hat, ist rechtswidrig.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist als Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis anzusehen. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Für die Bestimmung, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ist auf das Gesamtbild der die tatsächlichen Verhältnisse prägenden Umstände abzustellen. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. (LSG Niedersachsen Bremen, Urteil vom 20.03.2013, Az.: L 2 R 372/12).
Nach Ansicht der Kammer überwiegen bei der Tätigkeit des Beigeladenen die Merkmale für eine selbständige Beschäftigung. Hierfür sprechen zum einen die Entlohnung des Beigeladenen, der selbständig Rechnungen an die Klägerin ausstellte und der nach für die Kammer plausiblen Angaben dargelegt hat, dass eine Aushandlung des Tagessatzes erfolgt sei. Der Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er vorliegend einen Tagessatz von 160,00 EUR netto für die Fahrten veranschlagt hat, dies sei darauf zurückzuführen, dass er die klägerische Firma kenne und man deswegen einen geringeren Tagessatz gewählt hat. Er hat des Weiteren darauf hingewiesen, dass die von ihm befahrenen Touren selten den Stundenumfang von zehn Stunden arbeitstäglich hatten.
Des Weiteren vertritt die Kammer die Ansicht, dass vorliegend nicht davon auszugehen ist, dass der Beigeladene sich in die Arbeitsorganisation der Klägerin vollumfänglich eingefügt hat. Zwar ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des Transportcharakters Fahrzeit und Fahrziel im Wesentlichen durch die Klägerin als Auftraggeberin bestimmt worden sind, allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Beigeladene die Fahrten nicht in Arbeitskleidung der Klägerin absolvierte und auch nicht als Fahrer der Klägerin gegenüber Dritten aufgetreten ist.
Für die selbständige Tätigkeit des Beigeladenen spricht des Weiteren, dass der Beigeladene frei war, Aufträge der Klägerin anzunehmen oder abzulehnen. Er führte aus, dass dies vorkam, wenn er genügend Aufträge von Autohäusern hatte und im Bereich der Fahrzeugaufbereitung tätig gewesen ist. Des Weiteren hat der Beigeladene nachvollziehbar dargelegt, dass er in dem streitgegenständlichen Zeitraum für weitere acht Auftraggeber tätig gewesen ist. Aus diesem Grund geht die Kammer nicht davon aus, dass der Kläger in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Klägerin gestanden hat.
Zwar spricht vorliegend für eine abhängige Beschäftigung der Umstand, dass der Beigeladene die Fahrten für die Klägerin in deren Fahrzeug ausführte und die Fahrt von der Haftpflichtversicherung und der Transportversicherung der Klägerin umfasst war. Jedoch in einer Gesamtabwägung überwiegen nach Ansicht der Kammer die Merkmale, die für eine selbständige Beschäftigung sprechen.
In diesem Zusammenhang wurde auch berücksichtigt, dass der Kläger im Fall von Erkrankung und Urlaub keine Vergütungsansprüche gegen die Klägerin hatte. Ein Vergütungsanspruch entstand lediglich dann, wenn er die Fahrten auch tatsächlich durchgeführt hat. Dies, und dass die Vergütung nur nach Vorlage von Rechnungen und nicht als Fixgehalt erfolgte, stellen weitere Kriterien für eine selbständige Tätigkeit dar. Diese Charakteristiken spiegeln sich auch in dem am 22.04.2014 geschlossenen Dienst- und Werkvertrag wieder, so dass die Kammer in einer Gesamtbetrachtung zum Ergebnis kommt, dass vorliegend die Tätigkeit als selbständige und nicht als abhängige Beschäftigung ausgeübt wurde.
Aus diesem Grund ist der angegriffene Bescheid rechtswidrig und insofern aufzuheben. Daher ist festzustellen, dass die vom Beigeladenen für die Klägerin ausgeführten Aufträge nicht im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeführt wurden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1, 2 GKG.
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