L 1 VE 33/14

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 7 VE 31/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 VE 33/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 16/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 30. Oktober 2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu 1 wie folgt neu gefasst wird:

Die beklagte Bundesrepublik Deutschland wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 24. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2012 verurteilt festzustellen, dass die beim Kläger aufgetretene Gesundheitsstörung "Erkrankung des blutbildenden Systems (Haarzellleukämie)" als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen ist.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 30. Oktober 2014 und der Bescheid des Hessischen Amtes für Versorgung vom 24. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2012 abgeändert und die beklagte Bundesrepublik Deutschland verurteilt, dem Kläger wegen der Gesundheitsstörung "Erkrankung des blutbildenden Systems (Haarzellleukämie)" Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz i.V.m. Bundesversorgungsgesetz ab 1. März 2006 zu gewähren.

Die Beklagte trägt die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in der Berufungsinstanz.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer Erkrankung des blutbildenden Systems (Haarzellleukämie) als Folge einer Wehrdienstbeschädigung und um die Gewährung von Versorgungsleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) i.V.m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Der 1936 geborene Kläger war als Zeitsoldat der Bundeswehr vom 4. Mai 1959 bis zum 30. April 1963 und vom 1. Februar 1965 bis zum 31. Januar 1973 in verschiedenen Funktionen tätig. Vom 19. Februar 1960 bis 7. April 1960 besuchte er einen Lehrgang in C-Stadt und wurde dort an der Radaranlage Typ AN/CPN-4 als Operator für Flugsicherung ausgebildet. Vom 8. April 1960 bis 30. April 1963 und vom 1. Februar 1965 bis zum 31. Juli 1969 war der Kläger in D-Stadt zunächst bis zum 30. April 1963 als Radarflugmelder, bis zum 30. September 1966 als 1. Radarflugmelder und sodann bis zum 31. Juli 1969 als Radarflugmeldemeister an den Radargeräten Typ (T) 80 und T 13 tätig (Bl. 27 ff. der VA der Beklagten).

Im Februar 2006 wurde bei dem Kläger eine Haarzellleukämie diagnostiziert (Arztbrief Dr. E. vom 10. März 2006, Bl. 98 der VA der Beklagten), die nach einer Behandlung mit Cladribin zu einer Vollremission führte (Arztbrief Prof. Dr. F. vom 22. September 2011, Bl. 207 der Gerichtsakte S 7 VE 16/09). 1996 und 2002 erfolgten Kateraktoperationen an den Augen des Klägers nachdem 1995 bei diesem beginnender grauer Star festgestellt wurde (Arztbrief Dres. G. vom 4. Oktober 2011, Bl. 226 der Gerichtsakte S 7 VE 16/09).

Am 20. März 2006 beantragte der Kläger zunächst formlos die Anerkennung der Haarzellleukämie als Folge einer Wehrdienstbeschädigung auf Grundlage der ausgeführten Tätigkeiten mit einhergehender Belastung durch ionisierende Strahlen bei der Unfallkasse des Bundes, die den Antrag an das Hessische Amt für Versorgung und Soziales in Wiesbaden weiterleitete. Im Rahmen seines förmlichen Antrages auf Beschädigtenversorgung vom 18. April 2006 benannte der Kläger als weitere Gesundheitsstörung, die als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen sei, ein Katarakt an beiden Augen. Zur Bestätigung seines Vorbringens legte der Kläger u.a. eine Dienstbescheinigung vom 11. April 1963, eine Mitteilung über die Dauer des Dienstverhältnisses der Luftwaffendivision vom 31. Januar 1973, eine Kopie seines Wehrpasses und einen Arztbrief von Dr. E., Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und internistische Onkologie, vom 10. März 2006 vor. Mit Verfügung vom 25. April 2006 leitete das Hessische Amt für Versorgung und Soziales zuständigkeitshalber den Antrag des Klägers an die Beklagte, die Bundesrepublik Deutschland, weiter. Die Beklagte zog die Personalunterlagen des Klägers vom Kreiswehrersatzamt Wiesbaden, medizinische Unterlagen des Klägers vom Institut für Wehrmedizinalstatistik und Berichtswesen der Bundeswehr, Befundberichte von Prof. Dr. H., Arzt für Pathologie, vom 6. März 2006 und vom 13. März 2006, von Dr. E., Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und internistische Onkologie, vom 10. März 2006, von Prof. Dr. J., Direktor der Augenklinik der Wilhelm Fresenius Klinik in Wiesbaden, vom 27. Juni 2006, von Dr. K., Augenarzt, vom 7. Juli 2006 und vom 15. August 2009 bei und gab eine versorgungsärztliche gutachterliche Stellungnahme bei Dr. L., Sozialmedizin, in Auftrag, welche dieser am 2. November 2006 vorlegte. Dr. L. kam in seiner Stellungnahme vom 16. Oktober 2006 zu dem Ergebnis, dass eine Anerkennung des hämatologischen Leidens des Klägers aufgrund der Tatsache, dass dieser nicht gegenüber ionisierender Strahlung exponiert gewesen sei, nicht in Betracht komme. Auf der Grundlage der eindeutigen Angaben des behandelnden Augenarztes könne auch eine Anerkennung des Augenleidens nicht befürwortet werden. Sodann veranlasste die Beklagte eine Ersatzdosisberechnung (Strahlenexposition durch radioaktive Leuchtfarbe) bezüglich des Klägers. Im Rahmen des technischen Gutachtens vom 12. März 2007, Herr I., legte die Beklagte für die Beschäftigungszeiten des Klägers bei der Bundeswehr nach § 41 Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) die folgenden Organdosen für die externe Strahlenexposition des Klägers durch radioaktive Leuchtfarbe fest: Rotes Knochenmark (Bereich Sternum): 19 Millisievert (mSv), Rotes Knochenmark (Bereich Becken): 13 mSv. Mit Bescheid vom 29. Juni 2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Erkrankung des blutbildenden Systems (Haarzellleukämie) und eines beidseitigen Augenkatarakts als Folge einer Wehrdienstbeschädigung ab. In Übereinstimmung mit dem Bericht der vom Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages eingesetzten Radarkommission sei davon auszugehen, dass nur Personen mit qualifizierenden Tätigkeiten an Radargeräten einer gesundheitsschädigenden Strahleneinwirkung ausgesetzt gewesen seien. Darüber hinaus sei im Einzelfall auch eine Anerkennung z.B. bei Bedienern/Operatoren möglich, sofern diese nicht nur gelegentlich zur Unterstützung des Radartechnikers an eingeschalteten Radaranlagen (Senderschränken) eingesetzt gewesen seien. Die von dem Kläger ausgeübte dienstliche Tätigkeit habe jedoch nicht zu den so genannten qualifizierenden Tätigkeiten gehört. Eine Anerkennung der Augenerkrankung komme zudem nicht in Betracht, da zwischen der dienstlichen Verwendung als Radaroperator und der ersten Kataraktdiagnose mehr als 23 Jahre lägen, sodass sich zwischen der dienstlichen Verwendung und der Augenerkrankung kein zeitlicher und somit zwangsläufig auch kein ursächlicher Zusammenhang herstellen lasse. Ein Strahlenkatarakt könne zudem aufgrund der definierten Lage-, Erscheinungs- und Entstehungsmuster ausgeschlossen werden.

Hiergegen erhob der Kläger am 30. Juli 2007 Widerspruch und wies darauf hin, dass seine dienstliche Radartätigkeit entsprechend dem Bericht der so genannten Radarkommission in die Phase 1 falle, die dadurch charakterisiert sei, dass erhebliche Strahlenexpositionen möglich gewesen seien und so gut wie keine Messungen zu Ortsdosisleistungen und keine personenbezogenen Dosiswerte existierten. Die strahlenbedingte Leukämie liege in der Rangfolge verschiedener Krebsarten bzw. Krebslokalisationen im Blick auf die karzinogene Wirkung ionisierender Strahlung ganz vorne. Bezüglich der Augenerkrankung sei zudem darauf hinzuweisen, dass er bereits im November 1971 durch den Truppenarzt an den Augenarzt Dr. M. überwiesen worden sei, da er massive Beschwerden am rechten Auge verspürt habe. Dr. M. habe insoweit eine Corpustrübung diagnostiziert. Auch die Behandlung am li. Auge habe bereits im September 1982 bei Dr. G. in A-Stadt begonnen.

Die Beklagte setzte das Widerspruchsverfahren des Klägers aus und gab die Akte des Klägers zur Entscheidung über die Zeit nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses an das Hessische Amt für Versorgung und Soziales ab. Dieses holte einen Befundbericht bei Dr. E., Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und internistische Onkologie, vom 4. September 2007 und nachfolgend eine versorgungsärztliche Stellungnahme beim versorgungsärztlichen Dienst, Dr. N., vom 17. Januar 2008 ein und lehnte mit Bescheid vom 24. Januar 2008 gleichfalls die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem SVG ab. Hiergegen erhob der Kläger am 8. Februar 2008 Widerspruch und machte als weitere Folge der Wehrdienstbeschädigung "Strahlenexposition" eine Dupuytren-Kontraktion der Hände geltend. Im Weiteren wies er darauf hin, dass die Berechnung zu seiner Strahlenexposition nicht zutreffend sein könne, da der Zeitfaktor von 1440 h der jährlichen Operator-Arbeitszeit im Radarführungsdienst um den Zeitfaktor für angefallene Überstunden im Rahmen der ad hoc anberaumten Übungsflüge der NATO-Fliegerhorste in den späten Abendstunden (Nachtfliegen) zu niedrig angesetzt worden sei.

Im Mai 2008 nahm die Beklagte das Widerspruchsverfahren wieder auf und holte einen Befundbericht bei den Augenärzten Dres. G. vom 17. Juli 2008, von Prof. Dr. J., Direktor der Augenklinik der Wilhelm Fresenius Klinik in Wiesbaden, vom Oktober 2008 und eine nochmalige versorgungsärztliche gutachterliche Stellungnahme bei Dr. L., Sozialmedizin, welche dieser am 29. September 2008 vorlegte, ein. Mit Bescheid vom 17. November 2008 lehnte die Beklagte die Gesundheitsstörung "Dupuytren-Kontraktion" des Klägers als Folge einer Wehrdienstbeschädigung ab. Nach der herrschenden Meinung in den medizinischen Wissenschaften, die auch durch den Bericht der vom Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages eingesetzten Radarkommission bestätigt worden sei, seien als qualifizierende Krankheiten auf Grund ionisierender Strahlung ausschließlich Katarakte und malige Tumore – mit Ausnahme der chronischen lympathischen Leukämie – anzusehen. Dieser Bescheid werde Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens.

Nach Einholung einer erneuten versorgungsärztlichen gutachterlichen Stellungnahme von Dr. L., Sozialmedizin, vom 9. März 2009 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2009 den Widerspruch des Klägers zurück. Die von dem Kläger beschriebenen Tätigkeiten – insbesondere Bildschärfefokussierungen – an den Sicht- bzw. Bedienkonsolen der Radarsysteme T 80 und T 13 seien keine im Sinne des Berichts der Radarkommission zur Anerkennung von Wehrdienstbeschädigungsfolgen qualifizierenden Tätigkeiten, da sie nicht am offenen Senderschrank eingeschalteter Radaranlagen erfolgt seien. Die Arbeitsplätze der Operatoren in D-Stadt hätten sich in verbunkerten Stellungen befunden, die räumlich von den oberirdischen Radargeräten getrennt gewesen seien. Die Konsolen, an denen der Kläger insoweit tätig gewesen sei, hätten keine Röntgenstörstrahler mit einer den in Thyratrons, Klystrons und Magnetrons der Senderschränke vergleichbaren Leistungsaufnahme enthalten, sondern allenfalls Bildröhren, die in Funktions- und Bauweise sowie ihren Leistungswerten denen in einem Schwarz-Weiß-Fernsehgerät gleich gewesen seinen und genau wie diese nur in der gläsernen Bildschirmgruppe eingekapselt und damit ausreichend abgeschirmt betrieben hätten werden können, sodass eine Radarstrahlenexposition weder bei der Arbeit an Konsolen noch beim Aufenthalt in deren Nähe möglich gewesen sei, unabhängig davon, ob die Gerätetüren geöffnet oder geschlossen gewesen seien. Bei der von dem Kläger genannten Exposition gegenüber Strahlen aus der Radaranlage vom Typ AN/CPN-4 während seiner Ausbildung in C-Stadt habe es sich nur um HF-Strahlung handeln können. Ionisierende Strahlung sei lediglich im Inneren des Trailers freigesetzt worden. Dort sei aber lediglich das Flugsicherungs- und nicht das Flugmeldepersonal ausgebildet worden.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2009 erhob der Kläger am 9. Juli 2009 Klage zum Sozialgericht Wiesbaden (Az.: S 7 VE 16/09). Zur Begründung wies er darauf hin, dass er nach Absolvierung des Englischlehrgangs im Februar 1960 zur weiteren Schulung und Ausbildung zur Technischen Schule der Luftwaffe nach C-Stadt abkommandiert worden sei. Im Rahmen seiner zuerst vorgesehenen Verwendung als Flugsicherungsgehilfe sei er u.a. auch an dem Radargerät AN/CPN-4 zur Schulung eingesetzt und der hohen Strahlenexposition in der Phase 1 lt. Radarkommission ausgesetzt gewesen. Zudem sei er mehrmals zur Außenbewachung des Bodengeräts (Kontrollgänge im Nacht- und Wochenenddienst) am eingeschalteten AN/CPN-4 eingeteilt gewesen. Als Radaroperator/Radarflugmeldemeister sei er auch mit der "qualifizierenden Tätigkeit" Radarbediener (Operator) befasst gewesen und habe Radarmechaniker an eingeschalteten Radargeräten unterstützt. Im Weiteren sei zu berücksichtigen, dass er an Wochenenddiensten im Sommer auch das Feuerlöschwasserbecken in 40m Entfernung vom T 80 (Swimming Pool O.) benutzt habe. Nach seiner Erinnerung hätten sich die Bauelemente mit Störstrahlung des Höhenmessradargerätes T 13 in den jeweiligen Geräteschränken des T 13 (diese seien gleichartig mit dem in Rede stehenden Flugsicherungsradar AN/CPN-4 von C-Stadt gewesen) in den damaligen Jägerleitkabinen in O. befunden. An der Radarkonsole in O. hätte manchmal mehrmals im Laufe eines Tages unter seiner Mithilfe vom zuständigen Radarmechaniker nachjustiert bzw. fokussiert werden müssen. Während der Fokussierung und Nachjustierung sei die Radar-Standkonsole nicht ausgeschaltet worden, weshalb auch seine erektile Dysfunktion von ihm auf die Röntgenstrahlenexposition zurückgeführt werde. In seiner Dienstzeit in D-Stadt sei er als Feldwebel vom Dienst bei seinen nächtlichen Kontrollgängen und im Nachtdienst generell des Öfteren bis auf wenige Dezimeter an geöffnete Sender-/Modularschränke der eingeschalteten Radarsysteme T 80/T13 gelangt. So habe er seinen Kameraden Stabsfeldwebel P., der technischer Betreuer der Radaranlage T 80 gewesen sei, häufig an seinem Arbeitsplatz besucht, wo er ihm die Misch- und Verstärkerstufen für das Empfangssignal, Modular- und Geräteschränke oder die Sender- und Empfängerröhre des T 80 gezeigt habe. Bei Betrieb habe der Gleichrichter ein bläuliches Licht abgestrahlt, das ihn immer fasziniert habe. 1972 sei Stabsfeldwebel P. an Leukämie verstorben. Ausweislich des Berichtes der Radarkommission werde zudem nicht zwischen Alters- und Strahlenkatarakt unterschieden und ein Alterskatarakt im Alter von 35 Jahren sei absolut unüblich. Die Berechnungen der Beklagten zur so genannten Organdosis seien rechnerisch nicht plausibel, da sie auf einer rechnerisch falschen jährlichen Operator-Arbeitszeit beruhten (Erhöhung des Zeitfaktors um mindestens 104 h – 52 Wochen x 2 Stunden durch angefallene Überstunden -). Die neuen Erkenntnisse der Strahlenschutzkommission aus 2009 sollten insoweit zudem Beachtung finden. Zur Bestätigung seines Vorbringens legte der Kläger u.a. einen Jahresschichtplan für das Jahr 1970 und ein augenärztliches Gutachten von Prof. Dr. Q. in einem Unfallversicherungsrechtsstreit vom 23. Juni 2009 vor.

Die Beklagte verblieb im Klageverfahren bei ihrer Rechtsauffassung, das eine Anerkennung der von dem Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Folge einer Wehrdienstbeschädigung nicht in Betracht komme. Die Radarkommission habe immer die Auffassung vertreten, dass die Sicht-/Bedienkonsolen nicht zu den Radaranlagen zählten. Da in dem radar office in der unterirdischen Bunkeranlage der Stellung Brokzetel nur Radarkonsolen und überhaupt keine Radaranlagen vorhanden gewesen seien, habe der Kläger gar keine Unterstützungsarbeiten für die Radarmechaniker daran verrichten können. Sender- und Modulatorbaugruppen seien gerade nicht im Bereich der Konsolen installiert gewesen, was der Kläger ja selbst bestätige. Eine erektile Dysfunktion sei nicht Gegenstand des Verfahrens, da es diesbezüglich schon an einer Bescheidung fehle. Eine Anerkennung der Erkrankung als Wehrdienstbeschädigungsfolge nach den Kriterien der Radarkommission sei jedoch nicht zu erwarten, da es sich weder um ein Malignom noch um eine Augenlinsentrübung handele. Erforderlich sei zudem ein dauerhafter Aufenthalt vor den Störstrahlern, was weder bei Kontrollgängen noch bei wenigen Tagen im Rahmen der Ausbildung zum Flugsicherungsgehilfen der Fall sei. Zur Bestätigung ihres Vorbringens legte die Beklagte u.a. den Ergebnisbericht der Untersuchung der Arbeitsplatzverhältnisse der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplätze Radar vom 17. Januar 2012 und den Bericht der Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der NVA (Radarkommission) vom 2. Juli 2003 vor.

Das Sozialgericht holte Befundberichte bei Prof. Dr. F., Zentrum für innere Medizin der Dr. Horst Schmidt Klinik Wiesbaden, vom 22. September 2011, den Dres. G., Augenärzte, vom 4. Oktober 2011 und von Dr. R., Fachärztin für Allgemeinmedizin, vom 1. Dezember 2011 ein.

Am 14. März 2012 hob die Beklagte die Bescheide vom 29. Juni 2007 und vom 17. November 2008 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2009 auf. Da die von dem Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen erst nach der Beendigung des Wehrdienstes aufgetreten seien, sei sie für die Entscheidung über die Anträge nicht zuständig gewesen. Am 20. März 2012 erklärte der Kläger nachfolgend seine Klage für erledigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2012 wies das Hessische Amt für Versorgung und Soziales den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 24. Januar 2008 zurück. Weder die Erkrankungen Leukämie und Augenkatarakt noch die im weiteren Verfahren geltend gemachte Dupuytren-Kontraktur oder erektile Dysfunktion könnten als Gesundheitsschäden anerkannt werden, die durch eine schädliche Strahlenexposition während des Wehrdienstes verursacht worden seien. Bei den grundsätzlich nach der Radarkommission anerkennungswürdigen maligen Tumoren und Katarakterkrankungen fehle es an der notwendigen ausreichenden Exposition des Klägers bezüglich der schädigenden Strahlen und damit an der Ursächlichkeit. Bezüglich der Katarakterkrankung liege zudem eindeutig ein Alterskatarakt vor. Die Gesundheitsstörungen Dupuytren-Kontraktur und erektile Dysfunktion gehörten nicht zu den im Bericht der Radarkommission genannten Erkrankungen.

Hiergegen hat der Kläger am 6. Dezember 2012 Klage bei dem Sozialgericht Wiesbaden auf Anerkennung der Erkrankung des blutbildenden Systems (Haarzellleukämie) und eines beidseitigen Augenkatarakts als Folge einer Wehrdienstbeschädigung und auf die Gewährung von Versorgungsleistungen nach dem SVG i.V.m. dem BVG erhoben. Zur Begründung hat er erneut darauf hingewiesen, dass er in C-Stadt im Rahmen seiner vorgesehenen Verwendung als Flugsicherungsgehilfe an dem Radargerät AN/CPN-4 zur Schulung und zudem zur Außenbewachung eingesetzt und damit einer hohen Strahlenexposition in der so genannten Phase 1 ausgesetzt gewesen sei. Der Verwendung als Radarflugmelder habe er erst aufgrund des Nichtbestehens seiner Zwischenprüfung zum Flugsicherungslotsen zugestimmt. Eine weitere Strahlenbelastung sei in seiner Funktion als Radaroperator/Radarflugmeldemeister in D-Stadt (überwiegende Tätigkeit an der Radarstandkonsole xxx1 mit Kathodenstrahl-Röhre 21 inch) erfolgt. Er habe Radarmechaniker an eingeschalteten Radargeräten unterstützt bzw. sei von Radarmechanikern in der Geräteeinschaltung, Kalibrierung und Justierung der Radargeräte ausgebildet worden (so genannter calibration-flight). Im unterirdischen radar-office in O. seien nach seiner Erinnerung nach auch Radar-Systemkomponenten des T 80 und insbesondere die Modularbaugruppen des T 13 (Empfänger, Duplexer, Modulator, Mischstufe, ZF-Stufe, ZF-Verstärker, Local-Oszillator, Kohärentoszillator und Signalprozessor) betreut worden. So hätten sich an der Konsole T 61 ein evident strahlender Kompassring und zudem viele notwendig selbstleuchtende Filter-Kippschalter befunden. Die Ersatzdosisbestimmung sei in seinem Fall u.a. aufgrund der längeren Zeitanteile der Exposition unzutreffend. Ausweislich des Berichtes der Radarkommission könnten bei der Wartung und Reparatur von diesen Gerätschaften Expositionen gegenüber ionisierender Strahlung und Hochfrequenzstrahlung auftreten. Nach den Angaben der Augenärzte Dr. S. und Prof. Dr. J. sei es zudem nach der Phakoemulsifikation unmöglich, augenfachärztlich festzustellen, ob bei seinem Katarakt eine strahlungsbedingte oder eine altersbedingte Genese vorliege. Das Attest von Dr. K. und die Stellungnahme von Dr. L. seien damit als obsolet anzusehen. Zur Bestätigung seines Vorbringens hat der Kläger u.a. eine Presseerklärung des Bundes für die Unterstützung Radargeschädigter e.V. vom 25. Mai 2012, Unterlagen über die Radaranlagen T 80 und T 13, Stellungnahmen von Professor Dr. T. vom 5. Januar 2014 und 7. Januar 2014 nebst Anlagen vorgelegt. Die Beklagte hat im Klageverfahren an ihrer Rechtsauffassung, dass eine Anerkennung der geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung nicht in Betracht komme, festgehalten. So habe der Kläger bei seinen speziellen Arbeiten die Radartechniker durch seine originäre Operatorentätigkeit und nicht durch einen Aufenthalt an geöffneten und unter Hochspannung stehenden Radarsendern oder Modulatoren unterstützt. Allein eine derartige Tätigkeit erfülle jedoch die Kriterien des Berichtes der Radarkommission. Die von dem Kläger genannten Baugruppen enthielten keine Röntgenstörstrahlung im Sinne der Röntgenverordnung. Wesentlich sei der Einbauort des Modulators des Radarsenders, womit die Baugruppe gemeint sei, die den leistungsstarken Hochspannungspuls an die Senderöhre liefere. Diese Baugruppe enthalte Röntgenstörstrahler und sei zusammen mit dem Sender direkt an der Antenne weit vom Arbeitsplatz des Klägers aufgebaut gewesen. Bezüglich der vom Kläger geltend gemachten Arbeitszeit sei zwischen der Dienstzeit als Operator und der tatsächlichen, sitzenden Tätigkeit an der Konsole mit genauer Ablesung und Meldung von Flugzeiten, bei der es überhaupt zu Expositionen gegenüber der radioaktiven Leuchtfarbe hätte kommen können, zu unterscheiden. Die tatsächliche Expositionszeit des Klägers sei insoweit geringer, als die von dem Kläger in der Operationszentrale verbrachte Zeit, die dieser in den Dienstplänen herausgearbeitet habe. Der Oberstabsfeldwebel P. sei im Februar 1972 an einer Leukämie erkrankt und am 7. Juli 1972 daran verstorben. Die Erkrankung sei mit Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 1974 als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anerkannt worden. Mit Beschluss vom 5. Juni 2013 hat das Sozialgericht die Beklagte dem Verfahren notwendig beigeladen und im Rahmen des Erörterungstermins vom 27. März 2014 Beweis erhoben durch die Anhörung des Klägers.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 30. Oktober 2014 (im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung) das Land Hessen, vertreten durch das Regierungspräsidium Gießen, Landesversorgungsamt Hessen, unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 24. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2012 verurteilt festzustellen, dass die bei dem Kläger aufgetretene Gesundheitsstörung "Erkrankung des blutbildenden Systems (Haarzellleukämie)" als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen sei und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Rahmen seiner Entscheidungsgründe ausgeführt:

"Unter Berücksichtigung dieser grundsätzlichen Erwägungen sowie nach Auswertung des umfangreichen Akteninhalts ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass die unstreitig vorliegende Gesundheitsstörung (Haarzellleukämie), die im Jahre 2006 beim Kläger aufgetreten ist, mit Wahrscheinlichkeit auf eine durch den Wehrdienst verursachte Strahlenexposition zurückzuführen ist.

Bei ihrer Entscheidung hat die Kammer die Erkenntnisse herangezogen, die in dem Bericht der vom Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages eingesetzten "Radarkommission" vom 02.07.2003 niedergelegt worden sind. In der Rechtsprechung ist umstritten, ob der "Bericht der Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der NVA" (BdR) als Beweiserleichterung bzw. als Beweislastumkehr zugunsten des Klägers zu werten oder als antizipiertes Sachverständigengutachten einzuordnen ist (LSG Niedersachen-Bremen, Urteil vom 13.02.2008, Az.: L 5 VS 11/05; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2012, Az.: L 6 VS 1867/09). Teilweise wird auch die Auffassung vertreten, dass der BdR für das gerichtliche Verfahren überhaupt keine rechtliche Verbindlichkeit entfalte, da es sich weder um ein Gesetz noch um eine Rechtsverordnung handelt (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.10.2012, Az.: L 2 VS 13/11). Es kann dahinstehen, welcher Auffassung der Vorzug zu geben ist. Denn jedenfalls stellt der BdR eine wichtige Erkenntnisquelle in Bezug auf die Arbeitsplatzverhältnisse von Soldaten und auf die hiermit in Zusammenhang stehenden medizinischen Fragen dar und hat daher die Qualität einer amtlichen Auskunft, die bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.10.2013, Az.: L 12 VS 4/09).

Nach dem BdR lässt sich der Umgang mit Röntgenstörstrahlung an Radaranlagen der Bundeswehr historisch in drei Phasen gliedern: Die Phase 1 umfasste den Zeitraum bis 1975/76. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass Messwerte, welche die nachträgliche Ermittlung der Strahlenexposition gestatten würden, nicht oder nur vereinzelt vorliegen und, gemessen an heutigen Maßstäben, kein adäquater Strahlenschutz bestand. Aussagefähige personendosimetrische Daten liegen für diesen Zeitraum nicht vor (BdR, S. 130). Die bis Mitte der 1980er Jahre anzunehmende Phase 2 markiert eine Übergangsperiode, in der, insbesondere nach alarmierenden Messungen am Radargerät SGR-103 der Marine, nach und nach systematische Messungen der Ortsdosisleistungen von Störstrahlern durchgeführt und Strahlenschutzmaßnahmen eingerichtet wurden. Die seitdem (ab ca. 1985) anzunehmende Phase 3 charakterisiert den Zeitraum, in dem ein adäquater Strahlenschutz der Bundeswehr als etabliert angesehen werden kann.

Im vorliegenden Fall geht es um den Zeitraum bis zum 31.07.1969 und damit um die Phase 1. Wie bereits ausgeführt wurde, liegen für diese Phase keine Unterlagen vor. Eine Ausnahme insoweit besteht nach dem BdR nur für das Radargerät SGR-103, da hierfür aus dem Jahre 1975 Messwerte vorliegen (BdR S. 135). Dies gilt jedoch nicht für die Radargeräte T-80 und T-13, an denen der Kläger eingesetzt war.

Damit ist der Nachweis dafür, dass der Kläger während seines Wehrdienstes einer relevanten Strahlung ausgesetzt war, grundsätzlich nicht zu führen.

So lässt sich - im Sinne eines Nachweises - nicht mehr feststellen, ob an den Sichtgeräten für die Radaranlagen radiumhaltige Leuchtfarbe als Leuchtmarkierung verwendet worden war. Nach den BdR (S. 138) kann dies für die Zeit vor 1980 nicht ausgeschlossen werden. Allerdings liegen nach dem "Ergebnisbericht der Untersuchung der Arbeitsplatzverhältnisse an den Sichtgeräten für T-80 und T-13" keine Hinweise auf die Verwendung radioaktiver Leuchtfarben vor. Der Grund für den Einsatz solcher Leuchtfarben als Leuchtmarkierung, die unabhängig von einer elektrischen Spannungsversorgung funktionieren musste, sei dort nicht gegeben gewesen. Eine nachträgliche Überprüfung des Sachverhalts ist nicht mehr möglich, da die Radaranlagen heute - zumindest in der Bundesrepublik Deutschland - nicht mehr existieren.

Ein weiteres Problem ist die Ermittlung des Zeitraums, in dem eine mögliche Exposition durch radiumhaltige Leuchtfarbe stattgefunden haben kann. Die Beigeladene ist bei der Festlegung der Personendosis gemäß § 41 StrlSchV von 74,75 Monaten und 1440 Stunden pro Jahr für Arbeiten am T-80 und T-13 ausgegangen (Blatt 162 ff WDB-Akte). Demgegenüber gibt der Kläger an, dass er 1680 Stunden pro Jahr unter Exposition gearbeitet habe. Er belegt dies durch den Schichtplan 1970 aus der "Chronik des Fernmelderegiments 34", erschienen 1984 (Blatt 168 f Gerichtsakte). Dem ist die Beigeladene in ihrer abschließenden Stellungnahme vom 14.05.2014 entgegengetreten und hat dargelegt, dass es unrealistischer Einsatzszenarien bedürfe, um die vom Kläger behauptete Arbeitszeit von 1680 Stunden pro Jahr an Konsolen zu erreichen (Blatt 175 ff Gerichtsakte).

In dieser Konstellation kommt zugunsten des Klägers die Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG zum Zuge: Unterlagen oder sonstige Beweismittel, die eine Strahlenexposition des Klägers bei seinen dienstlichen Tätigkeiten belegen oder auch widerlegen könnten, sind nicht vorhanden. Sämtliche im Nachhinein erstellte Berechnungen beruhen nur auf Annahmen. Der im Erörterungstermin vom 27.03.2014 informatorisch angehörte Kläger konnte allerdings glaubhaft darlegen, dass er in seiner Funktion als Radarflugmeldemeister auch für das Kalibrieren des Höhenmessgerätes zuständig war. Diese Tätigkeit musste wöchentlich einmal durchgeführt werden; sie erfolgte am geöffneten Gerät und dauerte jeweils ca. eine Stunde. Weitere Wartungsarbeiten wurden auch an den Konsolen durchgeführt. Diese wurden vom Mechaniker ausgeführt, der z.B. die offene Röhre fokussierte. Dabei wurde die Röhre aus dem Schrank herausgezogen. Bei diesen Wartungsarbeiten war der Kläger immer anwesend. Die Feinjustierung wurde vom Techniker auf seinen Anweisungen hin, im Zusammenspiel mit dem Techniker im Flugzeug, durchgeführt.

Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger nicht allein als Radaroperator tätig war, sondern dass er während seiner Dienstzeit zusätzlich qualifizierende Arbeiten an Radaranlagen ausgeführt hat, nämlich Unterstützung des Technikers bei Wartungs- und Feinjustierungsarbeiten am geöffneten und laufenden Gerät.

Damit war der Kläger in weit größerem Umfang einer Röntgenstörstrahlung ausgesetzt, als bisher angenommen wurde. Er erfüllt damit bereits die Voraussetzungen für eine Anerkennung nach den Empfehlungen der Radarkommission hinsichtlich der Röntgenstörstrahlung (BdR, S. 135; vgl. auch Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 04.03.2004, Az.: WV IV 5 – Az.: 47-04-17).

Hinzu kommt, dass nach den glaubhaften Angaben des Klägers im Erörterungstermin davon auszugehen ist, dass die Standkonsole xxx1, an der er gearbeitet hatte, in der Mitte einen grünleuchtenden Kompassring besaß. Es kann kein Zweifel bestehen, dass es sich hierbei um radiumhaltige Leuchtziffern handelte. Diese Behauptung des Klägers vermochte die Beigeladene auch nicht zu entkräften. Sie stützt sich für ihren gegenteiligen Vortrag, dass nämlich an den Sichtgeräten für T-80 und T-13 keine radiumhaltige Leuchtfarbe verwendet wurde, lediglich auf Untersuchungen der britischen Armee, die z.B. in Museen durchgeführt wurden. Für den Bereich der Bundeswehr liegen keine derartigen Untersuchungen vor, da sämtliche Radaranlagen T-80 und T-13 - dies wurde im Erörterungstermin ebenfalls erwähnt - mittlerweile ausgemustert und verschrottet wurden.

Damit ergibt sich folgendes Bild: Selbst wenn man von der Festlegung der Personendosis ausgeht, die die Beigeladene bzgl. radioaktiver Leuchtfarbe ermittelt hat, nämlich für das rote Knochenmark (Bereich Sternum) 19 mSv und für das rote Knochenmark (Bereich Becken) 13 mSv (vgl. Blatt 162 f WDB-Akte), so liegen diese Werte - jedenfalls für den Bereich des Sternums - nur knapp unterhalb der sogenannten Wahrscheinlichkeitsuntergrenze (siehe BdR, S. 128), die bei akuten Leukämien bei einer Organdosis von 0,02 Sv liegt. Unterhalb dieser Grenze ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und einer akuten Leukämie unwahrscheinlich. Zwar ist der Wert von 0,02 Sv (entspricht 20 mSv) nach der Berechnung der Beigeladenen nicht erreicht.

Berücksichtigt man aber zusätzlich noch die Strahlenbelastung, welcher der Kläger durch seine qualifizierte Tätigkeit als Radaroperator ausgesetzt war, so ist von einer weitaus höheren Personendosis auszugehen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung der Gesundheitsstörung "Haarzellleukämie" im Falle des Klägers sind damit gegeben.

Anders verhält sich die Situation jedoch im Hinblick auf die Gesundheitsstörung "Augenkatarakt beidseitig". Soweit der Kläger mit seiner Klage die Feststellung begehrt, diese Gesundheitsstörung als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen, erweist sich die Klage als unbegründet.

Zu einer Trübung der Augenlinse (Katarakt) kann es kommen, wenn jemand einer zu hohen HF-Strahlung (Hochfrequenzstrahlung) ausgesetzt ist, und zwar durch die damit verbundene Wärmewirkung. Grundsätzlich erfüllt der Kläger die von der Radarkommission vorgeschlagenen Kriterien, da er - wie ausgeführt wurde - eine qualifizierte Tätigkeit als Radaroperator ausgeübt hatte (vgl. BdR S. 138). Im vorliegenden Fall ist gleichwohl ein ursächlicher Zusammenhang zwischen HF-Strahlung und Augenkatarakt auszuschließen. Die Katarakterkrankung war 1996 beim Kläger aufgetreten, 23 Jahre nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger bereits sein 59. Lebensjahr erreicht. Die vorliegenden medizinischen Befunde sprechen dagegen, dass es sich um eine Linsentrübung aufgrund von HF-Strahlung handelt.

Den medizinischen Unterlagen der Dr. Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden aus dem Jahre 1996 lässt sich entnehmen, dass bzgl. des linken Auges die Diagnose eines "myopisierenden Kernkatarakts" gestellt worden war (Blatt 260 WDB-Akte). Damit steht fest, dass es sich um die am häufigsten auftretende Form des sog. Altersstars handelte. Ein Zusammenhang mit Strahleneinwirkung ist nicht ersichtlich.

Gleiches gilt bzgl. des rechten Auges (Operation 2002). Aus dem Befundbericht des Augenarztes Dr. K. vom 15.08.2009 ergibt sich, dass auch insoweit kein Anhalt für eine Linsentrübung aufgrund ionisierender oder Infrarot-Strahlung vorlag (Blatt 151 WDB-Akte).

Weitere Ermittlungen in dieser Hinsicht scheiden nach der Katarakt-Operation aus. Auch dem Kläger war in der HSK mitgeteilt worden, dass nach erfolgter Operation kein Arzt mehr sagen könne, ob es sich um einen Strahlenschaden oder um eine Alterskatarakt handelt (vgl. Protokoll der nicht-öffentlichen Sitzung vom 25.03.2014, Blatt 164 Gerichtsakte)."

Gegen das dem Kläger am 4. November 2014 und dem Land Hessen, vertreten durch das Regierungspräsidium Gießen, Landesversorgungsamt Hessen, am 5. November 2014 zugestellte Urteil hat dieses am 21. November 2014 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt und der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 16. März 2016 Anschlussberufung.

Unter Hinweis auf das Gesetz zur Übertragung der Zuständigkeiten der Länder im Bereich der Beschädigten- und Hinterbliebenenversorgung nach dem Dritten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes auf den Bund vom 15. Juli 2013 (BGBl. I 2013 Nr. 38 S. 2416) und einem dementsprechend erfolgten gesetzlichen Beteiligtenwechsel zum 1. Januar 2015 weist die Beklagte im Rahmen der Berufungsbegründung darauf hin, dass von dem Sozialgericht § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) unzutreffenderweise angewandt worden sei. Der Umstand, dass gerade in der Phase 1 die Bundeswehr Beobachtungen und Dokumentationen der Strahlenbelastung unterlassen habe, könne nicht zu einer Umkehr der Beweislast führen. Die vereinfachten Kriterien des Berichtes der Radarkommission trügen diesem Umstand als Beweiserleichterung gerade Rechnung. Danach werde beim Nachweis einer qualifizierenden Tätigkeit und einer qualifizierenden Erkrankung die Ursächlichkeit einer lediglich vermuteten Strahlenexposition für diese Gesundheitsstörung unterstellt, ohne dass im Einzelfall eine genauere Ersatzdosisberechnung bezüglich der Strahlenexposition durchgeführt werde. Es sei im vorliegenden Fall kein ausreichender Beweis dafür geführt worden, dass der Kläger Tätigkeiten an Radaranlagen ausgeübt habe, bei denen eine gesundheitlich bedenkliche Exposition gegenüber ionisierender Strahlung möglich gewesen wäre und diese ursächlich für die geltend gemachte Gesundheitsstörung des Klägers sein könnte. Vorliegend erübrige sich zudem eine Anwendung des § 15 KOVVfG, da der gesamte klägerische Vortrag als gegeben unterstellt werden könne. Es stehe insoweit allein die strahlenschutztechnische Würdigung dieser Tatsachen aus physikalisch-medizinischer Sicht sowie deren Subsumtion unter die rechtlichen Voraussetzungen des Radarberichts im Streit. Nicht jede Tätigkeit an einem Radargerät reiche aus, um als qualifizierte Tätigkeit im Sinne des Radarberichts zu gelten. Die Einbeziehung von Operatoren liege in der Möglichkeit begründet, dass diese abseits ihrer eigentlichen Tätigkeit durch die Radarmechaniker zu Hilfstätigten, herangezogen worden sein könnten. Bei der Ausbildung des Klägers am AN/CPN-4 seien strahlenexpositionsrelevante Hilfstätigkeiten nicht erfolgt. Weshalb gerade der in Ausbildung befindliche Kläger von Radarmechanikern abseits der Ausbildung zu derartigen Hilfstätigkeiten hätte herangezogen werden sollen, sei nicht nachvollziehbar, da die entsprechenden Fertigkeiten durch die Ausbildung erst vermittelt werden sollten. Die bauartbedingte Besonderheit des Radargerätes AN/CPN-4 habe zudem lediglich Strahlenexpositionen allenfalls im Bereich der unteren Extremitäten betreffen können. Eine Gesamtkörperexposition sei nach dem Teilbericht AN/CPN-4 ausgeschlossen, da das Strahlfeld auf 50 cm über dem Boden begrenzt gewesen sei. Dieser Umstand sei im vorliegenden Fall von Relevanz, da Zielorgan für die beim Kläger aufgetretene Haarzellleukämie das rote Knochenmark sei, das aber vornehmlich im Bereich des Oberkörpers auftrete. Auch hätten die Expositionswerte je nach Einsatz am AN/CPN-4 variiert. Eine Dosisbetrachtung könne so z.B. für Operator-Platz 3 aufgrund der weitgehend reduzierten Ortsdosisleistung der Röntgenstörstrahler entfallen, da der Austritt eines Röntgenstrahlenbündels in Richtung auf den Operator-Platz 3 konstruktiv nicht möglich gewesen sei. So müsse nach dem Teilbericht AN/CPN-4 davon ausgegangen werden, dass der Operator-Platz 1 mit den höchsten Expositionswerten nur bei starkem Flugbetrieb, bei Ausfall eines anderen Platzes und bei Übungen benutzt worden sei. Die im Radarbericht ausgewiesenen Messwerte und Beweiserleichterungen würden zudem die Tätigkeit ausgebildeter Radartechniker und Operatoren abbilden. Eine Ausweitung auf den Kläger käme nicht in Betracht, da nach dem Bericht der Radarkommission nur das Lehrpersonal an den technischen Schulen in Expositionssituationen gekommen sein dürfte, da der Unterricht auch regelmäßige Demonstrationen der Vorgehensweise bei Arbeiten am geöffneten Gerät beinhaltet habe. Eine relevante Strahlenexposition ergebe sich auch nicht aus der Tätigkeit des Klägers in D-Stadt. Die relevanten Störstrahler des Gerätes T 80 hätten sich in der mitdrehenden Kabine (rotating-cabin) unterhalb der Antenne und im Modulatorschrank im Betriebsgebäude (Modulator-Gebäude) befunden. Die rotating-cabin habe sich bei Betrieb ca. 4 mal pro Minute gedreht, sodass das Betreten oder Verlassen sowie der Aufenthalt in der Kabine während des laufenden Betriebes und damit der Kontakt mit unter Hochspannung stehenden strahlenemittierenden Sendeschränken aus gerätetechnischer Hinsicht bereits nicht nachvollziehbar sei. Zudem sei der sich in der rotating-cabin befindliche Geräteschrank zwar mit einem strahlenrelevanten Magnetron ausgestattet gewesen. Dieser habe jedoch nur ca. ein Drittel der Geräteschrankfront linksseitig ausgemacht, wobei im normalen Betrieb die Gerätetüren geschlossen gewesen seien. Die für die Radartechniker relevanten Bauteile seien auf der rechtsseitigen Gerätefront verbaut worden, sodass nicht sicher sei, dass es sich bei den Besuchen des Klägers bei seinem Kamaraden P. durchweg um geöffnete störstrahlenemittierende Sendeschränke gehandelt habe. Das Magnetron sei zudem innerhalb des Anodenblocks fest verbaut und von einem massiven Metallblock ummantelt gewesen, um die im Inneren entstehende Röntgenstörstrahlung vollständig abzuschirmen, sodass die Bereiche, in denen allenfalls Störstrahlung über kurze Distanz hätte austreten können, praktisch nicht vom tätigen Personal hätten erreicht werden können. Zudem habe wegen der Hochspannung bei Arbeiten an geöffneten Schranktüren Lebensgefahr bestanden, sodass dies ausgeschlossen werden könne. Dies gelte auch verstärkt aufgrund der Tatsache, dass die Kontrollelemente oberhalb der Tür an der Frontseite des Geräteschrankes verbaut gewesen seien. Bei den Geräten der T-80 Baureihe sei ein Quecksilberbad-Schalter für die Erzeugung des Hochspannungspulses im Modulator verbaut worden, der bei Betrieb ein intensiv blau-violettes Leuchten abgegeben habe, an das sich der Kläger nicht habe erinnern können, was verwundere. Auch im Modulatorgebäude sei durch die entsprechende bauliche Beschaffenheit Metallummantelung – eine effektive Abschirmung gegen die Röntgenstörstrahlung aus der Korrekturdiode erfolgt. Das Vorhandensein eines aufwendigen Belüftungssystems spreche wie auch die Lärmbelästigung gegen ein längeres Öffnen des Modulatorschrankes und längere Besuche des Klägers. Da somit aus den Aktenunterlagen kein singuläres, außergewöhnliches Ereignis mit besonders hoher Strahlenexposition hervorgehe, könne allein eine unfallunabhängige Krankheit vorliegen, was vorliegend zu verneinen sei, da eine relevante Exposition durch Röntgenstörstrahlung aufgrund der Tätigkeit am AN/CPN-4 bzw. T 80 nicht nachweisbar sei (Ersatzdosisberechnung von 13 bzw. 19 mSv). Die Anschlussberufung des Klägers sei unzulässig, da sie nicht den gleichen prozessualen Anspruch wie die Hauptberufung der Beklagten betreffe, sondern neue Streitgegenstände in das Berufungsverfahren einführe. Zur Bestätigung ihres Vorbringens hat die Beklagte Stellungnahmen der Strahlenmessstelle der Bundeswehr, Dr. U., vom 10. Juli 2017 und vom 9. November 2017, den Teilbericht zum Radargerät T 80 der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar vom 8. November 2002, den Teilbericht Flugsicherungsradargerät AN/CPN-4 der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar vom 13. Mai 2002, Stellungnahmen von Oberstleutnant V. vom 20. September 2017, vom 29. September 2017 und vom 7. November 2017 und Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2016, L 18 VS 3/09, des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 31. August 2017, L 10 VE 30/14 und vom 23. Februar 2016, L 12 VE 42/11 vorgelegt.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 30. Oktober 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Wiesbaden vom 30. Oktober 2014 und Aufhebung des Bescheides des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales vom 24. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2012 die Beklagte zu verurteilen, ihm Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ab 1. März 2006 zu gewähren.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus:

Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Anschlussberufung zulässig. Die Anschlussberufung eröffne die Möglichkeit der vollen Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils, da sie gerade den Streitgegenstand der Rechtsmittelinstanz erweitere, § 524 Zivilprozessordnung (ZPO). Es sei auch lebensfremd anzunehmen, dass lediglich auf Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung ohne das Ziel einer Leistungsgewährung geklagt werde. So habe das Sozialgericht auch grundsätzlich darauf hinzuwirken, dass die Parteien sachgerechte Anträge stellten. Im Jahr 1967 seien zudem das veraltete Luftverteidigungs-Rundumsuchradar T 80 und die Höhenmessgeräte T 13 in D-Stadt gegen das Radargerät AN-FPS 7 E und das neue Höhenmessgerät FPS 89 ausgetauscht worden. Die Umbau- und Austauschphase habe fast ein Jahr gedauert und alle Radarsoldaten des Fernmelderegiments xxx2 seien dabei auch erheblich emittierender Röntgenstörstrahlung (z.B. des Klystrons-Verstärkers und sonstiger Modulatoren) ausgesetzt gewesen. Die Ausführungen der Beklagten zu dem Gerät AN/CPN-4 seien unzutreffend, da bereits früh (1958) eine wesentliche Gefährdung der Extremitäten durch Röntgenstörstrahlung festgestellt worden sei. Der Hinweis der Beklagten auf die Teilberichte sei im Weiteren irreführend. Die Beklagte habe sich verpflichtet, ausschließlich den Bericht der Radarkommission und die Empfehlungen und Feststellungen des Fachgesprächs Radar vom 9. bis 11. Februar 2015 zu Grunde zu legen und umzusetzen. Insoweit seien die Ausführungen von Dr. U. zu den möglicherweise unterschiedlichen Gefährdungen der Operatoren bei verschiedenen Sitzplätzen überflüssig. Zeitzeugen hätten im Übrigen sehr wohl bestätigt, dass in den sich drehenden Kabinen des Radargerätes T 80 sowohl Arbeiten als auch Ausbildungen an laufenden Geräten im so genannten 2 Mann-Prinzip erfolgt seien. Bei dem Vortrag von Dr. U. und Oberstleutnant V., bis 1990 Soldat in der ehemaligen NVA, der die im Verfahren relevanten britischen und amerikanischen Radargeräte nie gesehen habe, handele es sich um reinen nicht nachvollziehbaren Parteivortrag. Soweit von Oberstleutnant V. im Rahmen seiner Stellungnahmen nun im Blick auf eine bauliche Abschirmung der Störstrahler bei der Radaranlage T 80 in D-Stadt vorgetragen werde, dass selbst die Exposition eines Radarmechanikers gegenüber ionisierender Strahlung unwahrscheinlich erscheine, verstoße dies in eklatanter Weise gegen den Bericht der Radarkommission zu der so genannten Phase 1. Zudem widerspreche es dem eigenen Vortrag der Beklagten, wonach zu den Störstrahlern im T 80 keine belastbaren Dosismessungen vorlägen und die Dokumentationen sehr lückenhaft und ungenau seien, und der Beschreibung der Arbeitsplätze mit Tätigkeitsbeschreibung in dem Teilbericht T 80. Im Weiteren sei unverständlich, warum bei ihm, der lediglich 1 mSv unter der maßgeblichen Grenze liege, nicht entsprechend den Empfehlungen des Radarberichts, S. 138 Nr. 7, die Ingestion von 1 mSv für 1 Jahr Expositionszeit (74,75 Monate=6,3 mSv) umgesetzt worden sei. Ihm sei durch den Bund zur Unterstützung Radarstrahlengeschädigter Deutschland e.V. bekannt, dass in vielen Fällen die Ingestion durch die Beklagte hinzugerechnet werde, wenn der jeweilige Schwellenwert 20 mSv bei Leukämien und 100 mSv bei maligen Tumoren auch mit dem Wert der Ingestion nicht erreicht werden könne. Abweichend von der Expertenkommission würden die Eingangswerte der Ortsdosisleistung nach interner Anweisung der Beklagten im Weiteren unzulässigerweise nach unten verringert. Zur Bestätigung seines Vorbringens hat der Kläger u.a. einen Arztbrief von Dr. J. vom 17. Februar 2015, die ärztliche Überweisung von Dr. W. vom 15. November 1971, den Befund des Facharztes für Augenheilkunde Dr. M. vom 15. November 1971, das Gutachten von Prof. Dr. Q. vom 23. Juni 2009, ein Schreiben des Bundes zur Unterstützung Radargeschädigter vom 4. Juni 2017, Herr Y., den Prüfbericht des Fernmeldetechnischen Zentralamtes Darmstadt vom 21. August 1958 bezüglich der Technischen Schulen 1 und 2 in Kaufbeuren und Lechfeld, den Messbericht des Bayerischen Landesinstituts für Arbeitsschutz vom 13. Januar 1958, eine schriftliche Erklärung von Herrn Z. vom 7. November 2017, ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. September 2015, L 10 VE 36/13 und eine Kopie einer internen Mail über die Ersatzdosisfestlegung der Beklagten vom 27. Januar 2006 vorgelegt.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Anhörung des Klägers im Rahmen des Erörterungstermins am 11. Mai 2017 und im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2018. Hinsichtlich der Inhalte wird auf die Protokolle (Bl. 352 ff. und 798 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (4 Bände), der beigezogenen Akte S 7 VE 16/09 und der Verwaltungsvorgänge des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales (1 Band) und der Beklagten (5 Bände) Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Durch das zum 1. Januar 2015 in Kraft getretene Gesetz zur Übertragung der Zuständigkeiten der Länder im Bereich der Beschädigten- und Hinterbliebenenversorgung nach dem Dritten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes auf den Bund vom 15. Juli 2014 (BGBl. I 2013, S. 2416) ist ein Beklagtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten. Das bisher beklagte Land Hessen, das die streitgegenständlichen Bescheide erlassen hat, ist aus dem Verfahren ausgeschieden und an seine Stelle ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesministerin der Verteidigung, diese vertreten durch das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr, eingetreten.

Zu Recht hat das Sozialgericht den damaligen Beklagten mit Urteil vom 30. Oktober 2014 verurteilt, bei dem Kläger die Gesundheitsstörung "Erkrankung des blutbildenden Systems (Haarzellleukämie)" als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen. Der Bescheid des Rechtsvorgängers der Beklagten vom 24. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2012 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Lediglich klarstellend war der Tenor der sozialgerichtlichen Entscheidung durch den Senat im Hinblick auf die aktuelle Beklagte insoweit neu zu fassen.

Der Kläger hat Anspruch auf die Feststellung der Gesundheitsstörung "Erkrankung des blutbildenden Systems (Haarzellleukämie)" als Folge einer Wehrdienstbeschädigung.

Soldaten, die eine Wehrdienstbeschädigung erlitten haben, erhalten nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 SVG auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG.

Eine Wehrdienstbeschädigung ist dabei gemäß § 81 Abs. 1 SVG eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Die Anerkennung von Schädigungsfolgen setzt hierbei eine dreigliedrige Kausalkette voraus. Ein mit dem Wehrdienst zusammenhängender schädigender Vorgang (1. Glied) muss zu einer primären Schädigung (2. Glied) geführt haben, die wiederum die geltend gemachten Schädigungsfolgen (3. Glied) bedingt. Die drei Glieder der Kausalkette müssen erwiesen sein, wofür eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit genügen kann, die ernste, vernünftige Zweifel ausschließt. Demgegenüber reicht für den zweifachen ursächlichen Zusammenhang der drei Glieder die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs aus, § 81 Abs. 6 SVG.

Im Interesse einer einheitlichen und gleichmäßigen Behandlung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aufgrund der Ermächtigung in § 69 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX), § 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), § 30 Abs. 16 BVG nach § 2 Satz 1 Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 (VersMedV, BGBl. I S. 2412) in den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen", Ausgabe 2008 (Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008) die Grundsätze für die medizinische Bewertung des GdS festgelegt, die fortlaufend auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft fortentwickelt werden (§ 2 Satz 2 VersMedV). Die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" ersetzen insoweit die bis zum 31. Dezember 2008 anzuwendenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (letzte Ausgabe 2008) und stellen eine verbindliche Rechtsquelle für die Feststellung einer Schädigungsfolge und des GdS dar (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 30. September 2009, B 9 SB 4/08 R – juris -). Die in den Anhaltspunkten (letzte Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des GdB bzw. GdS bisher richtete, sind in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.). Anders als die Anhaltspunkte 1983 bis 2008 enthält die VersMedV keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern, so dass insoweit entweder auf die letzte Fassung der Anhaltspunkte (2008) zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten, genutzt werden müssen (Bundessozialgericht, Urteil vom 7. April 2011, B 9 VJ 1/10 R - juris -).

Wahrscheinlichkeit ist nach Teil C Nr. 3a der VersMedV gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. Die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs reicht insofern nach Teil C Nr. 3c VersMedV nicht aus.

Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, so sind sie nach der versorgungsrechtlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts rechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolgs "annähernd gleichwertig" sind. Hierzu führt das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 16. Dezember 2014, B 9 V 6/13 R Folgendes aus:

"Danach gilt als Ursache im Rechtssinn nicht jede Bedingung, gleichgültig mit welcher Intensität sie zum Erfolg beigetragen hat und in welchem Zusammenhang sie dazu steht. Als Ursachen sind vielmehr nur diejenigen Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Das ist der Fall, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges als annähernd gleichwertig anzusehen sind. Kommt einem der Umstände gegenüber anderen indessen eine überragende Bedeutung zu, so ist dieser Umstand allein Ursache im Rechtssinne. Bei mehr als zwei Teilursachen ist die annähernd gleichwertige Bedeutung des schädigenden Vorgangs für den Eintritt des Erfolgs entscheidend. Haben also neben einer Verfolgungsmaßnahme mehrere weitere Umstände zum Eintritt einer Schädigungsfolge beigetragen, ist die Verfolgungsmaßnahme versorgungsrechtlich nur dann im Rechtssinne wesentlich und die Schädigungsfolge der Verfolgungsmaßnahme zuzurechnen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges verglichen mit den mehreren übrigen Umständen - annähernd gleichwertig ist. Das ist dann der Fall, wenn die Verfolgungsmaßnahme in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen (vgl zB BSG SozR Nr 23 zu § 30 BVG Juris RdNr 10; BSG Urteil vom 20.7.2005 - B 9a V 1/05 R RdNr 38). Im Einzelnen bedarf es dazu der wertenden Abwägung der in Betracht kommenden Bedingungen (vgl in diesem Zusammenhang insbesondere BSGE 16, 216, 218 = SozR Nr 58 zu § 1 BVG). Im Einzelfall muss die Entscheidung darüber, welche Bedingungen im Rechtssinne als Ursache oder Mitursache zu gelten haben und welche nicht, aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (BSGE 1, 72 = SozR BVG § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9 Juris RdNr 32)."

Vorliegend kommt eine unfallbedingte Verursachung der Erkrankung des Klägers nicht in Betracht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat nach eigener Überprüfung anschließt, bestimmt sich bei unfallunabhängigen Krankheiten der vom SVG geschützte Bereich nach dem Vorbild des Berufskrankheitenrechts der gesetzlichen Unfallversicherung, es sei denn, es handelt sich um besondere außerordentliche Belastungen, die typischerweise nur unter den Bedingungen des Wehrdienstes bzw. Krieges auftreten. Die Anerkennung einer durch allmähliche Einwirkungen des Wehrdienstes bzw. wehrdiensteigentümlicher Verhältnisse verursachten Erkrankung als Schädigungsfolge kommt in Betracht, wenn die Erkrankung nach § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) in der Berufskrankheitenverordnung (BKV) als Berufskrankheit anerkannt ist, nach § 9 Abs. 2 SGB VII als Berufskrankheit anerkannt werden könnte oder die angeschuldigten wehrdiensttypischen Belastungen auf kriegsähnliche Belastungen zurückgehen, wie sie in Zivilberufen typischerweise nicht vorkommen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Juli 2008, B 9/9a VS 5/06 R; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 16. November 2011, L 4 VE 19/11 – juris -).

Für die vom Kläger geltend gemachte Einwirkung von ionisierenden Strahlen ist vorliegend die Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV ("Erkrankung durch ionisierende Strahlen") einschlägig.

Die Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV setzt den Nachweis einer entsprechenden Strahlendosis durch Ganz- oder Teilkörperbestrahlung, Kontamination oder Inkorporation voraus (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S. 1258).

Eine konkrete und nachvollziehbar bezifferbare Strahlenbelastung des Klägers im Sinne einer persönlich feststellbaren Dosis ist vorliegend weder nachgewiesen noch im Nachhinein nachweisbar.

Die Verursachung gesundheitlicher Schäden durch ionisierende Strahlungen oder Röntgenstrahlen während einer dienstlichen Tätigkeit bei der Bundeswehr kommt jedoch grundsätzlich als Wehrdienstbeschädigung in Betracht. Derartige Schädigungen nehmen insoweit eine Sonderrolle ein, als dass häufig eine lange Zeitspanne zwischen der Strahleneinwirkung, insbesondere bei Tätigkeit am Radargerät, und dem Auftreten einer Schädigung liegt und der Nachweis eines Ursachenzusammenhangs oftmals auf Schwierigkeiten stößt. Aus diesem Grund ist vom Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages eine Expertenkommission eingesetzt worden, die die Verhältnisse an den früheren Arbeitsplätzen im Militär aufklären, eine Expertise zu den Belastungswerten abgeben, gegebenenfalls zusätzliche und neue Erkenntnisse zur gesundheitlichen Auswirkung bei Strahlenbelastung durch Radargeräte aufbereiten sowie wissenschaftlichen Sachstand zur Möglichkeit einer Gesundheitsgefährdung durch ionisierende Strahlung und Hochfrequenzstrahlung feststellen und die versorgungsrechtlichen Aspekte von Strahlenschäden untersuchen sollte. Diese Kommission (Radarkommission) hat ihre Arbeit durch Vorlage des Abschlussberichtes vom 2. Juli 2003 abgeschlossen. In diesem Bericht sind u. a. Empfehlungen für die Anerkennung von Wehrdienstbeschädigungen bei Radartätigkeiten im Militär enthalten. Die Radarkommission hat dabei drei Phasen unterschieden. Die etwa bis 1975 dauernde Phase 1, der die Tätigkeit des Klägers zuzuordnen ist, ist dadurch charakterisiert gewesen, dass kaum Messungen zu Ortsdosisleistungen und keine personenbezogenen Dosiswerte vorhanden sind. Diese können auch nicht verlässlich rekonstruiert werden. Eine zuverlässige oder auch nur obere Abschätzung der Exposition der Störstrahlung rückwirkend wurde für diese Phase nicht für möglich erachtet. Eine Übertragung späterer Messungen ist in der Regel nicht möglich, da eine Vielzahl von Einflussfaktoren nicht mehr zu rekonstruieren sind (Bericht der Radarkommission S. III und bezüglich der Unzuverlässigkeit der erhobenen Messwerte im Blick auf die Radaranlage AN/CPN-4 insbesondere ausdrücklich auf S. 22: "Vor 1976 gab es nur vereinzelte Messwerte, z.B. für die Flugsicherungs-Radaranlage AN/CPN 4, die bereits 1967 außer Betrieb genommen wurde. ( ...) Diese Messungen hatten teilweise lediglich orientierenden Charakter, konkrete Werte lassen sich nur aus den Messungen des Fernmeldetechnischen Zentralamts Darmstadt von 1958 (max. 10 mSv/h in 8 cm vor dem geöffneten und 0,6 mSv/h vor dem mit perforierter Platte geschlossenen Gerät) ( ...) ableiten.").

Der Senat lässt es dahinstehen, ob es sich beim Bericht der Radarkommission um ein antizipiertes Sachverständigengutachten handelt (so u.a.: Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 19. November 2014, L 15 VS 19/11; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 13. Februar 2008, L 5 VS 11/05 – juris -) oder als Expertenmeinung als Gutachten neben anderen wissenschaftlichen Meinungsäußerungen zu berücksichtigen ist und hierbei aufgrund der zahlreichen beteiligten Experten eine herausragende Stellung einnimmt (vgl. u.a.: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Dezember 2011, L 6 VS 4157/10 und vom 16. Juli 2008, L 6 VS 2599/06 – juris -). Die Radarkommission hat jedenfalls die ihr bekannten und ermittelten Daten und Fakten sowohl hinsichtlich der in der Bundeswehr festzustellenden Tatsachen als auch hinsichtlich der wissenschaftlichen Diskussion zusammengetragen und ausgewertet und Empfehlungen ausgesprochen, die in die ständige Verwaltungspraxis der Bundeswehr eingeflossen sind (vgl. dazu die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage vom 28. Juli 2006, BT Drs. 16/2320 durchgehend). Auch ist dem Senat allgemein bekannt, dass der Bundesminister der Verteidigung nach Erstattung des Berichts der Radarkommission zugesagt hat, deren Empfehlungen würden "eins zu eins" umgesetzt (dazu erneut Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage vom 28. Juli 2006, BT Drs. 16/2320 S. 1). Jedenfalls ist davon auszugehen, dass bei Erfüllen der von der Radarkommission formulierten Voraussetzungen vom Vorliegen der schädigenden Einwirkung einerseits und von der Kausalität dieser Einwirkung für die dann eingetretene Erkrankung ausgegangen werden muss (vgl. insoweit auch für viele: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. September 2015, L 10 VE 36/13 – juris -).

Der Kläger erfüllt nach der Auffassung des Senats die von der Radarkommission aufgestellten Voraussetzungen für eine Anerkennung der "Erkrankung des blutbildenden Systems (Haarzellleukämie)".

Grundvoraussetzung jeder Anerkennungsempfehlung der Radarkommission bei Expositionen dieser Art ist danach, dass es sich bei der streitgegenständlichen Krankheit um einen malignen Tumor - mit Ausnahme der Chronisch Lymphatischen Leukämie (CLL) - oder einen Katarakt (Trübung der Augenlinse) handelt, dass diese Erkrankung ärztlich diagnostiziert und mit pathologisch-histologischem Befund untermauert ist und eine Latenzzeit von mindestens fünf Jahren (bei soliden Tumoren) bzw. von mindestens zwei Jahren (bei Leukämie und Knochensarkomen) bestanden hat (S. 135 der Berichtes der Radarkommission).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Bei der Erkrankung des Klägers handelt es sich ausweislich der vorliegenden medizinischen Unterlagen von Professor Dr. F. vom 22. September 2011 (Bl. 206 ff der Gerichtsakte S 7 VE 16/09) und Dr. E. vom 10. März 2006 (Bl. 98 der VA der Beklagten) und der versorgungsmedizinischen Stellungnahme von Dr. L. vom 15. September 2008 (Bl. 251 der VA der Beklagten) um eine so genannte qualifizierte Erkrankung im Sinne der Voraussetzungen der Radarkommission (vgl. insoweit auch: Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Dezember 2011, L 6 VS 5431/08 juris –). Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

Der Kläger war nach der Auffassung des Senats zudem unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Radarkommission bereits allein in der Zeit der Ausbildung in C-Stadt vom 19. Februar 1960 bis zum 7. April 1960 als Operator für Flugsicherung an dem Radargerät Typ AN/CPN-4 einer erhöhten Strahlenbelastung ausgesetzt, die die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung in der Person der Klägers erfüllt.

Dies ergibt sich für den Senat zunächst aus den überzeugenden Angaben des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2018 in Verbindung mit seinen Ausführungen im Rahmen des Erörterungstermins am 11. Mai 2017. Dass der Kläger vom 19. Februar 1960 bis zum 7. April 1960 in C-Stadt an dem Radargerät Typ AN/CPN 4 als Operator für Flugsicherung ausgebildet wurde, bestreitet die Beklagte im Berufungsverfahren nun nicht mehr (Bl. 651/652 der Gerichtsakte). Im Rahmen des Verfahrens war die Beklagte zunächst davon ausgegangen, dass der Kläger nur wenige Tage seine Ausbildung zum Flugsicherungsgehilfen absolviert habe (vgl. Bl. 300, 311 der VA der Beklagten).

Der Kläger hat insoweit auch eine qualifizierende Tätigkeit als Operator/Bediener an Radaranlagen im Sinne des Berichtes der Radarkommission ausgeübt. So führt die Radarkommission (S. 44 des Berichts der Radarkommission) explizit bei der Beschreibung der Tätigkeitsprofile aus, dass in Phase 1 mit ungenügendem Strahlenschutz bei Reparatur- und Einstellarbeiten eines Radargerätes auch Mechaniker anderer Radargeräte und auf dem Gerät arbeitende Operator/Bediener Unterstützung hätten leisten müssen; dies sei regelmäßig für Geräte der HAWK-Batterie, des Radargerätes AN/CPN-4 sowie beim Waffensystem NIKE erfolgt. Die Radarkommission selbst ist demnach davon ausgegangen, dass bei diesen Systemen Operatoren/Bediener einer relevanten Exposition ausgesetzt waren (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. Dezember 2016, L 18 VS 3/09; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. September 2015, L 10 VE 36/13; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. Februar 2011, L 6 VS 3/06 – juris-).

Auf die besondere Situation an dem Radargerät AN/CPN-4 weist bereits das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in seinem Urteil vom 24. September 2015, L 10 VE 36/13 hin:

"Die Schwerpunktgruppe Radar räumt in ihrem Vermerk vom 8. Juli 2008 (Bl. 125 der Gerichtsakte) auch ein, dass eine Belastung durch Röntgenstörstrahlung bei einer Tätigkeit als Operator schon wegen der räumlichen Nähe zu Senderschränken gegeben ist. Sie geht in diesem Vermerk - im Gegensatz zum jetzigen Vortrag - auch nicht davon aus, dass dies nur bei einer längeren Dienstzeit an dem Gerät der Fall war. Dies deckt sich mit den Ausführungen von Oberfeldarzt Dr. N. in seiner medizinisch gutachtlichen Stellungnahme vom 10. März 2004 (Bl. 435 des Verwaltungsvorgangs). Dieser führt aus, da nun nachgewiesen sei, dass der Verstorbene in Phase I und II (zu dieser zeitlichen Einteilung vgl. den Bericht der Radarkommission S. 130) am CPN-4 (= AN/FPN-11) gearbeitet habe, sei laut Weisungslage eine Belastung relevanten Ausmaßes durch ionisierende Strahlung zu unterstellen und diese als kanzerogen anzusehen. Er hat daher auch vorgeschlagen einen "erfolglos strahlentherapierten Hirntumor" als WDB-Folge anzuerkennen."

Diese "Sonderstellung" von Operatoren am Gerät AN/CPN-4 bezüglich der Berücksichtigung ionisierender Strahlung aufgrund der baubedingten Besonderheiten des Radargerätes durch die räumliche Nähe der Operatoren zu den Sende- und Modularschränken bestätigt auch die Beklagte im Berufungsverfahren (Bl. 460 der GA).

Dass diese von der Radarkommission aufgestellten Grundsätze für Lehrgangsteilnehmer nicht gelten sollen, kann von dem Senat nicht nachvollzogen werden. Ausgehend von den Feststellungen des Berichts der Radarkommission, dass Operatoren regelmäßig zu solchen Arbeiten herangezogen wurden, lag es nach der Auffassung des Senats gerade nahe, diese im Rahmen der Ausbildung auch darauf vorzubereiten (so auch: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. September 2015, L 10 VE 36/13 – juris –). Dies wird nach der Auffassung des Senats durch die Angaben des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2018 und im Rahmen des Erörterungstermins am 11. Mai 2017 in wesentlichen Teilen bestätigt. So führt der Kläger aus, dass er sich im Rahmen der praktischen Ausbildung im Trailer bei Flugbetrieb über Stunden am Gerät befunden hat. Die praktische Ausbildung erfolgte dabei täglich morgens oder nachmittags am Radargerät mit einem Ausbilder, einem Techniker und ihm als Schüler. Hierbei erfolgten nach seinen Angaben gerade Einstellarbeiten, damit diese später praktisch von ihm ausgeübt werden konnten. Insoweit befand sich der Kläger in sitzender Körperhaltung in einem Abstand von ca. 30 cm zum Gerät. Die Angaben des Klägers sind für den Senat überzeugend und nachvollziehbar. Dass der Kläger sowohl eine Öffnung des Gerätes bzw. Reparaturarbeiten nicht mehr mit Sicherheit erinnern konnte, spricht nach der Auffassung des Senats gerade für die Glaubwürdigkeit seiner Angaben angesichts des Zeitablaufes und steht nicht im Widerspruch zu den Annahmen in dem Bericht der Radarkommission.

Untermauert wird dies nach der Auffassung des Senats im Weiteren durch die Ausführungen im Bericht der Radarkommission zu den Ausbildern an dem Radargerät AN/CPN-4. Hierzu führt der Bericht der Radarkommission (S. 47) aus:

"Spezifische, nicht durch die Teilberichte der "AG Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar" erfasste Expositionssituationen dürften für Lehrpersonal im Bereich Radartechnik an den technischen Schulen entstanden sein, da der Unterricht regelmäßige Demonstrationen der Vorgehensweise bei Arbeiten am offenen Gerät beinhaltete. Für das AN/CPN-4 wurde dies der Kommission detailliert dargestellt."

Bei dem Kläger handelte es sich bei seiner Tätigkeit am AN/CPN-4 entsprechend seinen für den Senat überzeugenden Ausführungen auch nicht um "nur gelegentliche Tätigkeiten im Gesamtumfang weniger Tage", wie dies die Beklagte unter Bezugnahme auf die Klarstellungen der Radarkommission in ihren Antworten auf den vom Bundesministerium für Verteidigung vorgelegten Katalog "Fragen/Auslegungen zum Bericht der Radarkommission" zunächst vorgetragen hat. Die Radarkommission hat zudem nicht von Mindestdienstzeiten gesprochen, die im Dienst am Radargerät zurückgelegt sein müssen (vgl. auch: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. September 2015, L 10 VE 36/13 – juris -).

Soweit die Beklagte ausführt, dass bei dem Radargerät AN/CPN-4 eine bauartbedingte Strahlenexposition allenfalls die unteren Extremitäten des Klägers habe betreffen können, da das Strahlfeld auf 50 cm über dem Boden ausweislich des Teilberichts AN/CPN-4 begrenzt gewesen sei und damit lediglich eine Teilkörperexposition des Klägers vorliege, die das erkrankte Organ nicht betreffe, da Zielorgan der Haarzellleukämie das rote Knochenmark sei, das vornehmlich im Bereich des Oberkörpers vorkomme, kann dies von dem Senat nicht nachvollzogen werden. Dies blendet zunächst aus, dass ausweislich des Teilberichts AN/CPN-4 die Arbeitshaltung im Sitzen erfolgte und Beine nebst Körperstamm betroffen waren – exponierte Körperteile - (Bl. 503 der GA). Dass der Kläger in sitzender Körperhaltung im Trailer am Radargerät tätig war, hat er auf Nachfrage des Senats im Termin zur mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2018 ausdrücklich bestätigt. Entsprechend den von der Beklagten in Bezug genommenen Angaben der Internationalen Strahlenschutzkommission ICRP verteilt sich zudem das rote Knochenmark in den Knochen eines erwachsenen Mannes von 25 Jahren als Prozentsatz von der Gesamtmasse des roten Knochenmarks im Körper auf Oberschenkelknochen, obere Hälfte i.H.v. 7,4 %, Hüftknochen i.H.v. 19,5 %, Kreuzbein i.H.v. 9,7 %, Lendenwirbel i.H.v. 11,7 %, demnach auf insgesamt 48,3 % der Gesamtmasse (Bl. 100 der GA). Soweit von Seiten der Beklagten insoweit von einem Ausschluss nach den Grundsätzen der Radarkommission ausgegangen wird (S. 136 c): "Eine Anerkennung kann ausgeschlossen werden, falls die Bundeswehr zeitnah nachweist, dass nur Teilkörperexpositionen auftreten konnten, die das erkrankte Organ nicht betrafen."), kann dies von dem Senat nicht nachvollzogen werden.

Dass theoretisch der sich im Trailer befindliche Operator-Platz 3 (Bl. 495, 501 der GA) nicht von dem Austritt eines Röntgenstrahlenbündels ausweislich des Teilberichts AN/CPN-4 betroffen war (S. 12), kann nach der Auffassung des Senats zudem zu keiner anderen Beurteilung führen. Diese Argumentation der Beklagten entbehrt jeglichen Bezuges zum vorliegenden Fall. Ausweislich der auch insoweit für den Senat nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Klägers unter Vorlage der räumlichen Verhältnisse des Trailers im Teilbericht AN/CPN-4 im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2018 war der Kläger je nach Einweisung des Ausbilders auf Operator-Platz 1 und 2 tätig.

Daneben ist zudem vorliegend zu berücksichtigen, dass der Kläger darüber hinaus einer weiteren Belastung mit Strahlung ausgesetzt war. Dies ergibt sich aus der Verwendung von radioaktiver Leuchtfarbe, die auch von der Beklagten eingeräumt wird (Ersatzdosisberechnung der Beklagten bezüglich des Klägers: Rotes Knochenmark (Bereich Sternum): 19 Millisievert (mSv), Rotes Knochenmark (Bereich Becken): 13 mSv). Ausweislich des Berichtes der Radarkommission (S. 128) ist für Leukämien und Myelodysplastische Syndrome der ursächliche Zusammenhang ab einer Organdosis (Knochenmark) von 0,2 Sv mit Wahrscheinlichkeit gegeben.

Ob der Kläger im Weiteren bei den Besuchen des Oberstabsfeldwebels P., der als Radartechniker an Leukämie erkrankte und bei dem dies als Wehrdienstbeschädigung von der Beklagten anerkannt wurde, in der rotation cabin und im Modulatorbuilding des Radargerätes T 80 in D-Stadt weiteren Strahlenexpositionen ausgesetzt war, wofür nach dem Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme einiges spricht, kann der Senat demnach vorliegend offen lassen. Er sah sich insoweit auch nicht zu weiteren Beweiserhebungen gedrängt.

Die Berufung des Klägers kann vorliegend nur als Anschlussberufung im Sinne des § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 524 ZPO zulässig sein. Eine eigenständige Berufung wäre bereits wegen Versäumung der Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 SGG unzulässig. Das Urteil des Sozialgerichts ist dem Kläger am 4. November 2014 zugestellt worden und die Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG ist durch die Einlegung der Berufung am 16. März 2016 nicht gewahrt worden. Die Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 SGG gilt nicht für die Anschlussberufung, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch in der Sozialgerichtsbarkeit statthaft ist.

Die Anschlussberufung des Klägers im zuletzt beantragten Umfang bezüglich einer Versorgung ab dem 1. März 2006 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des SVG i.V.m. dem BVG wegen der Gesundheitsstörung "Erkrankung des blutbildenden Systems (Haarzellleukämie)" als Folge einer Wehrdienstbeschädigung ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch zulässig und begründet. Zwar ist eine Anschlussberufung unzulässig, wenn sie nicht den gleichen prozessualen Anspruch wie die Hauptberufung der Beklagten betrifft, sondern einen neuen Streitgegenstand in das Berufungsverfahren einführt. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat anschließt, ausgeschlossen (vgl. u.a.: Bundessozialgericht, Urteil vom 5. Mai 2010, B 6 KA 6/09 R – juris -; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 143 Rdnr. 5d). Die Anschlussberufung bietet zwar die Möglichkeit, die vom Berufungskläger angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts auch zu seinen, des sich Anschließenden, Gunsten ändern zu lassen. Mit ihr können aber nicht Teile des sozialgerichtlichen Urteils zur Prüfung des Berufungsgerichts gestellt werden, die von der Berufung nicht erfasst werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 23. Juni 1998, B 4 RA 33/97 R und Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, Stand: 11/17, § 143 Rdnr. 22 ff).

Anders verhält es sich vorliegend jedoch bezüglich des Versorgungsbegehrens des Klägers im Blick auf die von dem Sozialgericht als Folge einer Wehrdienstbeschädigung zuerkannten Gesundheitsstörung "Erkrankung des blutbildenden Systems (Haarzellleukämie)". Hier ist kein neuer Streitgegenstand betroffen. Die Anschlussberufung geht insoweit zulässigerweise im Zusammenhang mit dem von der Hauptberufung erfassten Streitgegenstand über das Ziel der Zurückweisung der Hauptberufung hinaus (BSGE 24, 247,249; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Februar 2016, L 20 SO 476/12 – juris-). Nach dem vorherrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff richtet sich der Streitgegenstand nach dem Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, sowie nach dem Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, Vorbemerkung § 94 Rdnr. 3; Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Februar 2005, B 4 RA 48/04 R, Rdnr. 3 – juris -). Der Kläger hat ausweislich seines Klageschriftsatzes vom 1. Dezember 2012 ausdrücklich neben der Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung die Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz beantragt, die bereits ausweislich des Wortlautes des § 80 Satz 1 SVG wesentlich mit dieser verbunden ist.

Diesen Antrag hat der im erstinstanzlichen Verfahren unvertretene Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht im Rahmen des Erörterungstermins vor dem Sozialgericht Wiesbaden am 27. März 2014 "zurückgenommen" und sein Klagebegehren auf die reine Anerkennung von Wehrdienstbeschädigungsfolgen begrenzt, sodass die Entscheidungen des Rechtvorgängers der Beklagten hierzu bestandskräftig geworden sind. Der nicht mehr gestellte Hilfsantrag des Klägers bezog sich insoweit eindeutig nur auf eine andere Ersatzdosisberechnung. Lediglich ergänzend weist der Senat insoweit darauf hin, dass im Zweifel davon auszugehen ist, dass unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips alles begehrt wird, was dem Kläger aufgrund des Sachverhalts rechtlich zusteht und das Gericht gemäß § 123 SGG über die vom Kläger erhobenen Ansprüche entscheidet, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein bzw. auf die Stellung sachgerechter Anträge insbesondere bei unvertretenen Klägern hinzuwirken hat, § 153 Abs. 1 i.V.m. § 106 Abs. 1 SGG (vgl. hierzu ausführlich: Bundessozialgericht, Urteil vom 24. April 2008, B 9/9a SB 10/06 R – juris -). Insoweit ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Antrag des Klägers auf Versorgung im erstinstanzlichen Urteil (im schriftlichen Verfahren) nicht mit aufgenommen und hierüber von dem Sozialgericht auch keine Entscheidung getroffen worden ist, da dieses irrtümlich das Versorgungsbegehren des Klägers als nicht mehr entscheidungsbedürftig angesehen hat. Der Rechtsirrtum eines Gerichts, der auf der unzutreffenden Auslegung des geltend gemachten Klagebegehrens oder der irrtümlichen Annahme einer Beschränkung der Klage beruht, ist typischer Grund für eine bewusste Ausklammerung eines Teils des Klagebegehrens aus der einen Rechtsstreit abschließenden Entscheidung durch ein Vollurteil. Das Landessozialgericht hat dann über dieses Begehren im Berufungsverfahren zu entscheiden (Bundessozialgericht, Beschluss vom 2. April 2014, B 3 KR 3/14 B und Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 22. November 2016, L 15 VS 6/15 – juris).

Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 BVG, das entsprechend anzuwenden ist, § 80 Satz 1 SVG, beginnt die Beschädigtenversorgung mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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