Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 4 RA 211/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 RA 66/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
4 RA 143/03 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 7. November 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im zweiten Verfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) Witwerrente.
Der am 00.00.1935 geborene Kläger, der seit dem 25.02.2000 wieder verheiratet ist, war mit der am 00.00.1983 gestorbenen Versicherten M verheiratet gewesen. Diese hatte wegen der Folgen eines Krebsleidens ab Mai 1980 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen (bis Juni 1983 in Höhe von 830,40 DM, ab 1.7.1983 DM 868,00). In ihrem Rentenantrag hatte sie zur Frage nach der von ihr noch verrichteten Tätigkeit angegeben:" Im eigenen Haushalt unter Mithilfe des Ehemannes". Der Kläger war seinerzeit als Schlosser erwerbstätig mit einem Jahres-Bruttolohn in Höhe von 37.394,20 DM. Die Eheleute wohnten im Hause der Versicherten. Die Versicherte war in der Zeit von September 1982 bis September 1983 mehrfach, insgesamt siebenmal für jeweils drei bis sieben Tage und im April/Mai 1983 für etwa 5 Wochen stationär im G- Hospital C behandelt worden.
Im Juni 1992 beantragte der Kläger erstmals Hinterbliebenenrente, legte eine Arbeitgeberauskunft über sein Einkommen in den Jahren 1991 und 1992 bei und erklärte, der Haushalt sei bis Anfang September 1993 von seiner Ehefrau mit ca. 6 Stunden täglich geführt worden, im Monat September 1983 nur noch in beschränktem Umfang von täglich 2 - 4 Stunden. Er versicherte ferner, dass sein Lohn ausschließlich für Instandhaltung und Modernisierung und Abtragung der Schulden für das Haus verwendet worden sei. Die Rente seiner Frau sei für Haushalt und Lebensunterhalt verwendet worden. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers durch Bescheid vom 28.9.1992 mit der Begründung ab, die Ehefrau habe, was sich aus der Gegenüberstellung des Renteneinkommens einerseits und dem Arbeitseinkommen des Klägers andererseits ergebe, den Familien- unterhalt nicht überwiegend bestritten. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 30.3.1993) erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Dortmund (S 16 An 42/93) zu deren Begründung er vor allem geltend machte, der Mietwert des Hauses sei höher zu veranschlagen, der Haushalt sei alleine von der Ehefrau geführt worden und auf der Seite seiner Einkünfte dürfe nur der Nettolohn berücksichtigt werden.
Das SG wies die Klage durch Urteil von 09.06.1994 ab. Es ging aus von dem Lohn des Klägers abzüglich Steuern und führte aus, Sozialversicherungsbeiträge seien nicht abzuziehen, da diese der Vorsorge dienten und damit zum Familienunterhalt beitrügen. Im Berufungsverfahren wurden Befundberichte eingeholt, wonach der Versicherten im Mai 1983 nach einem Ileus ein anus praeter gelegt worden war, und eine Auskunft des G-Hospitals C beigezogen. Nach letzterer war die Versicherte bis April 1983 in der Haushaltsführung eingeschränkt gewesen, danach dürfte dies nicht mehr möglich gewesen sein. Das Landessozialgericht (LSG) wies die Berufung (L 18 RA 81/94) durch Urteil vom 16.04.1996 zurück. Auch das LSG ging davon aus, dass die Versicherte nicht überwiegend den Familienunterhalt getragen habe. Berücksichtigt wurde auf Seiten des Klägers ein Bruttoeinkommen abzüglich Steuern in Höhe von 2.688,63 DM sowie der Wert der Hausarbeit - unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeit -in Höhe von 4.364,50 DM. Auf Seiten der Ehefrau wurde neben der Rente ein Mietwert in Höhe von 900,00 DM sowie 2.182,25 DM für 2 Stunden Hausarbeit (wegen der Schwere der Erkrankung nur zumutbar) angesetzt. Beim Kläger ergab sich mit einem Jahreseinkommen von 36.628,06 DM ein höherer Beitrag zum Familieneinkommen als bei der Ehefrau mit 30.916,43 DM.
Im November 1998 stellte der Kläger einen neuen Antrag auf Hinterbliebenenrente, der unter Bezugnahme auf das rechtskräftige Urteil des LSG durch Bescheid vom 4.1.1999 (Widerspruchsbescheid vom 30.4.1999) abgelehnt wurde mit der Begründung, neue Gesichtspunkte lägen nicht vor. Seine anschliessende Klage zum SG Dortmund (S 25 (16) RA 155/99) stützte der Kläger zunächst auf das Argument, die Ehefrau sei durchaus in der Lage gewesen, den Haushalt zu bewältigen und habe dies auch getan. Er legte hierzu 2 Fotos vor sowie ärztliche Berichte, unter anderem einen Bericht des G-Hospitals C vom Dezember 1982, in dem von einem damals sehr gutem Allgemeinbefinden gesprochen wurde. Das SG erhob Beweis durch Vernehmung der Zeugin L , die bekundete, die Versicherte ca. alle 4 Wochen einmal gesehen zu haben. Die Zeugin konnte nichts zum Gesundheitszustand und zum Befinden in den Jahren 1982/1983 aussagen. Sie gab aber an, sie habe die Versicherte noch im Sommer / Herbst 1983 gesehen, zu diesem Zeitpunkt sei die Versicherte noch in der Lage gewesen, den Haushalt zu führen. Man habe sich unterhalten und von der Versicherten gekochten Kaffee getrunken. Die Versicherte sei in der Haushaltsführung sehr genau gewesen und hätte dies niemanden anderes machen lassen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung machte der Kläger dann (wieder) geltend, es seien die Gesamtsozialversicherungsbeiträge von seinem Einkommen abzuziehen. Die Beteiligten schlossen daraufhin einen Vergleich, mit dem die Beklagte sich verpflichtete, zur Frage der Abzugsfähigkeit der Gesamtsozialversicherungsbeiträge eine Überprüfung nach § 44 SGB X vorzunehmen.
Durch Bescheid vom 15.06.2001 lehnte die Beklagte die Rücknahme ihrer früheren Entscheidungen und den Abzug des Sozialversicherungsbeitrages bei der Einkommensermittlung ab. Zur Begründung führte sie aus, Sozialversicherungsbeiträge seien ein Beitrag zum Familienunterhalt, da sie der Vorsorge für Alter, Krankheit und Arbeitslosigkeit dienten. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich um Pflicht- oder freiwillige Beiträge handele. Dem stehe auch das Urteil des 11. Senats des BSG vom 16.12.1981 nicht entgegen, da es sich nur zu Unterhaltsbeträgen für die Zeit vor 01.07.1977 verhalte, also für die Zeit vor Inkrafttreten des neuen Eherechts, dass die Unterhaltsansprüche unter Eheleuten neu geregelt habe.
Nach Zurückweisung seines Widerspruchs durch Bescheid vom 14.08.2001 hat der Kläger am 3.9.2001 erneut Klage zum SG Dortmund erhoben. Er hat sich auf das Urteil des BSG vom 16.12.1981 bezogen.
Durch Urteil vom 7.11.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Beklagte habe es nach § 44 SGB X zu Recht abgelehnt, ihre früheren Entscheidungen über die Ablehnung einer Hinterbliebenenrente zurückzunehmen und dem Kläger Witwerrente zu gewähren.Es sei bei den früheren Entscheidungen weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen noch das Recht unrichtig angewandt worden.
Hinsichtlich des zugrunde liegenden Sachverhaltes sei von den gleichen Daten und Zahlen auszugehen, die das LSG in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 16.04.1996 zugrunde gelegt habe. Insbesondere bestehe kein Anlass, über die Höhe des Beitrages, der durch die Haushaltsführung jeweils dem Familienvermögen zugeflossen ist, eine abweichende Entscheidung zu treffen. Es sei zwar im Vorprozess die Zeugin gehört worden, die den Gesundheitszustand der Versicherten noch im Spätsommer 1993 als gut beschrieben habe. Auch sei ausgesagt worden, dass die Versicherte ihren Haushalt selbst geführt habe. Diese Frage sei aber, wie das LSG bereits ausgeführt habe, nicht relevant. Es komme nämlich nicht darauf an, in welchem Umfang tatsächlich der Haushalt geführt wurde, sondern in welchem Umfang er zumutbar zu führen gewesen wäre. Hierzu habe das Krankenhaus sachkundig ausgesagt. Der von der Zeugin berichtete Einsatz der Versicherten im Haushalt habe nach den Feststellungen des Krankenhauses ihr nicht mehr abverlangt werden können.
Ebenso wenig könne sich ein abweichendes Ergebnis damit begründen lassen, dass der Kläger selbst zu der ihm obliegenden Hausarbeit nicht in der Lage gewesen wäre. Er selbst sei nämlich als Schlosser in F tätig gesesn. Eine 15-stündige tägliche Abwesenheit, die ihn an der Haushaltsführung gehindert hätte, lasse sich daraus nicht herleiten. Weder fielen erhebliche Wege für die Fahrt vom Wohnort in B nach F an, noch lasse sein seinerzeitiger Bruttolohn Rückschlüsse darauf zu, dass er mehr alsnormale Schichten gearbeitet habe.
Mit der Ablehnung einer Hinterbliebenenrente habe die Beklagte auch nicht das Recht unrichtig angewandt. Es könne hier dahin stehen, ob mit diesem Einwand überhaupt im Wege des § 44 SGB X eine Entscheidung angegriffen werden könne, die durch ein rechts- kräftiges Urteil bestätigt worden sei. Der vom Kläger gerügte Nichtabzug der Gesamtsozialversicherungsbeiträge sei nämlich ausdrücklich im erstinstanzlichen Urteil, über das das LSG am 16.04.1996 entschieden habe, begründet worden. Die Kammer sehe keinen Anlass, von dieser Entscheidung, die insoweit vom LSG bestätigt worden sei, abzuweichen. Zwar habe der 11. Senat des BSG in der bereits erwähnten Entscheidung vom Dezember 1981 noch entschieden, dass für die Frage, welcher Ehepartner in welchem Umfang den Familienunterhalt bestritten hat, vom Nettoeinkommen auszugehen sei. Diese Entscheidung betreffe aber ausdrücklich die Rechtslage für die Zeit vor dem 01.07.1977, dies vor dem Hintergrund, dass die Frage nach dem Unterhaltscharakter von Vorsorgeaufwendungen durch das zum 01.07.1977 in Kraft getretene Eherecht abweichend zu beurteilen sei. Im Gegensatz zur alten Rechtslage habe der Gesetzgeber nämlich ab 01.07.1977 die Kosten einer angemessenen Versicherung unter bestimmten Voraussetzungen in den Unterhalt einbezogen. Deshalb sei die Entscheidung ausdrücklich auf die Rechtslage für die Zeit vor diesem Datum beschränkt.
Unabhängig von der unterhaltsrechtlichen Beurteilung sei der Rechtsprechung des 11. Senats nicht zu folgen. Der 11. Senat habe seine Entscheidung auf Sinn und Wortlaut des § 43 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG- Nachfolgenorm: § 303 Sozialgesetzbuch 6.Buch- SGB VI) gestützt. Hierbei habe er ausgeführt, die Witwerrente habe nicht die Funktion, zu Lebzeiten der Versicherten vorgenommene Vorsorgeaufwendungen zu ersetzen. Schon dieser Gedankengang zeige, dass der 11. Senat von der umgekehrten Interessenlage ausgegangen sei, nämlich der Frage, ob Vorsorgeaufwendungen, die die Ehefrau erbracht habe, dem Familienunterhalt zuzurechnen sei. Hier liege die Sachlage aber genau anders herum. Dies zeige auch, dass das Argument des 11. Senats nicht greifen könne. Die für § 43 AVG ebenso wie für § 303 SGB VI relevante Frage, wer überwiegend den Familienunterhalt bestritten habe, könne nicht danach differenziert werden, wer innerhalb einer Ehe welche Leistungen, zum Beispiel hier die Vorsorgeleistungen übernommen habe. Jedenfalls ziehe das Argument des 11. Senates nicht für den hier vorliegenden Fall, in dem der Beitrag des Ehemannes festzustellen sei. Auch das weitere Argument des 11. Senats, das sich auf den Wortlaut der Norm stütze, vermöge nicht zu überzeugen. Das BSG folgere aus dem Begriff " den Unterhalt ihrer Familie ... bestritten hat ", dass damit ein irgendwie gestaltetes Tätigwerden für den Familienunterhalt gefordert werde. Nicht die Arbeit an sich rechtfertige das " Bestreiten " sondern erst das Beitragen durch aktives Tun. Darüber müsse die Person aber entsprechend verfügen können. Zur Überzeugung der Kammer verkürze diese eng an den Wortlaut gelehnte Interpretation den Sinn des Gesetzes. Grundsätzlich habe nach altem Recht Hinterbliebenenrente nur der Witwe, nicht dem Witwer zugestanden. Eine Ausnahme habe § 43 AVG gebildet, mit dem dem Witwer ausnahmsweise ein Anspruch dann habe zustehen können, wenn die Ehefrau überwiegend zum Familienunterhalt beigetragen habe. Anlass der damaligen Gesetzgebung sei das frühere Leitbild der Familie mit dem Ehemann als Ernährer, dessen Einkommen es nach dem Tode zu ersetzen galt. Dementsprechend habe der Witwer nur dann privilegiert werden sollen, wenn - abweichend von dem früheren Leitbild - die Ehefrau die Haupternährerin der Familie war. Diese Frage könne aber nicht davon abhängen, ob der Unterhalt durch aktives Tun bestritten wurde oder ob die Unterhaltsleistung, die der Familie letztlich zugute kam, automatisch oder per Gesetz gezahlt worden ist. Wesentlich erscheine hier vielmehr, aus wessen Vermögen die Vermögensverschiebung erfolgt ist, die dann dem Familienunterhalt zugeflossen ist.
Sozialversicherungsbeiträge seien Vorsorgeleistungen, die der Absicherung der Risiken Alter, Krankheit und Arbeitslosigkeit und damit dem Unterhalt der Familie dienten. Durch die Versicherungsbeiträge, die vom Lohn des Klägers abgezogen wurden, sei ein Wert dem Familienunterhalt zugekommen. Durch diese gesetzlich erzwungene Vorsorge habe die Familie auch entsprechende freiwillige Vorsorge erspart. Unstreitig wäre aber eine aufgrund eigener Entscheidung eingerichtete Vorsorge, die die gleichen Risiken abdeckt wie jene der gesetzlichen Sozialversicherung, als den Unterhalt bestreitend im Sinne des § 43 AVG anzurechnen. Es bestehe keine Veranlassung, hier zu unterscheiden, ob diese Vorsorge der eigenen Disposition unterliege oder nicht. Die Kammer folge daher der Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 16.03.1989 ( 4/1 RA 17/87) und sehe die dort ausgeführten Erwägungen ebenso anwendbar an für die Fälle einer gesetzlichen - und nicht nur freiwilligen - Sozialversicherung. Damit seien aber die vom LSG in seiner Entscheidung vom 16.04.1996 zugrunde gelegten Zahlen weiterhin zutreffend.
Gegen das am 10.12.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.12.2002 Berufung eingelegt. Er hält die Rechtsauffassung des SG für falsch und meint, nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19.11.2002 (3 AZR 631/97) komme es wegen des europarechtlichen Diskriminierungsverbots nicht mehr darauf an, welcher der Ehepartner überwiegend zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 07.11.2002 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.06.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2001 zu verurteilen, den Bescheid vom 28.09.1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.03.1993 und den Bescheid vom 04.01.1999 in der Fassung des Widerspruchsbecheides vom 30.03.1999 zurückzunehmen und ihm von Januar 1997 bis Februar 2000 Witwerrente nach der Versicherten M zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend und das Urteil des BAG nicht für einschlägig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Vorprozessakten S 16 An 42/93 und S 25 (16) RA 155/99, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid vom 15.6.2001 ist nicht rechtswidrig. Die Beklagte hat mit ihm gemäß § 44 SGB X zutreffend die Zurücknahme der bindend gewordenen Verwaltungsakte vom 28.9.1992 und 4.1.1999 und die Gewährung einer Hinterbliebenenrente abgelehnt.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Witwerrente.
Weil die Versicherte vor dem 1.1.1986 verstorben ist, kam ein Anspruch auf Witwerrente für den Kläger gemäß § 303 S. 1 SGB VI unter den sonstigen Voraussetzungen des geltenden Rechts ( s.§ 46 SGB VI) nur in Betracht, wenn die Verstorbene den Unterhalt ihrer Familie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode überwiegend bestritten hätte.
Das war aber, wie dem Kläger ausführlich bereits im Urteil des LSG vom 16.4.1996 erörtert worden ist, nicht der Fall. Der zum Ausgangspunkt des zweiten Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X gemachte Einwand, bei der Ermittlung des Unterhaltsbeitrags des Klägers müsse sein Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgezogen werden, ist, wie das Sozialgericht im angefochtenen Urteil richtig dargelegt hat, weder neu noch zutreffend. Der Senat nimmt insoweit auf die ausführlichen, die erstinstanzlich diskutierten Streitpunkte umfassend und zutreffend abhandelnden Ausführungen des Sozialgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug, denen er folgt und denen nichts hinzuzufügen ist (§ 153 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Der zweitinstanzliche Vortrag des Klägers rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Soweit der Kläger geltend macht, es komme inzwischen für die Gewährung einer Witwerrente nicht mehr darauf an, welcher der Ehepartner überwiegend zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen hat, ist dies nur teilweise, in einem anderen Sinne und aus anderen als den vom Kläger angeführten Gründen richtig.
Richtig ist, dass nach § 46 SGB VI die Witwerrente nicht (mehr) von der überwiegenden Unterhaltsleistung der Ehefrau abhängig ist; § 46 SGB VI wird aber durch die Sonderregelung des § 303 SGB VI eingeschränkt, wenn - wie hier - die Versicherte vor dem 1.1.1986 gestorben ist. § 303 SGB VI (in Kraft getreten am 1.1.1992 ) und § 43 AVG in der Fassung des Hinterbliebenen- und Erziehungszeiten- Gesetzes vom 11.7.1985 (BGBL I 1450 - HEZG) erhalten die bis 31.12.1985 geltenden Einschränkungen der Ansprüche eines Witwers aufrecht, sofern die Versicherte vor dem 1.1.1986 verstorben ist.
Zur Vermeidung neuer Anträge des Klägers weist der Senat darauf hin, dass die Neuregelung der Witwerrente im HEZG verfassungsgemäß ist (BVerfG SozR 5750 Art.18 Nr. 4). Insbesondere ist auch verfassungsgemäß, dass der Gesetzgeber die vor dem 1.1.1986 liegenden Versicherungsfälle weiterhin nach altem und nicht nach geändertem Recht beurteilt hat (vgl. BVerfG SozR 2200 § 1264 Nr.8).
Der Hinweis des Klägers auf das Diskriminierungsverbot des Art. 141 EG-Vertrag und das Urteil des BAG vom 19.11.2002 - 3 AZR 631/97 - geht fehl.
Art.141 EG-Vertrag (früher Art. 119 EG-Vertrag) greift hier nicht ein, weil der Entgeltbegriff dieser Vorschrift auf gesetzliche Altersversicherungssysteme, anders als auf betriebliche Altersversorgungsysteme, nicht anzuwenden ist (Europäischer Gerichtshof Rs 80/70 Defrenne/ Belgien, Sammlung 1971,445). Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung beruhen nämlich überwiegend auf sozialpolitischen , vom Arbeitsverhältnis losgelösten Erwägungen (vgl. Coen in: Lenz, EG-Vertrag Kommentar, 2.Auflage 1999, Rdnr. 8 zu Art.141).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden. Insbesondere folgt der Senat , wie das Sozialgericht, der Rechtsprechung des für Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten zuständigen 4. Senats des BSG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im zweiten Verfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) Witwerrente.
Der am 00.00.1935 geborene Kläger, der seit dem 25.02.2000 wieder verheiratet ist, war mit der am 00.00.1983 gestorbenen Versicherten M verheiratet gewesen. Diese hatte wegen der Folgen eines Krebsleidens ab Mai 1980 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen (bis Juni 1983 in Höhe von 830,40 DM, ab 1.7.1983 DM 868,00). In ihrem Rentenantrag hatte sie zur Frage nach der von ihr noch verrichteten Tätigkeit angegeben:" Im eigenen Haushalt unter Mithilfe des Ehemannes". Der Kläger war seinerzeit als Schlosser erwerbstätig mit einem Jahres-Bruttolohn in Höhe von 37.394,20 DM. Die Eheleute wohnten im Hause der Versicherten. Die Versicherte war in der Zeit von September 1982 bis September 1983 mehrfach, insgesamt siebenmal für jeweils drei bis sieben Tage und im April/Mai 1983 für etwa 5 Wochen stationär im G- Hospital C behandelt worden.
Im Juni 1992 beantragte der Kläger erstmals Hinterbliebenenrente, legte eine Arbeitgeberauskunft über sein Einkommen in den Jahren 1991 und 1992 bei und erklärte, der Haushalt sei bis Anfang September 1993 von seiner Ehefrau mit ca. 6 Stunden täglich geführt worden, im Monat September 1983 nur noch in beschränktem Umfang von täglich 2 - 4 Stunden. Er versicherte ferner, dass sein Lohn ausschließlich für Instandhaltung und Modernisierung und Abtragung der Schulden für das Haus verwendet worden sei. Die Rente seiner Frau sei für Haushalt und Lebensunterhalt verwendet worden. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers durch Bescheid vom 28.9.1992 mit der Begründung ab, die Ehefrau habe, was sich aus der Gegenüberstellung des Renteneinkommens einerseits und dem Arbeitseinkommen des Klägers andererseits ergebe, den Familien- unterhalt nicht überwiegend bestritten. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 30.3.1993) erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Dortmund (S 16 An 42/93) zu deren Begründung er vor allem geltend machte, der Mietwert des Hauses sei höher zu veranschlagen, der Haushalt sei alleine von der Ehefrau geführt worden und auf der Seite seiner Einkünfte dürfe nur der Nettolohn berücksichtigt werden.
Das SG wies die Klage durch Urteil von 09.06.1994 ab. Es ging aus von dem Lohn des Klägers abzüglich Steuern und führte aus, Sozialversicherungsbeiträge seien nicht abzuziehen, da diese der Vorsorge dienten und damit zum Familienunterhalt beitrügen. Im Berufungsverfahren wurden Befundberichte eingeholt, wonach der Versicherten im Mai 1983 nach einem Ileus ein anus praeter gelegt worden war, und eine Auskunft des G-Hospitals C beigezogen. Nach letzterer war die Versicherte bis April 1983 in der Haushaltsführung eingeschränkt gewesen, danach dürfte dies nicht mehr möglich gewesen sein. Das Landessozialgericht (LSG) wies die Berufung (L 18 RA 81/94) durch Urteil vom 16.04.1996 zurück. Auch das LSG ging davon aus, dass die Versicherte nicht überwiegend den Familienunterhalt getragen habe. Berücksichtigt wurde auf Seiten des Klägers ein Bruttoeinkommen abzüglich Steuern in Höhe von 2.688,63 DM sowie der Wert der Hausarbeit - unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeit -in Höhe von 4.364,50 DM. Auf Seiten der Ehefrau wurde neben der Rente ein Mietwert in Höhe von 900,00 DM sowie 2.182,25 DM für 2 Stunden Hausarbeit (wegen der Schwere der Erkrankung nur zumutbar) angesetzt. Beim Kläger ergab sich mit einem Jahreseinkommen von 36.628,06 DM ein höherer Beitrag zum Familieneinkommen als bei der Ehefrau mit 30.916,43 DM.
Im November 1998 stellte der Kläger einen neuen Antrag auf Hinterbliebenenrente, der unter Bezugnahme auf das rechtskräftige Urteil des LSG durch Bescheid vom 4.1.1999 (Widerspruchsbescheid vom 30.4.1999) abgelehnt wurde mit der Begründung, neue Gesichtspunkte lägen nicht vor. Seine anschliessende Klage zum SG Dortmund (S 25 (16) RA 155/99) stützte der Kläger zunächst auf das Argument, die Ehefrau sei durchaus in der Lage gewesen, den Haushalt zu bewältigen und habe dies auch getan. Er legte hierzu 2 Fotos vor sowie ärztliche Berichte, unter anderem einen Bericht des G-Hospitals C vom Dezember 1982, in dem von einem damals sehr gutem Allgemeinbefinden gesprochen wurde. Das SG erhob Beweis durch Vernehmung der Zeugin L , die bekundete, die Versicherte ca. alle 4 Wochen einmal gesehen zu haben. Die Zeugin konnte nichts zum Gesundheitszustand und zum Befinden in den Jahren 1982/1983 aussagen. Sie gab aber an, sie habe die Versicherte noch im Sommer / Herbst 1983 gesehen, zu diesem Zeitpunkt sei die Versicherte noch in der Lage gewesen, den Haushalt zu führen. Man habe sich unterhalten und von der Versicherten gekochten Kaffee getrunken. Die Versicherte sei in der Haushaltsführung sehr genau gewesen und hätte dies niemanden anderes machen lassen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung machte der Kläger dann (wieder) geltend, es seien die Gesamtsozialversicherungsbeiträge von seinem Einkommen abzuziehen. Die Beteiligten schlossen daraufhin einen Vergleich, mit dem die Beklagte sich verpflichtete, zur Frage der Abzugsfähigkeit der Gesamtsozialversicherungsbeiträge eine Überprüfung nach § 44 SGB X vorzunehmen.
Durch Bescheid vom 15.06.2001 lehnte die Beklagte die Rücknahme ihrer früheren Entscheidungen und den Abzug des Sozialversicherungsbeitrages bei der Einkommensermittlung ab. Zur Begründung führte sie aus, Sozialversicherungsbeiträge seien ein Beitrag zum Familienunterhalt, da sie der Vorsorge für Alter, Krankheit und Arbeitslosigkeit dienten. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich um Pflicht- oder freiwillige Beiträge handele. Dem stehe auch das Urteil des 11. Senats des BSG vom 16.12.1981 nicht entgegen, da es sich nur zu Unterhaltsbeträgen für die Zeit vor 01.07.1977 verhalte, also für die Zeit vor Inkrafttreten des neuen Eherechts, dass die Unterhaltsansprüche unter Eheleuten neu geregelt habe.
Nach Zurückweisung seines Widerspruchs durch Bescheid vom 14.08.2001 hat der Kläger am 3.9.2001 erneut Klage zum SG Dortmund erhoben. Er hat sich auf das Urteil des BSG vom 16.12.1981 bezogen.
Durch Urteil vom 7.11.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Beklagte habe es nach § 44 SGB X zu Recht abgelehnt, ihre früheren Entscheidungen über die Ablehnung einer Hinterbliebenenrente zurückzunehmen und dem Kläger Witwerrente zu gewähren.Es sei bei den früheren Entscheidungen weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen noch das Recht unrichtig angewandt worden.
Hinsichtlich des zugrunde liegenden Sachverhaltes sei von den gleichen Daten und Zahlen auszugehen, die das LSG in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 16.04.1996 zugrunde gelegt habe. Insbesondere bestehe kein Anlass, über die Höhe des Beitrages, der durch die Haushaltsführung jeweils dem Familienvermögen zugeflossen ist, eine abweichende Entscheidung zu treffen. Es sei zwar im Vorprozess die Zeugin gehört worden, die den Gesundheitszustand der Versicherten noch im Spätsommer 1993 als gut beschrieben habe. Auch sei ausgesagt worden, dass die Versicherte ihren Haushalt selbst geführt habe. Diese Frage sei aber, wie das LSG bereits ausgeführt habe, nicht relevant. Es komme nämlich nicht darauf an, in welchem Umfang tatsächlich der Haushalt geführt wurde, sondern in welchem Umfang er zumutbar zu führen gewesen wäre. Hierzu habe das Krankenhaus sachkundig ausgesagt. Der von der Zeugin berichtete Einsatz der Versicherten im Haushalt habe nach den Feststellungen des Krankenhauses ihr nicht mehr abverlangt werden können.
Ebenso wenig könne sich ein abweichendes Ergebnis damit begründen lassen, dass der Kläger selbst zu der ihm obliegenden Hausarbeit nicht in der Lage gewesen wäre. Er selbst sei nämlich als Schlosser in F tätig gesesn. Eine 15-stündige tägliche Abwesenheit, die ihn an der Haushaltsführung gehindert hätte, lasse sich daraus nicht herleiten. Weder fielen erhebliche Wege für die Fahrt vom Wohnort in B nach F an, noch lasse sein seinerzeitiger Bruttolohn Rückschlüsse darauf zu, dass er mehr alsnormale Schichten gearbeitet habe.
Mit der Ablehnung einer Hinterbliebenenrente habe die Beklagte auch nicht das Recht unrichtig angewandt. Es könne hier dahin stehen, ob mit diesem Einwand überhaupt im Wege des § 44 SGB X eine Entscheidung angegriffen werden könne, die durch ein rechts- kräftiges Urteil bestätigt worden sei. Der vom Kläger gerügte Nichtabzug der Gesamtsozialversicherungsbeiträge sei nämlich ausdrücklich im erstinstanzlichen Urteil, über das das LSG am 16.04.1996 entschieden habe, begründet worden. Die Kammer sehe keinen Anlass, von dieser Entscheidung, die insoweit vom LSG bestätigt worden sei, abzuweichen. Zwar habe der 11. Senat des BSG in der bereits erwähnten Entscheidung vom Dezember 1981 noch entschieden, dass für die Frage, welcher Ehepartner in welchem Umfang den Familienunterhalt bestritten hat, vom Nettoeinkommen auszugehen sei. Diese Entscheidung betreffe aber ausdrücklich die Rechtslage für die Zeit vor dem 01.07.1977, dies vor dem Hintergrund, dass die Frage nach dem Unterhaltscharakter von Vorsorgeaufwendungen durch das zum 01.07.1977 in Kraft getretene Eherecht abweichend zu beurteilen sei. Im Gegensatz zur alten Rechtslage habe der Gesetzgeber nämlich ab 01.07.1977 die Kosten einer angemessenen Versicherung unter bestimmten Voraussetzungen in den Unterhalt einbezogen. Deshalb sei die Entscheidung ausdrücklich auf die Rechtslage für die Zeit vor diesem Datum beschränkt.
Unabhängig von der unterhaltsrechtlichen Beurteilung sei der Rechtsprechung des 11. Senats nicht zu folgen. Der 11. Senat habe seine Entscheidung auf Sinn und Wortlaut des § 43 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG- Nachfolgenorm: § 303 Sozialgesetzbuch 6.Buch- SGB VI) gestützt. Hierbei habe er ausgeführt, die Witwerrente habe nicht die Funktion, zu Lebzeiten der Versicherten vorgenommene Vorsorgeaufwendungen zu ersetzen. Schon dieser Gedankengang zeige, dass der 11. Senat von der umgekehrten Interessenlage ausgegangen sei, nämlich der Frage, ob Vorsorgeaufwendungen, die die Ehefrau erbracht habe, dem Familienunterhalt zuzurechnen sei. Hier liege die Sachlage aber genau anders herum. Dies zeige auch, dass das Argument des 11. Senats nicht greifen könne. Die für § 43 AVG ebenso wie für § 303 SGB VI relevante Frage, wer überwiegend den Familienunterhalt bestritten habe, könne nicht danach differenziert werden, wer innerhalb einer Ehe welche Leistungen, zum Beispiel hier die Vorsorgeleistungen übernommen habe. Jedenfalls ziehe das Argument des 11. Senates nicht für den hier vorliegenden Fall, in dem der Beitrag des Ehemannes festzustellen sei. Auch das weitere Argument des 11. Senats, das sich auf den Wortlaut der Norm stütze, vermöge nicht zu überzeugen. Das BSG folgere aus dem Begriff " den Unterhalt ihrer Familie ... bestritten hat ", dass damit ein irgendwie gestaltetes Tätigwerden für den Familienunterhalt gefordert werde. Nicht die Arbeit an sich rechtfertige das " Bestreiten " sondern erst das Beitragen durch aktives Tun. Darüber müsse die Person aber entsprechend verfügen können. Zur Überzeugung der Kammer verkürze diese eng an den Wortlaut gelehnte Interpretation den Sinn des Gesetzes. Grundsätzlich habe nach altem Recht Hinterbliebenenrente nur der Witwe, nicht dem Witwer zugestanden. Eine Ausnahme habe § 43 AVG gebildet, mit dem dem Witwer ausnahmsweise ein Anspruch dann habe zustehen können, wenn die Ehefrau überwiegend zum Familienunterhalt beigetragen habe. Anlass der damaligen Gesetzgebung sei das frühere Leitbild der Familie mit dem Ehemann als Ernährer, dessen Einkommen es nach dem Tode zu ersetzen galt. Dementsprechend habe der Witwer nur dann privilegiert werden sollen, wenn - abweichend von dem früheren Leitbild - die Ehefrau die Haupternährerin der Familie war. Diese Frage könne aber nicht davon abhängen, ob der Unterhalt durch aktives Tun bestritten wurde oder ob die Unterhaltsleistung, die der Familie letztlich zugute kam, automatisch oder per Gesetz gezahlt worden ist. Wesentlich erscheine hier vielmehr, aus wessen Vermögen die Vermögensverschiebung erfolgt ist, die dann dem Familienunterhalt zugeflossen ist.
Sozialversicherungsbeiträge seien Vorsorgeleistungen, die der Absicherung der Risiken Alter, Krankheit und Arbeitslosigkeit und damit dem Unterhalt der Familie dienten. Durch die Versicherungsbeiträge, die vom Lohn des Klägers abgezogen wurden, sei ein Wert dem Familienunterhalt zugekommen. Durch diese gesetzlich erzwungene Vorsorge habe die Familie auch entsprechende freiwillige Vorsorge erspart. Unstreitig wäre aber eine aufgrund eigener Entscheidung eingerichtete Vorsorge, die die gleichen Risiken abdeckt wie jene der gesetzlichen Sozialversicherung, als den Unterhalt bestreitend im Sinne des § 43 AVG anzurechnen. Es bestehe keine Veranlassung, hier zu unterscheiden, ob diese Vorsorge der eigenen Disposition unterliege oder nicht. Die Kammer folge daher der Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 16.03.1989 ( 4/1 RA 17/87) und sehe die dort ausgeführten Erwägungen ebenso anwendbar an für die Fälle einer gesetzlichen - und nicht nur freiwilligen - Sozialversicherung. Damit seien aber die vom LSG in seiner Entscheidung vom 16.04.1996 zugrunde gelegten Zahlen weiterhin zutreffend.
Gegen das am 10.12.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.12.2002 Berufung eingelegt. Er hält die Rechtsauffassung des SG für falsch und meint, nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19.11.2002 (3 AZR 631/97) komme es wegen des europarechtlichen Diskriminierungsverbots nicht mehr darauf an, welcher der Ehepartner überwiegend zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 07.11.2002 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.06.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2001 zu verurteilen, den Bescheid vom 28.09.1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.03.1993 und den Bescheid vom 04.01.1999 in der Fassung des Widerspruchsbecheides vom 30.03.1999 zurückzunehmen und ihm von Januar 1997 bis Februar 2000 Witwerrente nach der Versicherten M zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend und das Urteil des BAG nicht für einschlägig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Vorprozessakten S 16 An 42/93 und S 25 (16) RA 155/99, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid vom 15.6.2001 ist nicht rechtswidrig. Die Beklagte hat mit ihm gemäß § 44 SGB X zutreffend die Zurücknahme der bindend gewordenen Verwaltungsakte vom 28.9.1992 und 4.1.1999 und die Gewährung einer Hinterbliebenenrente abgelehnt.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Witwerrente.
Weil die Versicherte vor dem 1.1.1986 verstorben ist, kam ein Anspruch auf Witwerrente für den Kläger gemäß § 303 S. 1 SGB VI unter den sonstigen Voraussetzungen des geltenden Rechts ( s.§ 46 SGB VI) nur in Betracht, wenn die Verstorbene den Unterhalt ihrer Familie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode überwiegend bestritten hätte.
Das war aber, wie dem Kläger ausführlich bereits im Urteil des LSG vom 16.4.1996 erörtert worden ist, nicht der Fall. Der zum Ausgangspunkt des zweiten Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X gemachte Einwand, bei der Ermittlung des Unterhaltsbeitrags des Klägers müsse sein Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgezogen werden, ist, wie das Sozialgericht im angefochtenen Urteil richtig dargelegt hat, weder neu noch zutreffend. Der Senat nimmt insoweit auf die ausführlichen, die erstinstanzlich diskutierten Streitpunkte umfassend und zutreffend abhandelnden Ausführungen des Sozialgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug, denen er folgt und denen nichts hinzuzufügen ist (§ 153 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Der zweitinstanzliche Vortrag des Klägers rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Soweit der Kläger geltend macht, es komme inzwischen für die Gewährung einer Witwerrente nicht mehr darauf an, welcher der Ehepartner überwiegend zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen hat, ist dies nur teilweise, in einem anderen Sinne und aus anderen als den vom Kläger angeführten Gründen richtig.
Richtig ist, dass nach § 46 SGB VI die Witwerrente nicht (mehr) von der überwiegenden Unterhaltsleistung der Ehefrau abhängig ist; § 46 SGB VI wird aber durch die Sonderregelung des § 303 SGB VI eingeschränkt, wenn - wie hier - die Versicherte vor dem 1.1.1986 gestorben ist. § 303 SGB VI (in Kraft getreten am 1.1.1992 ) und § 43 AVG in der Fassung des Hinterbliebenen- und Erziehungszeiten- Gesetzes vom 11.7.1985 (BGBL I 1450 - HEZG) erhalten die bis 31.12.1985 geltenden Einschränkungen der Ansprüche eines Witwers aufrecht, sofern die Versicherte vor dem 1.1.1986 verstorben ist.
Zur Vermeidung neuer Anträge des Klägers weist der Senat darauf hin, dass die Neuregelung der Witwerrente im HEZG verfassungsgemäß ist (BVerfG SozR 5750 Art.18 Nr. 4). Insbesondere ist auch verfassungsgemäß, dass der Gesetzgeber die vor dem 1.1.1986 liegenden Versicherungsfälle weiterhin nach altem und nicht nach geändertem Recht beurteilt hat (vgl. BVerfG SozR 2200 § 1264 Nr.8).
Der Hinweis des Klägers auf das Diskriminierungsverbot des Art. 141 EG-Vertrag und das Urteil des BAG vom 19.11.2002 - 3 AZR 631/97 - geht fehl.
Art.141 EG-Vertrag (früher Art. 119 EG-Vertrag) greift hier nicht ein, weil der Entgeltbegriff dieser Vorschrift auf gesetzliche Altersversicherungssysteme, anders als auf betriebliche Altersversorgungsysteme, nicht anzuwenden ist (Europäischer Gerichtshof Rs 80/70 Defrenne/ Belgien, Sammlung 1971,445). Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung beruhen nämlich überwiegend auf sozialpolitischen , vom Arbeitsverhältnis losgelösten Erwägungen (vgl. Coen in: Lenz, EG-Vertrag Kommentar, 2.Auflage 1999, Rdnr. 8 zu Art.141).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden. Insbesondere folgt der Senat , wie das Sozialgericht, der Rechtsprechung des für Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten zuständigen 4. Senats des BSG.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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