L 19 AS 491/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 913/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 491/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 24.01.2017 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von Februar 2015 bis März 2016.

Der 1960 geborene Kläger erwarb 1980 die allgemeine Hochschulreife. Von Dezember 2002 bis Mai 2005 absolvierte er im Rahmen einer Umschulungsmaßnahme eine Ausbildung zum Medizinischen Dokumentar. Seit dem 01.01.2005 bezog er mit Unterbrechungen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Er wohnt seit 1996 in B in einer 42 m² großen Mietwohnung. In der Zeit von Februar 2015 bis April 2016 fielen für diese Wohnung Kosten i.H.v. 334,00 Euro monatlich an (Grundmiete 231,00 Euro, Abschlag für Nebenkosten 63,00 Euro sowie für Heizkosten 40,00 Euro). Die Warmwassererzeugung erfolgt dezentral über einen mit Gas betriebenen Durchlauferhitzer. Der Kläger verfügt zudem über einen Zweitwohnsitz in H. Dort wohnt er nach seinen Angaben in einem Zimmer in einem Studentenwohnheim, für das ab Februar 2015 monatliche Kosten i.H.v. 299,00 Euro und ab Oktober 2015 i.H.v. 312,80 Euro anfielen.

Seit dem Sommersemester 2014 ist der Kläger im Studienfach Humanmedizin an der Universität H eingeschrieben. Im April 2014 meldete er sich gegenüber dem Beklagten aus dem Leistungsbezug ab. Daraufhin hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom 01.05.2014 auf. In den folgenden Semestern war der Kläger wegen Erkrankungen von der Universität nach § 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 der Hessischen Immatrikulationsverordnung (HImV) beurlaubt:

- Wintersemester 2014/2015 (Zeitraum 01.10.2014 - 31.03.2015): Antrag vom 29.03.2015, genehmigt am 31.03.2015,

- Sommersemester 2015 (Zeitraum 01.04.2015 - 30.09.2015): Antrag vom 29.09.2015, genehmigt am 30.09.2015,

- Wintersemester 2015/2016 (Zeitraum 01.10.2015 - 31.03.2016): Antrag vom 31.03.2016, genehmigt am 05.04.2016,

- Sommersemester 2017 (Zeitraum 01.04.2017 - 30.09.2017): Antrag vom 04.05.2017, genehmigt am 05.05.2017,

- Wintersemester 2017/2018 (Zeitraum 01.10.2017 - 31.03.2018): Antrag vom 12.10.2017, genehmigt am 13.10.2017 sowie

- Sommersemester 2018 (Zeitraum 01.04.2018 - 30.09.2018): Antrag vom 22.05.2018, genehmigt am 24.05.2018.

Wegen der gewährten Urlaubssemester befindet sich der Kläger derzeit im dritten Fachsemester (Sommersemester 2014 und 2016, Wintersemester 2016/2017). Er bestand eine Prüfung (Praktikum der Biologie für Mediziner).

Mit Schreiben vom 28.02.2015 wandte sich der Kläger an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, gerichtet an die Bundesministerin, mit einer "Nachfrage, formloser Antrag per Fax". In den vergangenen Jahrzehnten habe er viele Male einen Medizinstudienplatz erhalten. Leider hätten ihm immer die finanziellen Mittel gefehlt, das Studium aufzunehmen. Zweimal habe er in den vergangenen Jahren das Medizinstudium aufgenommen, dies aber bereits zum Ende des ersten Semesters wieder aufgeben müssen. Nun, nach erneutem Anlauf, stehe er am Ende des zweiten Semesters wieder vor dem Abbruch und das ausschließlich aus finanziellen Gründen. Er wolle das Studium fortsetzen und beenden. Die Alternative wäre, dass er erneut Alg II beziehen müsste. Aufgrund verschiedener Vermittlungshemmnisse (z.B. Alter, chronische Erkrankungen) sei jedoch nicht zu erwarten, dass er jemals dauerhaft den Leistungsbezug verlasse. Er beendete dieses Schreiben mit den zwei Sätzen: "Kann mir nicht das Alg II auf zinsloser Darlehensbasis gewährt werden, so dass ich das Studium fortführen kann? Da ich wenig Hoffnung habe, betrachten Sie dieses Schreiben gleichzeitig als formlosen Antrag auf Alg II-Leistungen".

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales leitete dieses Schreiben als Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - zumindest darlehensweise - mit Schreiben vom 17.03.2015 an die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen weiter, wies in seinem Antwortschreiben vom "18.01.2015" (richtig wohl 18.03.2015) an den Kläger auf den grundsätzlichen Leistungsausschluss für Studierende hin. Die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen leitete das Schreiben des Klägers mit dem Antwortschreiben des Bundesministeriums per E-Mail vom 26.03.2015 an den Beklagten weiter.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 08.04.2015 den Antrag des Klägers "auf ein Darlehen" ab. Durch seine im Rahmen des BAföG förderungsfähige Ausbildung sei er von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Eine besondere Härte, die Voraussetzung für die Gewährung eines Darlehens sei, liege bei ihm nicht vor, weil es ihm grundsätzlich zugemutet werden könne, seinen Lebensunterhalt durch (zusätzliches) Arbeitseinkommen zu decken.

Hiergegen erhob der Kläger am 13.05.2015 Widerspruch. Er habe keinen Antrag auf ein Darlehen gestellt. Seine Formulierung in dem Schreiben an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sei lediglich eine Anfrage bzw. ein Vorschlag gewesen. Lediglich für den Fall, dass das Bundesministerium dieser Anfrage bzw. diesem Vorschlag nicht folge, habe er "den allgemein üblichen Antrag auf Alg II" gestellt. Zudem habe der Beklagte vor der Ablehnung keine Feststellungen dazu getroffen, ob bei ihm ein Härtefall vorliege.

Der Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 09.07.2015 auf, bis zum 21.07.2015 am Empfang vorzusprechen, damit er "in der Eingangszone zwecks Aushändigung der Antragsunterlagen angemeldet" werden könne. Der Kläger nahm diesen Termin wahr, bei dem der Beklagte ihm die Antragsformulare aushändigte und einen Termin zur Abgabe der Formulare am 11.08.2015 bestimmte. In der Verhandlungsniederschrift vom 11.08.2015 ist vermerkt, dass der Kläger an diesem Tag vorgesprochen und ein Darlehen nach § 27 Abs. 4 SGB II beantragt habe, da er zurzeit als Student an der Uni H eingeschrieben sei, jedoch wegen Erreichens der Höchstaltersgrenze kein BAföG erhalte. Er sei im dritten Semester, aus Krankheitsgründen jedoch auf dem Stand des ersten Semesters. Er wisse nicht, wie er seinen Lebensunterhalt sicherstellen solle, wolle allerdings sein Studium nicht unterbrechen, da er 55 Jahre alt und ab Vollendung des 55. Lebensjahres eine Bewerbung für ein Studienplatz für Medizin in Deutschland ausgeschlossen sei. Er studiere zwar in H und habe dort einen Zweitwohnsitz. Sein Lebensmittelpunkt sei jedoch B, wo er sich in den Semesterferien ausschließlich und während des Semesters an den Wochenenden aufhalte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2015 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.04.2015 als unbegründet zurück. Der Kläger sei aufgrund seines Studiums von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Auch ein Anspruch auf Leistungen für Auszubildende nach § 27 SGB II bestehe nicht. Insbesondere bestehe kein Anspruch auf die Erbringung von Leistungen als Darlehen, da eine besondere Härte nicht vorliege. Der Abschluss der Ausbildung stehe nicht unmittelbar bevor. Der Kläger befinde sich im dritten Semester, wohingegen die Regelstudienzeit zwölf Semester betrage.

Hiergegen hat der Kläger am 02.10.2015 Klage erhoben.

Er ist der Auffassung gewesen, der Beklagte habe ihn nicht ordnungsgemäß über die Möglichkeiten beraten, als Student Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten zu können. Bereits im Gespräch am 11.08.2015 habe er mitgeteilt, dass er im Wintersemester 2014/2015 und im Sommersemester 2015 krankheitsbedingt nicht an den Vorlesungen habe teilnehmen können, er sich daher in diesen Semestern fast nur in B aufgehalten habe und ihm im Wintersemester 2014/2015 ein Urlaubssemester gewährt worden sei. Eine Kopie für das in diesem Zeitpunkt bereits gewährte Urlaubssemester habe der Beklagte aber nicht angefordert. Bei ordnungsgemäßer und rechtzeitiger Beratung unmittelbar nach seinem formlosen Antrag vom 28.02.2015, spätestens aber am 11.08.2015 hätte er für das Sommersemester 2015 umgehend ein Urlaubssemester beantragt und nicht erst am Ende des Semesters. Daher habe er während der Urlaubssemester Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss. In diesen Semestern habe er, seit die jeweilige Erkrankung es unmöglich gemacht habe, das Studium nicht betrieben. Er sei im Wintersemester 2014/2015 und im Sommersemester 2015 nicht durchgehend erkrankt gewesen. Hilfsweise begehre er darlehensweise Leistungen. Das Medizinstudium sei für ihn die einzige Möglichkeit, einen Zugang zum Erwerbsleben zu erhalten, da er wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen (Rücken- und Gelenkbeschwerden) keine einfachen Tätigkeiten ausüben könne.

Der Kläger hat u.a. beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 08.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2015 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.02.2015 bis 31.03.2016 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen,

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, der Kläger habe in dem Gespräch am 11.08.2015 auf seine Krankheit, nicht aber auf das gewährte Urlaubssemester hingewiesen. Er gehe davon aus, dass der Kläger auch in den Urlaubssemestern - möglicherweise eingeschränkt und unregelmäßig Studienaktivitäten betrieben habe.

Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Studierendensekretariats der K-Universität H eingeholt. Dieses hat mit Schreiben vom 05.11.2015 mitgeteilt, da die Beurlaubungen jeweils am letzten Tag des betreffenden Semesters beantragt worden seien, hätten zwei unterschiedliche Bescheinigungen für diese Semester ausgestellt werden können. Es handele sich in solchen Fällen immer noch um eine Beurlaubung für das laufende Semester.

Am 14.12.2015, also während des Wintersemesters 2015/2016, für das er anschließend beurlaubt wurde, hat der Kläger Akteneinsicht beantragt. Durch sein Studium in H sei er leider auf wenige Tage beschränkt (22., 23., 28., 29., 30. oder 31.12.2015 oder 05., 07. oder 08.01.2016). Am 07.01.2016 hat er mitgeteilt, er halte sich derzeit in H auf, ein Bekannter schaue in B nach seiner Post. Falls notwendig fahre er, der Kläger, an den Wochenenden nach B; dies sei aber aus finanziellen Gründen nur alle zwei bis drei Wochenenden möglich.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.01.2017 abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, da er nach § 7 Abs. 5 SGB II hiervon ausgeschlossen sei. Denn das Medizinstudium, für das er an der Universität H immatrikuliert sei, sei dem Grunde nach gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG förderungsfähig. § 7 Abs. 5 SGB II gebiete insoweit eine abstrakte Betrachtungsweise. Hieran ändere sich auch nichts dadurch, dass der Kläger für das Wintersemester 2014/2015, das Sommersemester 2015 sowie - im Laufe dieses Verfahrens - auch noch für das Wintersemester 2015/2016 beurlaubt worden sei. Denn diese Beurlaubungen seien jeweils rückwirkend am Ende des laufenden Semesters ausgesprochen worden. Daher seien die Entscheidungen des Bundessozialgerichts in den Urteilen vom 22.03.2012 (B 4 AS 102/11 R) und vom 22.08.2012 (B 14 AS 197/11 R) auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden. In den Zeiten der Beurlaubung habe der Kläger fördernden und fordernden Maßnahmen des Beklagten nicht zur Verfügung gestanden. Vielmehr habe er stets den Eindruck erweckt, er studiere durchgängig, und erst unmittelbar vor Ende der Semester Anträge auf Beurlaubung gestellt. Die nach hessischem Immatrikulationsrecht mögliche rückwirkende Beurlaubung führe grundsicherungsrechtlich nicht dazu, dass ex post der zurückliegende Zeitraum anders zu beurteilen sei.

Der Kläger könne auch unter Berücksichtigung des sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs keinen Anspruch herleiten. "Eklatante Verstöße gegen die Beratungspflicht nach § 14 SGB I" habe die Kammer nicht erkennen können. Zudem folge aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch keinesfalls die Gewährung eines materiell nicht zustehenden Anspruchs.

Ein Anspruch des Klägers nach § 27 SGB II bestehe ebenfalls nicht. Ansprüche auf Leistungen für Mehrbedarfe im Sinne von § 27 Abs. 2 i.V.m. § 21 Abs. 2, 3, 5 und 6 bzw. § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB II seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Voraussetzungen für einen Zuschuss zu den Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 27 Abs. 3 SGB II lägen ebenfalls nicht vor.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf darlehensweise Gewährung von Leistungen nach § 27 Abs. 4 SGB II. Die Voraussetzungen eines Härtefalls i.S.v. § 27 Abs. 4 S. 1 SGB II lägen nicht vor. Die hierzu vom Bundessozialgericht entwickelten Fallgruppen seien nicht einschlägig. Schon offensichtlich liege beim Kläger keine "vor dem Abschluss stehende Ausbildung" oder "bereits weit fortgeschrittene Ausbildung" vor, da er bislang, obwohl er bereits zwei Jahre in das Studium investiert habe, nach eigenen Angaben verschiedene Prüfungen aus Fächern des ersten Semesters noch nicht mit Erfolg abgelegt habe. Ferner sei - schon im Hinblick auf das Alter des Klägers und die Dauer des Studiums mit einer Regelstudienzeit von sechs Jahren - das Studium der Medizin keinesfalls die einzige Zugangsmöglichkeit des Klägers zum Arbeitsmarkt. Auf die weiteren Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das am 14.02.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.03.2017 Berufung eingelegt.

Er vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II greife zu seinen Ungunsten nicht ein, da er aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht in der Lage gewesen sei, regelmäßig an den Lehrveranstaltungen bzw. an dem planmäßig vorgesehenen Unterricht teilzunehmen. Daher habe er die Universität H in den drei Semestern - Wintersemester 2014/2015, Sommersemester 2015, Wintersemester 2015/2016 - nicht besucht i.S. des BAföG. Dass er in den drei Semestern erst am jeweiligen Ende Anträge auf Beurlaubungen gestellt habe, liege daran, dass er in diesen Semestern zunächst noch versucht habe, trotz der Erkrankungen Veranstaltungen und Vorlesungen zu besuchen, und den jeweiligen Antrag erst dann gestellt habe, als er gemerkt habe, dass er in dem jeweiligen Semester das Studienziel nicht erreicht habe. Da es sich bei den drei Semestern um Urlaubssemester handele und er aufgrund der Hessischen Immatrikulationsverordnung nicht berechtigt sei, in diesen Semestern Leistungsnachweise zu erwerben oder Prüfungen abzulegen, greife zu seinen Gunsten die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts betreffend Urlaubssemester ein. Er berufe sich auch auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 24.01.2017 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 08.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2015 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.02.2015 bis zum 31.03.2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er bezieht sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen sowie das erstinstanzliche Urteil.

Der Senat hat eine Auskunft des Studierendensekretariats der K-Universität H zu den Urlaubssemestern des Klägers eingeholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 08.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2015. Mit diesem Bescheid hat der Beklagte den Antrag des Klägers vom 28.02.2015 auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen und als Zuschuss (konkludent in dem Bescheid vom 08.04.2015 ["von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen"], ausdrücklich in dem Widerspruchsbescheid vom 02.09.2015) abgelehnt. Der streitbefangene Zeitraum des Verfahrens wird bestimmt durch den Antrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht. Damit ist Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen für den Zeitraum vom 01.02.2015 bis zum 31.03.2016.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Kläger ist nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Der angefochtene Bescheid vom 08.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2015 ist rechtmäßig. Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit von Februar 2015 bis März 2016 zu, weder als Zuschuss (dazu unter 1.) noch als Darlehen (dazu unter 2.).

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der Kläger in dem streitbefangenen Zeitraum die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II erfüllt, insbesondere hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 SGB II ist. Ebenso muss nicht entschieden werden, ob der Kläger nach § 7 Abs. 4a S. 1 SGB II von den Leistungen des SGB II ausgeschlossen ist.

1. Der Kläger ist nach § 7 Abs. 5 SGB II i.d.F. ab dem 01.04.2012 (Gesetz vom 20.12.2011, BGBl. I 2854 - a.F.) vom Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Insoweit nimmt der Senat grundsätzlich Bezug auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend führe der Senat folgendes aus:

a) Nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 51, 57 und 58 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Der Kläger ist seit dem Sommersemester 2014 und damit auch im streitbefangenen Zeitraum als Student der Fachrichtung Humanmedizin an der Universität H immatrikuliert. Bei diesem Studium handelt es sich um eine Ausbildung an einer Hochschule i.S.d. § 7 Abs. 5 SGB II a.F. i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 BAföG.

Für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. kommt es (nur) darauf an, ob die Ausbildung ihrer Art nach gefördert werden könnte. Der Ausschlussregelung liegt die Erwägung zugrunde, dass bereits die Ausbildungsförderung nach dem BAföG auch die Kosten des Lebensunterhalts umfasst und die Grundsicherung nach dem SGB II nicht dazu dienen soll, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Die Ausschlussregelung im SGB II soll die nachrangige Grundsicherung mithin davon befreien, eine - versteckte - Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2015 - B 14 AS 25/14 R, m.w.N.). Dieser Sinn und Zweck, die Ausbildungsförderung nach dem BAföG von der Grundsicherung nach dem SGB II abzugrenzen, gilt unterschiedslos für alle abstrakt förderungsfähigen Ausbildungen. Ob eine Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig ist, ist auf Grundlage der abstrakten, sachlichen Förderungskriterien und losgelöst von der Person des Auszubildenden zu entscheiden (ganz h.M.; vgl. BSG, Urteile vom 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R, vom 22.03.2012 - B 4 AS 102/11 R, vom 27.09.2011 - B 4 AS 145/10 R, vom 01.07.2009 - B 4 AS 67/08 R, vom 30.09.2008 - B 4 AS 28/07 R, vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R und vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R). Entsprechend dem Wortlaut "dem Grunde nach förderungsfähig" ist nicht maßgeblich, ob im Einzelfall tatsächlich eine Förderung nach dem BAföG erfolgt.

Die Prüfung, ob eine Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG ist, richtet sich abschließend nach § 2 BAföG. Danach liegt ein Besuch einer Ausbildungsstätte i.S.v. § 2 BAföG vor, solange ein Auszubildender einer Ausbildungsstätte organisationsrechtlich zugehört und die Ausbildung an ihr tatsächlich betreibt (BSG, Beschluss vom 02.12.2014 - B 14 AS 261/14 B m.w.N.); bei einer Hochschulausbildung - wie vorliegend - begründet der Auszubildende seine Zugehörigkeit zur Universität durch die Immatrikulation (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 102/11 R und Beschluss vom 02.12.2014 - B 14 AS 261/14 B).

Da es für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. lediglich auf die Förderungsfähigkeit der Ausbildung als solcher und nicht auf die Eignung des Auszubildenden (vgl. § 9 Abs. 1 und 2 BAföG) ankommt, ist ohne Belang, ob der Kläger im streitbefangenen Zeitraum das Studium derart betrieben hat, dass er mit einer gewissen Regelmäßigkeit Prüfungsleistungen abgelegt hat und inwiefern er durch das Studium tatsächlich in Anspruch genommen worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 67/08 R). Individuelle Versagensgründe, die im Verhältnis zum Träger der Förderungsleistung, also in förderungsrechtlicher Sicht zu beachten sind, wie z.B. das Nichtbetreiben des Studiums (vgl. hierzu VG Dresden, Urteil vom 18.09.2017 - 5 K 2866/14 m.w.N.), auch aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen, bleiben in grundsicherungsrechtlicher Sicht außer Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R).

b) An dem Umstand, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen ist, ändert sich auch nichts dadurch, dass er in diesem Zeitraum von der Universität beurlaubt worden ist.

Grundlage der Beurlaubungen des Klägers war § 8 HImV i.d.F. der Verordnung vom 23.04.2013 (GVBl. S. 192 - a.F.). Dieser hat folgenden Wortlaut:

(1) Auf Antrag können Studierende aus wichtigem Grund beurlaubt werden. Wichtige Gründe sind insbesondere:

1. Art und Dauer einer Erkrankung, die ein ordnungsgemäßes Studium ausschließt, 2. die Ableistung einer studienbedingten Praktikumszeit, die nicht Teil des Studiums ist, 3. ein studienbedingter Auslandsaufenthalt, 4. Zeiten des Mutterschutzes in entsprechender Anwendung des Mutterschutzgesetzes in der Fassung vom 20.06.2002 (BGBl. I S. 2318), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.10.2012 (BGBl. I S. 2246), die Inanspruchnahme der Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vom 05.12.2006 (BGBl. I S. 2748), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.02.2013 (BGBl. I S. 254), oder die Pflege von nach ärztlichem Zeugnis pflegebedürftigen Angehörigen, 5. Zugehörigkeit zu einem auf Bundesebene gebildeten Kader (A-, B-, C- oder D/C-Kader) eines Spitzenfachverbandes im Deutschen Olympischen Sportbund, 6. Mitwirkung als ernannte oder gewählte Vertreterin oder ernannter oder gewählter Vertreter in der akademischen oder studentischen Selbstverwaltung.

Die Beurlaubung ist nur für volle Semester und mit Ausnahme der Fälle nach Satz 2 Nr. 1 für nicht mehr als sechs Semester möglich. Zeiten der Inanspruchnahme von Schutzfristen des Mutterschutzgesetzes sowie der Elternzeit sind hierauf nicht anzurechnen.

(2) Mit dem Antrag auf Beurlaubung sind die erforderlichen Nachweise vorzulegen, die auch Gesundheitsdaten enthalten können, die weiterverarbeitet werden können. Im Falle des Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 muss die voraussichtliche Dauer der Erkrankung ärztlich bescheinigt werden. Abs. 1 Satz 3 sowie § 6 gelten entsprechend. Die Daten des Antrages auf Beurlaubung werden mit den bisher gespeicherten Daten verarbeitet.

(3) Urlaubssemester zählen nicht als Fachsemester. Eine Beurlaubung schließt in der Regel den Erwerb von Leistungsnachweisen oder die Ablegung von Prüfungen aus. Eine Wiederholung nicht bestandener Prüfungen während der Beurlaubung ist möglich. Nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 bis 6 beurlaubte Studierende sind berechtigt, an Lehrveranstaltungen teilzunehmen sowie Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen.

(4) Eine Beurlaubung im ersten Fachsemester ist nur ausnahmsweise, insbesondere im Fall des Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 4 und 5 möglich. Eine rückwirkende Beurlaubung für ein abgeschlossenes Semester ist ausgeschlossen.

Im Wintersemester 2014/2015 (Zeitraum 01.10.2014 - 31.03.2015), Sommersemester 2015 (Zeitraum 01.04.2015 - 30.09.2015) sowie Wintersemester 2015/2016 (Zeitraum 01.10.2015 - 31.03.2016) ist der Kläger an der K-Universität H immatrikuliert gewesen und hat der Universität (zunächst) organisationsrechtlich angehört. Jeweils kurz vor Ende des laufenden Semesters (29.03.2015, 29.09.2015 bzw. 31.03.2016) hat der Kläger bei der Universität einen Antrag auf Beurlaubung wegen Krankheit gestellt, den die Universität nach § 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HlmV a.F. genehmigt und dem Kläger rückwirkend für die drei genannten Semester eine Beurlaubung gewährt hat.

Bei einem Urlaubssemester kommt es nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts darauf an, ob das Studium dem Grunde förderfähig ist. Die Beurlaubung für ein Semester muss nicht zwangsläufig dazu führen, dass nicht mehr von der Förderungsfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach gemäß § 2 BAföG ausgegangen werden kann. Maßgebend ist hierfür die organisationsrechtliche Zugehörigkeit des Studierenden zu der Ausbildungsstätte, die mit einer bestimmten Fachrichtung verknüpft sein muss, sowie das tatsächliche Betreiben des Studiums (BSG, Urteile vom 22.03.2012 - B 4 AS 102/11 R und vom 22.08.2012 - B 14 AS 197/11 R).

Im Fall einer von der Universität rückwirkend gewährten Beurlaubung ist die Fallgestaltung allerdings dadurch gekennzeichnet, dass einem Studierenden zunächst für das Semester BAföG-Leistungen gewährt werden, wenn die individuellen Förderungsvoraussetzungen nach dem BAföG bei Beginn des Semesters vorliegen. Jedoch dauert während eines Urlaubssemesters, das weder hochschul- noch förderungsrechtlich auf die Zahl der Fachsemester anzurechnen ist, die förderungsfähige Ausbildung nicht fort, mit der Folge, dass dem Auszubildenden insoweit grundsätzlich Ausbildungsförderung nicht zusteht; und zwar auch dann nicht, wenn der Auszubildende vor einer rückwirkend ausgesprochenen Urlaubsbewilligung Lehrveranstaltungen tatsächlich besucht hat (BVerwG, Urteil vom 25.06.2015 - 5 C 15/14 m.w.N.). Eine solche rückwirkend gewährte Beurlaubung stellt sich als eine Änderung eines maßgeblichen Umstands i.S.v. § 53 S. 1 Nr. 2 BAföG dar. Hiernach wird, wenn sich ein für die Leistung der Ausbildungsförderung maßgeblicher Umstand ändert, ein Bewilligungsbescheid zuungunsten des Auszubildenden vom Beginn des Monats an geändert, der auf den Eintritt der Änderung folgt. Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 53 S. 3 Halbs. 2 BAföG i.V.m. § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X). Obwohl diese Vorschriften weder für die Aufhebung noch für die Erstattung einen Ermessensspielraum eröffnen, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der nachteiligen Aufhebung eines Bescheides mit Wirkung auch für zurückliegende Zeiträume ein Mindestmaß an Vertrauensschutz, der verfassungsrechtlich geboten ist, zu wahren. Dementsprechend ist auch bei der Anwendung des § 53 S. 1 Nr. 2 BAföG eine Abwägung des Gewichts des Vertrauensschutzinteresses des Auszubildenden gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer gesetzmäßigen und gesetzeszweckentsprechenden Verwendung der für die Ausbildungsförderung eingesetzten öffentlichen Finanzmittel vorzunehmen (BVerwG, Urteil vom 25.06.2015 - 5 C 15/14 m.w.N.). Solange ein BAföG-Leistungsberechtigter darauf vertrauen darf, dass er das Studium betreiben kann, ist auch sein Vertrauen in den Fortbestand der Bewilligung schutzwürdig und deshalb die geleistete Ausbildungsförderung für die Zeit vor der Beantragung der Beurlaubung nicht rückforderbar. Ab Beantragung der Beurlaubung besteht jedoch die Kenntnis oder das Kennenmüssen, dass die Ausbildung nicht mehr förderfähig ist, mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt bewilligte und ausgezahlte BAföG-Leistungen zu erstatten sind (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.06.2015 - 5 C 15/14 m.w.N.).

Diese förderungsrechtlichen Maßstäbe für die Beurteilung der Folgen einer rückwirkend gewährten Beurlaubung sind auch für die Anwendung des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 5 SGB II a.F., der die Vermeidung einer - versteckten - Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene bezweckt, zu berücksichtigen. Dem folgend war der Kläger in den drei genehmigten Urlaubssemestern nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen.

Zwar zählen diese Semester nach § 8 Abs. 3 HImV nicht als Fachsemester, und auch ist in diesen Semestern regelmäßig der Erwerb von Leistungsnachweisen oder die Ablegung von Prüfungen nicht zulässig. Zudem sind Studierende, die sich nach § 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HImV aus Gründen einer Erkrankung beurlauben lassen, nicht berechtigt, an Lehrveranstaltungen teilzunehmen sowie Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen (Umkehrschluss aus § 8 Abs. 3 S. 4 HImV).

Gerade aber dieses Verbot des Besuchs von Lehrveranstaltungen (§ 8 Abs. 3 S. 4 HImV) kann in Fällen, in denen - wie hier - der Urlaubsantrag am Ende des Semesters gestellt und die Beurlaubung für das gesamte Semester rückwirkend gewährt wird, auch für erkrankte Studierende erst ab dem Wirksamwerden der Beurlaubung greifen. Denn zu Beginn des Semesters galt noch keine Beurlaubung, und auch der/dem Studierenden war - jedenfalls in den meisten Fällen - zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt oder bewusst, dass sie/er das Studium später aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr wird betreiben können.

So ist es auch bei dem Kläger in den hier streitigen Zeiträumen gewesen: Er hat im gerichtlichen Verfahren vorgetragen, er sei im Wintersemester 2014/2015 und im Sommersemester 2015 nicht durchgehend erkrankt gewesen. In diesen beiden Semestern habe er das Studium erst ab dem Zeitpunkt nicht mehr betrieben, ab dem die jeweilige Erkrankung dies unmöglich gemacht habe. Während des Wintersemesters 2015/2016 hat der Kläger im Rahmen eines Antrags auf Akteneinsicht vorgetragen, er sei durch sein Studium in H auf wenige Tage beschränkt (22., 23., 28., 29., 30. oder 31.12.2015 oder 05., 07. oder 08.01.2016). Am 07.01.2016 hat er mitgeteilt, er halte sich derzeit in H auf, ein Bekannter schaue in B nach seiner Post. Ferner hat er im Berufungsverfahren vorgetragen, der Umstand, dass er in einigen Semestern erst am jeweiligen Ende Anträge auf Beurlaubungen gestellt habe, habe seinen Grund darin, dass er in diesen Semestern zunächst noch versucht habe, trotz der Erkrankungen Veranstaltungen und Vorlesungen zu besuchen, und den jeweiligen Antrag erst dann gestellt habe, als er gemerkt habe, dass er in dem jeweiligen Semester das Studienziel nicht erreicht habe. Damit hat der Kläger in diesen drei Semestern zunächst darauf vertraut und gehofft, sein Studium betreiben zu können, da er - auch nach seinen eigenen Angaben in den jeweiligen Beurlaubungsanträgen - zumindest zeitweise an Veranstaltungen der Universität (etwa an dem Anatomiekurs des ersten Fachsemesters) teilgenommen hat. Im Hinblick auf während der Semester aufgetretene krankheitsbedingte Fehlzeiten hat er sodann jeweils kurz vor Ende des Semesters einen Beurlaubungsantrag gestellt.

b) Ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ergibt sich auch nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.

Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder des Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten/Leistungsberechtigten gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, verletzt hat und hierdurch beim Versicherten/Leistungsberechtigten ein rechtlicher Nachteil auf dem Gebiet des Sozialrechts entstanden ist (vgl. allg. zum Herstellungsanspruch BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VJ 2/02 R; Urteil vom 14.11.2002 - B 13 RJ 39/01 R). Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. BSG, Urteile vom 31.01.2006 - B 11a AL 15/05 R und vom 24.07.2003 - B 4 RA 13/03 R).

Unabhängig davon, ob für den Beklagten in dem streitigen Zeitraum gegenüber dem Kläger eine Beratungspflicht nach § 14 SGB I betreffend den Fortfall des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 5 SGB II durch die frühzeitige Beantragung von Urlaubssemestern bestanden und ob der Beklagte diese Pflicht verletzt hat, kann der Kläger aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch für sich keine Rechte herleiten. Denn es mangelt an der rechtlichen bzw. tatsächlichen Möglichkeit des Beklagten, den in dem Zeitraum vom 01.02.2015 bis 31.03.2016 eingreifenden Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II a.F. zu beseitigen. Der Beklagte ist nicht in der Lage, durch eine ihm mögliche Amtshandlung eine frühere Genehmigung einer Beurlaubung für die drei Semester herbeizuführen. Denn dies setzt nach § 8 Abs. 2 S. 1 und 2 HImV voraus, dass der jeweilige Studierende einen Antrag stellt und dabei die erforderlichen Nachweise, insbesondere eine ärztliche Bescheinigung über die voraussichtliche Dauer der Erkrankung vorlegt. Diese tatsächlichen Handlungen, die dem Kläger als dem Studierenden oblegen hätten, kann der Beklagte nicht erbringen. Er hat es auch nicht in der Hand zu gestalten, wie der Gesundheitszustand des Klägers beschaffen ist, insbesondere ab welchem Zeitpunkt die Beschwerden ein ordnungsgemäßes Studium nicht mehr zulassen. Der Kläger kann somit im Wege einer Amtshandlung nicht so gestellt werden, als hätte er bereits zu einem früheren Zeitpunkt den Beurlaubungsantrag gestellt. Im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kommt die Ersetzung von tatsächlichen Umständen - wie dem Stellen eines Antrags sowie der anschließenden Genehmigung durch die Universität -, denen gestaltende Entscheidungen des Antragstellers zu Grunde liegen, nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 31.01.2006 - B 11a AL 15/05 R m.w.N. "in Abgrenzung zum Amtshaftungsanspruch").

c) Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II a.F. ist verfassungsgemäß (BVerfG, Beschlüsse vom 08.10.2014 - 1 BvR 886/11 und vom 03.09.2014 - 1 BvR 1768/11 sowie 1 BvR 565/12).

d) Die Voraussetzungen für eine Rückausnahme nach § 7 Abs. 6 SGB II a.F. sind nicht gegeben. Danach findet der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 5 SGB II a.F. keine Anwendung auf Auszubildende, die (1.) aufgrund von § 2 Abs. 1a BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung oder aufgrund von § 60 SGB III keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben, (2.) deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, nach § 62 Abs. 1 oder § 124 Abs. 1 Nr. 1 SGB III bemisst oder (3.) die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund von § 10 Abs. 3 BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

2. Auch die Gewährung eines Darlehens nach § 27 Abs. 4 S. 1 SGB II in der ab dem 01.04.2012 geltenden Fassung des Gesetzes vom 20.12.2011 (BGBl. I 2854 - a.F.) kommt - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift können Leistungen als Darlehen für Regelbedarfe, Bedarfe für Unterkunft und Heizung und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erbracht werden, sofern der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. eine besondere Härte bedeutet. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.

Eine besondere Härte liegt erst dann vor, wenn im Einzelfall Umstände hinzutreten, die einen Ausschluss der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck als übermäßig hart, d.h. als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erscheinen ließen (BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 67/08 R). Die Ausbildungsförderung ist abschließend außerhalb des SGB II geregelt. Das Sozialhilfe- und Grundsicherungsrecht soll deshalb nicht dazu dienen, eine nach den Spezialgesetzen förderfähige Ausbildung, die nach den Spezialgesetzen aus individuellen Gründen nicht gefördert wird, über die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu ermöglichen. D.h. der Zwang, dass ein Studierender, der nach den Spezialgesetzen aus individuellen Gründen nicht gefördert wird, sein Studium beenden muss, um den Ausschluss von SGB-II-Leistungen abzuwenden, ist systemimmanent und kein besonderer Härtefall. Weitere Umstände, die über diese dargestellte Härte hinausgehen, sind nicht ersichtlich. Solche Gründe sind dem Zweck des SGB II entsprechend, bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen, erwerbszentriert. Das BSG hat insoweit drei Fallgruppen der "besonderen Härte" anerkannt (umfassend BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 67/08 R):

Bei der ersten Fallgruppe ist wegen einer Ausbildungssituation Hilfebedarf entstanden, der nicht durch BAföG oder BAB gedeckt werden kann, und es besteht deswegen begründeter Anlass für die Annahme, dass die vor dem Abschluss stehende Ausbildung nicht beendet werden kann und das Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit droht (vgl. BSG Urteil vom 06.09.2007 - 14/7b AS 36/06 R, BSGE 99, 67). Für den Begriff "vor dem Abschluss stehend" muss die durch objektive Gründe belegbare Aussicht bestehen, nachweisbar etwa durch die Meldung zur Prüfung, dass der Ausbildungsabschluss in absehbarer Zeit bevorsteht. Dies ist hier offenkundig nicht der Fall, denn der Kläger hat das Studium der Medizin zum 01.04.2014 erst aufgenommen. Nach seinen eigenen Ausführungen befindet er sich derzeit formal im dritten Fachsemester und er hat erst eine Prüfung (Praktikum der Biologie für Mediziner) bestanden.

Auch der zweite Ausnahmefall einer weit fortgeschrittenen, bisher kontinuierlich betriebenen Ausbildung, die wegen einer Behinderung oder Krankheit gefährdet ist, liegt offensichtlich nicht vor.

Bei der dritten Fallgruppe ist Voraussetzung, dass objektiv belegbar nur eine nach den Vorschriften des BAföG förderungsfähige Ausbildung die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt. Eine solche Konstellation ist nur in absoluten Ausnahmefällen denkbar. Voraussetzung sind persönliche Defizite, die dem Studierenden andere Entwicklungsmöglichkeiten verschließen würden (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 8). Solche persönlichkeitsbedingten Problemlagen mit sich daran anschließenden Anpassungsproblemen sind hier nicht ersichtlich. Hierbei ist vor allem zu berücksichtigen, dass der Kläger über eine abgeschlossene Ausbildung zum Medizinischen Dokumentar verfügt. Selbst wenn er moniert, dass ihm für eine entsprechende Tätigkeit die erforderliche berufliche Praxis fehlt, belegt diese abgeschlossene Ausbildung, dass für ihn über diesen Berufsweg ein Zugang zum Arbeitsmarkt möglich wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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